L 1 BA 4/18

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 R 118/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 BA 4/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 80/18 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufungen werden zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen die Feststellung ihrer abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen nach dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) für die Zeit vom 1. April 2007 bis zum 30. September 2009 (Statusfeststellung).

Die Kläger sind Geschäftsführer und Gesellschafter der Beigeladenen zu 1), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Der Kläger zu 1) übernimmt seit dem 1. April 2007 die Geschäftsführung für den Bereich "Werkstatt"; der Kläger zu 2) für den Bereich "Autohandel".

Die Beigeladene zu 1) wurde am 20. Januar 2003 in das Handelsregister eingetragen. Zunächst war R. S. sen. alleiniger Gesellschafter. Später traten sein Sohn sowie die beiden Kläger als Gesellschafter hinzu.

Die Anteile an der Beigeladenen zu 1) waren bei einem Stammkapital von insgesamt 25.000,00 Euro laut Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 24. Mai 2007 wie folgt verteilt:

R. S., sen. 15.000,00 Euro, entspricht 60 Prozent des Stammkapitals,

R. S., jun. 5.000,00 Euro, entspricht 20 Prozent des Stammkapitals,

Kläger zu 2) 2.500,00 Euro, entspricht 10 Prozent des Stammkapitals,

Kläger zu 1) 2.500,00 Euro, entspricht 10 Prozent des Stammkapitals.

Nach Punkt I. § 6 (Gesellschafterbeschlüsse) werden Gesellschafterbeschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. In Punkt II. des Protokolls heißt es: " Die Geschäftsführer [Kläger] vertreten die Gesellschaft gemeinschaftlich mit einem anderen Geschäftsführer oder einem Prokuristen. Es wird klargestellt, dass der bisherige Geschäftsführer R. S. sen. weiterhin alleinvertretungsberechtigt ist.".

Die Kläger zu 1) und zu 2) haben jeweils mit der Beigeladenen zu 1) zum 1. April 2007 einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag geschlossen. Danach betrug das Monatsgehalt für jeden 2.850,00 Euro brutto zuzüglich einer Betriebsrente in Höhe von monatlich maximal 200,00 Euro. Die Kläger erhalten eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und haben Anspruch auf jeweils 28 Tage im Jahr bezahlten Urlaub. Über den ihnen zustehenden Jahresurlaub dürfen die Kläger frei bestimmen. Auch in der Bestimmung ihrer Arbeitszeit und des Arbeitsortes seien die Kläger als Geschäftsführer " völlig frei " und keinerlei Anweisungen der Gesellschafterversammlung unterstellt (§ 3 der Geschäftsführer-Anstellungsverträge). In § 1 der Geschäftsführer-Anstellungsverträge heißt es unter anderem: " Seine Geschäftsführertätigkeit ist mehr durch gesellschaftsrechtliche Rücksichtnahmen und ein gleichgerichtetes Nebeneinander, als durch einen für Arbeitnehmer/-geberverhältnisse typischen Interessengegensatz gekennzeichnet. Die gesellschaftliche Verbundenheit schafft hierbei ein Gefühl höherer Verantwortung und bewirkt einen Einklang der Interessen. Es fehlt also an der persönlichen Abhängigkeit. Der Geschäftsführer ist somit nicht in einem fremden, sondern im eigenen Unternehmen reibungsfrei und damit selbstständig tätig ". Der Eintrag über die Geschäftsführertätigkeiten der Kläger in das Handelsregister erfolgte am 15. November 2007.

Am 28. Februar 2008 beantragten der Kläger zu 1) und am 29. Februar 2008 der Kläger zu 2) bei der Beklagten die Feststellung ihres Status nach § 7a SGB IV (Anfrageverfahren).

Mit Schreiben vom 28. April 2008 hörte die Beklagte die Kläger zu 1) und zu 2) sowie die Beigeladene zu 1) an.

Mit Bescheiden vom 3. Juni 2008 stellte die Beklagte gegenüber den Klägern und der Beigeladenen zu 1) jeweils fest, dass ein abhängiges sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 1. April 2007 bestehe.

Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers zu 1) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2008 und den Widerspruch des Klägers zu 2) mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2009 zurück. Gegenstand der Statusentscheidung sei das bestehende Auftragsverhältnis zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber gewesen. Zwar könnten arbeitende Gesellschafter einer GmbH durchaus in einem abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH stehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege bei mitarbeitenden Gesellschaftern und auch Gesellschafter-Geschäftsführern ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur GmbH nur dann vor, wenn die Gesellschafter

funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der GmbH teilhaben,

für ihre Beschäftigung ein entsprechendes Arbeitsentgelt erhalten und

keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft kraft ihres Anteiles am Stammkapital geltend machen könnten.

Maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft habe der Gesellschafter, der mehr als die Hälfte der Geschäftsanteile hat. Die Kläger zu 1) und zu 2) hielten einen Geschäftsanteil zu jeweils 10 Prozent. Auch sei keine Sperrminorität vereinbart worden. Der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag enthalte Regelungen, die typisch für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses seien. Unter anderem bestehe ein Anspruch auf Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall und auf bezahlten Erholungsurlaub. Für die Geschäftsführertätigkeit werde ein festes monatliches Bruttoentgelt gezahlt. Der Weisungsgebundenheit stehe nicht entgegen, dass der Kläger zu 1) in der Abteilung "Werkstatt" Funktionen eines Arbeitgebers wahrnehme. Er unterliege dennoch der Überwachung durch die Gesellschafterversammlung.

Dagegen haben die Kläger zu 1) und zu 2) jeweils fristgerecht Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Beide Klagen sind mit Beschluss vom 9. Juni 2010 verbunden worden.

Die Kläger tragen vor, dass auf den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag abzustellen sei. Die Bereiche "Werkstatt" und "Autohandel" seien bewusst voneinander getrennt. Sie würden die Bereiche als Geschäftsführer jeweils selbstständig führen. Sie seien als Geschäftsführer berechtigt, die Gesellschaft nach außen zu vertreten. Durch die gesellschaftsrechtliche Rücksichtnahme und ein gleichgerichtetes Nebeneinander sei eine höhere Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft begründet worden. Laut Anstellungsvertrag solle ein Geschäftsführer im eigenen Unternehmen ausdrücklich selbstständig tätig sein. Der Gesellschafter unterliege dabei weder in der strategischen Planung noch im gesellschaftlichen Geschäftsgeschehen Anweisungen des Gesellschafters. Als Gesellschafter könnten sie die Jahresplanungen selbstständig und eigenverantwortlich als zentrale und unternehmerische Aufgabe erstellen. Die Arbeitszeit und die Ausgestaltung der Arbeit könne jeder Kläger als Geschäftsführer frei wählen. Sie seien keinerlei Anweisungen der Gesellschafterversammlung unterworfen. Der Mehrheitsgesellschafter habe die unternehmerischen Entscheidungen für die Gesellschaft auf die Geschäftsführer übertragen wollen.

Mit Gesellschafterversammlung vom 23. Juni 2009 haben die Gesellschafter bestimmt, dass die Gesellschafterbeschlüsse mit dem Erfordernis einer Mehrheit von mindestens 75 Prozent gefasst werden, § 6 des Gesellschaftsvertrages. Weiterhin heißt es: " Das Erfordernis einer Mehrheit von 75 % für Gesellschafterbeschlüsse war bereits für den Zeitpunkt des Eintritts der Gesellschafter [ ] verabredet, gewollt und seither entsprechend praktiziert. Vorsorglich genehmigt die heutige Gesellschafterversammlung alle seither gefassten Beschlüsse der Gesellschafter ". Diese Änderung ist zum 27. Juli 2009 in das Handelsregister eingetragen worden.

Am 10. September 2009 haben die Kläger und die übrigen Gesellschafter einen notariell beurkundeten Vertrag über den Erwerb von Geschäftsanteilen bei gleich bleibendem Stammkapital in Höhe von insgesamt 25.000,00 Euro geschlossen und § 3 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages (Stammkapital und Stammeinlagen) neu gefasst. Die Geschäftsanteile sind zum 1. Oktober 2009 wie folgt festgelegt worden:

R. S. sen. 2.500,00 Euro, entspricht 10 Prozent des Stammkapitals,

Kläger zu 1) 11.250,00 Euro, entspricht 45 Prozent des Stammkapitals,

Kläger zu 2) 11.250,00 Euro, entspricht 45 Prozent des Stammkapitals.

R. S. sen. ist als Geschäftsführer ausgeschieden. Der Eintrag in das Handelsregister ist am 16. Februar 2010 erfolgt.

Die Gesellschaft hatte zunächst weiterhin keinen Grundbesitz. Eigentümer des Betriebsgrundstücks ist R. S. sen. gewesen. Später ist das Eigentum an dem Grundstück anteilig auf die beiden Kläger übertragen worden.

Mit Bescheiden vom 2. Dezember 2009 gegenüber dem Kläger zu 1) und der Beigeladenen zu 1) und mit Bescheid vom 2. November 2009 gegenüber dem Kläger zu 2) hat die Beklagte ihre Entscheidung vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17. Dezember 2008 und vom 7. Juli 2009 abgeändert. Sie hat festgestellt, dass für die Kläger zu 1) und zu 2) in dem seit den 1. April 2007 ausgeübten Beschäftigungen als Geschäftsführer die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.

Den am 9. November 2012 erneut gestellten Antrag des Klägers zu 1) auf Statusfeststellung hat die Beklagte mit Bescheid vom 22. November 2012 abgelehnt. Es sei bereits ein Statusfeststellungsverfahren anhängig und der Statusfeststellungbescheid vom 3. Juni 2008 noch nicht bestandskräftig.

Den Bescheid vom 22. November 2012 hat die Beklagte mit Bescheid vom 14. Januar 2013 zurückgenommen. Danach bestehe seit dem 1. Oktober 2009 keine abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mehr. Mit Bescheiden vom 10. Januar 2013 hat die Beklagte den Status der Kläger zu 1) und zu 2) gegenüber der Beigeladenen zu 1) ebenfalls bis zum 30. September 2009 als sozialversicherungspflichtig festgestellt.

Das Sozialgericht hat die Klagen mit Urteil vom 28. November 2013 abgewiesen. Die Geschäftsführer einer GmbH seien nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich abhängig beschäftigt und deshalb in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig. Bis zum 30. September 2009 seien die Kläger bei fehlender Sperrminorität nicht in der Lage gewesen, die Willensbildung der GmbH zu bestimmen.

Gegen das ihnen am 2. Dezember 2013 zugestellte Urteil haben die Kläger am 20. Dezember 2013 Berufungen beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt.

Bei der vertraglichen Umgestaltung zum 30. September 2009 habe es sich lediglich um eine Anpassung an einen davor bereits bestehenden gesellschaftsrechtlichen Status gehandelt. Nach Auffassung der Kläger dürfe nicht schematisch auf die Regelungen im Gesellschaftsvertrag abgestellt werden. Es müsse vielmehr überprüft werden, welche Befugnisse der Geschäftsführer im Einzelnen hat. Aus der Vielzahl in Betracht kommender Merkmale sei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ein Urteil zu finden. Letztlich habe ihre Selbstständigkeit, die mit dem vormaligen Mehrheitsgesellschafter abgesprochen gewesen sei, dazu geführt, dass entsprechende vertragliche Umgestaltungen mit Wirkung zum 30. September 2009 vorgenommen worden seien. Seit 2007 habe sich R. S. sen. vollständig aus den Geschäften der Beigeladenen zu 1) zurückgezogen. Im Betrieb sei er nur noch selten erschienen. Es sei wichtig gewesen, dass sie die unternehmerische Tätigkeit nach vorheriger Absprache mit R. S. sen. selbstständig ausgeübt hätten. Da in dem ebenfalls von R. S. sen. geleiteten Autohaus in Königslutter der dortige Minderheitsgesellschafter als selbstständig Tätiger geführt worden sei, hätten sie darauf vertraut, dass die Beklagte ebenso für die Kläger entscheiden würde. R. S. sen. habe seit 2007 keine Weisungen erteilt, da er sich aus den Geschäften habe zurückziehen wollen.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 28. November 2013 und den für den Kläger zu 1) ergangenen Bescheid vom 3. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Dezember 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Dezember 2009 und den für den Kläger zu 2) ergangenen Bescheid vom 3. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. November 2009 aufzuheben sowie festzustellen, dass die Kläger die am 1. April 2007 begonnenen Tätigkeiten als Gesellschafter-Geschäftsführer für die Beigeladene zu 1) bis zum 30. September 2009 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt haben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie hält an ihrer Auffassung im Verwaltungs- und im erstinstanzlichen Verfahren fest und die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Gesellschafts-Geschäftsführer einer GmbH, die keinen maßgebenden Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft haben, also weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine umfassende Sperrminorität verfügen, seien als Arbeitnehmer im Sinne der Sozialversicherung zu qualifizieren.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des verbundenen Verfahrens S 12 R 582/09 und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig.

Die Berufungen sind unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klagen zurecht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Dezember 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Dezember 2009 und vom 3. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. November 2009 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, §§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

1.

Streitgegenständlich sind der für den Kläger zu 1) ergangene Bescheid vom 3. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Dezember 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Dezember 2009 und der für den Kläger zu 2) ergangene Bescheid vom 3. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. November 2009. Die Kläger haben ihre Klagen auf den Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 30. September 2009 beschränkt. An diesen streitgegenständlichen Zeitraum ist die Berufungsinstanz in ihrer Entscheidung gebunden, § 157 Satz 1 SGG. Mit Bescheiden vom 10. und vom 14. Januar 2013 hat die Beklagte festgestellt, dass die Kläger ihre Gesellschaftertätigkeit ab dem 1. Oktober 2009 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausüben. Diese Bescheide sind aufgrund der Beschränkung des streitgegenständlichen Zeitraums durch die Kläger nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

2.

Die Kläger haben ihre Tätigkeiten als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) in dem Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 30. September 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt.

Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten über die Feststellung, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestanden hat, ist § 7a SGB IV. Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer die Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI), § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V), § 20 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (Arbeitsförderung - SGB III) unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der Arbeitslosenversicherung.

Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht in erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit. Eine Beschäftigung ist gegeben, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbstständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (BSG, Urteile vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - und vom 12. November 2015 - B 12 KR 10/14 R).

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Kläger für die Beigeladene zu 1) im Rahmen einer Beschäftigung oder als Selbstständige tätig wurden, sind die für die Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen. Dabei kommt den tatsächlichen Verhältnissen besondere Bedeutung zu, weil die Versicherungspflicht kraft Gesetzes entsteht und deswegen nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein kann. Die tatsächlichen Verhältnisse wiederum ergeben sich aus den vertraglichen Vereinbarungen sowie den Umständen der Tätigkeit.

Entscheidendes Merkmal für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist aber das Bestehen einer Weisungsgebundenheit. Insoweit ergibt sich aus Punkt II. des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 24. Mai 2007, dass R. S. sen. als bisheriger Geschäftsführer alleinvertretungsberechtigt war. Die Kläger waren erst seit dem 28. Oktober 2008 alleinvertretungsberechtigt.

Auch die Stimmanteile der Kläger lagen bei jeweils 10 Prozent. Vor diesem Hintergrund können sie nicht als selbstständig Tätige angesehen werden Sie hatten im streitgegenständlichen Zeitraum in der Gesellschafterversammlung keinen maßgeblichen Einfluss hinsichtlich der Ausgestaltung der Vorgaben für ihre eigene Tätigkeit. Sie waren hinsichtlich ihrer Tätigkeit dem Weisungsrecht einer juristischen Person, der Beigeladenen zu 1), unterworfen. Die Formulierung in den mit den Klägern geschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsverträgen, dass es an der persönlichen Abhängigkeit fehle und der Geschäftsführer weisungsfrei und damit selbstständig tätig sei, kann dem nicht entgegen gehalten werden. Es kommt auf die faktisch bestehende juristische Möglichkeit an, der Weisung der GmbH mit dem Stimmenanteil als Gesellschafter andere Entscheidungen entgegensetzen zu können. Dies war mit 10 Prozent Stimmanteilen und dem Erfordernis der Mehrheit der Stimmen bei Beschlüssen nicht möglich.

Geschäftsführer einer GmbH sind regelmäßig als Beschäftigte der GmbH anzusehen und unterliegen daher der Sozialversicherungspflicht. Ein Geschäftsführer, der zugleich Gesellschafter der GmbH ist, ist nur dann nicht abhängig beschäftigt, wenn er die Rechtsmacht besitzt, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn er mehr als 50 Prozent der Anteile am Stammkapital hat (Mehrheitsgesellschafter). Ist er ein Minderheitsgesellschafter, weil er weniger als 50 bzw. exakt 50 Prozent der Anteile am Stammkapital hält, und verfügt er nicht kraft ausdrücklicher Regelungen im Gesellschaftsvertrag über eine umfassende Sperrminorität, ist von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R; Urteil vom 4. Juli 2007 - B 11a AL 5/06 R; Urteile vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R und B 12 R 5/16 R; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. Mai 2013 - L 1 R 219/11).

Weder den zum 1. April 2007 zwischen der Beilgeladenen zu 1) und den Klägern geschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsverträgen noch den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung lässt sich eine echte Sperrminorität entnehmen.

Auch die von der Gesellschafterversammlung am 23. Juni 2009 getroffene Entscheidung, dass die Gesellschafterbeschlüsse nunmehr mit dem Erfordernis einer Mehrheit von mindestens 75 Prozent zu fassen und dies bereits mit Eintritt der Kläger als Gesellschafter so gewollt und praktiziert worden sei, steht der Auffassung des Senats nicht entgegen. Der Zeitpunkt der Wirkung einer veränderten Regelung in den Gesellschafteranteilen und der Stimmanteile ist der Eintrag in das Handelsregister. Dieser Eintrag ist erst zum 16. Februar 2010 erfolgt. Der im Beschluss zum Ausdruck gebrachte Wille, dass die Regelung bereits vorher bestanden haben soll, ist im Hinblick auf die Einordnung der Tätigkeit als abhängige Beschäftigung oder als Selbstständigkeit, ohne Rechtswirkung. Denn nicht nur theoretisch, sondern auch faktisch hat bis zu der Änderung des Gesellschaftsvertrages jederzeit die Möglichkeit bestanden, dass die Gesellschafterversammlung den Klägern als Geschäftsführer eine Weisung erteilt, gegen welche diese wegen ihrer Minderheitenstellung in der GmbH ohne Sperrminorität nichts hätten entgegen setzen können.

Der Senat folgt der Rechtsprechung des BSG, dass es nicht darauf ankomme, dass ein Geschäftsführer einer GmbH im Außenverhältnis weitreichende Befugnisse habe und ihm häufig Freiheiten hinsichtlich der Tätigkeiten eingeräumt würden. Die Möglichkeit, dass die Kläger über ihren Urlaub, die Arbeitszeiten und den Arbeitsort frei bestimmen konnten, führt alleine nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Entscheidend ist vielmehr der Grad der rechtlich durchsetzbaren Einflussmöglichkeiten auf die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung. Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die die Gesellschafter-Geschäftsführer in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen oder zumindest ihnen nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Mündliche Absprachen oder Stimmbindungsabreden erfüllen diese Anforderung nicht. Unabhängig von einer Abänderungsmöglichkeit oder Kündbarkeit stehen solche nicht gesellschaftsrechtlich geregelten Absprachen im Widerspruch zu dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R und B 12 R 5/16 R).

In diesem Zusammenhang ist auch nicht maßgebend, ob einem der Geschäftsführer tatsächlich Weisungen von der Gesellschafterversammlung erteilt worden sind. Entscheidend ist, ob der Geschäftsführer die Rechtsmacht hatte, zu verhindern, dass ihm Weisungen erteilt werden. Wollte man anders entscheiden, gäbe es Fälle der "Schönwetter-Selbstständigkeit". Dort könnte erst nach Beendigung der Tätigkeit anhand des bisherigen Ausbleibens von Weisungen festgestellt werden, ob es sich um eine selbstständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung gehandelt hat. Dies stünde im Widerspruch zu dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände, die schon zu Beginn der Tätigkeit gegeben sein müssen (BSG, Urteile vom 11. November 2015 - B 12 KR 2/14 R und B 12 KR 10/14 R). Abzustellen ist deshalb auf die getroffenen gesellschaftsrechtlichen Regelungen.

Vor diesem Hintergrund war der unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung eingegangenen Beweisanregung der Kläger mit Schriftsatz vom 26. Juni 2018 nicht weiter nachzugehen. Die Kläger hatten angeregt, den langjährigen Steuerberater und die kaufmännische Angestellte der Beigeladenen zu 1) anzuhören. Diese Personen würden bestätigen, dass sie ohne Weisungen den Betrieb allein geführt hätten. Auf die Frage kommt es aber nach den obigen Ausführungen nicht an.

Im Übrigen weisen die zum 1. April 2007 geschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsverträge weitere Elemente auf, die für ein Arbeitsverhältnis charakteristisch sind. Dazu zählen insbesondere das regelmäßige monatliche Einkommen, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und die Gewährung von bezahltem Urlaub (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R).

3.

Die streitgegenständlichen Bescheide vom 3. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Dezember 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Dezember 2009 und vom 3. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. November 2009 sind auch hinsichtlich des Beginns der festgestellten abhängigen Beschäftigung rechtmäßig.

§ 7a Abs. 6 SGB IV ist nicht einschlägig. Wird danach innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit ein Antrag auf Statusfeststellung gestellt und stellt die Beklagte ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fest, tritt die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte zustimmt und er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat. Hier haben die Kläger den Antrag bei der Beklagten auf Feststellung am 29. Februar 2008, mithin 11 Monate nach Aufnahme ihrer Beschäftigung zum 1. April 2007 und damit nicht innerhalb eines Monats im Sinne des § 7a Abs. 6 SGB IV gestellt. Die Versicherungspflicht war somit ab dem Beginn der Beschäftigung festzustellen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

III.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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