Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
72
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 748/18
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Bachelor- und Masterstudiengang sind als einheitlicher Studiengang gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V anzusehen mit der Folge, dass bei der Bestimmung der 14 Fachsemester – Grenze das Bachelor- und das Masterstudium zusammenzurechnen sind.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Fortsetzung seiner Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) der Beklagten über den 30.09.2017 hinaus bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres.
Der 1989 geborene Kläger begann im Oktober 2010 ein Bachelor-Studium der Elektrotechnik an der Technischen Universität (TU) Berlin. Im August 2017 erwarb er den Bachelor. In dieser Zeit war er bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) pflichtversichert. Im April 2017 begann er an derselben Universität das Masterstudium im Studiengang Elektrotechnik. Mit Antrag vom September 2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Weiterversicherung in der KVdS für die Zeit des Master-Studiums, das voraussichtlich am 30.03.2019 endet.
Mit Bescheid vom 07.09.2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die KVdS sei auf 14 Fachsemester bzw. bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres begrenzt. Bei dem Master Studium des Klägers handele es sich nicht um ein notwendiges Aufbaustudium, sondern um einen konsekutiven Studiengang. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch wandte sich die Beklagte an die TU Berlin mit der Bitte um Mitteilung, ob es sich bei dem Master-Studium des Klägers um einen konsekutiven oder einen weiterbildenden Studiengang handele. Der zuständige Sachbearbeiter der TU Berlin teilte daraufhin mit, dass der Kläger in einem konsekutiven Masterstudiengang immatrikuliert sei. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 17.10.2017 mit, dass es bei Ihrer Ablehnung der KVdS für die Zeit nach September 2017 verbleibe. Da der Kläger seinen Widerspruch aufrechterhielt, wies die Beklagte diesen mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2018 zurück. Der Kläger habe die Höchstdauer von 14 Fachsemestern am 30.09.2017 erreicht. Hinderungsgründe im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 zweiter Halbsatz SGB V, die eine Verlängerung der KVdS rechtfertigen würden, seien nicht vorgetragen. Die Beklagten währte den konsekutiven Masterstudiengang als Fortsetzung des Bachelorstudiums. Eine neue Semesterzählung mit Beginn des Masterstudiums sei nicht möglich.
Mit seiner fristgemäß erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter.
Bei einem Aufbaustudium sei danach zu differenzieren, ob es mit dem bisherigen Studium eine inhaltliche und zeitliche Einheit bilde. Etwas anderes gelte, wenn es nach einem in sich abgeschlossenen Studium nur der Verbesserung der Berufsaussichten diene. Das Master-Studium nach Erlangung des Abschlusses eines Bachelor sei als Fortsetzung des Erststudiums anzusehen. Obgleich diese eine Einheit bilden würden, beginne die Semester-Zählung neu. Dies sei vom SGB 5 zu akzeptieren. Durch die Bezugnahme auf die Fachsemester sei klargestellt, dass nur die Semester berücksichtigt würden, die im gleichen Studiengang absolviert würden. Als zu einem Studiengang gehörig seien alle Semester anzusehen, die zu dem angestrebten Abschluss benötigt würden. Bachelor und Master seien zwar als Einheit anzusehen, die Semesterzählung beginne mit Eintritt in den Masterstudiengang jedoch neue, jedenfalls bis zum 30. Lebensjahr. Ein sachlicher Grund dafür, konsekutive und nicht-konsekutive Studiengänge im Rahmen der GKV unterschiedlich zu behandeln, sei nicht ersichtlich.
Der Kläger beantragt,
Den Bescheid vom 07.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ein 20.03.2018 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger über den 30.09.2017 hinaus, bis zum Erreichen des 30. Lebensjahres, der gesetzlichen Kranken Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten KVdS es unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Auf Nachfrage des Gerichts teilten die Beteiligten mit, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG einverstanden zu sein.
Dem Gericht lagen die einschlägigen Akten der Beklagten (1 Band) vor. Auf ihren Inhalt wird bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts ebenso Bezug genommen wie auf den Inhalt der Gerichtsakte.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.
Die form- und fristgemäß erhobene Klage ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der vom Kläger angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V sind versicherungspflichtig "Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, , bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Studenten nach Abschluss des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in eine Ausbildungsstelle des zweiten Bildungsweges, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen".
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger ab 01.10.2017 nicht mehr. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte er das 14. Fachsemester abgeschlossen. Gründe im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 zweiter Halbsatz SGB V sind weder ersichtlich, noch vom Kläger dargetan.
Der Bachelor- und der Masterstudiengang sind als einheitlicher Studiengang im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V mit der Folge anzusehen, dass bei Bestimmung der 14 Fachsemester – Grenze das Bachelor- und das Masterstudium zusammen zu zählen sind.
Zwar folgt diese Auslegung nicht zwingend aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften; vielmehr dürfte dieser beide Auslegungsmöglichkeiten zulassen. Jedoch spricht die teleologische Auslegung der Vorschrift sowohl des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V unter Berücksichtigung der Regelungen des Hochschulrahmengesetzes (HRG) und des dieses konkretisierenden Berliner Hochschulgesetzes dafür, die Semester von Bachelor- und Masterstudiengang, jedenfalls bei konsekutiven Masterstudiengängen, zusammen zu zählen.
Hintergrund der Krankenversicherung der Studenten ist die Überlegung, dass die Personengruppe der Studenten schützenswert ist, "weil die regelmäßige Dauer eines Hochschulstudiums die Dauer einer Berufsausbildung weit übersteigt und daher ein ausreichender Krankenversicherungsschutz während der ausbildungsbedingten Einkommenslosigkeit - vor allem wegen der Begrenzung der Familienversicherung gemäß § 10 Abs 2 SGB V - nicht gewährleistet ist" (BSG, Urteil vom 07. Juni 2018 – B 12 KR 15/16 R –, BSGE (vorgesehen), SozR 4-2500 § 5 Nr 28, Rn. 17)
Das BSG führt weiter aus:
"Nach der Gesetzessystematik ist der Anordnung der Versicherungspflicht für Studenten ein Ausbildungsbezug immanent. Der Gesetzgeber hat die Versicherungspflicht von einkommenslosen und nicht mehr familienversicherten Studenten für einen Zeitraum vorgesehen, in dem ein Studium regelmäßig durchgeführt werden kann und typischerweise entweder erfolgreich abgeschlossen oder endgültig aufgegeben wird, nämlich innerhalb von 14 Fachsemestern oder bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres (vgl BSG Urteil vom 30.9.1992 - 12 RK 40/91 - BSGE 71, 150, 151 = SozR 3-2500 § 5 Nr 4 S 12). Zudem knüpft die Versicherungspflicht für Studenten - untechnisch gesprochen - an ein geregeltes Studium an, also an einen Studiengang mit vorgegebenen Inhalten, fortwährenden Leistungsnachweisen und -kontrollen und einem förmlichen Abschluss (zB Staatsexamen, Diplom, Bachelor/Master). Beides ist bei einem Erststudium, aber auch bei einem Zweit-, Aufbau- oder Erweiterungsstudium - durchaus auch bei einem Masterstudiengang – erfüllt " (BSG, Urteil vom 07. Juni 2018 – B 12 KR 15/16 R –, BSGE (vorgesehen), SozR 4-2500 § 5 Nr 28, Rn. 18).
Aus der Rechtsprechung des BSG wird deutlich, dass dem zeitlichen Rahmen, in dem ein Studium grundsätzlich abgeschlossen werden kann, maßgebliche Bedeutung zukommt. Gem. § 19 Abs. 4 HRG, konkretisiert durch § 23 Abs. 4 Berliner Hochschulgesetz beträgt die Gesamtstudienzeit eines Bachelorstudiengangs und eines konsekutiven Masterstudiengangs höchstens fünf, in den künstlerischen Kernfächern höchstens sechs Jahre, mithin max. 12 Semester. Mithin kann ein solcher dualer Studiengang grundsätzlich innerhalb der 14 Fachsemester-Grenze des 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V durchgeführt werden. Der Schutzzweck der Regelung ist somit erreicht. Die Fortsetzung der studentischen Krankenversicherung über das 14. Fachsemester hinaus bleibt unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 zweiter Halbsatz SGB V möglich.
Für eine Zusammenrechnung spricht auch der enge sachliche und zeitliche Zusammenhang zwischen dem Bachelor- und dem Masterstudiengang des Klägers. Dieser folgt bereits aus der Erklärung des Klägers gegenüber der Beklagten vom 03.09.2017, in der der Kläger angegeben hat, dass er im unmittelbaren Anschluss an das Erststudium, "Elektrotechnik Bachelor", das Aufbaustudium "Elektrotechnik Master" begonnen hat. Auf den sachlichen Zusammenhang stellt auch der Bundesfinanzhof (BFH) bei der Beurteilung der Frage , ob ein einheitlicher Ausbildungsgang vorliegt, ab und führt hierzu aus:
"Entgegen der Auffassung des FG und der Familienkasse ist das Masterstudium von C Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs (anderer Ansicht Blümich/Selder, § 32 EStG Rz 81). Es steht in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zum vorangegangenen Bachelorstudiengang Bei der Prüfung des sachlichen Zusammenhangs ist darauf abzustellen, ob die Ausbildungsabschnitte hinsichtlich der Berufssparte oder des fachlichen Bereichs im Zusammenhang stehen (BFH-Urteile in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, und in BFHE 249, 500). Im Streitfall ergibt sich ein solcher Zusammenhang allein schon aus dem Umstand, dass der Masterstudiengang auf dem vorherigen Bachelorstudium aufbaut (sog. konsekutives Masterstudium i.S. von § 19 Abs. 4 des Hochschulrahmengesetzes -HRG-)." (BFH, Urteil vom 03. September 2015 – VI R 9/15 –, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166, Rn. 21)
Mit dem SG Stralsund dürfte anzunehmen sein, dass die Erwägungen des BFH dem Grunde nach auch für die hier krankenversicherungsrechtliche Betrachtung herangezogen werden können. Das SG Stralsund weist darauf hin:
"Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Auffassung, dass es sich jedenfalls bei einem sog. konsekutiven Studiengang um eine einheitliche universitäre Ausbildung handelt, ins-besondere auch durch die Regelung des § 19 Abs. 4 HRG unterstrichen wird, wonach bei konsekutiven Studiengängen, d.h. bei denen das Masterstudium auf dem Bachelorstudium aufbaut und in einem engen zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit diesem steht (vgl. BFH, Urteil vom 3. September 2015, a.a.O., Rn. 21), die Gesamtregelstudienzeit höchstens 5 Jahre beträgt." (SG Stralsund, Urteil vom 20. Januar 2017 – S 3 KR 11/15 –, Rn. 32 f, juris)
Entgegen der Auffassung des Klägers besteht auch ein sachlicher Grund für die Unterscheidung von konsekutiven und nicht konsekutiven Masterstudiengängen. Denn während erstere unmittelbar an das Bachelorstudium anschließen und somit eine Einheit mit diesem bilden, knüpfen letztere an eine nach Abschluss des Bachelorstudiums erworbene Berufspraxis an. Insoweit besteht gerade kein enger sachlicher Zusammenhang mit dem vorausgegangenen Bachelor-Studium.
Der Zusammenzählung von im Bachelor- und im Masterstudium zurückgelegten Semestern steht schließlich nicht entgegen, dass von der TU Berlin eine neue Semesterzählung vorgenommen wird, der Masterstudiengang danach wieder mit dem 1. Fachsemester beginnt. Das LSG Berlin- Brandenburg hat hierzu für das Promotionsstudium ausgeführt:
"Unabhängig von der Einordnung eines Promotionsstudiums scheitert die Versicherungspflicht der Klägerin aber auch daran, dass sie am 1. April 2012 schon das 14. Fachsemester abgeschlossen hatte. Dass nach den klägerseitig eingereichten Unterlagen die Hochschule offensichtlich bei Beginn des Promotionsstudiums die Semesterzählung wieder neu begann, ist unerheblich. Eine Rechtsgrundlage hierfür ist dem BerlHG nicht zu entnehmen. Auf die Regeln der konkreten Promotionsordnung kann es nach dem o.G. nicht ankommen." (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07. Dezember 2016 – L 9 KR 4/16 –, Rn. 45, juris)
Diese Ausführungen sind auf die hier zu beurteilende Frage übertragbar. Es kann nicht der Ausbildungseinrichtung überlassen sein, wie die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V auszulegen ist bzw. wann sie Anwendung findet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Fortsetzung seiner Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) der Beklagten über den 30.09.2017 hinaus bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres.
Der 1989 geborene Kläger begann im Oktober 2010 ein Bachelor-Studium der Elektrotechnik an der Technischen Universität (TU) Berlin. Im August 2017 erwarb er den Bachelor. In dieser Zeit war er bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS) pflichtversichert. Im April 2017 begann er an derselben Universität das Masterstudium im Studiengang Elektrotechnik. Mit Antrag vom September 2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Weiterversicherung in der KVdS für die Zeit des Master-Studiums, das voraussichtlich am 30.03.2019 endet.
Mit Bescheid vom 07.09.2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die KVdS sei auf 14 Fachsemester bzw. bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres begrenzt. Bei dem Master Studium des Klägers handele es sich nicht um ein notwendiges Aufbaustudium, sondern um einen konsekutiven Studiengang. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch wandte sich die Beklagte an die TU Berlin mit der Bitte um Mitteilung, ob es sich bei dem Master-Studium des Klägers um einen konsekutiven oder einen weiterbildenden Studiengang handele. Der zuständige Sachbearbeiter der TU Berlin teilte daraufhin mit, dass der Kläger in einem konsekutiven Masterstudiengang immatrikuliert sei. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 17.10.2017 mit, dass es bei Ihrer Ablehnung der KVdS für die Zeit nach September 2017 verbleibe. Da der Kläger seinen Widerspruch aufrechterhielt, wies die Beklagte diesen mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2018 zurück. Der Kläger habe die Höchstdauer von 14 Fachsemestern am 30.09.2017 erreicht. Hinderungsgründe im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 zweiter Halbsatz SGB V, die eine Verlängerung der KVdS rechtfertigen würden, seien nicht vorgetragen. Die Beklagten währte den konsekutiven Masterstudiengang als Fortsetzung des Bachelorstudiums. Eine neue Semesterzählung mit Beginn des Masterstudiums sei nicht möglich.
Mit seiner fristgemäß erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter.
Bei einem Aufbaustudium sei danach zu differenzieren, ob es mit dem bisherigen Studium eine inhaltliche und zeitliche Einheit bilde. Etwas anderes gelte, wenn es nach einem in sich abgeschlossenen Studium nur der Verbesserung der Berufsaussichten diene. Das Master-Studium nach Erlangung des Abschlusses eines Bachelor sei als Fortsetzung des Erststudiums anzusehen. Obgleich diese eine Einheit bilden würden, beginne die Semester-Zählung neu. Dies sei vom SGB 5 zu akzeptieren. Durch die Bezugnahme auf die Fachsemester sei klargestellt, dass nur die Semester berücksichtigt würden, die im gleichen Studiengang absolviert würden. Als zu einem Studiengang gehörig seien alle Semester anzusehen, die zu dem angestrebten Abschluss benötigt würden. Bachelor und Master seien zwar als Einheit anzusehen, die Semesterzählung beginne mit Eintritt in den Masterstudiengang jedoch neue, jedenfalls bis zum 30. Lebensjahr. Ein sachlicher Grund dafür, konsekutive und nicht-konsekutive Studiengänge im Rahmen der GKV unterschiedlich zu behandeln, sei nicht ersichtlich.
Der Kläger beantragt,
Den Bescheid vom 07.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ein 20.03.2018 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger über den 30.09.2017 hinaus, bis zum Erreichen des 30. Lebensjahres, der gesetzlichen Kranken Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten KVdS es unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Auf Nachfrage des Gerichts teilten die Beteiligten mit, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG einverstanden zu sein.
Dem Gericht lagen die einschlägigen Akten der Beklagten (1 Band) vor. Auf ihren Inhalt wird bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts ebenso Bezug genommen wie auf den Inhalt der Gerichtsakte.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.
Die form- und fristgemäß erhobene Klage ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der vom Kläger angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V sind versicherungspflichtig "Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, , bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Studenten nach Abschluss des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in eine Ausbildungsstelle des zweiten Bildungsweges, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen".
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger ab 01.10.2017 nicht mehr. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte er das 14. Fachsemester abgeschlossen. Gründe im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 zweiter Halbsatz SGB V sind weder ersichtlich, noch vom Kläger dargetan.
Der Bachelor- und der Masterstudiengang sind als einheitlicher Studiengang im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V mit der Folge anzusehen, dass bei Bestimmung der 14 Fachsemester – Grenze das Bachelor- und das Masterstudium zusammen zu zählen sind.
Zwar folgt diese Auslegung nicht zwingend aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften; vielmehr dürfte dieser beide Auslegungsmöglichkeiten zulassen. Jedoch spricht die teleologische Auslegung der Vorschrift sowohl des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V unter Berücksichtigung der Regelungen des Hochschulrahmengesetzes (HRG) und des dieses konkretisierenden Berliner Hochschulgesetzes dafür, die Semester von Bachelor- und Masterstudiengang, jedenfalls bei konsekutiven Masterstudiengängen, zusammen zu zählen.
Hintergrund der Krankenversicherung der Studenten ist die Überlegung, dass die Personengruppe der Studenten schützenswert ist, "weil die regelmäßige Dauer eines Hochschulstudiums die Dauer einer Berufsausbildung weit übersteigt und daher ein ausreichender Krankenversicherungsschutz während der ausbildungsbedingten Einkommenslosigkeit - vor allem wegen der Begrenzung der Familienversicherung gemäß § 10 Abs 2 SGB V - nicht gewährleistet ist" (BSG, Urteil vom 07. Juni 2018 – B 12 KR 15/16 R –, BSGE (vorgesehen), SozR 4-2500 § 5 Nr 28, Rn. 17)
Das BSG führt weiter aus:
"Nach der Gesetzessystematik ist der Anordnung der Versicherungspflicht für Studenten ein Ausbildungsbezug immanent. Der Gesetzgeber hat die Versicherungspflicht von einkommenslosen und nicht mehr familienversicherten Studenten für einen Zeitraum vorgesehen, in dem ein Studium regelmäßig durchgeführt werden kann und typischerweise entweder erfolgreich abgeschlossen oder endgültig aufgegeben wird, nämlich innerhalb von 14 Fachsemestern oder bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres (vgl BSG Urteil vom 30.9.1992 - 12 RK 40/91 - BSGE 71, 150, 151 = SozR 3-2500 § 5 Nr 4 S 12). Zudem knüpft die Versicherungspflicht für Studenten - untechnisch gesprochen - an ein geregeltes Studium an, also an einen Studiengang mit vorgegebenen Inhalten, fortwährenden Leistungsnachweisen und -kontrollen und einem förmlichen Abschluss (zB Staatsexamen, Diplom, Bachelor/Master). Beides ist bei einem Erststudium, aber auch bei einem Zweit-, Aufbau- oder Erweiterungsstudium - durchaus auch bei einem Masterstudiengang – erfüllt " (BSG, Urteil vom 07. Juni 2018 – B 12 KR 15/16 R –, BSGE (vorgesehen), SozR 4-2500 § 5 Nr 28, Rn. 18).
Aus der Rechtsprechung des BSG wird deutlich, dass dem zeitlichen Rahmen, in dem ein Studium grundsätzlich abgeschlossen werden kann, maßgebliche Bedeutung zukommt. Gem. § 19 Abs. 4 HRG, konkretisiert durch § 23 Abs. 4 Berliner Hochschulgesetz beträgt die Gesamtstudienzeit eines Bachelorstudiengangs und eines konsekutiven Masterstudiengangs höchstens fünf, in den künstlerischen Kernfächern höchstens sechs Jahre, mithin max. 12 Semester. Mithin kann ein solcher dualer Studiengang grundsätzlich innerhalb der 14 Fachsemester-Grenze des 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V durchgeführt werden. Der Schutzzweck der Regelung ist somit erreicht. Die Fortsetzung der studentischen Krankenversicherung über das 14. Fachsemester hinaus bleibt unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 zweiter Halbsatz SGB V möglich.
Für eine Zusammenrechnung spricht auch der enge sachliche und zeitliche Zusammenhang zwischen dem Bachelor- und dem Masterstudiengang des Klägers. Dieser folgt bereits aus der Erklärung des Klägers gegenüber der Beklagten vom 03.09.2017, in der der Kläger angegeben hat, dass er im unmittelbaren Anschluss an das Erststudium, "Elektrotechnik Bachelor", das Aufbaustudium "Elektrotechnik Master" begonnen hat. Auf den sachlichen Zusammenhang stellt auch der Bundesfinanzhof (BFH) bei der Beurteilung der Frage , ob ein einheitlicher Ausbildungsgang vorliegt, ab und führt hierzu aus:
"Entgegen der Auffassung des FG und der Familienkasse ist das Masterstudium von C Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs (anderer Ansicht Blümich/Selder, § 32 EStG Rz 81). Es steht in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zum vorangegangenen Bachelorstudiengang Bei der Prüfung des sachlichen Zusammenhangs ist darauf abzustellen, ob die Ausbildungsabschnitte hinsichtlich der Berufssparte oder des fachlichen Bereichs im Zusammenhang stehen (BFH-Urteile in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, und in BFHE 249, 500). Im Streitfall ergibt sich ein solcher Zusammenhang allein schon aus dem Umstand, dass der Masterstudiengang auf dem vorherigen Bachelorstudium aufbaut (sog. konsekutives Masterstudium i.S. von § 19 Abs. 4 des Hochschulrahmengesetzes -HRG-)." (BFH, Urteil vom 03. September 2015 – VI R 9/15 –, BFHE 251, 10, BStBl II 2016, 166, Rn. 21)
Mit dem SG Stralsund dürfte anzunehmen sein, dass die Erwägungen des BFH dem Grunde nach auch für die hier krankenversicherungsrechtliche Betrachtung herangezogen werden können. Das SG Stralsund weist darauf hin:
"Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Auffassung, dass es sich jedenfalls bei einem sog. konsekutiven Studiengang um eine einheitliche universitäre Ausbildung handelt, ins-besondere auch durch die Regelung des § 19 Abs. 4 HRG unterstrichen wird, wonach bei konsekutiven Studiengängen, d.h. bei denen das Masterstudium auf dem Bachelorstudium aufbaut und in einem engen zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit diesem steht (vgl. BFH, Urteil vom 3. September 2015, a.a.O., Rn. 21), die Gesamtregelstudienzeit höchstens 5 Jahre beträgt." (SG Stralsund, Urteil vom 20. Januar 2017 – S 3 KR 11/15 –, Rn. 32 f, juris)
Entgegen der Auffassung des Klägers besteht auch ein sachlicher Grund für die Unterscheidung von konsekutiven und nicht konsekutiven Masterstudiengängen. Denn während erstere unmittelbar an das Bachelorstudium anschließen und somit eine Einheit mit diesem bilden, knüpfen letztere an eine nach Abschluss des Bachelorstudiums erworbene Berufspraxis an. Insoweit besteht gerade kein enger sachlicher Zusammenhang mit dem vorausgegangenen Bachelor-Studium.
Der Zusammenzählung von im Bachelor- und im Masterstudium zurückgelegten Semestern steht schließlich nicht entgegen, dass von der TU Berlin eine neue Semesterzählung vorgenommen wird, der Masterstudiengang danach wieder mit dem 1. Fachsemester beginnt. Das LSG Berlin- Brandenburg hat hierzu für das Promotionsstudium ausgeführt:
"Unabhängig von der Einordnung eines Promotionsstudiums scheitert die Versicherungspflicht der Klägerin aber auch daran, dass sie am 1. April 2012 schon das 14. Fachsemester abgeschlossen hatte. Dass nach den klägerseitig eingereichten Unterlagen die Hochschule offensichtlich bei Beginn des Promotionsstudiums die Semesterzählung wieder neu begann, ist unerheblich. Eine Rechtsgrundlage hierfür ist dem BerlHG nicht zu entnehmen. Auf die Regeln der konkreten Promotionsordnung kann es nach dem o.G. nicht ankommen." (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07. Dezember 2016 – L 9 KR 4/16 –, Rn. 45, juris)
Diese Ausführungen sind auf die hier zu beurteilende Frage übertragbar. Es kann nicht der Ausbildungseinrichtung überlassen sein, wie die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V auszulegen ist bzw. wann sie Anwendung findet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
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