Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 13 R 1064/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 06.02.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2018 verpflichtet, die Klägerin für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis 31.03.2014 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht als Syndikusrechtsanwältin für Zeiten vor dem 01.04.2014. Die Klägerin ist seit dem 15.07.2010 bei der I1 AG, I2 beschäftigt. Ihr Beschäftigungsort ist in L2. Die Klägerin ist für ihre Arbeitgeberin im Bereich "Vermögensschaden-Haftpflicht-Schaden" tätig. Für die genaue Tätigkeit wird auf die bei den Verwaltungsakten befindliche Tätigkeitsbeschreibung Bezug genommen. Die Klägerin ist seit 13.05.2011 Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer E2 sowie der Beigeladenen. Für diese Tätigkeit beantragte die Klägerin unter dem 22.05.2011 die Befreiung von der Versicherungspflicht. Der Antrag wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 10.11.2011 abgelehnt, da es sich nicht um eine spezifisch anwaltliche Tätigkeit handele. Nachdem die Beklagte den hiergegen gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.2012 als unbegründet zurückwies, ist hiergegen die derzeit ruhende Klage S 30 R 248/12 vor dem Sozialgericht Köln anhängig. Für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis 31.03.2014 entrichtete die Klägerin aufgrund ihrer Tätigkeit bei der I1 gegenüber der Beigeladenen monatlich Mindestbeiträge (im Jahr 2011 109,45 Euro monatlich; im Jahr 2012 109,76 Euro monatlich; im Jahr 2013 109,62 Euro monatlich; im Jahr 2014 112,46 Euro monatlich). Mit bei der Beklagten am 01.04.2016 eingegangenen Schriftsatz der Klägerin vom 24.03.2016 aus dem sozialgerichtlichen Klageverfahren S 30 R 248/12 beantragte die Klägerin formlos die rückwirkende Befreiung gemäß § 231 Abs. 4b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Mit Schreiben vom 25.07.2017 gab die Klägerin an, dass sie die Befreiung von der Versicherungspflicht für die Zeit seit dem 13.05.2011 wünsche. Die Klägerin wurde von der Rechtsanwaltskammer E2 auf ihren dort am 23.03.2016 eingegangenen Antrag mit Bescheid vom 05.04.2017 als Syndikusrechtsanwältin zugelassen. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 04.12.2017 befreite die Beklagte die Klägerin auf ihren Antrag aufgrund der Zulassung als Syndikusrechtsanwältin für den Zeitraum ab 23.03.2016 nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI für die Tätigkeit bei der I1 von der Rentenversicherungspflicht. Mit ebenfalls bestandskräftigen Bescheid vom 06.02.2018 befreite die Beklagte die Klägerin rückwirkend für den Zeitraum vom 01.04.2014 bis 22.03.2016 von der Rentenversicherungspflicht. Ebenfalls mit Bescheid vom 06.02.2018 lehnte die Beklagte den Antrag vom 01.04.2016 auf rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs. 4b SGB VI indes für die von der Zeit vom 15.07.2010 bis 12.05.2011 und vom 13.05.2011 bis 31.03.2014 ausgeübte Beschäftigung als Mitarbeiterin der I1 ab. Die Klägerin sei erst ab 13.05.2011 Pflichtmitglied im Versorgungswerk geworden. Für den Zeitraum vom 13.05.2011 bis 31.03.2014 seien keine einkommensbezogenen Pflichtbeiträge an das Versorgungswerk gezahlt worden. Den hiergegen am 20.02.2018 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2018 als unbegründet zurück. Die Klägerin hat am 03.09.2018 Klage erhoben. Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie auch für Zeiten vor dem 01.04.2014 von der Rentenversicherungspflicht zu befreien sei. Auch bei den entrichteten Mindestbeiträgen handele es sich um einkommensbezogene Beiträge. Die Klägerin beantragte zuletzt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.02.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2018 zu verpflichten, sie für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis 31.03.2014 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine weitergehende rückwirkende Befreiung nicht vorlägen. Insbesondere sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass Mindestbeiträge keine einkommensbezogene Beiträge seien. Die Beigeladene stellte keinen Antrag. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und den Verwaltungsvorgang Bezug genommen. Diese haben dem Gericht bei seiner Entscheidung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid vom 06.02.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2018 ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin, § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Die Klägerin ist aus § 231 Abs. 4b S. 1, 4 SGB VI für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis 30.03.2014 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Nach § 231 Abs. 4b S. 1 SGB VI wirkt auf Antrag eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, die unter Berücksichtigung der Bundesrechtsanwaltsordnung in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung (BRAO n. F.) erteilt wurde, vom Beginn derjenigen Beschäftigung an, für die die Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt wird. Die Klägerin hat den Antrag auf rückwirkende Befreiung rechtzeitig vor Ablauf des 01.04.2016 (§ 231 Abs. 4b S. 6 SGB VI) am 01.04.2016 beantragt. Sie ist unter Berücksichtigung des §§ 46, 46a BRAO n. F. nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden. Die Rechtsanwaltskammer E2 hat die Klägerin mit Bescheid vom 05.04.2017 für die von ihr ausgeübte Tätigkeit nach § 46a Abs. 1 BRAO n. F. als Syndikusrechtsanwältin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Auf dieser Grundlage hat der Beklagte mit Bescheid vom 04.12.2017 nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI die Klägerin für ihre Tätigkeit bei der I1 von der Rentenversicherungspflicht seit dem 23.03.2016 befreit. Die Kammer geht nach dem Vortrag der Beteiligten davon aus, dass die Klägerin seit dem 13.05.2011 bei der I1 im wesentlichen dieselben Tätigkeiten ausgeübt hat und daher jedenfalls seit dem 13.05.2011 von "derjenigen Beschäftigung" auszugehen ist, die auch Grundlage des Befreiungsbescheides vom 04.12.2017 ist. Grundsätzlich erfolgt die rückwirkende Befreiung nach § 231 Abs. 4b S. 3 SGB VI frühestens ab dem 01.04.2014. Jedoch liegen auch die Voraussetzungen des § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI vor. Danach wirkt die Befreiung auch für Zeiten vor dem 1. April 2014, wenn für diese Zeiten einkommensbezogene Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt wurden. Für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis 30.03.2014 sind an die Beigeladene zugunsten der Klägerin Pflichtbeiträge gezahlt worden. Ausweislich des von der Beigeladenen vorgelegten Beitragskontoauszugs war die Klägerin verpflichtet, den jeweiligen Mindestbeitrag zu entrichten. Die Beiträge wurden auch tatsächlich gezahlt. Bei diesen Beiträgen handelt es sich um die Mindestbeiträge gemäß § 30 Abs. 3 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen (Satzung) in Höhe von 10% des Regelpflichtbeitrages. Diese Beiträge sind einkommensbezogene Pflichtbeiträge im Sinne von § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI. Auch in der Satzung eines Versorgungswerkes festgelegte Mindestbeiträge sind einkommensbezogene Pflichtbeiträge (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19.07.2016, Az. 1 BvR 2584/14, Rn. 16; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22.07.2016, Az. 1 BvR 2534/14, Rn. 16 jeweils mit weiteren Nachweisen). Dies ergibt sich schon daraus, dass sich nach § 30 Abs. 1, 2 Satzung die Beiträge grundsätzlich nach dem Einkommen der Pflichtmitglieder bemessen und ein Mindestbeitrag nach § 30 Abs. 3 Satzung immer dann zu entrichten ist, wenn sich nach dem zugrundezulegenden Einkommen nur ein geringerer Pflichtbeitrag ergäbe. Der Mindestbeitrag weist also einen unmittelbaren Einkommensbezug auf. Ferner stand es der sich rechtstreu verhaltenden Klägerin nicht offen, höhere Pflichtbeiträge an die Beigeladene zu leisten (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16.10.2018, Az. L 13 R 4841/17, Rn. 16). Da die Klägerin für den streitigen Zeitraum nicht über einen vollziehbaren Befreiungsbescheid verfügte, war sie bzw. ihr Arbeitgeber gehalten, die entsprechenden Beiträge an die Beklagte als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung abzuführen. Als Pflichtmitglied der Beigeladenen kam daher gemäß § 30 Abs. 7, 8 Satzung nur noch die Entrichtung des Mindestbeitrages in Betracht. Auch soweit die Klägerin zusätzliche freiwillige Beiträge nach § 32 Satzung entrichtet hätte, hätte es sich dabei lediglich um freiwillige – und nicht um Pflichtbeiträge – gehandelt. § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI steht nicht entgegen, dass es sich bei den geleisteten Mindestbeiträgen möglicherweise um wegen einer selbständigen Tätigkeit und nicht wegen der Beschäftigung als Syndikusrechtsanwältin geleistete Beiträge handelt. Eine solche Unterscheidung von Pflichtbeiträgen an die Beigeladene nach ihrem Rechtsgrund ("wegen" einer selbständigen Tätigkeit oder einer abhängigen Beschäftigung) kommt von vornherein nicht in Betracht. Nach § 30 Abs. 2 S. 1, Abs. 4 Satzung ist maßgebend das Einkommen des Mitglieds. Einkommen ist dabei sowohl das Arbeitsentgelt aus einer etwaigen abhängigen Beschäftigung als auch das Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit. Die Satzung der Beigeladenen geht dabei erkennbar von der Vorstellung aus, dass jedes Mitglied als zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Person selbständig tätig ist, da der Beruf des Rechtsanwalts schon seinem Wesen nach nur selbständig ausgeübt werden kann. Bei Syndikusrechtsanwälten ist danach von der sogenannten "Doppelberufstheorie" auszugehen, wonach der Syndikusrechtsanwalt einerseits als angestellter und weisungsgebundener ständiger Rechtsberater seines nichtanwaltlichen Arbeitgebers und andererseits als selbständiger und nicht weisungsgebundener Rechtsanwalt tätig ist. Nach diesem Verständnis hat gemäß § 30 Abs. 7 Satzung auch ein angestellter Syndikusrechtsanwalt, für dessen abhängige Beschäftigung Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet werden, unabhängig davon ob er tatsächlich daneben eine Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt ausübt, an die Beigeladene einen Mindestbeitrag zu entrichten. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht in Betracht, die Anwendung von § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI mit dem Argument zu versagen, dass die Pflichtbeiträge nur wegen einer (anderen) Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt entrichtet worden seien. Einer Anwendung von § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI steht ferner nicht entgegen, dass zugunsten der Klägerin für den streitigen Zeitraum ebenfalls Pflichtbeiträge bei der Beklagten entrichtet wurden (a. A. SG Köln, Urteil vom 13.06.2018, Az. S 40 R 133/18, Rn. 35 ff.). Ein entsprechendes Tatbestandsmerkmal ist dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen. § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI stellt für eine über den 01.04.2014 hinausgehende rückwirkende Befreiung lediglich darauf ab, dass einkommensbezogene Pflichtbeiträge an das Versorgungswerk entrichtet wurden. Die Norm verhält sich nicht zu Beiträgen, die für diese Zeiten an den Rentenversicherungsträger entrichtet wurden. Weder systematische Erwägungen noch der Sinn und Zweck der Vorschrift setzen voraus, dass für eine Befreiung vor dem 01.04.2014 keine Pflichtbeiträge an den Rentenversicherungsträger entrichtet sein dürfen. Zweck des § 231 Abs. 4b SGB VI ist es, für die Befreiung von Syndikusrechtsanwälten von der Versicherungspflicht im Wesentlichen die von den Rentenversicherungsträger vor den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 04.04.2014 geübte Verwaltungspraxis wiederherzustellen und hierfür aus Gründen des Vertrauensschutzes auch eine rückwirkende Befreiung zu ermöglichen. Dabei differenziert der Gesetzgeber legitimerweise in Satz 1 und 3 für die rückwirkende Befreiung bis zum 01.04.2014 und eine weiter zurückreichende Befreiung in Satz 4. Während eine Befreiung bis zum 01.04.2014 – und damit etwa bis zu dem Zeitpunkt der aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aufgegebenen damaligen Verwaltungspraxis – lediglich eine inwzischen ausgesprochene Befreiung aufgrund einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nach § 46a Abs. 1 BRAO n. F. sowie eine rechtzeitige Antragstellung voraussetzt, ist eine frühere Befreiung höheren Anforderungen unterworfen. Nach dem Wortlaut von Satz 4 ist hierfür weitere Voraussetzung, dass einkommensbezogene Pflichtbeiträge an das Versorgungswerk entrichtet wurden. Die Übergangsvorschrift des § 231 Abs. 4b SGB VI knüpft also für einen weiter zurückreichenden Befreiungsanspruch daran an, dass ein zusätzlicher Vertrauenstatbestand – nämlich die tatsächliche Beitragsentrichtung an das Versorgungswerk – vorliegt. Daraus ergibt sich nicht, dass eine Befreiung nach § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI ausgeschlossen wäre, wenn (auch) Beiträge an den Rentenversicherungsträger entrichtet wurden. Die Kammer verkennt nicht, dass der Gesetzgeber einen vor den 01.04.2014 zurückreichenden Befreiungsanspruch nur für solche Fälle vorsehen wollte, in denen keine Beiträge an den Rentenversicherungsträger geleistet worden sind. Der Gesetzgeber erkannte, dass mit der rückwirkenden Befreiung nach § 231 Abs. 4b S. 1 SGB VI auch die Rückabwicklung von Beitragszahlungen an die Rentenversicherungsträger erforderlich würden. Er hat aus diesem Grund die zeitliche Begrenzung in § 231 Abs. 4b S. 3 SGB VI eingeführt (vgl. BT-Drs. 18/5201, S. 46) und mit § 286f SGB VI eine spezielle Vorschrift zur Rückabwicklung geschaffen. Zur Ausnahme in § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI führt die Gesetzesbegründung aus: "Satz 4 regelt, dass die Begrenzung der Rückwirkung der Befreiung auf April 2014 nicht in den Fällen gilt, in denen insbesondere in der Annahme des Bestehens einer gültigen Befreiung seinerzeit nur einkommensbezogene Pflichtbeiträge zur berufsständischen Versorgung gezahlt wurden, nicht jedoch zur gesetzlichen Rentenversicherung." (BT-Drs. 18/5201, S. 47) Dieser Wille des Gesetzgebers hat aber keinen Niederschlag im Wortlaut der Norm gefunden. Der Gesetzgeber hat es versäumt, seinem Willen durch eine entsprechende Fassung der in Kraft gesetzten Vorschrift zur Geltung zu verhelfen. Insbesondere hat er mit § 286f SGB VI eine – gerade nicht auf Zeiträume ab dem 01.04.2014 beschränkte – Vorschrift geschaffen, die die Rückabwicklung zu Unrecht an die Rentenversicherungsträger entrichteter Beiträge regelt. Sofern der Gesetzgeber für Zeiträume vor dem 01.04.2014 eine Rückabwicklung von Beitragszahlungen verhindern wollte, hätte es in § 286f SGB VI oder in § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI einer insoweit ausdrücklichen Einschränkung bedurft. Eine rückwirkende Befreiung war nicht nach § 231 Abs.4b S. 5 SGB VI ausgeschlossen. Denn für die Beschäftigung der Klägerin war nicht aufgrund einer vor dem 04.04.2014 ergangenen Entscheidung die Befreiung von der Versicherungspflicht bestandskräftig abgelehnt worden. Gegen den entsprechenden Ablehnungsbescheid vom 10.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2012 hat die Klägerin die weiterhin anhängige Klage S 30 R 248/12 bei dem Sozialgericht Köln erhoben. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 S. 1 SGG. Rechtsmittelbelehrung: Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht Köln, An den Dominikanern 2, 50668 Köln, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und - von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder - von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird. Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können nähere Informationen abgerufen werden. Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Köln schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war. Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
Grothkast
Richter
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht als Syndikusrechtsanwältin für Zeiten vor dem 01.04.2014. Die Klägerin ist seit dem 15.07.2010 bei der I1 AG, I2 beschäftigt. Ihr Beschäftigungsort ist in L2. Die Klägerin ist für ihre Arbeitgeberin im Bereich "Vermögensschaden-Haftpflicht-Schaden" tätig. Für die genaue Tätigkeit wird auf die bei den Verwaltungsakten befindliche Tätigkeitsbeschreibung Bezug genommen. Die Klägerin ist seit 13.05.2011 Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer E2 sowie der Beigeladenen. Für diese Tätigkeit beantragte die Klägerin unter dem 22.05.2011 die Befreiung von der Versicherungspflicht. Der Antrag wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 10.11.2011 abgelehnt, da es sich nicht um eine spezifisch anwaltliche Tätigkeit handele. Nachdem die Beklagte den hiergegen gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.2012 als unbegründet zurückwies, ist hiergegen die derzeit ruhende Klage S 30 R 248/12 vor dem Sozialgericht Köln anhängig. Für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis 31.03.2014 entrichtete die Klägerin aufgrund ihrer Tätigkeit bei der I1 gegenüber der Beigeladenen monatlich Mindestbeiträge (im Jahr 2011 109,45 Euro monatlich; im Jahr 2012 109,76 Euro monatlich; im Jahr 2013 109,62 Euro monatlich; im Jahr 2014 112,46 Euro monatlich). Mit bei der Beklagten am 01.04.2016 eingegangenen Schriftsatz der Klägerin vom 24.03.2016 aus dem sozialgerichtlichen Klageverfahren S 30 R 248/12 beantragte die Klägerin formlos die rückwirkende Befreiung gemäß § 231 Abs. 4b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Mit Schreiben vom 25.07.2017 gab die Klägerin an, dass sie die Befreiung von der Versicherungspflicht für die Zeit seit dem 13.05.2011 wünsche. Die Klägerin wurde von der Rechtsanwaltskammer E2 auf ihren dort am 23.03.2016 eingegangenen Antrag mit Bescheid vom 05.04.2017 als Syndikusrechtsanwältin zugelassen. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 04.12.2017 befreite die Beklagte die Klägerin auf ihren Antrag aufgrund der Zulassung als Syndikusrechtsanwältin für den Zeitraum ab 23.03.2016 nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI für die Tätigkeit bei der I1 von der Rentenversicherungspflicht. Mit ebenfalls bestandskräftigen Bescheid vom 06.02.2018 befreite die Beklagte die Klägerin rückwirkend für den Zeitraum vom 01.04.2014 bis 22.03.2016 von der Rentenversicherungspflicht. Ebenfalls mit Bescheid vom 06.02.2018 lehnte die Beklagte den Antrag vom 01.04.2016 auf rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs. 4b SGB VI indes für die von der Zeit vom 15.07.2010 bis 12.05.2011 und vom 13.05.2011 bis 31.03.2014 ausgeübte Beschäftigung als Mitarbeiterin der I1 ab. Die Klägerin sei erst ab 13.05.2011 Pflichtmitglied im Versorgungswerk geworden. Für den Zeitraum vom 13.05.2011 bis 31.03.2014 seien keine einkommensbezogenen Pflichtbeiträge an das Versorgungswerk gezahlt worden. Den hiergegen am 20.02.2018 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2018 als unbegründet zurück. Die Klägerin hat am 03.09.2018 Klage erhoben. Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie auch für Zeiten vor dem 01.04.2014 von der Rentenversicherungspflicht zu befreien sei. Auch bei den entrichteten Mindestbeiträgen handele es sich um einkommensbezogene Beiträge. Die Klägerin beantragte zuletzt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.02.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2018 zu verpflichten, sie für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis 31.03.2014 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine weitergehende rückwirkende Befreiung nicht vorlägen. Insbesondere sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass Mindestbeiträge keine einkommensbezogene Beiträge seien. Die Beigeladene stellte keinen Antrag. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und den Verwaltungsvorgang Bezug genommen. Diese haben dem Gericht bei seiner Entscheidung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid vom 06.02.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2018 ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin, § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Die Klägerin ist aus § 231 Abs. 4b S. 1, 4 SGB VI für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis 30.03.2014 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Nach § 231 Abs. 4b S. 1 SGB VI wirkt auf Antrag eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, die unter Berücksichtigung der Bundesrechtsanwaltsordnung in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung (BRAO n. F.) erteilt wurde, vom Beginn derjenigen Beschäftigung an, für die die Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt wird. Die Klägerin hat den Antrag auf rückwirkende Befreiung rechtzeitig vor Ablauf des 01.04.2016 (§ 231 Abs. 4b S. 6 SGB VI) am 01.04.2016 beantragt. Sie ist unter Berücksichtigung des §§ 46, 46a BRAO n. F. nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden. Die Rechtsanwaltskammer E2 hat die Klägerin mit Bescheid vom 05.04.2017 für die von ihr ausgeübte Tätigkeit nach § 46a Abs. 1 BRAO n. F. als Syndikusrechtsanwältin zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Auf dieser Grundlage hat der Beklagte mit Bescheid vom 04.12.2017 nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI die Klägerin für ihre Tätigkeit bei der I1 von der Rentenversicherungspflicht seit dem 23.03.2016 befreit. Die Kammer geht nach dem Vortrag der Beteiligten davon aus, dass die Klägerin seit dem 13.05.2011 bei der I1 im wesentlichen dieselben Tätigkeiten ausgeübt hat und daher jedenfalls seit dem 13.05.2011 von "derjenigen Beschäftigung" auszugehen ist, die auch Grundlage des Befreiungsbescheides vom 04.12.2017 ist. Grundsätzlich erfolgt die rückwirkende Befreiung nach § 231 Abs. 4b S. 3 SGB VI frühestens ab dem 01.04.2014. Jedoch liegen auch die Voraussetzungen des § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI vor. Danach wirkt die Befreiung auch für Zeiten vor dem 1. April 2014, wenn für diese Zeiten einkommensbezogene Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt wurden. Für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis 30.03.2014 sind an die Beigeladene zugunsten der Klägerin Pflichtbeiträge gezahlt worden. Ausweislich des von der Beigeladenen vorgelegten Beitragskontoauszugs war die Klägerin verpflichtet, den jeweiligen Mindestbeitrag zu entrichten. Die Beiträge wurden auch tatsächlich gezahlt. Bei diesen Beiträgen handelt es sich um die Mindestbeiträge gemäß § 30 Abs. 3 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen (Satzung) in Höhe von 10% des Regelpflichtbeitrages. Diese Beiträge sind einkommensbezogene Pflichtbeiträge im Sinne von § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI. Auch in der Satzung eines Versorgungswerkes festgelegte Mindestbeiträge sind einkommensbezogene Pflichtbeiträge (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19.07.2016, Az. 1 BvR 2584/14, Rn. 16; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22.07.2016, Az. 1 BvR 2534/14, Rn. 16 jeweils mit weiteren Nachweisen). Dies ergibt sich schon daraus, dass sich nach § 30 Abs. 1, 2 Satzung die Beiträge grundsätzlich nach dem Einkommen der Pflichtmitglieder bemessen und ein Mindestbeitrag nach § 30 Abs. 3 Satzung immer dann zu entrichten ist, wenn sich nach dem zugrundezulegenden Einkommen nur ein geringerer Pflichtbeitrag ergäbe. Der Mindestbeitrag weist also einen unmittelbaren Einkommensbezug auf. Ferner stand es der sich rechtstreu verhaltenden Klägerin nicht offen, höhere Pflichtbeiträge an die Beigeladene zu leisten (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16.10.2018, Az. L 13 R 4841/17, Rn. 16). Da die Klägerin für den streitigen Zeitraum nicht über einen vollziehbaren Befreiungsbescheid verfügte, war sie bzw. ihr Arbeitgeber gehalten, die entsprechenden Beiträge an die Beklagte als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung abzuführen. Als Pflichtmitglied der Beigeladenen kam daher gemäß § 30 Abs. 7, 8 Satzung nur noch die Entrichtung des Mindestbeitrages in Betracht. Auch soweit die Klägerin zusätzliche freiwillige Beiträge nach § 32 Satzung entrichtet hätte, hätte es sich dabei lediglich um freiwillige – und nicht um Pflichtbeiträge – gehandelt. § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI steht nicht entgegen, dass es sich bei den geleisteten Mindestbeiträgen möglicherweise um wegen einer selbständigen Tätigkeit und nicht wegen der Beschäftigung als Syndikusrechtsanwältin geleistete Beiträge handelt. Eine solche Unterscheidung von Pflichtbeiträgen an die Beigeladene nach ihrem Rechtsgrund ("wegen" einer selbständigen Tätigkeit oder einer abhängigen Beschäftigung) kommt von vornherein nicht in Betracht. Nach § 30 Abs. 2 S. 1, Abs. 4 Satzung ist maßgebend das Einkommen des Mitglieds. Einkommen ist dabei sowohl das Arbeitsentgelt aus einer etwaigen abhängigen Beschäftigung als auch das Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit. Die Satzung der Beigeladenen geht dabei erkennbar von der Vorstellung aus, dass jedes Mitglied als zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Person selbständig tätig ist, da der Beruf des Rechtsanwalts schon seinem Wesen nach nur selbständig ausgeübt werden kann. Bei Syndikusrechtsanwälten ist danach von der sogenannten "Doppelberufstheorie" auszugehen, wonach der Syndikusrechtsanwalt einerseits als angestellter und weisungsgebundener ständiger Rechtsberater seines nichtanwaltlichen Arbeitgebers und andererseits als selbständiger und nicht weisungsgebundener Rechtsanwalt tätig ist. Nach diesem Verständnis hat gemäß § 30 Abs. 7 Satzung auch ein angestellter Syndikusrechtsanwalt, für dessen abhängige Beschäftigung Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet werden, unabhängig davon ob er tatsächlich daneben eine Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt ausübt, an die Beigeladene einen Mindestbeitrag zu entrichten. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht in Betracht, die Anwendung von § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI mit dem Argument zu versagen, dass die Pflichtbeiträge nur wegen einer (anderen) Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt entrichtet worden seien. Einer Anwendung von § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI steht ferner nicht entgegen, dass zugunsten der Klägerin für den streitigen Zeitraum ebenfalls Pflichtbeiträge bei der Beklagten entrichtet wurden (a. A. SG Köln, Urteil vom 13.06.2018, Az. S 40 R 133/18, Rn. 35 ff.). Ein entsprechendes Tatbestandsmerkmal ist dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen. § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI stellt für eine über den 01.04.2014 hinausgehende rückwirkende Befreiung lediglich darauf ab, dass einkommensbezogene Pflichtbeiträge an das Versorgungswerk entrichtet wurden. Die Norm verhält sich nicht zu Beiträgen, die für diese Zeiten an den Rentenversicherungsträger entrichtet wurden. Weder systematische Erwägungen noch der Sinn und Zweck der Vorschrift setzen voraus, dass für eine Befreiung vor dem 01.04.2014 keine Pflichtbeiträge an den Rentenversicherungsträger entrichtet sein dürfen. Zweck des § 231 Abs. 4b SGB VI ist es, für die Befreiung von Syndikusrechtsanwälten von der Versicherungspflicht im Wesentlichen die von den Rentenversicherungsträger vor den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 04.04.2014 geübte Verwaltungspraxis wiederherzustellen und hierfür aus Gründen des Vertrauensschutzes auch eine rückwirkende Befreiung zu ermöglichen. Dabei differenziert der Gesetzgeber legitimerweise in Satz 1 und 3 für die rückwirkende Befreiung bis zum 01.04.2014 und eine weiter zurückreichende Befreiung in Satz 4. Während eine Befreiung bis zum 01.04.2014 – und damit etwa bis zu dem Zeitpunkt der aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aufgegebenen damaligen Verwaltungspraxis – lediglich eine inwzischen ausgesprochene Befreiung aufgrund einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nach § 46a Abs. 1 BRAO n. F. sowie eine rechtzeitige Antragstellung voraussetzt, ist eine frühere Befreiung höheren Anforderungen unterworfen. Nach dem Wortlaut von Satz 4 ist hierfür weitere Voraussetzung, dass einkommensbezogene Pflichtbeiträge an das Versorgungswerk entrichtet wurden. Die Übergangsvorschrift des § 231 Abs. 4b SGB VI knüpft also für einen weiter zurückreichenden Befreiungsanspruch daran an, dass ein zusätzlicher Vertrauenstatbestand – nämlich die tatsächliche Beitragsentrichtung an das Versorgungswerk – vorliegt. Daraus ergibt sich nicht, dass eine Befreiung nach § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI ausgeschlossen wäre, wenn (auch) Beiträge an den Rentenversicherungsträger entrichtet wurden. Die Kammer verkennt nicht, dass der Gesetzgeber einen vor den 01.04.2014 zurückreichenden Befreiungsanspruch nur für solche Fälle vorsehen wollte, in denen keine Beiträge an den Rentenversicherungsträger geleistet worden sind. Der Gesetzgeber erkannte, dass mit der rückwirkenden Befreiung nach § 231 Abs. 4b S. 1 SGB VI auch die Rückabwicklung von Beitragszahlungen an die Rentenversicherungsträger erforderlich würden. Er hat aus diesem Grund die zeitliche Begrenzung in § 231 Abs. 4b S. 3 SGB VI eingeführt (vgl. BT-Drs. 18/5201, S. 46) und mit § 286f SGB VI eine spezielle Vorschrift zur Rückabwicklung geschaffen. Zur Ausnahme in § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI führt die Gesetzesbegründung aus: "Satz 4 regelt, dass die Begrenzung der Rückwirkung der Befreiung auf April 2014 nicht in den Fällen gilt, in denen insbesondere in der Annahme des Bestehens einer gültigen Befreiung seinerzeit nur einkommensbezogene Pflichtbeiträge zur berufsständischen Versorgung gezahlt wurden, nicht jedoch zur gesetzlichen Rentenversicherung." (BT-Drs. 18/5201, S. 47) Dieser Wille des Gesetzgebers hat aber keinen Niederschlag im Wortlaut der Norm gefunden. Der Gesetzgeber hat es versäumt, seinem Willen durch eine entsprechende Fassung der in Kraft gesetzten Vorschrift zur Geltung zu verhelfen. Insbesondere hat er mit § 286f SGB VI eine – gerade nicht auf Zeiträume ab dem 01.04.2014 beschränkte – Vorschrift geschaffen, die die Rückabwicklung zu Unrecht an die Rentenversicherungsträger entrichteter Beiträge regelt. Sofern der Gesetzgeber für Zeiträume vor dem 01.04.2014 eine Rückabwicklung von Beitragszahlungen verhindern wollte, hätte es in § 286f SGB VI oder in § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI einer insoweit ausdrücklichen Einschränkung bedurft. Eine rückwirkende Befreiung war nicht nach § 231 Abs.4b S. 5 SGB VI ausgeschlossen. Denn für die Beschäftigung der Klägerin war nicht aufgrund einer vor dem 04.04.2014 ergangenen Entscheidung die Befreiung von der Versicherungspflicht bestandskräftig abgelehnt worden. Gegen den entsprechenden Ablehnungsbescheid vom 10.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2012 hat die Klägerin die weiterhin anhängige Klage S 30 R 248/12 bei dem Sozialgericht Köln erhoben. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 S. 1 SGG. Rechtsmittelbelehrung: Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht Köln, An den Dominikanern 2, 50668 Köln, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und - von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder - von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird. Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können nähere Informationen abgerufen werden. Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Köln schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war. Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
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