Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 (6) J 23/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wehrt sich gegen die teilweise Aufhebung der Bewilligung seiner Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Der am 00.00.0000 geborene Kläger bezog seit 1989 nach einem am 23.06.1989 eingetretenen Versicherungsfall Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 10.08.1989). Am 22.08.1995 beantragte er die Umwandlung der EU-Rente in die Regelaltersrente. Durch Bescheid vom 14.11.1995 bewilligte die Beklagte die Regelaltersrente anstelle der EU-Rente ab dem 01.01.1996. Die Bau-Berufsgenossenschaft (BG) Wuppertal bewilligte durch Bescheid vom 15.08.1996 wegen der Folgen einer Berufskrankheit (Asbestose) eine Rente aus der Unfallversicherung ab 28.02.1996. Als Leistungsfall wurde unter Hinweis auf § 551 Abs. 3 Satz 2 RVO der 27.02.1996, der Tag des Beginns der Minderung der Erwerbsfähigkeit, festgestellt. Daraufhin hob die Beklagte durch Bescheid vom 22.10.1996 den Bescheid vom 14.11.1995 ab 01.03.1996 teilweise hinsichtlich der Rentenhöhe auf. Sie wies darauf hin, daß die Leistung aus der Unfallversicherung auf die Altersrente anzurechnen sei. Die Regelaltersrente betrage ab 01,12.1996 1.940,12 DM. Für die Zeit vom 01.03. bis 30.11.1996 ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 2.518,22 DM. Die eingetretene Überzahlung werde von der Bau-BG zurückgefordert; nicht erstattete Beträge müßten vom Kläger zurückgezahlt werden. Dagegen legte der Kläger am 11.11,1996 Widerspruch ein. Er wies auf die Vorschrift des § 93 Abs. 5 Nr, 1 SGB VI hin; danach dürfe eine Anrechnung der Unfallrente auf die Regelaltersrente nicht stattfinden, weil der Leistungsfall aus der Unfallversicherung am 27.02,1996 - nach dem Beginn der Regelaltersrente - eingetreten sei. Die rückwirkende Einfügung des Satz 2 in § 93 Abs. 5 SGB VI sei unbeachtlich, da es sich um eine für ihn nachteilige Regelung handele. Durch Ergänzungsbescheid vom 14.01.1997 hob die Beklagte nochmals den Bescheid vom 14.11.1995 teilweise auf unter Bezugnahme auf die Vorschrift des § 48 Abs. 1 SGB X und begehrte die Erstattung von 2.518,22 DM gemäß § 50 SGB X. Sodann wies sie den Widerspruch durch Widetspruchsbescheid vom 11,03.1997 als unbegründet zurück. Aus § 93 Abs, 5 Satz 2 SGB VI in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25.09.1996 ergebe sich, daß der Zeitpunkt des Versicherungsfalls bei Berufskrankheiten der letzte Tag sei, an dem der Versicherte versicherte Tätigkeiten verrichtet habe, die ihrer Art nach geeignet gewesen seien/ die Berufskrankheit zu verursachen. Maßgeblich sei daher nicht der von der Bau- BG festgestellte Leistungsfall vom 27.02,1996, sondern der Zeitpunkt der Aufgabe der letzten Beschäftigung. Da dieser Zeitpunkt vor Beginn der Altersrente liege, sei die Unfallrente auf die Regelaltersrente anzurechnen. Die Regelung des § 93 Abs. 5 Sat2 2 SGB VI sei im vorliegenden Fall anzuwenden, da sie am 01,01.1992 in Kraft getreten sei. Dagegen hat der Kläger am 24.03.1997 Klage erhoben. Er hält das rückwirkende Inkrafttreten des § 93 Abs. 5 Satz 2 SGB VI aus rechtsstaatlichen Gründen für unbeachtlich. Er meint, daß der Zahlbetrag der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die ihm durch Bescheid vom 10.08.1989 bewilligt wurde, im Rahmen des Besitzschutzes weiter bestehe. Sodann rügt der Kläger eine fehlende Anhörung vor Erlaß des Bescheides vom 22.10.1996 und eine fehlende Ermessensausübung. Der Kläger beantragt, die Bescheide der Beklagten vom 22.10,1996 und 14.01.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.03.1997 aufzuheben. Die Beklagte beantragt; die Klage abzuweisen, Sie verweist darauf, daß die Erwerbsunfähigkeitsrente bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres ungekürzt gezahlt worden sei. Dies hätte auch bei Gewährung einer vorzeitigen Altersrente gegolten; denn die Rente aus der Unfallversicherung sei erst ab 28.02.1996 gewährt worden. Die vor Erteilung des Bescheides vom 22,10.1996 unterbliebene Anhörung sei durch die Anhörung im Widerspruchsverfahren geheilt worden. Eine Ermessensabwägung sei nicht geboten gewesen, da es sich im vorliegenden Fall um eine typische Leistungsüberzahlung gehandelt habe. Im übrigen hält die Beklagte an ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung fest. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) denn die Beklagte durfte den Regelaltersrentenbescheid vom 14.11.1995 gemäß § 48 Abs. 1 SGB X teilweise aufheben und die Erstattung überzahlter Leistungen gemäß § 50 SGB X verlangen. Durch die Bewilligung der Unfallrente durch die Bau-BG mit Wirkung ab 28.02.1996 ist in den Verhältnissen/ die bei Erlaß des Regelaltersrentenbescheides vom 14.11,1995 Vorlagen, eine Änderung eingetreten: Dem Kläger stand ab 28.02.1996 zusätzliches Einkommen in Form der Unfallrente zu. Diese Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist auch wesentlich, denn die Unfallrente ist auf die Regelaltersrente anrechenbar/ was deren Minderung bewirkt. Dies ergibt sich aus den Absätzen 1-4 des § 93 SGB VI, in denen die Berechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für den Fall eines gleichzeitigen An-spruchs auf eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung geregelt ist. Der Wesentlichkeit der Änderung in den Verhältnissen steht die Vorschrift des § 93 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht entgegen. Danach werden die Absätze 1-4 nicht angewendet, wenn die Rente aus der Unfallversicherung für einen Versicherungsfall geleistet wird, der sich nach Rentenbeginn oder nach Eintritt der für die Rente maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit ereignet hat. Zwar hat die Bau-BG den Leistungsfall der gesetzlichen Unfall-versicherung auf den 27.02.1996 datiert, weil dies offenbar für den Kläger günstiger war (vgl. § 551 Abs. 3 Satz 2 RVO; seit 01.01.1997s § 9 Abs. 5 SGB Vtl). Dieser - fiktive - Versicherungsfallzeitpunkt bei Berufskrankheiten gilt jedoch nur für die Leistungsvorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung, nicht aber für das Zusammentreffen einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Unfallrente. Hier gilt bei Berufskrankheiten als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem der Versicherte versicherte Tätigkeiten verrichtet hat, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen. Dies ist nunmehr ausdrücklich in § 93 Abs. 2 Satz 2 SGB VI geregelt, Zwar ist diese Vorschrift erst durch Art. 1 Nr. 17 des Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz - WFG) vom 25.09.1996 (BGBl. I. S. 1461) eingefügt worden. Es handelt sich dabei jedoch lediglich um eine autenthische Interpretation (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 23.03.1994 - 5 RJ 40/92 - m. w. M.), und zwar zur Beseitigung der entgegenstehenden, vom Gesetzgeber nicht gewollten Auslegung des BSG im Urteil vom 21.06.1995 - 5 RJ 4/95 (= SO zR 3-2600 § 93 Nr, 1). Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, der die Ergänzung des § 93 Abs. 5 Satz 2 SGB VI im Gesetzgebungsverfahren zum WFG vorgeschlagen hat (Bt-Drucksache 13/5108/ S. 14). Dort heißt es: "Die Ergänzung stellt klar, daß die grundsätzlich geltenden Regelungen zur Vermeidung von Überkompensation durch Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 93 Abs. 1-4) nur in ganz bestimmten Fällen nicht anzuwenden sind Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen Bezieher einer Rente aus der Rentenversicherung nebenher eine Beschäftigung ausüben und einen Arbeitsunfall erleiden, der nach Beginn der Rente aus der Rentenversicherung eingetreten ist. Gleiches gilt für Berufskrankheiten, jedoch mit der, Maßgabe, daß als Zeitpunkt des Versicherungsfalls nicht der Ausbruch der Krankheit, sondern der letzte Tag der schädigenden Tätigkeit anzunehnen ist. Dieser Zeitpunkt ist von der Unfallversicherung in aller Regel wegen der Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes festzustellen. Entsprechendes gilt für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, wenn es sich um eine Beschäftigung handelt, die nach Eintritt der maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit ausgeübt wurde. Nur in den vor-genannten Fällen ist es gerechtfertigt, die Leistungen der Unfallversicherung, die an die Stelle des neben der Rente aus der Rentenversicherung erzielten Arbeitsentgelts treten bzw. bei denen dieses Arbeitsentgelt nicht mehr berücksichtigt werden konnte, nicht zum Anlaß zu nehmen, die ihnen schon bisher geleistete Rente aus der Rentenversicherung zu mindern. Die Ausnahmeregelung betrifft - wie schon nach dem bis Ende 1991 geltenden Recht - nur die Bezieher einer eigenen Rente, die trotz Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder nach Erreichen der Altersgrenze weitergearbeitet haben." Der Gesetzgeber wollte mit der Einfügung des Satz 2 in § 93 Abs. 5 SGB VI - was aus der zitierten Begründung eindeutig zu erkennen ist - die durch das BSG im Urteil vom 21.06.1995 eingetretene Rechtsunsicherheit beseitigen. Er hat dies rückwirkend ab 01.01.1992 getan {vgl. Art. 12 Abs. R WFG). Die Kammer folgt damit nicht der Auffassung des BSG im bereits genannten Urteil vom 21.06,1995 und in den Entscheidungen vom 28.05.1997 (8 RKn 9/95, 27/95 und 28/96). Der 8. Senat des BSG hat in diesen Verfahren dem Bundes-verfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob Art. 12 Abs. 8 WFG insoweit gegen das rechtsstaatprinzip verstößt, als er Art. 1 Kr. 17 des Gesetzes (also § 93 Abs. 5 Satz 2 SGB VI) für einen Zeitpunkt vor dem endgültigen Gesetzesbeschluß am 09.07.1996 in Kraft setzt (vgl. BVerfG, 1 BvL 19/97, 20/97 und 21/97). Dies ist konsequent, da das BSG in der Vorschrift des § 93 Abs. 5 Satz 2 SGB VI keine klarstellende Ergänzung im Sinne einer authentischen Interpretation sieht, sondern eine Neuregelung, der durch Art. 12 Abs. 8 WFG ("Art, 1 Kr, 17 tritt mit Wirkung vom 01. Januar 1992 in Kraft.") für die Zeit vor dem endgültigen Gesetzesbeschluß vom 09.07.1996 verfassungswidrige echte Rückwirkung zukommt. Anders als das BSG sieht die Kammer jedoch - wie oben dargelegt - in der Bestimmung des § 93 Abs. 5 Satz 2 SGB VI keine Neuregelung, sondern lediglich eine Klarstellung des vom Gesetzgeber von Anfang an beabsichtigten Normzwecks (authentische Interpretation), Ist somit durch den Beginn der Unfallrente ab 28.02.1996 eine Änderung in den bei Erlaß des Regelaltersrentenbescheids vom 14.11.1995 herrschenden tatsächlichen Verhältnissen eingetreten, die im Hinblick auf die Anrechenbarkeit der Unfallrente wesentlich ist, so war die Be-klagte berechtigt, den Bescheid vom 14.11.1995 gemäß § 48 SGB X aufzuheben, soweit die Regelaltersrente nach Maßgabe von § 93 Abs. 1-4 SGB VI gemindert würde. Sie durfte dies rückwirkend vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse tun. Denn zum einen ist aufgrund der Bewilligung der Unfallrente ab 28.02.1996 "nach Antragstellung oder Erlaß des Verwaltungsaktes" (vom 14.11.1995) Einkommen erzielt worden, das zur Minderung des (Regelaltersrenten- )Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Zum anderen wüßte der Kläger aus den Hinweisen Im Bescheid vom 14.11.1995 zum Zusammentreffen einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Unfallrente und deren Anrechenbarkeit, daß der sich aus dem Bescheid vom 14.11.1995 ergebende Regelaltersrentenanspruch kraft Gesetzes - § 93 Abs. 1-4 SGB VI - zumindest teilweise ab 28.02.1996 weggefallen war (§ 48 Abs. I Satz 2 Nr. 4 SGB X); wenn er dies nur deshalb nicht wußte, weil er die Hinweise nicht gelesen hat, liegt darin eine grobe Fahrlässigkeit, die ebenfalls die rückwirkende (teilweise) Aufhebung des Bescheides vom 14.11.1995 rechtfertigte. Die vor Erlaß des Aufhebungsbescheides vom 22.10.1996 fehlende Anhörung (§ 24 SGB X) ist im Verlauf des Widerspruchsverfahrens, in dem die Beklagte ausführlich auf die rechtlichen Umstände hingewiesen hat (vgl. Schreiben vom 07.01.1997), bis zum Abschluß des Vorverfahrens wirksam nachgeholt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 2 SGB X). Eine Ermessensabwägung brauchte die Beklagte nicht vorzunehmen, da dies nur in sog. atypischen Fällen zwingend geboten ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X: "soll"), ein solcher hier aber nicht vorliegt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger wehrt sich gegen die teilweise Aufhebung der Bewilligung seiner Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Der am 00.00.0000 geborene Kläger bezog seit 1989 nach einem am 23.06.1989 eingetretenen Versicherungsfall Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 10.08.1989). Am 22.08.1995 beantragte er die Umwandlung der EU-Rente in die Regelaltersrente. Durch Bescheid vom 14.11.1995 bewilligte die Beklagte die Regelaltersrente anstelle der EU-Rente ab dem 01.01.1996. Die Bau-Berufsgenossenschaft (BG) Wuppertal bewilligte durch Bescheid vom 15.08.1996 wegen der Folgen einer Berufskrankheit (Asbestose) eine Rente aus der Unfallversicherung ab 28.02.1996. Als Leistungsfall wurde unter Hinweis auf § 551 Abs. 3 Satz 2 RVO der 27.02.1996, der Tag des Beginns der Minderung der Erwerbsfähigkeit, festgestellt. Daraufhin hob die Beklagte durch Bescheid vom 22.10.1996 den Bescheid vom 14.11.1995 ab 01.03.1996 teilweise hinsichtlich der Rentenhöhe auf. Sie wies darauf hin, daß die Leistung aus der Unfallversicherung auf die Altersrente anzurechnen sei. Die Regelaltersrente betrage ab 01,12.1996 1.940,12 DM. Für die Zeit vom 01.03. bis 30.11.1996 ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 2.518,22 DM. Die eingetretene Überzahlung werde von der Bau-BG zurückgefordert; nicht erstattete Beträge müßten vom Kläger zurückgezahlt werden. Dagegen legte der Kläger am 11.11,1996 Widerspruch ein. Er wies auf die Vorschrift des § 93 Abs. 5 Nr, 1 SGB VI hin; danach dürfe eine Anrechnung der Unfallrente auf die Regelaltersrente nicht stattfinden, weil der Leistungsfall aus der Unfallversicherung am 27.02,1996 - nach dem Beginn der Regelaltersrente - eingetreten sei. Die rückwirkende Einfügung des Satz 2 in § 93 Abs. 5 SGB VI sei unbeachtlich, da es sich um eine für ihn nachteilige Regelung handele. Durch Ergänzungsbescheid vom 14.01.1997 hob die Beklagte nochmals den Bescheid vom 14.11.1995 teilweise auf unter Bezugnahme auf die Vorschrift des § 48 Abs. 1 SGB X und begehrte die Erstattung von 2.518,22 DM gemäß § 50 SGB X. Sodann wies sie den Widerspruch durch Widetspruchsbescheid vom 11,03.1997 als unbegründet zurück. Aus § 93 Abs, 5 Satz 2 SGB VI in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25.09.1996 ergebe sich, daß der Zeitpunkt des Versicherungsfalls bei Berufskrankheiten der letzte Tag sei, an dem der Versicherte versicherte Tätigkeiten verrichtet habe, die ihrer Art nach geeignet gewesen seien/ die Berufskrankheit zu verursachen. Maßgeblich sei daher nicht der von der Bau- BG festgestellte Leistungsfall vom 27.02,1996, sondern der Zeitpunkt der Aufgabe der letzten Beschäftigung. Da dieser Zeitpunkt vor Beginn der Altersrente liege, sei die Unfallrente auf die Regelaltersrente anzurechnen. Die Regelung des § 93 Abs. 5 Sat2 2 SGB VI sei im vorliegenden Fall anzuwenden, da sie am 01,01.1992 in Kraft getreten sei. Dagegen hat der Kläger am 24.03.1997 Klage erhoben. Er hält das rückwirkende Inkrafttreten des § 93 Abs. 5 Satz 2 SGB VI aus rechtsstaatlichen Gründen für unbeachtlich. Er meint, daß der Zahlbetrag der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die ihm durch Bescheid vom 10.08.1989 bewilligt wurde, im Rahmen des Besitzschutzes weiter bestehe. Sodann rügt der Kläger eine fehlende Anhörung vor Erlaß des Bescheides vom 22.10.1996 und eine fehlende Ermessensausübung. Der Kläger beantragt, die Bescheide der Beklagten vom 22.10,1996 und 14.01.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.03.1997 aufzuheben. Die Beklagte beantragt; die Klage abzuweisen, Sie verweist darauf, daß die Erwerbsunfähigkeitsrente bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres ungekürzt gezahlt worden sei. Dies hätte auch bei Gewährung einer vorzeitigen Altersrente gegolten; denn die Rente aus der Unfallversicherung sei erst ab 28.02.1996 gewährt worden. Die vor Erteilung des Bescheides vom 22,10.1996 unterbliebene Anhörung sei durch die Anhörung im Widerspruchsverfahren geheilt worden. Eine Ermessensabwägung sei nicht geboten gewesen, da es sich im vorliegenden Fall um eine typische Leistungsüberzahlung gehandelt habe. Im übrigen hält die Beklagte an ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung fest. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) denn die Beklagte durfte den Regelaltersrentenbescheid vom 14.11.1995 gemäß § 48 Abs. 1 SGB X teilweise aufheben und die Erstattung überzahlter Leistungen gemäß § 50 SGB X verlangen. Durch die Bewilligung der Unfallrente durch die Bau-BG mit Wirkung ab 28.02.1996 ist in den Verhältnissen/ die bei Erlaß des Regelaltersrentenbescheides vom 14.11,1995 Vorlagen, eine Änderung eingetreten: Dem Kläger stand ab 28.02.1996 zusätzliches Einkommen in Form der Unfallrente zu. Diese Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist auch wesentlich, denn die Unfallrente ist auf die Regelaltersrente anrechenbar/ was deren Minderung bewirkt. Dies ergibt sich aus den Absätzen 1-4 des § 93 SGB VI, in denen die Berechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für den Fall eines gleichzeitigen An-spruchs auf eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung geregelt ist. Der Wesentlichkeit der Änderung in den Verhältnissen steht die Vorschrift des § 93 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht entgegen. Danach werden die Absätze 1-4 nicht angewendet, wenn die Rente aus der Unfallversicherung für einen Versicherungsfall geleistet wird, der sich nach Rentenbeginn oder nach Eintritt der für die Rente maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit ereignet hat. Zwar hat die Bau-BG den Leistungsfall der gesetzlichen Unfall-versicherung auf den 27.02.1996 datiert, weil dies offenbar für den Kläger günstiger war (vgl. § 551 Abs. 3 Satz 2 RVO; seit 01.01.1997s § 9 Abs. 5 SGB Vtl). Dieser - fiktive - Versicherungsfallzeitpunkt bei Berufskrankheiten gilt jedoch nur für die Leistungsvorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung, nicht aber für das Zusammentreffen einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Unfallrente. Hier gilt bei Berufskrankheiten als Zeitpunkt des Versicherungsfalls der letzte Tag, an dem der Versicherte versicherte Tätigkeiten verrichtet hat, die ihrer Art nach geeignet waren, die Berufskrankheit zu verursachen. Dies ist nunmehr ausdrücklich in § 93 Abs. 2 Satz 2 SGB VI geregelt, Zwar ist diese Vorschrift erst durch Art. 1 Nr. 17 des Gesetz zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz - WFG) vom 25.09.1996 (BGBl. I. S. 1461) eingefügt worden. Es handelt sich dabei jedoch lediglich um eine autenthische Interpretation (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 23.03.1994 - 5 RJ 40/92 - m. w. M.), und zwar zur Beseitigung der entgegenstehenden, vom Gesetzgeber nicht gewollten Auslegung des BSG im Urteil vom 21.06.1995 - 5 RJ 4/95 (= SO zR 3-2600 § 93 Nr, 1). Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, der die Ergänzung des § 93 Abs. 5 Satz 2 SGB VI im Gesetzgebungsverfahren zum WFG vorgeschlagen hat (Bt-Drucksache 13/5108/ S. 14). Dort heißt es: "Die Ergänzung stellt klar, daß die grundsätzlich geltenden Regelungen zur Vermeidung von Überkompensation durch Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 93 Abs. 1-4) nur in ganz bestimmten Fällen nicht anzuwenden sind Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen Bezieher einer Rente aus der Rentenversicherung nebenher eine Beschäftigung ausüben und einen Arbeitsunfall erleiden, der nach Beginn der Rente aus der Rentenversicherung eingetreten ist. Gleiches gilt für Berufskrankheiten, jedoch mit der, Maßgabe, daß als Zeitpunkt des Versicherungsfalls nicht der Ausbruch der Krankheit, sondern der letzte Tag der schädigenden Tätigkeit anzunehnen ist. Dieser Zeitpunkt ist von der Unfallversicherung in aller Regel wegen der Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes festzustellen. Entsprechendes gilt für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, wenn es sich um eine Beschäftigung handelt, die nach Eintritt der maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit ausgeübt wurde. Nur in den vor-genannten Fällen ist es gerechtfertigt, die Leistungen der Unfallversicherung, die an die Stelle des neben der Rente aus der Rentenversicherung erzielten Arbeitsentgelts treten bzw. bei denen dieses Arbeitsentgelt nicht mehr berücksichtigt werden konnte, nicht zum Anlaß zu nehmen, die ihnen schon bisher geleistete Rente aus der Rentenversicherung zu mindern. Die Ausnahmeregelung betrifft - wie schon nach dem bis Ende 1991 geltenden Recht - nur die Bezieher einer eigenen Rente, die trotz Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder nach Erreichen der Altersgrenze weitergearbeitet haben." Der Gesetzgeber wollte mit der Einfügung des Satz 2 in § 93 Abs. 5 SGB VI - was aus der zitierten Begründung eindeutig zu erkennen ist - die durch das BSG im Urteil vom 21.06.1995 eingetretene Rechtsunsicherheit beseitigen. Er hat dies rückwirkend ab 01.01.1992 getan {vgl. Art. 12 Abs. R WFG). Die Kammer folgt damit nicht der Auffassung des BSG im bereits genannten Urteil vom 21.06,1995 und in den Entscheidungen vom 28.05.1997 (8 RKn 9/95, 27/95 und 28/96). Der 8. Senat des BSG hat in diesen Verfahren dem Bundes-verfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob Art. 12 Abs. 8 WFG insoweit gegen das rechtsstaatprinzip verstößt, als er Art. 1 Kr. 17 des Gesetzes (also § 93 Abs. 5 Satz 2 SGB VI) für einen Zeitpunkt vor dem endgültigen Gesetzesbeschluß am 09.07.1996 in Kraft setzt (vgl. BVerfG, 1 BvL 19/97, 20/97 und 21/97). Dies ist konsequent, da das BSG in der Vorschrift des § 93 Abs. 5 Satz 2 SGB VI keine klarstellende Ergänzung im Sinne einer authentischen Interpretation sieht, sondern eine Neuregelung, der durch Art. 12 Abs. 8 WFG ("Art, 1 Kr, 17 tritt mit Wirkung vom 01. Januar 1992 in Kraft.") für die Zeit vor dem endgültigen Gesetzesbeschluß vom 09.07.1996 verfassungswidrige echte Rückwirkung zukommt. Anders als das BSG sieht die Kammer jedoch - wie oben dargelegt - in der Bestimmung des § 93 Abs. 5 Satz 2 SGB VI keine Neuregelung, sondern lediglich eine Klarstellung des vom Gesetzgeber von Anfang an beabsichtigten Normzwecks (authentische Interpretation), Ist somit durch den Beginn der Unfallrente ab 28.02.1996 eine Änderung in den bei Erlaß des Regelaltersrentenbescheids vom 14.11.1995 herrschenden tatsächlichen Verhältnissen eingetreten, die im Hinblick auf die Anrechenbarkeit der Unfallrente wesentlich ist, so war die Be-klagte berechtigt, den Bescheid vom 14.11.1995 gemäß § 48 SGB X aufzuheben, soweit die Regelaltersrente nach Maßgabe von § 93 Abs. 1-4 SGB VI gemindert würde. Sie durfte dies rückwirkend vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse tun. Denn zum einen ist aufgrund der Bewilligung der Unfallrente ab 28.02.1996 "nach Antragstellung oder Erlaß des Verwaltungsaktes" (vom 14.11.1995) Einkommen erzielt worden, das zur Minderung des (Regelaltersrenten- )Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Zum anderen wüßte der Kläger aus den Hinweisen Im Bescheid vom 14.11.1995 zum Zusammentreffen einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Unfallrente und deren Anrechenbarkeit, daß der sich aus dem Bescheid vom 14.11.1995 ergebende Regelaltersrentenanspruch kraft Gesetzes - § 93 Abs. 1-4 SGB VI - zumindest teilweise ab 28.02.1996 weggefallen war (§ 48 Abs. I Satz 2 Nr. 4 SGB X); wenn er dies nur deshalb nicht wußte, weil er die Hinweise nicht gelesen hat, liegt darin eine grobe Fahrlässigkeit, die ebenfalls die rückwirkende (teilweise) Aufhebung des Bescheides vom 14.11.1995 rechtfertigte. Die vor Erlaß des Aufhebungsbescheides vom 22.10.1996 fehlende Anhörung (§ 24 SGB X) ist im Verlauf des Widerspruchsverfahrens, in dem die Beklagte ausführlich auf die rechtlichen Umstände hingewiesen hat (vgl. Schreiben vom 07.01.1997), bis zum Abschluß des Vorverfahrens wirksam nachgeholt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 2 SGB X). Eine Ermessensabwägung brauchte die Beklagte nicht vorzunehmen, da dies nur in sog. atypischen Fällen zwingend geboten ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X: "soll"), ein solcher hier aber nicht vorliegt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
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