S 14 R 524/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 14 R 524/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist ein höherer Rentenzahlanspruch des Klägers bezogen auf die seit Oktober 2011 von der Beklagten gezahlten Regelaltersrente im Wege der Zuordnung der Kindererziehungszeiten für zwei vor dem 01.01.1992 geborene Kinder zu seinem Versichertenkonto.

Der Kläger ist am 00.00.1946 geboren. Er beantragte am 27.03.2014 bei der Beklagten die Überprüfung seiner Rentenfeststellungen im Altersrentenbescheid vom 10.08.2011 u.a. hinsichtlich der so von ihm zitierten "Mütterrente". Der Kläger war mit der beigeladenen Frau D. I., geb. 00.00.1953, verheiratet gewesen. Aus der Ehe sind die Kinder N., geb. am 00.00.1973, und F., geboren am 00.00.1976, hervorgegangen. Nach eigenen Angaben des Klägers war die Kinderbetreuung wie folgt organisiert: Bei N. habe er vormittags das Kind beaufsichtigt, dann sei seine Mutter zur Betreuung erschienen, anschließend ein Kindermädchen und dann wieder er selbst. Während die zweite Tochter F. im Kleinkindalter gewesen sei, habe er eine Ausbildung zum Tischler gemacht und diese im Jahr 1977 beendet. Im Übrigen habe er mit der Geburt von F. am 00.00.1976 seine Arbeit aufgegeben, um den gemeinsamen Haushalt zu führen und sich der Versorgung und Erziehung beider Kinder zu widmen. Die beigeladene Kindesmutter Frau I. sei weiter ihrer Beschäftigung nachgegangen, ab 1977 als selbstständig Erwerbstätige.

Die Ehe ist gescheitert. Sie wurde im Jahr 1981 durch zum 12.01.1982 rechtskräftig gewordenes Scheidungsurteil aufgelöst. Im Rahmen der familiengerichtlichen Auseinandersetzung hat der Kläger das alleinige Sorgerecht für beide Töchter erhalten. Die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, heute DRV Bund) hat laut Auskunft vom 21.04.1999 im Vorprozeß S 6 RJ 1/99 ,Sozialgericht (SG) Münster, bereits mit Bescheid vom 10.05.1989 die Kindererziehungszeiten im Versichertenkonto der Beigeladenen Frau I. gespeichert.

Durch Bescheid gemäß § 149 Abs. 5 SGB VI vom 23.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.1998 hatte die Beklagte die Berücksichtigung von Kindererziehungs- bzw. Kinderberücksichtigungszeiten im Versichertenkonto des Klägers abgelehnt. Die Zeiten seien weiterhin zutreffend in dem bei der damaligen BfA geführten Versichertenkonto der Beigeladenen enthalten. Dagegen führte der Kläger beim hiesigen SG das Verfahren S 6 RJ 1/99 gegen die Beklagte. Seine Klage nahm der damals anderweitig vertretene Kläger im Erörterungstermin am 19.08.1999 zurück, nachdem ihm der damalige Vorsitzende der 6. Kammer- mittlerweile Vorsitzender des hier erkennenden Spruchkörpers - die Sach- und Rechtslage erläutert hatte. In der Folgezeit erhielt der Kläger von der Beklagten die jeweils gesetzlich vorgeschriebenen Auskünfte und Bescheide u.a. hinsichtlich des Versicherungsverlaufes nebst der gespeicherten Zeiten und voraussichtlichen Zahlbeträge, differenziert nach verschiedenen Rentenarten. Rückäußerungen des Klägers gegenüber der Beklagten, namentlich bezüglich Kindererziehungs- bzw. Kinderberücksichtigungszeiten erfolgten nicht mehr.

Aufgrund Bescheid der Beklagten vom 10.8.2011 bezieht der Kläger seit Oktober 2011 seine Altersrente nach dem SGB VI. Mit Schreiben vom 27.03.2014 beantragte er die Überprüfung seines Versicherungsverlaufs und Übertragung der Kindererziehungs- bzw. Kinderberücksichtigungszeiten für N. und F. in sein Versichertenkonto, da er für die Versorgung und Erziehung der beiden Töchter weit überwiegend verantwortlich gewesen sei.Zudem verwies er auf die damals neu vorgesehene "Mütterrente", die zu seinen Gunsten anzuwenden sei. Durch Bescheid vom 04.11.2015 lehnte die Beklagte eine Rücknahme des Rentenbescheids vom 10.08.2011 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab, weil es nicht feststellbar sei, dass bei Erlass des Bescheides das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Rente sei zutreffend festgestellt worden. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Änderung lägen nicht vor.

Dagegen legte der Kläger am 01.12.2015 Widerspruch ein. Die Beklagte wies diesen durch Widerspruchsbescheid vom 13.07.2016 als unbegründet zurück. Sie legte u.a. dar, nach § 56 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) seien die Kindererziehungszeiten dem Elternteil zuzuordnen, der das Kind erzogen hat. Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten für Kinder, die vor dem 01.01.1992 geboren wurden, würden gemäß § 249 SGB VI generell der Mutter zugeordnet. Nach Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Bund wären bereits die Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszelten bei der Beigeladenen bindend festgestellt und in deren Versichertenkonto gespeichert worden. Seien die Kinder im ersten Lebensjahr von den Eltern gemeinsam erzogen worden, hätte gegenüber dem zuständigen Rentenversicherungsträger eine Erklärung abgegeben werden können, dass der Vater die Kinder überwiegend erzogen hätte. Dann wären die Kindererziehungszeiten dem Vater zugeordnet worden. Eine solche Erklärung der Eltern sei jedoch - wie vom Kläger selbst bestätigt - bis zum 31.12.1996 nicht abgegeben worden. Schließlich habe er nach Hinweisen auf die Sach- und Rechtslage auch seine damalige Klage S 6 RJ 1/99 bei dem SG Münster am 19.08.1999 zurückgenommen. Allein der Umstand, dass er über die Abgabe einer gemeinsamen Erklärung nicht informiert gewesen sein mag, ändere hier nichts, da die Versicherten schon seinerzeit allgemein ausreichend über Funk und Presseveröffentlichungen auf die Möglichkeit der gemeinsamen Erklärung hingewiesen worden seien.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 13.07.2016 hat der Kläger hier am 25.07.2016 Klage erhoben. Der Bescheid der Beklagten sei rechtswidrig. Er habe Anspruch auf Aufhebung des Rentenbescheids vom 10.08.2011 und Neufeststellung seiner Rente unter Berücksichtigung der Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten für die beiden vor dem 01.01.1992 geborenen Töchter. Gemäß § 249 Abs. 1 SGB VI betrage die zu berücksichtigende Kindererziehungszeit für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind längstens zwölf Kalendermonate. Wegen der Ungleichbehandlung gegenüber § 56 Abs. 1 und 5 SGB VI und der dort normierten Anrechnungszeit der Kindererziehung für Geburten ab dem 01.01.1992 von drei Jahren, sei durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz vom 23.06.2014 zudem ein Ausgleich dahingehend geschaffen worden, dass bei ab dem 01.07.2014 beginnenden Renten die Erziehung von Kindern, die vor 1992 geboren worden sind, zwei Jahre als Pflichtbeitragszeiten anerkannt und bei Bestandsrenten der bisherige Rentenzahlbetrag für Kindererziehungszeiten während des zweiten Lebensjahres des Kindes in Form eines Zuschlags von einem Entgeltpunkt erhöht werde. Liege keine übereinstimmende Erklärung der Eltern über die Zuordnung der Kindererziehungszeiten vor, seien diese grundsätzlich dem Elternteil zuzuordnen, der das Kind überwiegend erzogen hat. Wer das Kind überwiegend erzogen hat, sei von den Versicherungsträgern von Amts wegen gemäß § 20 SGB X zu ermitteln (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG - Urt. v.16.12.1997- 4 RA 59/97 und 4 RA 60/97). Zudem habe das BSG, Urt. v. 17.04.2008 - B 13 R 131/07 R ausgeführt, dass es für die Frage, wer das Kind allein oder überwiegend erzogen hat, im Wesentlichen darauf ankomme, in wessen Haushalt das Kind aufgenommen wurde und wer sich in zeitlich größerem Umfang dem Kind gewidmet habe. Nicht von Bedeutung sei hingegen, welcher Elternteil erzieherisch den größeren Einfluss ausgeübt. habe. Im Rahmen des § 249 Abs. 5 SGB VI habe er bereits vorgetragen, dass er sich um die Betreuung und Erziehung beider Töchter weit überwiegend selbst gekümmert habe. Er habe nach Geburt des zweiten Kindes im Jahr 1976, anders als die Beigeladene, sogar seine damalige Beschäftigung aufgegeben. Seine Ex-Frau habe seit 1977 als Selbstständige nach allgemeiner Lebenserfahrung noch weniger Zeit für die Familie und insbes. die Erziehung der Kinder erübrigt. Zudem werde ihr "Desinteresse" an den Kindern auch dadurch deutlich, dass ihm mit der Scheidung das alleinige Sorgerecht übertragen worden war. Vor dem Hintergrund hätte eine Zuordnung der Kindererziehungszeiten zur Beigeladenen — auch wenn dies aus traditionellen Gesichtspunkten heraus vielleicht nachvollziehbar gewesen sei— , so der Kläger ausdrücklich "durch die Beklagte" nicht erfolgen dürfen. Hiernach hätte der Lebenssachverhalt auf den Überprüfungsantrag vom 27.03.2014 nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X durch die Beklagte anders bewertet werden müssen. Der bloße Verweis darauf, dass eine übereinstimmende Erklärung von ihm und der Beigeladenen, wem die Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten zuzuordnen seien, nicht vorliege, genüge den Anforderungen an den Amtsermittlungsgrundsatz nicht. Nach alledem sei sein Rentenanspruch nach dem Gesetz neu zu bestimmen und die Kindererziehungszeit vom 01.11.1973 bis 31.10.1974 für die Tochter N. (geboren am 00.00.1973) und die die Kindererziehungszeit vom 01.08.1976 bis 31.07.1977 für die Tochter F. zu berücksichtigen sowie jeweils nachfolgende Kinderberücksichtigungszeiten vom 09.10.1973 bis 31.01.1981 bzw. vom 20.07.1976 bis 31.01.1981 im Versicherungsverlauf aufzunehmen.

Hierbei entziehe es sich seiner Kenntnis, ob und in welcher Höhe die Beigeladene eine Versichertenrente von der die Beklagten beziehe. Doch selbst für den unterstellten Fall, dass Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten bereits im Versicherungsverlauf der früheren Ehefrau verbindlich festgestellt worden seien, dürfe sich dies nicht negativ bei den eigenen Rentenansprüche auswirken. Der Versicherungsträger habe hier nicht von Amts wegen hinreichend geprüft. Schon in den 1980er Jahren hätten Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass die Beigeladene jeweils unmittelbar nach der Geburt der Töchter wieder einer Beschäftigung nachgegangen und ab 1977 sogar selbstständig tätig gewesen sei. Danach sei erkennbar gewesen, dass hier möglicherweise entgegen einem traditionellen Familienbild der andere Ehepartner, nämlich der Kläger, für die Erziehung und Versorgung der Kinder verantwortlich gewesen sei. Stattdessen ziehe sich die Beklagte lediglich auf den Standpunkt zurück, dass keine übereinstimmende Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten der Eheleute vorlag. Von ihm sei auch nicht zu erwarten gewesen, damals die Konsequenzen einer unterbliebenen gemeinsamen Erklärung über die Zuordnung rentenrelevanter Zeiten zu überblicken. Schon gar nicht könne sich die Beklagte darauf berufen, eine Änderung dieser Zuordnung sei nicht mehr möglich, weil die Beigeladene bereits Rentenleistungen empfange.

Nach Einsicht in die Gerichtsakte S 6 RJ 1/99 meint er, ausweislich des Inhalts des Protokolls vom Erörterungstermin am 19.08.1999 habe es die (damalige) Rechtslage nicht erlaubt, ihm die Kindererziehungszeiten zuvor zuzuerkennen. Aus der Niederschrift entnehme er aber auch, dass diese Vorgehensweise nicht generell unzulässig sei. Vielmehr habe der damalige Vorsitzende darauf hingewiesen, dass es die Möglichkeit gäbe, einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend zu machen. Sein jetziges Rechtsschutzbegehren in Form von Widerspruch bzw. Klage gegen den Bescheid nach § 44 SGB X sei dann konkludent eben als ein solcher Anspruch anzusehen. Das gelte insbesondere angesichts zwischenzeitlich geänderter Rechtsvorschriften. Denn dass automatisch nur der Kindesmutter Erziehungszeiten anerkannt würden, habe sich überholt. Das verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Kindesmutter sei per se immer diejenige gewesen, der der Erziehungsurlaub zustand. Nur in wenigen Ausnahmefällen oder wenn beide Eltern dies entsprechend erklärten, habe auch der Kindesvater diese Zeiten anerkannt bekommen. Nun könnten auch Väter ohne Weiteres Erziehungsurlaub beantragen Er habe hier bereits damals tatsächlich die Kindererziehung übernommen. Nun sei es nur billig, wenn ihm dies in der Rentenversicherung anerkannt werde. Dazu sei auch der Rentenbescheid der Beigeladenen zu ändern.

Das Gericht hat die geschiedene Gattin des Klägers Frau D.I. durch Beschluss vom 02.07.2018 beigeladen. Sie äußerte sich nicht zur Sache und stellte auch keinen Antrag.

Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 04.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.07.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 10.08.2011 seine Rentenansprüche unter Berücksichtigung der Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten der beiden vor dem 01.01.1992 geborenen Kinder neu zu berechnen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält die Klage für unbegründet. § 249 Abs. 6 SGB VI in der hier anzuwendenden, bis 31.12.1997 geltenden Fassung habe die Zuordnung von Kindererziehungszeiten auch für Zeiten vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeitengesetz [HEZG]) im Wege übereinstimmender Erklärung geregelt. Danach konnten Eltern, die vor dem 01.01.1986 ihr Kind in dessen ersten Lebensjahr gemeinsam erzogen haben, übereinstimmend erklären, dass der Vater das Kind überwiegend erzogen habe. Die gesamte Erziehungszeit für dieses Kind sei dann dem Vater zugeordnet worden. Für die Abgabe der Erklärung habe eine gesetzliche Ausschlussfrist bis 31.12.1996 gegolten. Die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand sei ausgeschlossen, einmal abgegebene Erklärungen seien verbindlich und unwiderruflich gewesen. Nachdem die Vorschrift infolge Zeitablaufs entbehrlich geworden sei, habe der Gesetzgeber die Regelungen zur Abgabe einer Erklärung für die Zuordnung von Kindererziehungszeiten vor dem 01.01.1986 gestrichen und den Absatz 6 mit Wirkung vom 01.01.1998 neu gefasst durch Artikel 1 Rentenreformgesetz 1999. Seitdem enthalte die Regelung nur noch die Zuordnung von Kindererziehungszeiten zum Vater für den Fall, dass die Mutter vor dem 01.01.1986 verstorben sei. Das bedeute, dass eine Zuordnung der Kindererziehungszeiten vor dem 01.01.1986 zum Vater durch Abgabe einer Erklärung heute nicht mehr zulässig sei.

Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten sei zudem schon einmal Gegenstand des Rechtsstreits S 6 RJ 1/99 beim SG Münster gewesen. Dort sei im Erörterungstermin vom 19.08.1999 dem Kläger und seinem damaligen Bevollmächtigten die Rechtslage und mögliches weiteres Vorgehen erläutert worden. Nach den bei der Beklagten vorhandenen Unterlagen habe er sich aber danach nicht mehr an die damalige Landesversicherungsanstalt (LVA) bzw. heutige DRV Westfalen gewandt, so dass sein jetziger Vortrag diesbezüglich ins Leere gehe. Auch habe er noch weitere Auskünfte und Bescheide nebst Versicherungsverläufen erhalten. Rückäußerungen des Klägers, insbesondere bezüglich Kindererziehungszeiten, seien aber nicht mehr erfolgt.

Ergänzend zum Widerspruchsbescheid führte die Beklagte aus, die Berücksichtigung von Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten im Versicherungsverlauf sei antragsabhängig. Dazu und zur Abgabe einer gemeinsamen Erklärung seien ausreichend Informationen über die Presse gegeben worden. § 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) verpflichte die Rentenversicherungsträger zur Beratung der Versicherten in Fragen der gesetzlichen Rentenversicherung. Zu dieser Beratung gehöre auch die Erteilung von Auskünften zur Unterrichtung von Versicherten über den tatsächlichen und rechtlichen Inhalt seines Kontos und der darauf bezogenen Umstände. Dieser Beratungspflicht komme die Beklagte durch Erteilung von Rentenauskünften bzw. Bescheiden nach. Die Verpflichtung zur Beratung sei zwar nicht von einem förmlichen Antrag abhängig, jedoch müsse nach ständiger Rechtsprechung des BSG ein konkreter Anlass bestehen. Insbesondere für die Fälle ohne ein vom Versicherten an den zuständigen Rentenversicherungsträger herangetragenes Beratungsbegehren bejahe die gesamte Rechtsprechung einschließlich der des BSG eine Pflicht zur Beratung nur, wenn sich im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens ein konkreter Anlass ergäbe, den Versicherten spontan auf klar vorliegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen würden und die jeder verständige Versicherte mutmaßlich nutzen würde. Die Annahme eines konkreten Anlasses für die Beratung setze im Allgemeinen voraus, dass zumindest tatsächlich eine Sachbearbeitung durch einen Mitarbeiter des Rentenversicherungsträgers stattgefunden habe, d. h. dass man sich mit dem Versicherungs- oder Leistungsverhältnis des betreffenden Versicherten befassen musste. Ein konkreter Anlass für eine sog. Spontanberatung im Verlauf weitgehend automatisierter Verwaltungsverfahren bzw. bei der elektronisch gestützten Abarbeitung massenhafter Rentenfälle sei regelmäßig nicht gegeben.

Letztlich seien all diese Überlegungen obsolet, da die Beigeladene nach dem bekannten Sachverhalt durch die DRV Bund eine Versichertenrente erhalte, in der die Kindererziehungszeiten/Kinderberücksichtigungszeiten entsprechend angerechnet worden seien. Die Berücksichtigung von Kindererziehungs-/Kinderberücksichtigungszeiten im Versicherungsverlauf des Klägers könne so auf keinen Fall erfolgen, weil die rückwirkende Zuordnung der Kindererziehungszeiten unzulässig sei, wenn für den anderen Elternteil unter Berücksichtigung dieser Kalendermonate bereits eine Leistung (Rente, Leistung zur Rehabilitation) bindend festgestellt worden sei.

Die vormals zuständige 4. Kammer des Gerichts hat am 16.08.2017 die Sache mit den Beteiligten erörtert. Wegen der Einzelheiten der Erörterung wird auf die aktenkundige Niederschrift verwiesen. Im Termin am 16.08.2017 haben sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Das Gericht hat den Beteiligten am 24.10.2018 und erneut am 11.01.2019 mitgeteilt, es sei weiterhin beabsichtigt, durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt dieser Gerichtsakte, der Vorprozessakte S 6 RJ 1/99, SG Münster, sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese haben dem Gericht vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung der Kammer gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer kann gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten damit einverstanden sind.

Die Klage hat keinen Erfolg. Die statthafte, form- und fristgerecht im Sinne des SGG erhobene Klage ist zulässig. Sie ist unbegründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 04.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.07.2016 nicht beschwert iSv § 54 Abs. 2 SGG. Diese Entscheidungen sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Streitgegenstand ist hier die Überprüfung des Altersrentenbescheides vom 11.08.2011 im Wege des Zugunstenverfahrens nach § 44 Abs. 1 SGB X. In Gang gesetzt wurde das Verwaltungsverfahren durch den am 30.03.2014 bei der Beklagten eingegangenen Antrag des Klägers auf "Überprüfung der Rente und Berücksichtigung der Ansprüche nach Inkrafttreten der Mütterrente". In dem daraufhin erteilten, hier angefochtenen Bescheid vom 04.11.2015 geht die Beklagte zu Recht davon aus, dass über einen Antrag im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X zu befinden war.

Gegenstand des Verfahrens nach § 44 SGB X kann regelmäßig nur ein bestandskräftig gewordener Verwaltungsakt sein, der einen Verfügungssatz - also eine der Bindungswirkung fähige Entscheidung im Einzelfall - betreffend einen bestimmten Sachverhalt enthält. Hier war dem Kläger durch Bescheid der Beklagten vom 10.08.2011 eine Altersrente bewilligt worden. Dieser Rentenbescheid war vom Kläger nicht mit dem Wi¬derspruch angegriffen worden. Das gilt auch hinsichtlich des Verfügungssatzes "Rentenhöhe" ("Rentenhöchstwertfestsetzung" nach der Terminologie des BSG). Ab Erlass des Rentenbescheides besteht jedoch keine Befugnis der Rentenversicherungsträger mehr, ein gesondertes Rechtsbehelfsverfahren in Bezug auf die Vormerkung von Zeiten nach dem SGB VI durchzuführen (ständige Rechtsprechung des BSG, stellvertretend Urt. v. 13.05.2010 - B 13 R 11/08 R sowie B 13 R 118/08 R - mwN., ebenso Urt. v. 16.06.2015 - B 13 R 23 / 14 R , jeweils nach juris ). Erst recht kommt ein gesondertes Vormerkungsverfahren in Bezug auf rentenrechtliche Zeiten nicht mehr in Betracht, die bei einer Rentenbewilligung berücksichtigt worden sind oder zu berücksichtigen gewesen wären (Landessozialgericht -LSG - Berlin-Brandenburg Urt. v. 10.03.2016 - L 8 R 110/12, rechtskräftig, ebenfalls nach juris ). Angesichts dessen schied als Bezugspunkt des Bescheides der Beklagten vom 04.11.2015 für die Überprüfung gemäß § 44 SGB X ihr Vormerkungsbescheid gemäß § 149 Abs. 5 SGB VI vom 23.04.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.1998 (bestandskräftig geworden nach Klagerücknahme vom 19.08.1999 im Verfahren S 6 RJ 1/99 SG Münster) aus. Dieser Bescheid - der auch die Zeiträume nach Geburt der beiden Töchter am 09.10.1973 bzw. 20.07.1976 beinhaltete - hatte sich durch die Höchstwertfestsetzung im Rentenbe¬scheid vom 10.08.2011 iSd § 39 Abs.2 SGB X "auf sonstige Weise" erledigt (BSG Urt. v. 23.08.2005 - B 4 RA 21/04 R = SGb 2006,429).

Die am 30.03.2014 begehrte "Überprüfung" nach § 44 SGB X konnte sich mithin allein auf den Verfügungssatz "Rentenhöchstwertfestsetzung" im Rentenbescheid vom 10.08.2011 beziehen. Der Sache nach hat der Kläger dies auch mit seinem Antrag vom März 2014 so geltend gemacht, indem er auf die Überprüfung der gewährten Rente hinwies. Der Rentenbescheid verfügte eine Rentenhöchstwertfestsetzung aufgrund des zum 01.10.2011 eingetretenen Leistungsfalls der einschlägigen Regelaltersrente für den am 00.00.1946 geborenen Versicherten nach dem SGB VI. Rentenrechtliche Zeiten waren deshalb bis zum Zeitpunkt des Leistungsfalls für die Rentenhöchstwertfestsetzung zu berücksichtigen, hier tatsächlich auch geschehen bis September 2011 einschließlich. Auf der Grundlage des § 44 SGB X hatte die Beklagte deshalb darüber zu befinden, ob bis zu dem für die Rentenhöchstwertfestsetzung maßgeblichen Zeitpunkt 30.09.2011 (dem Tag vor Leistungsbeginn der Altersrente am 01.10.2011 ) weitere rentenrechtliche Zeiten zuzuerkennen waren. Die Zeiten selbst waren insoweit jedenfalls nicht mehr im Sinne einer Vormerkung isoliert gem. § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI vom Versicherungsträger nach Klärung des Versicherungskontos durch Bescheid festzustellen. Regelungen gem. § 149 SGB VI waren mithin nicht mehr streitbefangen ( siehe auch BSG Urt. v. 16.12.1997 - B 4 RA 56/96, juris).

Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 44 SGB X auf Rücknahme des Altersrentenbescheides vom 10.08.2011 und Gewährung höherer Regelaltersrente durch die Beklagte unter Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung nach Geburt der beiden Töchter am 09.10.1973 bzw. 20.07.1976 als weiteren rentenrechtlichen Tatbeständen.

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.

Die rechtlichen Voraussetzungen für die mit der Klage angestrebte Berücksichtigung der Zeiten der Kindererziehung nach Geburt der beiden Töchter am 09.10.1973 bzw. 20.07.1976 bestehen nicht. Beide Töchter sind vor Inkrafttreten des SGB VI und auch vor Inkrafttreten der Vorschriften des Gesetzes zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeitengesetz [HEZG]) vom 11.07.1985, BGBl. I 1985, S. 1450) zum 01.01.1986 geboren. Weder die Regelungen des Angestelltenversicherungsgesetz - AVG bzw. der Reichversicherungsordnung - RVO - noch die durch Übergangsrecht ab Inkrafttreten des SGB VI zum 01.01.1992 in § 249 SGB VI bestimmte Anwendung des günstigeren § 56 SGB VI erlauben es, die damaligen Zeiten der Kindererziehung dem Kläger zuzusprechen. Gleiches gilt schließlich auch für die Rechtsfigur des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches.

Nach dem Rechtszustand bis zum 31. Dezember 1991 ( bis Inkrafttreten des SGB VI durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung - Rentenreformgesetz 1992 [RRG 1992]) vom 18.12.1989, BGBl. I 1989, S. 2261 ) galt § 28a Abs. 1 bis Abs. 5 Angestelltenversicherungsgesetz - AVG – (im Anwendungsbereich der Versicherung der Beigeladenen bei der BfA - bzw. inhaltsgleich § 1251a RVO für die Rentenversicherung des Klägers bei der damaligen LVA Westfalen Mit identischem Wortlaut bestimmten diese Normen im Wesentlichen Folgendes:

"(1)Für die Erfüllung der Wartezeit werden Müttern und Vätern, die nach dem 31. Dezember 1920 geboren sind, Zeiten der Kindererziehung vor dem 1. Januar 1986 in den ersten zwölf Kalendermonaten nach Ablauf des Monats der Geburt des Kindes angerechnet, wenn sie ihr Kind im Geltungsbereich dieses Gesetzes erzogen und sich mit ihm dort gewöhnlich aufgehalten haben. (2) 1Haben Mutter und Vater ihr Kind gemeinsam erzogen, werden die Zeiten der Kindererziehung der Mutter angerechnet, sofern Mutter und Vater nicht gegenüber dem zuständigen Rentenversicherungsträger übereinstimmend erklären, dass der Vater das Kind überwiegend erzogen hat; die gesamten Zeiten der Kindererziehung für dieses Kind werden dann dem Vater angerechnet. 2Ist ein Elternteil nach dem 31. Dezember 1985 gestorben, kann die Erklärung vom überlebenden Elternteil allein abgegeben werden. 3§ 16 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend. 4Ist die Mutter vor dem 1. Januar 1986 gestorben, werden die Zeiten der Kindererziehung insgesamt dem Vater angerechnet ... (5) 1Die Erklärungen nach Absatz 2 sind längstens bis zum Ende des Jahres nach dem Jahr zulässig, in dem die Rentenversicherungsträger die Versicherten letztmalig zur Meldung der Zeiten der Kindererziehung aufgerufen haben. 2Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ausgeschlossen. 3Die Erklärungen können nicht widerrufen werden. 4Sie sind nicht mehr zulässig, wenn unter Berücksichtigung der Zeiten der Kindererziehung in der Versicherung der Mutter ein Anspruch auf Leistungen bindend festgestellt oder eine rechtskräftige Entscheidung über einen Versorgungsausgleich durchgeführt worden ist."

Der Kläger und die Beigeladene haben hiernach objektiv tatsächlich bis zum Außerkraft-Treten des AVG bzw. der RVO keine ausdrückliche gemeinsame Erklärung im Sinne von § 28a Abs. 2 Satz 1 AVG bzw. dem beim Kläger gegenüber der Beklagten inhaltsgleich geltenden § 1251a RVO zur Alleinerziehung durch den Kläger abgegeben, die noch unter Geltung der §§ 56, 57 SGB VI berücksichtigungsfähig sein könnten.

Die übergangsrechtliche Vorschrift des § 249 SGB VI bewirkt, dass zur Überprüfung von Kindererziehungszeiten auch vor dem 01.01.1992 die Norm des jeweils geltenden § 56 SGB VI heranzuziehen ist. § 56 SGB VI unterscheidet drei Kategorien der Erziehung durch die Eltern: Alleinerziehung, gemeinsame Erziehung (unabhängig von der Verteilung der Erziehungsanteile) und überwiegende Erziehung (BSG Urt. v. 16.12.1997 - 4 RA 60/97, juris). Zudem haben die Eltern auch in Fällen einer "objektiv" überwiegenden Erziehung durch einen Elternteil aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität die Möglichkeit, selbst rechtsverbindlich zu erklären, welchem Elternteil die Kindererziehungszeit zuzuordnen ist (s. BSG Urt. v. 31.08.2000 - B 4 RA 28/00 R - im Anschluss an BSG Urt. v. 16.12.1997, aaO.). Wurde einmal eine solche Erklärung wirksam abgegeben, ist weder durch die Träger der Rentenversicherung noch die Gerichte aufzuklären, in welchem Umfang genau die gemeinsam erziehenden Elternteile Erziehungsbeiträge geleistet haben. Auf diese Weise trägt das Gesetz dem unmittelbar einleuchtenden Umstand Rechnung, dass die erziehenden Elternteile diejenigen Personen sind, die den tatsächlichen Verhältnissen bei der Erziehung am nächsten stehen und deswegen am ehesten beurteilen können, wie sich ihre Beiträge im Rahmen der Kindererziehung verteilen. Es steht zudem in der alleinigen Verantwortung der Eltern, - insoweit eben auch zeitnah zu entscheiden, wie sie die Erziehungssituation und die Gewichtung der Erziehungsbeiträge selbst bewerten.

Hinsichtlich der KEZ führen jedenfalls hier die Besonderheiten dazu, dass die begehrte Zuordnung beim Kläger weiterhin auch nachträglich ausscheidet. Gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ist eine Erziehungszeit dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind tatsächlich und gänzlich ohne Mitwirkung anderer Elternteile allein erzogen hat (vgl. Fichte in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VI, Rn. 32 zu § 56 sowie Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Rn. 26 zu § 56 SGB VI). Haben hingegen mehrere Elternteile das Kind erzogen, ohne dass sie "gemeinsam" erzogen haben, ist nach Satz 9 die Erziehungszeit demjenigen zuzuordnen, der das Kind "überwiegend" erzogen hat. Liegt wie hier keine wirksame übereinstimmende Erklärung der Eltern vor, bestimmt sich die Zuordnung nach § 56 Abs. 2 Satz 8 und 9 SGB VI. Maßgeblich war damit Satz 9, wonach die Erziehungszeit demjenigen Elternteil zuzuordnen ist, der das Kind überwiegend erzogen hat. Wenn jedoch die Erziehungsanteile entweder in etwa gleichgewichtig waren, eine überwiegende Erziehung somit nicht feststellbar ist oder sich für die Frage, ob eine überwiegende Erziehung vorlag, ein non liquet ergibt, greift die Regelung des § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI ein, nach der die Erziehungszeit der Mutter zuzuordnen ist (vgl. BSG Urt. v. 16.12.1997 - 4 RA 60/97 und Urt. v. 17.04.2008 – B 13 R 131/07 R – in juris und vom 11. 05. 2011 – B 5 R 22/10 R , juris Rn. 15).

Ausgehend davon gilt Folgendes: Auch im Sinne des Tatbestandes in § 56 SGB VI haben der Kläger und die Beigeladene tatsächlich keine gemeinsame Erklärung - jedenfalls nicht zu Gunsten des Klägers - abgegeben. Hingegen hat der Kläger vorgetragen, dass er sich um die Betreuung und Erziehung beider Töchter weit überwiegend selbst gekümmert habe. Er habe 1976 anders als die Beigeladene, seine damalige Beschäftigung aufgegeben. Seine Ex-Frau habe seit 1977 als Selbstständige nach allgemeiner Lebenserfahrung sogar noch weniger Zeit für die Familie und insbesondere die Erziehung der Kinder erübrigt. Zudem werde deren "Desinteresse" an den Kindern auch dadurch deutlich, dass ihm nach der Scheidung das alleinige Sorgerecht übertragen worden war.

Soweit der Kläger aus diesen von Umständen Rechte bzw. Ansprüche herleiten will, sind diese Tatsachen nachzuweisen. Der Nachweis einer behaupteten Tatsache ist erbracht, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, volle richterliche Überzeugung zu begründen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt SGG, 12. Aufl. 2017 , § 128 Rn. 3b).

Zur Überzeugung der Kammer (§ 128 Abs.1 Satz 1 SGG) kann der Kläger auf der Grundlage dieser Schilderung keine Berücksichtigung der KEZ für die Erziehung der beiden Kinder in den 1970er Jahren zu seinen Gunsten. So lässt sich weder die alleinige noch die überwiegende Erziehung der Kinder durch ihn (als Vater) in diesen Zeiträumen feststellen. Es ist vielmehr eine (noch) "gemeinsame Erziehung" anzunehmen. So haben der Kläger und die Ehefrau über die jeweilige Geburt der Kinder hinaus jedenfalls bis zur Vollendung des jeweils ersten Lebensjahres mit diesen (noch) eine häusliche Gemeinschaft gebildet. Begrifflich war der Kläger nicht "alleinerziehend". Es ist auch vor der Scheidung 1981/1982 eben weiterhin das gemeinsame Sorgerecht nach § 1626 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu beachten. Der Begriff "gemeinsame Erziehung" ist im Gesetz nicht definiert. Er ist nicht gleichbedeutend mit einem gleichmäßigen Beitrag zur Erziehung. Den Eltern ist vielmehr überlassen, in welchem Ausmaß und welcher Intensität sie sich der Erziehung widmen. Dies haben der Staat und seine Untergliederungen hinzunehmen. Es ist nicht Zweck des § 56 Abs. 1 bis 3 SGB VI, die Gewichtung der Erziehungsbeiträge der Eltern durch Zu- oder Aberkennung von Pflichtversicherungszeiten zu honorieren oder für unbeachtlich zu erklären (so zu alledem bereits BSG SozR 3-2200 § 1227&8201;a Nr. 7). Etwas anderes gilt erst dort, wo das Gesetz wie in § 56 Abs. 2 S. 9 SGB VI ausdrücklich an die überwiegende Erziehung anknüpft. Auch zu dieser Abgrenzung stützt sich die Kammer hier auf die eigenen Angaben des Klägers zur Kinderbetreuung und nimmt diese als zutreffend an. Die Kinderbetreuung war danach im Wesentlichen wie folgt organisiert: Bei N. habe er vormittags das Kind beaufsichtigt, dann sei seine Mutter zur Betreuung erschienen, anschließend ein Kindermädchen und dann wieder er selbst. Während die zweite Tochter F. im Kleinkindalter gewesen sei, habe er noch als Bildungsmaßnahme eine Ausbildung zum Tischler gemacht und diese im Jahr 1977 beendet. Im Übrigen habe er mit der Geburt von F. am 00.00.1976 seine Arbeit aufgegeben, um den gemeinsamen Haushalt zu führen und sich der Versorgung und Erziehung beider Kinder zu widmen. Die beigeladene Kindesmutter Frau I. sei weiter ihrer Beschäftigung nachgegangen, ab 1977 als selbstständig Erwerbstätige.

Für die Annahme einer gemeinsamen Erziehung genügt es auch danach bereits, dass die Elternteile einvernehmlich und zeitgleich an der Erziehung des (jeweiligen) Kindes mitwirken, auch wenn die Beteiligung eines Elternteils etwa aus Gründen der Berufsausübung nur gering ist. Die häusliche Gemeinschaft – hier erkennbar bis 1977 noch gegeben - mit dem Kind ist ein gewichtiges Indiz der gemeinsamen Erziehung im Rahmen der Familie als der Gemeinschaft von Eltern und ihren Kindern iSv Art. 6 Grundgesetz (GG). Vor dem Hintergrund auch der beruflichen Ausbildung des Klägers als Tischler sowie der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit der Beigeladenen erst im Jahr 1977 erscheint dies allesamt auch realitätsnah und sachgerecht. Möglich ist im Übrigen selbst eine Erziehung durch einen Elternteil, der nicht in dem gemeinsamen Haushalt mit dem Kind lebt, zusammen mit dem anderen Elternteil. Es können auch mehr als zwei Elternteile ein Kind gemeinsam erziehen, wie z.B. leibliche Eltern und Stiefelternteil oder so wie hier die Großmutter väterlicherseits der Kinder. Das Merkmal der gemeinsamen Erziehung ist nicht anders zu beurteilen als bei der sonstigen Rollenverteilung zwischen Erwerbstätigkeit sowie Versorgung von Familie und Haushalt. Die gleichzeitige Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit hindert weder an der gleichzeitigen Erziehung noch am Erwerb von KEZ. Auch das Zuordnungsrecht der Eltern ist damit nicht beschränkt (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Rn. 26 f. zu § 56 SGB VI).

Ausgehend von diesen Maßgaben und anhand der Eigenangaben des Klägers seit dem Überprüfungsantrag mit Schreiben vom 27.03.2014 ist ihm auch damit kein Nachweis dafür gelungen, dass er die beiden Kinder in den streitigen Zeiträumen überwiegend erzogen hat. Insoweit ist erheblich, in wessen Haushalt das Kind aufgenommen war und wer sich in zeitlich größerem Umfang dem Kind gewidmet hat bzw. widmet. Nicht erheblich ist hingegen, welcher Elternteil erzieherisch den größeren Einfluss ausgeübt hat (vgl. hierzu BSG Urt. v. 31.08.2000 - B 4 RA 28/00 R und Urt. v. 17.04.2008 - B 13 R 131/07, jeweils a.a.O.).

Ein dem Kläger günstigeres Ergebnis folgt des Weiteren nicht aus der Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Durch dieses in höchstrichterlicher Rechtsfortbildung entwickelte Rechtsinstitut kann ein Versicherter in bestimmten Fällen trotz Fehlens einer gesetzlichen Voraussetzung verlangen, so gestellt zu werden, als läge diese gesetzliche Voraussetzung vor, wenn es sich um Gestaltungen handelt, die gesetzlich zulässig sind. Rechtssystematisch wird der Herstellungsanspruch, neben dem Staatshaftungsrecht gemäß Art. 34 Grundgesetz (GG) iVm § 839 BGB, auch noch auf Parallelen zur Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gem. § 27 SGB X gestützt. Verfassungsrechtlich ist der Herstellungsanspruch aus dem Grundsatz rechtmäßigen Handels der Verwaltung, Bindung an Recht und Gesetz i.S.v. Art. 20 Abs. 3 2. HS GG, herzuleiten ( Schäfer in jurion = wolters kluwer online, Kommentar zum SGB I , Stand 21.10.2016, § 14 Rn.3, mwN).

Tatbestandlich setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger eine dem Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 SGB I), verletzt und dadurch dem Betroffenen einen rechtlichen Nachteil zufügt, Im Einzelnen gilt: (1) Es muss eine sich aus dem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis ergebende Pflicht des Sozialleistungsträgers bestehen. (2) Diese Pflicht muss dem Sozialleistungsträger gerade gegenüber dem Kläger obliegen und (3) objektiv rechtswidrig nicht oder schlecht erfüllt worden sein. (4) Die Pflichtverletzung verursacht einen dem Sozialleistungsträger zurechenbaren sozialrechtlichen Nachteil ( grundlegend für das Rentenversicherungsrecht: BSG Urt. v. 11.03.2004 - B 13 RJ 16/03 R -, jris Rn. 24).

Dieses Rechtsinstitut greift nicht zu Gunsten des Klägers ein. Es fehlt an einem konkreten Auskunftsersuchen des Klägers gegenüber der Beklagten bzw. einer Pflichtverletzung gegenüber dem Kläger. Schon nach Aktenlage lassen sich keine tatsächlichen Anfragen des Klägers zu den KEZ bei der Beklagten im Zeitraum ab August 1999 bis März 2014 feststellen. So hat der Kläger nach Abschluss des Vorprozess S 6 RJ 1/99 SG Münster am 19.08.1999 trotz damaliger gerichtlicher Information über Voraussetzungen und Nachweisanforderungen u.a. des Herstellungsanspruches im weiteren Verlauf annähernd 15 Jahre lang jedenfalls wegen der KEZ keinen Kontakt mit der Beklagten gesucht. Insoweit fehlt es schon an jeglicher konkreten Beratungssituation, die überhaupt zu einer Pflichtverletzung der Beklagten hätte führen können. Dabei nahm der Kläger selbst die Bewilligung seiner Altersrente ab Oktober 2011 nach den aktenkundigen Tatsachen nachweislich nicht zum Anlass, wegen der hier streitigen Kindererziehungszeiten bei der Beklagten auch nur nachzufragen.

Eine Pflichtverletzung der Beklagten bei Erfüllung der Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch ergab sich schließlich auch nicht im Kontext der Einführung der sog. Mütterrente durch das Rentenpaket 2014. Damit wurde ab 01.07.2014 die rentenrechtlich anzurechnende Kindererziehungszeit auch für vor dem 1. Januar 1992 geborene Kinder auf 24 Monate erhöht (Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungsgesetz vom 23.06. 2014, BGBl. I 2014, Seite 787). Generell gilt bei gesetzlichen Regelungen bzw. Änderungen der Grundsatz formeller Publizität. Das heißt, mit der Verkündung im Bundesgesetzblatt werden Gesetze allen Normadressaten gegenüber als bekannt angesehen, ohne Rücksicht darauf, ob und wann diese davon tatsächlich Kenntnis erlangt haben (vgl. BSG Urt. v. 14.11.2002 - B 13 RJ 39/01 R, juris Rn. 28, ebenso BSG Urt. v. 15. 08.2000 – B 9 VG 1/99 R, juris Rn. 13, s.auch LSG Hessen Urt. v. 01.11. 2017 – L 5 R 236/17 –, juris , rechtskräftig ). Die Unkenntnis derartiger Rechte, deren befristete Ausübung im Gesetz ausdrücklich geregelt ist, kann eine Wiedereinsetzung daher grundsätzlich nicht rechtfertigen (vgl. BSG Urt. v. 14.11.2002 - B 13 RJ 39/01 R, aaO.). Zudem sind die Sozialleistungsträger nicht verpflichtet, über alle Rechtsänderungen und Gestaltungsmöglichkeiten individuell zu beraten(LSG NRW Urt. v. 27.06.2017 – L 18 R 1112/15 –, juris Rn.28).

Ausgehend von dieser von der Kammer geteilten, gefestigten Rechtsprechung bestehen im Sozialrecht für den Bürger vielfältige Möglichkeiten, sich über seine sozialen Rechte zu informieren. Die Leistungsträger sind nach §§ 13 bis 15 SGB I zur Auskunft und Beratung verpflichtet. Auskünfte können darüber hinaus in allen sozialrechtlichen Angelegenheiten auch von den gesetzlichen Krankenkassen oder den nach Landesrecht dafür zuständigen Stellen, z.B. den Versicherungsämtern der Kommunen, eingeholt werden. Die Medien weisen ebenso regelmäßig auf den Inhalt in. Die Beklagte hat hierzu bereits ausführlich und überzeugend u.a. im Klageverfahren vorgetragen, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Außerdem war dem Kläger die Rechtsänderung zum 01.07.2014 angesichts der Angaben im Überprüfungsantrag mit Schreiben vom 27.03.2014 an die Beklagte damals auch bereits positiv bekannt. In dem Schreiben vom 27.03.2014 hat er die von ihm selbst so bezeichnete und im allgemeinen Sprachgebrauch ebenso benannte "Mütterrente" ausdrücklich erwähnt. Ein Fehler der Beklagten im Sinne des Unterbleibens notwendiger Beratung oder Vornahme falscher Information ( vgl. §§ 13 - 15 SGB I) ist damit auch bezüglich der letzten hier relevanten Rechtsänderung zum 01.07.2014 nachweislich nicht festzustellen.

Mithin sind die hier klageweise begehrten Kindererziehungszeiten nach dem früheren Rechtszustand bis 31.12.1991 weder gemäß § 28a AVG bzw. im Anwendungsbereich der Arbeiterrentenversicherung inhaltsgleich gemäß § 1251a RVO rechtswirksam dem Kläger übertragen worden. Ebenso fehlt es an den Voraussetzungen des ab 01.01.1992 geltenden § 56 SGB VI. Auch sind die KEZ nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches rückschauend bei der Altersrente des Klägers ab Oktober 2011 anzurechnen. Die Altersrentenbewilligung war damit gerade nicht unrichtig im Sinne des § 44 SGB X.

Dabei verbleibt es auch abschließend, denn zu Gunsten des Klägers und zugleich zum Nachteil der Beigeladenen ist hier soweit ersichtlich auch aus sonstigen Umständen heraus nichts mehr zu ändern.

Zum einen wurde der Beigeladenen laut Mitteilung der Beklagten vom 21.12.2016 durch die DRV Bund nämlich zwischenzeitlich eine Versichertenrente bewilligt. In der Rentenbewilligung war die durch Bescheid der BfA vom 10.05.1989 der Beigeladenen zuerkannte Kindererziehungszeit entsprechend mit anzurechnen. Die Berücksichtigung dieser Kindererziehungszeiten (ebenfalls bzw. konkurrierend ) bei der Altersrente des Klägers ist dadurch als gesperrt anzusehen, soweit für den anderen Elternteil unter Berücksichtigung dieser Kalendermonate eben schon eine Leistung (hier die eigene Altersrente an die Beigeladene) aber auch etwa zuvor eine Leistung zur Rehabilitation, bindend festgestellt worden war. Damit wird jedenfalls die vom Kläger begehrte rückwirkende Zuordnung von Kindererziehungszeiten für seinen Rentenzahlanspruch nachvollziehbar und überzeugend unzulässig. Die Beigeladene als Versicherte hat mit rentenrechtlichen Pflichtbeitragszeiten, dazu gehören insbesondere auch Kindererziehungszeiten gem. § 56 SGB VI ( Hirsch, Reinhardt, LPK SGB VI, 3. Aufl 2014, § 56 Rn. 19) ihren individuellen Anteil der Alterssicherung aus dem System der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten. Ihr erworbenes "Anrecht" wegen der durch Bescheid vom 10.05.1989 von der BfA nach dem damaligen § 28a AVG ihr gegenüber anerkannten Kindererziehung war mit Rentenbewilligung durch die DRV Bund dann zum "Vollrecht" auf Rente erstarkt. Die ist insoweit eben auch nicht ohne Weiteres abzuändern.

Dafür sprechen auch im System des SGB VI bzw. der (Alters-)Renten durchaus vergleichbar gestaltete Rückabwicklungs-bzw. Härtefall-Regelungen.

So gilt etwa für Rentenanwartschafts-Übertragungen durch Versorgungsausgleich im Rahmen einer Scheidung ab 01.09.2009 § 37 Versorgungsausgleichs-Gesetz (VersAusglG). Die Norm regelt den Sonderfall der nachträglichen Anpassung bei und wegen (nur) zeitlich begrenztem Leistungsbezug des Ausgleichs-Begünstigten ( vgl. Breuers in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 37 VersAusglG Rn: 12). Die Anwartschafts-Rückübertragung unter den gesetzlichen Voraussetzungen des § 37 VersAusglG ist nur gerechtfertigt, wenn der vom Versorgungsausgleich begünstigte Versicherte selbst noch keine oder nur geringe Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen hat. Im Einzelnen ist die Anpassung gem. § 37 Abs.2 VersAusglG davon abhängig, dass der ausgleichsberechtigte Partner aus dem im Versorgungsausgleich übertragenen oder begründeten Anrecht nur zeitlich begrenzt – überhaupt bis zu 36 Monate - Leistungen erhalten hat. Der Anpassungsanspruch gewährleistet, dass der Ausgleichspflichtige durch die Härtefallregelung nicht bessersteht als er stünde, wäre nie ein Versorgungsausgleich durchgeführt worden.

Einen rechtsähnlichen Rückabwicklungs-Fall regelt § 210 Abs. 5 SGB VI. Dort ist im Rahmen der Beitragserstattung bestimmt: " Haben Versicherte eine Sach- oder Geldleistung aus der Versicherung in Anspruch genommen, können sie nur die Erstattung der später gezahlten Beiträge verlangen". Der Antrag auf Erstattung der zu Recht entrichteten Beiträge kann nicht auf einzelne Beitragszeiten oder Teile von Beiträgen beschränkt werden. Auch kann gem. § 210 Abs. 5 SGB VI nur für die Beiträge eine Erstattung verlangt werden, die nach Inanspruchnahme einer Sach- oder Geldleistung (zB. Reha-Maßnahme) zu Recht entrichtet worden sind. Ausgeschlossen sind damit alle anderen Beiträge vor Auflösung des Versicherungsverhältnisses.

In Gesamtschau würde zum anderen ein Vorgehen zum Nachteil der Beigeladenen zur Aberkennung der Berücksichtigung der KEZ bei den Rentenansprüchen hier auch wegen Zeitablaufs ausscheiden. Denn durch Verstreichen sämtlicher gesetzlicher Fristen im Recht der Korrektur von Verwaltungsakten nach §§ 45 ff SGB X dürfte nach den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen voraussichtlich keine Änderung mehr durch die Rentenversicherung der Beigeladenen, die DRV Bund erfolgen. Unabhängig von der Frage der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheides der damaligen BfA hinsichtlich der Kindererziehungszeiten für die Beigeladene vom 10.05.1989 bzw. der Anteile an der Kindererziehung iSd ab 01.01.1992 geltenden § 56 SGB VI waren nämlich bei Antragstellung durch den Kläger gemäß § 44 SGB X zum 30.03.2014 annähernd 25 Jahre vergangen. Damit sind rückschauend die Rechtsgrundlagen des SGB X zur Änderung des bestandskräftigen Bescheids vom 10.05.1989 sämtlich wegen Ablauf der gesetzlichen Kenntnis- bzw. Handlungsfristen, Einjahres-, Zweijahres- und sogar Zehnjahres-Fristen u.a. nach § 48 Abs. 4 SGB X bzw. § 45 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 bis Satz 5, Abs. 4 Satz 2 SGB X als gesperrt anzusehen. Nach dem SGB X ist die bestandskräftige Anrechnung der Kindererziehungszeiten im Versichertenkonto der Beigeladenen auch aus dem Grunde letztlich nicht mehr zu Gunsten des Klägers zu korrigieren.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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