Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 21 R 27/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die Vollziehbarkeit einer Beitragsnachforderung.
Die Antragstellerin, deren Inhaber Herr T. L. war, führte Bewehrungsarbeiten (Eisenflechter) an Bauvorhaben durch. Am 09.02.2009 durchsuchte das Hauptzollamt B. die Wohnung des Herrn T. L. sowie die Geschäftsräume des Steuerberaters K./I. in B. und stellte Geschäftsunterlagen der Antragstellerin sicher. Bei Auswertung der Unterlagen stellte das Hauptzollamt B. fest, dass die Antragstellerin Rechnungen der Firmen R. Bauunternehmung GmbH, D. B., K. Bauträger GmbH, G. U. Bauunternehmung und H. E. Maurer und Betonbauer als Fremdleistungen im Rahmen von Bauvorhaben in die Buchhaltung einbrachte.
Auf Basis dieser Erkenntnisse leitete das Hauptzollamt Aachen gegen Herrn Sabit Kurti wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuen von Beiträgen zur Sozialversicherung ein Ermittlungsverfahren ein. Nach Abgabe an die Staatsanwaltschaft Aachen erhob diese Anklage gegen Herrn T. L. Das Landgericht B. beschloss zwischenzeitlich die Eröffnung des Hautpverfahrens und ließ die Anklage zur Hauptverhandlung zu. Ferner bestimmte es Termine für diese Verhandlung.
Das Hauptzollamt B. informierte die Antragsgegnerin über die anlässlich der Durchsuchung sichergestellten Unterlagen und die im Rahmen der weiteren Ermittlungen gewonnen Erkenntnisse. Gestützt auf diese Informationen führte die Antragsgegnerin eine Betriebsprüfung betreffend den Zeitraum vom 01.04.2004 bis 30.11.2006 durch. Unter dem 20.05.2009 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie auf Grund der Betriebsprüfung beabsichtige, eine Beitragsnachforderung in Höhe von 499.088,74 EUR (inkl. Säumniszuschläge in Höhe von 161.627,50 EUR) festzustellen. Hierzu äußerte sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 08.06.2009 unter Bezugnahme auf die Einlassung im Strafverfahren gegen Herrn T. L. dahingehend, dass man sich mit der beabsichtigten Beitragsnachforderung nicht einverstanden erkläre und regte die Rückstellung des Prüfverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens an.
Mit Bescheid vom 15.06.2009 stellte die Antragsgegnerin sodann eine Beitragsnachforderung in Höhe von 499.088,74 EUR einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 161.627,50 EUR fest.
Hiergegen legte die Antragstellerin am 29.06.2009 Widerspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 15.06.2009 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Strafverfahren. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte die Antragsgegnerin am 02.07.2009 ab, da die Voraussetzungen des 86a Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht vorlägen.
Den Rechtsbehelf gegen den Bescheid vom 15.06.2009 wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2009 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die am 27.11.2009 bei dem Sozialgericht Aachen erhobene Klage (S 21 R 192/09).
Zugleich beantragt die Antragstellerin,
die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides der Beklagten vom 15.06.2009 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakten sowie der beigezogenen Strafakten 86 KLs - 302 JS 161/08- 5/09 Bezug genommen.
II. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung ist anzuordnen, wenn der angegriffene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene dadurch in seien subjektiven Rechten verletzt wird. Hat die zulässige Klage in der Hauptsache jedoch keine Aussicht auf Erfolg, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sofern die Erfolgsaussichten der Klage nicht abschließend beurteilt werden können, ist eine Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem Interesse der Allgemeinheit an der Vollziehung der behördlichen Entscheidung vorzunehmen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b, Rn. 12c).
Die Klage gegen den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 15.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2009 hat nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Abweichend vom Grundsatz des § 86a Abs. 1 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Mit dem angefochtenen Bescheiden hat die Antragsgegnerin festgestellt, dass die Antragstellerin zur Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung verpflichtet ist.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht der Hauptsache gemäß § 86b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGG setzt jedoch voraus, dass bei Abwägung der Interessen das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt (Keller, a.a.O., § 86b Rn. 12 ff.). Im Rahmen der nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden gerichtlichen Entscheidung ist dabei insbesondere zu berücksichtigen, dass das Gesetz von der Regel ausgeht, dass bei der Entscheidung über Beitragspflichten die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage entfällt (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG). Nur ausnahmsweise kann nach dem Rechtsgedanken der insoweit entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG die aufschiebende Wirkung anzuordnen sein, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.03.2005 , L 3 B 1/05 R ER; Beschluss vom 13.10.2006, L 16 B 1/06 R ER).
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen nicht. Zu bejahen sind ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes, wenn bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg. Dies folgt aus der gesetzlichen Wertung des § 86a Abs. 2 SGG, wonach Beiträge zunächst zu erbringen sind. Hiervon ist nur in Ausnahmefällen abzusehen, damit die Erfüllung der Aufgaben gesichert wird, denen die Beiträge zu dienen bestimmt sind. Das Risiko, im Ergebnis zu Unrecht in Vorleistung treten zu müssen, trifft nach der Wertung des Gesetzgebers damit den Zahlungspflichtigen (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.10.2006, a.a.O.). Hiernach ist der Erfolg der Klage nicht wahrscheinlicher als der Misserfolg, da die Erfolgsaussichten bei der gebotenen summarischen Prüfung als offen einzuordnen sind.
Die Antragsgegnerin ist gemäß § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) zur Betriebsprüfung und damit zu der Feststellung zuständig, ob die Arbeitgeber die Meldepflichten und sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch ordnungsgemäß erfüllen. Sie erlässt im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV). Nach § 28f Abs. 1a hat der Unternehmer bei der Ausführung eines Dienst- und Werkvertrags im Baugewerbe die Lohnunterlagen und die Beitragsberechnungen so zu gestalten, dass eine Zuordnung der Arbeitnehmer, des Arbeitsentgelts und des darauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu dem jeweiligen Dienst- oder Werkvertrag möglich ist. Hat der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflichten verletzt und kann der prüfende Träger der Rentenversicherung die Beitragshöhe nicht oder nicht ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand feststellen, hat er diese zu schätzen. Die Feststellungen des Hauptzollamtes Aachen sprechen dafür, dass die Antragstellerin die ihr obliegenden gesetzlichen Pflichten verletzt hat. Ob die in den Rechnungen der Firmen T. Bauunternehmung GmbH, C. B., M. Bauträger GmbH, G. U. Bauunternehmung und H. E. Maurer und Betonbauer aufgeführten Arbeiten durch Beschäftigte der Antragstellerin durchgeführt wurden, richtet sich grundsätzlich nach der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vgl. nur Bundessozialgericht, Urteil vom 12.02.2004, B 12 KR 26/02 R). Dies bedarf jedoch der abschließenden Prüfung im Hauptsacheverfahren, wobei die Erfolgsaussichten wegen einer möglicherweise umfangreichen Beweisaufnahme offen sind.
Die Vollziehung des angefochtenen Bescheides der Beklagten vom 15.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2009 stellt schließlich für die Antragstellerin auch keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte dar. Nicht ausreichend sind in diesem Zusammenhang grundsätzlich die mit der sofortigen Vollziehbarkeit des angefochtenen Bescheides und der Höhe der festgesetzten Beiträge verbundenen finanziellen Folgen. Auch eine etwaige Zahlungsunfähigkeit reicht hierfür nicht aus. Vielmehr entspricht es der gesetzlichen Wertung des Gesetzgebers, dass im Regelfall das Interesse an der Vollziehung des Beitragsbescheides gegenüber dem Interesse des Beitragspflichtigen, vor der endgültigen Zahlung eine Beitragspflicht in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen, überwiegt. Da es sich lediglich um die Erfüllung der gesetzlichen Zahlungspflicht handelt, ist die Beibehaltung der gesetzlichen Regelung grundsätzlich verhältnismäßig (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.10.2006, a.a.O.). Anhaltspunkte, die eine abweichende Beurteilung des Einzelfalles rechtfertigen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Für die Antragstellerin besteht jedoch die Möglichkeit unter Vorlage geeigneter Unterlagen eine Ratenzahlung oder Stundung über die entsprechenden Einzugsstellen zu beantragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die Vollziehbarkeit einer Beitragsnachforderung.
Die Antragstellerin, deren Inhaber Herr T. L. war, führte Bewehrungsarbeiten (Eisenflechter) an Bauvorhaben durch. Am 09.02.2009 durchsuchte das Hauptzollamt B. die Wohnung des Herrn T. L. sowie die Geschäftsräume des Steuerberaters K./I. in B. und stellte Geschäftsunterlagen der Antragstellerin sicher. Bei Auswertung der Unterlagen stellte das Hauptzollamt B. fest, dass die Antragstellerin Rechnungen der Firmen R. Bauunternehmung GmbH, D. B., K. Bauträger GmbH, G. U. Bauunternehmung und H. E. Maurer und Betonbauer als Fremdleistungen im Rahmen von Bauvorhaben in die Buchhaltung einbrachte.
Auf Basis dieser Erkenntnisse leitete das Hauptzollamt Aachen gegen Herrn Sabit Kurti wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuen von Beiträgen zur Sozialversicherung ein Ermittlungsverfahren ein. Nach Abgabe an die Staatsanwaltschaft Aachen erhob diese Anklage gegen Herrn T. L. Das Landgericht B. beschloss zwischenzeitlich die Eröffnung des Hautpverfahrens und ließ die Anklage zur Hauptverhandlung zu. Ferner bestimmte es Termine für diese Verhandlung.
Das Hauptzollamt B. informierte die Antragsgegnerin über die anlässlich der Durchsuchung sichergestellten Unterlagen und die im Rahmen der weiteren Ermittlungen gewonnen Erkenntnisse. Gestützt auf diese Informationen führte die Antragsgegnerin eine Betriebsprüfung betreffend den Zeitraum vom 01.04.2004 bis 30.11.2006 durch. Unter dem 20.05.2009 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie auf Grund der Betriebsprüfung beabsichtige, eine Beitragsnachforderung in Höhe von 499.088,74 EUR (inkl. Säumniszuschläge in Höhe von 161.627,50 EUR) festzustellen. Hierzu äußerte sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 08.06.2009 unter Bezugnahme auf die Einlassung im Strafverfahren gegen Herrn T. L. dahingehend, dass man sich mit der beabsichtigten Beitragsnachforderung nicht einverstanden erkläre und regte die Rückstellung des Prüfverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens an.
Mit Bescheid vom 15.06.2009 stellte die Antragsgegnerin sodann eine Beitragsnachforderung in Höhe von 499.088,74 EUR einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 161.627,50 EUR fest.
Hiergegen legte die Antragstellerin am 29.06.2009 Widerspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 15.06.2009 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Strafverfahren. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte die Antragsgegnerin am 02.07.2009 ab, da die Voraussetzungen des 86a Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht vorlägen.
Den Rechtsbehelf gegen den Bescheid vom 15.06.2009 wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2009 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die am 27.11.2009 bei dem Sozialgericht Aachen erhobene Klage (S 21 R 192/09).
Zugleich beantragt die Antragstellerin,
die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides der Beklagten vom 15.06.2009 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakten sowie der beigezogenen Strafakten 86 KLs - 302 JS 161/08- 5/09 Bezug genommen.
II. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung ist anzuordnen, wenn der angegriffene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene dadurch in seien subjektiven Rechten verletzt wird. Hat die zulässige Klage in der Hauptsache jedoch keine Aussicht auf Erfolg, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sofern die Erfolgsaussichten der Klage nicht abschließend beurteilt werden können, ist eine Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem Interesse der Allgemeinheit an der Vollziehung der behördlichen Entscheidung vorzunehmen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b, Rn. 12c).
Die Klage gegen den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 15.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2009 hat nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Abweichend vom Grundsatz des § 86a Abs. 1 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Mit dem angefochtenen Bescheiden hat die Antragsgegnerin festgestellt, dass die Antragstellerin zur Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung verpflichtet ist.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht der Hauptsache gemäß § 86b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGG setzt jedoch voraus, dass bei Abwägung der Interessen das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt (Keller, a.a.O., § 86b Rn. 12 ff.). Im Rahmen der nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden gerichtlichen Entscheidung ist dabei insbesondere zu berücksichtigen, dass das Gesetz von der Regel ausgeht, dass bei der Entscheidung über Beitragspflichten die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage entfällt (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG). Nur ausnahmsweise kann nach dem Rechtsgedanken der insoweit entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG die aufschiebende Wirkung anzuordnen sein, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.03.2005 , L 3 B 1/05 R ER; Beschluss vom 13.10.2006, L 16 B 1/06 R ER).
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen nicht. Zu bejahen sind ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes, wenn bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg. Dies folgt aus der gesetzlichen Wertung des § 86a Abs. 2 SGG, wonach Beiträge zunächst zu erbringen sind. Hiervon ist nur in Ausnahmefällen abzusehen, damit die Erfüllung der Aufgaben gesichert wird, denen die Beiträge zu dienen bestimmt sind. Das Risiko, im Ergebnis zu Unrecht in Vorleistung treten zu müssen, trifft nach der Wertung des Gesetzgebers damit den Zahlungspflichtigen (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.10.2006, a.a.O.). Hiernach ist der Erfolg der Klage nicht wahrscheinlicher als der Misserfolg, da die Erfolgsaussichten bei der gebotenen summarischen Prüfung als offen einzuordnen sind.
Die Antragsgegnerin ist gemäß § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) zur Betriebsprüfung und damit zu der Feststellung zuständig, ob die Arbeitgeber die Meldepflichten und sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch ordnungsgemäß erfüllen. Sie erlässt im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV). Nach § 28f Abs. 1a hat der Unternehmer bei der Ausführung eines Dienst- und Werkvertrags im Baugewerbe die Lohnunterlagen und die Beitragsberechnungen so zu gestalten, dass eine Zuordnung der Arbeitnehmer, des Arbeitsentgelts und des darauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu dem jeweiligen Dienst- oder Werkvertrag möglich ist. Hat der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflichten verletzt und kann der prüfende Träger der Rentenversicherung die Beitragshöhe nicht oder nicht ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand feststellen, hat er diese zu schätzen. Die Feststellungen des Hauptzollamtes Aachen sprechen dafür, dass die Antragstellerin die ihr obliegenden gesetzlichen Pflichten verletzt hat. Ob die in den Rechnungen der Firmen T. Bauunternehmung GmbH, C. B., M. Bauträger GmbH, G. U. Bauunternehmung und H. E. Maurer und Betonbauer aufgeführten Arbeiten durch Beschäftigte der Antragstellerin durchgeführt wurden, richtet sich grundsätzlich nach der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vgl. nur Bundessozialgericht, Urteil vom 12.02.2004, B 12 KR 26/02 R). Dies bedarf jedoch der abschließenden Prüfung im Hauptsacheverfahren, wobei die Erfolgsaussichten wegen einer möglicherweise umfangreichen Beweisaufnahme offen sind.
Die Vollziehung des angefochtenen Bescheides der Beklagten vom 15.06.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2009 stellt schließlich für die Antragstellerin auch keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte dar. Nicht ausreichend sind in diesem Zusammenhang grundsätzlich die mit der sofortigen Vollziehbarkeit des angefochtenen Bescheides und der Höhe der festgesetzten Beiträge verbundenen finanziellen Folgen. Auch eine etwaige Zahlungsunfähigkeit reicht hierfür nicht aus. Vielmehr entspricht es der gesetzlichen Wertung des Gesetzgebers, dass im Regelfall das Interesse an der Vollziehung des Beitragsbescheides gegenüber dem Interesse des Beitragspflichtigen, vor der endgültigen Zahlung eine Beitragspflicht in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen, überwiegt. Da es sich lediglich um die Erfüllung der gesetzlichen Zahlungspflicht handelt, ist die Beibehaltung der gesetzlichen Regelung grundsätzlich verhältnismäßig (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.10.2006, a.a.O.). Anhaltspunkte, die eine abweichende Beurteilung des Einzelfalles rechtfertigen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Für die Antragstellerin besteht jedoch die Möglichkeit unter Vorlage geeigneter Unterlagen eine Ratenzahlung oder Stundung über die entsprechenden Einzugsstellen zu beantragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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