Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 R 7020/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3866/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.08.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1964 in R. geborene Klägerin war dort zuletzt als Kontrolleurin tätig. Im Mai 1990 übersiedelte sie nach Deutschland, wo sie von September 1990 bis August 1999 als Prüferin von Lederwaren und ab März 2000 bis zum Eintritt dauerhafter Arbeitsunfähigkeit im August 2014 als Reinigungskraft in einer Klinik versicherungspflichtig beschäftigt war. Die Klägerin lebt mit ihrem als Gipser berufstätigen Ehemann und ihrer pflegebedürftigen und von ihr betreuten Mutter (aktuell Pflegegrad 3) in einem Haushalt, den sie versorgt. Ihr werden Pflichtbeiträge für Pflegetätigkeit gutgeschrieben.
Im Vordergrund der gesundheitlichen Beschwerden stehen bei der Klägerin im Jahr 2006/2007 erstmals aufgetretene Herzrhythmusstörungen in Form von Vorhofflimmern. Es wurden mehrmalige therapeutische Interventionen durchgeführt, die jedoch zu keiner dauerhaften Behebung der Störungen führten, sodass es immer wieder zu Rezidiven kam. Zwischenzeitlich leidet die Klägerin unter Ängsten vor erneuten Rezidiven.
Den im April 2015 gestellten Rentenantrag (wegen Herzrhythmusstörungen, Apnoe und psychischen Problemen) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2015 und Widerspruchsbescheid vom 10.12.2015 ab. Zu Grunde lag - neben diversen Befundberichten, einem Entlassungsbericht über die im September und Oktober 2014 durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitation in der Reha-Klinik H.-K. (kardial sei die Klägerin beschwerdefrei gewesen, die psychische Situation habe stabilisiert werden können, Leistungsfähigkeit bestehe für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne erhöhte Verletzungsgefahr) - das Gutachten der Internistin Dr. H.-Z. , die auf Grund einer Untersuchung der Klägerin im Juli 2015 ein paroxysmales Vorhofflimmern, einen medikamentös ordentlich eingestellten Bluthochdruck ohne relevante Einschränkung der Herzleistung, eine schlafbezogene Atmungsstörung, erfolgreich nächtlich druckbeatmet, eine leichte depressive Belastungsreaktion sowie eine Wirbelsäulenfehlhaltung und Verspannungen der paravertebralen Muskulatur mit Belastungsminderung diagnostizierte und die Klägerin unter Zusammenschau der Befunde für leichte und anteilig mittelschwere Tätigkeiten für sechs Stunden und mehr leistungsfähig erachtete. Zu vermeiden seien besonderer Zeitdruck, Absturzgefahr und häufiges schweres Heben, Tragen und Bewegen von Lasten.
Gegen die Ablehnung ihres Rentenantrages hat die Klägerin am 23.12.2015 beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben und die Auffassung vertreten, bei einer Gesamtbetrachtung betrage ihr Leistungsvermögen keine drei Stunden mehr.
Das Sozialgericht hat zunächst die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Hausarzt Dr. Dr. U. hat von wiederholtem Vorhofflimmern berichtet und angegeben, unter körperlicher Belastung verstärke sich die Dyspnoe und die Flimmerhäufigkeit, sodass auch eine leichte Tätigkeit von unter drei Stunden wegen der rasch zunehmenden Atemnot nicht möglich erscheine. Die Kardiologin Dr. R. hat auf Befundberichte verwiesen, in denen die arterielle Hypertonie und das paroxysmale Vorhofflimmern aufgeführt sind, und eine Leistungsbeurteilung nicht abgegeben. Dr. A. vom Universitäts-Herzzentrum Bad K. hat über ambulante und stationäre Behandlungen im Zeitraum von 2012 bis 2016 wegen immer wieder aufgetretenem Vorhofflimmern berichtet. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes sei nicht eingetreten, die Herzrhythmusstörungen hätten nicht zufriedenstellend therapiert werden können, sodass es immer wieder zu Rezidiven gekommen sei. Rein formal seien Tätigkeiten von sechs Stunden täglich und mehr denkbar, jedoch unterlägen Rhythmusstörungen einer sehr starken subjektiven Wahrnehmung, sodass jeder Patient unterschiedlich in seinem Allgemeinbefinden gestört sei. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie A. hat von einer zweimaligen Behandlung berichtet, eine generalisierte Angststörung als Diagnose angegeben und die Leistungsfähigkeit nicht beurteilen können. Der Internist und Lungenfacharzt Dr. B. , der die Klägerin wegen der Schlafapnoe behandelt, hat leichte Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden nicht ausgeschlossen. Der Orthopäde Dr. T. hat über Schmerzzustände im Bereich des Bewegungsapparates und die von ihm erhobenen Befunde berichtet sowie eine Leistungsfähigkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt aus rein orthopädischer Sicht sechs Stunden und mehr für möglich erachtet. Zu vermeiden seien regelmäßiges Stehen und Gehen, einseitige oder schwere manuelle Tätigkeiten und schweres Heben. Die maßgebliche Einschränkung bestehe aus kardiologischen Gründen.
Das Sozialgericht hat daraufhin bei Prof. Dr. S. , Chefarzt im Zentrum für Innere Medizin und der Abteilung für Kardiologie am R.-B.-Krankenhaus S. , von Amts wegen ein Gutachten eingeholt. Der Sachverständige hat auf kardiologischem Gebiet ein rezidivierendes Vorhofflimmern mit Neigung zu einem schnellen, unregelmäßigen Puls (Tachyarrhythmie), eine arterielle Hypertonie mit guter Einstellung und eine Hypercholesterinämie diagnostiziert. In Bezug auf das Vorhofflimmern bestünden keine akuten Beschwerden, wobei die Belastbarkeit in der Ergometrie eingeschränkt gewesen sei. Die Klägerin habe lediglich eine Belastung von 75 Watt erzielt, wobei diese nicht adäquat zu beurteilen sei, da die geforderte Drehzahl nicht eingehalten worden sei, was allerdings keine kardiale Limitierung bedeute, sondern auf eine periphere, muskuläre Erschöpfung hindeute. In früheren Untersuchungen habe die Klägerin auch eine Belastbarkeit von 75 Watt erzielt. Vor diesem Hintergrund hat er die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten auf mindestens sechs Stunden eingeschätzt. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen und häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit, Arbeiten in Dämpfen und Nässe sowie - wegen der festgestellten Angststörung - Arbeiten mit Publikumsverkehr, besonderen Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und unter nervlicher Belastung. Der Auffassung von Dr. Dr. U. ist er nicht gefolgt, weil die von Dr. Dr. U. als Begründung angeführte rasch zunehmende Atemnot in der Begutachtung nicht festzustellen gewesen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.08.2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Nach Darstellung der gesetzlichen Grundlagen für die begehrte Rente (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGBVI -) hat es ausgeführt, die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, sondern könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Schwere oder dauerhaft mittelschwere Tätigkeiten, Tätigkeiten in Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Tätigkeiten in Dämpfen und Nässe sowie Tätigkeiten bei Publikumsverkehr und erhöhten Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und die nervliche Belastbarkeit seien nicht mehr zumutbar. Es hat den Schwerpunkt der krankheitsbedingten Einschränkungen auf kardiologischem Fachgebiet gesehen und sich insoweit den Beurteilungen von Prof. Dr. S. , Dr. H.-Z. und der behandelnden Ärzte Dr. B. und Dr. A. angeschlossen. Nicht zu folgen sei Dr. Dr. U. , weil die von ihm als Begründung angeführte zunehmende Atemnot bei Belastung in der Begutachtung gerade nicht aufgetreten sei. Auch aus dem bei der Klägerin vorliegenden Schlafapnoe-Syndrom resultiere nach den Angaben des behandelnden Arztes keine zeitliche Leistungseinschränkung. Auf orthopädischem Fachgebiet hat es sich der Beurteilung von Dr. T. angeschlossen und auf nervenärztlichem Fachgebiet ist es von einer Angststörung ohne quantitative Leistungsminderung ausgegangen.
Gegen den ihr am 04.09.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 04.10.2017 Berufung eingelegt. Sie hat auf ihre Angstzustände wegen ihrer Sorge vor Rezidiven des Vorhofflimmerns hingewiesen und die Ansicht vertreten, bei einer Zusammenschau der Erkrankungen, insbesondere der Überlagerung der internistischen Erkrankungen durch die psychische Situation, liege kein Restleistungsvermögen mehr vor.
Der Senat hat zunächst eine sachverständige Zeugenauskunft bei der Fachärztin A. eingeholt (keine Änderung des Gesundheitszustandes im medikamentösen Behandlungsverlauf, es liege eine Antriebsminderung mit reduzierter Belastbarkeit vor und die Klägerin sei nicht arbeitsfähig) und dann das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie sowie Chefarztes der Klinik für Suchttherapie im Klinikum am Weißenhof Dr. H. eingeholt. Nach Untersuchung der Klägerin im Februar 2018 hat Dr. H. die von der behandelnden Ärztin A. berichtete Diagnose einer generalisierten Angststörung bestätigt. Eine depressive Störung hat er ausgeschlossen. Zu vermeiden seien Akkordarbeit, Nachtarbeit, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, Arbeiten mit besonders hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration, besonders hohe Verantwortung und mit besonders hoher geistiger Beanspruchung. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen seien leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs und mehr Stunden arbeitstäglich möglich. Hinsichtlich der Ausführungen der behandelnden Ärztin A. hat er ausgeführt, es lägen zwar Ängste vor, eine Antriebsminderung mit reduzierter Belastbarkeit habe sich jedoch nicht nachweisen lassen.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat ein Gutachten beim Neurologen und Psychiater Dr. L. eingeholt. Er hat zwar situationsspezifische Ängste bei der Klägerin i.V.m. der Herzerkrankung und den Herzrhythmusstörungen beschrieben, eine psychopathologische Auffälligkeit insoweit aber verneint, weil sie menschlich zwanglos nachvollzogen werden könnten. Auf Grund der von ihm durchgeführten testpsychologischen Untersuchung ist er von Aggravation ausgegangen. Die Klägerin könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausführen. Zu vermeiden seien Nachtschicht, Zwangshaltungen, Arbeiten unter Einflüssen von Kälte, Zugluft, Rauch, Gas und Dämpfen, Arbeiten mit Publikumsverkehr, hohem Konzentrationsvermögen, unter nervlicher Belastung (Zeitdruck) und sehr monotone Arbeiten.
Die Klägerin vertritt weiterhin die Auffassung, rentenrelevant leistungseingeschränkt zu sein, und beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.08.2017 und den Bescheid vom 04.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2015 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat in den Gründen der angefochtenen Entscheidung zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin begehrte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 SGB VI) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist, sondern unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen noch zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten kann. Es hat sich dabei den übereinstimmenden Beurteilungen von Prof. Dr. S. und Dr. H.-Z. im Hinblick auf das im Vordergrund der Gesundheitsstörungen stehende kardiologische Fachgebiet angeschlossen und die damit übereinstimmende Leistungsbeurteilung von Dr. B. und Dr. A. ebenfalls berücksichtigt. Dass und aus welchen Gründen der abweichenden Beurteilung von Dr. Dr. U. nicht gefolgt werden kann, hat das Sozialgericht dargelegt. Das bei der Klägerin vorhandene Schlafapnoe-Syndrom hat es auf der Grundlage der Beurteilung von Dr. B. als nicht leistungslimitierend angesehen und aus den orthopädischen Gesundheitsstörungen auf der Grundlage der Beurteilung des behandelnden Orthopäden Dr. T. ebenfalls nicht auf eine zeitliche Leistungseinschränkung geschlossen. Der Senat sieht angesichts dieser ausführlichen und zutreffenden Ausführungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Zugunsten der Klägerin legt der Senat sämtliche, von den Ärzten aufgeführten qualitativen Einschränkungen zu Grunde, also schwere Tätigkeiten, Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder sonst mit Absturzgefahr, regelmäßiges Stehen und Gehen, einseitige oder schwere manuelle Tätigkeiten, Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit, Arbeiten unter Einfluss von Kälte, Zugluft, Rauch, Gas, Dämpfen und Nässe, Zeitdruck, Arbeiten mit besonders hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration, besonders hoher Verantwortung, mit besonders hoher geistiger Beanspruchung und sehr monotone Arbeiten.
Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung ausführt, in der Vergangenheit sei es in den Belastungs-EKGs regelmäßig zu Abbrüchen bei 75 Watt gekommen, erschließt sich die Relevanz dieses Einwandes nicht. Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten auf die entsprechenden Belastungen in der Vergangenheit Bezug genommen und lediglich ausgeführt, dass - anders als bei ihm - die Klägerin in der Vergangenheit eine Belastung bis 75 Watt ohne kardiologische Auffälligkeiten erreichte. In seiner Untersuchung ist dies demgegenüber deshalb nicht der Fall gewesen, weil die Klägerin die geforderte Drehzahl von mehr als 50 Umdrehungen/min nicht hat einhalten können, sondern lediglich 29 Umdrehungen/min, allerdings nicht aus kardialen Gründen, sondern wegen eines muskulären Defizits. Aus der Tatsache, dass die Klägerin damit in der Vergangenheit eine Belastung mit 75 Watt ohne kardiologische Auffälligkeiten erreichte, hat er deshalb - wie Dr. H.-Z. und die behandelnden Ärzte - zutreffend auf keine Leistungseinschränkung für jedenfalls leichte Tätigkeiten geschlossen. Der Senat sieht keinen Grund, die im Wesentlichen übereinstimmenden Leistungsbeurteilungen sämtlicher, mit der Beurteilung der kardialen Situation befasster Ärzte in Zweifel zu ziehen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt auch aus der psychischen Überlagerung der kardialen Situation keine rentenrelevante Einschränkung. Der Senat schließt sich insoweit der überzeugenden Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. an. Dabei geht der Senat - zugunsten der Klägerin - davon aus, dass krankheitswertige Angstzustände vorliegen. Ob diese diagnostisch - so Dr. H. und die behandelnde Fachärztin A. - als generalisierte Angststörung zu erfassen sind - insoweit verneinend Dr. L. -, kann offenbleiben. Denn eine exakte, korrekte Einordnung der psychischen Symptome kann letztlich dahingestellt bleiben, weil für die vorliegend zu beurteilende Frage, inwieweit die Klägerin durch psychische Beschwerden in der beruflichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, weniger von Bedeutung ist, welchem Krankheitsbild diese Beschwerden zuzuordnen sind, als vielmehr, welche konkreten funktionellen Einschränkungen hieraus resultieren und inwieweit diese der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit entgegenstehen. Auch Dr. Liste hat funktionelle Einschränkungen - wenn auch nicht rentenrelevant - durch die bei der Klägerin bestehenden Ängste bejaht.
Unter Zugrundelegung der von Dr. H. angenommenen psychischen Erkrankung ist jedoch nicht von einer rentenrelevanten Einschränkung des Leistungsvermögens auszugehen. Dr. H. hat überzeugend dargelegt, dass die Klägerin bei Vermeidung von Akkordarbeit, Nachtarbeit, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, mit hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration, mit besonders hoher Verantwortung oder besonders hoher geistiger Beanspruchung in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr arbeitstäglich auszuüben. Dem schließt sich der Senat an. Denn Dr. H. hat in der Untersuchung der Klägerin einen im Wesentlichen unauffälligen Befund erhoben. So sind Auffassung, Konzentration und Durchhaltevermögen ohne Einschränkung gewesen. Mnestische Störungen haben sich nicht nachweisen lassen, weder im Hinblick auf die Merkfähigkeit, noch das Kurzzeitgedächtnis noch auf das Langzeitgedächtnis. Die Klägerin hat flüssig, konzentriert und präzise über ihre Lebensgeschichte berichtet. Der formale Gedankengang ist geordnet und nicht verlangsamt gewesen, inhaltliche Denkstörungen haben sich nicht gezeigt, Beeinträchtigungs- und Verfolgungsideen sind ebenso wenig wie Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen zu beobachten gewesen. Die Stimmungslage ist teils euthym gewesen, streckenweise leicht gedrückt, was sich jedoch wieder verloren hat. Die affektive Schwingungsfähigkeit ist diskret, also leicht reduziert, die Psychomotorik ausreichend lebendig, der Antrieb ungestört gewesen. Damit hat Dr. H. die von der behandelnden Fachärztin A. berichtete Antriebsminderung mit reduzierter Belastbarkeit gerade nicht bestätigt, worauf er auch ausdrücklich hingewiesen hat. Soweit die Fachärztin A. Arbeitsunfähigkeit angenommene hat, ist dies für die hier zu beurteilende Frage der Erwerbsminderung nicht von entscheidender Bedeutung. Denn während sich die Arbeitsunfähigkeit nach der arbeitsvertraglich geschuldeten, zuletzt ausgeübten Arbeit richtet (BSG, Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R, in SozR 4-2500 § 44 Nr. 7), sind Maßstab für die Frage der Erwerbsminderung die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, wobei es ausreicht, wenn leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich verrichtet werden können (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Deshalb kommt es für die Frage der Erwerbsminderung nicht darauf an, ob wegen Krankheit oder Behinderung Behandlungsbedürftigkeit oder - auch häufige - Arbeitsunfähigkeit besteht (BSG, Beschluss vom 31.10.2002, B 13 R 107/12 B, in SozR 4-2600 § 43 Nr. 19).
Gegen eine zeitliche und damit rentenrelevante eingeschränkte des Leistungsvermögens spricht auch der von Dr. H. (und weitgehend identisch mit dem von Dr. L. ) erhobene Tagesablauf der Klägerin und ihre weiteren Angaben. Die Klägerin steht zwischen 07.00 und 07.30 Uhr auf, sie versorgt die 108 Quadratmeter große Wohnung mit vier Zimmern, sie kümmert sich um ihre pflegebedürftige Mutter, pflegt sie, indem sie sie aus- und anzieht, ihr das Essen gibt, sie wäscht und duscht, sie versorgt den Dreipersonenhaushalt, sie kocht, geht (zusammen mit ihrem Mann) einkaufen, sie liest Zeitschriften und Bücher, hört gerne Radio, geht am Wochenende mit ihrem Mann spazieren, macht gelegentlich Ausflüge, sie backt und kocht gerne, trifft sich mit Freundinnen, geht mit ihnen zum Essen oder in die Stadt zum Einkaufen. Nach ihrer eigenen Einschätzung (Angabe gegenüber Dr. L.: Der Alltag sei eben mit der Mutter und dem Haushalt gefüllt) hat die Klägerin einen vollen Tagesablauf und keine gesundheitsbedingten Einschränkungen in ihren Freizeitaktivitäten.
Soweit die Klägerin gegen das Gutachten von Dr. H. pauschal einwendet, es habe keine umfassende Exploration stattgefunden und in der zur Verfügung stehenden Zeit auch nicht stattfinden können, ist dies ohne Substanz. Tatsächlich hat Dr. H. in seinem Gutachten über mehr als sechs Seiten anamnestische Daten und Beschwerden der Klägerin niedergelegt und auf weiteren drei Seiten den körperlichen, den neurologischen und den psychischen Befund. Angesichts des Inhalts dieser Ausführungen ist nicht nachvollziehbar, dass Defizite in der Exploration aufgetreten sein sollen. Näheres hat die Klägerin auch nicht ausgeführt. Die Leistungsbeurteilung von Dr. H. hat im Übrigen der auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG gehörte Arzt ihres Vertrauens Dr. L. im Wesentlichen bestätigt. Soweit die Klägerin gegenüber den Ausführungen von Dr. L. einwendet, nicht in Früh- oder Spätschicht tätig werden zu können, ist dies ohne rechtliche Relevanz, weil sich hieraus keine quantitative Leistungsminderung ableitet. Soweit die Klägerin das Vorliegen von Aggravation bestreitet, ist auch dies ohne Substanz. Insbesondere ist die Klägerin auf die entsprechenden Ausführungen von Dr. L. zur Begründung seiner Auffassung nicht eingegangen. Im Übrigen stützt sich der Senat nicht auf das Gutachten von Dr. L. , sondern sieht das Leistungsvermögen der Klägerin in psychischer Hinsicht bereits durch das Gutachten von Dr. H. geklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1964 in R. geborene Klägerin war dort zuletzt als Kontrolleurin tätig. Im Mai 1990 übersiedelte sie nach Deutschland, wo sie von September 1990 bis August 1999 als Prüferin von Lederwaren und ab März 2000 bis zum Eintritt dauerhafter Arbeitsunfähigkeit im August 2014 als Reinigungskraft in einer Klinik versicherungspflichtig beschäftigt war. Die Klägerin lebt mit ihrem als Gipser berufstätigen Ehemann und ihrer pflegebedürftigen und von ihr betreuten Mutter (aktuell Pflegegrad 3) in einem Haushalt, den sie versorgt. Ihr werden Pflichtbeiträge für Pflegetätigkeit gutgeschrieben.
Im Vordergrund der gesundheitlichen Beschwerden stehen bei der Klägerin im Jahr 2006/2007 erstmals aufgetretene Herzrhythmusstörungen in Form von Vorhofflimmern. Es wurden mehrmalige therapeutische Interventionen durchgeführt, die jedoch zu keiner dauerhaften Behebung der Störungen führten, sodass es immer wieder zu Rezidiven kam. Zwischenzeitlich leidet die Klägerin unter Ängsten vor erneuten Rezidiven.
Den im April 2015 gestellten Rentenantrag (wegen Herzrhythmusstörungen, Apnoe und psychischen Problemen) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2015 und Widerspruchsbescheid vom 10.12.2015 ab. Zu Grunde lag - neben diversen Befundberichten, einem Entlassungsbericht über die im September und Oktober 2014 durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitation in der Reha-Klinik H.-K. (kardial sei die Klägerin beschwerdefrei gewesen, die psychische Situation habe stabilisiert werden können, Leistungsfähigkeit bestehe für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne erhöhte Verletzungsgefahr) - das Gutachten der Internistin Dr. H.-Z. , die auf Grund einer Untersuchung der Klägerin im Juli 2015 ein paroxysmales Vorhofflimmern, einen medikamentös ordentlich eingestellten Bluthochdruck ohne relevante Einschränkung der Herzleistung, eine schlafbezogene Atmungsstörung, erfolgreich nächtlich druckbeatmet, eine leichte depressive Belastungsreaktion sowie eine Wirbelsäulenfehlhaltung und Verspannungen der paravertebralen Muskulatur mit Belastungsminderung diagnostizierte und die Klägerin unter Zusammenschau der Befunde für leichte und anteilig mittelschwere Tätigkeiten für sechs Stunden und mehr leistungsfähig erachtete. Zu vermeiden seien besonderer Zeitdruck, Absturzgefahr und häufiges schweres Heben, Tragen und Bewegen von Lasten.
Gegen die Ablehnung ihres Rentenantrages hat die Klägerin am 23.12.2015 beim Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben und die Auffassung vertreten, bei einer Gesamtbetrachtung betrage ihr Leistungsvermögen keine drei Stunden mehr.
Das Sozialgericht hat zunächst die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Hausarzt Dr. Dr. U. hat von wiederholtem Vorhofflimmern berichtet und angegeben, unter körperlicher Belastung verstärke sich die Dyspnoe und die Flimmerhäufigkeit, sodass auch eine leichte Tätigkeit von unter drei Stunden wegen der rasch zunehmenden Atemnot nicht möglich erscheine. Die Kardiologin Dr. R. hat auf Befundberichte verwiesen, in denen die arterielle Hypertonie und das paroxysmale Vorhofflimmern aufgeführt sind, und eine Leistungsbeurteilung nicht abgegeben. Dr. A. vom Universitäts-Herzzentrum Bad K. hat über ambulante und stationäre Behandlungen im Zeitraum von 2012 bis 2016 wegen immer wieder aufgetretenem Vorhofflimmern berichtet. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes sei nicht eingetreten, die Herzrhythmusstörungen hätten nicht zufriedenstellend therapiert werden können, sodass es immer wieder zu Rezidiven gekommen sei. Rein formal seien Tätigkeiten von sechs Stunden täglich und mehr denkbar, jedoch unterlägen Rhythmusstörungen einer sehr starken subjektiven Wahrnehmung, sodass jeder Patient unterschiedlich in seinem Allgemeinbefinden gestört sei. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie A. hat von einer zweimaligen Behandlung berichtet, eine generalisierte Angststörung als Diagnose angegeben und die Leistungsfähigkeit nicht beurteilen können. Der Internist und Lungenfacharzt Dr. B. , der die Klägerin wegen der Schlafapnoe behandelt, hat leichte Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden nicht ausgeschlossen. Der Orthopäde Dr. T. hat über Schmerzzustände im Bereich des Bewegungsapparates und die von ihm erhobenen Befunde berichtet sowie eine Leistungsfähigkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt aus rein orthopädischer Sicht sechs Stunden und mehr für möglich erachtet. Zu vermeiden seien regelmäßiges Stehen und Gehen, einseitige oder schwere manuelle Tätigkeiten und schweres Heben. Die maßgebliche Einschränkung bestehe aus kardiologischen Gründen.
Das Sozialgericht hat daraufhin bei Prof. Dr. S. , Chefarzt im Zentrum für Innere Medizin und der Abteilung für Kardiologie am R.-B.-Krankenhaus S. , von Amts wegen ein Gutachten eingeholt. Der Sachverständige hat auf kardiologischem Gebiet ein rezidivierendes Vorhofflimmern mit Neigung zu einem schnellen, unregelmäßigen Puls (Tachyarrhythmie), eine arterielle Hypertonie mit guter Einstellung und eine Hypercholesterinämie diagnostiziert. In Bezug auf das Vorhofflimmern bestünden keine akuten Beschwerden, wobei die Belastbarkeit in der Ergometrie eingeschränkt gewesen sei. Die Klägerin habe lediglich eine Belastung von 75 Watt erzielt, wobei diese nicht adäquat zu beurteilen sei, da die geforderte Drehzahl nicht eingehalten worden sei, was allerdings keine kardiale Limitierung bedeute, sondern auf eine periphere, muskuläre Erschöpfung hindeute. In früheren Untersuchungen habe die Klägerin auch eine Belastbarkeit von 75 Watt erzielt. Vor diesem Hintergrund hat er die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten auf mindestens sechs Stunden eingeschätzt. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen und häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit, Arbeiten in Dämpfen und Nässe sowie - wegen der festgestellten Angststörung - Arbeiten mit Publikumsverkehr, besonderen Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und unter nervlicher Belastung. Der Auffassung von Dr. Dr. U. ist er nicht gefolgt, weil die von Dr. Dr. U. als Begründung angeführte rasch zunehmende Atemnot in der Begutachtung nicht festzustellen gewesen sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.08.2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Nach Darstellung der gesetzlichen Grundlagen für die begehrte Rente (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGBVI -) hat es ausgeführt, die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, sondern könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Schwere oder dauerhaft mittelschwere Tätigkeiten, Tätigkeiten in Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Tätigkeiten in Dämpfen und Nässe sowie Tätigkeiten bei Publikumsverkehr und erhöhten Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und die nervliche Belastbarkeit seien nicht mehr zumutbar. Es hat den Schwerpunkt der krankheitsbedingten Einschränkungen auf kardiologischem Fachgebiet gesehen und sich insoweit den Beurteilungen von Prof. Dr. S. , Dr. H.-Z. und der behandelnden Ärzte Dr. B. und Dr. A. angeschlossen. Nicht zu folgen sei Dr. Dr. U. , weil die von ihm als Begründung angeführte zunehmende Atemnot bei Belastung in der Begutachtung gerade nicht aufgetreten sei. Auch aus dem bei der Klägerin vorliegenden Schlafapnoe-Syndrom resultiere nach den Angaben des behandelnden Arztes keine zeitliche Leistungseinschränkung. Auf orthopädischem Fachgebiet hat es sich der Beurteilung von Dr. T. angeschlossen und auf nervenärztlichem Fachgebiet ist es von einer Angststörung ohne quantitative Leistungsminderung ausgegangen.
Gegen den ihr am 04.09.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 04.10.2017 Berufung eingelegt. Sie hat auf ihre Angstzustände wegen ihrer Sorge vor Rezidiven des Vorhofflimmerns hingewiesen und die Ansicht vertreten, bei einer Zusammenschau der Erkrankungen, insbesondere der Überlagerung der internistischen Erkrankungen durch die psychische Situation, liege kein Restleistungsvermögen mehr vor.
Der Senat hat zunächst eine sachverständige Zeugenauskunft bei der Fachärztin A. eingeholt (keine Änderung des Gesundheitszustandes im medikamentösen Behandlungsverlauf, es liege eine Antriebsminderung mit reduzierter Belastbarkeit vor und die Klägerin sei nicht arbeitsfähig) und dann das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie sowie Chefarztes der Klinik für Suchttherapie im Klinikum am Weißenhof Dr. H. eingeholt. Nach Untersuchung der Klägerin im Februar 2018 hat Dr. H. die von der behandelnden Ärztin A. berichtete Diagnose einer generalisierten Angststörung bestätigt. Eine depressive Störung hat er ausgeschlossen. Zu vermeiden seien Akkordarbeit, Nachtarbeit, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, Arbeiten mit besonders hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration, besonders hohe Verantwortung und mit besonders hoher geistiger Beanspruchung. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen seien leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs und mehr Stunden arbeitstäglich möglich. Hinsichtlich der Ausführungen der behandelnden Ärztin A. hat er ausgeführt, es lägen zwar Ängste vor, eine Antriebsminderung mit reduzierter Belastbarkeit habe sich jedoch nicht nachweisen lassen.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat ein Gutachten beim Neurologen und Psychiater Dr. L. eingeholt. Er hat zwar situationsspezifische Ängste bei der Klägerin i.V.m. der Herzerkrankung und den Herzrhythmusstörungen beschrieben, eine psychopathologische Auffälligkeit insoweit aber verneint, weil sie menschlich zwanglos nachvollzogen werden könnten. Auf Grund der von ihm durchgeführten testpsychologischen Untersuchung ist er von Aggravation ausgegangen. Die Klägerin könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausführen. Zu vermeiden seien Nachtschicht, Zwangshaltungen, Arbeiten unter Einflüssen von Kälte, Zugluft, Rauch, Gas und Dämpfen, Arbeiten mit Publikumsverkehr, hohem Konzentrationsvermögen, unter nervlicher Belastung (Zeitdruck) und sehr monotone Arbeiten.
Die Klägerin vertritt weiterhin die Auffassung, rentenrelevant leistungseingeschränkt zu sein, und beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.08.2017 und den Bescheid vom 04.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2015 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat in den Gründen der angefochtenen Entscheidung zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin begehrte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 SGB VI) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist, sondern unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen noch zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten kann. Es hat sich dabei den übereinstimmenden Beurteilungen von Prof. Dr. S. und Dr. H.-Z. im Hinblick auf das im Vordergrund der Gesundheitsstörungen stehende kardiologische Fachgebiet angeschlossen und die damit übereinstimmende Leistungsbeurteilung von Dr. B. und Dr. A. ebenfalls berücksichtigt. Dass und aus welchen Gründen der abweichenden Beurteilung von Dr. Dr. U. nicht gefolgt werden kann, hat das Sozialgericht dargelegt. Das bei der Klägerin vorhandene Schlafapnoe-Syndrom hat es auf der Grundlage der Beurteilung von Dr. B. als nicht leistungslimitierend angesehen und aus den orthopädischen Gesundheitsstörungen auf der Grundlage der Beurteilung des behandelnden Orthopäden Dr. T. ebenfalls nicht auf eine zeitliche Leistungseinschränkung geschlossen. Der Senat sieht angesichts dieser ausführlichen und zutreffenden Ausführungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Zugunsten der Klägerin legt der Senat sämtliche, von den Ärzten aufgeführten qualitativen Einschränkungen zu Grunde, also schwere Tätigkeiten, Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder sonst mit Absturzgefahr, regelmäßiges Stehen und Gehen, einseitige oder schwere manuelle Tätigkeiten, Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit, Arbeiten unter Einfluss von Kälte, Zugluft, Rauch, Gas, Dämpfen und Nässe, Zeitdruck, Arbeiten mit besonders hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration, besonders hoher Verantwortung, mit besonders hoher geistiger Beanspruchung und sehr monotone Arbeiten.
Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung ausführt, in der Vergangenheit sei es in den Belastungs-EKGs regelmäßig zu Abbrüchen bei 75 Watt gekommen, erschließt sich die Relevanz dieses Einwandes nicht. Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten auf die entsprechenden Belastungen in der Vergangenheit Bezug genommen und lediglich ausgeführt, dass - anders als bei ihm - die Klägerin in der Vergangenheit eine Belastung bis 75 Watt ohne kardiologische Auffälligkeiten erreichte. In seiner Untersuchung ist dies demgegenüber deshalb nicht der Fall gewesen, weil die Klägerin die geforderte Drehzahl von mehr als 50 Umdrehungen/min nicht hat einhalten können, sondern lediglich 29 Umdrehungen/min, allerdings nicht aus kardialen Gründen, sondern wegen eines muskulären Defizits. Aus der Tatsache, dass die Klägerin damit in der Vergangenheit eine Belastung mit 75 Watt ohne kardiologische Auffälligkeiten erreichte, hat er deshalb - wie Dr. H.-Z. und die behandelnden Ärzte - zutreffend auf keine Leistungseinschränkung für jedenfalls leichte Tätigkeiten geschlossen. Der Senat sieht keinen Grund, die im Wesentlichen übereinstimmenden Leistungsbeurteilungen sämtlicher, mit der Beurteilung der kardialen Situation befasster Ärzte in Zweifel zu ziehen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt auch aus der psychischen Überlagerung der kardialen Situation keine rentenrelevante Einschränkung. Der Senat schließt sich insoweit der überzeugenden Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. an. Dabei geht der Senat - zugunsten der Klägerin - davon aus, dass krankheitswertige Angstzustände vorliegen. Ob diese diagnostisch - so Dr. H. und die behandelnde Fachärztin A. - als generalisierte Angststörung zu erfassen sind - insoweit verneinend Dr. L. -, kann offenbleiben. Denn eine exakte, korrekte Einordnung der psychischen Symptome kann letztlich dahingestellt bleiben, weil für die vorliegend zu beurteilende Frage, inwieweit die Klägerin durch psychische Beschwerden in der beruflichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, weniger von Bedeutung ist, welchem Krankheitsbild diese Beschwerden zuzuordnen sind, als vielmehr, welche konkreten funktionellen Einschränkungen hieraus resultieren und inwieweit diese der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit entgegenstehen. Auch Dr. Liste hat funktionelle Einschränkungen - wenn auch nicht rentenrelevant - durch die bei der Klägerin bestehenden Ängste bejaht.
Unter Zugrundelegung der von Dr. H. angenommenen psychischen Erkrankung ist jedoch nicht von einer rentenrelevanten Einschränkung des Leistungsvermögens auszugehen. Dr. H. hat überzeugend dargelegt, dass die Klägerin bei Vermeidung von Akkordarbeit, Nachtarbeit, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, mit hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration, mit besonders hoher Verantwortung oder besonders hoher geistiger Beanspruchung in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr arbeitstäglich auszuüben. Dem schließt sich der Senat an. Denn Dr. H. hat in der Untersuchung der Klägerin einen im Wesentlichen unauffälligen Befund erhoben. So sind Auffassung, Konzentration und Durchhaltevermögen ohne Einschränkung gewesen. Mnestische Störungen haben sich nicht nachweisen lassen, weder im Hinblick auf die Merkfähigkeit, noch das Kurzzeitgedächtnis noch auf das Langzeitgedächtnis. Die Klägerin hat flüssig, konzentriert und präzise über ihre Lebensgeschichte berichtet. Der formale Gedankengang ist geordnet und nicht verlangsamt gewesen, inhaltliche Denkstörungen haben sich nicht gezeigt, Beeinträchtigungs- und Verfolgungsideen sind ebenso wenig wie Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen zu beobachten gewesen. Die Stimmungslage ist teils euthym gewesen, streckenweise leicht gedrückt, was sich jedoch wieder verloren hat. Die affektive Schwingungsfähigkeit ist diskret, also leicht reduziert, die Psychomotorik ausreichend lebendig, der Antrieb ungestört gewesen. Damit hat Dr. H. die von der behandelnden Fachärztin A. berichtete Antriebsminderung mit reduzierter Belastbarkeit gerade nicht bestätigt, worauf er auch ausdrücklich hingewiesen hat. Soweit die Fachärztin A. Arbeitsunfähigkeit angenommene hat, ist dies für die hier zu beurteilende Frage der Erwerbsminderung nicht von entscheidender Bedeutung. Denn während sich die Arbeitsunfähigkeit nach der arbeitsvertraglich geschuldeten, zuletzt ausgeübten Arbeit richtet (BSG, Urteil vom 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R, in SozR 4-2500 § 44 Nr. 7), sind Maßstab für die Frage der Erwerbsminderung die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, wobei es ausreicht, wenn leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden arbeitstäglich verrichtet werden können (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Deshalb kommt es für die Frage der Erwerbsminderung nicht darauf an, ob wegen Krankheit oder Behinderung Behandlungsbedürftigkeit oder - auch häufige - Arbeitsunfähigkeit besteht (BSG, Beschluss vom 31.10.2002, B 13 R 107/12 B, in SozR 4-2600 § 43 Nr. 19).
Gegen eine zeitliche und damit rentenrelevante eingeschränkte des Leistungsvermögens spricht auch der von Dr. H. (und weitgehend identisch mit dem von Dr. L. ) erhobene Tagesablauf der Klägerin und ihre weiteren Angaben. Die Klägerin steht zwischen 07.00 und 07.30 Uhr auf, sie versorgt die 108 Quadratmeter große Wohnung mit vier Zimmern, sie kümmert sich um ihre pflegebedürftige Mutter, pflegt sie, indem sie sie aus- und anzieht, ihr das Essen gibt, sie wäscht und duscht, sie versorgt den Dreipersonenhaushalt, sie kocht, geht (zusammen mit ihrem Mann) einkaufen, sie liest Zeitschriften und Bücher, hört gerne Radio, geht am Wochenende mit ihrem Mann spazieren, macht gelegentlich Ausflüge, sie backt und kocht gerne, trifft sich mit Freundinnen, geht mit ihnen zum Essen oder in die Stadt zum Einkaufen. Nach ihrer eigenen Einschätzung (Angabe gegenüber Dr. L.: Der Alltag sei eben mit der Mutter und dem Haushalt gefüllt) hat die Klägerin einen vollen Tagesablauf und keine gesundheitsbedingten Einschränkungen in ihren Freizeitaktivitäten.
Soweit die Klägerin gegen das Gutachten von Dr. H. pauschal einwendet, es habe keine umfassende Exploration stattgefunden und in der zur Verfügung stehenden Zeit auch nicht stattfinden können, ist dies ohne Substanz. Tatsächlich hat Dr. H. in seinem Gutachten über mehr als sechs Seiten anamnestische Daten und Beschwerden der Klägerin niedergelegt und auf weiteren drei Seiten den körperlichen, den neurologischen und den psychischen Befund. Angesichts des Inhalts dieser Ausführungen ist nicht nachvollziehbar, dass Defizite in der Exploration aufgetreten sein sollen. Näheres hat die Klägerin auch nicht ausgeführt. Die Leistungsbeurteilung von Dr. H. hat im Übrigen der auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG gehörte Arzt ihres Vertrauens Dr. L. im Wesentlichen bestätigt. Soweit die Klägerin gegenüber den Ausführungen von Dr. L. einwendet, nicht in Früh- oder Spätschicht tätig werden zu können, ist dies ohne rechtliche Relevanz, weil sich hieraus keine quantitative Leistungsminderung ableitet. Soweit die Klägerin das Vorliegen von Aggravation bestreitet, ist auch dies ohne Substanz. Insbesondere ist die Klägerin auf die entsprechenden Ausführungen von Dr. L. zur Begründung seiner Auffassung nicht eingegangen. Im Übrigen stützt sich der Senat nicht auf das Gutachten von Dr. L. , sondern sieht das Leistungsvermögen der Klägerin in psychischer Hinsicht bereits durch das Gutachten von Dr. H. geklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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