L 12 KA 127/16

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 KA 24/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 127/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung wegen gröblicher Verletzung kassenärztlicher Pflichten ist nicht deshalb unzulässig, weil dieselben Pflichtverletzungen bereits Gegenstand von Disziplinarmaßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung waren.
2. Vorliegende bestandskräftige Entscheidungen anderer Gerichte können bei der Frage des Vorliegens einer gröblichen Pflichtverletzung berücksichtigt werden (vgl. BSG, Beschluss vom 05.05.2010 - B 6 KA 32/09 B; BSG vom 02.04.2014 - B 6 KA 58/13 B RdNr. 17 m. w. N. aus der ständigen Rechtsprechung des BSG). Grundsätzlich gilt dies auch für staatsanwaltschaftliche und polizeiliche Ermittlungsergebnisse, auch wenn insoweit die Rechtskraft noch nicht eingetreten ist (so auch Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 20. Nobember 2017 - L 11 KA 807/16 -, juris RdNr. 35).
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 3. November 2016, S 1 KA 24/15, wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 1) und 2), zu tragen. Die Kosten der übrigen Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.

Der 1967 geborene Kläger und Berufungskläger (Kläger) wurde zum 01.07.2000 als Augenarzt am Vertragsarztsitz in A-Stadt, A-Straße, in Einzelpraxis zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Die Beigeladene zu 1) erteilte dem Kläger mit Bescheid vom 14.09.2000 die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von ambulanten Operationen und sonstigen stationsersetzenden Eingriffen einschl. Anästhesien im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung für die Betriebsstätte A-Straße, A-Stadt und zusätzlich mit Bescheid vom 07.06.2001 für ausgelagerte Praxisräume in der S-Straße, A-Stadt. Mit Änderungsanzeige vom 01.12.2006 teilte der Kläger mit, dass er ab dem 01.01.2007 zusätzlich in der M-Klinik, C-Stadt operieren würde. Mit weiterer Änderungsanzeige vom 20.02.2009 zeigte der Kläger eine OP-Tätigkeit in der Praxis P., A-Straße, C-Stadt ab 31.01.2009 an.

Gegenüber dem Kläger war es in der Vergangenheit wiederholt zu sachlich-rechnerischen Berichtigungen aufgrund von Plausibilitätskontrollen gekommen.

Diesen lag zum einen ein Sachverhalt im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Kooperation des Klägers mit einer augenärztlichen Vertragsarztpraxis in H-Stadt zugrunde ("Komplex H-Stadt"). Der Kläger hatte beabsichtigt, mit einer augenärztlichen Praxis in H-Stadt (Praxis Dr. A.) eine KV-übergreifende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) zu gründen. Der Antrag auf Genehmigung dieser üBAG war letztlich erst nach dem Verfahren vor dem Berufungsausschuss Ärzte Bayern (Beschluss vom 29.01.2008) erfolgreich. Zwischenzeitlich stellte der Kläger einen Antrag auf Zulassung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in H-Stadt mit zwei angestellten Ärzten (Dr. A. - Augenärztin - und Dr. D. - Anästhesist -). Dem Antrag des Klägers, ihn selbst im MVZ mit 12 bis 16 Wochenstunden anzustellen, gab der Zulassungsausschuss H-Stadt nicht statt, genehmigte aber das MVZ sowie die Anstellungen von Dr. A. und Dr. D. (Beschluss vom 07.05.2008) mit Wirkung zum 01.07.2008. Die üBAG wurde daraufhin zum 30.06.2008 aufgelöst, weil Dr. A. bereits zugunsten der Anstellung im MVZ auf ihre Zulassung in H-Stadt verzichtet hatte. Um seine Praxis in A-Stadt trotz der Tätigkeiten in H-Stadt aufrecht zu erhalten, beschäftigte der Kläger in seiner Praxis in A-Stadt ärztliche Mitarbeiter, allerdings weitgehend ohne Genehmigung der Beigeladenen zu 1). Mit Bescheid vom 05.07.2011 (bestandskräftig, Widerspruchsbescheid vom 29.01.2014) hatte die Beigeladene zu 1) wegen der Beschäftigung nicht genehmigter ärztlicher Mitarbeiter die Honorare für die Quartale 1/2007, 2/2007, 4/2007 - 3/2008, 1/2009 und 2/2009 sachlich rechnerisch berichtigt mit der Folge einer Honorarrückforderung in Höhe von 125.035,22 Euro. Im Rahmen einer weiteren Plausibilitätsprüfung für die Quartale 2/2007 - 2/2009 ("Komplex H-Stadt") wegen Patienten, die in H-Stadt behandelt, aber unter der HNR xxx (Einzelpraxis des Klägers in A-Stadt) zur Abrechnung gebracht wurden, kam es zu einer Honorarrückforderung in Höhe von 99.814,- Euro. Hinsichtlich dieses Betrages unterzeichneten der Kläger und die Beigeladene zu 1) eine Rückzahlungsvereinbarung.

Mit bestandskräftigem Bescheid des Disziplinarausschusses der KVB vom 14.08.2014 wurde gegen den Kläger aufgrund der vorgenannten Sachverhalte im Zusammenhang mit den Plausibilitätsprüfungen wegen Verletzung vertragsärztlicher Pflichten ein Verweis ausgesprochen.

In einem dritten Plausibilitätsverfahren hob die Beigeladene zu 1) die Honorarbescheide für die Quartale 3/2009 - 1/2013 wegen fehlender Assistenz bei ambulanten Katarakt-Operationen (KataraktOP) sowie Durchführung sonstiger ambulanter Operationen nach Kapitel 31.2 EBM mit Bescheid vom 06.11.2014 auf, setzte das Honorar neu fest und forderte einen Betrag in Höhe von 149.597,50 Euro zurück (Widerspruchsbescheid vom 03.02.2016, Klage anhängig beim SG München unter dem Az.: S 38 KA 272/16). Der Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wurde abgelehnt (Beschluss des SG München vom 07.04.2017, S 38 KA 1025/16 ER, bestätigt durch Beschluss des BayLSG vom 16.08.2017, L 12 KA 62/17 B ER).

Mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 14.01.2008 untersagte das Ordnungsamt der Stadt A. die Durchführung von Operationen und invasiven Eingriffen in den Praxisräumen A-Straße, A-Stadt, durch den Kläger und andere Ärzte. Grund hierfür waren gravierende Hygienemängel unter anderem bezogen auf Aufbereitung und Sterilisation der Operationsinstrumente sowie die nicht ausreichende räumliche Situation in der Praxis. Es gäbe keine Qualitätskontrolle, ob sterilisierte Instrumente auch wirklich keimfrei seien. Wegen Verstoßes gegen die Untersagungsverfügung (der Kläger hatte weiterhin Lid-Operationen durchgeführt) verhängte die Stadt A. mit Schreiben vom 11.04.2008 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- Euro, eine neue Zwangsgeldandrohung (2.000,- Euro) erfolgte mit Bescheid vom 29.01.2013.

Gegen den Kläger waren zudem verschiedene Strafverfahren anhängig. Die Beigeladene zu 1) hatte gegen den Kläger am 12.03.2009 Strafanzeige wegen Abrechnungsbetrug (2/2007 bis einschließlich 2/2009) wegen der Beschäftigung nicht genehmigter ärztlicher Mitarbeiter und des Verstoßes gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung im Zusammenhang mit dem "Komplex H-Stadt" gestellt (LG C-Stadt, Az.: 902 Js xxx). Das Verfahren wurde mit Verfügung vom 21.11.2011 nach § 153a Abs. 1 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 10.000,- Euro eingestellt. Wegen des Vorwurfs der Durchführung ambulanter Katarakt-Operationen ohne Assistenz (Abrechnungsbetrug) erging zunächst ein Strafbefehl, nach Widerspruch wurde das Verfahren nach § 153a Abs. 1 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 3.000,- Euro eingestellt (Amtsgericht A-Stadt, Beschluss vom 20.01.2014, Az.: 6 Cs 902 Js xxx). Die Einstellung basierte nach den Akten darauf, dass die Quartale 2/2007 bis 2/2009 bereits Gegenstand des Verfahrens 902 Js xxx gewesen waren und damit hinsichtlich eines Teils der Vorwürfe ein Verfahrenshindernis vorgelegen hatte. Auch die Tatzeiträume der noch verbleibenden Taten (3/2009 bis 3/2010) lagen vor der Einstellung des ersten Verfahrens, so dass - soweit aus den Akten ersichtlich - insgesamt eine Einstellung nach § 153a StPO erfolgte. Unter dem Az.: xxx ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen den Kläger wegen fahrlässiger Körperverletzung im Zusammenhang mit der Durchführung fehlerhafter ambulanter Katarakt-Operationen sowie fehlerhafter Nachsorge. Hier erfolgten letztlich Ermittlungen bezüglich 29 Geschädigten. Zu diesem Verfahren wurde das Verfahren mit dem Az.: 902 Js xxx (Patientin H., V., OP am 07.12.2012 in der A-Straße) hinzuverbunden. Das Amtsgericht A-Stadt hatte mit Urteil vom 01.12.2016, Az. 6 Ds xxx , den Kläger wegen fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen (H., V. und S., W.) zu 125 Tagessätzen zu je 60,- Euro verurteilt. Auf Berufung des Klägers erfolgte in der Hauptverhandlung vor dem LG C-Stadt am 11.07.2017 zunächst eine Einstellung des Verfahrens nach § 154 StPO bezüglich des Patienten S. und sodann bezogen auf die Patientin H. ein Verständigungsgespräch mit der Folge der Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 3.000,- Euro (Az.: 14 Ns 902 141810/11, endgültige Einstellung am 10.10.2017).

Das Universitätsklinikum A-Stadt wies mit Schreiben vom 12.05.2011 den Zulassungsausschuss Ärzte Bayern auf zahlreiche komplikationsbehaftete Kataraktoperationen durch den Kläger hin. Das Universitätsklinikum schilderte zum Teil gravierende Folgen für die Patienten nach den durch den Kläger durchgeführten Operationen, die notfallmäßig in der Universitätsklinik hätten versorgt werden müssen. Aufgrund dieses Beschwerdebriefes sowie dreier Beschwerden durch Patienten, die Behandlungsfehler im Zusammenhang mit ihrer KataraktOP (2009, 2010 und 2011) vermuteten, fand am 28.10.2011 ein Klärungsgespräch zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem Kläger statt. Als Ergebnis des Gesprächs verpflichtete sich der Kläger mit einem auf den 09.12.2011 datierten Schreiben, an die Beigeladene zu 1) gefaxt am 23.12.2011, gegenüber der KVB freiwillig, ab dem 05.12.2011 für mindestens sechs zusammenhängende Monate auf die Durchführung von Kataraktoperationen bei GKV- sowie Privatpatienten zu verzichten und in dieser Zeit bei mindestens 20 Kataraktoperationen erfahrener augenärztlicher Operateure zu hospitieren sowie eine Bescheinigung über die Hospitationen vorzulegen. Den Bescheid vom 05.04.2011, mit dem dem Kläger die Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung von ambulanten Operationen in der Praxis Dr. H., K-Straße, C-Stadt ab 13.01.2011 erteilt worden war, widerrief die Beigeladene zu 1) mit Bescheid vom 01.02.2012. Zur Begründung des Widerrufs führte die Beigeladene zu 1) aus, nach Aussage von Dr. H. u. Koll. sei der Kläger seit dem 22.12.2011 nicht mehr in den Räumen der Anästhesiepraxis K-Straße tätig. Außerdem habe der Kläger trotz gegenteiliger Erklärung nicht auf die Durchführung von Operationen verzichtet. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers vom 03.02.2012 wurde bisher nicht verbeschieden. Mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 06.07.2012 erteilte die Beigeladene zu 1) dem Kläger die Genehmigung für die Durchführung von Lidoperationen in der Betriebsstätte P. Medical Center Dr. J., Am S., C-Stadt. Die (vom Kläger ebenfalls beantragte) Genehmigung für die Durchführung von Kataraktoperationen lehnte die Beigeladene zu 1) unter Hinweis auf die nach wie vor bestehenden Zweifel an der fachlichen Befähigung des Klägers ab. Nach Auffassung der Beigeladenen zu 1) habe sich vor diesem Hintergrund der Widerspruch des Klägers vom 03.02.2012 gegen den Widerrufsbescheid vom 01.02.2012 erledigt. Der Widerspruch sei vom Kläger zudem nie begründet oder weiterverfolgt worden.

Mehrere Patienten verklagten den Kläger wegen fehlerhaft durchgeführter Operationen beim LG C-Stadt auf Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld. Im Verfahren 13 O xxx (H., A .../ A., OP am 08.06.2006) erging zunächst ein für den Kläger positives Urteil (Urteil des LG C-Stadt vom 25.11.2011), das jedoch vom OLG C-Stadt mit (rechtskräftigem) Urteil vom 16.11.2012 abgeändert und der Kläger wegen grober Behandlungsfehler, ua. wegen Operierens ohne Assistenz, zu einer Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 7.000,- Euro verurteilt wurde. Im Verfahren 13 O xxx (M., G .../. A., OP am 09.08.2008) haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung am 11.03.2014 einen Vergleich geschlossen, in dem sich der Kläger zur Zahlung von 4.000,- Euro an Herrn M. verpflichtete. Im Rechtsstreit 11 O xxx (S., A .../. A., KataraktOP am 08.03.11 im OP-Centrum K-Straße, C-Stadt) einigten sich die Parteien ausweislich der Akten letztlich vor dem OLG C-Stadt ebenfalls auf die Zahlung eines Geldbetrages durch den Kläger an die Patientin S ... Den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft im Verfahren Az.: ist zu entnehmen, dass die Patientin B., R., (OP 14.11.2008, nach Zeugenaussage ohne Assistenz durchgeführt) mit der Berufshaftpflicht des Klägers einen Vergleich über 20.000,- Euro zur Regulierung der geltend gemachten Ansprüche abgeschlossen hat. Im Rechtsstreit H., V .../. A. (LG C-Stadt, 11 O xxx) haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, wonach sich der Kläger verpflichtete, an Frau H. 8.000,- Euro zu zahlen und Frau H. sich verpflichtete, den von ihren Eltern im Strafverfahren 6 Ds xxx gestellten Strafantrag zurückzunehmen (Beschluss des LG C-Stadt vom 16.05.2017 nach § 278 Abs. 6 ZPO).

Mit Schreiben vom 14.01.2015 beantragte die Beigeladene zu 1) beim Zulassungsausschuss Ärzte Mittelfranken (ZA), dem Kläger wegen gröblicher Verletzung vertragsärztlicher Pflichten die Zulassung als Vertragsarzt zu entziehen. Der ZA gab dem Antrag mit Beschluss vom 04.03.2015 statt. Zur Begründung verwies der ZA im Wesentlichen auf die fehlerhaften Abrechnungen des Klägers. Durch die nicht ordnungsgemäße Honoraranforderung für Patienten, die in H-Stadt behandelt und unter der HNR xxx zur Abrechnung gebracht worden seien sowie die Beschäftigung nicht genehmigter Ärzte habe der Kläger seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Außerdem habe der Kläger ambulante Katarakt-Operationen erbracht und abgerechnet, obwohl er die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt habe. Der Kläger habe darüber hinaus noch weitere ambulante Operation nach Kapitel 31.2 EBM durchgeführt und abgerechnet. All diese intra- und extraokularen Eingriffe sowie die Lasereingriffe hätten in der Praxis des Klägers (A-Straße, A-Stadt) stattgefunden. Mit Bescheid des Ordnungsamtes der Stadt A. vom 14.01.2008 sei dem Kläger jedoch untersagt worden, in diesen Praxisräumen Operationen und invasive Eingriffe durchzuführen, so dass bereits aus diesem Grund alle abgerechneten operativen Leistungen zurückzufordern seien. Mit Bescheid vom 01.02.2012 sei die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von ambulanten Operationen und sonstigen stationsersetzenden Eingriffen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung widerrufen worden. Die mit Bescheid vom 06.07.2012 erteilte Genehmigung sei beschränkt auf ambulante Lid-Operationen in der Betriebsstätte P. Medical Center, Am S., C-Stadt. Dennoch habe der Kläger weiter laserchirurgische Eingriff in der Praxis erbracht und diese über die Beigeladene zu 1) abgerechnet. Es lägen somit mehrere Pflichtverstöße vor, die nach Auffassung des ZA auch als gröblich anzusehen seien. Weder das durchgeführte Strafverfahren, die durchgeführte Plausibilitätskontrolle, die Untersagung der Durchführung von ambulanten Operationen durch das Ordnungsamt A-Stadt noch der Widerruf der Genehmigung zum ambulanten Operieren durch die Beigeladene zu 1) hätten den Kläger zu einem an die vertragsärztlichen Bestimmungen angepassten Verhalten veranlasst. Die Zulassungsentziehung sei auch geboten. Insbesondere stelle sich die Entziehung vor dem Hintergrund der über Jahre hinweg in zahlreichen Fällen wiederholten und schwerwiegenden Falschabrechnungen nicht als unverhältnismäßig dar. Der ZA ordnete zudem die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung im öffentlichen Interesse an. Zur Begründung verwies er darauf, dass trotz der vom Ordnungsamt der Stadt A. vom 14.01.2008 angeordneten Untersagung zur Durchführung von Operationen und invasiven Eingriffen in den Praxisräumen des Klägers dieser dort weiter Patienten behandle. Nach dem Schreiben der Universitätsaugenklinik A-Stadt vom 12.05.2011 sei von einer konkreten Patientengefährdung auszugehen, so dass ein besonderes öffentliches Interesse vorliege, das über das Interesse an der eigentlichen Zulassungsentziehung hinausgehe. Gegen den Beschluss des ZA legte der Kläger Widerspruch beim Beklagten ein. Der Antrag, gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches vom 01.04.2015 gegen den Beschluss des ZA vom 04.03.2015 aufzuheben, blieb ohne Erfolg (Beschluss des SG C-Stadt vom 23.04.2015, S 1 KA 6/15 ER, Beschluss des BayLSG vom 19.06.2015, L 12 KA 59/15 B ER und Beschluss des BayLSG vom 11.08.2015, L 12 KA 93/15 RG). Anträge des Klägers anlässlich der Zulassungsentziehung wegen geltend gemachter Grundrechtsverletzung und Verletzung grundrechtsgleicher Rechte blieben vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ohne Erfolg (Beschluss vom 13.08.2015, 1 BvR 1768/15 unter Hinweis auf die fehlende Ausschöpfung des Rechtsweges; Beschluss vom 18.09.2015, 1 BvR 2142/15). Zur Begründung des Widerspruchs gegen den Beschluss des ZA vom 04.03.2015 führte der (damalige) Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, der "Komplex H-Stadt" wegen Augenoperationen am Standort H-Stadt sei disziplinarisch bereits mit Bescheid vom 30.07.2014 geahndet worden und hätte daher nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Die geltend gemachte Regresssumme aus diesem Komplex in Höhe von 224.000,- Euro sei vollständig zurückgeführt worden. Die Untersagung von Operationen durch das Ordnungsamt der Stadt A. im Bescheid vom 14.01.2008 habe sich laut (erläuterndem) Schreiben des Landratsamtes A-Stadt vom 10.12.2015 nicht auf konservative Eingriffe ohne invasive Eingriffe bezogen. Die von der Staatsanwaltschaft beim C. eingeholten Sachverständigengutachten von Herrn Prof. Dr. F., der sich exemplarisch zu zwei Patienten habe äußern sollen, hätte nicht zu verwertbaren Ergebnissen geführt. Das Plausibilitätsverfahren wegen fehlender Assistenz bei ambulanten Katarakt-Operationen sowie Durchführung sonstiger ambulanter Operationen nach Kapitel 31.2 (Quartale 3/2009 - 1/2013) sei bisher ohne Ergebnis geblieben. Dem Zulassungsentziehungsverfahren läge damit weder ein richtig ermittelter Sachverhalt zugrunde noch gebe es einen bestandskräftigen Bescheid. Darüber hinaus beantragte der Kläger die Einvernahme von Zeugen zu der Tatsache, dass Operationen mit unmittelbarer Assistenz durchgeführt worden seien. Auch eine Gröblichkeit der Pflichtverletzung sei nicht gegeben, weil die Kooperationsbereitschaft des Klägers bisher nicht gewürdigt worden sei. Das Beschwerdeschreiben der Universitätsaugenklinik A-Stadt vom 12.05.2011 wäre rechtswidrig verwertet worden, ebenso die Strafanzeigen gegen den Kläger. Die Hygienemängel hätten sich nur auf den operativen Bereich bezogen und lägen außerdem sieben Jahre zurück. Operationen habe es jedoch seit der Untersagungsverfügung des Ordnungsamtes der Stadt A. in der A-Straße nicht mehr gegeben, so dass nicht von einem ambulanten Operieren ohne Genehmigung ausgegangen werden könnte. Anhaltspunkte für ein mangelhaftes Verhalten des Klägers im Bereich konservativer Behandlung gäbe es dagegen nicht.

Der Beklagte hatte unter anderem die Akten des Landgerichtes (LG) C-Stadt (H., A .../. A., Az.: 13 O xxx) sowie die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft zum Verfahren beigezogen. Die Akte des LG C-Stadt beinhaltet auch das Berufungsurteil des Oberlandesgerichtes (OLG) C-Stadt vom 12.10.2012 - 5 U xxx - aus dem hervorgeht, dass der Kläger in diesem Fall ohne unmittelbare Assistenz operiert hatte. Das OLG C-Stadt führte hierzu insbesondere aus, der Sachverständige habe es insbesondere als Mindestvoraussetzung einer Katarakt-Operation bezeichnet, dass neben einem entsprechenden Vorrat an Linsen zusätzlich zu einer "sterilen" Operationsschwester ein Springer zur Verfügung stehen müsse, der Material herbeiholen könne, wenn der Operateur in eine Situation gerate, aus der er ohne Hilfe nicht mehr herauskomme. Diese Situation sei jedoch in dem streitigen Fall eingetreten, weil der Kläger auf die Notwendigkeit des Einbringens der Linse in den Sulcus nicht vorbereitet gewesen sei, obwohl es sich bei dieser Situation um eine nicht nur vorhersehbare, sondern häufige Komplikation handle. Er habe weder das erforderliche Material zum unmittelbaren Einsatz zur Verfügung gehabt, noch ausreichendes Personal. Folge man dem dürftigen und wenig zuverlässigen Operationsbericht, so habe der Kläger alleine operiert, was auch die Klägerin (Patientin) im damaligen Verfahren behaupte.

Der Beklagte wies mit dem streitgegenständlichen Beschluss vom 15.10.2015, ausgefertigt am 16.11.2015, den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Er führte aus, die Zulassung sei bei einer gröblichen Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten zu entziehen. Dies sei der Fall, wenn die Entziehung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sei. Hiervon sei dann auszugehen, wenn durch die gröbliche Verletzung das Vertrauen der vertragsärztlichen Institutionen in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und in die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen durch den Vertragsarzt so gestört sei, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht zugemutet werden könne. Der Kläger habe seine vertragsärztlichen Pflichten in vielfältiger Weise verletzt. Dies betreffe insbesondere den Verstoß gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung, die Abrechnung von Leistungen, die nicht am Praxisort erbracht wurden, die Abrechnung von Leistungen trotz fehlender Voraussetzungen sowie die Durchführung sonstiger ambulanter Operationen in den Praxisräumen des Klägers. So seien wegen der Beschäftigung nicht genehmigter ärztlicher Mitarbeiter und der unberechtigten Honoraranforderung für die Patienten in H-Stadt für die Quartale 1/2007 und 2/2007, 4/2007 bis 3/2008, 1/2009 und 2/2009 sowie wegen nicht ordnungsgemäßer Honoraranforderung für die Abrechnungsquartale 2/2007 bis 2/2009 für Patienten, die in H-Stadt behandelt und unter der HNR xxx zur Abrechnung gebracht wurden, insgesamt 224.849,22 Euro zurückgefordert worden. Der entsprechende Honoraraufhebungs- und Neufestsetzungsbescheid vom 05.07.2011 über den Betrag von 125.035,22 Euro wegen des Verstoßes gegen das Gebot zur persönlichen Leistungserbringung sei bestandskräftig. Für den weiteren Komplex der in H-Stadt erbrachten und unter der HNR xxx abgerechneten Leistungen habe der Kläger eine Rückzahlungsvereinbarung über 99.814,- Euro geschlossen. Wegen dieser Vorwürfe sei außerdem mit Bescheid des Disziplinarausschusses vom 14.08.2014 gegen den Kläger wegen Verletzung vertragsärztlicher Pflichten ein Verweis ausgesprochen worden. Die Annahme gröblicher Pflichtverletzungen könne sich auf die Tatsachenfeststellungen in anderweitigen bestandskräftigen Entscheidungen und deren Inhalt stützen. Diese dargestellten Pflichtverletzungen seien im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen, obgleich diese länger als fünf Jahre zurücklägen. Eine ausdrückliche "Verjährungsfrist", die die Zulassungsgremien daran hindern würde, bereits länger zurückliegende gröbliche Pflichtverletzungen zur Begründung einer Zulassungsentziehung heranzuziehen, enthalte die gesetzliche Regelung nicht (BSG, Urteil vom 19.07.2006 - B 6 KA 1/06 R). Hinzu käme, dass für einen Zeitraum von zwei Jahren hinweg praktisch in jedem Quartal vom Kläger gegen den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung sowie seine Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung verstoßen worden sei. Die Entziehung der Kassenzulassung wegen gröblicher Verletzung vertragsärztlicher Pflichten sei auch nicht deshalb unzulässig, weil diese Pflichtverletzungen bereits Gegenstand von Disziplinarmaßnahmen der Beigeladenen zu 1) gewesen seien. Anders als der Disziplinarausschuss der KVB in seinem Bescheid vom 14.08.2014 sehe der Beklagte die vorgenannten Pflichtverstöße schon allein aufgrund der hohen Schadenssumme von nahezu 225.000,- Euro als gröblich an, zumal der Pflichtenverstoß systematisch über einen Zeitraum von zwei Jahren hinweg vorgelegen habe.

Einen weiteren Pflichtverstoß des Klägers stelle die Durchführung und Abrechnung ambulanter Katarakt-Operationen ohne unmittelbare Assistenz dar. Nach § 4 Abs. 1 der Katarakt-Vereinbarung a.F. iVm. § 4 Abs. 5 der "Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen beim ambulanten Operieren" gemäß § 14 des Vertrages nach § 115b Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) müsse, falls keine ärztliche Assistenz bei Operationen erforderlich ist, mindestens ein(e) qualifizierter(e) Mitarbeiter(in) mit abgeschlossener Ausbildung in einem nichtärztlichen Heilberuf oder im Beruf als Arzthelfer(in) als unmittelbarer Assistent, eine Hilfskraft (mindestens in Bereitschaft) und, falls medizinisch erforderlich, für Anästhesien ein(e) Mitarbeiter(in) mit entsprechenden Kenntnissen bei den Eingriffen anwesend seien. Aus den von dem Beklagten beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft C-Stadt (Az.: 902 JS xxx) ergebe sich hieraus ein vielschichtiger Befund. Darüber hinaus hätten eine Reihe von Patienten bei ihrer Zeugenvernehmung durch die Kriminalinspektion A-Stadt erklärt, dass der Kläger die Operationen ohne Assistenz durchgeführt habe. Im Bescheid wurden sodann die Zeugen namentlich aufgeführt und ihre Zeugenaussage ausgewertet. Aufgrund dieser Zeugenaussagen stehe fest, dass der Kläger ambulante Katarakt-Operationen erbracht und abgerechnet habe, obwohl die dafür erforderlichen Voraussetzungen nach der Katarakt-Vereinbarung (a. F.) nicht erfüllt gewesen seien. Die Einvernahme der vom Kläger als "Gegenzeugen" benannten Patienten sei nicht erforderlich, da diese nur zu ihrer eigenen OP Aussagen treffen könnten, nicht aber zur Anwesenheit von qualifizierter Assistenz bei den namentlich aufgeführten Patienten. Den hierzu vom Kläger serienhaft vorgefertigten und von einigen Patienten mit großem zeitlichen Abstand zur OP unterschriebenen Texten komme keinerlei Beweiskraft zu. Der Beklagte verwies zudem auf die Erkenntnisse aus den Verfahren vor dem C. sowie dem OLG C-Stadt sowie auf Aussagen vom Kläger selbst, er habe typischerweise ohne unmittelbare Assistenz operiert.

Ferner liege beim Kläger ein Pflichtverstoß wegen der Durchführung und Abrechnung sonstiger ambulanter Operationen nach Kapitel 31.2 des EBM vor. Bereits mit Bescheid des Ordnungsamtes der Stadt A. vom 14.01.2008 sei dem Kläger ab sofort untersagt worden, in den Praxisräumen A-Straße in A-Stadt Operationen und invasive Eingriffe durchzuführen. Mit Bescheid der Beigeladenen zu 1) vom 01.02.2012 sei gegenüber dem Kläger die zuletzt im Bescheid vom 05.04.2011 erteilte Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von ambulanten Operationen und sonstigen stationsersetzenden Eingriffen einschließlich der notwendigen Anästhesien im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung widerrufen worden. Mit Bescheid der Beigeladenen zu 1) vom 06.07.2012 sei dem Kläger dann die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von ambulanten Lidoperationen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung wieder erteilt worden, jedoch ausschließlich für die Betriebsstätte P. Medical Center, Dr. M. J., Am S. in C-Stadt. Im damaligen Anhang II des EBM (Stand 01.01.2012) habe sich die GOP 31341 unter Nr. 549 ausdrücklich als ambulante Operation gefunden. Die Erbringung und Abrechnung von Leistungen nach GOP 31341 EBM (laserchirurgischer Eingriff der Kategorie W 1 aus dem Kapitel 31.2.13 "definierte operative Eingriffe der Ophthalmochirurgie") am 03.05.2012, 31.12.2012, 06.06.2012, 30.07.2012, 17.09.2012, 22.11.2012, 09.11.2012, 09.01.2013 und 14.02.2013 in den Praxisräumen des Klägers in der A-Straße in A-Stadt stelle somit sowohl einen Verstoß gegen den Bescheid des Ordnungsamtes der Stadt A. vom 14.01.2008 als auch gegen den Widerrufsbescheid der Beigeladenen zu 1) vom 01.02.2012 und den Genehmigungsbescheid der Beigeladenen zu 1) vom 06.07.2012 dar. Mit der Beurteilung der Operationen im EBM als "definierte operative Eingriffe der Ophthalmochirurgie" liege eine für den Beklagten vorgreifliche rechtliche Beurteilung vor, an die er gebunden sei. Indem der Kläger trotz des Verbotes der Stadt A., in seinen Praxisräumen Operationen und invasive Eingriffe vorzunehmen, operative Eingriffe der Ophthalmochirurgie durchführte, habe er seine Patienten einem medizinisch nicht vertretbaren Risiko ausgesetzt. Auch das Schreiben des Landratsamtes A-Stadt vom 03.03.2015 führe insoweit zu keinem anderen Ergebnis. Darin werde nämlich erklärt, dass unter den Gegebenheiten der Praxisräume in der A-Straße invasive Eingriffe oder gar Operationen, insbesondere mit Eröffnung von Haut, Schleimhaut oder Bulbus oculi nicht durchgeführt werden dürften. Dem Schreiben sei jedoch in keiner Weise zu entnehmen, dass die vom Kläger durchgeführten Eingriffe, bei denen es sich um Leistungen aus dem Kapitel 31.2 "ambulante Operationen" des EBM gehandelt habe, vom Verbot ausgenommen seien.

Der Kläger habe außerdem gegen den Widerrufsbescheid der Beigeladenen zu 1) vom 01.02.2012 verstoßen, wonach die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von ambulanten Operationen und sonstigen stationsersetzenden Eingriffen einschließlich der notwendigen Anästhesien im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung widerrufen wurde. Soweit der Kläger vorgetragen habe, dass er gegen diesen Bescheid am 03.02.2012 Widerspruch eingelegt habe, der aufschiebende Wirkung entfalte, sei festzustellen, dass der Genehmigungsbescheid vom 05.04.2011, der mit Bescheid vom 01.02.2012 aufgehoben worden sei, lediglich für die Betriebsstätte Dr. H. und Kollegen, Anästhesiepraxis, K-Straße, C-Stadt erteilt worden sei und nicht für die A-Straße, A-Stadt.

Ein weiterer Pflichtverstoß durch den Kläger sei die weitere Durchführung ambulanter Katarakt-Operationen, obwohl er sich laut Erklärung vom 09.12.2011 gegenüber der Beigeladenen zu 1) verpflichtet hatte, ab dem 05.12.2011 für mindestens sechs zusammenhängende Monate auf die Durchführung von Katarakt-Operationen bei gesetzlich versicherten Patienten sowie Privatpatienten zu verzichten. Die Anästhesiepraxis Dr. H. und Kollegen habe bestätigt, dass der Kläger die letzte Operation am 16.12.2011 in den Räumen K-Straße in C-Stadt durchgeführt habe und somit zeitnah gegen die von ihm gegenüber der Beigeladenen zu 1) selbst abgegebenen Verzichtserklärung verstoßen habe.

Der Kläger habe somit über einen langen Zeitraum hinweg in einer Vielzahl von Fällen und auf vielfältige Weise seine vertragsärztlichen Pflichten, insbesondere die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung, gröblich verletzt. Ferner habe er durch die Vornahme von invasiven Eingriffen in seinen Praxisräumen seine Patienten einem medizinisch nicht vertretbaren Risiko ausgesetzt, was einen Verstoß gegen die Pflichten eines jeden Arztes, Schaden von seinen Patienten abzuwenden, darstelle. Nach den Aussagen des Sachverständigen Prof. Dr. med. M. U. im Rechtsstreit vor dem C. (Az.: 13 O xxx) stelle es einen groben, nicht nachvollziehbaren Behandlungsfehler dar, wenn ein Augenarzt eine Operation alleine ohne sterile Schwester bzw. einen Springer, der Material herbeiholen könne, vornehme.

Weil der Kläger trotz Honoraraufhebungs- und Neufestsetzungsbescheid sein Fehlverhalten nicht geändert bzw. weitere Pflichtverstöße begangen habe, reiche eine weitere disziplinare Ahndung nicht aus, um das Vertrauen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) wiederherzustellen.

Hiergegen hat der Kläger am 14.12.2015 Klage zum SG Nürnberg erhobenen. Er führt aus, dass sich der Bescheid des Ordnungsamtes der Stadt A. vom 14.01.2008 nur auf den OP-Raum, nicht aber auf den gesonderten Laserraum samt Instrumenten beziehe und keine Mängel bei den zur Ausübung der konservativen Augenheilkunde notwendigen Geräten oder sonst allgemeine hygienische Probleme im Sinne einer schmutzigen Praxis aufgezeigt habe. Laserbehandlungen und die übrige konservative Vertragsarzttätigkeit sei daher von der Untersagung nicht betroffen. Wegen der vom Beklagten genannten Verstöße habe der Disziplinarausschuss lediglich einen Verweis ausgesprochen und damit das Verhalten des Klägers nur in sehr geringem Maße als vorwerfbar gewürdigt. Hinsichtlich der Operationen ohne unmittelbare Assistenz könne diese Behauptung auch nicht durch die Entscheidung des OLG C-Stadt getragen werden. Die vom Beklagten benannten Zeugen seien teilweise mehrere Jahre nach ihrer Operation durch die Polizeiinspektion A-Stadt vernommen worden. Es habe sich vielfach um ältere Patienten gehandelt, die Aussagen über Verhältnisse in einem abgedunkelten Raum und unter teilweise abgedecktem Gesichtsfeld gemachten hätten. Die Beigeladene zu 1) habe im Schreiben vom 11.01.2013 bestätigt, dass für den Kläger seit dem 25.08.2011 die Genehmigung für ambulantes Operieren am Leistungsort A-Stadt, A-Straße, vorliege und der Kläger ambulante Katarakt-Operationen im Rahmen des EBM durchführen dürfe. Der Widerrufsbescheid vom 01.02.2012 stehe dem nicht entgegen, denn der Kläger habe dagegen am 03.02.2012 Widerspruch eingelegt, über den bis heute nicht entschieden sei. Ausgeführt wurde zudem, dass der Laserraum zwar zu den Praxisräumen gehöre, darin jedoch keine Operationen und invasiven Eingriffe durchgeführt worden seien, sondern lediglich Lasereingriffe. Die in der A-Straße durchgeführten Eingriffe seien allesamt Lasereingriffe gewesen, keine Operationen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 3. November 2016 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid des BA sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte habe die Verletzung der vertragsärztlichen Pflichten durch den Kläger zum einen zu Recht auf die unberechtigte Honorarforderung für die Patienten in H-Stadt für die Quartale 1/2007, 2/2007, 4/2007 bis 3/2008, 1/2009 und 2/2009 sowie für die Quartale 2/2007 bis 2/2009 wegen nicht ordnungsgemäßer Honoraranforderung für Patienten, die in H-Stadt behandelt und unter der HNR xxx zur Abrechnung gebracht wurden (Rückforderungssumme insgesamt 224.849,22 Euro) als Verletzung seiner vertragsärztlichen Grundpflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung angesehen. Dies gelte auch dann, wenn bereits länger zurückliegende gröbliche Pflichtverletzungen zur Begründung einer Zulassungsentziehung herangezogen würden, denn es gäbe insoweit keine "Verjährungsfrist". Der Beklagte sei wegen des besonders gravierenden Verstoßes auch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zutreffend von einer gröblichen Pflichtverletzung ausgegangen. Zu Recht habe er angenommen, dass durch die von der Beigeladenen zu 1) mit dem Kläger abgeschlossenen Rückzahlungsvereinbarung in Höhe von 99.814,- Euro über die Rückzahlung der für die fehlerhaft abgerechneten Leistungen erzielten Honorare nicht zum Ausdruck gebracht worden sei, dass die Beigeladene zu 1) keine endgültige Störung des Vertrauensverhältnisses zum Kläger sehe (BSG vom 17.10.2012 - B 6 KA 49/11 R RdNr. 23). Maßgeblich sei insoweit lediglich, ob das Vertrauensverhältnis im Zeitpunkt der letzten Entscheidung der Zulassungsgremien (hier am 15.10.2015) wiederhergestellt sei, was offenbar nicht der Fall gewesen sei. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Beschäftigung von Assistenten jeweils teilweise durch die Beklagte genehmigt gewesen sei, denn die Annahme gröblicher Pflichtverletzungen könne sich auf die Tatsachenfeststellungen in anderweitigen bestandskräftigen Entscheidungen und deren Inhalt stützen. Der Beklagte habe auch für das Vorliegen einer gröblichen Pflichtverletzung im Sinne von § 95 Abs. 6 SGB V die Feststellungen des Disziplinarausschusses in dem bestandskräftigen Bescheid vom 14.08.2014 berücksichtigen dürfen. Die Zulassungsgremien seien nicht an die Bewertung durch den Disziplinarausschuss gebunden, könnten aber die Tatsachenfeststellungen in bestandskräftigen Disziplinarentscheidungen berücksichtigen (vgl. BSG vom 05.05.2010 - B 6 KA 32/09 B RdNr. 9). Darüber hinaus könnten auch bestandskräftige Entscheidungen anderer Gerichte bei der Frage des Vorliegens einer gröblichen Pflichtverletzung berücksichtigt werden. Bezogen auf den Vorwurf des Operierens ohne Assistenz habe der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise das Berufungsurteil des OLG C-Stadt vom 12.10.2012 - 5 U xxx berücksichtigt, das gestützt auf die Aussage des Sachverständigen Prof. Dr. U. einen groben Behandlungsfehler in der Vorgehensweise des Klägers festgestellt habe. Als weiterer Pflichtverstoß sei zutreffend die Durchführung weiterer ambulanter Katarakt-Operationen am 16.12.2011 trotz der anderslautenden Erklärung des Klägers vom 09.12.2011 gegenüber der Beigeladenen zu 1) gewertet worden. Dagegen habe der Beklagte bei der Feststellung der gröblichen Pflichtverletzung nur eingeschränkt auf den Bescheid des Ordnungsamtes der Stadt A. vom 14.01.2008 zurückgreifen können. Zwar sei in diesem Bescheid bestandskräftig das Vorliegen gravierender infektionshygienischer Mängel festgestellt worden. Auch spräche die insoweit vorgreifliche rechtliche Beurteilung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) dafür, Lasereingriffe unter das Verbot der "Operationen und anderen invasive Eingriffe" zu subsumieren. Es könne aber letztlich nicht abschließend beurteilt werden, ob die Eingriffe in der Praxis des Klägers in der A-Straße durchgeführt worden seien oder in Räumen in der S-Straße. Die Einvernahmen der Zeugen seien erst mehrere Monate und teilweise Jahre nach den Operationsterminen erfolgt und könnten nach Auffassung der Kammer ein Operieren ohne notwendige Assistenz nicht zweifelsfrei belegen. Die Frage könne aber letztlich offenbleiben. Allerdings seien im bestandkräftigen Bescheid des Ordnungsamtes der Stadt A. vom 14.01.2008 gravierende infektionshygienische Mängel festgestellt worden, die nach den Feststellungen der Zulassungsgremien keinen Anlass zu einer Differenzierung zwischen einer operativen und einer konservativen Tätigkeit des Klägers zuließen. Die beanstandeten Verhaltensweisen des Klägers anlässlich von ambulanten Operationen beträfen insbesondere Bereiche wie die Hygiene, Regeln der ärztlichen Kunst, personelle und materielle Ausstattung, also ärztliche Tätigkeiten insgesamt, die nach Auffassung der Kammer weitere gröbliche Pflichtverletzungen durch den Kläger darstellten. Dagegen lasse sich ein Pflichtverstoß des Klägers nicht auf den Widerrufsbescheid der Beigeladenen zu 1) vom 01.02.2012 stützen, denn der Kläger habe gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt, der noch nicht verbeschieden sei. Im Übrigen sei es unerheblich, dass der Widerspruch nicht begründet wurde, denn auch nicht begründete Widersprüche würden die aufschiebende Wirkung des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG entfalten. Die Durchführung von operativen Eingriffen im Zeitraum vom 03.05.2012 bis 14.02.2013 könne daher schon aus formellen Gründen keine gröbliche Pflichtverletzung des Klägers begründen. Insgesamt sei es jedoch rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im angefochtenen Bescheid festgestellt habe, dass der Kläger über einen langen Zeitraum hinweg in einer Vielzahl von Fällen und auf vielfältige Weise seine vertragsärztlichen Pflichten, insbesondere die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung, gröblich verletzt habe. Ferner habe der Kläger durch die Vornahme von invasiven Eingriffen in seinen hygienisch nicht einwandfreien Praxisräumen seine Patienten einem medizinisch nicht vertretbaren Risiko ausgesetzt, was einen Verstoß gegen die Pflichten eines jeden Arztes zur Abwendung von Schaden von seinen Patienten, darstelle. Umstände, derentwegen die Zulassungsentziehung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar sein könnte, sehe das SG nicht. Auch Pflichtverletzungen, die länger als die übliche Bewährungszeit von fünf Jahren zurücklägen, könnte noch zur Grundlage einer Zulassungsentziehung gemacht werden, weil sie nach Auffassung der Kammer Fälle systematischen Fehlverhaltens im Behandlungs- und Abrechnungsbereich darstellten und damit gravierend seien.

Auch die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Zulassungsentziehung des Beklagten nach § 97 Abs. 4 SGB V im öffentlichen Interesse wegen Gefährdung oder Verletzung wichtiger Verfassungsgüter wie der körperlichen Integrität von gesetzlich Versicherten beanstandete das SG insbesondere mit Blick auf die mittlerweile 40 Strafanzeigen nicht. Darüber hinaus weise auch die Universitätsaugenklinik im Schreiben vom 12.11.2012 auf eine Vielzahl von Behandlungsfehlern durch den Kläger hin, die bis zum Verlust der Sehkraft führen könnten und damit eine konkrete Patientengefährdung darstellten.

Hiergegen wandte sich der Kläger am 12.12.2016 mit seiner Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht, die mit Schriftsatz vom 06.06.2017 begründet wurde. Hinsichtlich des Komplexes "H-Stadt" und dem damit zusammenhängenden Disziplinarbescheid vom 14.08.2014 führt der Prozessbevollmächtigte aus, zwar hätten bei der Zulassungsentziehung die Tatsachenfeststellungen aus dem Disziplinarbescheid zu Grunde gelegt werden dürfen, allerdings leide der angefochtene Bescheid an einem gravierenden Mangel. Der Beklagte sei hinsichtlich seiner Einschätzung auf die Gröblichkeit der Pflichtverletzung von der wohl begründeten Einschätzung des Disziplinarausschusses abgewichen, ohne dies ausreichend zu begründen. Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des BSG (B 6 KA 1/06) hätte der Beklagte zum Vorliegen eines systematischen Fehlverhaltens sowie dem Umstand, dass im Oktober 2015 schon ein wesentlich längerer Zeitraum als fünf Jahre vergangen sei, umfangreicher vortragen müssen. Außerdem sei im Zusammenhang mit der Prüfung des Vertrauensverhältnisses zu berücksichtigen, dass seit 2009 nicht nur keine zulassungsrechtlichen Maßnahmen ergriffen worden seien, obschon die Honorarkürzungen und die Disziplinarmaßnahmen nicht nur bekannt waren, sondern - im Gegenteil - in diesem Zeitraum dem Kläger Genehmigungen erteilt worden seien. Geprüft werden müsse auch das Wohlverhalten des Klägers. Dabei sei zu beachten, dass der Kläger seitens der Beigeladenen zu 1) regelrecht schikaniert worden sei, insbesondere im Zusammenhang mit den Anstellungsgenehmigungen sowie der letztlich genehmigten überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft mit der Praxis in H-Stadt. Insoweit werde das bereits nach der Rückzahlungsvereinbarung zurückgeführte Honorar wieder zurückgefordert. Denn entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) sei die Abrechnung aufgrund der zwischenzeitlich doch genehmigten überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft nicht zu beanstanden gewesen wäre. Von einem systematischen Fehlverhalten könne deshalb gerade nicht ausgegangen werden. Bezüglich der dem Kläger vorgeworfenen Operation der Patientin H. (C., Az:13 O xxx) ohne sterile Assistenz ergäbe sich diese Vermutung zwar aus dem Urteil des LG vom 28.10.2011, der Kläger habe aber bereits mehrfach Entlastungszeugen angeboten (Zeuginnen M. B. und W. U.). Dem Vorwurf, der Kläger habe trotz anderweitiger Selbstverpflichtung vom 09.12.2011 am 16.12.2011 eine Katarakt-Operation durchgeführt, werde vehement widersprochen. Der Termin 16.12.2011 sei vielmehr lediglich anberaumt worden und habe - nach Einleitung der Anästhesie - abgesagt werden müssen, nachdem ein notwendiges Gerät defekt gewesen sei. Erst danach habe der Kläger die Selbstverpflichtung rückwirkend zum 09.12.2011 abgegeben. Das Datum 09.12.2011 sei zutreffend, weil die letzte tatsächlich vom Kläger durchgeführte OP vor diesem Datum erfolgt sei. Im Zusammenhang mit den vorgeworfenen infektionshygienischen Mängeln in der Praxis im Jahre 2008 verkenne das SG, dass sich die Verfügung des Ordnungsamtes selbstverständlich auch auf Operationen bezogen habe, die beispielsweise nach der GOÄ und nicht nach dem EBM abzurechnen gewesen wären. Der Bescheid der Stadt A. vom 14.01.2008, der auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) ergangen sei, hätte nach § 1 IfSG den Zweck, übertragbare Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Nicht unter diesen Schutzbereich fielen jedoch YAG-Laserbehandlungen, die nicht im OP, sondern im Laserraum erfolgt seien. Denn diese seien keine Operationen im hygienischen Sinne, weil keine Öffnung des Augapfels und keine Blutungen verzeichnet würden.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 03.11.2016, S 1 KA 24/15, sowie den Beschluss des Beklagten vom 15.10.2015 (ausgefertigt am 16.11.2015) aufzuheben sowie festzustellen, ass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren notwendig war,
hilfsweise den Rechtsstreit auszusetzen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens S 38 KA 272/16.

Der Beklagte beantragt,
das Verfahren nicht auszusetzen, sondern die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte hält den Bescheid vom 16.11.2015 für rechtmäßig und verweist auf dessen Ausführungen. Jeder der dort beschriebenen Tatkomplexe sei für sich betrachtet geeignet, dem Kläger ein systematisches Fehlverhalten im Abrechnungsbereich zuzurechnen, das als besonders gravierend einzustufen sei. Es habe keiner Negativprognose bezogen auf das künftige Verhalten des Klägers bedurft, da § 95 Abs. 6 SGB V nicht auf die Steuerung des künftigen Verhaltens ausgerichtet sei, sondern die nachträgliche Reaktion auf ein in der Vergangenheit liegendes Fehlverhalten regle. Die im Klageverfahren mehrfach vorgelegten als eidesstattliche Versicherungen bezeichneten Schriftstücke würden sich als unbrauchbar erweisen, da sie zum einen viel zu allgemein gehalten seien und zum Teil von mehreren Personen unterschrieben wären, so dass nicht klar sei, wer welche Tatsachen bezeuge. Die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten zur notwendigen Beachtung des Wohlverhaltens des Klägers seien schon wegen der insoweit geänderten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unbeachtlich. Darüber hinaus lägen der Beigeladenen zu 1) beachtliche Hinweise darauf vor, dass der Kläger weiterhin gesetzlich versicherte Patienten behandle.

Die Beigeladenen zu 1) und 2) stellen den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 2) schließt sich dem Vortrag des Beklagten vollumfänglich an. Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

Die Beigeladene zu 1) führt zum Vorwurf der Weiterbehandlung gesetzlich versicherter Patienten aus, dass zwar keine Abrechnung durch den Kläger stattfinde, jedoch Erklärungen vorlägen, dass der Kläger am 07.08.2017 die gesetzlich versicherte Patienten O. behandelt habe.

Mit Schriftsatz vom 12.07.2018 nannte der Beklagte zwei gesetzlich versicherte Patienten, die der Kläger trotz angeordneten Sofortvollzuges behandelt habe. Der Patient R. habe am 03.01.2018, nachdem die Versichertenkarte eingelesen worden sei, vom Kläger ein Privatrezept erhalten. Die Ausstellung einer AU-Bescheinigung habe der Kläger unter Hinweis auf ein defektes Gerät abgelehnt. Zu einem späteren Zeitpunkt habe der Kläger sodann ein Datum auf einer von einem anderen Arzt ausgestellten AU-Bescheinigung (Dr. K.) abgeändert und den Aufdruck "privat" durch "Debeka BKK" ersetzt. Der bei der DAK versicherte Patient K. habe vom Kläger am 12.12.2018 (unter Verwendung des Musters 6 Überweisungsschein) eine Überweisung für eine Operation in der Universitätsaugenklinik A-Stadt erhalten, die jedoch von der Klinik nicht akzeptiert wurde. Die Versichertenkarte sei vom Kläger nicht eingelesen worden. Einen weiteren Überweisungsschein habe der Kläger bezüglich eines anderen Patienten im Juli 2018 ausgestellt. In diesem Zusammenhang habe er wahrheitswidrig geäußert, wieder eine Kassenzulassung zu haben. Diese weiteren Verstöße seien im Gerichtsverfahren zu berücksichtigen.

Der Klägerbevollmächtigte führt hierzu aus, es habe weder eine Abrechnung gegeben noch habe der Kläger behauptet, wieder vertragsärztlich tätig zu sein. Er habe auch keine Kassenrezepte und Überweisungen ausgestellt, sondern ausschließlich Privatrezepte. Die Überweisung unter Verwendung des Musters 6 sei "verprivatisiert" worden. Die Abänderung des Datums auf der AU-Bescheinigung sei mit dem ausstellenden Arzt abgesprochen gewesen.

Eine Anfrage des Senats an die Regierung von Unterfranken hat ergeben, dass approbationsrechtliche Maßnahmen geprüft, das Verfahren aber am 14.11.2018 ohne Konsequenzen für den Kläger beendet wurde.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie des Zulassungsausschusses und die gerichtlichen Akten beider Instanzen (S 1 KA 24/15 und L 12 KA 127/16) sowie die beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft (902 Js xxx und 902 Js xxx), des LG C-Stadt (13 O xxx und 13 O xxx) sowie der Stadt A. (xxx) verwiesen. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Voraussetzungen für eine Entziehung der Zulassung zum Zeitpunkt der - den alleinigen Streitgegenstand des Verfahrens bildenden (vgl. BSG SozR 3-2500 § 96 Nr. 1) - Entscheidung des Beklagten vom 16.11.2015 vorlagen.

Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung des Beklagten ist § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V. Danach ist einem Vertragsarzt die Zulassung unter anderem dann zu entziehen, wenn er seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Eine Pflichtverletzung ist gröblich, wenn sie so schwer wiegt, dass ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig ist (stRspr des BSG, vgl. BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 9, RdNr. 10 mwN; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr. 2, RdNr 37; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr. 1 RdNr. 13, BSG, Urteil vom 17. Oktober 2012 - B 6 KA 49/11 R -, BSGE 112, 90-108, SozR 4-2500 § 95 Nr. 2). Davon ist nach der Rechtsprechung des BVerfG wie auch des BSG auszugehen, wenn die gesetzliche Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung durch das Verhalten des Arztes in erheblichem Maße verletzt wird und das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen tiefgreifend und nachhaltig gestört ist, sodass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertrags(zahn)arzt nicht mehr zugemutet werden kann (stRspr des BSG, vgl. BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 9, RdNr. 10 mwN; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr. 12 RdNr. 13; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr. 2, RdNr. 37; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr. 1 RdNr. 13; BSG, Urteil vom 21.03.2012 - B 6 KA 22/11 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 24 RdNr. 23; vgl. auch BVerfGE 69, 233, 244 = SozR 2200 § 368a Nr. 12 S 30).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zulassungsentziehung ist sowohl bei vollzogenen als auch nichtvollzogenen Entziehungsentscheidungen grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, also im Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten (BSG, Urteil vom 20.10.2004, B 6 KA 67/03 R, BSGE 93, 269).

Wiederholt unkorrekte Abrechnungen können die Zulassungsentziehung rechtfertigen (vgl. BSGE 73, 234, 242 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 4 S 18; BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 9, RdNr. 10), insbesondere deswegen, weil das Abrechnungs- und Honorierungssystem der vertragsärztlichen Versorgung auf Vertrauen aufbaut und das Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben des Leistungserbringers ein Fundament des Systems der vertragsärztlichen Versorgung darstellt (BSG Urteil vom 21.03.2012 - B 6 KA 22/11 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 24 RdNr. 35 mwN, vgl. auch BVerfG v. 26.09.2016 - 1 BvR 1326/15 - juris RdNr. 40, vgl. auch Rn. 519.1,). Für den Tatbestand einer gröblichen Pflichtverletzung iS von § 95 Abs. 6 SGB V ist nicht erforderlich, dass den Vertragsarzt ein Verschulden trifft; auch unverschuldete Pflichtverletzungen können zur Zulassungsentziehung führen (BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 9, RdNr. 10 mwN; zuletzt BSG, Urteil vom 21.03.2012 - B 6 KA 22/11 R - SozR 4-2500 § 95 Nr. 24 RdNr. 23, 50 ff).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Beklagte in dem angegriffenen Bescheid vom 16.11.2015 (Beschluss vom 15.10.2015) zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger seine vertragsärztlichen Pflichten in einer eine Zulassungsentziehung rechtfertigenden Weise gröblich verletzt hat.

Die streitgegenständliche Entziehung der Zulassung beruht auf drei voneinander unabhängigen - jeder für sich allein die Zulassungsentziehung rechtfertigenden - Komplexen, zum einen auf dem Umstand einer unrichtigen Abrechnung über viele Quartale hinweg (hierzu unter 1.), des Weiteren auf eine Reihe von Strafanzeigen, Ermittlungsverfahren und Strafverfahren im Zusammenhang mit der operativen Tätigkeit des Klägers, insbesondere dem Vorwurf des Operierens ohne Assistenz (hierzu unter 2.) sowie auf Hygienemängeln im Rahmen der operativen Tätigkeit des Klägers (hierzu unter 3.).

1. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung, aber auch gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung ist in der Abrechnung des Klägers im Zusammenhang mit dem "Komplex H-Stadt" zu sehen. Dabei steht die dem Kläger zur Last gelegte gröbliche Verletzung der Grundpflicht des Vertragsarztes zur peinlich genauen Leistungsabrechnung im Vordergrund, auf die die Funktionsfähigkeit des Systems der vertragsärztlichen Versorgung deswegen zwingend angewiesen ist, weil die korrekte Abrechnungsweise systemimmanent in weiten Teilen des vertragsärztlichen Abrechnungssystems aus tatsächlichen Gründen nicht hinreichend kontrolliert werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.1993, Az.: 6 RKa 70/91). Das Gebot der persönlichen Leistungserbringung folgt aus § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV, der auf Grundlage des § 98 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 13 SGB V erlassen ist. Das Gebot der persönlichen Leistungserbringung wird durch Beschäftigung von Ärzten ohne die erforderliche Genehmigung verletzt, ein Verstoß führt zum Vergütungsausschluss (vgl. BSG, Urt. v. 18.12.1996 - B 6 KA 84/95 - Juris). Der Kläger hat über acht Quartale hinweg (Quartale 1/2007, 2/2007,4/2007 bis 3/2008, 1/2009 und 2/2009) Leistungen, die von nicht genehmigten Assistenten erbracht wurden, als von ihm selbst erbracht abgerechnet. Genehmigungen der Beigeladenen zu 1) lagen nur vor für Herrn V. (01.10.2008 bis 31.01.2009), Herrn P. (01.01.2010 bis 22.03.2011) und Frau S. (21.09.2009 bis 31.03.2010) und damit nicht für die Quartale 1/2007, 2/2007,4/2007 bis 3/2008 vor. Die im Quartal 1/2009 abgesetzten Leistungen bezogen sich nicht auf die von Herrn V. im Januar 2009 erbrachten Leistungen. Zudem hatte der Kläger Leistungen für die in H-Stadt behandelten Patienten (Quartale 2/2007 bis 2/2009) unter der ANR xxx (Praxis in A-Stadt) abgerechnet, obwohl er nicht berechtigt war, in H-Stadt vertragsärztlich tätig zu sein.

a) Der Beklagte konnte sich hinsichtlich dieses Verstoßes gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung und des Verstoßes gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung auf den bestandskräftigen Honoraraufhebungs- und Neufestsetzungsbescheid der KVB vom 05.07.2011 (WB vom 29.01.2014) über einen Gesamtrückforderungsbetrag in Höhe von 125.035,22 Euro stützen, mit dem die Honorarbescheide für die Quartale 1/2007, 2/2007, 4/2007 bis 3/2008, 1/2009, 2/2009 wegen nicht genehmigter Vertretungen zurückgenommen wurden und das Honorar entsprechend neu festgesetzt wurde. Bezüglich der Honorarrückforderung in den Quartalen 2/2007 bis 2/2009 wegen der Behandlung von Patienten in H-Stadt wurde zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem Kläger am 01.07.2011 eine Rückzahlungsvereinbarung über den Betrag von 99.814,- Euro geschlossen. Auch hierauf durfte sich der Beklagte stützen und diesen Pflichtverstoß der Zulassungsentziehung zugrunde legen (vgl. hierzu insbesondere BSG, Beschluss vom 02. April 2014 - B 6 KA 58/13 B -, juris).

Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers ausführt, die Honorarrückforderungen seien rechtlich nicht zutreffend erfolgt, da für den Sicherstellungsassistenten Dr. V. bereits ab September 2008 eine Genehmigung der Beigeladenen zu 1) vorgelegen habe und daher die von ihm erbrachten Leistungen zu Unrecht zurückgefordert worden seien, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen lag eine Genehmigung für Dr. V. nicht wie behauptet bereits ab September, sondern erst zum 01.10.2008 (bis zum 31.01.2009), damit erst zum 4. Quartal 2008, vor. Für das 4. Quartal 2008 erfolgte jedoch keine Honorarrückforderung wegen nicht genehmigter Assistenten, für die Quartale 1/2009 und 2/2009 nur bezogen auf den nicht genehmigten Dr. K ... Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem Widerspruchsbescheid der Beigeladenen zu 1) vom 29.01.2014. Unbeachtlich ist auch, dass der Kläger vorträgt, die Tätigkeit am Standort H-Stadt sei rechtmäßig erfolgt, da die üBAG letztlich genehmigt worden sei. Die vom Kläger akzeptierte Rückzahlungsvereinbarung bezog sich auf die Quartale 2/2007 bis 2/2009. Während dieses Zeitraums wurde selbst nach eigenem Vortrag des Klägers, dessen Richtigkeit unterstellt, die üBAG nur für die Zeit vom 29.01.2008 bis 30.06.2008 genehmigt, da zwischenzeitlich das MVZ in H-Stadt gegründet worden war und Frau Dr. A. auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung im MVZ verzichtet hatte. Eine Anstellung des Klägers im MVZ wurde unstreitig nie genehmigt, so dass zumindest für die Quartale 2/2007 bis 4/2007 (und 1/2008 bis 28.1.2008) sowie 3/2008 bis 2/2009 eine vertragsärztliche Leistungserbringung des Klägers in H-Stadt auch nach dessen eigenem Vortrag unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zulässig war.

Der Beklagte durfte diese Pflichtverstöße seiner Entscheidung hinsichtlich der Zulassungsentziehung zugrunde legen, auch wenn die Pflichtverletzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten bereits länger als fünf Jahre zurücklagen. Denn es gibt keine "Verjährungsfrist", die die Zulassungsgremien daran hindern würde, bereits länger zurückliegende gröbliche Pflichtverletzungen zur Begründung einer Zulassungsentziehung heranzuziehen. Eine gröbliche Pflichtverletzung, die das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen so tiefgreifend und nachhaltig stört, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann, wird nicht bereits durch eine bloß lange Zeitdauer relativiert (BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 26, RdNr 62; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr. 1). Maßgeblich ist, ob das Vertrauensverhältnis im Zeitpunkt der Entscheidung der Zulassungsgremien - hier des Beklagten - wiederhergestellt ist. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles und namentlich die Einsicht des Betroffenen in den Unrechtsgehalt seines Verhaltens und eine hieraus resultierende Einstellungs- und Verhaltensänderung sowie die Bereitschaft zur Wiedergutmachung des Schadens von Bedeutung (vgl. BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 26, RdNr 63 ff). Voraussetzung ist eine nachhaltige Verhaltensänderung während eines Zeitraums von mehreren Jahren, die eine zweifelsfreie Prognose künftig rechtmäßigen Verhaltens erlaubt (vgl. BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 24, RdNr 55; BSG SozR 4-5520 § 21 Nr. 1 RdNr 19 mwN zum Erfordernis zweifelsfreier Prognose; ebenso BSG, Beschluss vom 27.6.2007 - B 6 KA 20/07 B - Juris RdNr 13). Allerdings gebietet der zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Pflichtverletzungen, die länger als die übliche Bewährungszeit von fünf Jahren (vgl. BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 26, RdNr 56; BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 24, RdNr 55; BSG, Beschluss vom 15.8.2012 - B 6 KA 3/12 B - Juris RdNr 15; BSG, Beschluss vom 27.6.2007 - B 6 KA 20/07 B - Juris RdNr 13) zurückliegen, nur noch dann zur Grundlage einer Zulassungsentziehung zu machen, wenn sie besonders gravierend sind oder wenn sie aus anderen Gründen fortwirken (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr. 12 RdNr 14; BSG, Beschluss vom 5.5.2010 - B 6 KA 32/09 B - MedR 2011, 307 RdNr 9, zuletzt BSG, Beschluss vom 02. April 2014 - B 6 KA 58/13 B -, juris). Der Beklagte ist deshalb bereits allein aufgrund der hohen Schadenssumme und der fehlerhaften Abrechnung über den langen Zeitraum von 16 Quartalen in nicht zu beanstandender Weise von einer gröblichen Pflichtverletzung ausgegangen, auf die er seine Entscheidung vom 15.11.2015 stützen durfte. Auch der Senat sieht hierin eine gröbliche Pflichtverletzung. Nur ergänzend ist zu erwähnen, dass der Kläger keinerlei Einsichtsfähigkeit wegen seines unrechtmäßigen Verhaltens auch im Zusammenhang mit dem Komplex H-Stadt gezeigt hat. Er ließ vielmehr durch seinen Prozessbevollmächtigten im Berufungsverfahren vortragen, er sei im Zusammenhang mit den Anstellungsgenehmigungen von der Beigeladenen zu 1) regelrecht schikaniert worden. Deshalb und weil die üBAG letztlich doch noch genehmigt worden sei, seien die Honorarrückforderungen zu Unrecht erfolgt und er bestehe auf einer Rückzahlung der 224.000,- EUR.

b) Des Weiteren konnte sich der Beklagte zum Nachweis der Pflichtverletzung auch auf den bestandskräftigen Disziplinarbescheid der Beigeladenen zu 1) vom 14.08.2014 stützen, mit dem gegen den Kläger wegen des vorgenannten Sachverhaltes ein Verweis ausgesprochen wurde. Die Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung wegen gröblicher Verletzung kassenärztlicher Pflichten ist nicht deshalb unzulässig, weil dieselben Pflichtverletzungen bereits Gegenstand von Disziplinarmaßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung waren. Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten ist der "Komplex H-Stadt" nicht durch das bestandskräftige Disziplinarverfahren verbraucht. Entscheidend ist allein, unter welchen Voraussetzungen eine gröbliche Pflichtverletzung anzunehmen ist. Dies ist nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift zu bestimmen. Danach ist die Rechtsfolge der Entziehung ausschlaggebend. Eine Pflichtverletzung ist gröblich, wenn ihretwegen die Entziehung zur Sicherung der kassenärztlichen Versorgung notwendig ist; diese Sicherung beruht wesentlich auf der freiberuflichen Tätigkeit des niedergelassenen Kassenarztes und deshalb auf dem Vertrauen der KÄV und der Kassen insbesondere auf die ordnungsgemäße Behandlung der Patienten und die Richtigkeit der Abrechnungen (vgl. BSGE 43, 250, 252 f = SozR 2200 § 368 Nr. 3; BVerfGE 69, 233, 244 = SozR aaO Nr. 12 S 30). Damit kommt auch zum Ausdruck, dass die Entziehung, die der schwerste Eingriff in den Kassenarztstatus ist, das einzige Mittel zum Schutz des kassenärztlichen Systems gegen Störungen sein muss. Die Entziehung hat allein diesen Zweck und ist keine Sanktion für strafwürdiges Verhalten (BSG aaO; BSG SozR 2200 § 368a Nr. 15; 21). Deshalb wird sie auch nicht unzulässig, wenn dieselben Pflichtverletzungen bereits Gegenstand von Disziplinarmaßnahmen waren (BSG, Urteil vom 25. Oktober 1989 - 6 RKa 28/88 -, BSGE 66, 6-11, SozR 2200 § 368a Nr. 24; BSGE 61, 1, 2 = SozR 2200 § 368a RVO Nr. 16). Der Beklagte hat zudem - wie bereits ausgeführt - deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er bereits allein aufgrund der Schadenssumme von nahezu 225.000,- Euro die Pflichtverstöße - anders als der Disziplinarausschuss - als gröblich ansieht. Gerade bei Abrechnungsmanipulationen, die sich wie hier über einen Zeitraum von zwei Jahren erstrecken und zu einem Schaden erheblichen Ausmaßes führen, kann auch nach der Beurteilung des Senats wegen der Schwere der Pflichtverletzung lediglich eine Disziplinarmaßnahme zur Sanktionierung des Verhaltens nicht ausreichen (vgl. hierzu zuletzt Entscheidung des Senats vom 28. Juni 2017 - L 12 KA 130/16). Denn entscheidend ist, dass der Kläger durch seine nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Abrechnungen das Vertrauensverhältnis zu den Kostenträgern so massiv gestört hat, dass für diese eine weitere Zusammenarbeit mit ihm schlechterdings undenkbar ist.

2. Einen weiteren gröblichen Pflichtverstoß hat der Beklagte zutreffend in der Durchführung und Abrechnung ambulanter Katarakt-Operationen ohne unmittelbare Assistenz gesehen.

Ambulante Katarakt-Operationen können sowohl nach dem EBM als auch nach dem Strukturvertrag über die strukturelle und finanzielle Förderung ambulanter Kataraktoperationen (bis 31.12.2010) bzw. nach der Kataraktvereinbarung (ab 01.01.2011) abgerechnet werden. Voraussetzung für die Abrechnung nach dem Strukturvertrag bzw. nach der Strukturvereinbarung ist, dass der Arzt eine Teilnahmeerklärung eingereicht hat und eine entsprechende Teilnahmeerlaubnis durch die KVB erteilt wurde. Eine Genehmigung für die Teilnahme am Strukturvertrag lag für den Kläger vom 01.04.2010 bis 31.12.2010 vor. Aufgrund einer Übergangsregelung konnte er darüber hinaus Leistungen nach der Strukturvereinbarung noch bis 30.11.2011 zum Ansatz bringen. Für die neue Kataraktvereinbarung ab dem 01.01.2011 hatte der Kläger keine Teilnahmeerklärung eingereicht. In § 4 Abs. 1 des Strukturvertrages ist geregelt, dass die teilnehmenden Ärzte die Qualifikationsvoraussetzungen nach der Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen beim ambulanten Operieren gemäß § 13 des Vertrages nach § 115b Abs. 1 SGB V vom 18.09.2006 erfüllen müssen. Gemäß § 5 Abs. 2 (bzw. § 4 Abs. 1 der ab 01.12.2011 geltenden Fassung) der Qualitätsvereinbarung bei ambulanten Operationen muss, falls keine ärztliche Assistenz erforderlich ist, mindestens ein qualifizierter Mitarbeiter mit abgeschlossener Ausbildung in einem nichtärztlichen Heilberuf oder im Beruf als Arzthelferin als unmittelbare Assistenz anwesend sein. Weiterhin muss eine Hilfskraft (mindestens in Bereitschaft) sowie, falls medizinisch erforderlich, auch für Anästhesien ein Mitarbeiter mit entsprechenden Kenntnissen anwesend sein. Dasselbe gilt, sofern eine ambulante Katarakt-Operation nach EBM (GOP 31351 EBM intraocularer Eingriff) erbracht und abgerechnet wird. Laut der Präambel zum Kapitel 31.2.1 Punkt 2 des EBM ist Voraussetzung für die Berechnung der Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 31.2., dass die notwendigen sachlichen und personellen Bedingungen erfüllt sind und sich der Vertragsarzt gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung zur Teilnahme am Vertrag nach § 115b SGB V erklärt hat. Somit besteht auch bei ambulanten Operationen im Rahmen der EBM-Abrechnung die Voraussetzung, dass mindestens ein Mitarbeiter als unmittelbare Assistenz und eine Hilfskraft (mindestens in Bereitschaft) während der Operation anwesend sein muss.

Der Kläger hat in einer Vielzahl von Fällen wegen der Durchführung und Abrechnung ambulanter Katarakt-Operationen ohne unmittelbare Assistenz gegen die Vorgaben der "Qualitätssicherungsvereinbarung Ambulantes Operieren" und damit gegen die Verpflichtung zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen. Dieser Verstoß steht fest aufgrund der vom Senat ausgewerteten Unterlagen der Staatsanwaltschaft C-Stadt, der KPI A-Stadt sowie der beigezogenen Strafverfahren und zivilrechtlichen Verfahren gegen den Kläger. Vorliegende bestandskräftige Entscheidungen anderer Gerichte können bei der Frage des Vorliegens einer gröblichen Pflichtverletzung berücksichtigt werden (vgl. BSG, Beschluss vom 05.05.2010 - B 6 KA 32/09 B; BSG vom 02.04.2014 - B 6 KA 58/13 B RdNr. 17 m. w. N. aus der ständigen Rechtsprechung des BSG). Grundsätzlich gilt dies auch für staatsanwaltschaftliche und polizeiliche Ermittlungsergebnisse, auch wenn insoweit die Rechtskraft noch nicht eingetreten ist (so auch Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 20. November 2017 - L 11 KA 807/16 -, juris, RdNr. 35).

a) Der Beklagte hat in zutreffender Weise die Erkenntnisse aus dem Verfahren 902 Js xxx berücksichtigt, aus denen hervorgeht, dass der Kläger in den im Bescheid vom 16.11.2015 genannten Fällen (dort unter II.4.) ohne unmittelbare Assistenz operiert hat. Diese Erkenntnisse ergeben sich aus den beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft, die aufgrund der Zeugenvernehmung der Patienten der AOK, IKK sowie der SBK vor der Kriminalpolizei A-Stadt zunächst am 15.08.2013 einen Strafbefehl gegen den Kläger erlassen hatte. Auch wenn nach Einspruch des Klägers das Verfahren nach § 153a StPO bei Zahlung einer Geldauflage eingestellt wurde (Einstellungsbeschluss vom 20.01.2014), können die hierin erworbenen Erkenntnisse als staatsanwaltschaftliche Ermittlungsergebnisse verwertet werden. Der Beklagte hat die Zeugenaussagen umfassend ausgewertet, auf ihre Glaubwürdigkeit hin überprüft und detailliert ausgeführt, bei welchen Patienten, gestützt durch deren Zeugenaussage, eine Operation ohne Assistenz durchgeführt wurde. Der Senat hat nach Durchsicht und eigener Prüfung der Ermittlungsakten an der Richtigkeit der Aussagen der Patienten keine Zweifel. Auch einen Belastungseifer der Zeugen, die der Klägerbevollmächtigte als Indiz gegen die Richtigkeit der Zeugenaussagen allgemein aufführt, kann der Senat nicht bestätigen. Auch dies hat der Beklagte in zutreffender Weise ausgeführt. Der Senat macht sich insoweit die Ausführungen des Beklagten im angefochtenen Bescheid zu eigen und schließt sich ihnen an. Soweit der Kläger einwendet, die Erinnerungen der Zeugen seien aufgrund des Alters sowie des großen zeitlichen Abstandes zur Operation nicht aussagekräftig, finden sich hierfür in den Zeugenaussagen keine Anhaltspunkte. Die Zeugenaussagen sind vielmehr sehr detailliert und treffen gerade zur An- bzw. Abwesenheit einer Assistenz klare Aussagen. Dies gilt zum Beispiel für die Zeugin K., geb. 1936 (OP am 19.06.2010, Zeugeneinvernahme durch KPI A-Stadt am 08.03.2012), die ausgesagt hatte, bei der Operation sei mit Sicherheit keine Assistenz anwesend gewesen. Eine eindeutige Aussage zur fehlenden Assistenz ("Das kann ich 100%ig sagen.") findet sich auch in der Zeugenaussage der Patientin Kr., geb. 1952 (OP am 26.06.2010, Zeugeneinvernahme durch KPI A-Stadt am 06.03.2012). Die Zeugin B., geb. 1951 (OP am 15.11.2008) verneint ebenfalls eine Assistenz ("Nein, da war definitiv keiner. Die Mutter war auch nicht in dem Raum"), genau wie der Zeuge P., geb. 1937 (OP am 22.11.2008). Gerade diesen Zeugenaussagen ist zu entnehmen, dass die Zeugen bei Unsicherheiten zum Sachverhalt dies jeweils angegeben haben, sich bezüglich der fehlenden Assistent aber sicher waren. Der Senat hat daher keinen Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussagen. Soweit der Kläger zum Beweis des Gegenteils auf Eintragungen zur Assistenz in seinen handschriftlichen Karteikarten verweist, misst der Senat diesen angesichts der glaubwürdigen, das Gegenteil belegenden Aussagen der Zeugen keinerlei Beweiskraft zu.

b) Auch die weiteren, vom Kläger gegen die Richtigkeit der (Zeugen)Aussagen vorgebrachten Argumente überzeugen nicht. Der Kläger legte zum Beweis, dass entgegen der Zeugenaussagen bei Katarakt-Operation Assistenz anwesend gewesen sei, vorgefertigte Erklärungen verschiedener Angestellter (B., F., L.) vor, die bestätigen sollen, dass er grundsätzlich mit mehreren Assistenten operiere bzw. operiert habe. Allerdings sind diese Bestätigungen im Hinblick auf die im Bescheid des Beklagten aufgeführten konkreten Operationen ohne Assistenz nicht zielführend, da sie viel zu allgemein gehalten sind. Weder bestätigen sie, dass die genannten Angestellten bei den Operationen der im Bescheid genannten Patienten anwesend waren noch ergibt sich, für welchen genauen Zeitraum die Bestätigungen gelten sollen. Frau F. bestätigt in ihrer Erklärung vom 29.02.2016, sie habe "andauernd bei allen YAG-Laserbehandlungen 2009 bis 2013 der Augenarztpraxis Dr. A. als unmittelbare Arzthelferin assistiert". Der Steuerberater des Klägers bestätigt aber in seiner Erklärung vom 31.10.2016 erst Lohnzahlungen für Frau F. ab 01.09.2009. Der Wahrheitsgehalt der Erklärungen ist auch deshalb anzuzweifeln, weil es sich um vom Kläger vorgefertigte Erklärungen handelt. Zudem könnte eine solche Bestätigung der jeweiligen Angestellten nur für Operationen gelten, bei denen sie selbst anwesend war. Außerdem steht z.B. der Inhalt der Erklärung von M. B. vom 24.11.2015 im Widerspruch zu den sonstigen Erklärungen des Klägers. In der Erklärung von Frau B. heißt es, eine Helferin sei immer damit beschäftigt gewesen, die Instrumente anzureichen. Die Notwendigkeit einer instrumentenanreichenden Helferin hatte der Kläger aber im Zulassungsentziehungsverfahren vehement bestritten und hierzu sogar diverse Erklärungen anderer operierender Augenärzte vorgelegt, nach denen es gerade nicht erforderlich sei, die sterilen Instrumente von einer Operationsassistentin anreichen zu lassen (Prof. Dr. L., Erklärung vom 16.06.2015; Prof. Dr. D., Erklärung vom 17.06.2015; Dr. B., Erklärung vom 18.06.2015; Prof. Dr. W., Erklärung vom 18.06.2015). Der Kläger hatte zur Begründung ausgeführt, dass es aus Platzgründen schon gar nicht möglich sei, dass eine Helferin die Instrumente anreiche. Dieses Vorgehen wäre impraktikabel, da er jeweils mit seitlichem Zugang (temporal) Patienten operiert habe. Eine instrumentenanreichende sterile Arzthelferin hätte rechts von ihm sitzen müssen; rechts von ihm sei jedoch das am OP-Mikroskop angebrachte zusätzliche beobachtende Zweitmikroskop angebracht. Da die Helferin als Rechtshänderin über dem Tisch die Instrumente anreichen müsste, sei der Weg ohne unmittelbare Assistenz gewählt worden Dies sei auch nicht vorgeschrieben. Außerdem legte er unter anderem Erklärungen verschiedener Patienten (jedoch nicht der im angefochtenen Bescheid genannten) vor, die die Anwesenheit von zwei Assistentinnen belegen sollen, führt aber gleichzeitig aus, dass die Patienten aufgrund der Dunkelheit im Operationsraum sowie der Tatsache, dass das nicht operierte Auge abgedeckt worden sei, gar nicht wahrnehmen könnten, wer sich noch im Raum befinde. Doch selbst deren Richtigkeit unterstellt, besagen diese Erklärungen nur, dass bei den jeweils unterzeichnenden Patienten eine Assistenz anwesend gewesen ist, sie treffen aber keine Aussagen zu den Operationen der im streitgegenständlichen Bescheid des Beklagten genannten Patienten, die wiederum die Anwesenheit einer Assistenz verneint hatten. Die vorgefertigten Patientenerklärungen haben für den Senat daher keinerlei Aussagekraft bezogen auf den Vorwurf fehlender Assistenz bei den im Bescheid unter II.4 benannten Patienten. Auch die Bestätigungen des Steuerberaters vom 18.11.2015 und 31.10.2016 über Lohnabrechnungen für Frau L. (01.11.2007 bis 28.02.2014) und Frau F. (ab dem 01.09.2009) besagen lediglich, dass die Betreffenden beim Kläger angestellt waren. Die Bescheinigungen belegen nicht die Anwesenheit der Personen bei bestimmten Operationen. Auch sich im Wartezimmer befindliche Patienten können - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht eine Assistenz im OP-Raum bezeugen.

c) Als Pflichtverstoß hat der Beklagte zutreffend gewertet, dass der Kläger eine ambulante Katarakt-Operation zumindest begonnen hat, obwohl er sich laut Erklärung vom 09.12.2011 gegenüber der Beigeladenen zu 1) verpflichtet hatte, ab dem 05.12.2011 für mindestens sechs zusammenhängende Monate auf die Durchführung von Katarakt-Operationen bei gesetzlich versicherten Patienten sowie Privatpatienten zu verzichten. Diese Erklärung hatte der Kläger rückwirkend auf den 09.12.2011 datiert und der Beigeladenen zu 1) am 23.12.2011 gefaxt, obwohl er wusste, dass er für den 16.12.2011 zwei Kataraktoperationen geplant und davon zumindest eine bereits begonnen hatte. Die Anästhesiepraxis Dr. H. und Kollegen hat bestätigt, dass der Kläger zwei Operationen am 16.12.2011 in den Räumen der K-Straße in C-Stadt durchführen wollte und dementsprechend OP-Zeiten gebucht hatte. Die Vorbereitungen zur OP hatten bereits begonnen, der erste Patient war vom Anästhesisten bereits zur Narkose vorbereitet und die Narkose eingeleitet worden. Sodann hatte der Kläger jedoch festgestellt, dass ein für die Durchführung der OP notwendiges und von ihm gestelltes Gerät defekt war, so dass die Operation abgebrochen werden musste. Diesen Sachverhalt hat der Kläger auch nicht bestritten. Er vertritt jedoch die Meinung, nur eine vollständig durchgeführte Operation fiele unter die Verzichtserklärung. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass nicht nur eine durchgeführte, sondern bereits eine geplante und - durch Einleitung der Anästhesie - begonnene Operation, einen zeitnahen Verstoß gegen die Verzichtserklärung darstellt. Der Kläger hat daher am 23.12.2011 trotz Kenntnis der für den 16.12.2011 geplanten und begonnenen Operationen am 23.12.2011 eine auf den 09.12.2011 datierte falsche Verzichtserklärung abgegeben und damit der Beigeladenen zu 1) suggeriert, bereits ab dem 09.12.2011 keine Katarakt-Operationen mehr geplant und durchgeführt zu haben. Auch dieses Vorgehen begründet eine gröbliche Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Kläger und den Beigeladenen.

d) Auch vor Inkrafttreten der Qualitätssicherungsvereinbarung "Ambulantes Operieren" war der Kläger bereits nach § 2 Abs. 1 SGB V verpflichtet, nur Leistungen zu erbringen, deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Grobe Behandlungsfehler entsprechen nicht diesem Qualitätsstandard. Wie schon das SG zutreffend ausgeführt hat, hat der Beklagte im Bescheid vom 16.11.2015 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise das rechtskräftige Berufungsurteil des OLG C-Stadt vom 12.10.2012 - 5 U 2480/11 (H .../. Dr. A.) berücksichtigt, aus dem zweifelsfrei hervorgeht, dass der Kläger in diesem Fall ohne unmittelbare Assistenz operiert hatte. Das OLG C-Stadt hatte im Urteil gestützt auf die Aussagen des Sachverständigen Prof. Dr. med. M. U. einen groben Behandlungsfehler festgestellt, der nach Auffassung des OLG C-Stadt nicht nachvollziehbar war. Denn wenn ein Augenarzt eine Operation alleine ohne sterile Schwester, einen Springer, der Material herbeiholen kann, vornehme, könne der Arzt in eine Situation geraten, aus der er nicht mehr ohne fremde Hilfe herauskommt. Diese Situation sei jedoch in dem zu entscheidenden Rechtstreit eingetreten, weil der Kläger auf die Notwendigkeit des Einbringens der Linse in den Sulcus nicht vorbereitet gewesen sei, obwohl es sich um eine nicht nur vorhersehbare, sondern auch häufige Komplikation handele. Es habe ihm dabei weder das erforderliche Material zum unmittelbaren Einsatz zur Verfügung gestanden noch ausreichendes Personal. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die Feststellungen des OLG, der Kläger habe am 08.06.2006 ohne Assistenz operiert und damit einen groben Behandlungsfehler begangen, zutreffen. Bei der Operation am 08.06.2006 hat der Kläger somit dadurch, dass er ohne Assistenz operiert hat, gegen das Gebot verstoßen, dass die vom Vertragsarzt zu erbringenden Leistungen nach § 2 SGB V einem bestimmten Qualitätsstandard zu entsprechen haben.

e) Der Senat sieht keine Notwendigkeit, das Berufungsverfahren L 12 KA 127/16 bis zum Abschluss des beim Sozialgericht München anhängigen Verfahrens S 38 KA 272/16 auszusetzen. Gegenstand des Verfahrens S 38 KA 272/16 ist eine Honoraraufhebung und -rückforderung für die Quartale 3/2009 bis 1/2013 wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der peinlich genauen Abrechnung (hier wegen Operierens ohne Assistenz). Soweit jedoch der Zulassungsentzug auf dem Operieren von Patienten ohne Assistenz bezogen auf die Quartale 3/2009 bis 1/2013 beruht, stützt sich der Beklagte nicht auf den im Verfahren S 38 KA 272/16 streitgegenständlichen Honoraraufhebungs- und -rückforderungs-bescheid, sondern auf die aus den strafrechtlichen und zivilrechtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse. Das Verfahren S 38 KA 272/16 ist daher nicht vorgreiflich im Sinne von § 114 Abs. 2 SGG für das Verfahren L 12 KA 127/16.

3. Der Kläger hat auch dadurch gegen seine vertragsärztlichen Pflichten verstoßen, indem er in seiner Praxis in A-Stadt, A-Straße, ambulante Operationen nach Kapitel 31.2 des EBM durchgeführt und abgerechnet hat, obwohl ihm von der Stadt A. mit Bescheid vom 14.01.2008 ab sofort untersagt worden war, in diesen Praxisräumen Operationen und invasive Eingriffe durchzuführen.

a) Der Kläger hat unstreitig die im Bescheid des Beklagten unter Ziffer II.5 aufgeführten Leistungen des Kapitels 31.2 EBM (Quartale 3/2009 bis 1/2013) erbracht und abgerechnet. Streitig zwischen den Beteiligten ist jedoch zum einen, ob diese Leistungen in den Räumlichkeiten der A-Straße oder in einer anderen Betriebsstätte erbracht wurden und zum anderen, ob die Leistung als Operation oder invasiver Eingriff zu werten ist, die bzw. der unter die Untersagungsverfügung der Stadt A. vom 14.01.2008 fällt.

aa) Der Beklagte listet in seinem Bescheid unter II.5 verschiedene sonstige ambulante Operationen nach Kapitel 31.2 des EBM auf, die der Kläger in den Quartalen 3/2009 bis 1/2013 durchgeführt und abgerechnet hat. Die Liste basiert auf den Angaben im Bescheid der Beigeladenen zu 1) vom 06.11.2014, der Gegenstand des Verfahrens S 38 KA 272/16 ist. Bei den vom Kläger erbrachten, nach der GOP 31341 EBM abgerechneten Leistungen (vgl. insoweit Bescheid der Beigeladenen zu 1) vom 06.11.2014) handelt es sich um Lasereingriffe (vergleiche insoweit Bescheid des Beklagten, Seite 36). Nach der GOP 31341 EBM wird abgerechnet der "Laserchirurgische Eingriff der Kategorie W1". Der Klägerbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 03.11.2016 ausweislich des Protokolls im Beisein des Klägers vorgetragen, dass die im Bescheid des Beklagten auf Seite 36 ab dem Patienten K. T. (Quartal 4/2011) erbrachten Lasereingriffe (K. T. ,19.10.2011 und 24.10.2011; K. H., 18.01.2012, W. Sch.,16.01.2012; L. K., 03.05.2012; O. K., 31.05.2012 und 06.06.2012; M. F., 30.07.2012; F. S., 17.09.2012; K. G., 22.11.2012; M. Sch., 09.11.2012; D. A., 09.01.2013; U. Sch., 14.02.2013) in der A-Straße stattgefunden haben. Der Kläger kann daher zumindest bezüglich dieser Leistungen den Leistungsort A-Straße nicht glaubhaft bestreiten. Entgegen der Auffassung des Klägers sind diese Lasereingriffe, auch wenn es sich - wie der Kläger vorträgt - um YAG-Laserbehandlungen handelt, als Operationen und sonstige invasive Eingriffe zu werten, die nach dem Bescheid der Stadt A. in der Praxis des Klägers in der A-Straße nicht hätten erbracht werden dürfen. Hier ist zunächst festzustellen, dass sich die Untersagungsverfügung der Stadt A. vom 14.01.2008 nicht nur auf den OP-Raum in der A-Straße bezieht, sondern auf die gesamte Praxis. Soweit der Kläger vorträgt, er benutze einen so genannten YAG-Laser, dessen Verwendung weder eine Operation noch einen invasiven Eingriff darstelle, geht er mit dieser Auffassung fehl. Denn die Frage, ob es sich bei laserchirurgischen Eingriffen um operative Eingriffe der Opthalmochirurgie handelt, ist anhand der Leistungsbeschreibung nach GOP 31341 EBM zu beurteilen. Bezüglich der Beurteilung dieser Operationen als "operative Eingriffe der Opthalmochirurgie" liegt für den Kläger und den Beklagten eine vorgreifliche rechtliche Beurteilung im einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) vor, an die beide gebunden sind. Soweit der Kläger vorträgt, die infektionshygienischen Mängel, die zur Untersagungsverfügung der Stadt A. vom 14.01.2008 geführt haben, würden für die Laserbehandlungen nicht gelten, geht er auch mit dieser Auffassung fehl. Auch wenn die Durchführung von YAG-Laserbehandlungen hinsichtlich der einzuhaltenden Hygienevorschriften deutlich unter denen einer Operation im klassischen Sinne liegen, bedarf es auch für die Laserbehandlungen der Einhaltung von Hygienevorschriften, beispielsweise hinsichtlich der Bereitstellung bzw. Reinigung des Kontaktglases. Die Nichteinhaltung grundlegender Hygienevorschriften war aber Grund für die Untersagungsverfügung, so dass auch (YAG-)Laserbehandlungen ab dem 14.01.2008 nicht in der A-Straße durchgeführt werden durften. Dass die Untersagungsverfügung auch Laserbehandlungen umfasst, bestätigt auch ein Schreiben der Regierung von Mittelfranken vom 15.03.2013. Darin stellt sie auf Nachfrage des damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers klar, dass unter invasiven Verfahren in der Augenheilkunde alle Verfahren zu verstehen sind, "bei denen es durch die Anwendung von chirurgischen Instrumenten oder anderen physikalischen Verfahren (dazu zählen auch z.B. Laser und Ultraschall) zur Verletzung der intakten Haut und Schleimhäute des Augapfels oder der umgebenden Gewebe kommen kann bzw. kommt."

Gemäß 2.1 des EBM ist eine Gebührenordnungsposition zudem nur berechnungsfähig, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht worden ist, wobei die Vollständigkeit der Leistungserbringung nur gegeben ist, wenn die obligaten Leistungsinhalte erbracht worden sind. Dazu gehört auch, dass eine Leistung nur in Räumlichkeiten erbracht wird, die den hygienischen Anforderungen entsprechen und nicht für die Erbringung der Leistung gesperrt sind.

b) Außerdem bestätigt die Zwangsgeldverfügung der Stadt A. vom 11.04.2008, dass der Kläger auch nach dem 14.01.2008 in den Räumen A-Straße entgegen der Untersagungsverfügung weitere Operationen und invasive Eingriffe, z.B. Lidkorrekturen und Entfernung von Gerstenkörnern, vorgenommen hatte. Zum Nachweis für die Durchführung der Operationen hatte sich das Ordnungsamt auf eine Befragung der während der Nachschau am 11.04.2008 anwesenden Mitarbeiter des Klägers berufen und auch im Terminplaner des Klägers Termine für weitere Eingriffe zur Lidanpassung gefunden. Der Senat hat an der Richtigkeit der Feststellungen des Ordnungsamtes keine Zweifel und macht sich diese zu Eigen.

c) Der Kläger hat auch im Zusammenhang mit der Operation der Patientin V. H. gegen seine vertragsärztlichen Pflichten verstoßen. Der Kläger führte bei der Patientin am 07.12.2012 in den Räumlichkeiten A-Straße eine Operation am rechten Auge durch, obwohl ihm seit dem 14.01.2008 ambulante Operationen an diesem Praxisort aus Hygienegründen untersagt war. Zudem lag für die durchgeführte Operation kein gültiges Einverständnis der Patientin vor. Die Patientin hatte am 07.12.2012 eine Einverständniserklärung für die Durchführung einer Keratotomie erteilt. Bei einer Keratotomie erfolgen Einschnitte in die Hornhaut, um einen bestehenden Astigmatismus auszugleichen und somit die Sehfähigkeit zu verbessern. Ausgeführt hatte der Kläger jedoch ausweislich des im Strafverfahren 6 Ds xxx eingeholten rechtsmedizinischen Gutachtens von Prof. Dr. M. vom 24.09.2014 einen Sklerokornealschnitt mit Eröffnung der Bindehaut. Für diesen Eingriff lag keine Einverständniserklärung der Patientin H. vor. Zudem war der durchgeführte Eingriff ausweislich der gutachterlichen Stellungnahme nicht geeignet, die Hornhautkrümmung vorhersehbar zu beeinflussen und den bestehenden Astigmatismus auszugleichen Dieser Sachverhalt steht nach Überzeugung des Senats fest aufgrund der beigezogenen Akten im Verfahren 902Js xxx. In diesem Verfahren ist zunächst ein Urteil des Amtsgerichts A-Stadt (Urteil vom 01.12.2016) ergangen, in dem der Kläger der fahrlässigen Körperverletzung in zwei Fällen (H. und S.) schuldig gesprochen wurde. Auf Berufung des Klägers sowie der Staatsanwaltschaft wurde das Verfahren mit Beschluss vom 10.10.2017 endgültig nach § 153a StPO eingestellt, nachdem der Kläger die aufgrund der Verständigung in der Hauptverhandlung vom 11.07.2015 verhängte Geldbuße in Höhe von 3000,- Euro gezahlt hatte. Aus dem Urteil des Amtsgerichts A-Stadt sowie den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten ergibt sich unzweifelhaft, dass der Kläger die Patientin H. in den Räumlichkeiten seiner Praxis in der A-Straße - im Übrigen auch ohne Assistenz - am 07.12.2012 operiert hatte (Operation mit Sklerokornealschnitt und Öffnung der Bindehaut). Diese Erkenntnisse durften auch im vorliegenden Verfahren verwandt werden (Urteil des Senats vom 28. Juni 2017 - L 12 KA 130/16 -, nachgehend BSG 6. Senat, Beschluss vom 17. Januar 2018, B 6 KA 61/17 B, Beschluss). Der Senat durfte sich insoweit auf die Ergebnisse des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens und die Akten des Amtsgerichts stützen, zumal diese Akten mehrere Sachverständigengutachten zur Operation H. enthielten (Gutachten Dr. F. vom 16.01.2014 und Dr. M. vom 24.09.2014), die der Senat einer eigenen Würdigung unterzogen hat.

d) Auch wurden im bestandkräftigen Bescheid des Ordnungsamtes der Stadt A. vom 14.01.2008 gravierende infektionshygienische Mängel festgestellt, die nach den Feststellungen der Zulassungsgremien keinen Anlass zu einer Differenzierung zwischen einer operativen und einer konservativen Tätigkeit des Klägers zulassen. Die beanstandeten Verhaltensweisen des Klägers anlässlich von ambulanten Operationen betreffen insbesondere Bereiche wie die Hygiene, Regeln der ärztlichen Kunst, personelle und materielle Ausstattung, also die ärztlichen Tätigkeiten insgesamt, die auch nach Auffassung des Senats weitere gröbliche Pflichtverletzungen durch den Kläger darstellen. Dabei sind die Sozialgerichte nicht gehindert, auf von den Zulassungsgremien bereits angesprochene Vorgänge zurückzugreifen, auch wenn diese von den Zulassungsgremien nicht oder anders bewertet wurden (vgl. BSG, Beschluss vom 05.05.2010 - B 6 KA 32/09 B).

e) Dagegen lässt sich ein Pflichtverstoß des Klägers nicht auf den Bescheid der Beigeladenen zu 1) vom 01.02.2012 stützen, mit dem dem Kläger die ihm zuletzt im Bescheid vom 05.04.2011 erteilte Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von ambulanten Operationen und sonstigen stationsersetzenden Eingriffen einschließlich notwendiger Anästhesien im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung widerrufen worden war. Der Kläger hat gegen diesen Bescheid - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - am 03.02.2012 Widerspruch eingelegt, über den bislang nicht entschieden wurde. Der Beklagte kann sich insoweit nicht darauf berufen, dass der Kläger seinen Widerspruch nicht begründet hat, denn auch ein nicht begründeter Widerspruch entfaltet die aufschiebende Wirkung des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG. Dies hat das SG zutreffend ausgeführt.

4. Insgesamt ist es jedoch rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 16.11.2015 festgestellt hat, dass der Kläger über einen langen Zeitraum hinweg in einer Vielzahl von Fällen und auf vielfältige Weise seine vertragsärztlichen Pflichten, insbesondere die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung und zur persönlichen Leistungserbringung gröblich verletzt hat. Ferner hat der Kläger durch die Vornahme von invasiven Eingriffen in seinen hygienisch nicht einwandfreien Praxisräumen seine Patienten einem medizinisch nicht vertretbaren Risiko ausgesetzt, was einen Verstoß gegen die Pflichten eines jeden Arztes zur Abwendung von Schaden von seinen Patienten darstellt.

Umstände, weshalb die Zulassungsentziehung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar sein könnte, sind für den Senat nicht ersichtlich. Allein die fehlerhafte Abrechnung in den Quartalen 1/2007 bis 2/2009 hat zu einem Schaden in Höhe von rund 225.000 Euro geführt. Zudem können auch Pflichtverletzungen, die länger als die übliche Bewährungszeit von fünf Jahren zurückliegen, noch zur Grundlage einer Zulassungsentziehung gemacht werden, weil sie nach Auffassung des Senats Fälle systematischen Fehlverhaltens im Behandlungs- und Abrechnungsbereich darstellen und damit gravierend sind (vgl. insbesondere BSG, Urteil vom 19.07.2006 - B 6 KA 1/06 R; BSG, Beschluss vom 15.08.2012 - B 6 KA 15/12 B).

5. Die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten zur Berücksichtigung des Wohlverhaltens sind überholt (vgl. Urteil des BSG vom 17.10.12, B 6 KA 49/11 R). Die vom Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1) im Berufungsverfahren erhobenen Vorwürfe, der Kläger würde weiterhin vertragsärztlich tätig, wären ggf. in einem weiteren Zulassungsentzugsverfahren oder im Rahmen eines neuen Antrages auf Erteilung einer Zulassung zu prüfen, nicht jedoch im Rahmen dieses hier streitgegenständlichen Verfahrens.

Nach alldem ist der Bescheid des Beklagten vom 16.11.2015 nicht zu beanstanden. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG iVm § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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