Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
17
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 14 SB 250/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 SB 87/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.10.2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 50.
Bei dem am 00.00.1967 geborenen Kläger wurde durch Bescheid vom 18.02.2009 wegen einer Funktionseinschränkung der Wirbelsäule ein GdB von 20 festgestellt. Am 19.03.2015 stellte der Kläger einen Änderungsantrag zur Feststellung eines höheren GdB. Nach Auswertung der beigezogenen Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers stellte der Beklagte mit Bescheid vom 23.06.2015 unter Berücksichtigung einer Funktionseinschränkung der Wirbelsäule und einer Funktionsstörung einer oberen Gliedmaße einen Gesamt-GdB von 30 fest.
Der Kläger legte am 23.07.2015 Widerspruch ein mit der Begründung, dass seine Funktionseinschränkungen an der rechten Hand nicht ausreichend bewertet worden seien. Die Mobilität der Hand sei stark eingeschränkt. Es bestehe ein Kraftverlust, er könne weder richtig greifen noch die Hand ballen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2016 als unbegründet zurückgewiesen. Die Beeinträchtigungen seien mit einem GdB von 30 richtig bewertet.
Der Kläger hat am 23.02.2016 vor dem Sozialgericht Köln (SG) Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die bei ihm vorhandenen Behinderungen seien nicht angemessen berücksichtigt worden. Der Kläger hat ein Teilanerkenntnis der Beklagten vom 21.11.2016 über die Feststellung eines GdB von 40 ab dem 19.03.2015 angenommen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 23.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2016 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 21.11.2016 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm ab dem 19.03.2015 einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 festzustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich durch das Ergebnis der vom SG eingeholten Gutachten in seiner Bewertung bestätigt gesehen.
Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers beigezogen, unter anderem den Bericht über eine kardiologische Rehabilitation im Februar 2016 im ambulanten Rehabilitationszentrum T Reha GmbH in I.
Sodann hat das SG von Amts wegen weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. C und eines kardiologischen Zusatzgutachtens von Dr. L. Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ferner ein orthopädisches Gutachten von Dr. O und ein kardiologisches Zusatzgutachten von Dr. B eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gutachten (Bl. 130 ff., 149 ff., 203 ff. und 218 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Mit Urteil vom 26.10.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40. Die übereinstimmenden Bewertungen der gehörten Sachverständigen sowohl hinsichtlich Einzel-GdB als auch des Gesamt-GdB von 40 seien zutreffend. Auf orthopädischem Fachgebiet habe Dr. C bei dem Kläger eine schmerzhafte Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule nach mehrsegmentalen, operativen Eingriffen, mit mehrsegmentaler Entwicklung von Narbengewebe, mit mehrsegmentaler Einengung des Spinalkanals wie auch von Nervenaustrittslöchern, mit rückfälliger Claudicatio-Symptomatik, auch statisch-myalgisch bedingt bei muskulärer Schwäche, bei Übergewichtigkeit festgestellt sowie eine schmerzhafte Funktionsstörung des rechten Handgelenkes nach mehrfach vorausgegangenen operativen Eingriffen. Auch der orthopädische Gutachter Dr. O habe eine Funktionseinschränkung der Wirbelsäule (Cephalgien, Lumbalgien; Zustand nach zweifacher OP der LWS) und eine Claudicatio-Symptomatik beschrieben. Beide Gutachter hätten diese Funktionseinschränkung mit einem Einzel-GdB von 30 bewertet. Dies entspreche den Maßstäben der versorgungsmedizinischen Grundsätze. Den festgestellten Funktionseinschränkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt mit schweren funktionellen Auswirkungen sei nach Ziffer 18.9 der versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 30 zuzuordnen. Eine endgradige schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, die Dr. O beschreibe, begründe einen Einzel-GdB von 10 aufgrund der geringen funktionellen Auswirkungen. Weder Dr. C noch Dr. O hätten beim Kläger eine Schulterbewegungsstörung bestätigen können. Ein Einzel-GdB könne insoweit nicht berücksichtigt werden. Die von dem Kläger besonders beklagten Funktionseinschränkungen in der rechten Hand bei einer vorliegenden Arthrose seien nicht so wesentlich, dass sie einen höheren Einzel-GdB als 10 begründen könnten. Die Beweglichkeit im rechten Handgelenk sei eingeschränkt, Funktionsstörungen der rechten oder der linken Hand hätten sich anlässlich keiner der Untersuchungen durch die beiden orthopädischen Gutachter ergeben. Die Bewegungseinschränkung des Handgelenks begründeten beim Kläger nach Ziffer 18.13 der versorgungsmedizinischen Grundsätze nur einen Einzel-GdB von 10. Erst eine Versteifung des Handgelenks oder eine Bewegungseinschränkung stärkeren Grades könnten einen Einzel-GdB von 20 rechtfertigen. Solche Beeinträchtigungen lägen nach übereinstimmenden Angaben der beiden orthopädischen Gutachter nicht vor.
Die Bewegungseinschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet in den beiden unterschiedlichen Funktionssystemen Wirbelsäule und in der rechten Hand begründeten einen GdB von 30. Dies entspreche sowohl der Bewertung des Gutachters Dr. C als auch der Bewertung von Dr. O. Auch im kardiologischen Fachgebiet stimmten die beiden Gutachter im festgestellten Befund und in der Bewertung des GdB überein. Dr. L habe für das Funktionssystem Herz und Kreislauf beim Kläger eine koronare Drei-Gefäßerkrankung, einen Zustand nach mehrfacher Ballonkatheterdehnung und Stent-Implantation, einen verbliebenen Verschluss der rechten Koronararterie festgestellt und eine Belastungsdyspnoe II (aufgrund Anamnese) beschrieben. Die Echokardiographie habe eine erhaltene kardiale Pumpfunktion ergeben. Beim Belastungs-EKG sei der Kläger in der Lage gewesen, eine Leistung bis 100 Watt zu erbringen. Pathologische Befunde hätten sich dabei nicht gezeigt. Der Abbruch sei wegen der Angabe von Luftnot erfolgt. Die zufriedenstellende Gesamtleistungsfähigkeit des Klägers bei einer verbliebenen Durchblutungsstörung des Herzens mit verschlossener rechter Koronararterie und einer im Alltag bestehenden Belastungsdyspnoe II führe zum GdB von 20 nach Ziffer 9.1.1.2 der versorgungsmedizinischen Grundsätze. Es liege eine leichte Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung beim Kläger vor. Das Gutachten von Dr. B bestätige dieses Ergebnis. Bei seiner Untersuchung des Klägers sei dieser bis 125 Watt belastbar bei einem unauffälligen Blutdruck- und Frequenzverhalten gewesen. Die kardiale Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung verstärke die orthopädischen Funktionseinschränkungen des Klägers. Der Einzel-GdB von 20 wirke sich daher erhöhend auf den GdB von 30 bezüglich der orthopädischen Funktionseinschränkungen aus und ergebe den Gesamt-GdB von 40. Anhaltspunkte für weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen des Klägers, die sich verstärkend auf die sonstigen Behinderungen auswirken, lägen nicht vor.
Gegen das ihm am 05.02.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.03.2018 Berufung eingelegt. Seiner Auffassung nach sei für die Funktionsbeeinträchtigungen des Haltungs-/Bewegungsapparates ein Einzel-GdB von 40 anzuerkennen. Im Bereich der Lendenwirbelsäule lägen massive Funktionsbeeinträchtigungen vor, im Bereich der Halswirbelsäule zumindest mittelgradige. Zudem sei nach dem Befundbericht des behandelnden Chirurgen ein BWS-Syndrom bei dem Kläger diagnostiziert worden. Zu berücksichtigen sei auch ein Impingement-Syndrom, welches sich gravierend auf die Beeinträchtigung der rechten oberen Gliedmaßen auswirke, so dass diesbezüglich ein Einzel-GdB von mindestens 20 anzusetzen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.10.2017 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2016 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 21.11.2016 zu verurteilen, bei ihm ab dem 19.03.2015 einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 festzustellen.
hilfsweise,
eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. O zu der Frage einzuholen, ob bei dem Kläger ein Impingement-Syndrom rechts bzw. ein BWS-Syndrom vorliegt,
hilfsweise,
ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Durch gerichtliches Schreiben vom 03.08.2018 (dem Kläger zugestellt am 10.08.2018, der Beklagten am 13.08.2018) sind die Beteiligten nach § 153 Abs. 4 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.
Im Nachgang hat der Kläger den Hilfsantrag gestellt.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 10.10.2018 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass es bei dem gerichtlichen Hinweis vom 03.08.2018 verbleibt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des Beklagten und des Sozialgerichts Köln Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach § 153 Abs. 4 S. 1 SGG durch Beschluss entscheiden, da er die Berufung übereinstimmend für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Vorgehensweise angehört worden.
Die nach §§ 143, 144 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerechte, § 151 SGG, Berufung ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 23.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2016 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 21.11.2016 ist rechtmäßig. Der Kläger wird durch ihn nicht in seinen Rechten verletzt, denn er hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB.
Wegen der Begründung wird zunächst gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Diese macht sich der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen.
Der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren führt nicht zu einer anderen Entscheidung. Soweit der Kläger vorträgt, die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule seien mit einem Einzel-GdB von 40 zu bemessen, vermag der Senat dem nicht zu folgen.
Rechtsgrundlage für die Feststellung des GdB ist § 152 Abs. 1 S.1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX; bis zum 31.12.2017 § 69 Abs. 1 S. 1 SGB IX). Danach stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest. Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 152 Abs. 3 S. 1 SGB IX, vormals § 69 Abs. 3 S. 1 SGB IX a.F.). Die Bemessung des GdB ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in drei Schritten vorzunehmen und grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe, wobei das Gericht nur bei der Feststellung der einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen (erster Schritt) ausschließlich ärztliches Fachwissen heranziehen muss. Bei der Bemessung der Einzel-GdB (zweiter Schritt) und des Gesamt-GdB (dritter Schritt) kommt es indessen nach § 69 SGB IX maßgebend auf die Auswirkungen der Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft an. Bei diesen Prüfungsschritten hat das Tatsachengericht über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen. Diese Umstände sind in die als sogenannte antizipierte Sachverständigengutachten anzusehenden, seit dem 01.01.2009 geltenden "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung (Anlage zu § 2 VersMedV) einbezogen worden. Diese Grundsätze konkretisieren die gesetzlichen Vorgaben, wobei insbesondere auch medizinische Sachkunde zum Tragen kommt. Sie sind im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zu beachten. Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt. Dann ist im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird (Teil A 3c) Anlage zu § 2 VersMedV). Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen nebeneinander (Teil A 3a) Anlage zu § 2 VersMedV). Die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen können ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinanderstehen (vergleiche Teil A 3d) Anlage zu § 2 VersMedV). Von Ausnahmefällen abgesehen führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigungen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes zu schließen (Teil A 3d) ee) Anlage zu § 2 VersMedV). Abzustellen ist bei den Auswirkungen nicht nur vorübergehender Gesundheitsstörungen auch auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (BSG vom 20.11.2012, B 9 SB 36/12 B). Bei der Gesamtwürdigung sind auch die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB/MdE-Tabelle der Anlage zu § 2 VersMedV feste Werte angegeben sind (vergleiche BSG, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Einschätzungen des Sachverständigen und des SG bezüglich des Einzel-GdB in Höhe von 30 für das Wirbelsäulenleiden nicht zu beanstanden. Ein Einzel-GdB von 40 kommt nach Ziffer 18.9 der VG allenfalls bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten in Betracht. Bei dem Kläger liegen derartige Auswirkungen jedoch nur im Bereich der Lendenwirbelsäule vor. Weder Dr. C noch Dr. O haben eine Funktionsstörung der Brustwirbelsäule des Klägers objektivieren können. Hinsichtlich der Halswirbelsäule hat Dr. C einen unauffälligen Befund erhoben, Dr. O konnte hinsichtlich der Halswirbelsäule nur rezidivierende Cephalgien mit endgradiger Bewegungseinschränkung ohne neurologische Symptomatik feststellen. Diese Funktionseinschränkung ist lediglich als gering zu bewerten und vermag eine Erhöhung des Einzel-GdB auf 40 nicht zu rechtfertigen.
Im Hinblick auf das von dem Kläger geltend gemachte Impingement-Syndrom, welches der behandelnde Chirurg Dr. P in seinem Befundbericht gegenüber dem Beklagten vom 22.04.2015 als Diagnose angegeben hatte, sind entsprechende Funktionseinschränkungen, welche einen GdB von 20 zu begründen vermögen, nicht feststellbar. Die gehörten Sachverständigen vermochten entsprechende Bewegungseinschränkungen der Schulter nicht zu objektivieren.
Den Hilfsanträgen des Klägers war nicht zu folgen. Zwar steht jedem Beteiligten gemäß den §§ 116 S. 2 SGG, 118 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 397, 402, 411 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet. Dabei müssen die Fragen nicht formuliert werden. Es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen. Allerdings müssen die dem Sachverständigen gemäß dem gestellten Antrag zu stellenden Fragen auch objektiv sachdienlich sein, was wiederum dann der Fall ist, wenn sich die Fragen im Rahmen des Beweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet sind. Andernfalls kann das Begehren rechtsmissbräuchlich sein; das Tatsachengericht ist in einem solchen Fall jedenfalls nicht gehalten, einem solchen Beweisantrag zu folgen (vgl. BSG, Beschluss vom 09.12.2010, B 13 R 170/10 B, Rn. 10, 11 und 15 m.w.N. - zitiert nach Juris). Vorliegend hat Dr. O die aufgeworfenen Fragen mit seinem Gutachten bereits ausreichend beantwortet. Die an der Wirbelsäule des Klägers vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen hat der Sachverständige in seinem Befund dokumentiert sowie bei der Beantwortung der Beweisfragen hinreichend dazu ausgeführt. Es ist nicht ersichtlich, dass er etwaige Gesundheitsstörungen an der Brustwirbelsäule in seinen gutachtlichen Feststellungen unberücksichtigt gelassen hat. Ein BWS-Syndrom hat er dabei nicht festgestellt. Nicht erforderlich ist, dass Dr. O das Vorliegen eines solchen in seinem Gutachten explizit ausschließt, zumal weder der Befund noch der Beschwerdevortrag des Klägers gegenüber dem Sachverständigen hierzu Anlass boten. Hinsichtlich des Impingements hat Dr. O in seinem Gutachten ausdrücklich ausgeführt, eine zwischenzeitlich festgestellte Funktionsstörung der rechten Schulter mit Impingement und Sulcus-ulnaris-Syndrom habe bei seiner Untersuchung nicht festgestellt werden können.
Für die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens war im Hinblick auf die ausreichende Sachverhaltsaufklärung durch die bereits vorliegenden Gutachten kein Raum. Der Senat musste sich nicht nach § 103 SGG, § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO zu weiteren Ermittlungen des Sachverhalts gedrängt sehen. Selbst in dem Fall, dass mehrere Gutachten vorliegen und das erkennende Gericht eines von mehreren Gutachten für überzeugend hält, darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen. Bei einer derartigen Konstellation ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (vgl. BSG Beschluss vom 16.2.2012 - B 9 V 17/11 B - Juris RdNr 13 ff). Dies muss erst recht gelten, wenn bereits mehrere Sachverständigengutachten vorliegen, welche hinsichtlich der für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Umstände zu dem gleichen Ergebnis kommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 II Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 50.
Bei dem am 00.00.1967 geborenen Kläger wurde durch Bescheid vom 18.02.2009 wegen einer Funktionseinschränkung der Wirbelsäule ein GdB von 20 festgestellt. Am 19.03.2015 stellte der Kläger einen Änderungsantrag zur Feststellung eines höheren GdB. Nach Auswertung der beigezogenen Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers stellte der Beklagte mit Bescheid vom 23.06.2015 unter Berücksichtigung einer Funktionseinschränkung der Wirbelsäule und einer Funktionsstörung einer oberen Gliedmaße einen Gesamt-GdB von 30 fest.
Der Kläger legte am 23.07.2015 Widerspruch ein mit der Begründung, dass seine Funktionseinschränkungen an der rechten Hand nicht ausreichend bewertet worden seien. Die Mobilität der Hand sei stark eingeschränkt. Es bestehe ein Kraftverlust, er könne weder richtig greifen noch die Hand ballen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2016 als unbegründet zurückgewiesen. Die Beeinträchtigungen seien mit einem GdB von 30 richtig bewertet.
Der Kläger hat am 23.02.2016 vor dem Sozialgericht Köln (SG) Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die bei ihm vorhandenen Behinderungen seien nicht angemessen berücksichtigt worden. Der Kläger hat ein Teilanerkenntnis der Beklagten vom 21.11.2016 über die Feststellung eines GdB von 40 ab dem 19.03.2015 angenommen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 23.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2016 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 21.11.2016 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm ab dem 19.03.2015 einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 festzustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich durch das Ergebnis der vom SG eingeholten Gutachten in seiner Bewertung bestätigt gesehen.
Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers beigezogen, unter anderem den Bericht über eine kardiologische Rehabilitation im Februar 2016 im ambulanten Rehabilitationszentrum T Reha GmbH in I.
Sodann hat das SG von Amts wegen weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. C und eines kardiologischen Zusatzgutachtens von Dr. L. Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ferner ein orthopädisches Gutachten von Dr. O und ein kardiologisches Zusatzgutachten von Dr. B eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gutachten (Bl. 130 ff., 149 ff., 203 ff. und 218 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Mit Urteil vom 26.10.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40. Die übereinstimmenden Bewertungen der gehörten Sachverständigen sowohl hinsichtlich Einzel-GdB als auch des Gesamt-GdB von 40 seien zutreffend. Auf orthopädischem Fachgebiet habe Dr. C bei dem Kläger eine schmerzhafte Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule nach mehrsegmentalen, operativen Eingriffen, mit mehrsegmentaler Entwicklung von Narbengewebe, mit mehrsegmentaler Einengung des Spinalkanals wie auch von Nervenaustrittslöchern, mit rückfälliger Claudicatio-Symptomatik, auch statisch-myalgisch bedingt bei muskulärer Schwäche, bei Übergewichtigkeit festgestellt sowie eine schmerzhafte Funktionsstörung des rechten Handgelenkes nach mehrfach vorausgegangenen operativen Eingriffen. Auch der orthopädische Gutachter Dr. O habe eine Funktionseinschränkung der Wirbelsäule (Cephalgien, Lumbalgien; Zustand nach zweifacher OP der LWS) und eine Claudicatio-Symptomatik beschrieben. Beide Gutachter hätten diese Funktionseinschränkung mit einem Einzel-GdB von 30 bewertet. Dies entspreche den Maßstäben der versorgungsmedizinischen Grundsätze. Den festgestellten Funktionseinschränkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt mit schweren funktionellen Auswirkungen sei nach Ziffer 18.9 der versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 30 zuzuordnen. Eine endgradige schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, die Dr. O beschreibe, begründe einen Einzel-GdB von 10 aufgrund der geringen funktionellen Auswirkungen. Weder Dr. C noch Dr. O hätten beim Kläger eine Schulterbewegungsstörung bestätigen können. Ein Einzel-GdB könne insoweit nicht berücksichtigt werden. Die von dem Kläger besonders beklagten Funktionseinschränkungen in der rechten Hand bei einer vorliegenden Arthrose seien nicht so wesentlich, dass sie einen höheren Einzel-GdB als 10 begründen könnten. Die Beweglichkeit im rechten Handgelenk sei eingeschränkt, Funktionsstörungen der rechten oder der linken Hand hätten sich anlässlich keiner der Untersuchungen durch die beiden orthopädischen Gutachter ergeben. Die Bewegungseinschränkung des Handgelenks begründeten beim Kläger nach Ziffer 18.13 der versorgungsmedizinischen Grundsätze nur einen Einzel-GdB von 10. Erst eine Versteifung des Handgelenks oder eine Bewegungseinschränkung stärkeren Grades könnten einen Einzel-GdB von 20 rechtfertigen. Solche Beeinträchtigungen lägen nach übereinstimmenden Angaben der beiden orthopädischen Gutachter nicht vor.
Die Bewegungseinschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet in den beiden unterschiedlichen Funktionssystemen Wirbelsäule und in der rechten Hand begründeten einen GdB von 30. Dies entspreche sowohl der Bewertung des Gutachters Dr. C als auch der Bewertung von Dr. O. Auch im kardiologischen Fachgebiet stimmten die beiden Gutachter im festgestellten Befund und in der Bewertung des GdB überein. Dr. L habe für das Funktionssystem Herz und Kreislauf beim Kläger eine koronare Drei-Gefäßerkrankung, einen Zustand nach mehrfacher Ballonkatheterdehnung und Stent-Implantation, einen verbliebenen Verschluss der rechten Koronararterie festgestellt und eine Belastungsdyspnoe II (aufgrund Anamnese) beschrieben. Die Echokardiographie habe eine erhaltene kardiale Pumpfunktion ergeben. Beim Belastungs-EKG sei der Kläger in der Lage gewesen, eine Leistung bis 100 Watt zu erbringen. Pathologische Befunde hätten sich dabei nicht gezeigt. Der Abbruch sei wegen der Angabe von Luftnot erfolgt. Die zufriedenstellende Gesamtleistungsfähigkeit des Klägers bei einer verbliebenen Durchblutungsstörung des Herzens mit verschlossener rechter Koronararterie und einer im Alltag bestehenden Belastungsdyspnoe II führe zum GdB von 20 nach Ziffer 9.1.1.2 der versorgungsmedizinischen Grundsätze. Es liege eine leichte Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung beim Kläger vor. Das Gutachten von Dr. B bestätige dieses Ergebnis. Bei seiner Untersuchung des Klägers sei dieser bis 125 Watt belastbar bei einem unauffälligen Blutdruck- und Frequenzverhalten gewesen. Die kardiale Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung verstärke die orthopädischen Funktionseinschränkungen des Klägers. Der Einzel-GdB von 20 wirke sich daher erhöhend auf den GdB von 30 bezüglich der orthopädischen Funktionseinschränkungen aus und ergebe den Gesamt-GdB von 40. Anhaltspunkte für weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen des Klägers, die sich verstärkend auf die sonstigen Behinderungen auswirken, lägen nicht vor.
Gegen das ihm am 05.02.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.03.2018 Berufung eingelegt. Seiner Auffassung nach sei für die Funktionsbeeinträchtigungen des Haltungs-/Bewegungsapparates ein Einzel-GdB von 40 anzuerkennen. Im Bereich der Lendenwirbelsäule lägen massive Funktionsbeeinträchtigungen vor, im Bereich der Halswirbelsäule zumindest mittelgradige. Zudem sei nach dem Befundbericht des behandelnden Chirurgen ein BWS-Syndrom bei dem Kläger diagnostiziert worden. Zu berücksichtigen sei auch ein Impingement-Syndrom, welches sich gravierend auf die Beeinträchtigung der rechten oberen Gliedmaßen auswirke, so dass diesbezüglich ein Einzel-GdB von mindestens 20 anzusetzen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.10.2017 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2016 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 21.11.2016 zu verurteilen, bei ihm ab dem 19.03.2015 einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 festzustellen.
hilfsweise,
eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. O zu der Frage einzuholen, ob bei dem Kläger ein Impingement-Syndrom rechts bzw. ein BWS-Syndrom vorliegt,
hilfsweise,
ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Durch gerichtliches Schreiben vom 03.08.2018 (dem Kläger zugestellt am 10.08.2018, der Beklagten am 13.08.2018) sind die Beteiligten nach § 153 Abs. 4 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.
Im Nachgang hat der Kläger den Hilfsantrag gestellt.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 10.10.2018 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass es bei dem gerichtlichen Hinweis vom 03.08.2018 verbleibt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des Beklagten und des Sozialgerichts Köln Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der Beratung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach § 153 Abs. 4 S. 1 SGG durch Beschluss entscheiden, da er die Berufung übereinstimmend für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Vorgehensweise angehört worden.
Die nach §§ 143, 144 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerechte, § 151 SGG, Berufung ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 23.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2016 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 21.11.2016 ist rechtmäßig. Der Kläger wird durch ihn nicht in seinen Rechten verletzt, denn er hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB.
Wegen der Begründung wird zunächst gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Diese macht sich der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen.
Der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren führt nicht zu einer anderen Entscheidung. Soweit der Kläger vorträgt, die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule seien mit einem Einzel-GdB von 40 zu bemessen, vermag der Senat dem nicht zu folgen.
Rechtsgrundlage für die Feststellung des GdB ist § 152 Abs. 1 S.1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX; bis zum 31.12.2017 § 69 Abs. 1 S. 1 SGB IX). Danach stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest. Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 152 Abs. 3 S. 1 SGB IX, vormals § 69 Abs. 3 S. 1 SGB IX a.F.). Die Bemessung des GdB ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in drei Schritten vorzunehmen und grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe, wobei das Gericht nur bei der Feststellung der einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen (erster Schritt) ausschließlich ärztliches Fachwissen heranziehen muss. Bei der Bemessung der Einzel-GdB (zweiter Schritt) und des Gesamt-GdB (dritter Schritt) kommt es indessen nach § 69 SGB IX maßgebend auf die Auswirkungen der Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft an. Bei diesen Prüfungsschritten hat das Tatsachengericht über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen. Diese Umstände sind in die als sogenannte antizipierte Sachverständigengutachten anzusehenden, seit dem 01.01.2009 geltenden "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung (Anlage zu § 2 VersMedV) einbezogen worden. Diese Grundsätze konkretisieren die gesetzlichen Vorgaben, wobei insbesondere auch medizinische Sachkunde zum Tragen kommt. Sie sind im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zu beachten. Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt. Dann ist im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird (Teil A 3c) Anlage zu § 2 VersMedV). Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen nebeneinander (Teil A 3a) Anlage zu § 2 VersMedV). Die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen können ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinanderstehen (vergleiche Teil A 3d) Anlage zu § 2 VersMedV). Von Ausnahmefällen abgesehen führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigungen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes zu schließen (Teil A 3d) ee) Anlage zu § 2 VersMedV). Abzustellen ist bei den Auswirkungen nicht nur vorübergehender Gesundheitsstörungen auch auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (BSG vom 20.11.2012, B 9 SB 36/12 B). Bei der Gesamtwürdigung sind auch die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB/MdE-Tabelle der Anlage zu § 2 VersMedV feste Werte angegeben sind (vergleiche BSG, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Einschätzungen des Sachverständigen und des SG bezüglich des Einzel-GdB in Höhe von 30 für das Wirbelsäulenleiden nicht zu beanstanden. Ein Einzel-GdB von 40 kommt nach Ziffer 18.9 der VG allenfalls bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten in Betracht. Bei dem Kläger liegen derartige Auswirkungen jedoch nur im Bereich der Lendenwirbelsäule vor. Weder Dr. C noch Dr. O haben eine Funktionsstörung der Brustwirbelsäule des Klägers objektivieren können. Hinsichtlich der Halswirbelsäule hat Dr. C einen unauffälligen Befund erhoben, Dr. O konnte hinsichtlich der Halswirbelsäule nur rezidivierende Cephalgien mit endgradiger Bewegungseinschränkung ohne neurologische Symptomatik feststellen. Diese Funktionseinschränkung ist lediglich als gering zu bewerten und vermag eine Erhöhung des Einzel-GdB auf 40 nicht zu rechtfertigen.
Im Hinblick auf das von dem Kläger geltend gemachte Impingement-Syndrom, welches der behandelnde Chirurg Dr. P in seinem Befundbericht gegenüber dem Beklagten vom 22.04.2015 als Diagnose angegeben hatte, sind entsprechende Funktionseinschränkungen, welche einen GdB von 20 zu begründen vermögen, nicht feststellbar. Die gehörten Sachverständigen vermochten entsprechende Bewegungseinschränkungen der Schulter nicht zu objektivieren.
Den Hilfsanträgen des Klägers war nicht zu folgen. Zwar steht jedem Beteiligten gemäß den §§ 116 S. 2 SGG, 118 Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 397, 402, 411 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet. Dabei müssen die Fragen nicht formuliert werden. Es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen. Allerdings müssen die dem Sachverständigen gemäß dem gestellten Antrag zu stellenden Fragen auch objektiv sachdienlich sein, was wiederum dann der Fall ist, wenn sich die Fragen im Rahmen des Beweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet sind. Andernfalls kann das Begehren rechtsmissbräuchlich sein; das Tatsachengericht ist in einem solchen Fall jedenfalls nicht gehalten, einem solchen Beweisantrag zu folgen (vgl. BSG, Beschluss vom 09.12.2010, B 13 R 170/10 B, Rn. 10, 11 und 15 m.w.N. - zitiert nach Juris). Vorliegend hat Dr. O die aufgeworfenen Fragen mit seinem Gutachten bereits ausreichend beantwortet. Die an der Wirbelsäule des Klägers vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen hat der Sachverständige in seinem Befund dokumentiert sowie bei der Beantwortung der Beweisfragen hinreichend dazu ausgeführt. Es ist nicht ersichtlich, dass er etwaige Gesundheitsstörungen an der Brustwirbelsäule in seinen gutachtlichen Feststellungen unberücksichtigt gelassen hat. Ein BWS-Syndrom hat er dabei nicht festgestellt. Nicht erforderlich ist, dass Dr. O das Vorliegen eines solchen in seinem Gutachten explizit ausschließt, zumal weder der Befund noch der Beschwerdevortrag des Klägers gegenüber dem Sachverständigen hierzu Anlass boten. Hinsichtlich des Impingements hat Dr. O in seinem Gutachten ausdrücklich ausgeführt, eine zwischenzeitlich festgestellte Funktionsstörung der rechten Schulter mit Impingement und Sulcus-ulnaris-Syndrom habe bei seiner Untersuchung nicht festgestellt werden können.
Für die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens war im Hinblick auf die ausreichende Sachverhaltsaufklärung durch die bereits vorliegenden Gutachten kein Raum. Der Senat musste sich nicht nach § 103 SGG, § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO zu weiteren Ermittlungen des Sachverhalts gedrängt sehen. Selbst in dem Fall, dass mehrere Gutachten vorliegen und das erkennende Gericht eines von mehreren Gutachten für überzeugend hält, darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen. Bei einer derartigen Konstellation ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (vgl. BSG Beschluss vom 16.2.2012 - B 9 V 17/11 B - Juris RdNr 13 ff). Dies muss erst recht gelten, wenn bereits mehrere Sachverständigengutachten vorliegen, welche hinsichtlich der für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Umstände zu dem gleichen Ergebnis kommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 II Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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