L 3 BA 15/18

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 13 R 361/16
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 BA 15/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 16. August 2017 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger in seiner Funktion als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. in der Zeit vom 5. Oktober 2011 bis zum 7. Mai 2015 versicherungspflichtig beschäftigt war.

Die Beigeladene zu 1. wurde 1990 gegründet. Gegenstände des Unternehmens sind die Planung, Entwicklung, Projektierung, Realisierung, der Vertrieb, die Installation und Wartung von Automatisierungssystemen, -anlagen und -ausrüstungen einschließlich Beratung und Schulung zu Hard- und Softwareprodukten insbesondere von Echtzeitsystemen im In- und Ausland. Das Stammkapital beträgt 92.500,00 EUR und wurde ursprünglich je zur Hälfte von C. B. und M. T. gehalten. Mit notarieller Urkunde vom 31. August 2009 boten diese als Verkäufer der IDF I.- und B. Gesellschaft mbH & Co. KG mit Sitz in H. (Kommanditist dieser KG ist der Kläger mit einer Einlage von 1,00 EUR), diese vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin IDF I.-, B.- und V. Gesellschaft mbH mit Sitz in H., diese vertreten durch deren einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer, den Kläger (Käufer), einen Geschäftsanteilsabtretungsvertrag an. Der Nr. 1251 der Urkundenrolle für 2009 der Notarin R. W. mit Amtssitz in L. E. ist unter B II. (Teilung, Verkauf und Abtretung) Folgendes zu entnehmen:

"Der Gesellschafter C. B. teilt zunächst seinen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 46.250,00 EUR (Nummer 3) in zwei Geschäftsanteile im Nennbetrag von 23.500,00 EUR (Nummer 5) und 22.750,00 EUR (Nummer 6).

Der Gesellschafter M. T. teilt zunächst seinen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 37.000,00 EUR (Nummer 2) in zwei Geschäftsanteile im Nennbetrag von 23.500,00 EUR (Nummer 7) und 13.500,00 EUR (Nummer 8).

Sodann verkauft der Verkäufer C. B. seinen neugebildeten Geschäftsanteil im Nennbetrag von 23.500,00 EUR (Nummer 5) mit sofortiger dinglicher Wirkung an den Käufer und tritt diesen Geschäftsanteil an den Käufer ab. Der Käufer nimmt die Abtretung an.

Der Verkäufer M. T. verkauft seinen neugebildeten Geschäftsanteil im Nennbetrag vom 23.500,00 EUR (Nummer 7) mit sofortiger dinglicher Wirkung an den Käufer und tritt diesen Geschäftsanteil an den Käufer ab. Der Käufer nimmt die Abtretung an."

Ebenfalls am 31. August 2009 schlossen die damaligen Gesellschafter C. B. und M. T. mit ausdrücklicher Zustimmung der IDF GmbH & Co. KG eine sogenannte Pool-Vereinbarung. Diese hatte folgenden Inhalt:

"§ 1

Gegenstand der nachstehenden Vereinbarung sind die gegenwärtigen und künftigen Geschäftsanteile und Beteiligungen ihrer Mitglieder an der port Gesellschaft für computergestützte Automation mbH.

Zweck der Vereinbarung ist das Sicherstellen einer einheitlichen Rechtsausübung aus den Beteiligungen der Vertragsbeteiligten und die Erhaltung des Einflusses der einzelnen Gesellschafter. Diese Gemeinschaft ist insoweit eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Gesamthandsvermögen.

§ 2

Mitglieder sind die o.g. vertragsschließenden Gesellschafter, wobei die IDF GmbH & Co. KG sich für den Fall der Vertragsannahme ausdrücklich gebunden.

§ 3

Die Mitglieder der Schutzgemeinschaft (Stimmrechtspool) sind verpflichtet, das sich aus ihren GmbH-Anteilen ergebende Stimmrecht nur einheitlich auszuüben. Deshalb ist vor jeder Stimmabgabe in Gesellschafterversammlungen der GmbH ein Beschluss der Mitglieder dieses Pools herbeizuführen, wie die Stimmrechte in der GmbH einheitlich ausgeübt werden. Dies kann durch Abstimmung auf einer Mitgliederversammlung oder durch Umfrage unter den Mitgliedern erfolgen.

§ 4

Das Stimmrecht in der Poolversammlung richtet sich nach den Stimmrechten in der Gesellschafterversammlung der GmbH. Beschlüsse der Mitglieder der Schutzgemeinschaft bedürfen der Einstimmigkeit.

§ 5

Die Vereinbarung ist auch und insbesondere Ausdruck gegenseitiger Treuepflichten der Gesellschafter.

§ 6

Diese Vereinbarung gilt auf unbestimmte Zeit. Eine Kündigung ist erstmals zum 31. Dezember 2020 mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende möglich.

Tritt in der Person eines Mitglieds ein Ereignis ein, dass nach den gesetzlichen Vorschriften die Schutzgemeinschaft auflösen würde, scheidet dieser aus der Schutzgemeinschaft aus, die von den übrigen Mitgliedern fortgesetzt wird.

§ 7

Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform, einschließlich der Änderung dieses Schriftformerfordernisses.

Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden, wird dadurch die Gültigkeit des Vertrages im Übrigen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung tritt eine Regelung, die dem Zweck der Gesellschaft und dem Willen der Gesellschafter bei Abschluss dieses Vertrages am ehesten entspricht. Entsprechendes gilt im Falle ungewollter Regelungslücken.

Erfüllungsort und ausschließlicher Gerichtsstand aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag ist H./S ..."

Am 30. November 2009 wurde die B. E. B.V. mit Sitz in V. (N.) mit einem Anteil von 23.125,00 EUR am Stammkapital als Gesellschafterin der Beigeladenen zu 1. aufgenommen.

Ebenfalls am 30. November 2009 wurde die Satzung der Beigeladenen zu 1. vollständig neu gefasst. Sie enthält - auszugsweise - folgende Vorschriften:

"§ 1

Firma und Sitz

1.1 Die Firma der Gesellschaft lautet

port Gesellschaft für computergestützte Automation mbH

1.2 Die Gesellschaft hat ihren Sitz in H. (S.).

§ 2 bis § 4 [ ]

§ 5

Gesellschafterversammlung

[ ]

5.3. Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn alle Gesellschafter rechtzeitig geladen sind und mehr als 80 % der Gesamt-Stimmenzahl anwesend oder vertreten ist.

5.4. Ist eine Gesellschafterversammlung nicht beschlussfähig, ist unverzüglich eine zweite Gesellschafterversammlung mit denselben Tagesordnungspunkten einzuberufen. Die zweite Gesellschafterversammlung ist sodann ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden oder vertretenen Stimmen beschlussfähig. Auf diese Rechtsfolge ist in der Einladung zur zweiten Gesellschafterversammlung hinzuweisen.

§ 6

Beschlüsse der Gesellschafterversammlung

6.1 Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bedürfen der einfachen Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen, es sei denn, Gesetz oder Satzung schreiben zwingend eine größere Mehrheit vor.

6.2 Folgende Beschlüsse bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der qualifizierten Mehrheit von 80 % der abgegebenen Stimmen der Gesellschafterversammlung:

6.2.1

Umwandlungen im Sinne von § 1 Umwandlungsgesetz,

6.2.2

Veräußerung von 35 % der Vermögensgegenstände der Gesellschaft oder mehr (nach Verkehrswerten),

6.2.3

Änderung der Satzung,

6.2.4

Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und Kapitalherabsetzung,

6.2.5

Zusammenlegung oder Entziehung von Geschäftsanteilen,

6.2.6

Auflösung der Gesellschaft,

6.2.7

Zustimmung zu Unternehmensverträgen im Sinne der §§ 291 ff. des Aktiengesetzes (analog),

6.2.8

Wahl des Abschlussprüfers,

6.2.9

Ausschüttungen und/oder Darlehensgewährungen an die Gesellschafter bzw. diesen nahestehenden Personen, mit diesen verbundenen Unternehmen und/oder Angehörigen von Gesellschaftern soweit dies nicht durch § 18.3 gedeckt ist,

6.2.10

Feststellung der Jahresabschlüsse und Beschlüsse über die Gewinnverwendung,

6.2.11

Schaffung von Geschäftsanteilen mit Vorzugsrechten oder die Ausgabe von Rechten auf Geschäftsanteile (einschließlich, jedoch ohne Begrenzung, von Optionen, Wandelschuldverschreiben, Wandlungsrechten etc.),

6.2.12.

Festlegung der Anzahl, Wahl, Entlastung und die Abberufung der Geschäftsführer,

6.2.13

Zustimmung zu Verfügungen über Geschäftsanteile (§ 9.3),

6.2.14

Zustimmungsbeschlüsse zu Maßnahmen der Geschäftsführung gemäß § 8.2 dieser Satzung, und

6.2.15

Ausgabe, Änderung oder Aufhebung von Geschäftsordnungen für die Geschäftsführung (§ 8.3).

§ 7

Geschäftsführung

7.1 Die Gesellschaft wird, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind, durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten.

7.2 Falls nur ein Geschäftsführer bestellt ist, wird die Gesellschaft von diesem allein vertreten.

7.3 Die Gesellschafterversammlung kann einem, mehreren oder allen Geschäftsführern Einzelvertretungsbefugnisse erteilen und/oder von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien.

7.4 Die Gesellschafterversammlung kann einen jeden, mehrere oder alle Geschäftsführer von etwaigen Wettbewerbsverboten gegenüber der Gesellschaft und/oder den mit ihr verbundenen Gesellschaften befreien.

§ 8

Zustimmungsbedürftige Maßnahmen und Geschäfte

8.1 Der oder die Geschäftsführer dürfen nicht ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung Geschäfte und Maßnahmen treffen, die über den normalen Geschäftsbetrieb hinausgehen.

8.2. Die Gesellschafterversammlung kann hinsichtlich der vorerwähnten Maßnahmen und Geschäfte den Geschäftsführern einzeln oder zusammen generelle Genehmigungen für die Zukunft erteilen, die jederzeit widerruflich sind. Die Gesellschafterversammlung kann darüber hinaus Geschäfte und Maßnahmen von ihrer Zustimmung und Genehmigung abhängig machen, auch soweit diese von Absatz 8.1 nicht erfasst werden.

Insbesondere folgende Geschäfte und Maßnahmen der Geschäftsführung unterliegen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung:

Der Abschluss, die Aufhebung, der Rücktritt oder die Kündigung von Verträgen im Falle einer langfristigen Geschäftsbeziehung (d.h., zwei (2) Jahre oder länger),

Abschluss von Verträgen mit einem Gesamtvolumen von 100.000,00 EUR oder mehr,

Aufnahme von Geschäftstätigkeiten, die über den satzungsmäßigen Zweck der Gesellschaft gemäß § 2.1 hinausgehen,

Kauf bzw. Verkauf von Grundstücken,

Bestellung von Sicherheiten an Vermögensgegenständen der Gesellschaft (mit Ausnahme von üblichen Maßnahmen und Geschäften im Rahmen des normalen Geschäftsbetriebes wie etwa der Kauf unter Eigentumsvorbehalt),

Übertragung von geistigen Eigentumsrechten oder Technologie der Gesellschaft an Dritte,

Gewährung von Lizenzen an Dritte, es sei denn, dies geschieht im Rahmen des normalen Geschäftsbetriebes und die erteilte Lizenz betrifft eine Technologie, die zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages bereits bei der Gesellschaft vorhanden war,

Gewährung von Pensionszusagen,

Abschluss von Verträgen mit Gesellschaftern bzw. diesen nahestehenden Personen, mit diesen verbundenen Unternehmen und/oder mit Angehörigen von Gesellschaftern,

Abschluss stiller Beteiligungen (auch außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 291 ff. AktG analog),

jeder Abschluss eines Anstellungs- und Beratervertrages oder ähnlicher Verträge (einschließlich solcher für Geschäftsführer und Mitglieder des Senior Management), es sei denn, dies ist im Business Plan vorgesehen,

Zustimmung zum bzw. Abweichung von dem von der Geschäftsführung aufzustellenden Business Plan, und

alle Maßnahmen und Geschäfte im Sinne von § 6.2 dieser Satzung."

Am 9. September 2009 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1. mit Wirkung ab 1. Januar 2011 einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag, der u.a. folgende Regelungen enthielt:

"§ 1

Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich nach Maßgabe der Satzung der Gesellschaft, wobei er stets einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des §§ 181 BGB befreit ist.

§ 2

Vergütung

(1)

Der Geschäftsführer erhält als Vergütung für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt in Höhe von 110.000,00 EUR (brutto), zahlbar in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 9.166,67 EUR (brutto) jeweils am Monatsende.

(2)

Die Gesellschaft verpflichtet sich, für den Geschäftsführer eine Pensionsversicherung zu schließen, die ein Ruhegehalt ab dem 24. August 2028 in Höhe von 4.000,00 EUR sichert.

(3)

Die Zahlungen werden von der Gesellschaft entrichtet, inklusive der darauf entfallenden Lohn- und Kirchensteuer. Die Gesellschaft behält sich das Recht vor, die Prämienzahlungen herabzusetzen oder einzustellen, wenn wichtige Gründe hierfür vorliegen, insbesondere die Wirtschaftslage des Unternehmens dies gebietet.

(4)

Im Falle des geschäftlichen Erfolges hat der Geschäftsführer Anspruch auf Zahlung einer Tantieme in Höhe von 5 % des Gewinnes der Gesellschaft [ ].

§ 4

Weiterzahlung im Krankheitsfall

Wird der Geschäftsführer durch Krankheit vorübergehend gehindert, seine Tätigkeit als Geschäftsführer auszuüben, so wird ihm die vereinbarte Festvergütung auf die Dauer von 3 Monaten weitergezahlt.

§ 5 bis § 7 [ ]

§ 8

Urlaub

Der Geschäftsführer hat Anspruch auf einen jährlichen bezahlten Urlaub von 30 Arbeitstagen. Die Urlaubszeiten sind im Einvernehmen mit der Gesellschaft festzulegen. Kann der Geschäftsführer den Urlaub aus zwingenden geschäftlichen Gründen ganz oder teilweise nicht nehmen, so ist der Urlaubsanspruch abzugelten. Das Abfindungsentgelt bemisst sich nach der Höhe des Festgehaltes gemäß § 2 dieses Vertrages.

§ 9

Dauer des Vertrages

(1)

Dieser Vertrag beginnt mit dem 1. Januar 2011. Er wird befristet bis zum 31. Dezember 2015 abgeschlossen. Dem Geschäftsführer steht eine Verlängerungsoption von fünf Jahren zu, die durch eingeschriebenen Brief spätestens 3 Monate vor dem 31. Dezember 2015 gegenüber einem Geschäftsführer der Gesellschaft ausgeübt werden muss.

(2)

Der Vertrag endet ohne Kündigung mit Eintritt des 65. Lebensjahres des Geschäftsführers.

(3)

Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grunde bleibt für die Gesellschaft und den Geschäftsführer unberührt. Als wichtiger Grund gilt für die Gesellschaft auch, wenn die Bestellung des Geschäftsführers widerrufen wird.

(4)

Im Falle einer ordentlichen Kündigung ist die Gesellschaft berechtigt, den Geschäftsführer bei Weiterzahlung seiner Bezüge zu beurlauben. Ein solcher Urlaub ist auf einen dem Geschäftsführer etwa noch zustehenden Urlaub anzurechnen. Die Frist für eine ordentliche Kündigung beträgt drei Monate zum Halbjahresende.

Am 14. Dezember 2009 vereinbarten die Beigeladene zu 1. und der Kläger vertraglich Änderungen des Anstellungsvertrages vom 9. September 2009 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2011. Neu geregelt wurde u.a. die dem Kläger zugesagte Altersversorgung. Außerdem wurde die Regelung zu den Tantiemen geändert. § 2 Abs. 4 des Vertrages lautete nunmehr wie folgt:

"Dem Geschäftsführer wird eine Tantieme in Höhe von 5 % des EBIT gewährt. Nachträgliche Änderungen des EBIT, beispielsweise durch Prüfung und Veranlagung durch das Finanzamt, bleiben ohne Einfluss auf die Tantieme. Die Tantieme-Zahlung wird mit der Feststellung des Jahresabschlusses fällig."

Ausweislich der Nummer 433 der Urkundenrolle für 2011 der Notarin R. W. vom 21. März 2011 nahm die IDF I.- und B. Gesellschaft mbH & Co. KG das Verkaufsangebot vom 31. August 2009 - unter Klarstellung der vertragsgegenständlichen Geschäftsanteile (veränderte Gesellschaftsanteile der Beigeladenen zu 1.) - seinem gesamten Inhalt nach an.

Am 5. Oktober 2011 verkaufte der Kläger von ihm gehaltene Gesellschaftsanteile im Nennwert von jeweils 11.352,00 EUR an C. B. und M. T. und trat diese Anteile entsprechend ab (Nr. 1537 der Urkundenrolle für 2011 der Notarin R. W.).

Am 30. März 2015 wurde die Pool-Vereinbarung aktualisiert und von allen Gesellschaftern bis zum 31. Dezember 2022 festgeschrieben.

Am 8. Mai 2015 (Nr. 733 der Urkundenrolle für 2015 der Notarin R. W. wurde die Satzung der Beigeladenen zu 1. geändert. Der Absatz 6.1 des § 6 der Satzung wurde wie folgt neu gefasst:

"6.1 Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bedürfen der einfachen Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen sowie der Zustimmung der Gesellschafter T., B. und IDF I.- und B. Gesellschaft mbH & Co. KG, es sei denn, Gesetz oder Satzung schreiben zwingend eine größere Mehrheit vor."

Am 14. August 2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung, dass er in seiner Eigenschaft als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. seit dem 1. April 2011 nicht abhängig beschäftigt sei und somit nicht der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht unterliege. Er teilte folgende Stammeinlagen mit:

IDF I.- und B.

Gesellschaft mbH & Co. KG: 24.310,00 EUR

C. B.: 22.440,00 EUR

M. T.: 22.434,00 EUR

B. E. B.V.: 23.375,00 EUR

Darüber hinaus gab er an, dem Mit-Gesellschafter M. T. ein Darlehen in Höhe von 42.000,00 EUR gewährt sowie Bürgschaften in Höhe von 300.000,00 EUR für Verbindlichkeiten der Beigeladenen zu 1. übernommen zu haben.

Nach Anhörung des Klägers und der Beigeladenen zu 1. stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 8. Oktober 2015, gerichtet an den Kläger sowie an die Beigeladene zu 1., fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1. vom 5. Oktober 2011 bis zum 7. Mai 2015 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. In der Krankenversicherung bestehe Versicherungsfreiheit. Das Versicherungsverhältnis in der Sozialen Pflegeversicherung entspreche dem Versicherungsverhältnis der Gesetzlichen Krankenversicherung. Zur Begründung führte die Beklagte aus, nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Aufgrund des Kapitaleinsatzes des Klägers von mittelbaren 26,26 % des Gesamtkapitals und dem daraus resultierenden Stimmrechtsanteil sei es dem Kläger nicht möglich gewesen, die Geschicke der Firma maßgeblich zu beeinflussen. Weiterhin habe er aufgrund von mangelnden Vetorechten bzw. Sperrminoritäten keine Entscheidung verhindern können. Angesichts der Zahlung fester Bezüge habe er kein eine selbständige Tätigkeit kennzeichnendes Unternehmerrisiko getragen. Die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und die Tatsache, dass der Kläger die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich allein vertrete, stehe der Feststellung einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Die Stimmrechtsbindungsvereinbarung (Pool-Vereinbarung) bestimme zwar ein Vetorecht für die Gesellschafter, die Mitglieder in dieser Pool-Vereinbarung seien. Der Stimmrechtsbindungsvertrag stelle aber keine Änderung des Gesellschaftsvertrages dar und sei auch nicht als solche auszulegen. Festzuhalten sei zunächst, dass zwei einander widersprüchliche vertragliche Regelungen existierten. Grundsätzlich gelte in solchen Fällen, dass eine satzungsmäßige Ausübung eines Stimmrechts wirksam sei, auch wenn gegen die anderslautende Stimmrechtsverpflichtung verstoßen werde. Der Stimmrechtsbindungsvertrag habe generell nur schuldrechtliche Wirkung zwischen seinen Parteien und bewirke keinen Mangel des Gesellschafterbeschlusses. Im Hinblick darauf, dass zum Handelsregister die Satzung anzumelden sei, nicht aber der Stimmrechtsbindungsvertrag, sei eine rein schuldrechtliche Wirkung der Stimmbindungsvereinbarung naheliegend.

Dagegen legte der Kläger am 9. November 2015 Widerspruch ein. Der Bescheid sei bereits formell rechtswidrig, da er eine bloße Wiederholung der Ausführungen des Anhörungsschreibens darstelle, somit ein Anhörungsverfahren gemäß § 7a Abs. 4 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) nicht ordnungsgemäß durchgeführt sei. Darüber hinaus sei klarzustellen, dass Stimmbindungsvereinbarungen wirksam zwischen Gesellschaftern geschlossen werden könnten und klage- und vollstreckungsweise durchsetzbar seien. Die Verhinderung abredewidriger Stimmabgaben im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes sei anerkannt. Es entstehe mit der Vereinbarung nichts anderes als die Rechtsmacht, unliebsame Gesellschafterbeschlüsse zu verhindern. Hinzu komme, dass die Vereinbarung bis 2022 fest geschlossen worden sei, so dass eine Kündigung oder einseitige Veränderung ausgeschlossen gewesen sei.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2016 zurück und führte zur Begründung aus, das Bundessozialgericht (BSG) habe mit seinen Entscheidungen vom 29. Juli 2015 und vom 11. November 2015 nochmals die Bedeutung der gesellschaftsvertraglichen Rechtsmacht betont. Es habe eine Rechtsmachtverschiebung aufgrund von Stimmbindungsvereinbarungen verneint. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Kläger eine feste monatliche Vergütung erhalten und kein unternehmerisches Risiko getragen habe, sondern lediglich ein Entgeltrisiko, wie dies jeder andere Arbeitnehmer auch trage. Auch die Gewährung von Darlehen und Bürgschaften führe nicht zu der Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Zwar seien diese arbeitnehmeruntypisch. Dennoch seien dem Kläger für die Gewährung des Darlehens und die Erklärung einer Bürgschaft keine zusätzlichen Rechte eingeräumt worden.

Dagegen hat der Kläger am 20. Juni 2016 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Die Beklagte verkenne, dass er schon nach dem Gesellschaftsvertrag genau die vom BSG geforderte rechtliche Möglichkeit habe, seine Tätigkeit beeinflussende Gesellschafterbeschlüsse zu verhindern. Die Beklagte nehme den gegebenen Sachverhalt - ob gewollt oder ungewollt - nur teilweise zur Kenntnis. Ihr sei entgangen, dass Sonderbeschlüsse gerade auch die Festlegung der Anzahl, Wahl, Entlastung und die Abberufung der Geschäftsführer sowie die Ausgabe, Änderung oder Aufhebung von Geschäftsordnungen für die Geschäftsführung - mithin Weisungen an die Geschäftsführung - der 80 %igen Mehrheit bedürften. Darüber hinaus habe die Vereinbarung der Gesellschafter vom 31. August 2009, geändert durch Vereinbarung vom 2. März 2015, Bedeutung für die Beurteilung seines Status. Sie gewähre ihm die gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht, jegliche Gesellschafterbeschlüsse zu verhindern. Auch die Rechtsprechung des BSG, insbesondere die Entscheidungen vom 11. November 2015, ändere an der Beurteilung nichts. Eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit der Vereinbarung zur Stimmrechtsbindung hätten die Gesellschafter hier durch die Befristung bis 2020 bzw. 2022 ausgeschlossen. Es sei - anders als in den BSG-Fällen - gerade nicht so, dass eine Möglichkeit bestehe, die ihm gegebene Rechtsmacht einseitig aufzuheben.

Mit Beschluss vom 4. August 2016 hat das Sozialgericht die Beiladung zu 1. bewirkt. Schließlich hat es mit Urteil vom 16. August 2017 den Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2016 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Gesellschafter-Geschäftsführer in dem Zeitraum vom 5. Oktober 2011 bis zum 7. Mai 2015 nicht abhängig beschäftigt gewesen sei und somit nicht der gesetzlichen Pflichtversicherung in der Rentenversicherung und dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe. Der Kläger sei in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. in dieser Zeit kein Beschäftigter gewesen, weshalb keine Versicherungspflicht bestanden habe. Der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1. in der streitigen Zeit habe zwar ein schriftlicher Geschäftsführer-Anstellungsvertrag zu Grunde gelegen. Danach sei der Kläger unter Befreiung von § 181 BGB zum Geschäftsführer bestellt worden. Er habe eine feste Vergütung, zahlbar in monatlichen Beträgen, erhalten. Im Krankheitsfalle sei eine Fortzahlung der Vergütung für drei Monate erfolgt. Er habe Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub gehabt.

Im streitigen Zeitraum sei der Kläger darüber hinaus an der Beigeladenen zu 1. mit 26,26 % beteiligt gewesen. Die vertraglichen Abreden seien dem Typus der Selbstständigkeit zuzuordnen. Der Kläger sei als Gesellschafter-Geschäftsführer tätig gewesen. Es überwögen insoweit nicht die für einen Arbeitsvertrag sprechenden Elemente, wie z.B. die Regelungen über ein monatliches Entgelt, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und den Jahresurlaub. Mit seiner im Gesellschaftsrecht wurzelnden Rechtsmacht, die ihn in die Lage versetzt habe, ihm unangenehme Weisungen zu verhindern, schlössen auch die von ihm ausgeübten weitreichenden Befugnisse die Annahme von Beschäftigung aus, zumal er auch im Alltag faktisch bei seiner Tätigkeit keinen Weisungen unterlegen habe. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung hätten nach § 6.1 des Gesellschaftsvertrages zwar der einfachen Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen bedurft, es sei denn, Gesetz oder Satzung hätten zwingend eine größere Mehrheit vorgeschrieben. Nach § 6.2 hätte eine Reihe von Beschlüssen zu ihrer Wirksamkeit jedoch der Zustimmung der qualifizierten Mehrheit von 80 % der abgegebenen Stimmen der Gesellschafterversammlung bedurft. Darüber hinaus habe § 8 des Gesellschaftsvertrages weitere zustimmungsbedürftige Maßnahmen und Geschäfte geregelt. Somit habe der Kläger mit seinem Stimmenanteil unliebsame Weisungen der anderen Gesellschafter abwenden können. Für eine Selbstständigkeit spreche auch, dass der Kläger seinen Geschäftsbereich selbstständig und allein habe führen können, über seinen Gesellschaftsanteil ein Unternehmerrisiko getragen und keinen Weisungen unterlegen habe. Es könne insoweit dahinstehen, ob die aus der Stimmrechtspoolvereinbarung resultierende Verpflichtung, das Stimmrecht nur einheitlich auszuüben, nur schuldrechtlich eingeräumt worden und zumindest außerordentlich kündbar sei, denn der Kläger habe bereits aus dem Gesellschaftsvertrag über die Rechtsmacht verfügt, maßgebenden Einfluss auf die interne Willensbildung der Beigeladenen zu 1. zu nehmen, der es ihm erlaubt hätte, Weisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern.

Gegen das ihr am 30. August 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. September 2017 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Obwohl zugestanden werden müsse, dass der Kläger für wesentliche Beschlüsse eine Rechtsmacht habe, bestehe jedoch keine umfassende Sperrminorität. Das operative Tagesgeschäft betreffende Beschlüsse außerhalb der in § 6.2 der Satzung aufgeführten Beschlussgegenstände und außergewöhnliche Geschäfte (§ 8.1 der Satzung und außerhalb von § 8.2 der Satzung) bedürften der einfachen Mehrheit. Eine Rechtsmacht habe der Kläger diesbezüglich nicht. Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, die keinen maßgebenden Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft hätten, also weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine umfassende Sperrminorität verfügten, seien grundsätzlich als Arbeitnehmer im Sinne der Sozialversicherung zu qualifizieren. Sie seien nicht in der Lage, sich gegenüber Weisungen der Mehrheit in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort ihrer Geschäftsführertätigkeit, die ihnen nicht genehm sei, zur Wehr zu setzen. Keinen maßgebenden Einfluss besitze ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Sperrminorität, die nicht auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft Anwendung finde, sondern lediglich auf die Feststellung der Unternehmenspolitik, die Änderung des Gesellschaftsvertrages sowie die Auflösung der Gesellschaft beschränkt sei. Demnach habe der Kläger als Geschäftsführer nur dann einen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung ausschließenden maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft, wenn er mindestens in Höhe von 50 % (mittelbar) an der GmbH beteiligt sei oder über eine umfassende Sperrminorität verfüge. Auch wenn der Kläger für wesentliche Beschlüsse über eine Sperrminorität verfüge, stehe eine nur partiell auszuübende Sperrminorität in ausgewählten Fragestellungen der Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen. Für eine relevante Rechtmachtverschiebung sei Voraussetzung, dass der Betroffene in rechtlicher (nicht in tatsächlicher Hinsicht) ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit als Geschäftsführer jederzeit abwenden könne. Das sei vorliegend gerade nicht der Fall. Dem Kläger sei im Gesellschaftsvertrag keine Sperrminorität für sämtliche Beschlüsse eingeräumt worden. Eine gegebenenfalls bestehende Geschäftsordnung habe keine Satzungsqualität. Diesbezügliche Überlegungen seien mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit versicherungsrechtlicher Tatbestände daher nicht in Einklang zu bringen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 16. August 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angegriffene Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Ergänzend und vertiefend hat er ausgeführt, das Tagesgeschäft sei keine Obliegenheit der Gesellschafterversammlung, sondern des Geschäftsführers. Insoweit bestehe auch keine Beschlusszuständigkeit. Der Rahmen zur Durchführung des operativen Geschäfts könne nicht ohne seine Zustimmung aufgestellt werden, da sowohl Anzahl, Wahl, Entlastung, Abberufung als auch Ausgabe, Änderung und Aufhebung einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung dem qualifizierten Mehrheitserfordernis von 80 % unterlägen. "Umfassend" meine nicht, dass jeglicher Gegenstand eine qualifizierte Mehrheit erfordere. Im Wortsinne erfordere es eine Sperrminorität für alle wesentlichen Entscheidungen. Aus seiner Sicht seien keine Beschlüsse vorstellbar, die ihn bänden. Dass eine etwaige Geschäftsordnung für die Geschäftsführung keine Satzungsqualität habe, könne keinen Einfluss auf seinen Sozialversicherungsstatus haben. Eine Geschäftsordnung stelle die abschließende Verschriftlichung von Gesellschafterweisungen dar. Eine solche habe nur mit seinen Stimmen erfolgen können. Auch Änderungen insoweit seien nur mit seinen Stimmen möglich gewesen. Auf Nachfrage des Senats hat der Kläger Unterlagen zu den von ihm gestellten Sicherheiten zum Darlehensvertrag zwischen C. B. (Darlehensnehmer) und der D. B. AG (Darlehensgeber) vom 21. August 2009 sowie den Darlehensvertrag zwischen M. T. (Darlehensnehmer) und ihm, dem Kläger, sowie I. F. (Darlehensgeber) vom 1. Oktober 2013 übersandt.

Mit Beschluss vom 8. Mai 2018 hat der Senat die Beiladung zu 2. bewirkt.

Die Beigeladenen zu 1. und 2. haben keinen eigenen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese Akten haben bei der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Beratung des Senats vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 SGG).

Die Beklagte ist zutreffend von einer abhängigen Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 1. in seiner Funktion als Gesellschafter-Geschäftsführer in der Zeit vom 5. Oktober 2011 bis zum 7. Mai 2015 ausgegangen.

Die Sozialversicherung umfasst gemäß § 2 Abs. 1 SGB IV Personen, die kraft Gesetzes oder Satzung (Versicherungspflicht) oder aufgrund freiwilligen Beitritts oder freiwilliger Fortsetzung der Versicherung (Versicherungsberechtigung) versichert sind. In allen Zweigen der Sozialversicherung sind nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV Personen versichert, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Es unterliegen hier nur Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der vorliegend lediglich umstrittenen Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI); § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III)).

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt. Auf der Grundlage des festgestellten (wahren) Inhalts der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris, RdNr. 16 f., m.w.N.).

Ausgehend von diesen Prämissen weist der Senat zunächst darauf hin, dass der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag des Klägers zahlreiche Regelungen enthält, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen (Anspruch auf feste Vergütung in Gestalt eines Jahresgehalts von 110.000,00 EUR (brutto), zahlbar in monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 9.166,67 EUR (brutto) jeweils am Monatsende - § 2 Abs. 1 des Vertrages; Anspruch auf eine Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall für die Dauer von drei Monaten - § 4; Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen - § 8). Gemäß § 8.1 der Satzung der Beigeladenen zu 1. vom 30. November 2009 durften der oder die Geschäftsführer nicht ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung Geschäfte und Maßnahmen treffen, die über den normalen Geschäftsbetrieb hinausgehen. Der Kläger konnte also zunächst einmal nur im normalen Geschäftsbetrieb frei agieren. Aber selbst insoweit hätte die Gesellschafterversammlung auf der Grundlage von § 6.1 der Satzung jederzeit die rechtliche Möglichkeit gehabt, dem Kläger bindende Weisungen zu erteilen. Dies hätte der Kläger aufgrund seines geringen Anteils am Stammkapital (weniger als 27 %) nicht verhindern können. Allein diese rechtliche Möglichkeit der Gesellschaft - ob sie nun genutzt wurde oder nicht - spricht maßgeblich für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Es war ihm rechtlich nicht möglich, ihm nicht genehme Weisungen durch die Gesellschafterversammlung abzuwenden. Derartige Befugnisse ergaben sich weder aus seiner Stellung als Mitgesellschafter noch aus dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag. Die rechtliche Einordnung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger seinen Geschäftsbereich selbstständig und allein führen konnte. Diese gelockerte Weisungsdichte ist bei Personen, die Dienste höherer Art verrichten, üblich. Dass der Kläger vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit war (§ 1 des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags), spricht - wie das BSG wiederholt entschieden hat - nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 18 m.w.N.). Auch die Übernahme von Darlehen und Bürgschaften begründet für sich kein für eine selbstständige Tätigkeit sprechendes Unternehmerrisiko. Das hat das BSG für die Darlehensgewährung entschieden (Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 -, juris, RdNr. 33). Für die Bürgschaft kann nichts anderes gelten, zumal bei einer Bürgschaft (anders als beim Darlehen) noch kein Geld aus der Hand gegeben wurde.

Der Kläger verfügte als Minderheitsgesellschafter - diese Stellung besaß er im Übrigen nur mittelbar über die IDF I.- und B. Gesellschaft mbH & Co. KG mit Sitz in H. - in der Gesellschafterversammlung nicht über eine vergleichbare Stellung, wie sie ein mit einer im Gesellschaftsvertrag begründeten Sperrminorität ausgestatteter Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer innehat. Ist ein GmbH-Geschäftsführer - wie hier der Kläger - zugleich (mittelbar) als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Hinzu kommen die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist dabei, ob die rechtliche Möglichkeit besteht, als beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 24 m.w.N.). Gesellschafter-Geschäftsführer sind aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung nur dann selbstständig tätig, wenn sie mindestens 50 % der Anteile am Stammkapital halten oder ihnen bei geringerer Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine "echte" bzw. "qualifizierte" Sperrminorität eingeräumt ist. Eine "echte" bzw. "qualifizierte" Sperrminorität setzt voraus, dass sie nicht auf bestimmte Angelegenheiten der Gesellschaft begrenzt ist, sondern uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit umfasst. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags (Satzung) zustande gekommene, das Stimmverhalten regelnde Vereinbarungen (Abreden) sind bei der Bewertung der Rechtsmachtverhältnisse nicht zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R -, juris, Leitsätze 2. bis 4.).

Der Kläger verfügte - mittelbar über die IDF I.- und B. Gellschaft mbH & Co. KG - als Gesellschafter im umstrittenen Zeitraum nur über einen Anteil von weniger als 27 % am Stammkapital und damit nicht über die Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung. Dabei lässt der Senat offen, ob nicht schon diese nur mittelbare Gesellschafterstellung einer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne selbstständigen Tätigkeit entgegensteht, weil sich diese Stellung durch eine Änderung in den Verhältnissen der Kommanditgesellschaft jederzeit ändern kann, ohne dass die Auswirkungen auf die Gesellschaftsverhältnisse der zu prüfenden Gesellschaft (hier der Beigeladenen zu 1.) unmittelbar offenbar werden. Dadurch könnte das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände (s. unten) tangiert werden. Dieser Aspekt kann vorliegend aber dahinstehen, denn Gesellschafterbeschlüsse wurden bei der Beigeladenen zu 1. bis zur Änderung des Gesellschaftsvertrages am 8. Mai 2015 mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht Gesetz oder Satzung zwingend eine größere Mehrheit vorsahen. Erst durch die Änderung der Satzung im Mai 2015 wurde die Zustimmung der Gesellschafter T., B. und IDF I.- und B. Gesellschaft mbH & Co. KG, über die der Kläger an der Beigeladenen zu 1. beteiligt war, als notwendig eingefügt. Bis zum 7. Mai 2015 sah die Satzung keine Regelung vor, die dem Kläger als Minderheitsgesellschafter über die IDF I.- und B. Gesellschaft mbH & Co. KG eine Sperrminorität vermittelt hätte. Nur bei besonders wichtigen und einschneidenden Maßnahmen (§ 6.2 und § 8.2 der Satzung, z.B. Umwandlungen, Veräußerung von 35 % der Vermögensgegenstände der Gesellschaft oder mehr, Satzungsänderungen, Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und -herabsetzung, Zusammenlegung oder Entziehung von Geschäftsanteilen, Auflösung der Gesellschaft, Abschluss von Verträgen mit einem Gesamtvolumen von 100.000,00 EUR oder mehr, Kauf bzw. Verkauf von Grundstücken usw.) hatte der Kläger eine Sperrminorität. Diese Ausnahmen verschafften dem Kläger aber keine rechtlich maßgebliche Machtstellung im Alltagsgeschäft.

Es ist wäre rechtlich auch unbeachtlich, wenn es zwischen den Gesellschaftern nie zu erheblichen Differenzen gekommen wäre. Eine gegenseitige Rücksichtnahme mag solange eine gewisse Bedeutung haben, wie das Einvernehmen der Beteiligten gewahrt bleibt. Im Falle eines Zerwürfnisses wäre jedoch allein die den einzelnen Gesellschaftern zustehende Rechtsmacht zum Tragen gekommen. Insoweit hatte der Kläger im umstrittenen Zeitraum mit seinem Gesellschaftsanteil von weniger als 27 % ohne Sperrminorität keine wesentliche Machtposition. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit", solange die Beziehungen intakt und unbelastet sind, ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 R 2/14 R -, juris, RdNr. 41 m.w.N.). Nur wer als Minderheitsgesellschafter über eine im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Sperrminorität verfügt, kann sich im Konfliktfall gegen eine Entziehung seiner Sperrminorität oder gegen sonstige ihn belastende Maßnahmen wehren. Deshalb können nur im Gesellschaftsvertrag selbst vereinbarte Minderheitenrechte für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Gesamtbildes einer Tätigkeit verlässlich bedeutsam sein, soweit daraus eine Selbstständigkeit hergeleitet werden soll (BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 32 m.w.N.). Die zwischen den Gesellschaftern abgeschlossene Pool-Vereinbarung reicht also insoweit nicht aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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