L 5 KR 2/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 RA 16/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 2/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 19. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Beitragsnachforderung aus einer Betriebsprüfung wegen der Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) beim Kläger in der Zeit 01.09.1994 bis 12.12.1995.

Der Kläger betrieb ab Dezember 1991 eine Detektei bis zu deren Übernahme durch den Mitarbeiter M. H. am 12.12.1995. Das Aufgabengebiet der Detektei bestand überwiegend in der Überwachung von Kaufhäusern in Nürnberg wie z.B. S. , M. , K. , P ... Deren Inhaber beauftragten den Kläger mit der Kaufhausüberwachung, die dieser selbst sowie mit Hilfe von abhängig sowie selbständig Beschäftigten erbrachte. Gemäß Arbeitsvertrag vom 15.04.1994 war der Beigeladene zu 1) vom 01.05.1994 bis 05.09.1994 als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer tätig. Als er einen Bewacherschein erhalten und ein eigenes Detektivgewerbe angemeldet hatte, wurde er ab 06.09.1994 als Selbständiger geführt. Mit Schreiben vom 12.12.1995 kündigte ihm der Kläger das "Arbeitsverhältnis effektiv zum 12. Dezember 1995". Das ausstehende Entgelt werde "nach Erhalt vom S. und M. überwiesen." Der Beigeladene zu 1) werde "von der Detektei H. übernommen."

Nach dem Arbeitsvertrag vom 15.04.1994 erhielt der Beigeladene zu 1) ein Stundenentgelt von DM 16,00, ab 06.09.1994 erhielt er Stundenhonorare von DM 20,00 bzw. DM 22,00. Seine Überwachungstätigkeiten waren ebenso wie für die Beschäftigten M. H. und K. E. in Einsatzplänen des Klägers festgelegt. Der Beigeladene zu 1) war verpflichtet, die Zeiterfassungssysteme der zu bewachenden Warenhäuser zu benutzen (Zeitstempelkarten).

Im Rahmen einer Betriebsprüfung beim Kläger für den Zeitraum ab Dezember 1993 stellte die Beklagte nach einer Schlussbesprechung vom 02.06.1997 durch Bescheid vom 19.03.1998 eine versicherungspflichtige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) fest und forderte für die Zeit vom 01.09.1994 bis 12.12.1995 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt DM 18.169,21 ein.

Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen damit, der Beigeladene zu 1) habe selbständig ein Detektivgewerbe angemeldet und sei als Selbständiger eingesetzt worden. Er sei nicht ausschließlich für ihn, sondern auch für andere Auftraggeber tätig gewesen. Die Berufskleidung als wesentliches Betriebsmittel habe der Beigeladene zu 1) auf eigene Kosten angeschafft. Ein Weisungsrecht habe gegenüber dem Beigeladenen zu 1) nicht bestanden, dies habe der jeweilige Inhaber des zu bewachenden Kaufhauses als Auftraggeber innegehabt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.1999 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, da der Beigeladene zu 1) aufgrund des Arbeitsvertrages vom 15.04.1994 abhängig beschäftigt gewesen sei. An den Merkmalen einer abhängigen Beschäftigung habe sich auch nach der Anmeldung eines eigenen Gewerbes durch den Beigeladenen zu 1) nichts geändert. Anderweitige Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1) seien nicht nachweisbar, im Übrigen könne bei einem monatlichen Zeitaufwand von ca. 140 Stunden für den Kläger eine weitere Tätigkeit nicht unterstellt werden.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) hat der Kläger beantragt, den Bescheid vom 19.03.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.10.1999 insoweit aufzuheben, als für den Beigeladenen zu 1) Beiträge zur Sozialversicherung sowie Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz für den Zeitraum 01.09.1994 bis 12.12.1995 nachgefordert wurden. Im Rahmen des Klageverfahrens sowie des parallel laufenden Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, eine schriftliche Vereinbarung für die Zeit ab 06.09.1995 könne nicht vorgelegt werden. Die Einsatzpläne seien nicht einseitig von ihm festgelegt, sondern einvernehmlich mit den selbständigen Auftragnehmern besprochen worden. Der Beigeladene zu 1) habe nach Gewerbeanmeldung als Detektei A. firmiert und eigene Rechnungen erstellt. Die Arbeitszeiten und Arbeitsweise seien durch die Öffnungszeiten der zu bewachenden Kaufhäuser sowie durch die Gegebenheiten vor Ort bestimmt gewesen. Im Laufe des Klageverfahrens sind vorgelegt worden

- Schreiben Firma S. GmbH vom 09.08.2000, wonach der Kläger gegenüber dem Beigeladenen zu 1) weisungsbefugt gewesen sei und es Berufsbekleidung für die Detektive nicht gegeben habe,

- Vertragsvereinbarung S. Handels GmbH mit dem Kläger vom 26.05.1993,

- Detektiveinsatzpläne,

- Stempelkarten der Firma M ...

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.10.2001 hat der Kläger erklärt, er wisse nicht mehr, welche Vorkehrungen im Falle einer Krankheit getroffen worden seien. Der Beigeladene zu 1) hat erklärt, in einem Fall der Erkrankung eines Mitarbeiters des Klägers habe dieser ihm - dem Beigeladenen zu 1) - telefonisch die Erkrankung gemeldet. Dies habe er an den Kläger telefonisch weitergeleitet. Danach sei er für den Erkrankten eingesprungen. Der Kläger hat unter anderem erklärt, es sei von Seiten der auftraggebenden Warenhäuser nicht möglich gewesen, einen Detektiv durch einen Fremden zu ersetzen. Der Beigeladene zu 1) hat erklärt, er habe keine Eigenwerbung in Zeitungen etc. betrieben, weil er voll beschäftigt gewesen sei.

Mit Urteil vom 19.10.2001 hat das SG die Klage abgewiesen im Wesentlichen mit der Begründung, der Kläger habe den Beigeladenen zu 1) abhängig und damit versicherungspflichtig beschäftigt. Der Kläger sei weisungsbefugt gegenüber dem Beigeladenen zu 1) gewesen und habe diesen in Ausführung eines modernen Führungsstils zur Erbringung von Detektivdiensten verpflichtet. Im Verhinderungs- bzw. Krankheitsfall sei der Kläger Ansprech- sowie Einteilungsperson für die nötige Ersatzkraft gewesen. Eine Delegation der Detektivaufgaben auf Dritte sei nicht möglich gewesen. Die Detektivtätigkeit habe der Beigeladene zu 1) unter Verwendung eines Zeiterfassungssystems erbracht. Eigene Aufträge habe er nicht erbringen können. Der Beigeladene zu 1) habe kein Unternehmerrisiko getragen, da er weder eigenes Kapital eingesetzt noch ein sonstiges Risiko durch Einsatz sächlicher oder persönlicher Mittel getragen habe. Hinter diesen eine abhängige Beschäftigung belegenden Gesichtspunkten trete zurück, dass der Beigeladene zu 1) und der Kläger eine selbständige Tätigkeit hätten vereinbaren wollen.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, der Beigeladene zu 1) sei nicht abhängig beschäftigt gewesen, sondern sei als Selbständiger für ihn tätig geworden. Der Beigeladene zu 1) habe ein eigenes Gewerbe angemeldet, sobald er über einen Gewerbeschein verfügt habe, er sei nicht exklusiv für ihn tätig gewesen. Intern sei mit ihm, dem späteren Betriebsübernehmer und dem Beigeladenen zu 1) eine gleichberechtigte Abrechnung der Aufträge durch die Warenhäuser erfolgt. Die Einsatzpläne seien nicht vorgegeben, sondern abgesprochen worden, der Beigeladene zu 1) habe zu keiner vorbestimmten Arbeitszeit tätig werden müssen; er habe auch für die Berufskleidung selbst sorgen müssen. Weisungen seien nur aufgrund übergeordneter Bewachungsvorschriften erteilt worden und schließlich hätten die Auftraggeber nur einen Ansprechpartner gewünscht, so dass die Verträge mit diesen durch ihn, den Kläger, hätten abgeschlossen werden müssen.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 19.10.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.03.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.10.1999 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 19.10.2001 zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 3) schließt sich dem Antrag der Beklagten an.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen der Hauptsache wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht haben die Beklagte und das Sozialgericht Nürnberg den Beigeladenen zu 1) in der streitgegenständlichen Zeit als abhängig Beschäftigten des Klägers angesehen, so dass dieser die strittigen Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen zu entrichten hat.

Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den sehr ausführlichen und stichhaltigen Gründen des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 19.10.2001 zurück (§ 153 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nach dem gesamten Akteninhalt und dem Vorbringen der Beteiligten sich die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) während der Zeit der (unstreitig) abhängigen Beschäftigung bis zum 05.09.1994 von der anschließenden Zeit lediglich in der Entgeltabrechnung unterscheidet. Ansonsten war die Ausübung der Detektivtätigkeiten unverändert geblieben. Gegen eine abhängige Beschäftigung spricht auch eindeutig, dass der Kläger das "Arbeitsverhältnis" mit dem Beigeladenen zu 1) durch Schreiben vom 12. Dezember 1995 gekündigt, die Zahlung des ausstehenden Entgelts nach Erhalt durch die Auftraggeber angekündigt und die Übernahme des Beigeladenen zu 1) durch die Detektei H. erklärt hat. Diese vom Kläger selbst gewählten und unterzeichneten Formulierungen, die auch gegenüber dem nach dem gesamten Akteninhalt und dem Klägervorbringen unstreitig als Arbeitnehmer geführten Kerim Ergican verwendet wurden, belegen unzweifelhaft, dass auch der Kläger selbst von einer Arbeitnehmereigenschaft des Beigeladenen zu 1) ausgegangen ist. Die Ankündigung, "Ihr ausstehendes Entgelt" werde demnächst überwiesen, wiederlegt neben der Eigenschaft als Selbständiger auch Vermutungen, der Kläger habe mit dem Beigeladenen zu 1) eine gleichberechtigte BGB-Gesellschaft geführt.

Die Berufung musste deshalb in vollem Umfang ohne Erfolg bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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