Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 2844/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3493/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 8. Juli 2015 sowie der Bescheid des Beklagten vom 4. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2013 aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Verpflichtung zum Kostenersatz.
Der Kläger ist seit 2008 Berufsbetreuer. Er wurde durch das Notariat II A.-E. – Vormundschaftsgericht – am 19. März 2009 zum Betreuer des am 5. Februar 1956 geborenen T. bestellt (II GR N Nr. 503/2008) und zeigte dies Anfang April 2009 gegenüber dem Beklagten an. Der Aufgabenkreis des Klägers umfasste die Vermögenssorge, Behördenangelegenheiten und leistungsrechtliche Angelegenheiten.
Bei T. ist seit dem 3. März 2009 ein Grad der Behinderung (GdB) von 90 wegen einer Depression, einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung der Gelenke, dem Verlust des Sehvermögens links und Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und Bandscheibenschaden festgestellt (Bescheid des Landratsamts Zollernalbkreis – Versorgungsamt – vom 28. April 2009). T. war im Jahr 2008 bereits zwei Mal geschieden. Er hat drei Kinder. In der Vergangenheit waren schon zwei andere Betreuer bestellt worden. Die letzte Betreuung durch den am 4. April 2007 bestellten Betreuer E. war auf Veranlassung des Betreuers im Jahr 2007 aufgehoben worden, da T. die Zusammenarbeit mit dem Betreuer verweigert hatte und ohne Mitteilung weggezogen war (Beschluss des Notariats I A.-E. vom 24. Oktober 2007). E. hatte den Beklagten, der dem T. schon damals Sozialhilfeleistungen gewährte, zuvor auf ein angebliches Zusammenleben des T. mit einer Frau und eine Tätigkeit als Paketauslieferer hingewiesen.
Der Beklagte bewilligte T. (nach Rückkehr von einem mitgeteilten Türkeiaufenthalt) mit Bescheiden vom 16. Juni 2009 und vom 22. Juli 2010 ab dem 18. Juni 2009 weiter Hilfe zum Lebensunterhalt und (nach Mitteilung des dauerhaften Vorliegens einer vollen Erwerbsminderung) mit Bescheiden vom 3. und 9. September 2010 ab September 2010 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Im November 2010 teilte der Kläger dem Beklagten mit, T. nehme eine geringfügige Beschäftigung als Aushilfsfahrer bei der Firma Max und Moritz Umzüge in B. S. auf. Im Januar 2011 teilte der Kläger die Beendigung dieser Tätigkeit mit. Mit Bescheid vom 28. Januar 2011 bewilligte der Beklagte die Grundsicherungsleistungen für Dezember 2010 bis Juli 2011.
Unter dem 17. Juni 2011 und 22. Juni 2012 beantragte der Kläger für T. die Weiterbewilligung von Grundsicherungsleistungen. Der Kläger gab als Wohnanschrift jeweils wie in den früheren Anträgen die beim Zeugen H angemietete Wohnung in der W.-D.-Gasse in A. und als Familienstand geschieden an. Er verneinte die Erzielung von Einkommen durch den Kläger. Der Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheiden vom 20. Juni 2011 und 24. Juli 2012 Grundsicherung auch für die Zeit von August 2011 bis Juli 2013.
Im September 2011 teilte der Kläger einen vorübergehenden Türkeiaufenthalt des T. (vom 3. bis 28. Oktober 2011) mit und bat um Information, ob eine mögliche Arbeitsaufnahme gestattet werden könne. Der Beklagte wies darauf hin, dass während des Türkeiaufenthalts (wie auch schon bei Aufenthalten zuvor) keine Leistungen gewährt werden und ggf. jedes Einkommen anzurechnen sei (Schreiben vom 7. Oktober 2011).
Mit Schreiben vom 29. November 2012 teilte der Kläger dem Beklagten bekannt, dass der T. seine neue Anschrift in H. (Kreis S.) habe. Weitere Ermittlungen des Beklagten bei verschiedenen Behörden ergaben anschließend, dass T. sich bereits zum 20. Mai 2012 nach H. umgemeldet und Mitte 2010 in der Türkei geheiratet hatte. Ferner stellte sich heraus, dass er bei der Firma Max und Moritz von Februar 2011 bis Juli 2012 geringfügig und von August bis Oktober 2012 in Vollzeit beschäftigt war. Von März bis Juni 2012 bestand zudem noch ein nicht geringfügiges Beschäftigungsverhältnis mit der Firma F. in B. S ... Das Mietverhältnis mit dem Zeugen H. wurde zum Ende des Jahres 2012 beendet. T. hatte in der Wohnung in A. seine Möbel stehen lassen. Der Beklagte stellte aufgrund der neu gewonnen Erkenntnisse die Leistungsgewährung mit Ablauf des Dezember 2012 ein.
Die Betreuung des Klägers für T. wurde vom Notariat III B. S. – Betreuungsgericht – mit Beschluss vom 21. Juni 2013 (3 VG 2/2013) aufgehoben. Das vom Beklagten gegen T. veranlasste Strafverfahren wegen Sozialleistungsbetrugs wurde von der Staatsanwaltschaft H. am 19. März 2014 eingestellt, da T. aufgrund seiner psychischen Erkrankung kein Vorsatz nachgewiesen werde könne (23 Js 3266/13).
Der Beklagte hob mit an T. gerichteten Bescheiden vom 26. Juli 2013 (Bekanntgabe gegenüber dem Kläger) bzw. vom 21. August 2013 (Bekanntgabe direkt gegenüber T.) die Leistungsbewilligung für März bis Dezember 2012 in Höhe von 6.127,70 Euro ganz und mit Bescheid vom 3. September 2013 (Bekanntgabe direkt gegenüber T.) die Leistungsbewilligung für Februar 2011 bis Februar 2012 in Höhe von 3.592,68 Euro teilweise auf. Der Beklagte forderte in den Bescheiden jeweils die Erstattung der Leistungen im Umfang der Aufhebung (insgesamt also 9.720,38 Euro).
Mit Bescheid vom 4. September 2013 machte der Beklagte gegenüber dem Kläger einen Kostenersatz in Höhe von 9.720,38 Euro geltend. Der berufsmäßig tätig gewordene Kläger habe grob fahrlässig gehandelt. Trotz Hinweisen, dass T. arbeiten wolle und viel unterwegs sei, habe er sich nicht die notwendigen Kenntnisse verschafft und keine regelmäßigen Hausbesuche vorgenommen. Vor Abgabe der Leistungsanträge hätte er deren Richtigkeit überprüfen müssen. Die bei T. eingetretenen gravierenden Veränderungen hätten einem Berufsbetreuer bei sorgfältiger Führung der Betreuung auffallen müssen. Da T. zur Rückzahlung der zu Unrecht gewährten Leistungen nicht in der Lage sei, sei ein Schaden entstanden. Die Heranziehung zum Kostenersatz stelle keine Härte dar.
Hiergegen erhob der Kläger am 15. September 2013 Widerspruch. Er habe den T. regelmäßig telefonisch oder bei Besuchen kontaktiert bzw. der T. habe sich gemeldet, wenn etwas zu besprechen gewesen sei. Im Wohngebäude des T. in A. habe ein weiterer von ihm Betreuter gewohnt, der öfters Gespräche in seiner Wohnung gewünscht habe. In diesem Zusammenhang habe er immer feststellen können, dass der Briefkasten des T. regelmäßig geleert bzw. dass an der Wohnung keine Veränderungen vorgenommen worden seien. Die ihm vorliegenden Informationen und Veränderungen, die den Leistungsbezug betrafen, habe er unmittelbar dem Beklagten mitgeteilt.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2013 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 23. Oktober 2013 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Die bei T. eingetretenen Änderungen seien ihm nicht bekannt gewesen. Es könne ihm nicht zur Last gelegt werden, dass ihm T. die Änderungen verschwiegen habe. Er habe die Rechtswidrigkeit der Leistungsgewährung nicht gekannt und diesbezüglich auch nicht grob fahrlässig gehandelt. Der Beklagte überspanne die Pflichten eines Berufsbetreuers. Die Beschäftigungsverhältnisse hätten anhand der Kontoauszüge nicht nachvollzogen werden können. Auf den Konten seien keine auffälligen Buchungen gewesen. Am äußeren Erscheinungsbild der Wohnung sei nicht erkennbar gewesen, dass T. unrichtige Angaben gemacht habe. Es habe verschiedentlich einen telefonischen und auch persönlichen Kontakt gegeben. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Nachfrage mitgeteilt, ihm seien die vorangegangenen Betreuungen und auch die Probleme, die der Betreuer E. gehabt habe, bekannt gewesen. Ihm seien auf den Kontoauszügen des T. auch Abbuchungen von Tankstellen aufgefallen – zumal T. kein eigenes Auto gehabt habe. Auf Nachfrage habe ihm T. hierzu mitgeteilt, er fahre mit anderen und zahle dafür das Benzin.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Der Kläger würdige seinen Aufgabenbereich herab. Es habe nach seinen Angaben nur ein sehr loser und keinesfalls ausreichender Kontakt zu T. bestanden. Die Kenntnis der persönlichen Verhältnisse des T. sei bei der Stellung der Anträge ein elementares Wissen gewesen. Auch die Aufenthalte in der Türkei hätten finanziert werden müssen. Der Kläger habe die Vermögenssorge innegehabt. Nachdem sich T. sogar selbst umgemeldet habe, sei nicht schlüssig, dass er dies gegenüber seinem Betreuer nicht mitgeteilt hätte.
Das SG hat den Zeugen H. in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 2015 vernommen. Wegen des Inhalts seine Aussage wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Das SG hat mit Urteil vom 8. Juli 2015 die Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage der Bescheide sei § 103 Abs. 1 Satz 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Die Bewilligungsbescheide vom 28. Januar 2011, 20. Juni 2011 und 24. Juli 2012 seien in dem in den Bescheiden vom 26. Juli bzw. 21. August 2013 und 3. September 2013 beschriebenen Umfang teilweise bzw. vollumfänglich rechtswidrig gewesen, da von T. erzieltes Einkommen und sein Umzug nicht berücksichtigt gewesen seien. Der Kläger habe gegen die Richtigkeit der jedenfalls gegenüber T. bestandskräftig gewordenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide keine Einwände erhoben. Anhaltspunkte für Fehler in diesen Bescheiden seien auch nicht ersichtlich. Daher könne dahingestellt bleiben, ob die gegenüber T. ergangenen Bescheide inzwischen auch gegenüber dem Kläger als Bescheide mit Drittwirkung bestandskräftig geworden seien und deswegen eine inhaltliche Prüfung ausgeschlossen wäre. Der Kläger habe als Vertreter des T. die (teilweise) Rechtswidrigkeit der genannten Bewilligungsbescheide nicht gekannt. Allerdings hätte der Kläger die Rechtswidrigkeit erkennen müssen. Seine Unkenntnis beruhe auf einer besonders schweren Verletzung seiner Sorgfaltspflichten und sei mithin grob fahrlässig. Der Kläger hätte in Erfahrung bringen können und müssen, dass T. ab Februar 2011 im Raum B. S. eine geringfügige Beschäftigung und später bei zwei Arbeitgebern eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen habe. Ferner hätte ihm der Umzug des T. im Mai 2012 und auch die Eheschließung nicht verborgen bleiben dürfen. Der Kläger könne sich nicht auf den Standpunkt zurückziehen, dass T. ihm gegenüber diese Umstände verschwiegen habe. Der Kläger hätte vielmehr die Pflicht gehabt, bei T. gezielt nachzufragen und angesichts eines gebotenen Misstrauens Kontrollen durchzuführen. Diese Verpflichtung habe die dem Kläger übertragenen Aufgabenkreise der Vermögenssorge, Behördenangelegenheiten und leistungsrechtliche Angelegenheiten unmittelbar betroffen. Indem der Kläger dies nicht in ausreichendem Umfang vorgenommen habe, habe er grob fahrlässig gehandelt und ihm sei in eben dieser Weise verborgen geblieben, dass dem T. rechtswidrig Leistungen gewährt worden seien. Insbesondere müsse sich der Kläger anrechnen lassen, dass er die von ihm für T. abgegebenen Erklärungen gegenüber dem Beklagten, u.a. in den Fortzahlungsanträgen vom 17. Juni 2011 und 22. Juni 2012, nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft habe. Der Kläger habe diesbezüglich nicht einmal vorgetragen, dass er mit T. die Anträge durchgegangen sei und sich die Richtigkeit habe bestätigen lassen. Er habe auch nicht vorgetragen, dass er T. ausdrücklich nach den hier relevanten Umständen der Arbeitsaufnahme, des Familienstands und des Wohnorts befragt und falsche Antworten erhalten habe. Die Kammer schließe daraus, dass tatsächlich zwischen dem Kläger und T. nur ein sehr loser Kontakt bestanden habe. Der Kläger habe sich aus Sicht der Kammer in grob fahrlässiger Weise darauf verlassen, dass T. ihm schon alle wichtigen Änderungen in seiner Lebenssituation von selbst mitteilen werde. Dabei müsse sich der Kläger an einem strengen Sorgfaltsmaßstab messen lassen. Dafür spreche, dass er als Berufsbetreuer tätig gewesen sei. Ferner sei dem Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung eingeräumt habe, schon bei der Übernahme der Betreuung bekannt gewesen, dass es im Vorfeld Probleme in der Zusammenarbeit zwischen dem früheren Betreuer E. und T. gegeben habe. Damals sei es um genau die gleichen Themen (Aufnahme einer Tätigkeit, Zusammenleben mit einer Frau) in der Zusammenarbeit zwischen Betreuer und dem Betreuten gegangen, wie sie auch im vorliegenden Sachverhalt wieder kennzeichnend, vom Kläger freilich über lange Zeit nicht bemerkt worden seien. Neben der Vorgeschichte anlässlich der Betreuung durch E. hätten den Kläger die Abbuchungen von Tankstellen misstrauisch machen müssen. Diesbezüglich habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass ihm diese Abbuchungen aufgefallen seien, zumal T. nicht einmal über ein eigenes Auto verfügt habe. Der Kläger hätte diesem Sachverhalt weiter nachgehen müssen und sich nicht mit der Erklärung des T., er fahre mit Bekannten und zahle dafür die Rechnungen, zufriedengeben dürfen. Letzteres sei bei einem Empfänger von Grundsicherungsleistungen ein Sachverhalt, der Anlass zu Misstrauen gebe. Zudem falle z.B. bei der Sichtung der Kontoauszüge von April bis Juli 2010 auf, dass hier fünf von sieben Abbuchungen von Tankstellen aus dem Raum B. S. stammten. Auch dies habe erkennbar auf Handlungsweisen und Aufenthalte des T. hingedeutet, die nicht mit dem Grundsicherungsbezug im Zuständigkeitsbereich des Beklagten in Einklang gebracht werden könnten. Der Kläger hätte auch weiter hinterfragen müssen, wie die immer wieder erfolgten Türkeireisen finanziert worden seien. Hier hätte es nahegelegen, sowohl wegen der Finanzierung als auch wegen der Gründe für die jeweiligen Reisen nachzuhaken. Die Handlungsweisen des T. sprächen nicht dafür, dass er bei entsprechenden Nachfragen Dinge bewusst verschwiegen oder geleugnet hätte. Schließlich habe T. gegenüber den Behörden im Landkreis S. sowohl die Aufnahme der Beschäftigungsverhältnisse als auch die Eheschließung in der Türkei angegeben. Natürlich hätte T. auch von sich aus auf den Kläger mit den entsprechenden Mitteilungen zukommen können. Darauf habe sich der Kläger, dem die Defizite des T. in der "freiwilligen" Zusammenarbeit mit seinen Betreuern bekannt gewesen seien, aber gerade nicht verlassen können und dürfen. Es handele sich um Defizite, die im Übrigen auch dem Zeugen, der den Eindruck gewonnen habe, T. habe es sich in Deutschland auf der Basis der Leistungen des Kreissozialamts "bequem gemacht", aufgefallen seien. Dem Kläger seien zudem die Anläufe des T. bezüglich Arbeitsaufnahmen bekannt gewesen. Er habe deswegen beim Beklagten auch nachgefragt. Hier wäre der Kläger in erhöhtem Maß gehalten gewesen, regelmäßig und konkret wiederum bei T. nachzuhaken, wie es mit der Arbeitsuche laufe. Der Kläger habe nicht vorgetragen, dass er derartiges getan hatte. Dies halte die Kammer für ausgeschlossen. Es sei nicht vorstellbar, dass dem Kläger bei einem regelmäßigen persönlichen Kontakt und gezielten Nachfragen die von März bis Oktober 2012 insgesamt sieben Monate mit einem Vollzeitbeschäftigungsverhältnis hätten verborgen bleiben können. Letzteres spreche im Übrigen auch dafür, dass T. schon ab März 2012 seinen Lebensmittelpunkt in den Landkreis S. verlegt habe. Darüber hinaus hätte dem Kläger auffallen müssen, dass sich T. jedenfalls ab Mai 2012 nicht mehr regelmäßig in der angemieteten Wohnung in A. aufgehalten und sogar selbst seinen Wohnsitz umgemeldet habe. Die Angaben des Klägers im Schriftsatz vom 20. August 2014 zu der Art und Weise der Kontakte zu T. seien vage. Die Kammer gehe zugunsten des Klägers davon aus, dass es sich bei den angegebenen Daten nicht nur um Telefonate, sondern z.T. auch um persönliche Kontakte, evtl. auch in der angemieteten Wohnung gehandelt habe. Diese Kontakte seien aber offensichtlich unzureichend gewesen. Anders könne nicht erklärt werden, dass dem Zeugen anders als dem Kläger schon im Sommer 2012 die Abwesenheit des T. aufgefallen sei. Damals sei, wie der Zeuge angegeben habe, der Briefkasten vollgelaufen, die Kochnische verdreckt und Lebensmittel im Kühlschrank schon lange abgelaufen gewesen. Nach den Mitteilungen der Nachbarn sei T. "schon ewig nicht mehr da gewesen" – was angesichts der aufgenommenen Vollzeitarbeitsverhältnisse ab März 2012 auch schlüssig sei. Dieser Sachverhalt hätte dem Kläger auffallen müssen, wenn er in ausreichendem Maß T. unangemeldet unter seiner Wohnanschrift aufgesucht hätte. Ihm hätte dann auffallen müssen, dass T. häufig nicht anzutreffen gewesen sei. Er hätte sich dann einfach von den Nachbarn oder unmittelbar von T. die gleichen Informationen wie der Vermieter verschaffen können. Die Notwendigkeit regelmäßiger unangemeldeter Kontrollen habe angesichts der dargestellten Vorgeschichte, den Bedenken hinsichtlich der Abbuchungen von Tankstellen, den Türkeiaufenthalten und den durchaus bekannten Ambitionen des T., eine Arbeit aufzunehmen, auf der Hand gelegen. Es seien keine Umstände ersichtlich, aus denen die Heranziehung zum Kostenersatz eine Härte für den Kläger bedeuten könnte.
Der Kläger hat gegen das ihm am 3. August 2015 zugestellte Urteil am 18. August 2015 Berufung eingelegt. Das SG überdehne die Pflichten eines Berufsbetreuers erheblich. Der Betreute habe ihm gegenüber verschwiegen, dass er ab Februar 2011 im Raum B. S. eine geringfügige Beschäftigung und später bei zwei Arbeitgebern eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen habe, dass er im Mai 2012 umgezogen sei und dass er geheiratet habe. Der Arbeitgeber des Betreuten hätte von der Betreuung Kenntnis gehabt. Ferner habe er den Arbeitgeber des Betreuten darauf hingewiesen, dass er monatlich die Gehaltsabrechnung direkt an den Beklagten übersenden solle. Dies habe er Herrn B. , dem Inhaber des Arbeitgebers, in einem Telefonat am 10. Dezember 2010 mitgeteilt. Seitdem der Betreute ihn informiert habe, dass die Arbeit zu anstrengend für ihn sei, habe der Arbeitgeber ihn abgemeldet. Er habe dies wiederum an den Beklagten gemeldet. Es sei nicht nachvollziehbar, wie es dazu habe kommen können, dass der Betreute bei dem Arbeitgeber wieder eine Arbeit aufgenommen habe, ohne dass dies dem Beklagten zur Kenntnis gelangt sei. Ihm sei auch die Abmeldung/Ummeldung des Betreuten bei der Krankenkasse nicht bekannt gewesen. Er könne auch nicht nachvollziehen, weshalb insoweit seitens des Arbeitgebers, dem der Bezug von Sozialhilfeleistungen bekannt gewesen sei, keinerlei Rückfragen an ihn erfolgt seien. Der Betreute habe auch ihm gegenüber die erneute Aufnahme einer Arbeitstätigkeit verschwiegen. Soweit das SG der Auffassung sei, er habe die Pflicht gehabt, bei dem Betreuten gezielter nachzufragen und angesichts eines gebotenen Misstrauens Kontrollen durchzuführen, übersehe das SG, dass es für dieses Misstrauen gar keinen Anlass gegeben habe. Lege man den vom SG aufgestellten Maßstab an, müsste jeder Berufsbetreuer grundsätzliches Misstrauen gegenüber seinem Betreuten haben. Es dürfte dann keinerlei Erklärung des Betreuten Glauben geschenkt werden, ohne diese selbst zu überprüfen. Dies überspanne jedoch den Bogen an die Pflichten eines Berufsbetreuers. Er habe auch die einzelnen Fortzahlungsanträge nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen müssen. Er habe bei jedem Weiterbewilligungsantrag den Betreuten nach Änderungen in seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gefragt. Soweit der Betreute dies dann verneint habe, habe für ihn kein Anlass bestanden, dies näher zu hinterfragen. Alles andere würde bedeuten, dass man den Angaben eines Betreuten grundsätzlich keinen Glauben schenken könne. Soweit das SG darauf hinweise, dass es in der Zusammenarbeit zwischen dem früheren Betreuer und dem Betreuten Probleme gegeben habe, sei dies auch insoweit unerheblich. Denn der Wechsel zum Kläger sei darin begründet gewesen, dass der Betreute mit seinem früheren Betreuer persönlich nicht klargekommen sei. Er habe zu keinem Zeitpunkt Kenntnis davon gehabt, dass auch im früheren Betreuungsverhältnis offensichtlich der Betreute gegenüber seinem Betreuer nicht ehrlich gewesen sei bzw. Tatsachen verschwiegen habe. Er habe auch kein Misstrauen hegen müssen aufgrund der Abbuchungen von Tankstellen. Der Betreute habe ihm mitgeteilt, dass er eine in H./B. S. wohnhafte Schwester habe, die er häufig besuche. Zahlungen an der Tankstelle habe der Betreute mit der Übernahme von Benzinkosten bzw. Einkäufen für den persönlichen Bedarf begründet. Dies sei für ihn glaubwürdig gewesen. Er habe als Betreuer zum und für das Wohl des Betreuten zu handeln. Misstrauen und ständige Kontrolle seien in diesem Rahmen keine Maßnahmen für eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit mit dem Betreuten mit dem Ziel, die Betreuung wieder entbehrlich zu machen. Der Zeitrahmen einer gesetzlichen Betreuung sei vom Gesetzgeber vorgegeben und sehr eng bemessen. Im streitgegenständlichen Fall seien für die rechtliche Betreuung monatlich 3,5 Stunden Betreuungszeit im Rahmen der Aufgabenkreise vorgegeben. Eine Sozialbetreuung sei im Rahmen der Eingliederungshilfe durch einen örtlichen Träger nach Genehmigung möglich, sei jedoch vom Betreuten nicht gewünscht gewesen. Seine Bestellung sei aufgrund eines Gutachtens erfolgt, das dem Betreuten eine weitgehende Entscheidungsfreiheit und Selbständigkeit attestiert habe und somit lediglich die Unterstützung im Bereich der Vermögenssorge, behördlicher Angelegenheiten, der Geltendmachung von Ansprüchen und Versicherungsangelegenheiten auf ihn übertragen worden sei. Der T. selbst habe die Betreuung beim Betreuungsgericht angeregt, nachdem persönliche Probleme mit den bisherigen Betreuern dazu geführt hätten, dass der Betreute diese Betreuungen beendet habe. Die Anträge habe er gemeinsam mit dem Betreuten erarbeitet. Er habe den Betreuten selbstverständlich über alle seine Pflichten informiert und ihn insbesondere auch darüber informiert, dass er jegliche Änderungen in seinen tatsächlichen und finanziellen Verhältnissen, insbesondere auch Reisen in die Türkei, ihm rechtzeitig mitteilen müsse. Die einzelnen Reisen habe der Kläger bzw. auch der Betreute selbst dem Beklagten mitgeteilt, z.B. auch, wenn Reisen wieder storniert worden seien. Seitens des Beklagten habe es keinerlei Beanstandungen und auch keinerlei Nachfragen gegeben, wie der Betreute die Reisen finanziere. Ihm gegenüber habe der Betreute mitgeteilt, dass er z.B. günstig mit einem LKW in die Türkei habe mitfahren können. Das SG wälze die Überprüfungspflichten des Beklagten unrechtmäßig auf ihn ab. Bei Antragstellung sei es Aufgabe des angegangenen Leistungsträgers zu prüfen, ob dieser zuständig sei und ob ein Leistungsanspruch bestehe. Eine Überprüfung des Anspruchs durch den Betreuer sei im Betreuungsrecht nicht vorgesehen und es obliege ihm auch nicht, diese im Vorfeld zu prüfen. Dem Beklagten als Kostenträger stünden vielfältige Möglichkeiten offen, das Recht auf Leistungsbezug zu überprüfen, insbesondere Datenabgleich und/oder Amtshilfe. Dies ergebe sich beispielsweise daraus, dass der Beklagte noch im Rahmen eines Telefonats mit ihm, als die ersten Ungereimtheiten aufgefallen seien, bereits eine Überprüfung des Melderegisters vorgenommen habe. Auch den Beklagten treffe die Pflicht, vorgelegte Unterlagen, wie z.B. Kontoauszüge, auf Plausibilität zu prüfen, nachdem der Kläger dies bereits bei Erfassung und Rücksprache mit dem Betreuten gemacht habe. Anscheinend habe aber auch der Beklagte bei den Angaben genauso wenig Zweifel an deren Richtigkeit wie er gehabt. Er lege Wert auf die Feststellung, dass die Nachforschungen des Beklagten im Hinblick auf Umzug, Arbeitsaufnahme, Heirat und aktuellen Status nur möglich gewesen seien, da er dem Beklagten diese Ungereimtheiten nach Bekanntwerden unverzüglich mitgeteilt habe. Er habe auch die Heirat des Betreuten nicht mitbekommen müssen. Wenige Tage nach Rückkehr von einem Türkeiaufenthalt, in welchem offensichtlich die Hochzeit stattgefunden habe, habe der Betreute einen Termin beim Gerichtsvollzieher gehabt, bei dem er eine Vermögensauskunft habe abgeben müssen. Bei diesem Termin habe der Betreute als Familienstand "geschieden" angegeben, so dass auch insoweit für ihn keinerlei Anlass bestanden habe, daran zu zweifeln. Erstmals misstrauisch geworden sei er, als er am 30. November 2012 eine Zahlungsaufforderung der Gemeinde H. erhalten habe. Er habe direkt Kontakt zu dem Betreuten und auch dem Beklagten aufgenommen, nachdem er festgestellt habe, dass Ungereimtheiten bestünden. Die bereits überwiesenen Leistungen für den Monat Dezember 2012 habe er sofort wieder an den Beklagten zurück überwiesen. Gleichzeitig sei der Vermieter des Betreuten ebenfalls um Rückzahlung der Miete an den Beklagten gebeten worden. Er habe umgehend reagiert, als er von dem Wegzug des Betreuten erfahren habe. Er sei es gewesen, der die ganzen Ermittlungen in die Wege geleitet habe. Daraus könne ihm nun aber kein Vorwurf gemacht werden. In der Gesamtschau könne man ihm sicherlich nicht vorwerfen, er habe seine Betreuerpflichten grob fahrlässig verletzt. Insbesondere habe das SG unterstellt, dass der Betreute bei – nach Auffassung des SG – ausreichendem Nachbohren ihm die richtigen Informationen im Hinblick auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses gegeben hätte. Dies sei pure Spekulation. Damit könne das SG jedenfalls ein grob fahrlässiges Verhalten des Klägers nicht begründen. Auch im Hinblick auf die Wohnung in A. sei die Argumentation des SG nicht in der Lage, eine Pflichtverletzung darzustellen. Soweit das SG den Vermieter als Zeugen vernommen habe, habe der Zeuge nur von einem einmaligen Zustand berichten können. Es habe sich insoweit um einzelne Wahrnehmungen von Nachbarn bzw. dem Vermieter gehandelt. Keinesfalls könne das Gericht einen Dauerzustand herleiten. Das SG habe die im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens und auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente nicht ausreichend bewertet und berücksichtigt. Man möge ihm eventuell vorhalten können, dass er noch etwas enger an dem Betreuten hätte dran sein müssen, jedoch könne man ihm keinesfalls eine grob fahrlässige Verletzung seiner Betreuerpflichten vorwerfen. Ein überquellender Briefkasten sei ihm zu keinem Zeitpunkt aufgefallen. Es dürfte ein normaler Zustand sein, wenn Werbebroschüren oder kostenlose Wochenzeitungen geballt verteilt würden, dass ein Briefkasten diese Menge nicht aufnehmen könne. Er erlebe dies mit Wochenzeitungen am Donnerstag und Werbungen am Samstag beinahe jede Woche. Beim Besuchen im Wohngebäude in der W.-D.-Gasse habe er den Briefkasten des Betreuten durchaus beobachtet, aber nie etwas Auffälliges feststellen können, insbesondere habe er keine überquellenden Briefe gesehen. Im Wohnhaus W.-D.-Gasse habe er drei Betreute gehabt. Der Hausmeister sei ihm persönlich bekannt gewesen. Auch diesen habe er bei Hausbesuchen regelmäßig kontaktiert, öfters auch telefonisch. Dabei habe er mit dem Hausmeister auch stets über seine Betreuten gesprochen, ohne dass der Hausmeister ihm signalisiert hätte, dass irgendetwas ungewöhnlich sei oder dass einer der Betreuten schon lange nicht mehr da gewesen sei. Während der Betreuung des Betreuten habe es keinerlei Anlass oder Klagen von Mitbewohnern gegeben, Vermietern oder des Hausmeisters, der ein Eingreifen seinerseits in dem Sinne notwendig gemacht hätten, dass er den Betreuten noch engmaschiger hätte begleiten oder kontrollieren müssen. Die vom Zeugen berichtete Besichtigung der Wohnung habe bereits im Sommer (2010) stattgefunden. Warum der Zeuge sich nicht zwecks des Zustands der Wohnung und des Briefkastens bereits im Sommer bei ihm gemeldet habe, sei nicht nachvollziehbar. Für ihn habe es keinen Anhaltspunkt gegeben, dass der Betreute nicht mehr in A. wohnen würde. Da sich die Abhebungen des Klägers vom Girokonto im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel bewegt hätten und der Betreute offensichtlich sein Geld ohne Probleme habe einteilen können, habe es für ihn keine Veranlassung gehabt, die Sache mit den Abbuchungen im Raum H. zu hinterfragen oder gar einzuschreiten. Für ihn als Betreuer bestehe die Möglichkeit zum Handeln nur dann, wenn Informationen vorlägen. Der Gesetzgeber habe nicht festgeschrieben, dass eine Unterstützung vom Betreuten von Misstrauen geprägt sein solle. Aus dem Gutachten zur Betreuerbestellung sei ersichtlich, dass der Betreute sehr isoliert gelebt habe. Unter diesem Gesichtspunkt sei es wichtig, dass zum Betreuer eine Vertrauensbasis aufgebaut habe werden können und eine konstruktive Zusammenarbeit und Informationsaustausch möglich gewesen sei. Der Betreute habe seine Reisen angekündigt und gegebenenfalls wieder abgesagt. Die Absicht der Arbeitsaufnahme sei ebenfalls mehrmals mitgeteilt worden. Hier möge man ihm eventuell vorwerfen können, dass er da noch mehr hätte nachhaken müssen. Jedoch selbst wenn er mehrfach nachgefragt hätte, wie es denn mit der Arbeitsuche laufe, wäre die Antwort des Betreuten sicherlich nicht gewesen, dass er in einem festen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis stehe. Wenn überhaupt, könne ihm grobe Fahrlässigkeit frühestens ab dem Zeitpunkt des Umzuges ab Mai 2012 zur Last gelegt werden. Ein Ersatzanspruch des Beklagten könne daher so oder so erst für den Zeitraum ab Mai 2012 geltend gemacht werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 8. Juli 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 4. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für einen Kostenersatz gemäß § 103 Abs. 1 Satz 2 SGB XII vorlägen. Das SG habe zutreffend ausgeführt, dass der Kläger in Erfahrung hätte bringen können und müssen, dass der Betreute ab Februar 2011 im Raum B. S. eine geringfügige Beschäftigung und später bei zwei Arbeitgebern eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen habe. Der Kläger könne sich nicht einfach darauf berufen, dass der Betreute ihm diese Umstände verschwiegen habe. Der Kläger sei Berufsbetreuer und gegenüber dem Betreuten mit den Aufgabenkreisen der Vermögenssorge, Behördenangelegenheiten und leistungsrechtlichen Angelegenheiten betraut gewesen. Dem Kläger hätte im Rahmen seiner Betreuungspflichten auffallen müssen, dass sein Betreuter ein regelmäßiges Einkommen aus einer Anstellung gehabt habe. Hierauf hätte der Kläger bei seinem Betreuten explizit nachfragen müssen, woher die zusätzlichen Einnahmen kämen. Dies sei schon deshalb der Fall, da dem Kläger bekannt gewesen sei, dass es Probleme bei der vorherigen Betreuung gegeben habe. Soweit der Kläger vortrage, dass ihm nicht bekannt gewesen sei, worin genau diese Probleme bestanden hätten, so hätte der Kläger dies z.B. durch Nachfrage beim ehemaligen Betreuer in Erfahrung bringen müssen. Es habe sehr wohl Grund für ein gesteigertes Misstrauen des Klägers gegenüber seinem Betreuten gegeben. Auch die häufigen Abbuchungen von Tankstellen hätten ein gesteigertes Misstrauen seitens des Klägers hervorrufen müssen. Der Kläger gehe zu Recht davon aus, dass er als Betreuer zum und für das Wohl des Betreuten hätte handeln müssen. Hierzu zähle jedoch auch, dem Betreuten vor Falschangaben bei Leistungsträgern, die auch zu einer strafrechtlichen Sanktion führen könnten, zu bewahren. Im Übrigen hätte der Kläger selbst die erforderlichen Recherchen tätigen können und müssen, sofern sein Betreuer ihn nicht ausreichend informiert habe. Nachdem das SG zutreffend darauf hingewiesen habe, dass der Kläger nicht einmal vorgetragen habe, dass er mit dem Betreuten die Anträge durchgegangen sei, werde dies nun vom Kläger in den Raum gestellt. Dies sei jedoch in keiner Weise nachgewiesen. Darüber hinaus spreche auch die Tatsache, dass der Kläger nie habe vortragen können, wann genau er sich mit seinem Betreuten persönlich getroffen habe, dafür, dass nur ein sehr loser Kontakt zwischen ihm und seinem Betreuten bestanden habe. Hierfür spreche auch die Zeugenaussage des Vermieters, der nach seinen Angaben von der Betreuung seines Mieters durch den Kläger von den Mitbewohnern im Haus erfahren habe. Weiterhin hätte dem Kläger bei einem persönlichen Aufsuchen der Wohnung seines Betreuten, der nach Aussage des Vermieters gut sichtbar überquellende Briefkasten seines Betreuten auffallen müssen. Es wäre dem Kläger ein Leichtes gewesen, bei einer kurzen Nachfrage bei den Nachbarn zu erfahren, dass sein Betreuter "schon ewig" nicht mehr in der Wohnung gewesen sei. Der Kläger habe sich in grob fahrlässiger Weise darauf verlassen, dass sein Betreuter ihm alle wichtigen Änderungen von sich aus mitteilen werde. Dies sei umso mehr grob fahrlässig, da es sich beim Kläger um einen Berufsbetreuer mit langjähriger Berufserfahrung handele und ihm nach eigenem Einräumen in der Hauptverhandlung vor dem SG die vorherigen Probleme zwischen dem vorherigen Betreuer und seinem Betreuten bekannt gewesen seien. Weiterhin habe der Kläger eingeräumt, dass ihm die Abbuchungen aufgefallen seien und sein Betreuter auch nicht über ein eigenes Auto verfügt habe. Zutreffend führe das SG aus, dass der Kläger diesem Sachverhalt hätte weiter nachgehen müssen und sich nicht mit der Erklärung seines Betreuten hätte zufriedengeben dürfen, dass er mit Bekannten gefahren sei und dafür die Rechnungen bezahlt habe. Auch die Tatsache, dass der überwiegende Teil der Abbuchungen von Tankstellen aus dem Raum B. S. stammten, hätten für den Kläger darauf hindeuten müssen, dass das Verhalten seines Betreuten nicht mit dem Grundsicherungsbezug beim Beklagten in Einklang zu bringen sei. Wie das SG weiter zutreffend ausgeführt habe, hätte der Kläger auch bezüglich der Finanzierung der Türkeireisen weiter bei seinem Betreuten genauer nachfragen müssen. Das Verhalten des Betreuten zeige, dass dieser bei entsprechenden Nachfragen Dinge nicht bewusst verschwiegen oder geleugnet hätte. Dies zeige schon die Tatsache, dass der Betreute gegenüber den Behörden im Landkreis S. die Eheschließung in der Türkei und die Aufnahme der Beschäftigungsverhältnisse mitgeteilt habe, ebenso die Ummeldung beim Einwohnermeldeamt nach S ... Es sei angesichts der dem Kläger bekannten Vorgeschichte des Betreuten grob fahrlässig, sich darauf zu verlassen, dass sein Betreuer ihm sämtliche für die Prüfung des Anspruchs notwendige Angaben von sich aus mitteilen würde. Ansonsten wäre zudem fraglich, weshalb überhaupt eine Betreuung mit dem Aufgabenbereich der Behördenangelegenheiten notwendig gewesen sei. Dem Kläger hätte bereits viel früher auffallen müssen, dass sein Betreuter nicht mehr in der Wohnung in A. wohnhaft gewesen sei. Der Briefkasten des Betreuten sei überquollen, die Lebensmittel im Kühlschrank des Betreuten bereits sichtbar lange Zeit abgelaufen und die Nachbarn hätten dem Zeugen mitgeteilt, dass der Betreute "schon ewig" nicht mehr da gewesen sei. Dies habe sehr wohl einen Dauerzustand dargestellt. Der Kläger hätte nicht nur ein bisschen "mehr an seinem Betreuten dran sein müssen", vielmehr habe er nicht im Ansatz einen ausreichenden insbesondere persönlichen Kontakt zu seinem Betreuten gehalten.
Der Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 28. September 2018 erörtert. Zu den Einzelheiten wird auf das Protokoll in der Sitzung Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich in dem Termin mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 124 Abs. 2 SGG), ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. dazu jüngst Bienert, NZS 2017, 727 ff.), denn die Klage betrifft einen auf eine Geldleistung von mehr als 750,00 Euro gerichteten Verwaltungsakt.
2. Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 4. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Pflichten. Die angefochtenen Bescheide können weder auf § 103 Abs. 1 Satz 2 SGB XII noch auf § 104 Satz 1 SGB XII gestützt werden.
a) Gemäß § 103 Abs. 1 Satz 2 ist zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet, wer als leistungsberechtigte Person oder als deren Vertreter die Rechtswidrigkeit des der Leistung zu Grunde liegenden Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Gemäß § 104 Satz 1 SGB XII ist zum Ersatz der Kosten für zu Unrecht erbrachte Leistungen der Sozialhilfe in entsprechender Anwendung des § 103 SGB XII auch verpflichtet, wer die Leistungen durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten herbeigeführt hat. Beide Normen setzen zumindest grobe Fahrlässigkeit voraus, in der einen Variante hinsichtlich der Unkenntnis der Rechtswidrigkeit des einer Leistung zugrundeliegenden Verwaltungsaktes, in der anderen Variante hinsichtlich des Verhaltens, das zu den Leistungen geführt hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Betroffene die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X), also wenn dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 27. Juli 2000 – B 7 AL 88/99 R – juris Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 16. März 2017 – B 10 LW 1/15 R – juris Rdnr. 33); es müssen einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt worden sein (BSG, Urteil vom 27. Juli 2000 – B 7 AL 88/99 R – juris Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 16. März 2017 – B 10 LW 1/15 R – juris Rdnr. 33 m.w.N.). Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen trägt die Behörde, die den Kostenersatzanspruch geltend macht, die objektive Beweislast (Simon in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 103 Rdnr. 72, § 104 Rdnr. 42; vgl. zu § 41 Abs. 4 SGB XII Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Dezember 2014 – L 2 SO 1027/14 – juris Rdnr. 45).
b) Nach diesen Maßstäben konnte sich der Senat nicht die Überzeugung verschaffen, dass der Kläger grob fahrlässig von der Rechtswidrigkeit der den Leistungen an den T. zugrundeliegenden Verwaltungsakte Unkenntnis hatte oder die Leistungen zugunsten des T. grob fahrlässig durch die Beantragung in dessen Namen herbeigeführt hat.
Der Kläger hat in den von ihm für den T. gestellten Weiterbewilligungsanträgen allerdings wiederholt objektiv unzutreffende Angaben gemacht, nämlich zum Wohnsitz des T., seinem Familienstand und seinen Beschäftigungs- und damit Einkommensverhältnissen. Der Kläger hat dies nicht vorsätzlich getan, da er von den insoweit veränderten Verhältnissen des T. nach seinem eigenen, unwiderlegten Vorbringen keine Kenntnis hatte. Dieser Umstand – fehlende Kenntnis in Bezug auf mehrere, für die Lebensführung des T. und insbesondere seinen Leistungsanspruch gegenüber dem Beklagten relevante Aspekte – indiziert allerdings bereits, dass der Kläger seinen Betreuerpflichten nicht hinreichend nachgekommen ist. Das SG hat dem Kläger zu Recht vorgehalten, dass sein Kontakt zum T. zu "lose" gewesen ist. Beispielsweise ergeben sich aus der Aufstellung des Klägers im Schriftsatz vom 20. August 2014 im Jahre 2010 nur fünf Kontakte des Klägers zu T. "mit Absprache" und vier Kontakte "ohne Absprache". Auch der Senat ist der Überzeugung, dass dem Kläger bei hinreichendem persönlichen Kontakt zum T. die Veränderungen in dessen persönlichen und finanziellen Verhältnissen nicht verborgen geblieben wären. Der Kläger kann insbesondere nicht einwenden, dass T. ihm diese Veränderungen auch bei gezieltem Nachfragen verschwiegen hätte. Hiergegen spricht bereits, dass sich T. melderechtlich korrekt verhalten und seinen Umzug nach H. gegenüber den Meldebehörden angegeben hat. Der Kläger hätte es auch nicht dabei bewenden lassen dürfen, aus Anlass der Weiterbewilligungsanträge den T. nur pauschal – und teilweise sogar nur telefonisch – zu fragen, ob sich Änderungen in seinen Verhältnissen ergeben haben. Gerade der Umstand, dass für den T. ein Betreuer bestellt worden ist und dass die Betreuung auch die Vermögenssorge, Behördenangelegenheiten und leistungsrechtliche Angelegenheiten umfasst, steht der Erwartung, dass T. von sich aus oder bei bloß pauschalen Nachfragen hinreichende Informationen geben würde, entgegen. Ein Berufsbetreuer ist mehr als nur der Protokollant, Sekretär oder Bote des Betreuten. Er soll vielmehr gerade dann, wenn die Betreuung auch Behördenangelegenheiten und leistungsrechtliche Angelegenheiten umfasst, die Defizite des Betreuten im Verhalten zu Behörden ausgleichen. Dies ist bei einem nur sporadischen und oberflächlichen Kontakt nicht gewährleistet.
Besteht am fahrlässigen und damit schuldhaften Verhalten des Klägers in Bezug auf die Betreuung des T. damit kein Zweifel, so konnte sich der Senat jedoch nicht die notwendige Überzeugung verschaffen, dass der Kläger grob fahrlässig gehandelt hat. Dies geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Beklagten.
Der Kläger hat eingeräumt, dass ihm die Abbuchung von Tankstellenrechnungen aus dem Kreis S. vom Konto des T. aufgefallen seien, dieser dies aber damit erklärt habe, dass er bei Bekannten mitfahre und hierdurch seinen Kostenbeitrag leiste. Hierbei handelt es sich zwar möglicherweise nicht um die naheliegendste Erklärung, aber doch um eine plausible, die das Unterlassen weiterer Nachfragen zu diesem Punkt nicht grob fahrlässig erscheinen lässt. Auch der Umstand, dass der T. als Grundsicherungsleistungsempfänger nur eingeschränkte finanzielle Ressourcen hatte, machte weitere Nachfragen nicht zwingend, da – wie der Kläger unwiderlegt dargestellt hat – der T. insgesamt kein unangemessenes Ausgabeverhalten gezeigt hat. Auch hinsichtlich der Finanzierung der Türkeireisen hat der Kläger nach seiner unwiderlegten Darstellung bei T. nachgefragt und mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, kostengünstig in einem Lkw mitzufahren, eine nicht völlig abwegige Antwort erhalten, die wiederum das Unterlassen weiterer Nachfragen nicht grob fahrlässig macht.
Auch die Schilderung des Zeugen H. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG, dass er im Sommer 2012 den Briefkasten des T. "vollgelaufen" vorgefunden habe, begründet für sich genommen keine grobe Fahrlässigkeit des Klägers. Zugleich hat der Zeuge ausgesagt, dass er dies und weitere eigene Erkenntnisse dem Kläger "Ende des Jahres" (2012) mitgeteilt habe. Im Jahr 2012 hatte der Kläger nach seiner Darstellung zu T. nur drei abgesprochene Kontakte, nämlich am 30. Januar, 16. Februar und 26. Juni. Bei diesen persönlichen Kontakten des Klägers zu T. in A. hatte der Kläger keinen Anlass, an dessen fortbestehendem Wohnsitz in A. zu zweifeln, da er ihn ja gerade angetroffen hat. Das Gleiche gilt erst Recht für die unabgesprochenen Kontakte, also nach Angaben des Klägers im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter das zufällige Zusammentreffen mit dem T.; dass der Kläger offenbar keine für den T. überraschenden, stichprobenartigen Kontrollbesuche abgestattet hat, ist nicht grob fahrlässig, da er hierfür keinen Anlass hatte. Dass er mangels solcher Kontrollbesuche die Abwesenheit des T. nicht feststellen konnte, kann dem Kläger dann aber nicht vorgehalten werden.
Dahinstehen kann, ob der Kläger in anderen Fällen seine Betreuerpflichten grob fahrlässig verletzt hat. Grob fahrlässig dürfte es zwar etwa sein, wenn der Kläger – wie er im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter ausgeführt hat – auch Leistungsanträge für von ihm betreute Personen stellt, mit denen er gar keinen Kontakt (mehr) hat. In diesen Fällen dürfte der Kläger zumindest verpflichtet sein, im Rahmen der Leistungsanträge den fehlenden Kontakt zu dem Betreuten jeweils schriftlich offenzulegen. Die bloß mündliche Mitteilung an den jeweiligen Sachbearbeiter, von der der Kläger berichtet hat, die von der Bevollmächtigten des Beklagten im Erörterungstermin aber in Abrede gestellt worden ist, dürfte nicht ausreichen. Bedenklich ist auch, dass es dem Kläger mit Blick auf die objektiv falschen Angaben in den Weiterbewilligungsanträgen für den T. offenbar an hinreichendem Problembewusstein fehlt. Dieser Mangel hat sich im Erörterungstermin gezeigt, als er den Vorhalt des Berichterstatters, ihm seien im Falle des T. ja einige Dinge "durch die Lappen gegangen", negiert hat. Indes kann ein grob fahrlässiges Verhalten des Klägers in anderen Betreuungsfällen oder die fehlende Einsicht in eigene Fehler im vorliegenden Fall nicht die Beurteilung des Ausmaßes seines Verschuldens im Falle des T. beeinflussen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Verpflichtung zum Kostenersatz.
Der Kläger ist seit 2008 Berufsbetreuer. Er wurde durch das Notariat II A.-E. – Vormundschaftsgericht – am 19. März 2009 zum Betreuer des am 5. Februar 1956 geborenen T. bestellt (II GR N Nr. 503/2008) und zeigte dies Anfang April 2009 gegenüber dem Beklagten an. Der Aufgabenkreis des Klägers umfasste die Vermögenssorge, Behördenangelegenheiten und leistungsrechtliche Angelegenheiten.
Bei T. ist seit dem 3. März 2009 ein Grad der Behinderung (GdB) von 90 wegen einer Depression, einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung der Gelenke, dem Verlust des Sehvermögens links und Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und Bandscheibenschaden festgestellt (Bescheid des Landratsamts Zollernalbkreis – Versorgungsamt – vom 28. April 2009). T. war im Jahr 2008 bereits zwei Mal geschieden. Er hat drei Kinder. In der Vergangenheit waren schon zwei andere Betreuer bestellt worden. Die letzte Betreuung durch den am 4. April 2007 bestellten Betreuer E. war auf Veranlassung des Betreuers im Jahr 2007 aufgehoben worden, da T. die Zusammenarbeit mit dem Betreuer verweigert hatte und ohne Mitteilung weggezogen war (Beschluss des Notariats I A.-E. vom 24. Oktober 2007). E. hatte den Beklagten, der dem T. schon damals Sozialhilfeleistungen gewährte, zuvor auf ein angebliches Zusammenleben des T. mit einer Frau und eine Tätigkeit als Paketauslieferer hingewiesen.
Der Beklagte bewilligte T. (nach Rückkehr von einem mitgeteilten Türkeiaufenthalt) mit Bescheiden vom 16. Juni 2009 und vom 22. Juli 2010 ab dem 18. Juni 2009 weiter Hilfe zum Lebensunterhalt und (nach Mitteilung des dauerhaften Vorliegens einer vollen Erwerbsminderung) mit Bescheiden vom 3. und 9. September 2010 ab September 2010 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Im November 2010 teilte der Kläger dem Beklagten mit, T. nehme eine geringfügige Beschäftigung als Aushilfsfahrer bei der Firma Max und Moritz Umzüge in B. S. auf. Im Januar 2011 teilte der Kläger die Beendigung dieser Tätigkeit mit. Mit Bescheid vom 28. Januar 2011 bewilligte der Beklagte die Grundsicherungsleistungen für Dezember 2010 bis Juli 2011.
Unter dem 17. Juni 2011 und 22. Juni 2012 beantragte der Kläger für T. die Weiterbewilligung von Grundsicherungsleistungen. Der Kläger gab als Wohnanschrift jeweils wie in den früheren Anträgen die beim Zeugen H angemietete Wohnung in der W.-D.-Gasse in A. und als Familienstand geschieden an. Er verneinte die Erzielung von Einkommen durch den Kläger. Der Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheiden vom 20. Juni 2011 und 24. Juli 2012 Grundsicherung auch für die Zeit von August 2011 bis Juli 2013.
Im September 2011 teilte der Kläger einen vorübergehenden Türkeiaufenthalt des T. (vom 3. bis 28. Oktober 2011) mit und bat um Information, ob eine mögliche Arbeitsaufnahme gestattet werden könne. Der Beklagte wies darauf hin, dass während des Türkeiaufenthalts (wie auch schon bei Aufenthalten zuvor) keine Leistungen gewährt werden und ggf. jedes Einkommen anzurechnen sei (Schreiben vom 7. Oktober 2011).
Mit Schreiben vom 29. November 2012 teilte der Kläger dem Beklagten bekannt, dass der T. seine neue Anschrift in H. (Kreis S.) habe. Weitere Ermittlungen des Beklagten bei verschiedenen Behörden ergaben anschließend, dass T. sich bereits zum 20. Mai 2012 nach H. umgemeldet und Mitte 2010 in der Türkei geheiratet hatte. Ferner stellte sich heraus, dass er bei der Firma Max und Moritz von Februar 2011 bis Juli 2012 geringfügig und von August bis Oktober 2012 in Vollzeit beschäftigt war. Von März bis Juni 2012 bestand zudem noch ein nicht geringfügiges Beschäftigungsverhältnis mit der Firma F. in B. S ... Das Mietverhältnis mit dem Zeugen H. wurde zum Ende des Jahres 2012 beendet. T. hatte in der Wohnung in A. seine Möbel stehen lassen. Der Beklagte stellte aufgrund der neu gewonnen Erkenntnisse die Leistungsgewährung mit Ablauf des Dezember 2012 ein.
Die Betreuung des Klägers für T. wurde vom Notariat III B. S. – Betreuungsgericht – mit Beschluss vom 21. Juni 2013 (3 VG 2/2013) aufgehoben. Das vom Beklagten gegen T. veranlasste Strafverfahren wegen Sozialleistungsbetrugs wurde von der Staatsanwaltschaft H. am 19. März 2014 eingestellt, da T. aufgrund seiner psychischen Erkrankung kein Vorsatz nachgewiesen werde könne (23 Js 3266/13).
Der Beklagte hob mit an T. gerichteten Bescheiden vom 26. Juli 2013 (Bekanntgabe gegenüber dem Kläger) bzw. vom 21. August 2013 (Bekanntgabe direkt gegenüber T.) die Leistungsbewilligung für März bis Dezember 2012 in Höhe von 6.127,70 Euro ganz und mit Bescheid vom 3. September 2013 (Bekanntgabe direkt gegenüber T.) die Leistungsbewilligung für Februar 2011 bis Februar 2012 in Höhe von 3.592,68 Euro teilweise auf. Der Beklagte forderte in den Bescheiden jeweils die Erstattung der Leistungen im Umfang der Aufhebung (insgesamt also 9.720,38 Euro).
Mit Bescheid vom 4. September 2013 machte der Beklagte gegenüber dem Kläger einen Kostenersatz in Höhe von 9.720,38 Euro geltend. Der berufsmäßig tätig gewordene Kläger habe grob fahrlässig gehandelt. Trotz Hinweisen, dass T. arbeiten wolle und viel unterwegs sei, habe er sich nicht die notwendigen Kenntnisse verschafft und keine regelmäßigen Hausbesuche vorgenommen. Vor Abgabe der Leistungsanträge hätte er deren Richtigkeit überprüfen müssen. Die bei T. eingetretenen gravierenden Veränderungen hätten einem Berufsbetreuer bei sorgfältiger Führung der Betreuung auffallen müssen. Da T. zur Rückzahlung der zu Unrecht gewährten Leistungen nicht in der Lage sei, sei ein Schaden entstanden. Die Heranziehung zum Kostenersatz stelle keine Härte dar.
Hiergegen erhob der Kläger am 15. September 2013 Widerspruch. Er habe den T. regelmäßig telefonisch oder bei Besuchen kontaktiert bzw. der T. habe sich gemeldet, wenn etwas zu besprechen gewesen sei. Im Wohngebäude des T. in A. habe ein weiterer von ihm Betreuter gewohnt, der öfters Gespräche in seiner Wohnung gewünscht habe. In diesem Zusammenhang habe er immer feststellen können, dass der Briefkasten des T. regelmäßig geleert bzw. dass an der Wohnung keine Veränderungen vorgenommen worden seien. Die ihm vorliegenden Informationen und Veränderungen, die den Leistungsbezug betrafen, habe er unmittelbar dem Beklagten mitgeteilt.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2013 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 23. Oktober 2013 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Die bei T. eingetretenen Änderungen seien ihm nicht bekannt gewesen. Es könne ihm nicht zur Last gelegt werden, dass ihm T. die Änderungen verschwiegen habe. Er habe die Rechtswidrigkeit der Leistungsgewährung nicht gekannt und diesbezüglich auch nicht grob fahrlässig gehandelt. Der Beklagte überspanne die Pflichten eines Berufsbetreuers. Die Beschäftigungsverhältnisse hätten anhand der Kontoauszüge nicht nachvollzogen werden können. Auf den Konten seien keine auffälligen Buchungen gewesen. Am äußeren Erscheinungsbild der Wohnung sei nicht erkennbar gewesen, dass T. unrichtige Angaben gemacht habe. Es habe verschiedentlich einen telefonischen und auch persönlichen Kontakt gegeben. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Nachfrage mitgeteilt, ihm seien die vorangegangenen Betreuungen und auch die Probleme, die der Betreuer E. gehabt habe, bekannt gewesen. Ihm seien auf den Kontoauszügen des T. auch Abbuchungen von Tankstellen aufgefallen – zumal T. kein eigenes Auto gehabt habe. Auf Nachfrage habe ihm T. hierzu mitgeteilt, er fahre mit anderen und zahle dafür das Benzin.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Der Kläger würdige seinen Aufgabenbereich herab. Es habe nach seinen Angaben nur ein sehr loser und keinesfalls ausreichender Kontakt zu T. bestanden. Die Kenntnis der persönlichen Verhältnisse des T. sei bei der Stellung der Anträge ein elementares Wissen gewesen. Auch die Aufenthalte in der Türkei hätten finanziert werden müssen. Der Kläger habe die Vermögenssorge innegehabt. Nachdem sich T. sogar selbst umgemeldet habe, sei nicht schlüssig, dass er dies gegenüber seinem Betreuer nicht mitgeteilt hätte.
Das SG hat den Zeugen H. in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 2015 vernommen. Wegen des Inhalts seine Aussage wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Das SG hat mit Urteil vom 8. Juli 2015 die Klage abgewiesen. Rechtsgrundlage der Bescheide sei § 103 Abs. 1 Satz 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Die Bewilligungsbescheide vom 28. Januar 2011, 20. Juni 2011 und 24. Juli 2012 seien in dem in den Bescheiden vom 26. Juli bzw. 21. August 2013 und 3. September 2013 beschriebenen Umfang teilweise bzw. vollumfänglich rechtswidrig gewesen, da von T. erzieltes Einkommen und sein Umzug nicht berücksichtigt gewesen seien. Der Kläger habe gegen die Richtigkeit der jedenfalls gegenüber T. bestandskräftig gewordenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide keine Einwände erhoben. Anhaltspunkte für Fehler in diesen Bescheiden seien auch nicht ersichtlich. Daher könne dahingestellt bleiben, ob die gegenüber T. ergangenen Bescheide inzwischen auch gegenüber dem Kläger als Bescheide mit Drittwirkung bestandskräftig geworden seien und deswegen eine inhaltliche Prüfung ausgeschlossen wäre. Der Kläger habe als Vertreter des T. die (teilweise) Rechtswidrigkeit der genannten Bewilligungsbescheide nicht gekannt. Allerdings hätte der Kläger die Rechtswidrigkeit erkennen müssen. Seine Unkenntnis beruhe auf einer besonders schweren Verletzung seiner Sorgfaltspflichten und sei mithin grob fahrlässig. Der Kläger hätte in Erfahrung bringen können und müssen, dass T. ab Februar 2011 im Raum B. S. eine geringfügige Beschäftigung und später bei zwei Arbeitgebern eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen habe. Ferner hätte ihm der Umzug des T. im Mai 2012 und auch die Eheschließung nicht verborgen bleiben dürfen. Der Kläger könne sich nicht auf den Standpunkt zurückziehen, dass T. ihm gegenüber diese Umstände verschwiegen habe. Der Kläger hätte vielmehr die Pflicht gehabt, bei T. gezielt nachzufragen und angesichts eines gebotenen Misstrauens Kontrollen durchzuführen. Diese Verpflichtung habe die dem Kläger übertragenen Aufgabenkreise der Vermögenssorge, Behördenangelegenheiten und leistungsrechtliche Angelegenheiten unmittelbar betroffen. Indem der Kläger dies nicht in ausreichendem Umfang vorgenommen habe, habe er grob fahrlässig gehandelt und ihm sei in eben dieser Weise verborgen geblieben, dass dem T. rechtswidrig Leistungen gewährt worden seien. Insbesondere müsse sich der Kläger anrechnen lassen, dass er die von ihm für T. abgegebenen Erklärungen gegenüber dem Beklagten, u.a. in den Fortzahlungsanträgen vom 17. Juni 2011 und 22. Juni 2012, nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft habe. Der Kläger habe diesbezüglich nicht einmal vorgetragen, dass er mit T. die Anträge durchgegangen sei und sich die Richtigkeit habe bestätigen lassen. Er habe auch nicht vorgetragen, dass er T. ausdrücklich nach den hier relevanten Umständen der Arbeitsaufnahme, des Familienstands und des Wohnorts befragt und falsche Antworten erhalten habe. Die Kammer schließe daraus, dass tatsächlich zwischen dem Kläger und T. nur ein sehr loser Kontakt bestanden habe. Der Kläger habe sich aus Sicht der Kammer in grob fahrlässiger Weise darauf verlassen, dass T. ihm schon alle wichtigen Änderungen in seiner Lebenssituation von selbst mitteilen werde. Dabei müsse sich der Kläger an einem strengen Sorgfaltsmaßstab messen lassen. Dafür spreche, dass er als Berufsbetreuer tätig gewesen sei. Ferner sei dem Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung eingeräumt habe, schon bei der Übernahme der Betreuung bekannt gewesen, dass es im Vorfeld Probleme in der Zusammenarbeit zwischen dem früheren Betreuer E. und T. gegeben habe. Damals sei es um genau die gleichen Themen (Aufnahme einer Tätigkeit, Zusammenleben mit einer Frau) in der Zusammenarbeit zwischen Betreuer und dem Betreuten gegangen, wie sie auch im vorliegenden Sachverhalt wieder kennzeichnend, vom Kläger freilich über lange Zeit nicht bemerkt worden seien. Neben der Vorgeschichte anlässlich der Betreuung durch E. hätten den Kläger die Abbuchungen von Tankstellen misstrauisch machen müssen. Diesbezüglich habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass ihm diese Abbuchungen aufgefallen seien, zumal T. nicht einmal über ein eigenes Auto verfügt habe. Der Kläger hätte diesem Sachverhalt weiter nachgehen müssen und sich nicht mit der Erklärung des T., er fahre mit Bekannten und zahle dafür die Rechnungen, zufriedengeben dürfen. Letzteres sei bei einem Empfänger von Grundsicherungsleistungen ein Sachverhalt, der Anlass zu Misstrauen gebe. Zudem falle z.B. bei der Sichtung der Kontoauszüge von April bis Juli 2010 auf, dass hier fünf von sieben Abbuchungen von Tankstellen aus dem Raum B. S. stammten. Auch dies habe erkennbar auf Handlungsweisen und Aufenthalte des T. hingedeutet, die nicht mit dem Grundsicherungsbezug im Zuständigkeitsbereich des Beklagten in Einklang gebracht werden könnten. Der Kläger hätte auch weiter hinterfragen müssen, wie die immer wieder erfolgten Türkeireisen finanziert worden seien. Hier hätte es nahegelegen, sowohl wegen der Finanzierung als auch wegen der Gründe für die jeweiligen Reisen nachzuhaken. Die Handlungsweisen des T. sprächen nicht dafür, dass er bei entsprechenden Nachfragen Dinge bewusst verschwiegen oder geleugnet hätte. Schließlich habe T. gegenüber den Behörden im Landkreis S. sowohl die Aufnahme der Beschäftigungsverhältnisse als auch die Eheschließung in der Türkei angegeben. Natürlich hätte T. auch von sich aus auf den Kläger mit den entsprechenden Mitteilungen zukommen können. Darauf habe sich der Kläger, dem die Defizite des T. in der "freiwilligen" Zusammenarbeit mit seinen Betreuern bekannt gewesen seien, aber gerade nicht verlassen können und dürfen. Es handele sich um Defizite, die im Übrigen auch dem Zeugen, der den Eindruck gewonnen habe, T. habe es sich in Deutschland auf der Basis der Leistungen des Kreissozialamts "bequem gemacht", aufgefallen seien. Dem Kläger seien zudem die Anläufe des T. bezüglich Arbeitsaufnahmen bekannt gewesen. Er habe deswegen beim Beklagten auch nachgefragt. Hier wäre der Kläger in erhöhtem Maß gehalten gewesen, regelmäßig und konkret wiederum bei T. nachzuhaken, wie es mit der Arbeitsuche laufe. Der Kläger habe nicht vorgetragen, dass er derartiges getan hatte. Dies halte die Kammer für ausgeschlossen. Es sei nicht vorstellbar, dass dem Kläger bei einem regelmäßigen persönlichen Kontakt und gezielten Nachfragen die von März bis Oktober 2012 insgesamt sieben Monate mit einem Vollzeitbeschäftigungsverhältnis hätten verborgen bleiben können. Letzteres spreche im Übrigen auch dafür, dass T. schon ab März 2012 seinen Lebensmittelpunkt in den Landkreis S. verlegt habe. Darüber hinaus hätte dem Kläger auffallen müssen, dass sich T. jedenfalls ab Mai 2012 nicht mehr regelmäßig in der angemieteten Wohnung in A. aufgehalten und sogar selbst seinen Wohnsitz umgemeldet habe. Die Angaben des Klägers im Schriftsatz vom 20. August 2014 zu der Art und Weise der Kontakte zu T. seien vage. Die Kammer gehe zugunsten des Klägers davon aus, dass es sich bei den angegebenen Daten nicht nur um Telefonate, sondern z.T. auch um persönliche Kontakte, evtl. auch in der angemieteten Wohnung gehandelt habe. Diese Kontakte seien aber offensichtlich unzureichend gewesen. Anders könne nicht erklärt werden, dass dem Zeugen anders als dem Kläger schon im Sommer 2012 die Abwesenheit des T. aufgefallen sei. Damals sei, wie der Zeuge angegeben habe, der Briefkasten vollgelaufen, die Kochnische verdreckt und Lebensmittel im Kühlschrank schon lange abgelaufen gewesen. Nach den Mitteilungen der Nachbarn sei T. "schon ewig nicht mehr da gewesen" – was angesichts der aufgenommenen Vollzeitarbeitsverhältnisse ab März 2012 auch schlüssig sei. Dieser Sachverhalt hätte dem Kläger auffallen müssen, wenn er in ausreichendem Maß T. unangemeldet unter seiner Wohnanschrift aufgesucht hätte. Ihm hätte dann auffallen müssen, dass T. häufig nicht anzutreffen gewesen sei. Er hätte sich dann einfach von den Nachbarn oder unmittelbar von T. die gleichen Informationen wie der Vermieter verschaffen können. Die Notwendigkeit regelmäßiger unangemeldeter Kontrollen habe angesichts der dargestellten Vorgeschichte, den Bedenken hinsichtlich der Abbuchungen von Tankstellen, den Türkeiaufenthalten und den durchaus bekannten Ambitionen des T., eine Arbeit aufzunehmen, auf der Hand gelegen. Es seien keine Umstände ersichtlich, aus denen die Heranziehung zum Kostenersatz eine Härte für den Kläger bedeuten könnte.
Der Kläger hat gegen das ihm am 3. August 2015 zugestellte Urteil am 18. August 2015 Berufung eingelegt. Das SG überdehne die Pflichten eines Berufsbetreuers erheblich. Der Betreute habe ihm gegenüber verschwiegen, dass er ab Februar 2011 im Raum B. S. eine geringfügige Beschäftigung und später bei zwei Arbeitgebern eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen habe, dass er im Mai 2012 umgezogen sei und dass er geheiratet habe. Der Arbeitgeber des Betreuten hätte von der Betreuung Kenntnis gehabt. Ferner habe er den Arbeitgeber des Betreuten darauf hingewiesen, dass er monatlich die Gehaltsabrechnung direkt an den Beklagten übersenden solle. Dies habe er Herrn B. , dem Inhaber des Arbeitgebers, in einem Telefonat am 10. Dezember 2010 mitgeteilt. Seitdem der Betreute ihn informiert habe, dass die Arbeit zu anstrengend für ihn sei, habe der Arbeitgeber ihn abgemeldet. Er habe dies wiederum an den Beklagten gemeldet. Es sei nicht nachvollziehbar, wie es dazu habe kommen können, dass der Betreute bei dem Arbeitgeber wieder eine Arbeit aufgenommen habe, ohne dass dies dem Beklagten zur Kenntnis gelangt sei. Ihm sei auch die Abmeldung/Ummeldung des Betreuten bei der Krankenkasse nicht bekannt gewesen. Er könne auch nicht nachvollziehen, weshalb insoweit seitens des Arbeitgebers, dem der Bezug von Sozialhilfeleistungen bekannt gewesen sei, keinerlei Rückfragen an ihn erfolgt seien. Der Betreute habe auch ihm gegenüber die erneute Aufnahme einer Arbeitstätigkeit verschwiegen. Soweit das SG der Auffassung sei, er habe die Pflicht gehabt, bei dem Betreuten gezielter nachzufragen und angesichts eines gebotenen Misstrauens Kontrollen durchzuführen, übersehe das SG, dass es für dieses Misstrauen gar keinen Anlass gegeben habe. Lege man den vom SG aufgestellten Maßstab an, müsste jeder Berufsbetreuer grundsätzliches Misstrauen gegenüber seinem Betreuten haben. Es dürfte dann keinerlei Erklärung des Betreuten Glauben geschenkt werden, ohne diese selbst zu überprüfen. Dies überspanne jedoch den Bogen an die Pflichten eines Berufsbetreuers. Er habe auch die einzelnen Fortzahlungsanträge nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen müssen. Er habe bei jedem Weiterbewilligungsantrag den Betreuten nach Änderungen in seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gefragt. Soweit der Betreute dies dann verneint habe, habe für ihn kein Anlass bestanden, dies näher zu hinterfragen. Alles andere würde bedeuten, dass man den Angaben eines Betreuten grundsätzlich keinen Glauben schenken könne. Soweit das SG darauf hinweise, dass es in der Zusammenarbeit zwischen dem früheren Betreuer und dem Betreuten Probleme gegeben habe, sei dies auch insoweit unerheblich. Denn der Wechsel zum Kläger sei darin begründet gewesen, dass der Betreute mit seinem früheren Betreuer persönlich nicht klargekommen sei. Er habe zu keinem Zeitpunkt Kenntnis davon gehabt, dass auch im früheren Betreuungsverhältnis offensichtlich der Betreute gegenüber seinem Betreuer nicht ehrlich gewesen sei bzw. Tatsachen verschwiegen habe. Er habe auch kein Misstrauen hegen müssen aufgrund der Abbuchungen von Tankstellen. Der Betreute habe ihm mitgeteilt, dass er eine in H./B. S. wohnhafte Schwester habe, die er häufig besuche. Zahlungen an der Tankstelle habe der Betreute mit der Übernahme von Benzinkosten bzw. Einkäufen für den persönlichen Bedarf begründet. Dies sei für ihn glaubwürdig gewesen. Er habe als Betreuer zum und für das Wohl des Betreuten zu handeln. Misstrauen und ständige Kontrolle seien in diesem Rahmen keine Maßnahmen für eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit mit dem Betreuten mit dem Ziel, die Betreuung wieder entbehrlich zu machen. Der Zeitrahmen einer gesetzlichen Betreuung sei vom Gesetzgeber vorgegeben und sehr eng bemessen. Im streitgegenständlichen Fall seien für die rechtliche Betreuung monatlich 3,5 Stunden Betreuungszeit im Rahmen der Aufgabenkreise vorgegeben. Eine Sozialbetreuung sei im Rahmen der Eingliederungshilfe durch einen örtlichen Träger nach Genehmigung möglich, sei jedoch vom Betreuten nicht gewünscht gewesen. Seine Bestellung sei aufgrund eines Gutachtens erfolgt, das dem Betreuten eine weitgehende Entscheidungsfreiheit und Selbständigkeit attestiert habe und somit lediglich die Unterstützung im Bereich der Vermögenssorge, behördlicher Angelegenheiten, der Geltendmachung von Ansprüchen und Versicherungsangelegenheiten auf ihn übertragen worden sei. Der T. selbst habe die Betreuung beim Betreuungsgericht angeregt, nachdem persönliche Probleme mit den bisherigen Betreuern dazu geführt hätten, dass der Betreute diese Betreuungen beendet habe. Die Anträge habe er gemeinsam mit dem Betreuten erarbeitet. Er habe den Betreuten selbstverständlich über alle seine Pflichten informiert und ihn insbesondere auch darüber informiert, dass er jegliche Änderungen in seinen tatsächlichen und finanziellen Verhältnissen, insbesondere auch Reisen in die Türkei, ihm rechtzeitig mitteilen müsse. Die einzelnen Reisen habe der Kläger bzw. auch der Betreute selbst dem Beklagten mitgeteilt, z.B. auch, wenn Reisen wieder storniert worden seien. Seitens des Beklagten habe es keinerlei Beanstandungen und auch keinerlei Nachfragen gegeben, wie der Betreute die Reisen finanziere. Ihm gegenüber habe der Betreute mitgeteilt, dass er z.B. günstig mit einem LKW in die Türkei habe mitfahren können. Das SG wälze die Überprüfungspflichten des Beklagten unrechtmäßig auf ihn ab. Bei Antragstellung sei es Aufgabe des angegangenen Leistungsträgers zu prüfen, ob dieser zuständig sei und ob ein Leistungsanspruch bestehe. Eine Überprüfung des Anspruchs durch den Betreuer sei im Betreuungsrecht nicht vorgesehen und es obliege ihm auch nicht, diese im Vorfeld zu prüfen. Dem Beklagten als Kostenträger stünden vielfältige Möglichkeiten offen, das Recht auf Leistungsbezug zu überprüfen, insbesondere Datenabgleich und/oder Amtshilfe. Dies ergebe sich beispielsweise daraus, dass der Beklagte noch im Rahmen eines Telefonats mit ihm, als die ersten Ungereimtheiten aufgefallen seien, bereits eine Überprüfung des Melderegisters vorgenommen habe. Auch den Beklagten treffe die Pflicht, vorgelegte Unterlagen, wie z.B. Kontoauszüge, auf Plausibilität zu prüfen, nachdem der Kläger dies bereits bei Erfassung und Rücksprache mit dem Betreuten gemacht habe. Anscheinend habe aber auch der Beklagte bei den Angaben genauso wenig Zweifel an deren Richtigkeit wie er gehabt. Er lege Wert auf die Feststellung, dass die Nachforschungen des Beklagten im Hinblick auf Umzug, Arbeitsaufnahme, Heirat und aktuellen Status nur möglich gewesen seien, da er dem Beklagten diese Ungereimtheiten nach Bekanntwerden unverzüglich mitgeteilt habe. Er habe auch die Heirat des Betreuten nicht mitbekommen müssen. Wenige Tage nach Rückkehr von einem Türkeiaufenthalt, in welchem offensichtlich die Hochzeit stattgefunden habe, habe der Betreute einen Termin beim Gerichtsvollzieher gehabt, bei dem er eine Vermögensauskunft habe abgeben müssen. Bei diesem Termin habe der Betreute als Familienstand "geschieden" angegeben, so dass auch insoweit für ihn keinerlei Anlass bestanden habe, daran zu zweifeln. Erstmals misstrauisch geworden sei er, als er am 30. November 2012 eine Zahlungsaufforderung der Gemeinde H. erhalten habe. Er habe direkt Kontakt zu dem Betreuten und auch dem Beklagten aufgenommen, nachdem er festgestellt habe, dass Ungereimtheiten bestünden. Die bereits überwiesenen Leistungen für den Monat Dezember 2012 habe er sofort wieder an den Beklagten zurück überwiesen. Gleichzeitig sei der Vermieter des Betreuten ebenfalls um Rückzahlung der Miete an den Beklagten gebeten worden. Er habe umgehend reagiert, als er von dem Wegzug des Betreuten erfahren habe. Er sei es gewesen, der die ganzen Ermittlungen in die Wege geleitet habe. Daraus könne ihm nun aber kein Vorwurf gemacht werden. In der Gesamtschau könne man ihm sicherlich nicht vorwerfen, er habe seine Betreuerpflichten grob fahrlässig verletzt. Insbesondere habe das SG unterstellt, dass der Betreute bei – nach Auffassung des SG – ausreichendem Nachbohren ihm die richtigen Informationen im Hinblick auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses gegeben hätte. Dies sei pure Spekulation. Damit könne das SG jedenfalls ein grob fahrlässiges Verhalten des Klägers nicht begründen. Auch im Hinblick auf die Wohnung in A. sei die Argumentation des SG nicht in der Lage, eine Pflichtverletzung darzustellen. Soweit das SG den Vermieter als Zeugen vernommen habe, habe der Zeuge nur von einem einmaligen Zustand berichten können. Es habe sich insoweit um einzelne Wahrnehmungen von Nachbarn bzw. dem Vermieter gehandelt. Keinesfalls könne das Gericht einen Dauerzustand herleiten. Das SG habe die im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens und auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente nicht ausreichend bewertet und berücksichtigt. Man möge ihm eventuell vorhalten können, dass er noch etwas enger an dem Betreuten hätte dran sein müssen, jedoch könne man ihm keinesfalls eine grob fahrlässige Verletzung seiner Betreuerpflichten vorwerfen. Ein überquellender Briefkasten sei ihm zu keinem Zeitpunkt aufgefallen. Es dürfte ein normaler Zustand sein, wenn Werbebroschüren oder kostenlose Wochenzeitungen geballt verteilt würden, dass ein Briefkasten diese Menge nicht aufnehmen könne. Er erlebe dies mit Wochenzeitungen am Donnerstag und Werbungen am Samstag beinahe jede Woche. Beim Besuchen im Wohngebäude in der W.-D.-Gasse habe er den Briefkasten des Betreuten durchaus beobachtet, aber nie etwas Auffälliges feststellen können, insbesondere habe er keine überquellenden Briefe gesehen. Im Wohnhaus W.-D.-Gasse habe er drei Betreute gehabt. Der Hausmeister sei ihm persönlich bekannt gewesen. Auch diesen habe er bei Hausbesuchen regelmäßig kontaktiert, öfters auch telefonisch. Dabei habe er mit dem Hausmeister auch stets über seine Betreuten gesprochen, ohne dass der Hausmeister ihm signalisiert hätte, dass irgendetwas ungewöhnlich sei oder dass einer der Betreuten schon lange nicht mehr da gewesen sei. Während der Betreuung des Betreuten habe es keinerlei Anlass oder Klagen von Mitbewohnern gegeben, Vermietern oder des Hausmeisters, der ein Eingreifen seinerseits in dem Sinne notwendig gemacht hätten, dass er den Betreuten noch engmaschiger hätte begleiten oder kontrollieren müssen. Die vom Zeugen berichtete Besichtigung der Wohnung habe bereits im Sommer (2010) stattgefunden. Warum der Zeuge sich nicht zwecks des Zustands der Wohnung und des Briefkastens bereits im Sommer bei ihm gemeldet habe, sei nicht nachvollziehbar. Für ihn habe es keinen Anhaltspunkt gegeben, dass der Betreute nicht mehr in A. wohnen würde. Da sich die Abhebungen des Klägers vom Girokonto im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel bewegt hätten und der Betreute offensichtlich sein Geld ohne Probleme habe einteilen können, habe es für ihn keine Veranlassung gehabt, die Sache mit den Abbuchungen im Raum H. zu hinterfragen oder gar einzuschreiten. Für ihn als Betreuer bestehe die Möglichkeit zum Handeln nur dann, wenn Informationen vorlägen. Der Gesetzgeber habe nicht festgeschrieben, dass eine Unterstützung vom Betreuten von Misstrauen geprägt sein solle. Aus dem Gutachten zur Betreuerbestellung sei ersichtlich, dass der Betreute sehr isoliert gelebt habe. Unter diesem Gesichtspunkt sei es wichtig, dass zum Betreuer eine Vertrauensbasis aufgebaut habe werden können und eine konstruktive Zusammenarbeit und Informationsaustausch möglich gewesen sei. Der Betreute habe seine Reisen angekündigt und gegebenenfalls wieder abgesagt. Die Absicht der Arbeitsaufnahme sei ebenfalls mehrmals mitgeteilt worden. Hier möge man ihm eventuell vorwerfen können, dass er da noch mehr hätte nachhaken müssen. Jedoch selbst wenn er mehrfach nachgefragt hätte, wie es denn mit der Arbeitsuche laufe, wäre die Antwort des Betreuten sicherlich nicht gewesen, dass er in einem festen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis stehe. Wenn überhaupt, könne ihm grobe Fahrlässigkeit frühestens ab dem Zeitpunkt des Umzuges ab Mai 2012 zur Last gelegt werden. Ein Ersatzanspruch des Beklagten könne daher so oder so erst für den Zeitraum ab Mai 2012 geltend gemacht werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 8. Juli 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 4. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für einen Kostenersatz gemäß § 103 Abs. 1 Satz 2 SGB XII vorlägen. Das SG habe zutreffend ausgeführt, dass der Kläger in Erfahrung hätte bringen können und müssen, dass der Betreute ab Februar 2011 im Raum B. S. eine geringfügige Beschäftigung und später bei zwei Arbeitgebern eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen habe. Der Kläger könne sich nicht einfach darauf berufen, dass der Betreute ihm diese Umstände verschwiegen habe. Der Kläger sei Berufsbetreuer und gegenüber dem Betreuten mit den Aufgabenkreisen der Vermögenssorge, Behördenangelegenheiten und leistungsrechtlichen Angelegenheiten betraut gewesen. Dem Kläger hätte im Rahmen seiner Betreuungspflichten auffallen müssen, dass sein Betreuter ein regelmäßiges Einkommen aus einer Anstellung gehabt habe. Hierauf hätte der Kläger bei seinem Betreuten explizit nachfragen müssen, woher die zusätzlichen Einnahmen kämen. Dies sei schon deshalb der Fall, da dem Kläger bekannt gewesen sei, dass es Probleme bei der vorherigen Betreuung gegeben habe. Soweit der Kläger vortrage, dass ihm nicht bekannt gewesen sei, worin genau diese Probleme bestanden hätten, so hätte der Kläger dies z.B. durch Nachfrage beim ehemaligen Betreuer in Erfahrung bringen müssen. Es habe sehr wohl Grund für ein gesteigertes Misstrauen des Klägers gegenüber seinem Betreuten gegeben. Auch die häufigen Abbuchungen von Tankstellen hätten ein gesteigertes Misstrauen seitens des Klägers hervorrufen müssen. Der Kläger gehe zu Recht davon aus, dass er als Betreuer zum und für das Wohl des Betreuten hätte handeln müssen. Hierzu zähle jedoch auch, dem Betreuten vor Falschangaben bei Leistungsträgern, die auch zu einer strafrechtlichen Sanktion führen könnten, zu bewahren. Im Übrigen hätte der Kläger selbst die erforderlichen Recherchen tätigen können und müssen, sofern sein Betreuer ihn nicht ausreichend informiert habe. Nachdem das SG zutreffend darauf hingewiesen habe, dass der Kläger nicht einmal vorgetragen habe, dass er mit dem Betreuten die Anträge durchgegangen sei, werde dies nun vom Kläger in den Raum gestellt. Dies sei jedoch in keiner Weise nachgewiesen. Darüber hinaus spreche auch die Tatsache, dass der Kläger nie habe vortragen können, wann genau er sich mit seinem Betreuten persönlich getroffen habe, dafür, dass nur ein sehr loser Kontakt zwischen ihm und seinem Betreuten bestanden habe. Hierfür spreche auch die Zeugenaussage des Vermieters, der nach seinen Angaben von der Betreuung seines Mieters durch den Kläger von den Mitbewohnern im Haus erfahren habe. Weiterhin hätte dem Kläger bei einem persönlichen Aufsuchen der Wohnung seines Betreuten, der nach Aussage des Vermieters gut sichtbar überquellende Briefkasten seines Betreuten auffallen müssen. Es wäre dem Kläger ein Leichtes gewesen, bei einer kurzen Nachfrage bei den Nachbarn zu erfahren, dass sein Betreuter "schon ewig" nicht mehr in der Wohnung gewesen sei. Der Kläger habe sich in grob fahrlässiger Weise darauf verlassen, dass sein Betreuter ihm alle wichtigen Änderungen von sich aus mitteilen werde. Dies sei umso mehr grob fahrlässig, da es sich beim Kläger um einen Berufsbetreuer mit langjähriger Berufserfahrung handele und ihm nach eigenem Einräumen in der Hauptverhandlung vor dem SG die vorherigen Probleme zwischen dem vorherigen Betreuer und seinem Betreuten bekannt gewesen seien. Weiterhin habe der Kläger eingeräumt, dass ihm die Abbuchungen aufgefallen seien und sein Betreuter auch nicht über ein eigenes Auto verfügt habe. Zutreffend führe das SG aus, dass der Kläger diesem Sachverhalt hätte weiter nachgehen müssen und sich nicht mit der Erklärung seines Betreuten hätte zufriedengeben dürfen, dass er mit Bekannten gefahren sei und dafür die Rechnungen bezahlt habe. Auch die Tatsache, dass der überwiegende Teil der Abbuchungen von Tankstellen aus dem Raum B. S. stammten, hätten für den Kläger darauf hindeuten müssen, dass das Verhalten seines Betreuten nicht mit dem Grundsicherungsbezug beim Beklagten in Einklang zu bringen sei. Wie das SG weiter zutreffend ausgeführt habe, hätte der Kläger auch bezüglich der Finanzierung der Türkeireisen weiter bei seinem Betreuten genauer nachfragen müssen. Das Verhalten des Betreuten zeige, dass dieser bei entsprechenden Nachfragen Dinge nicht bewusst verschwiegen oder geleugnet hätte. Dies zeige schon die Tatsache, dass der Betreute gegenüber den Behörden im Landkreis S. die Eheschließung in der Türkei und die Aufnahme der Beschäftigungsverhältnisse mitgeteilt habe, ebenso die Ummeldung beim Einwohnermeldeamt nach S ... Es sei angesichts der dem Kläger bekannten Vorgeschichte des Betreuten grob fahrlässig, sich darauf zu verlassen, dass sein Betreuer ihm sämtliche für die Prüfung des Anspruchs notwendige Angaben von sich aus mitteilen würde. Ansonsten wäre zudem fraglich, weshalb überhaupt eine Betreuung mit dem Aufgabenbereich der Behördenangelegenheiten notwendig gewesen sei. Dem Kläger hätte bereits viel früher auffallen müssen, dass sein Betreuter nicht mehr in der Wohnung in A. wohnhaft gewesen sei. Der Briefkasten des Betreuten sei überquollen, die Lebensmittel im Kühlschrank des Betreuten bereits sichtbar lange Zeit abgelaufen und die Nachbarn hätten dem Zeugen mitgeteilt, dass der Betreute "schon ewig" nicht mehr da gewesen sei. Dies habe sehr wohl einen Dauerzustand dargestellt. Der Kläger hätte nicht nur ein bisschen "mehr an seinem Betreuten dran sein müssen", vielmehr habe er nicht im Ansatz einen ausreichenden insbesondere persönlichen Kontakt zu seinem Betreuten gehalten.
Der Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 28. September 2018 erörtert. Zu den Einzelheiten wird auf das Protokoll in der Sitzung Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich in dem Termin mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 124 Abs. 2 SGG), ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. dazu jüngst Bienert, NZS 2017, 727 ff.), denn die Klage betrifft einen auf eine Geldleistung von mehr als 750,00 Euro gerichteten Verwaltungsakt.
2. Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 4. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Pflichten. Die angefochtenen Bescheide können weder auf § 103 Abs. 1 Satz 2 SGB XII noch auf § 104 Satz 1 SGB XII gestützt werden.
a) Gemäß § 103 Abs. 1 Satz 2 ist zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet, wer als leistungsberechtigte Person oder als deren Vertreter die Rechtswidrigkeit des der Leistung zu Grunde liegenden Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Gemäß § 104 Satz 1 SGB XII ist zum Ersatz der Kosten für zu Unrecht erbrachte Leistungen der Sozialhilfe in entsprechender Anwendung des § 103 SGB XII auch verpflichtet, wer die Leistungen durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten herbeigeführt hat. Beide Normen setzen zumindest grobe Fahrlässigkeit voraus, in der einen Variante hinsichtlich der Unkenntnis der Rechtswidrigkeit des einer Leistung zugrundeliegenden Verwaltungsaktes, in der anderen Variante hinsichtlich des Verhaltens, das zu den Leistungen geführt hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Betroffene die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X), also wenn dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 27. Juli 2000 – B 7 AL 88/99 R – juris Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 16. März 2017 – B 10 LW 1/15 R – juris Rdnr. 33); es müssen einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt worden sein (BSG, Urteil vom 27. Juli 2000 – B 7 AL 88/99 R – juris Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 16. März 2017 – B 10 LW 1/15 R – juris Rdnr. 33 m.w.N.). Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen trägt die Behörde, die den Kostenersatzanspruch geltend macht, die objektive Beweislast (Simon in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 103 Rdnr. 72, § 104 Rdnr. 42; vgl. zu § 41 Abs. 4 SGB XII Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Dezember 2014 – L 2 SO 1027/14 – juris Rdnr. 45).
b) Nach diesen Maßstäben konnte sich der Senat nicht die Überzeugung verschaffen, dass der Kläger grob fahrlässig von der Rechtswidrigkeit der den Leistungen an den T. zugrundeliegenden Verwaltungsakte Unkenntnis hatte oder die Leistungen zugunsten des T. grob fahrlässig durch die Beantragung in dessen Namen herbeigeführt hat.
Der Kläger hat in den von ihm für den T. gestellten Weiterbewilligungsanträgen allerdings wiederholt objektiv unzutreffende Angaben gemacht, nämlich zum Wohnsitz des T., seinem Familienstand und seinen Beschäftigungs- und damit Einkommensverhältnissen. Der Kläger hat dies nicht vorsätzlich getan, da er von den insoweit veränderten Verhältnissen des T. nach seinem eigenen, unwiderlegten Vorbringen keine Kenntnis hatte. Dieser Umstand – fehlende Kenntnis in Bezug auf mehrere, für die Lebensführung des T. und insbesondere seinen Leistungsanspruch gegenüber dem Beklagten relevante Aspekte – indiziert allerdings bereits, dass der Kläger seinen Betreuerpflichten nicht hinreichend nachgekommen ist. Das SG hat dem Kläger zu Recht vorgehalten, dass sein Kontakt zum T. zu "lose" gewesen ist. Beispielsweise ergeben sich aus der Aufstellung des Klägers im Schriftsatz vom 20. August 2014 im Jahre 2010 nur fünf Kontakte des Klägers zu T. "mit Absprache" und vier Kontakte "ohne Absprache". Auch der Senat ist der Überzeugung, dass dem Kläger bei hinreichendem persönlichen Kontakt zum T. die Veränderungen in dessen persönlichen und finanziellen Verhältnissen nicht verborgen geblieben wären. Der Kläger kann insbesondere nicht einwenden, dass T. ihm diese Veränderungen auch bei gezieltem Nachfragen verschwiegen hätte. Hiergegen spricht bereits, dass sich T. melderechtlich korrekt verhalten und seinen Umzug nach H. gegenüber den Meldebehörden angegeben hat. Der Kläger hätte es auch nicht dabei bewenden lassen dürfen, aus Anlass der Weiterbewilligungsanträge den T. nur pauschal – und teilweise sogar nur telefonisch – zu fragen, ob sich Änderungen in seinen Verhältnissen ergeben haben. Gerade der Umstand, dass für den T. ein Betreuer bestellt worden ist und dass die Betreuung auch die Vermögenssorge, Behördenangelegenheiten und leistungsrechtliche Angelegenheiten umfasst, steht der Erwartung, dass T. von sich aus oder bei bloß pauschalen Nachfragen hinreichende Informationen geben würde, entgegen. Ein Berufsbetreuer ist mehr als nur der Protokollant, Sekretär oder Bote des Betreuten. Er soll vielmehr gerade dann, wenn die Betreuung auch Behördenangelegenheiten und leistungsrechtliche Angelegenheiten umfasst, die Defizite des Betreuten im Verhalten zu Behörden ausgleichen. Dies ist bei einem nur sporadischen und oberflächlichen Kontakt nicht gewährleistet.
Besteht am fahrlässigen und damit schuldhaften Verhalten des Klägers in Bezug auf die Betreuung des T. damit kein Zweifel, so konnte sich der Senat jedoch nicht die notwendige Überzeugung verschaffen, dass der Kläger grob fahrlässig gehandelt hat. Dies geht nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Beklagten.
Der Kläger hat eingeräumt, dass ihm die Abbuchung von Tankstellenrechnungen aus dem Kreis S. vom Konto des T. aufgefallen seien, dieser dies aber damit erklärt habe, dass er bei Bekannten mitfahre und hierdurch seinen Kostenbeitrag leiste. Hierbei handelt es sich zwar möglicherweise nicht um die naheliegendste Erklärung, aber doch um eine plausible, die das Unterlassen weiterer Nachfragen zu diesem Punkt nicht grob fahrlässig erscheinen lässt. Auch der Umstand, dass der T. als Grundsicherungsleistungsempfänger nur eingeschränkte finanzielle Ressourcen hatte, machte weitere Nachfragen nicht zwingend, da – wie der Kläger unwiderlegt dargestellt hat – der T. insgesamt kein unangemessenes Ausgabeverhalten gezeigt hat. Auch hinsichtlich der Finanzierung der Türkeireisen hat der Kläger nach seiner unwiderlegten Darstellung bei T. nachgefragt und mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, kostengünstig in einem Lkw mitzufahren, eine nicht völlig abwegige Antwort erhalten, die wiederum das Unterlassen weiterer Nachfragen nicht grob fahrlässig macht.
Auch die Schilderung des Zeugen H. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG, dass er im Sommer 2012 den Briefkasten des T. "vollgelaufen" vorgefunden habe, begründet für sich genommen keine grobe Fahrlässigkeit des Klägers. Zugleich hat der Zeuge ausgesagt, dass er dies und weitere eigene Erkenntnisse dem Kläger "Ende des Jahres" (2012) mitgeteilt habe. Im Jahr 2012 hatte der Kläger nach seiner Darstellung zu T. nur drei abgesprochene Kontakte, nämlich am 30. Januar, 16. Februar und 26. Juni. Bei diesen persönlichen Kontakten des Klägers zu T. in A. hatte der Kläger keinen Anlass, an dessen fortbestehendem Wohnsitz in A. zu zweifeln, da er ihn ja gerade angetroffen hat. Das Gleiche gilt erst Recht für die unabgesprochenen Kontakte, also nach Angaben des Klägers im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter das zufällige Zusammentreffen mit dem T.; dass der Kläger offenbar keine für den T. überraschenden, stichprobenartigen Kontrollbesuche abgestattet hat, ist nicht grob fahrlässig, da er hierfür keinen Anlass hatte. Dass er mangels solcher Kontrollbesuche die Abwesenheit des T. nicht feststellen konnte, kann dem Kläger dann aber nicht vorgehalten werden.
Dahinstehen kann, ob der Kläger in anderen Fällen seine Betreuerpflichten grob fahrlässig verletzt hat. Grob fahrlässig dürfte es zwar etwa sein, wenn der Kläger – wie er im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter ausgeführt hat – auch Leistungsanträge für von ihm betreute Personen stellt, mit denen er gar keinen Kontakt (mehr) hat. In diesen Fällen dürfte der Kläger zumindest verpflichtet sein, im Rahmen der Leistungsanträge den fehlenden Kontakt zu dem Betreuten jeweils schriftlich offenzulegen. Die bloß mündliche Mitteilung an den jeweiligen Sachbearbeiter, von der der Kläger berichtet hat, die von der Bevollmächtigten des Beklagten im Erörterungstermin aber in Abrede gestellt worden ist, dürfte nicht ausreichen. Bedenklich ist auch, dass es dem Kläger mit Blick auf die objektiv falschen Angaben in den Weiterbewilligungsanträgen für den T. offenbar an hinreichendem Problembewusstein fehlt. Dieser Mangel hat sich im Erörterungstermin gezeigt, als er den Vorhalt des Berichterstatters, ihm seien im Falle des T. ja einige Dinge "durch die Lappen gegangen", negiert hat. Indes kann ein grob fahrlässiges Verhalten des Klägers in anderen Betreuungsfällen oder die fehlende Einsicht in eigene Fehler im vorliegenden Fall nicht die Beurteilung des Ausmaßes seines Verschuldens im Falle des T. beeinflussen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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