L 4 P 75/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 14 P 1426/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 75/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. November 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Erstattung von Aufwendungen in Höhe eines monatlichen Entlastungsbetrags in Höhe von EUR 125,00 ab dem 1. Mai 2017.

Der 1946 geborene Kläger ist bei der Beklagten sozial pflegeversichert. Auf seinen Antrag vom 18. Mai 2017 bewilligte ihm diese mit Bescheid vom 13. Oktober 2017 ab dem 1. Mai 2017 Pflegegeld nach Pflegegrad 2 sowie dem Grunde nach einen Entlastungsbetrag in Höhe von EUR 125,00 monatlich in Form der Kostenerstattung, zweckgebunden für qualitätsgesicherte Leistungen in Zusammenhang mit einer der folgenden Pflegeleistungen einzusetzen: Tages- und Nachtpflege, Kurzzeitpflege, zusätzliche Angebote von Pflegediensten zur allgemeinen Anleitung und Betreuung oder Angebote der hauswirtschaftlichen Versorgung (Haushaltshilfen, Alltagsbegleiter und ehrenamtliche Helfer) und besondere Betreuungsangebote.

Am 4. Dezember 2017 ging bei der Beklagten eine Rechnung eines R. D. (im Folgenden RD) an den Kläger für ab Mai bis November 2017 erbrachte "Pflegeleistungen" in Höhe von EUR 125,00 monatlich (insgesamt EUR 875,00) ein. Mit Bescheid vom 13. Januar 2018 lehnte die Beklagte die Erstattung dieser Kosten ab. Bei dem vom Kläger gewählten Anbieter RD handle es sich nicht um einen zugelassenen Leistungserbringer.

Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruches führte der Kläger aus, der Entlastungsbetrag sei zwar zweckgebunden einzusetzen, bei den Pflegepersonen müsse es sich allerdings nicht um Fachkräfte handeln. Er sei in der Vergangenheit von einer nahestehenden Pflegeperson versorgt worden. Dies habe nun sein Bruder (im Folgenden BK) übernommen. Für die Hilfe habe er an diese Personen Zahlungen in Höhe von mehr als EUR 129,00 monatlich geleistet.

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2018 als unbegründet zurück. Der Anspruch auf einen Entlastungsbetrag sei zweckgebunden einzusetzen zur Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbarer Nahestehender in ihrer Eigenschaft als Pflegende sowie zur Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags. Eine Kostenerstattung könne nur zum Ersatz der Aufwendungen im Zusammenhang mit den im Ablehnungsbescheid genannten Leistungen, nicht aber für von Privatpersonen erbrachte erfolgen.

Hiergegen erhob der Kläger am 25. April 2018 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) und führte zur Begründung aus, die Beklagte weigere sich, den bewilligten Entlastungsbetrag an ihn auszuzahlen. Er habe sich bei den Verrichtungen des täglichen Lebens zunächst von RD und ab Ende 2018 von BK helfen lassen und hierfür weit mehr als EUR 129,00 bezahlt. Es müsse sich nicht um Leistungen von Fachkräften handeln, da solche mit dem Entlastungsbetrag überhaupt nicht bezahlt werden könnten. Aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten sei eine analoge Anwendung der gesetzlichen Regelung über den Entlastungsbetrag erforderlich, da er, der Kläger, sich infolge der geringen Rente weder Tages- noch Nachtpflege, Kurzzeitpflege oder ambulante Pflegedienste leisten könne.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Gründe der angefochtenen Bescheide entgegen. Die begehrten Leistungen könnten nur für zugelassene Pflegedienste bzw. Privatpersonen, die eine Anerkennung/Qualifikation durch die zuständige Behörde abgelegt hätten, abgerufen werden. Weder bei RD noch BK liege eine entsprechende Qualifikation/Anerkennung vor.

Mit Urteil vom 28. November 2018 wies das SG die Klage ab. Leistungen von pflegenden Angehörigen oder anderen Nahestehenden – wie vorliegend durch RD und BK – stellten keine der gesetzlich abschließend aufgezählten Leistungen dar, für die eine Kostenerstattung vorgesehen sei. Sie erfüllten nicht wie jene die gesetzlich mehrfach geforderte Qualitätssicherung. Leistungen von pflegenden Angehörigen oder anderen Nahestehenden sollten nach Willen des Gesetzgebers vielmehr gerade nicht erstattungsfähig sein. Die Einschränkungen für die Verwendung des zusätzlichen Betreuungsbetrages sollten danach der Missbrauchsanfälligkeit von Zahlungsansprüchen begegnen und außerdem zugleich strukturpolitisch sinnvolle Weichenstellungen bewirken sowie durch Nachfragesteigerungen infrastrukturprägende Wirkungen erzielen. Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Entlastungsbetrages auf die streitbefangenen Leistungen komme auch unter Berücksichtigung der geringen Einkünfte des Klägers nicht in Betracht. Für die qualitätsgesicherten Leistungen seien von Gesetzes wegen separate Budgets vorgesehen, so dass der Entlastungsbetrag lediglich für darüberhinausgehende zusätzliche Leistungen eingesetzt werden müsse, die der Pflegebedürftige andernfalls grundsätzlich selbst zu tragen hätte. Darüber hinaus dienten die Leistungen der Pflegeversicherung generell (nur) als Ergänzung der familiären, nachbarschaftlichen oder sonstigen ehrenamtlichen Pflege und Betreuung bzw. Entlastung der Pflegebedürftigen bei teil- und vollstationärer Pflege. Sie hätten daher gerade keinen existenzsichernden Zweck bzw. den Zweck einer Vollversorgung.

Gegen dieses ihm am 4. Dezember 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. Januar 2019 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt, zu deren Begründung er über sein bisheriges Vorbringen hinaus ausgeführt hat, gerade in Fällen fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit des Pflegebedürftigen werde der Entlastungsbetrag umso mehr benötigt. Die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele würden ohnehin erreicht, so dass diese einer analogen Anwendung nicht entgegenstünden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. November 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Januar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2018 zu verurteilen, ihm ab dem 1. Mai 2017 Aufwendungen für Pflegeleistungen in Höhe des Entlastungsbetrages von monatlich EUR 125,00 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht des Senats, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

II.

1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Kläger Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Jedenfalls übersteigt bereits der vom Kläger im Verwaltungsverfahren geltend gemachte Betrag von EUR 875,00 den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG maßgeblichen Beschwerdewert von EUR 750,00.

3. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren des Klägers auf Erstattung von Aufwendungen, die ihm durch die Inanspruchnahme von Pflegeleistungen von RD und BK monatlich in Höhe des Entlastungsbetrages von EUR 125,00 entstanden seien. Streitbefangenen ist der dies ablehnende Bescheid vom 13. Januar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2018. Nicht streitbefangen ist der einen Entlastungsbetrag dem Grunde nach bewilligende Bescheid vom 13. Oktober 2017.

4. Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der ihm nach seiner Behauptung durch Inanspruchnahme von Pflegeleistungen von RD und BK diesen gegenüber entstandenen Aufwendungen in Höhe von EUR 125,00 monatlich.

a) Die Klage ist zulässig. Das Klagebegehren ist ausreichend beziffert bzw. bezifferbar. Für die Zeit von Mai bis Dezember 2017 legte der Kläger eine Rechnung des RD über EUR 875,00 vor. Für die Zeit ab Januar 2018 machte er geltend, für Pflegeleistungen durch seinen Bruder mehr als EUR 129,00 monatlich aufzuwenden. Dies genügt für die Zulässigkeit der Klage. Ob solche Aufwendungen tatsächlich getätigt wurden oder entsprechende Verpflichtungen bestanden, beträfe – bei Entscheidungserheblichkeit – die Begründetheit der Klage.

b) Die Klage ist nicht begründet. Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen unterfallen nicht dem gesetzlichen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 45b Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI; dazu aa). Der Anspruch kann auch nicht auf eine analoge Anwendung der Vorschrift gestützt werden (dazu bb).

aa) Die geltend gemachten Aufwendungen gehören nicht zu den erstattungsfähigen Aufwendungen.

(1) Nach § 45b Abs. 1 SGB XI (hier in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 13 Buchst. a Drittes Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften [Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III] vom 23. Dezember 2016, BGBl. I, S. 3191) haben Pflegebedürftige in häuslicher Pflege Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu EUR 125,00 monatlich. Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender in ihrer Eigenschaft als Pflegende sowie zur Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags. Er dient der Erstattung von Aufwendungen, die den Versicherten entstehen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von 1. Leistungen der Tages- oder Nachtpflege, 2. Leistungen der Kurzzeitpflege, 3. Leistungen der ambulanten Pflegedienste im Sinne des § 36 SGB XI, in den Pflegegraden 2 bis 5 jedoch nicht von Leistungen im Bereich der Selbstversorgung, 4. Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne des § 45a SGB XI. Die Leistung nach Absatz 1 Satz 1 kann innerhalb des jeweiligen Kalenderjahres in Anspruch genommen werden; wird die Leistung in einem Kalenderjahr nicht ausgeschöpft, kann der nicht verbrauchte Betrag in das folgende Kalenderhalbjahr übertragen werden. Der Anspruch auf den Entlastungsbetrag entsteht nach § 45b Abs. 2 SGB XI, sobald die in Absatz 1 Satz 1 genannten Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, ohne dass es einer vorherigen Antragstellung bedarf. Die Kostenerstattung in Höhe des Entlastungsbetrags nach Absatz 1 erhalten die Pflegebedürftigen von der zuständigen Pflegekasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen sowie im Fall der Beihilfeberechtigung anteilig von der Beihilfefestsetzungsstelle bei Beantragung der dafür erforderlichen finanziellen Mittel gegen Vorlage entsprechender Belege über entstandene Eigenbelastungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der in Absatz 1 Satz 3 genannten Leistungen.

(2) Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 45b Abs. 1 Satz 2 SGB XI ist der Betrag zweckgebunden einzusetzen für die in Satz 3 genannten qualitätsgesicherten zusätzlichen Betreuungsleistungen. Diese Aufzählung ist nach der amtlichen Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Leistungen bei häuslicher Pflege von Pflegebedürftigen mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf (Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz – PflEG), in dessen Folge § 45b SGB XI eingeführt wurde, abschließend (BT-Drucks. 14/6949 S. 10, 15; Linke in Krauskopf, SGB XI, Stand Oktober 2018, § 45b Rn. 8; Koch in Kasseler Kommentar, SGB XI, Stand Oktober 2018, § 45b Rn. 8). Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Betreuung des Pflegebedürftigen durch Angehörige, Nachbarn, Freunde oder Verwandte sollen nicht durch den Entlastungsbetrag ersetzt bzw. gefördert werden (BT-Drucks. 14/6949 S. 15, 16; Linke, a.a.O.; Koch, a.a.O., Rn. 9). Ausdrücklich sollte eine pauschale Pflegegelderhöhung verhindert werden, die nicht die gewünschten infrastrukturfördernden Effekte bedingte. Die knappen Finanzmittel der Pflegeversicherung sollten nur für qualitätsgesicherte Betreuungsangebote eingesetzt werden, die gleichzeitig infrastrukturprägende Wirkungen haben. Das Konzept an Leistungsverbesserungen dürfe nicht den Charakter eines bloßen Geldhingabemodells aufweisen (BT-Drucks. 14/6949 S. 9, 10). Die durch § 45b SGB XI geforderte Qualitätssicherung ergibt sich für die Einrichtungen und Pflegedienste, die zugleich zugelassene Sachleistungserbringer sind, aus § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, § 80 SGB XI. Für die Pflegedienste war dies außerdem in § 45b Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB XI in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung ausdrücklich geregelt. Hieran hat sich durch die Änderung des § 45b SGB XI durch das Zweite Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) nichts geändert. Es handelt sich nach der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf bei der Leistung nach § 45b SGB XI unverändert um einen Kostenerstattungsanspruch, der zum Ersatz von Aufwendungen im Zusammenhang mit Leistungen der Tages- oder Nachtpflege, der Kurzzeitpflege, zugelassener Pflegedienste oder nach Landesrecht anerkannter niedrigschwelliger Betreuungs- oder Entlastungsangebote eingesetzt werden kann (BT-Drucks. 18/5926, S. 133). Die Beschränkung auf Leistungen zugelassener Pflegedienste entspricht nach wie vor dem gesetzgeberischen Willen.

(3) Leistungen der Tages- und Nachtpflege (§ 45b Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB XI) sind in § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XI definiert als teilstationäre Pflege in Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege. Bei den Leistungen der Kurzzeitpflege (§ 45b Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI) handelt es sich nach § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB XI um solche in einer vollstationären Einrichtung. Um qualitätsgesicherte Leistungen in diesem Sinne handelte es sich bei den Pflegeleistungen von RD und BK nicht. Der Kläger selbst machte im Übrigen zu keinem Zeitpunkt geltend, die Pflegeleistungen seien teil- oder vollstationär oder in Zusammenhang mit teil- oder vollstationären Leistungen erbracht worden. Solches ist aus den vorliegenden Unterlagen auch nicht ersichtlich. Es handelte sich auch nicht um Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne des § 45a SGB XI. Eine solche landesrechtliche Anerkennung liegt weder für RD noch für BK vor. Abweichendes behauptet auch der Kläger nicht. Schließlich handelt es sich bei den Leistungen von RD und BK nicht um solche eines zugelassenen Pflegedienstes. Solches macht der Kläger selbst nicht geltend. Vielmehr ergibt sich aus seinem eigenen Vortrag, dass es sich bei BK um seinen eigenen Bruder und bei RD um eine ihm, dem Kläger, nahestehende Person handelt.

bb) Auf eine analoge Anwendung des § 45b SGB XI kann der Kläger den erhobenen Anspruch nicht stützen.

Es mangelt bereits an einer für eine analoge Anwendung erforderlichen unbewussten Regelungslücke. Der sich aus § 45b Abs. 1 SGB XI ergebende Ausschluss der Erstattung von Aufwendungen für Pflegeleistungen durch Angehörige oder nahestehende Personen war, wie oben ausgeführt, gesetzgeberisch gerade gewollt, so dass eine unbewusste Regelungslücke gerade nicht vorliegen kann. Des Weiteren wies bereits das SG zutreffend darauf hin, dass das Vorbringen des Klägers, aufgrund seiner niedrigen Einkünfte sich die im Rahmen des § 45b SGB XI genannten Leistungen nicht leisten zu können, eine entsprechende Ausdehnung des Entlastungsbetrages nicht zu begründen vermag. Der Entlastungsbetrag muss im Hinblick auf die als eigenständige Leistungen vorgesehene Tages-, Nacht- oder Kurzzeitpflege (§§ 41, 42 SGB XI) lediglich für darüberhinausgehende zusätzliche Leistungen eingesetzt werden, die der Pflegebedürftige andernfalls grundsätzlich selbst zu tragen hätte (z.B. des Investitionskostenanteils). Ohnehin dienen die Leistungen der Pflegeversicherung, worauf ebenfalls bereits das SG zutreffend hingewiesen hat, generell (nur) als Ergänzung der familiären, nachbarschaftlichen oder sonstigen ehrenamtlichen Pflege und Betreuung bzw. Entlastung der Pflegebedürftigen bei teil- und vollstationärer Pflege (§ 4 SGB XI). Leistungen der Pflegeversicherung haben daher gerade keinen existenzsichernden Zweck bzw. den Zweck einer Vollversorgung (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 5. Mai 2010 – B 12 R 6/09 R – juris, Rn. 19). Da die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise nur als Teilabsicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit ausgestaltet worden sind, hat der Gesetzgeber festzulegen, was die soziale Pflegeversicherung zu leisten hat und was nicht. Dabei sind Gesichtspunkte der Gesetzesklarheit und der Anwendungssicherheit im Leistungsrecht wie auch nur begrenzt zur Verfügung stehende Finanzmittel relevante Abwägungsbelange (zum Ganzen Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss vom 22. Mai 2003 – 1 BvR 452/99 –, juris Rn. 17 ff. m.w.N.).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

6. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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