Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 1736/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 111/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. Dezember 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1962 geborene Kläger zog 1979 aus der Türkei zu, machte eine Ausbildung zum Maurer und war seit 1981 in diesem Beruf beschäftigt. Seit dem 29.08.2009 ist er arbeitsunfähig erkrankt bzw. arbeitslos. Seit 2010 ist bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannt. Seit Januar 2011 bezieht er Arbeitslosengeld II.
Einen ersten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 12.08.2011 lehnte die Beklagte mangels Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen mit Bescheid vom 20.09.2011 ab. Der Widerspruch hiergegen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20.12.2011). Die hiergegen zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage (S 1 R 4587/11) nahm der Kläger zurück.
Am 23.12.2016 beantragte der Kläger erneut bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Er sei seit 2009 arbeitsunfähig, habe sechs Bandscheibenoperationen der LWS hinter sich, und eine Operation an der HWS. Die letzte Operation habe im Jahr 2014 stattgefunden. Er legte den vorläufigen Entlassungsbrief der SLK-Kliniken H., Krankenhaus B., vom 20.07.2015 über die stationäre Behandlung dort vom 17. bis 20.07.2015 (Durchführung einer laparoskopischen Cholecystektomie am 17.07.2015), Berichte des Dr. R., Neurochirurgisches Wirbelsäulenzentrum Dr. v.H. & Dr. R., vom 24.11.2008 über die stationäre Behandlung vom 24. bis 26.11.2008 im Kreiskrankenhaus S. und vom 09.10.2014 über die stationäre Mitbehandlung im Kreiskrankenhaus W. vom 30.09. bis 06.10.2014, einen Befundbericht des Katheterlabors der SLK Kliniken H., Klinikum am G. vom 21.07.2014 über eine Laevokardiografie, Koronarangiografie, sowie die Bescheide des Landratsamts Heilbronn vom 08.10.2010 (Feststellung eines GdB von 30 seit 05.01.2010) und vom 26.10.2011 (Ablehnung eines Neufeststellungsantrags) mit vor. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch den Internisten/Rheumatologen, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sozialmedizin, Dr. J ... Dieser diagnostizierte nach Untersuchung des Klägers am 06.02.2017 in seinem Gutachten vom 10.02.2017 eine Lumboischialgie links nach viermaliger Operation, zuletzt am 30.09.2014, mit Bewegungseinschränkung, ohne motorisches Defizit, mit fraglichem sensiblen Defizit, eine akute Periarthropathia humeroscapularis rechts mit Bewegungseinschränkung, eine koronare 1-Gefäßerkankung mit 50%iger RIVA-Stenose bei fortgesetztem Nikotinkonsum, eine arterielle Hypertonie, medikamentös gut eingestellt, einen Z.n. Nukleotomie C4/5 und C5/6 mit Cage-Fusion am 24.11.2008, mit fraglicher Zervikobrachialgie rechts, ohne dermatombezogenes sensibles Defizit und ohne motorisches Defizit. Er führte aus, unter Berücksichtigung aller Befunde und der geklagten Beschwerden gelange er zu der Einschätzung, dass unter Beachtung qualitativer Einschränkungen weiterhin ein Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten sechs und mehr Stunden arbeitstäglich bestehe. Dieser Zustand bestehe bereits seit ca. 2011. Unter Bezugnahme auf das Gutachten lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 17.02.2017 ab. Mit seinem Widerspruch hiergegen wies der Kläger darauf hin, dass er unter stärksten Schmerzen im Bereich der operierten Bandscheiben leide. Keine der Operationen habe eine Linderung der Beschwerden gebracht. Auch habe er stärkste Schmerzen in der rechten Schulter, er könne den rechten Arm nicht über Kopf heben. Er könne nicht lange stehen und nicht lange sitzen, nach einer kleinsten Wegstrecke müsse er eine Pause machen, entweder schlafe der Fuß ein oder er erleide Krämpfe. Nachts finde er kaum Schlaf, inzwischen habe sich eine Depression entwickelt. Die Beklagte wies den Widerspruch unter Berücksichtigung einer ergänzenden Stellungnahme von Dr. J. und des Facharztes für Allgemeinmedizin G. mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2017 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 06.06.2017 Klage zum SG erhoben. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Nach ca. 5 min würden beim Gehen schmerzhafte Bewegungseinschränkungen im Bereich der LWS auftreten mit Ausstrahlung in die Großzehe. Auch im Stehen und Sitzen leide er unter starken Dauerschmerzen. Er habe wegen der ständigen stärksten Schmerzen eine Depression mit Problemen, seinen Tagesablauf zu meistern. An eine berufliche Tätigkeit sei nicht zu denken.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Auskünfte der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen.
Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie K.-F. hat unter dem 26.07.2017 berichtet, der Kläger habe sich nur einmalig am 21.03.2017 bei ihr vorgestellt. Sie habe eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren diagnostiziert. Nach ihrer Einschätzung dürfte der Kläger nicht in der Lage sein, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, wobei die Gründe in erster Linie auf orthopädischem Gebiet liegen dürften. Sie gehe davon aus, dass die Minderung der Leistungsfähigkeit auf psychiatrischem Gebiet behandelbar sei.
Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. hat unter Beifügung seiner Arztbriefe vom 05.04.2012 und 28.07.2017 mit Schreiben vom 28.07.2017 mitgeteilt, er habe den Kläger am 30.03. und 05.04.2012 sowie am 21. und 28.07.2017 untersucht und eine operierte HWS mit Fusion C4-6, Armschmerz rechts, am ehesten im Sinne einer Epicondylitis humeri radialis, eine operierte LWS und eine Lumbofemoralgie links mit lumbalem Nervenwurzelreizsyndrom festgestellt. Eine berufliche Tätigkeit als Maurer sei dem Kläger nicht mehr möglich, da durch die operierte HWS und LWS die statische und dynamische Belastbarkeit der Wirbelsäule eingeschränkt sei. Der Kläger könne aber ohne Gefährdung seiner Gesundheit eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch sechs Stunden täglich verrichten soweit er qualitative Einschränkungen beachte. Hinsichtlich der Wegefähigkeit bestünden keine relevanten Einschränkungen.
Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. K. hat unter dem 29.11.2017 mitgeteilt, den Kläger seit Dezember 2015 zu behandeln, im Jahr 2017 habe der Kläger sich je einmal im April, Mai und Oktober sowie viermal im November vorgestellt. Im Jahr 2015 sei eine lumbale Fusionsoperation L5/S1 bei degenerativer Instabilität und Stenose durchgeführt worden. Desweiteren finde sich ein degeneratives HWS-Syndrom mit Fusionsoperation C4-6, aktuell mit beginnender cervicaler Spinalstenose, Nervenwurzelreizungen der HWS und der LWS. Die berufliche Leistungsfähigkeit sei deutlich eingeschränkt. Derzeit sei der Kläger vier Stunden täglich mit einer körperlich leichten Tätigkeit belastbar wegen erheblicher Degenerationen an HWS und LWS mit bereits erfolgten Operationen und weiter bestehenden Nervenwurzelreizungen. Der Schwerpunkt der Leiden liege auf orthopädisch-unfallchirurgischem Gebiet. Dieser Zustand bestehe seit April 2017, es sei von einer dauerhaften Minderung der Leistungsfähigkeit auszugehen.
Die Beklagte hat hierzu sozialmedizinische Stellungnahmen der Fachärztin für Chirurgie Dr. B.-K. vom 10.01.2018 und der Ärztin für Psychiatrie Dr. H. vom 02.02.2018 vorgelegt.
Weiter hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens bei dem Chefarzt der Abteilung Orthopädie der V.klinik Bad R., Dr. v. S. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 07.04.2018 die folgenden Diagnosen: Degeneratives HWS-Syndrom mit Zustand nach operativer Versteifung C4-6 mit leichter bis mittelgradiger Funktionsbeeinträchtigung, rezidivierenden Muskelverspannungen und intermittierenden Nervenwurzelreizerscheinungen (zum Untersuchungszeitpunkt nur sensibel und dermatomübergreifend nachweisbar), degeneratives LWS-Syndrom mit Zustand nach mehrfacher Dekompression und zwischenzeitlich durchgeführter Versteifungsoperation L5/S1 mit einliegendem Spondylodesematerial und fest durchbauter Spondylodese ohne Lockerungszeichen oder Anschlussdekompensation mit Verschleißerscheinungen vorwiegend der kleinen Wirbelgelenke der unteren LWS und einer Nervenwurzelreizsymptomatik S1 links, arterielle Hypertonie medikamentös nicht optimal eingestellt, und koronare 1-Gefäßerkrankung in regelmäßiger Kontrolle mit fortgesetztem Nikotinkonsum. Seinen Beruf als Maurer könne der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich ausüben. Eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei aber mit - näher ausgeführten - qualitativen Einschränkungen nach wie vor mindestens sechs Stunden täglich verrichtbar. Der Gesundheitszustand bestehe im Prinzip seit Jahren und habe sich zuletzt durch die stattgehabte Spondylodese im Juni 2014 geändert. Danach seien keine wesentlichen Änderungen mehr aufgetreten. Es bestünden keine Einschränkungen des Klägers, die üblichen Wege zu und von der Arbeitsstelle zurückzulegen. Diese seien zwar beschwerlich, die Gehfähigkeit aber nicht relevant eingeschränkt. Der Kläger selbst erachte das Zurücklegen einer Wegstrecke von 500 m in 15 bis 20 min für möglich, dies stimme mit dem klinischen Befund überein. Auch die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei zumutbar. Er stimme mit dem Gutachten des Dr. J. sowohl hinsichtlich der Befunderhebung als auch der Diagnosestellung überein. Er stimme auch mit Dr. K. hinsichtlich der Feststellung der Gesundheitsstörungen überein. Dessen Annahme einer quantitativen Leistungseinschränkung könne er aber nicht teilen. Gründe, die eine körperlich leichte Belastung für sechs Stunden und mehr ausschlössen, seien in der Stellungnahme des Dr. K. auch nicht mitgeteilt.
Der Kläger hat gegen das Gutachten des Dr. v. S. vorgebracht, dass Dr. v. S. ihn auch schon im früheren Klageverfahren begutachtet hat, dies aber nicht im aktuellen Gutachten erwähnt habe. Es bestehe natürlich nicht die Neigung, von einem früher in der gleichen Sache erstatteten Gutachten abzuweichen. Vielmehr sei der Einschätzung des Dr. K. zu folgen. Weiter hätten sich Änderungen dadurch ergeben, dass er zwischenzeitlich einen Bandscheibenvorfall an der linken Seite der HWS erlitten habe, welcher in einer CT im Mai 2018 durch den Arzt für Radiologie und Innere Medizin Dr. B. festgestellt worden sei. Eine berufliche Tätigkeit sei wegen der erheblichen Schmerzen im Bereich der LWS und nun auch der HWS ausgeschlossen. Dies werde auch vom Jobcenter so gesehen, dort halte man aufgrund der gesundheitlichen Beschwerden eine Vermittlung für unmöglich. Hinsichtlich seiner orthopädischen Erkrankungen und der massiven Schmerzen sei der Einschätzung des Dr. K. zu folgen. Außerdem leide er an einer massiven Depression. Weitere Termine bei Frau K.-F. habe er verlangt, aber nicht bekommen. Er habe nur Tabletten erhalten, welche ihm nichts gebracht hätten. Es sei ein Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet einzuholen.
Das SG hat Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Er hat mitgeteilt, den Kläger seit 2011 bis 15.05.2018 behandelt zu haben und auf seine mitvorgelegten Arztbriefe vom 01.04.2011, 02.06.2014, 18.12.2015, 08.05.2017 und 17.05.2018 (MR-HWS nativ vom 15.05.2018) verwiesen. Weiter hat der Kläger den Bericht des Klinikums am P., Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Wirbelsäulenchirurgie vom 22.06.2018 über seine ambulante Vorstellung dort am 12.06.2018 und den Entlassungsbrief vom 26.07.2018 über die stationäre Behandlung dort vom 23. bis 26.07.2018 (Infiltrationstherapien im HWS-Bereich) vorgelegt. Auch diese Behandlung habe keine Linderung der Beschwerden gebracht.
Nach vorheriger Ankündigung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 04.12.2018 abgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Nach Überzeugung des Gerichts sei der Kläger noch in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit bei Beachtung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Nicht zumutbar seien Arbeiten auf Gerüsten oder Leitern, Tätigkeiten bei Zwangshaltung der Wirbelsäule, insbesondere nicht bei vornübergeneigter Stellung und rekliniertem Kopf, Arbeiten auf rutschigem oder unsicherem Untergrund sowie bei schwankender Umgebungstemperatur, insbesondere in nasskalter Umgebung. Hierbei stütze sich das Gericht auf das Gutachten des Dr. v. S., das es für schlüssig und nachvollziehbar erachte, sowie die sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte K.-F. und Dr. J. Beim Kläger stünden Beschwerden im orthopädischen Fachgebiet aufgrund der von Dr. S. festgestellten Gesundheitsstörungen im Vordergrund. Anhand des orthopädischen Untersuchungsbefundes nachvollziehbar und schlüssig beschreibe Dr. v. S., dass die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr leidensgerecht sei, für leichte körperliche Tätigkeiten allerdings keine quantitative Einschränkung bestehe bei Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen. Insbesondere werde eine Tätigkeit angeraten, bei der der Kläger – optimaler Weise eigenständig wählbar – in wechselnder Arbeitsposition tätig werden könne. An dieser Beurteilung änderten auch die nachfolgend vorgelegten Befundberichte des SLK Klinikums über die durchgeführte schmerztherapeutische Behandlung nichts. Diesen lasse sich entnehmen, dass die Beschwerdesymptomatik bei stattgehabter Infiltrationstherapie und krankengymnastischer Übungsbehandlung zu einer stetigen Besserung der schmerzbedingten Beschwerden geführt habe. Ferner werde beschrieben, dass der Kläger nach dem vierten Tag der stationären Behandlung bereits mit einer deutlich gelinderten Schmerzsymptomatik, ohne sensomotorische Defizite und bei um etwa 50 % deutlich reduzierter radikulärer Symptomatik entlassen worden sei. Dabei sei empfohlen worden, eine weitergehende konsequente krankengymnastische Übungsbehandlung und eine schmerzadaptierte Anpassung der bisherigen analgetischen Medikation durchzuführen. Die Kammer könne daher die Einlassung des Klägers, aus den vorliegenden Berichten lasse sich keine Beschwerdelinderung entnehmen, nicht nachvollziehen. Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Vergleich zum fachorthopädischen Gutachten oder eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens lasse sich den Berichten gerade nicht entnehmen. Soweit Dr. K. als behandelnder Orthopäde ein Leistungsvermögen von "derzeit" vier Stunden täglich angegeben habe, werde dies aus den mitgeteilten Befunden nicht durch Beschreibung maßgeblicher Funktionseinschränkungen hinreichend schlüssig dargelegt. Dr. K. verweise auf fortbestehende Nervenwurzelreizerscheinungen bei bestehendem HWS- und LWS-Syndrom. Hierzu habe aber Dr. J. als behandelnder Neurologe angegeben, dass der Kläger trotz der Nervenwurzelreizerscheinungen in der Lage sei, bei Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Dem schließe sich die Kammer an. Hinsichtlich der Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet lasse sich eine rentenrelevante Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens schon wegen der nicht ausgeschöpften Behandlungsmöglichkeiten nicht begründen. Eine konsequente psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung finde nicht statt. Dies ergebe sich aus der Auskunft der Frau K.-F., bei der der Kläger sich nur einmalig vorgestellt habe. Eine medikamentöse Behandlung mit einem Antidepressivum, welches ebenfalls auf chronische Schmerzen reaktiv sei, sei eingeleitet worden. Frau K.-F. habe überdies mitgeteilt, dass die Beschwerden des Klägers auf psychiatrischem Gebiet behandelbar seien, als wesentlich sehe sie das orthopädische Fachgebiet an. Darin stimme sie auch mit Dr. J. überein. Damit ergebe sich aus den neurologischen bzw. nervenärztlichen Gesundheitseinschränkungen keine relevante Einschränkung des Leistungsvermögens. Da der Kläger im Jahr 1962 geboren sei, sei er nicht vom Anwendungsbereich des § 240 SGB VI erfasst, weshalb keine Prüfung einer Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu erfolgen habe.
Gegen den seinen Bevollmächtigten am 10.12.2018 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 08.01.2019 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen. Der Einschätzung des Dr. K., der ihn ständig sehe, sei zu folgen, nicht der punktuellen Begutachtung durch Dr. v. S ... Auch Dr. J. habe in seinen Stellungnahmen die starken Beschwerden bestätigt. Ebenso habe Frau K.-F. eine Einschränkung der psychischen Belastbarkeit bestätigt. Es werde noch geklärt, ob eine weitere Operation erfolgen müsse. Der gesundheitliche Zustand sei so schlecht, dass er nicht mehr wisse, wie es weitergehen solle. Trotz ständiger Schmerztherapien seien die Schmerzen weiterhin vorhanden, sogar zunehmend. Er sei nicht mehr in der Lage, einen vernünftigen Tagesablauf zu gestalten. Er sei in keiner Weise erwerbsfähig, fühle sich nutzlos und liege anderen Personen nach seiner Auffassung auf der Tasche. Er befinde sich in einem äußerst verzweifelten Zustand.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. Dezember 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2017 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf ihr bisheriges Vorbringen und auf die aus ihrer Sicht zutreffende Entscheidung des SG.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Akten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (siehe hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (siehe hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (KassKomm/Gürtner, 102. EL Dezember 2018, SGB VI, § 43 Rn. 58 und 30 ff.).
Der Senat vermochte sich jedoch unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde und Gutachten nicht davon zu überzeugen, dass bei dem Kläger eine Erwerbsminderung in einem rentenberechtigenden Ausmaß eingetreten ist.
Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen und Gutachten, insbesondere der Gutachten von Dr. J., das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, und von Dr. v. S. Aus den vorliegenden sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte lässt sich im Ergebnis nichts Abweichendes begründen.
Auf orthopädischem Fachgebiet hat Dr. v. S. in seinem Gutachten nach körperlicher Untersuchung des Klägers ein degeneratives HWS-Syndrom mit Zustand nach operativer Versteifung C4-6 mit leichter bis mittelgradiger Funktionsbeeinträchtigung, rezidivierenden Muskelverspannungen und intermittierenden Nervenwurzelreizerscheinungen (zum Untersuchungszeitpunkt nur sensibel und dermatomübergreifend nachweisbar) und ein degeneratives LWS-Syndrom mit Zustand nach mehrfacher Dekompression und zwischenzeitlich durchgeführter Versteifungsoperation L5/S1 mit einliegendem Spondylodesematerial und fest durchbauter Spondylodese ohne Lockerungszeichen oder Anschlussdekompensation mit Verschleißerscheinungen vorwiegend der kleinen Wirbelgelenke der unteren LWS und einer Nervenwurzelreizsymptomatik S1 links diagnostiziert. Die unter Berücksichtigung der von ihm erhobenen Befunde gezogene Schlussfolgerung, die Ausübung einer körperlich leichten Tätigkeit über sechs Stunden und mehr sei hierdurch nicht beeinträchtigt, soweit die näher aufgeführten qualitativen Einschränkungen beachtet werden, ist für den Senat schlüssig und überzeugend. Dies hat das SG bereits ausführlich und zutreffend dargelegt, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug nimmt. Dies gilt auch insoweit als das SG ausgeführt hat, dass sich aus dem Entlassungsbrief der SLK-Kliniken vom 26.07.2018 keine Abweichung hiervon ergibt.
Soweit der Kläger zur Berufungsbegründung nochmals geltend macht, dass nicht der Einschätzung des Dr. v. S. zu folgen sei, sondern der des Dr. K., der ihn als behandelnder Arzt länger kenne, dass seine starken Beschwerden auch durch Dr. J. bestätigt würden und hinsichtlich eines neu aufgetretenen Bandscheibenvorfalls an der linken Seite der Halswirbelsäule Dr. B. zu hören sei, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger keine konkrete Verschlechterung des Gesundheitszustandes mitgeteilt hat. Vielmehr bezieht er sich ausdrücklich auf die Auskünfte der behandelnden Ärzte aus dem Klageverfahren. Das SG hat aber die Auskunft des Dr. K. zutreffend gewürdigt und dargelegt, weshalb es der Leistungseinschätzung des Dr. v. S. folgt. Auch hat es bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass Dr. J. auch unter Berücksichtigung der Nervenwurzelreizerscheinungen keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens hinsichtlich körperlich leichter Tätigkeiten sieht. Ebenso hat das SG bereits Dr. B. als sachverständigen Zeugen befragt. Der Bericht über die CT-Untersuchung vom 15.05.2018 liegt vor (Bl. 94 der SG-Akte). Darin wird zusammenfassend ein neu aufgetretener Bandscheibenvorfall in allen Segmenten ausgeschlossen. Dass insoweit ein degeneratives HWS-Syndrom mit Zustand nach operativer Versteifung C4-6 vorliegt mit Funktionsbeeinträchtigung, rezidivierenden Muskelverspannungen und intermittierenden Nervenwurzelreizerscheinungen, hat aber Dr. v.S. bereits in seinem Gutachten festgehalten und in seine Bewertung miteinfließen lassen. Insoweit ergibt sich für den Senat kein Anlass für weitere Ermittlungen.
An der Verwertbarkeit des Gutachtens des Dr. v. S. bestehen für den Senat auch keine Zweifel. Zwar trifft es zu, dass der Kläger bereits in dem früher zwischen den Beteiligten geführten Klageverfahren vor dem SG (S 1 R 4587/11) durch Dr. v. S. begutachtet wurde (Gutachten vom 11.05.2012). Aber weder der Umstand, dass Dr. v. S. im Gutachten vom 07.04.2018 das frühere Gutachten nicht erwähnt, noch dass er in beiden Gutachten zur gleichen Leistungseinschätzung gelangt ist, führt dazu, dass das aktuelle Gutachten des Dr. v. S. als fehlerhaft anzusehen wäre. Es ist bereits nicht ersichtlich, ob dem Sachverständigen die nahezu sechs Jahre frühere Begutachtung überhaupt noch bewusst war; die Gerichtsakte des früheren Klageverfahrens wurde Dr. v S. zur aktuellen Begutachtung nicht zugeleitet und die ihm zugeleitete Verwaltungsakte enthält keine medizinischen Unterlagen aus dem früheren Rentenverfahren. Jedenfalls sieht der Senat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Dr. v. S. sich bei seinem aktuellen Gutachten von der früheren Begutachtung hat beeinflussen lassen. Er beschreibt ausführlich die am 05.04.2018 durchgeführte ambulante Untersuchung des Klägers und leitet unter Bezugnahme auf die hierbei erhobenen Untersuchungsbefunde seine Leistungseinschätzung ab. Der Kläger nennt selbst keinen konkreten Punkt, an dem das aktuelle Gutachten durch die frühere Begutachtung beeinflusst sein sollte.
Eine zeitliche Leistungseinschränkung lässt sich auch nicht mit Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet begründen. Insoweit kommt es nach Auffassung des Senats entgegen den Ausführungen des SG nicht darauf an, ob alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Denn die vorliegende Erkrankung wirkt sich bereits nicht derart auf die Leistungsfähigkeit des Klägers aus, dass sie diese zeitlich einschränken würde. Dies entnimmt der Senat den Angaben der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie K.-F. in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft. Weiter wird dies bestätigt durch die Angaben des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft und seinen vorgelegten Arztbriefen sowie durch die Gutachten des Dr. J. und des Dr. v. S ... Bei dem Kläger liegt eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren vor, was für den Senat aus der sachverständigen Zeugenauskünften der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie K.- F. folgt. Diese führt zwar aus, dass der Kläger nicht in der Lage sein dürfte, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Er sei in seiner psychischen Belastbarkeit eingeschränkt, seine kognitive Flexibilität vermindert. In der sozialen Interaktion sei er emotional instabil, seine Stress- und Frustrationstoleranz sowie die Ressourcenlage reduziert, die Selbstbehauptung und das Durchhaltevermögen sowie die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit im Alltag eingeschränkt. Sie bringt aber deutlich zum Ausdruck, dass sie das fehlende Leistungsvermögen nur vermutet ("dürfte") aufgrund der subjektiven Angaben des Klägers ("nach seiner Schilderung") und hierbei auch nicht die Gesundheitsstörung auf dem Gebiet der Psychiatrie und Psychotherapie im Vordergrund steht ("wobei die Gründe in erster Linie auf orthopädischem Fachgebiet liegen dürften"). Auch der von ihr erhobene Befund begründet zur Überzeugung des Senats keine zeitliche Leistungseinschränkung. So lässt sich der sachverständigen Zeugenauskunft entnehmen, dass der Kläger sich selbst als deutlich eingeschränkt beschrieben hat dahingehend, seine Konzentration sei "schlecht", er grüble und seine Gedanken kreisten darum, wie es zukünftig weitergehen könnte, er schlafe nachts maximal fünf Stunden, sei im Alltag gereizt, sei lust- und interesselos, seine Vitalgefühle seien vermindert, er leide unter Unwohlsein in öffentlichen Verkehrsmitteln und der Angst, überfallen zu werden, unter einer inneren Unruhe im Alltag, er wolle und könne nicht zuhause sein, habe keine Ausdauer. Er gehe täglich zwei bis drei Stunden spazieren, zuhause spiele er maximal 30 min im Internet und sehe fern. Er treffe sich mal mit Freunden und trinke Kaffee. Die Ärztin K.-F. hat aber zu ihren eigenen Feststellungen auch festgehalten, dass der Kläger wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert, im Kontakt freundlich und zugewandt war. Neben seinen subjektiven Angaben zur schlechten Konzentration haben sich keine kognitiven Defizite gefunden, auch keine formalen Denkstörungen. Zwänge, Wahn, Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen waren nicht eruierbar. Die Stimmung war zum depressiven Pol hin verlagert, das Gefühl der Freude nur manchmal spürbar. Die affektive Schwingungsfähigkeit war aber gut gegeben. Insuffizienzgefühle wurden deutlich, der Antrieb war durchwachsen. Psychomotorisch war der Kläger ruhig, der Situation angepasst. Einen sozialen Rückzug konnte Frau K.-F. nicht feststellen. Aus diesem Befund lässt sich zur Überzeugung des Senats objektiv keine relevante Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens ableiten. Dies wird auch bestätigt durch die sachverständige Zeugenauskunft und mit vorgelegten Arztbriefe des Dr. J., der den Kläger zweimal im Jahr 2012 und zweimal im Jahr 2017 untersucht hat. Er hat den Kläger für sechs Stunden täglich leistungsfähig erachtet und in Übereinstimmung mit der Ärztin K.-F. die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet für im Vordergrund stehend erachtet. Zwar hat der Kläger Dr. J. zur neurologischen Abklärung aufgesucht, dieser ist aber nicht nur Arzt für Neurologie, sondern auch für Psychiatrie und hat anlässlich der viermaligen neurologischen Untersuchungen keine Auffälligkeiten des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet in seinen Berichten festgehalten. Auch bei der Begutachtung durch Dr. J. und Dr. v. S. waren keine psychischen Einschränkungen erkennbar. Soweit der Kläger mit der Berufungsbegründung darauf hinweist, dass die Ärztin K.-F. einen Zusammenhang zwischen Schmerzen und psychischer Belastung angibt, ist dies zutreffend. Dass die Schmerzen trotz ständiger Schmerztherapien weiterhin sogar zunehmend vorhanden wären und keine Therapie bislang Linderung erbracht hätte, kann der Senat anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht nachvollziehen. Der Kläger hat selbst angegeben, dass weitere Behandlungstermine bei der Ärztin K.-F. nicht stattgefunden haben, er Medikamente von dort erhält. Dem vom Kläger beim SG vorgelegten Entlassungsbrief der SLK-Kliniken vom 26.07.2018 lässt sich entnehmen, dass die Schmerzen durch die dort durchgeführte Infiltrationstherapie, Physiotherapie, krankengymnastische Übungsbehandlung und Mobilisation stetig gebessert werden konnten, im Bereich der Nervenwurzel C7 leicht, im Bereich der Facettengelenke C 6/7 sogar deutlich. Konkrete Anhaltspunkte für eine Verschlechterung liegen nicht vor. Deshalb sieht der Senat keine Veranlassung für weitere Ermittlungen, insbesondere auch nicht für die Einholung eines Gutachtens auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet.
In Übereinstimmung mit Dr. J. führen die Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet ebenfalls weder für sich alleine noch in der Gesamtschau aller Erkrankungen zu einer quantitativen Leistungsminderung. Dr. J. hat in seinem Gutachten eine koronare 1-Gefäßerkrankung mit 50%iger RIVA-Stenose bei fortgesetztem Nikotinkonsum sowie eine arterielle Hypertonie, medikamentös gut eingestellt, diagnostiziert und diese als ohne sozialmedizinische Relevanz eingestuft. Dies ist angesichts der Befunderhebung durch Dr. J. und der vom Kläger mit seinem Rentenantrag vorgelegten Berichte für den Senat schlüssig und nachvollziehbar. Der Kläger macht insoweit selbst keine relevanten Einschränkungen geltend.
Die vorliegenden Gesundheitsstörungen mit den beschriebenen Einschränkungen können damit zwar das Spektrum der für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keinen Zweifel an der weitgehend normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Ein Rentenanspruch kann vorliegend auch nicht auf die Grundsätze einer schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gestützt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine volle Erwerbsminderung ausnahmsweise selbst bei einer mindestens sechsstündigen Erwerbsfähigkeit vor, wenn der Arbeitsmarkt wegen besonderer spezifischer Leistungseinschränkungen als verschlossen anzusehen ist. Dem liegt zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. BSG, Urteil vom 30.11.1983 – 5a RKn 28/82 –, Juris). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist bei Versicherten mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. Eine Verweisungstätigkeit braucht erst dann benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen daher entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl. BSG, Urteile vom 20.08.1997 – 13 RJ 39/96 –, vom 11.05.1999 – B 13 RJ 71/97 R –, vom 24.02.1999 – B 5 RJ 30/98 R – und vom 09.09.1998 – B 13 RJ 35/97 R –, Juris). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27.04.1982 – 1 RJ 132/80 –, Juris) jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Gegenständen, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag. Ausgehend hiervon liegt bei dem Kläger unter Berücksichtigung der von ihm zu beachtenden qualitativen Einschränkungen weder eine besondere spezifische Leistungsbeeinträchtigung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Der Kläger ist auch in der Lage, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Die bei ihm vorliegenden Erkrankungen wirken sich nicht derart auf die Gehfähigkeit aus, dass es ihm nicht mehr möglich wäre, viermal täglich eine Strecke von 500 m in einem zumutbaren Zeitaufwand zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Dies ergibt sich für den Senat aus den Angaben der befragten Ärzte und der Gutachter. Der Kläger selbst hat gegenüber Dr. v. S. angegeben, eine Strecke von 500 m in 15 bis 20 min zurücklegen zu können. Gegenüber der Ärztin K.-F. hat er sogar angegeben, täglich über zwei bis drei Stunden spazieren zu gehen.
Nachdem das SG und die Beklagte den geltend gemachten Anspruch zu Recht abgelehnt haben, ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1962 geborene Kläger zog 1979 aus der Türkei zu, machte eine Ausbildung zum Maurer und war seit 1981 in diesem Beruf beschäftigt. Seit dem 29.08.2009 ist er arbeitsunfähig erkrankt bzw. arbeitslos. Seit 2010 ist bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannt. Seit Januar 2011 bezieht er Arbeitslosengeld II.
Einen ersten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 12.08.2011 lehnte die Beklagte mangels Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen mit Bescheid vom 20.09.2011 ab. Der Widerspruch hiergegen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20.12.2011). Die hiergegen zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage (S 1 R 4587/11) nahm der Kläger zurück.
Am 23.12.2016 beantragte der Kläger erneut bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Er sei seit 2009 arbeitsunfähig, habe sechs Bandscheibenoperationen der LWS hinter sich, und eine Operation an der HWS. Die letzte Operation habe im Jahr 2014 stattgefunden. Er legte den vorläufigen Entlassungsbrief der SLK-Kliniken H., Krankenhaus B., vom 20.07.2015 über die stationäre Behandlung dort vom 17. bis 20.07.2015 (Durchführung einer laparoskopischen Cholecystektomie am 17.07.2015), Berichte des Dr. R., Neurochirurgisches Wirbelsäulenzentrum Dr. v.H. & Dr. R., vom 24.11.2008 über die stationäre Behandlung vom 24. bis 26.11.2008 im Kreiskrankenhaus S. und vom 09.10.2014 über die stationäre Mitbehandlung im Kreiskrankenhaus W. vom 30.09. bis 06.10.2014, einen Befundbericht des Katheterlabors der SLK Kliniken H., Klinikum am G. vom 21.07.2014 über eine Laevokardiografie, Koronarangiografie, sowie die Bescheide des Landratsamts Heilbronn vom 08.10.2010 (Feststellung eines GdB von 30 seit 05.01.2010) und vom 26.10.2011 (Ablehnung eines Neufeststellungsantrags) mit vor. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch den Internisten/Rheumatologen, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Sozialmedizin, Dr. J ... Dieser diagnostizierte nach Untersuchung des Klägers am 06.02.2017 in seinem Gutachten vom 10.02.2017 eine Lumboischialgie links nach viermaliger Operation, zuletzt am 30.09.2014, mit Bewegungseinschränkung, ohne motorisches Defizit, mit fraglichem sensiblen Defizit, eine akute Periarthropathia humeroscapularis rechts mit Bewegungseinschränkung, eine koronare 1-Gefäßerkankung mit 50%iger RIVA-Stenose bei fortgesetztem Nikotinkonsum, eine arterielle Hypertonie, medikamentös gut eingestellt, einen Z.n. Nukleotomie C4/5 und C5/6 mit Cage-Fusion am 24.11.2008, mit fraglicher Zervikobrachialgie rechts, ohne dermatombezogenes sensibles Defizit und ohne motorisches Defizit. Er führte aus, unter Berücksichtigung aller Befunde und der geklagten Beschwerden gelange er zu der Einschätzung, dass unter Beachtung qualitativer Einschränkungen weiterhin ein Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten sechs und mehr Stunden arbeitstäglich bestehe. Dieser Zustand bestehe bereits seit ca. 2011. Unter Bezugnahme auf das Gutachten lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 17.02.2017 ab. Mit seinem Widerspruch hiergegen wies der Kläger darauf hin, dass er unter stärksten Schmerzen im Bereich der operierten Bandscheiben leide. Keine der Operationen habe eine Linderung der Beschwerden gebracht. Auch habe er stärkste Schmerzen in der rechten Schulter, er könne den rechten Arm nicht über Kopf heben. Er könne nicht lange stehen und nicht lange sitzen, nach einer kleinsten Wegstrecke müsse er eine Pause machen, entweder schlafe der Fuß ein oder er erleide Krämpfe. Nachts finde er kaum Schlaf, inzwischen habe sich eine Depression entwickelt. Die Beklagte wies den Widerspruch unter Berücksichtigung einer ergänzenden Stellungnahme von Dr. J. und des Facharztes für Allgemeinmedizin G. mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2017 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 06.06.2017 Klage zum SG erhoben. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Nach ca. 5 min würden beim Gehen schmerzhafte Bewegungseinschränkungen im Bereich der LWS auftreten mit Ausstrahlung in die Großzehe. Auch im Stehen und Sitzen leide er unter starken Dauerschmerzen. Er habe wegen der ständigen stärksten Schmerzen eine Depression mit Problemen, seinen Tagesablauf zu meistern. An eine berufliche Tätigkeit sei nicht zu denken.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Auskünfte der den Kläger behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen.
Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie K.-F. hat unter dem 26.07.2017 berichtet, der Kläger habe sich nur einmalig am 21.03.2017 bei ihr vorgestellt. Sie habe eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren diagnostiziert. Nach ihrer Einschätzung dürfte der Kläger nicht in der Lage sein, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, wobei die Gründe in erster Linie auf orthopädischem Gebiet liegen dürften. Sie gehe davon aus, dass die Minderung der Leistungsfähigkeit auf psychiatrischem Gebiet behandelbar sei.
Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. hat unter Beifügung seiner Arztbriefe vom 05.04.2012 und 28.07.2017 mit Schreiben vom 28.07.2017 mitgeteilt, er habe den Kläger am 30.03. und 05.04.2012 sowie am 21. und 28.07.2017 untersucht und eine operierte HWS mit Fusion C4-6, Armschmerz rechts, am ehesten im Sinne einer Epicondylitis humeri radialis, eine operierte LWS und eine Lumbofemoralgie links mit lumbalem Nervenwurzelreizsyndrom festgestellt. Eine berufliche Tätigkeit als Maurer sei dem Kläger nicht mehr möglich, da durch die operierte HWS und LWS die statische und dynamische Belastbarkeit der Wirbelsäule eingeschränkt sei. Der Kläger könne aber ohne Gefährdung seiner Gesundheit eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch sechs Stunden täglich verrichten soweit er qualitative Einschränkungen beachte. Hinsichtlich der Wegefähigkeit bestünden keine relevanten Einschränkungen.
Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. K. hat unter dem 29.11.2017 mitgeteilt, den Kläger seit Dezember 2015 zu behandeln, im Jahr 2017 habe der Kläger sich je einmal im April, Mai und Oktober sowie viermal im November vorgestellt. Im Jahr 2015 sei eine lumbale Fusionsoperation L5/S1 bei degenerativer Instabilität und Stenose durchgeführt worden. Desweiteren finde sich ein degeneratives HWS-Syndrom mit Fusionsoperation C4-6, aktuell mit beginnender cervicaler Spinalstenose, Nervenwurzelreizungen der HWS und der LWS. Die berufliche Leistungsfähigkeit sei deutlich eingeschränkt. Derzeit sei der Kläger vier Stunden täglich mit einer körperlich leichten Tätigkeit belastbar wegen erheblicher Degenerationen an HWS und LWS mit bereits erfolgten Operationen und weiter bestehenden Nervenwurzelreizungen. Der Schwerpunkt der Leiden liege auf orthopädisch-unfallchirurgischem Gebiet. Dieser Zustand bestehe seit April 2017, es sei von einer dauerhaften Minderung der Leistungsfähigkeit auszugehen.
Die Beklagte hat hierzu sozialmedizinische Stellungnahmen der Fachärztin für Chirurgie Dr. B.-K. vom 10.01.2018 und der Ärztin für Psychiatrie Dr. H. vom 02.02.2018 vorgelegt.
Weiter hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens bei dem Chefarzt der Abteilung Orthopädie der V.klinik Bad R., Dr. v. S. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 07.04.2018 die folgenden Diagnosen: Degeneratives HWS-Syndrom mit Zustand nach operativer Versteifung C4-6 mit leichter bis mittelgradiger Funktionsbeeinträchtigung, rezidivierenden Muskelverspannungen und intermittierenden Nervenwurzelreizerscheinungen (zum Untersuchungszeitpunkt nur sensibel und dermatomübergreifend nachweisbar), degeneratives LWS-Syndrom mit Zustand nach mehrfacher Dekompression und zwischenzeitlich durchgeführter Versteifungsoperation L5/S1 mit einliegendem Spondylodesematerial und fest durchbauter Spondylodese ohne Lockerungszeichen oder Anschlussdekompensation mit Verschleißerscheinungen vorwiegend der kleinen Wirbelgelenke der unteren LWS und einer Nervenwurzelreizsymptomatik S1 links, arterielle Hypertonie medikamentös nicht optimal eingestellt, und koronare 1-Gefäßerkrankung in regelmäßiger Kontrolle mit fortgesetztem Nikotinkonsum. Seinen Beruf als Maurer könne der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich ausüben. Eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei aber mit - näher ausgeführten - qualitativen Einschränkungen nach wie vor mindestens sechs Stunden täglich verrichtbar. Der Gesundheitszustand bestehe im Prinzip seit Jahren und habe sich zuletzt durch die stattgehabte Spondylodese im Juni 2014 geändert. Danach seien keine wesentlichen Änderungen mehr aufgetreten. Es bestünden keine Einschränkungen des Klägers, die üblichen Wege zu und von der Arbeitsstelle zurückzulegen. Diese seien zwar beschwerlich, die Gehfähigkeit aber nicht relevant eingeschränkt. Der Kläger selbst erachte das Zurücklegen einer Wegstrecke von 500 m in 15 bis 20 min für möglich, dies stimme mit dem klinischen Befund überein. Auch die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei zumutbar. Er stimme mit dem Gutachten des Dr. J. sowohl hinsichtlich der Befunderhebung als auch der Diagnosestellung überein. Er stimme auch mit Dr. K. hinsichtlich der Feststellung der Gesundheitsstörungen überein. Dessen Annahme einer quantitativen Leistungseinschränkung könne er aber nicht teilen. Gründe, die eine körperlich leichte Belastung für sechs Stunden und mehr ausschlössen, seien in der Stellungnahme des Dr. K. auch nicht mitgeteilt.
Der Kläger hat gegen das Gutachten des Dr. v. S. vorgebracht, dass Dr. v. S. ihn auch schon im früheren Klageverfahren begutachtet hat, dies aber nicht im aktuellen Gutachten erwähnt habe. Es bestehe natürlich nicht die Neigung, von einem früher in der gleichen Sache erstatteten Gutachten abzuweichen. Vielmehr sei der Einschätzung des Dr. K. zu folgen. Weiter hätten sich Änderungen dadurch ergeben, dass er zwischenzeitlich einen Bandscheibenvorfall an der linken Seite der HWS erlitten habe, welcher in einer CT im Mai 2018 durch den Arzt für Radiologie und Innere Medizin Dr. B. festgestellt worden sei. Eine berufliche Tätigkeit sei wegen der erheblichen Schmerzen im Bereich der LWS und nun auch der HWS ausgeschlossen. Dies werde auch vom Jobcenter so gesehen, dort halte man aufgrund der gesundheitlichen Beschwerden eine Vermittlung für unmöglich. Hinsichtlich seiner orthopädischen Erkrankungen und der massiven Schmerzen sei der Einschätzung des Dr. K. zu folgen. Außerdem leide er an einer massiven Depression. Weitere Termine bei Frau K.-F. habe er verlangt, aber nicht bekommen. Er habe nur Tabletten erhalten, welche ihm nichts gebracht hätten. Es sei ein Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet einzuholen.
Das SG hat Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Er hat mitgeteilt, den Kläger seit 2011 bis 15.05.2018 behandelt zu haben und auf seine mitvorgelegten Arztbriefe vom 01.04.2011, 02.06.2014, 18.12.2015, 08.05.2017 und 17.05.2018 (MR-HWS nativ vom 15.05.2018) verwiesen. Weiter hat der Kläger den Bericht des Klinikums am P., Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Wirbelsäulenchirurgie vom 22.06.2018 über seine ambulante Vorstellung dort am 12.06.2018 und den Entlassungsbrief vom 26.07.2018 über die stationäre Behandlung dort vom 23. bis 26.07.2018 (Infiltrationstherapien im HWS-Bereich) vorgelegt. Auch diese Behandlung habe keine Linderung der Beschwerden gebracht.
Nach vorheriger Ankündigung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 04.12.2018 abgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Nach Überzeugung des Gerichts sei der Kläger noch in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit bei Beachtung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Nicht zumutbar seien Arbeiten auf Gerüsten oder Leitern, Tätigkeiten bei Zwangshaltung der Wirbelsäule, insbesondere nicht bei vornübergeneigter Stellung und rekliniertem Kopf, Arbeiten auf rutschigem oder unsicherem Untergrund sowie bei schwankender Umgebungstemperatur, insbesondere in nasskalter Umgebung. Hierbei stütze sich das Gericht auf das Gutachten des Dr. v. S., das es für schlüssig und nachvollziehbar erachte, sowie die sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte K.-F. und Dr. J. Beim Kläger stünden Beschwerden im orthopädischen Fachgebiet aufgrund der von Dr. S. festgestellten Gesundheitsstörungen im Vordergrund. Anhand des orthopädischen Untersuchungsbefundes nachvollziehbar und schlüssig beschreibe Dr. v. S., dass die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr leidensgerecht sei, für leichte körperliche Tätigkeiten allerdings keine quantitative Einschränkung bestehe bei Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen. Insbesondere werde eine Tätigkeit angeraten, bei der der Kläger – optimaler Weise eigenständig wählbar – in wechselnder Arbeitsposition tätig werden könne. An dieser Beurteilung änderten auch die nachfolgend vorgelegten Befundberichte des SLK Klinikums über die durchgeführte schmerztherapeutische Behandlung nichts. Diesen lasse sich entnehmen, dass die Beschwerdesymptomatik bei stattgehabter Infiltrationstherapie und krankengymnastischer Übungsbehandlung zu einer stetigen Besserung der schmerzbedingten Beschwerden geführt habe. Ferner werde beschrieben, dass der Kläger nach dem vierten Tag der stationären Behandlung bereits mit einer deutlich gelinderten Schmerzsymptomatik, ohne sensomotorische Defizite und bei um etwa 50 % deutlich reduzierter radikulärer Symptomatik entlassen worden sei. Dabei sei empfohlen worden, eine weitergehende konsequente krankengymnastische Übungsbehandlung und eine schmerzadaptierte Anpassung der bisherigen analgetischen Medikation durchzuführen. Die Kammer könne daher die Einlassung des Klägers, aus den vorliegenden Berichten lasse sich keine Beschwerdelinderung entnehmen, nicht nachvollziehen. Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Vergleich zum fachorthopädischen Gutachten oder eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens lasse sich den Berichten gerade nicht entnehmen. Soweit Dr. K. als behandelnder Orthopäde ein Leistungsvermögen von "derzeit" vier Stunden täglich angegeben habe, werde dies aus den mitgeteilten Befunden nicht durch Beschreibung maßgeblicher Funktionseinschränkungen hinreichend schlüssig dargelegt. Dr. K. verweise auf fortbestehende Nervenwurzelreizerscheinungen bei bestehendem HWS- und LWS-Syndrom. Hierzu habe aber Dr. J. als behandelnder Neurologe angegeben, dass der Kläger trotz der Nervenwurzelreizerscheinungen in der Lage sei, bei Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Dem schließe sich die Kammer an. Hinsichtlich der Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet lasse sich eine rentenrelevante Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens schon wegen der nicht ausgeschöpften Behandlungsmöglichkeiten nicht begründen. Eine konsequente psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung finde nicht statt. Dies ergebe sich aus der Auskunft der Frau K.-F., bei der der Kläger sich nur einmalig vorgestellt habe. Eine medikamentöse Behandlung mit einem Antidepressivum, welches ebenfalls auf chronische Schmerzen reaktiv sei, sei eingeleitet worden. Frau K.-F. habe überdies mitgeteilt, dass die Beschwerden des Klägers auf psychiatrischem Gebiet behandelbar seien, als wesentlich sehe sie das orthopädische Fachgebiet an. Darin stimme sie auch mit Dr. J. überein. Damit ergebe sich aus den neurologischen bzw. nervenärztlichen Gesundheitseinschränkungen keine relevante Einschränkung des Leistungsvermögens. Da der Kläger im Jahr 1962 geboren sei, sei er nicht vom Anwendungsbereich des § 240 SGB VI erfasst, weshalb keine Prüfung einer Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu erfolgen habe.
Gegen den seinen Bevollmächtigten am 10.12.2018 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 08.01.2019 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen. Der Einschätzung des Dr. K., der ihn ständig sehe, sei zu folgen, nicht der punktuellen Begutachtung durch Dr. v. S ... Auch Dr. J. habe in seinen Stellungnahmen die starken Beschwerden bestätigt. Ebenso habe Frau K.-F. eine Einschränkung der psychischen Belastbarkeit bestätigt. Es werde noch geklärt, ob eine weitere Operation erfolgen müsse. Der gesundheitliche Zustand sei so schlecht, dass er nicht mehr wisse, wie es weitergehen solle. Trotz ständiger Schmerztherapien seien die Schmerzen weiterhin vorhanden, sogar zunehmend. Er sei nicht mehr in der Lage, einen vernünftigen Tagesablauf zu gestalten. Er sei in keiner Weise erwerbsfähig, fühle sich nutzlos und liege anderen Personen nach seiner Auffassung auf der Tasche. Er befinde sich in einem äußerst verzweifelten Zustand.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. Dezember 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2017 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf ihr bisheriges Vorbringen und auf die aus ihrer Sicht zutreffende Entscheidung des SG.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte sowie der Akten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (siehe hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (siehe hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (KassKomm/Gürtner, 102. EL Dezember 2018, SGB VI, § 43 Rn. 58 und 30 ff.).
Der Senat vermochte sich jedoch unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde und Gutachten nicht davon zu überzeugen, dass bei dem Kläger eine Erwerbsminderung in einem rentenberechtigenden Ausmaß eingetreten ist.
Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen und Gutachten, insbesondere der Gutachten von Dr. J., das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, und von Dr. v. S. Aus den vorliegenden sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte lässt sich im Ergebnis nichts Abweichendes begründen.
Auf orthopädischem Fachgebiet hat Dr. v. S. in seinem Gutachten nach körperlicher Untersuchung des Klägers ein degeneratives HWS-Syndrom mit Zustand nach operativer Versteifung C4-6 mit leichter bis mittelgradiger Funktionsbeeinträchtigung, rezidivierenden Muskelverspannungen und intermittierenden Nervenwurzelreizerscheinungen (zum Untersuchungszeitpunkt nur sensibel und dermatomübergreifend nachweisbar) und ein degeneratives LWS-Syndrom mit Zustand nach mehrfacher Dekompression und zwischenzeitlich durchgeführter Versteifungsoperation L5/S1 mit einliegendem Spondylodesematerial und fest durchbauter Spondylodese ohne Lockerungszeichen oder Anschlussdekompensation mit Verschleißerscheinungen vorwiegend der kleinen Wirbelgelenke der unteren LWS und einer Nervenwurzelreizsymptomatik S1 links diagnostiziert. Die unter Berücksichtigung der von ihm erhobenen Befunde gezogene Schlussfolgerung, die Ausübung einer körperlich leichten Tätigkeit über sechs Stunden und mehr sei hierdurch nicht beeinträchtigt, soweit die näher aufgeführten qualitativen Einschränkungen beachtet werden, ist für den Senat schlüssig und überzeugend. Dies hat das SG bereits ausführlich und zutreffend dargelegt, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug nimmt. Dies gilt auch insoweit als das SG ausgeführt hat, dass sich aus dem Entlassungsbrief der SLK-Kliniken vom 26.07.2018 keine Abweichung hiervon ergibt.
Soweit der Kläger zur Berufungsbegründung nochmals geltend macht, dass nicht der Einschätzung des Dr. v. S. zu folgen sei, sondern der des Dr. K., der ihn als behandelnder Arzt länger kenne, dass seine starken Beschwerden auch durch Dr. J. bestätigt würden und hinsichtlich eines neu aufgetretenen Bandscheibenvorfalls an der linken Seite der Halswirbelsäule Dr. B. zu hören sei, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger keine konkrete Verschlechterung des Gesundheitszustandes mitgeteilt hat. Vielmehr bezieht er sich ausdrücklich auf die Auskünfte der behandelnden Ärzte aus dem Klageverfahren. Das SG hat aber die Auskunft des Dr. K. zutreffend gewürdigt und dargelegt, weshalb es der Leistungseinschätzung des Dr. v. S. folgt. Auch hat es bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass Dr. J. auch unter Berücksichtigung der Nervenwurzelreizerscheinungen keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens hinsichtlich körperlich leichter Tätigkeiten sieht. Ebenso hat das SG bereits Dr. B. als sachverständigen Zeugen befragt. Der Bericht über die CT-Untersuchung vom 15.05.2018 liegt vor (Bl. 94 der SG-Akte). Darin wird zusammenfassend ein neu aufgetretener Bandscheibenvorfall in allen Segmenten ausgeschlossen. Dass insoweit ein degeneratives HWS-Syndrom mit Zustand nach operativer Versteifung C4-6 vorliegt mit Funktionsbeeinträchtigung, rezidivierenden Muskelverspannungen und intermittierenden Nervenwurzelreizerscheinungen, hat aber Dr. v.S. bereits in seinem Gutachten festgehalten und in seine Bewertung miteinfließen lassen. Insoweit ergibt sich für den Senat kein Anlass für weitere Ermittlungen.
An der Verwertbarkeit des Gutachtens des Dr. v. S. bestehen für den Senat auch keine Zweifel. Zwar trifft es zu, dass der Kläger bereits in dem früher zwischen den Beteiligten geführten Klageverfahren vor dem SG (S 1 R 4587/11) durch Dr. v. S. begutachtet wurde (Gutachten vom 11.05.2012). Aber weder der Umstand, dass Dr. v. S. im Gutachten vom 07.04.2018 das frühere Gutachten nicht erwähnt, noch dass er in beiden Gutachten zur gleichen Leistungseinschätzung gelangt ist, führt dazu, dass das aktuelle Gutachten des Dr. v. S. als fehlerhaft anzusehen wäre. Es ist bereits nicht ersichtlich, ob dem Sachverständigen die nahezu sechs Jahre frühere Begutachtung überhaupt noch bewusst war; die Gerichtsakte des früheren Klageverfahrens wurde Dr. v S. zur aktuellen Begutachtung nicht zugeleitet und die ihm zugeleitete Verwaltungsakte enthält keine medizinischen Unterlagen aus dem früheren Rentenverfahren. Jedenfalls sieht der Senat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Dr. v. S. sich bei seinem aktuellen Gutachten von der früheren Begutachtung hat beeinflussen lassen. Er beschreibt ausführlich die am 05.04.2018 durchgeführte ambulante Untersuchung des Klägers und leitet unter Bezugnahme auf die hierbei erhobenen Untersuchungsbefunde seine Leistungseinschätzung ab. Der Kläger nennt selbst keinen konkreten Punkt, an dem das aktuelle Gutachten durch die frühere Begutachtung beeinflusst sein sollte.
Eine zeitliche Leistungseinschränkung lässt sich auch nicht mit Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet begründen. Insoweit kommt es nach Auffassung des Senats entgegen den Ausführungen des SG nicht darauf an, ob alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Denn die vorliegende Erkrankung wirkt sich bereits nicht derart auf die Leistungsfähigkeit des Klägers aus, dass sie diese zeitlich einschränken würde. Dies entnimmt der Senat den Angaben der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie K.-F. in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft. Weiter wird dies bestätigt durch die Angaben des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft und seinen vorgelegten Arztbriefen sowie durch die Gutachten des Dr. J. und des Dr. v. S ... Bei dem Kläger liegt eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren vor, was für den Senat aus der sachverständigen Zeugenauskünften der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie K.- F. folgt. Diese führt zwar aus, dass der Kläger nicht in der Lage sein dürfte, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Er sei in seiner psychischen Belastbarkeit eingeschränkt, seine kognitive Flexibilität vermindert. In der sozialen Interaktion sei er emotional instabil, seine Stress- und Frustrationstoleranz sowie die Ressourcenlage reduziert, die Selbstbehauptung und das Durchhaltevermögen sowie die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit im Alltag eingeschränkt. Sie bringt aber deutlich zum Ausdruck, dass sie das fehlende Leistungsvermögen nur vermutet ("dürfte") aufgrund der subjektiven Angaben des Klägers ("nach seiner Schilderung") und hierbei auch nicht die Gesundheitsstörung auf dem Gebiet der Psychiatrie und Psychotherapie im Vordergrund steht ("wobei die Gründe in erster Linie auf orthopädischem Fachgebiet liegen dürften"). Auch der von ihr erhobene Befund begründet zur Überzeugung des Senats keine zeitliche Leistungseinschränkung. So lässt sich der sachverständigen Zeugenauskunft entnehmen, dass der Kläger sich selbst als deutlich eingeschränkt beschrieben hat dahingehend, seine Konzentration sei "schlecht", er grüble und seine Gedanken kreisten darum, wie es zukünftig weitergehen könnte, er schlafe nachts maximal fünf Stunden, sei im Alltag gereizt, sei lust- und interesselos, seine Vitalgefühle seien vermindert, er leide unter Unwohlsein in öffentlichen Verkehrsmitteln und der Angst, überfallen zu werden, unter einer inneren Unruhe im Alltag, er wolle und könne nicht zuhause sein, habe keine Ausdauer. Er gehe täglich zwei bis drei Stunden spazieren, zuhause spiele er maximal 30 min im Internet und sehe fern. Er treffe sich mal mit Freunden und trinke Kaffee. Die Ärztin K.-F. hat aber zu ihren eigenen Feststellungen auch festgehalten, dass der Kläger wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert, im Kontakt freundlich und zugewandt war. Neben seinen subjektiven Angaben zur schlechten Konzentration haben sich keine kognitiven Defizite gefunden, auch keine formalen Denkstörungen. Zwänge, Wahn, Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen waren nicht eruierbar. Die Stimmung war zum depressiven Pol hin verlagert, das Gefühl der Freude nur manchmal spürbar. Die affektive Schwingungsfähigkeit war aber gut gegeben. Insuffizienzgefühle wurden deutlich, der Antrieb war durchwachsen. Psychomotorisch war der Kläger ruhig, der Situation angepasst. Einen sozialen Rückzug konnte Frau K.-F. nicht feststellen. Aus diesem Befund lässt sich zur Überzeugung des Senats objektiv keine relevante Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens ableiten. Dies wird auch bestätigt durch die sachverständige Zeugenauskunft und mit vorgelegten Arztbriefe des Dr. J., der den Kläger zweimal im Jahr 2012 und zweimal im Jahr 2017 untersucht hat. Er hat den Kläger für sechs Stunden täglich leistungsfähig erachtet und in Übereinstimmung mit der Ärztin K.-F. die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet für im Vordergrund stehend erachtet. Zwar hat der Kläger Dr. J. zur neurologischen Abklärung aufgesucht, dieser ist aber nicht nur Arzt für Neurologie, sondern auch für Psychiatrie und hat anlässlich der viermaligen neurologischen Untersuchungen keine Auffälligkeiten des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet in seinen Berichten festgehalten. Auch bei der Begutachtung durch Dr. J. und Dr. v. S. waren keine psychischen Einschränkungen erkennbar. Soweit der Kläger mit der Berufungsbegründung darauf hinweist, dass die Ärztin K.-F. einen Zusammenhang zwischen Schmerzen und psychischer Belastung angibt, ist dies zutreffend. Dass die Schmerzen trotz ständiger Schmerztherapien weiterhin sogar zunehmend vorhanden wären und keine Therapie bislang Linderung erbracht hätte, kann der Senat anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht nachvollziehen. Der Kläger hat selbst angegeben, dass weitere Behandlungstermine bei der Ärztin K.-F. nicht stattgefunden haben, er Medikamente von dort erhält. Dem vom Kläger beim SG vorgelegten Entlassungsbrief der SLK-Kliniken vom 26.07.2018 lässt sich entnehmen, dass die Schmerzen durch die dort durchgeführte Infiltrationstherapie, Physiotherapie, krankengymnastische Übungsbehandlung und Mobilisation stetig gebessert werden konnten, im Bereich der Nervenwurzel C7 leicht, im Bereich der Facettengelenke C 6/7 sogar deutlich. Konkrete Anhaltspunkte für eine Verschlechterung liegen nicht vor. Deshalb sieht der Senat keine Veranlassung für weitere Ermittlungen, insbesondere auch nicht für die Einholung eines Gutachtens auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet.
In Übereinstimmung mit Dr. J. führen die Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet ebenfalls weder für sich alleine noch in der Gesamtschau aller Erkrankungen zu einer quantitativen Leistungsminderung. Dr. J. hat in seinem Gutachten eine koronare 1-Gefäßerkrankung mit 50%iger RIVA-Stenose bei fortgesetztem Nikotinkonsum sowie eine arterielle Hypertonie, medikamentös gut eingestellt, diagnostiziert und diese als ohne sozialmedizinische Relevanz eingestuft. Dies ist angesichts der Befunderhebung durch Dr. J. und der vom Kläger mit seinem Rentenantrag vorgelegten Berichte für den Senat schlüssig und nachvollziehbar. Der Kläger macht insoweit selbst keine relevanten Einschränkungen geltend.
Die vorliegenden Gesundheitsstörungen mit den beschriebenen Einschränkungen können damit zwar das Spektrum der für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keinen Zweifel an der weitgehend normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Ein Rentenanspruch kann vorliegend auch nicht auf die Grundsätze einer schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gestützt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine volle Erwerbsminderung ausnahmsweise selbst bei einer mindestens sechsstündigen Erwerbsfähigkeit vor, wenn der Arbeitsmarkt wegen besonderer spezifischer Leistungseinschränkungen als verschlossen anzusehen ist. Dem liegt zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. BSG, Urteil vom 30.11.1983 – 5a RKn 28/82 –, Juris). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist bei Versicherten mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. Eine Verweisungstätigkeit braucht erst dann benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen daher entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl. BSG, Urteile vom 20.08.1997 – 13 RJ 39/96 –, vom 11.05.1999 – B 13 RJ 71/97 R –, vom 24.02.1999 – B 5 RJ 30/98 R – und vom 09.09.1998 – B 13 RJ 35/97 R –, Juris). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27.04.1982 – 1 RJ 132/80 –, Juris) jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Gegenständen, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag. Ausgehend hiervon liegt bei dem Kläger unter Berücksichtigung der von ihm zu beachtenden qualitativen Einschränkungen weder eine besondere spezifische Leistungsbeeinträchtigung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Der Kläger ist auch in der Lage, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Die bei ihm vorliegenden Erkrankungen wirken sich nicht derart auf die Gehfähigkeit aus, dass es ihm nicht mehr möglich wäre, viermal täglich eine Strecke von 500 m in einem zumutbaren Zeitaufwand zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Dies ergibt sich für den Senat aus den Angaben der befragten Ärzte und der Gutachter. Der Kläger selbst hat gegenüber Dr. v. S. angegeben, eine Strecke von 500 m in 15 bis 20 min zurücklegen zu können. Gegenüber der Ärztin K.-F. hat er sogar angegeben, täglich über zwei bis drei Stunden spazieren zu gehen.
Nachdem das SG und die Beklagte den geltend gemachten Anspruch zu Recht abgelehnt haben, ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved