L 5 KR 115/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 34 KR 156/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 115/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 SF 1/01 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.05.2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen den Verbandsbeitrag für das Jahr 1997.

Die Klägerin ist Mitglied des Beklagten, dieser ist Mitglied des Beigeladenen. Nach § 16 Abs. 1 der Satzung des Beklagten (in der ab 30.09.1996 geltenden Fassung) werden die Mittel für den Landesverband durch jährlich im voraus zu entrichtende Beiträge seiner Mitglieder aufgebracht. Eine entsprechende Regelung enthält die Satzung des Beigeladenen. Zu den Aufgaben des Beklagten gehört nach § 3 Abs. 3 seiner Satzung auch die Einrichtung von Serviceleistungen, wie z.B. zur Prüfung und Überwachung der wirtschaftlichen Verordnungsweise der Heilberufe und der Unterhalt einer Apotheken-Rechnungsstelle (APO).

Der Verwaltungsrat des Beklagten stellte in seiner Sitzung am 28.11.1996 den Haushaltsplan 1997 fest und beschloss zugleich, den vom Verwaltungsrat des Beigeladenen festgesetzten Verbandsbeitrag von 16,30 DM je Mitglied in den Haushalt des Beklagten einzustellen. Dieser Betrag enthält einen Anteil von 1,69 DM für die ...-Bundesakademie und einen Anteil von 3,65 DM für das Informationssystem (IS BKK, IS KV). Der Beitrag für den Landesverband wurde auf insgesamt 17,12 DM festgesetzt, er setzt sich aus einem Kernbeitrag in Höhe von 14,22 DM, einer Schwellenumlage APO von 0,90 DM und einer Schwellenumlage IS KV (Informationssystem Krankenversicherung) von 2,-- DM zusammen.

Mit Bescheid vom 15.01.1997 erhob der Beklagte von der Klägerin eine Abschlagszahlung für den Verbandsbeitrag. Die Endabrechnung wurde mit Bescheid vom 25.03.1997 vorgenommen, wobei sich hinsichtlich der Höhe der Beitragsanteile keine Änderung ergab.

Die Klägerin hat gegen den Bescheid vom 15.01.1997 vor dem Sozialgericht Duisburg Klage erhoben und auch den Bescheid vom 25.03.1997 nach dessen Erlass angefochten. Mit Beschluss vom 18.08.1997 hat das Sozialgericht Duisburg beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Mit Beschluss vom 17.09.1997 hat es den Rechtsstreit an das Sozialgericht Düsseldorf verwiesen.

Die Klägerin hat grundsätzlich die Auffassung vertreten, der Beklagte bzw. der Beigeladene dürften Unterstützungsaufgaben für die Kassen nur mit Zustimmung der Mitglieder bzw. der unterstützten Kassen wahrnehmen und finanzieren. Hinsichtlich einzelner Aufgaben benötige sie die angebotene Unterstützung nicht, da sie diese Aufgaben selbst wahrnehme oder sich anderer Hilfe bediene. Sie dürfe somit auch nicht über den Verbandsbeitrag zur Finanzierung dieser Aufgaben herangezogen werden. Im einzelnen rügt die Klägerin, dass bei dem Verbandsbeitrag für den Beigeladenen der Anteil für die Posten der ...-Akademie und des Informationssystems BKK (IS IKK, IS KV) nicht gerechtfertigt sei. Die ...-Akademie erhebe bei einer Inanspruchnahme durch ihre Mitarbeiter Kursgebühren. Eine darüber hinausgehende Finanzierung über die Umlage belaste sie wegen der geringen Inanspruchnahme der Akademie übermäßig. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Akademie wirtschaft lich geführt werde. Hinsichtlich des Informationssystems sei unklar, inwiefern noch eine Umlage von Kosten erfolge, nachdem für diesen Bereich eine eigenständige GmbH gegründet worden sei. Hinsichtlich des Beitrags zum Beklagten könne die Schwellenumlage APO von ihr nicht verlangt werden, da diese keine Verbandsaufgabe wahrnehme und sie selbst nicht Vertragspartner der APO sei. Auch die Schwellenumlage IS KV sei unverständlich, da sie bereits für die Kosten des Rechenzentrums, dessen Mitglied sie sei, in Anspruch genommen werde. Der Kernbeitrag für den Landesverband sei zu hoch, soweit er der Finanzierung von Arbeitsgemeinschaften diene. Es bestünden rechtliche Bedenken dagegen, dass die Arbeitsgemeinschaft selbst Verwaltungsaufgaben wahrnähmen, die dem Landesverband oblägen. Sie sei insoweit allenfalls bereit, die Kosten zu finanzieren, die der Arbeitsgemeinschaft ..., der sie angehöre, aus der Wahrnehmung von Landesverbandsaufgaben erwachsen seien. Die Klägerin hielt ferner die Bescheide für rechtswidrig, weil sie nicht ausreichend begründet seien. Insbesondere ergebe sich aus ihnen nicht, inwiefern die einzelnen Posten dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) genügten.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine über die Verbandsumlage finanzierte Wahrnehmung von Aufgaben zur Unterstützung der Mitglieder setze nicht voraus, dass die einzelne Kasse dem zugestimmt habe. Insoweit sei unerheblich, dass die Klägerin die APO nicht in Anspruch nehme. Im übrigen diene die APO auch der Erfüllung originärer Verbandsaufgaben. Gegenstand der Schwellenumlage IS KV sei die ADV-Fachberatung (Systembetreuung/Fachberatung) gewesen. Die Einrichtung von Arbeitsgemeinschaften ergebe sich aus § 17 ihrer Satzung. Wenn die Klägerin nur die Kosten für die Arbeitsgemeinschaft R ... mittragen wolle, sei ihr entgegenzuhalten, dass diese Arbeitsgemeinschaft die höchsten Kosten verursacht habe, so dass die Klägerin sogar begünstigt werde, wenn sie über den Verbandsbeitrag nur einen durchschnittlichen Anteil ür alle Arbeitsgemeinschaften aufzubringen habe. Einer Begründung hätten die Beitragsbescheide nicht bedurft, da nach § 35 Abs. 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) eine Begründung entbehrlich sei, wenn der Adressat des Verwaltungsakts die Auffassung der erlassenden Behörde kenne oder sie auch ohne schriftliche Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar sei. Ferner greife Nr. 3 a.a.O. ein, da hier gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl ergangen seien.

Der Beigeladene hat darauf hingewiesen, dass auch Mitarbeiter der Klägerin die ...-Akademie in Anspruch genommen hätten und es für die Umlage der Kosten nicht darauf ankomme, in welchem Umfang dies geschehen sei. Was die Kosten für das Informationssystem anbelange, habe er einen Betrag von rund 18,6 Millionen DM für die Software-Entwicklung/-Pflege an die 1996 gegründete GmbH geleistet, was einen Anteil von 3,65 DM je Mitglied ergebe.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 11.05.2000 die Klage abgewiesen. Es hat im Anschluss an die Entscheidungen des 16. Senats des LSG NRW vom 21.09.1995 (L 16 KR 142/92) und des erkennenden Senats vom 20.01.1998 (L 5 KR 15/97) die Auffassung vertreten, dass die Verbände von ihren Mitgliedern für verbandliche Unterstützungsleistungen Beiträge auch dann verlangen dürften, wenn ein Mitglied Leistungen nicht in Anspruch nehme oder benötige. Den angegriffenen Positionen des Verbandsbeitrages lägen jeweils zulässige Aufgabenwahrnehmungen zu Grunde. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.

Mit ihrer fristgerecht eingelegten Berufung hält die Klägerin unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag an ihrer Auffassung fest, die angegriffenen Positionen seien nicht umlagefähig. Sie rügt, das Sozialgericht habe es unterlassen, sich mit der anderslautenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSGE 61, 75) auseinanderzusetzen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf zu ändern und die Beitragsbescheide vom 15.01.1997 und vom 25.03.1997 aufzuheben.

Der Beklagte und der Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Klägerin verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), die Klage abgewiesen.

Soweit die Klägerin rügt, das Sozialgericht habe es unterlassen, sich mit der anderslautenden Rechtsprechung des BSG (BSGE 61, 75, 76) auseinanderzusetzen, hat bereits der erkennende Senat im Urteil vom 20.01.1998 (a.a.O.), dem das Sozialgericht gefolgt ist, dieser nur obiter geäußerten Ansicht des BSG widersprochen, "Unterstützung" könne nach seinem Wortsinn bedeuten, dass Unterstützungsaufgaben grundsätzlich nur mit Zustimmung der einzelnen Kassen wahrgenommen und finanziert werden dürften. Er hält an dieser Auffassung fest. Die Wahrnehmung von Verbandsaufgaben wäre faktisch nicht möglich, wenn die Kassen nach Belieben über die Inanspruchnahme und Finanzierung von Leistungen der Verbände entscheiden könnten. Jede Aufgabenerfüllung erfordert organisatorische Vorkehrungen und die Bereitstellung von Personal und sächlichen Mitteln. Die Stetigkeit der Wahrnehmung der Aufgaben setzt eine verläßliche Finanzierung voraus, die kaum gegeben wäre, wenn die Kassen völlig frei entscheiden könnten, ob und in welchem Umfang sie sich an der Finanzierung beteiligen. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang § 29 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) heranziehen will, übersieht sie, dass sie ihre Aufgaben nur im Rahmen der Gesetze in eigener Wahrnehmung erfüllem darf und insoweit auch das Verbandsrecht zu beachten ist.

Entgegen ihrer Auffassung enthalten §§ 211 Abs. 2, 217 Abs. 2 SGB V keinen enumerativen Katalog von Aufgaben, die der Beklagte bzw. Beigeladene wahrnehmen dürften. Wie schon die Formulierung "insbesondere" zeigt, werden nur beispielhaft Aufgaben genannt. Die Zuständigkeit der Landesverbände bei der Unterstützung erstreckt sich aber auf alle Aufgabenbereiche der Mitgliedskassen und damit die gesamte gesetzliche Krankenversicherung (Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 211 Rdn. 7). Das Sozialgericht hat daher zu Recht angenommen, dass den geforderten Beitragsanteilen zulässige Aufgabenwahrnehmungen des Beklagten bzw des Beigeladenen zu Grunde liegen.

Soweit die Klägerin die Begründung der Bescheide als unzureichend rügt, kann ohnehin nach § 42 S.1 SGB X die Aufhebung eines materiell rechtmäßigen Bescheids nicht verlangt werden. Es kann daher dahinstehen, ob nach § 35 Abs. 2 Nr. 2 SGB X eine Begründung nicht erforderlich war oder ob nicht - wozu der Senat neigt - die Begründung ausreichend war. Aus den Bescheiden ergab sich die Zusammensetzung des geforderten Beitrags. Aufgrund des bekannten Haushalts 1997 und des Verwaltungsratsbeschlusses vom 28.11.1996 stand der Finanzbedarf des Beklagten, der gem. § 16 Abs. 1 seiner Satzung durch die Beiträge seiner Mitgliedskassen zu decken ist, fest. Eine Aufschlüsselung des Beitrags in einzelne Positionen, die unter Umständen nochmals im einzelnen begründet werden müßten, hält der Senat nicht für erforderlich. Insbesondere sind keine Erläuterungen zur Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung (einschlägig ist insoweit § 69 Abs. 2 SGB IV und nicht die von der Klägerin genannte Vorschrift des § 12 SGB V) geboten. Die Klägerin dürfte nämlich auch bei rechtswidriger oder unwirtschaftlicher Tätigkeit der Beklagten ihren Verbandsbeitrag nicht verweigern (vgl. Senat, a.a.O., S. 8 des Urteilsumdrucks mit Nachweisen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts). Letztlich kann die Frage der Begründung des Bescheides jedoch offen bleiben, da - wie ausgeführt - nach § 42 Satz 1 SGB X die Aufhebung des materiell- rechtmäßigen Bescheids nicht verlangt werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat dem Rechtsstreit im Hinblick auf die o.g. Ausführungen des BSG grundsätzliche Bedeutung beigemessen, da offensichtlich erst eine höchstrichterliche Klärung der Rechtsfrage Rechtsfrieden schaffen kann (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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