Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 45/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 U 26/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht für Leistungsberechtigte nach dem SGB II auf dem Weg zum Jobcenter nur, wenn der kürzeste Weg eingehalten wird.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 6. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin auf dem Weg vom Jobcenter nach Hause einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die 1960 geborene, bereits damals unter der im Rubrum genannten Adresse wohnhafte Klägerin und Berufungsklägerin (in der Folge: Klägerin) hatte am 6.12.2013 beim Jobcenter A-Stadt, W-Straße in A-Stadt einen Termin zur Antragsabgabe (vorherige Antragstellung am 11.11.2013; vgl Bl 63, 70 der Beklagten-Akte). Anschließend (gg 10.30 Uhr) stürzte die Klägerin ausweislich des Durchgangsarztberichts vom 11.12.2013 "nicht behelmt auf dem Weg vom Arbeitsamt nach Hause ohne Fremdeinwirkung mit dem Fahrrad" "auf die rechte Seite" (vgl Zwischenbericht vom 16.12.203) in A-Stadt am B-Platz, S ... Dabei zog sie sich eine proximale Humerusmehrfragmentfraktur rechts (S 42.2R) bzw subcapitale Humerusfraktur mit Abriss des Tuberculum majus zu, die nach Einlieferung mit dem Rettungswagen zunächst mit Gilchristverband, Röntgenaufnahmen und Schmerzbehandlung und am 9.12.2013 operativ versorgt wurde.
Auf Nachfrage der Beklagten und Berufungsbeklagten (in der Folge: Beklagte) gab die Klägerin am 6.5.2014 an, auf dem Weg vom Jobcenter nach Hause Besorgungen, Besuche oÄ weder gemacht noch geplant zu haben, bei winterlichen Straßenverhältnissen (es habe erst geschneit und dann getaut, es sei rutschig gewesen) beim Wechsel von der Fahrbahn auf den Radweg weggerutscht und mit dem Rad gestürzt zu sein. Zu dem von ihr gewählten Weg befragt gab die Klägerin an, den Weg zum Jobcenter über die F.-Straße, die L. Straße, die O.-Straße und die W. gefahren zu sein. Die Fahrstrecke vom Jobcenter zurück zu ihrer Wohnung sei bewusst anders geplant gewesen, da sie wegen einer Unterleibs-OP am 4.10.2013 zwei Monate lang nicht Radfahren durfte, sie aber leidenschaftlich gern Rad fahre, nämlich von der W. über die O.-Straße, L. Straße Richtung B., S-Straße, P. Straße, S-Weg, A.-Ring, L. Straße, F.-Straße. Sie sei bis zur S-Straße gefahren, dann gestürzt, das Ende der "Rad-Tour" sei bekannt (Bl 98 der Beklagten-Akte).
Nachdem der beklagteninterne Vorschlag vom 7.5.2014 noch von einem Arbeitsunfall ausging (Bl 81 ff der Beklagten-Akte), lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 6.12.2013 als Arbeitsunfall ab. Die Klägerin habe nicht den direkten Weg vom Jobcenter zu ihrer Wohnung zurückgelegt. Bei dem von der Klägerin gewählten Weg handele es sich um einen Abweg, da die Zielrichtung Arbeitsstätte/Wohnung nicht eingehalten worden sei, sondern von diesem Ziel weg oder über dieses hinausgefahren worden sei. Die Klägerin habe die Zielrichtung zu ihrer Wohnung nicht eingehalten. Sie habe aus privaten Motiven heraus bewusst eine Verlängerung des Weges vom Jobcenter nach Hause gewählt, um ihrer Fahrradleidenschaft nachgehen zu können. Diese Abweichung des Weges sei eigenmotiviert und auf das private Interesse der Klägerin zurückzuführen gewesen. Somit habe sie sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf einem von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützten Weg befunden (Bescheid vom 14.7.2014, Band II, Bl 113 der Beklagten-Akte). In zeitlichem Zusammenhang mit der Ablehnung verweigerte die Beklagte eine von einer Klinik ohne vorherige Genehmigung der Beklagten begonnene Rehabilitationsmaßnahme. Die Klinik brach ohne die Kostenzusage der Beklagten die Maßnahme ab und schickte die Klägerin nach Hause. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch (22.7.2014, Bl 223) ließ die Klägerin zunächst monieren, dass der Bescheid vom 14.7.2014 nicht ihrem Bevollmächtigten bekanntgegeben worden sei. Im Weiteren ließ sie vortragen, dass die L. Straße eine Hauptverkehrsstraße und für Fahrradfahrer eine "schlechte und gefährliche Straße" sei. Deshalb habe die Klägerin für den Rückweg verkehrsbedingt die W-Straße bis zur S-Straße gewählt. Die folgenden Straßen des beabsichtigten Rückweges seien Anlieger und Nebenstraßen. Auf diesen Straßen sei wesentlich weniger Straßenverkehr, weshalb sich die Klägerin dort sicherer gefühlt habe. Der Rückweg sei bis zum Sturz nicht unterbrochen worden. Der Entscheidungsvorschlag vom 7.5.2014 sei durch die Gewährung der Akteneinsicht eine schriftliche Zusicherung iS des § 34 SGB X geworden, an die die Beklagte gebunden sei. Es sei eine Zumutung für die ohnehin psychisch geschädigte Klägerin gewesen, dass die Rehabilitationsmaßnahme auf Veranlassung der Beklagten nach nur einem Tag abgebrochen worden sei. Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.7.2014 zurück. Dabei maß der Widerspruchsausschuss der Schilderung der Klägerin, den Heimweg für eine Radtour zu nutzen, die höhere Bedeutung bei, als der Widerspruchsbegründung, weil der eingeschlagene Abweg Richtung B. und S. Straße in diesem Streckenabschnitt gerade nicht aus Anlieger- bzw Nebenstraßen bestand. Die Anerkennung des Ereignisses vom 6.12.2013 als Arbeitsunfall komme daher nicht in Betracht (Widerspruchsbescheid vom 18.2.2015, Band III, Bl 340 der Beklagten-Akte).
Mit ihrer am 26.2.2015 zum Sozialgericht Landshut erhobene Klage ließ die Klägerin zunächst den Inhalt der Beklagtenakte, ergänzt durch Ausführungen zu einem Antrag auf Verletztengeld darlegen und ihren Vortrag aus dem Vorverfahren wiederholen und vertiefen. Entgegen des Ansatzes im Widerspruchsbescheid hätten die "Erstangaben" der Klägerin keinen höheren Beweiswert. "Erstangaben" könnten jederzeit korrigiert werden. Hergang des Unfalls und Befund sprächen nicht gegen die Annahme eines Arbeitsunfalls. Auch hätte die Beklagte behandelnde Ärzte der Klägerin aufgefordert, Rehabilitationsmaßnahmen zu verordnen. Die Klägerin könne nicht nachvollziehen, welche Ausschussmitglieder über ihr Schicksal entschieden haben. Die Gefährlichkeit der L. Straße in A-Stadt könne durch entsprechende Zeitungsartikel über dort passierte Fahrradunfälle genauso belegt werden wie die Tatsache, dass A-Stadt eine Unfallhochburg sei. Diese gefährliche Straße habe die Klägerin auch wegen ihrer erst kurz vorher erfolgten Unterleibsoperation und der deswegen eingetretenen Fahrradpause bzw fehlenden Übung meiden wollen. Die Klägerin sei bereits durch einen weiteren/ersten Arbeitsunfall vom 29.3.1993 psychisch geschädigt. Sie leide an einer somatoformen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren; diese seien durch den Maßnahmeabbruch im Juli 2014 durch die Beklagte noch verstärkt worden. Insgesamt sei nur von einer geringfügigen und damit unschädlichen Verlängerung des unmittelbaren Weges auszugehen, da die Klägerin nach ihrer Unterleibsoperation am 4.10.2013 und der daraus resultierenden Fahrradpause noch ungeübt gewesen sei, der gewählte Weg mit 8 min lediglich geringfügig mehr Zeit bedurft habe, die zusätzliche Entfernung lediglich 1,6 km betragen habe, die Verkehrssituation in der L. Straße als Hauptverkehrsstraße schwierig sei und deshalb vermieden werden sollte. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin von 2001 bis 2011 in A-Stadt Ost in der M-Straße und anschließend bis November 2013 in B-Stadt gewohnt habe. Erst zum 1.12.2013 und damit nur sechs Tage vor dem streitigen Unfall sei sie unter die im Rubrum genannten Adresse gezogen. Sie sei deshalb noch ortsunkundig gewesen und habe auch unter diesem Gesichtspunkt geschwächt durch die Unterleibsoperation die L. Straße meiden wollen.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall erlitten. Sie habe sich zum Zeitpunkt des streitigen Unfalls auf einem nicht versicherten Abweg befunden. Soweit die Klägerin nunmehr angegebe, sie habe sich wegen ihrer Schmerzen für die von ihr eingeschlagene Route entschieden, könne diesen Ausführungen nicht gefolgt werden. Ausweislich der Auskunft der Stadt A. handele es sich auch bei den Straßen, auf denen die Klägerin ihren Heimweg angetreten habe, um stark frequentierte Nebenstraßen. Der von der Klägerin eingeschlagene Weg sei damit weder weniger zeitaufwendig, sicherer oder übersichtlicher noch besser ausgebaut gewesen als der entfernungsmäßig kürzeste Weg (Urteil vom 6.12.2016, Bl 7 ff der Akte zum Berufungsverfahren). Gegen das dem Klägervertreter am 26.1.2017 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 30.1.2017 zum Landessozialgericht erhobenen Berufung, im Rahmen derer sie ihren bisherigen Vortrag (mehrmals) wiederholen und vertiefen lässt. Die Klägerin sei psychisch erkrankt, vorgeschädigt und behindert durch den abgebrochenen Schraubenrest des Fixateur externe in ihrer Wirbelsäule sowie durch die Skoliose, die Folgen eines Arbeitsunfalls aus dem Jahr 1996 (vgl sozialgerichtlich Verfahren S 9 U 48/09 bzw L 3 U 169/13) seien. Das abgebrochene Schraubenfragment sei ein objektiver Störfaktor bzw eine Körperverletzung. Aufgrund dieser Behinderungen habe die Klägerin sich dem starken Verkehr in der L. Straße nach ihren Erfahrungen auf der Hinfahrt zum Jobcenter nicht gewachsen gefühlt. Das abgebrochene Schraubenfragment und die dadurch verursachten Schmerzen hätten die Klägerin veranlasst, den Heimweg auf den Nebenstraßen mit weniger Kraftanstrengung langsamer antreten zu können. Dies könne nicht als Vergnügungsfahrt betrachtet werden. Dies sei weder in den Entscheidungen der Beklagten noch durch das Sozialgericht berücksichtigt worden, wodurch das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt worden sei. Es bleibe dabei, dass die durch den gewählten Alternativweg entstandene Verlängerung auch mit 2,5 km lediglich mit 8 min zu beziffern sei. Eine "Lösung vom Betrieb" trete aber erst dann ein, wenn die Unterbrechung des direkten Weges mehr als zwei Stunden dauere. Diese Zeitgrenze gelte unabhängig davon, welchem Zweck die Unterbrechung des direkten Weges diene und ziele auf Rechtssicherheit (Bezug nehmend auf BSG, Urteil vom 5.5.1994 - SozR3-2200 § 550 Nr 8 = SGb 1995, 169). Es sei eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, die eine Gesamtschau aller einzelnen Umstände erfordere. Die mehreren innerlich zusammenhängenden einzelnen Umstände seien mit zu bewerten, was zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls der Klägerin führe. Gegen das Gebot der Gesamtwürdigung sei vorliegend verstoßen worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 6.12.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 14.7.2014 idG des Widerspruchsbescheides vom 18.2.2015 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 6.12.2013 ein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall im Sinn der gesetzlichen Unfallversicherung ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Entscheidungsvorschlag vom 7.5.2014, der erkennbar vom zuständigen Sachgebietsleiter abgelehnt worden sei, könne eine Zusicherung iS des § 34 SGB X nicht gesehen werden. Es sei eben schon zulässig, zeitlich früheren Angaben einen höheren Beweiswert als den späteren Aussagen beizumessen, da sie von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf noch unbeeinflusst seien. Allein aus privatwirtschaftlichen Gründen veranlasste Wegstrecken oder Unterbrechungen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit stünden grundsätzlich nicht unter Versicherungsschutz. Der von der Klägerin "bewusst anders geplante" Abweg sei im Vergleich zur üblichen Wegstrecke mehr als doppelt so lange gewesen. Hierbei handele es sich nicht mehr um eine nur unbedeutende Verlängerung des versicherten Weges.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die bei der Entscheidung vorliegenden Akten verwiesen, auch soweit diese von der Beklagten und dem Sozialgericht Landshut beigezogen wurden.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
1. Streitig ist, ob der Fahrradunfall, den die Klägerin am 6.12.2013 auf dem Weg vom Jobcenter zurück zu ihrer Wohnung erlitt, als in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherter Wegeunfall anzuerkennen ist. Dies wurde zunächst von der Beklagten mit Bescheid vom 14.7.2014 idG des Widerspruchsbescheides vom 18.2.2015 und zuletzt vom Sozialgericht Landshut mit Urteil vom 6.12.2016 abgelehnt.
2. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ergibt sich die streitige Feststellung nicht bereits aus dem aktenkundigen Vorschlag vom 7.5.2014 (Bl 81 ff der Beklagten-Akte), den der Bevollmächtigte der Klägerin im Rahmen einer Akteneinsicht zur Kenntnis genommen hatte. Das insoweit vom Klägervertreter in Bezug genommene Schriftstück ist nicht an die Klägerin oder ihren Bevollmächtigten adressiert. Es enthält unter Ziffer 1 eine "Entscheidungsvorlage", unter Ziffer 2 einen "Vorschlag" und ist unter Ziffer 3 an UV2-BAH "mit der Bitte um Entscheidung" adressiert. Es enthält keine Entscheidung, sondern den handschriftlichen Vermerk (von BAH vom 8.5.2014), "bitte die Vorentscheidung erst vorlegen, wenn alle Tatbestände des Versicherungsfalles geklärt sind". Im Anschluss nahm die Beklagte weitere Ermittlungen vor.
Der Vermerk vom 7.5.2014 enthält damit bereits keine Entscheidung nach § 31 SGB X, auch nicht in Form einer Zusicherung nach § 34 SGB X. Er ist weiter lediglich eine vorbereitende Maßnahme, die erkennbar nicht auf eine unmittelbare Außenwirkung gegenüber der Klägerin abzielt (vgl Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 31 Rdnr 34a). Hieran hat sich auch durch die dem Klägerbevollmächtigten gewährte Akteneinsicht nichts geändert, da diese offensichtlich ausschließlich dem Anspruch der Klägerin nach § 25 SGB X genügen sollte und keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie (darüber hinaus) auf eine gezielte Rechtswirkung (des Vermerks vom 7.5.2014) nach außen gerichtet war. 3. Die Berufung bleibt ohne Erfolg, da der von der Klägerin am 6.12.2013 erlittene Fahrradunfall kein Wegeunfall iS der gesetzlichen Unfallversicherung ist.
a) Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (stRspr; vgl zuletzt BSG, Urteil vom 20.12.2016 - B 2 U 16/15 R - RdNr 12; Urteil vom 15.11.2016 - B 2 U 12/15 R; BSG vom 5.7.2016 - B 2 U 16/14 R -; BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - RdNr 9; BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - RdNr 11; BSG vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - RdNr 11; BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - RdNr 12).
b) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Klägerin ist zwar grds einer versicherten Tätigkeit nachgegangen, als sie sich vom Jobcenter auf den Weg nach Hause machte (vgl § 2 Abs 1 Nr 14 Buchst a SGB VII). Sie war insbesondere vom Jobcenter aufgefordert worden, am 6.12.2013 zur Antragsabgabe vorzusprechen. Als die Klägerin auf ihrem Heimweg vom Jobcenter vom Fahrrad stürzte, mit der rechten Seite auf den Boden aufschlug und sich den Oberarm brach, erlitt sie auch einen Unfall. Dabei handelte es sich aber nicht um einen Arbeitsunfall, da hierfür der innere Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Heimweg fehlte. Ein solcher ist vorliegend unter keinem Gesichtspunkt festzustellen.
c) Zu den in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Zum Unfallzeitpunkt legte die Klägerin keinen solchen durch die Wegeunfallversicherung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII geschützten Weg zurück. Zwar bewegte sie sich zu diesem Zeitpunkt mit der Handlungstendenz fort, vom Jobcenter nach Hause zu gelangen. Diese Handlungstendenz allein konnte jedoch keinen Versicherungsschutz in der Wegeunfallversicherung auf der zum Unfallzeitpunkt zurückgelegten Wegstrecke begründen, denn die Klägerin befand sich zum Zeitpunkt des Unfalls nicht auf dem grundsätzlich unter Unfallversicherungsschutz stehenden unmittelbaren Weg vom Jobcenter nach Hause. Umstände, die ausnahmsweise den Versicherungsschutz auf dem von der Klägerin genutzten Weg begründen konnten, sind nicht feststellbar.
aa) Gleichgültig welche Einlassung der Klägerin man zugrunde legt: sie wollte nach ihrem Meldetermin beim Jobcenter nach Hause, so dass ihre Handlungstendenz zumindest auch davon bestimmt war. Dass sie ggf daneben noch eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgte (zB Radfahren, weil es ihre Leidenschaft war/ist), ist unschädlich. Denn die Klägerin hätte sich auch ohne diesen Zweck auf dem Weg vom Jobcenter nach Hause gemacht.
bb) Allerdings verunfallte die Klägerin nicht auf dem "unmittelbaren" Weg vom Jobcenter nach Hause.
(1.) Grds ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, dass versichert (nur) der "unmittelbare" Weg ist. Trotzdem ist nicht nur der direkte, dh der entfernungsmäßig kürzeste Weg von und zum Ort der versicherten Tätigkeit geschützt (BSG, Urteil vom 11.9.2001 - B 2 U 34/00 R). Da dem Versicherten grds die Wahl des Weges freigestellt ist, schließt das Zurücklegen eines entfernungsmäßig weiteren Weges den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung im Grundsatz nicht aus. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass es sich unter Beachtung der Handlungstendenz des Versicherten jeweils noch um einen "unmittelbaren" Weg nach und vom Ort der Tätigkeit handelt. Dabei sind ganz kleine, privaten Zwecken dienende Umwege, die nur zu einer unbedeutenden Verlängerung des Weges führen, für den Versicherungsschutz unschädlich (BSG, aaO - RdNr 18 mwN).
(2.) Vorliegend ist allerdings der von der Klägerin eingeschlagene Nachhauseweg zumindest doppelt so weit wie der kürzeste und kann damit keine unbedeutende Verlängerung des Heimwegs in dem Sinne sein, dass es auf die Gründe für die Wahl der Strecke nicht ankäme. Eine dem Versicherten uneingeschränkt eingeräumte freie Wahl des Weges von und zur Arbeitsstätte/versicherten Tätigkeit von rd 4 km statt 1,87 km (kürzester Weg laut www.falk.de, Route für Fahrrad) würde nicht nur der ausdrücklich in § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII aufgeführten Voraussetzung des "unmittelbaren" Weges zuwiderlaufen, sondern auch das Risiko eines Wegeunfalls unangemessen erhöhen, was als ein beachtliches Kriterium bei der Auslegung des § 550 Abs 1 RVO, der Vorgängervorschrift des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII, angesehen wurde und nunmehr auch bei der Auslegung von § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII herangezogen wird (vgl BSG, Urteil vom 11.9.2001 - B 2 U 34/00 R - RdNr 19 zitiert nach juris). Dies muss insbesondere im vorliegenden Fall gelten, wonach die Straßenverhältnisse ausweislich der Angaben der Klägerin am Umfalltag winterlich waren.
(3.) Nachdem aber der "unmittelbare" und nicht nur der kürzeste Weg nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII versichert ist, ist für den Fall, dass der kürzeste Weg nicht nur unerheblich verlängert ist, noch vom unmittelbaren Wege iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auszugehen, wenn die Wahl der weiteren Wegstrecke aus der durch objektive Gegebenheiten erklärbaren Sicht des Versicherten dem Zurücklegen des Weges von dem Ort der Tätigkeit nach Hause oder einem anderen, sog dritten Weg zuzurechnen wäre, um etwa eine verkehrstechnisch schlechte Wegstrecke zu umgehen oder eine weniger verkehrsreiche oder schneller befahrbare Straße zu benutzen (BSG, aaO, RdNr 18 mwN). Ist demnach der eingeschlagene Weg weniger zeitaufwendig, sicherer, übersichtlicher, besser ausgebaut oder kostengünstiger als der entfernungsmäßig kürzeste Weg, steht auch dieser längere Weg unter Versicherungsschutz (BSG, aaO, RdNr 18).
Allerdings können auch objektive, nicht rein private Gründe, einen nicht unbedeutend längeren Weg zu wählen, nicht dazu führen, dass der Versicherte dann unter Beibehaltung des Versicherungsschutzes einen beliebig langen anderen Weg benutzen darf. Vielmehr gilt für den konkret eingeschlagenen längeren Weg, dass er wesentlich der Zurücklegung des Weges nach oder von dem Ort der versicherten Tätigkeit zu dienen bestimmt sein muss und somit die Wahl dieses Weges keine Gründe maßgebend sind, die wesentlich allein dem privaten Lebensbereich des Versicherten zuzuordnen sind. Bieten sich daher anstelle des kürzesten Weges mehrere zumutbare Wegealternativen, ist zum Erhalt des Versicherungsschutzes idR der nächstkürzere Weg zu wählen, wobei unbedeutende Wege nicht ins Gewicht fallen. Ist aber der gewählte alternative Weg nicht unbedeutend länger als ein anderer alternativer Weg, steht ersterer nur unter Versicherungsschutz, wenn die kürzere Alternative aus den oben genannten Gründen nicht zum Erhalt des Versicherungsschutzes benutzt zu werden braucht, weil also der gewählte Weg weniger zeitaufwendig, sicherer, übersichtlicher, besser ausgebaut oder kostengünstiger ist als die nicht gewählte alternative Strecke. Ob ein gewählter längerer Weg noch ein unmittelbarer Weg iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (BSG, aaO, RdNr 21).
Ist der gewählte alternative Weg nach und zum Ort der Tätigkeit hinsichtlich Entfernung und Zeit erheblich länger als eine andere alternative Wegstrecke, stellt dies allerdings ein Indiz dafür dar, dass für die Wahl des Weges Gründe maßgebend waren, die wesentlich dem privaten Bereich zuzuordnen sind. Je länger und zeitaufwendiger der gewählte alternative Weg daher im Verhältnis zu einem kürzeren und weniger zeitaufwendigeren alternativen Weg ist, um so höhere Anforderungen sind an den Nachweis zu stellen, dass der erforderliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Weg nach oder vom Ort der Tätigkeit besteht (BSG, aaO).
(4.) Vorliegend handelt es sich - auch soweit man mit der Klägerin davon ausgehen wollte, dass die L. Straße eine für Radfahrer gefährliche und damit zu meidende Straße ist - bei der von der Klägerin gewählten Route um einen rd 4 km langen Weg, der auch gegenüber Alternativrouten zur L. Straße mit weniger als 2 km erheblich länger und zweitaufwendiger ist. Bereits im Hinblick hierauf überzeugen die von der Klägerin für die von ihr gewählte Alternativroute angeblich maßgeblichen Erwägungsgründe nicht. Es ist objektiv nicht nachzuvollziehen, dass wegen der aufgrund der kurz vorher stattgefundenen Unterleibsoperation fehlenden Übung bzw Schmerzen auch infolge der nach dem letzten Arbeitsunfall im Körper verbliebenen Schraube zwar ein (vermeindlich) sicherer, dafür aber mehr als doppelt so langer Weg gewählt worden sein soll. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass die auf Falk.de für Radfahrer angegebenen Alternativrouten vom Jobcenter zur Wohnadresse der Klägerin ohne bzw unter weitest gehender Außerachtlassung der L. Straße (auch die Klägerin plante diese für ihren Rückweg ja streckenweise ein) Nebenstraßen nutzen, die aber eben mit unter 2 km erheblich kürzer sind. Die Klägerin hat mit Ausnahme ihrer Ersteinlassung, sie haben den Heimweg für eine Radtour nutzen wollen, keine (objektiv) nachvollziehbaren Gründe dafür benannt, warum sie eine derart lange, zunächst die Gegenrichtung zu ihrem Heimweg einschlagende Route gewählt hat. Solche Gründe sind auch anderweitig nicht ersichtlich. Damit fehlt es aber am inneren Zusammenhang zwischen dem Heimweg vom Jobcenter und der konkret getätigten Fahrt bzw dem hierbei geschehenen Unfall. Denn dieser setzt voraus, dass sich die subjektive Handlungstendenz als aufgrund der festgestellten Tatsachen im äußeren Verhalten des Handelnden, so wie es objektiv beobachtbar ist, widerspiegeln (BSG, Urteil vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - RdNr 11 mwN). Die rein subjektive Vorstellung genügt nicht (BSG, Urteil vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - RdNr 22).
(5.) Der Senat konnte sich schließlich nicht davon überzeugen, dass die Klägerin den von ihr eingeschlagenen Heimweg weit ab vom unmittelbaren Weg im dargelegten Sinn aufgrund ihrer fehlenden Ortskenntnisse wählte, sich also verirrt hat. Diese Angabe ließ die Klägerin erstmals im Klageverfahren in das Verfahren einbringen, nachdem sie im Verwaltungsverfahren und im Widerspruchsverfahren noch angab bzw vortragen ließ, ihren Heimweg bewusst abweichend geplant zu haben, um länger Radfahren zu können (so ihre Angabe im Verwaltungsverfahren) bzw um einen Weg mit höherer Verkehrssicherheit nutzen zu können (so der Vortrag ihres Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren). Wenngleich die Klägerin zu Recht darauf hinweisen lässt, dass es keinen allgemeinen Grundsatz gibt, dass immer die Erstangaben von größerem Beweiswert sind (BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 41/02 R - RdNr 20 zitiert nach juris), kann dies (allein) nicht die Überzeugung des Senats begründen, dass die Klägerin tatsächlich auf dem/einem unmittelbaren Heimweg war und sich (auf diesem Weg) dann verirrt hat. Denn - mit Ausnahme der behaupteten Ortsunkenntnis - stützen die tatsächlichen Angaben der Klägerin über das gesamte Verfahren hinweg gerade nicht den Umstand, dass sie sich verirrt haben könnte. Die Klägerin gab vielmehr zunächst von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf noch unbeeinflusst und auch deshalb für den Senat glaubwürdig an, ihren Heimweg - gleichgültig mit welcher Zielsetzung - bewusst geplant zu haben. Die Klägerin ist dann auch auf dem Weg, den sie nach ihren Angaben im Verwaltungsverfahren bewusst plante, verunglückt. Gründe, aus denen die Klägerin diese Angabe im Verwaltungsverfahren und später im Widerspruchsverfahren fehlerhaft gemacht haben sollte, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
4. Die Kostenentscheidung folgt § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin auf dem Weg vom Jobcenter nach Hause einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die 1960 geborene, bereits damals unter der im Rubrum genannten Adresse wohnhafte Klägerin und Berufungsklägerin (in der Folge: Klägerin) hatte am 6.12.2013 beim Jobcenter A-Stadt, W-Straße in A-Stadt einen Termin zur Antragsabgabe (vorherige Antragstellung am 11.11.2013; vgl Bl 63, 70 der Beklagten-Akte). Anschließend (gg 10.30 Uhr) stürzte die Klägerin ausweislich des Durchgangsarztberichts vom 11.12.2013 "nicht behelmt auf dem Weg vom Arbeitsamt nach Hause ohne Fremdeinwirkung mit dem Fahrrad" "auf die rechte Seite" (vgl Zwischenbericht vom 16.12.203) in A-Stadt am B-Platz, S ... Dabei zog sie sich eine proximale Humerusmehrfragmentfraktur rechts (S 42.2R) bzw subcapitale Humerusfraktur mit Abriss des Tuberculum majus zu, die nach Einlieferung mit dem Rettungswagen zunächst mit Gilchristverband, Röntgenaufnahmen und Schmerzbehandlung und am 9.12.2013 operativ versorgt wurde.
Auf Nachfrage der Beklagten und Berufungsbeklagten (in der Folge: Beklagte) gab die Klägerin am 6.5.2014 an, auf dem Weg vom Jobcenter nach Hause Besorgungen, Besuche oÄ weder gemacht noch geplant zu haben, bei winterlichen Straßenverhältnissen (es habe erst geschneit und dann getaut, es sei rutschig gewesen) beim Wechsel von der Fahrbahn auf den Radweg weggerutscht und mit dem Rad gestürzt zu sein. Zu dem von ihr gewählten Weg befragt gab die Klägerin an, den Weg zum Jobcenter über die F.-Straße, die L. Straße, die O.-Straße und die W. gefahren zu sein. Die Fahrstrecke vom Jobcenter zurück zu ihrer Wohnung sei bewusst anders geplant gewesen, da sie wegen einer Unterleibs-OP am 4.10.2013 zwei Monate lang nicht Radfahren durfte, sie aber leidenschaftlich gern Rad fahre, nämlich von der W. über die O.-Straße, L. Straße Richtung B., S-Straße, P. Straße, S-Weg, A.-Ring, L. Straße, F.-Straße. Sie sei bis zur S-Straße gefahren, dann gestürzt, das Ende der "Rad-Tour" sei bekannt (Bl 98 der Beklagten-Akte).
Nachdem der beklagteninterne Vorschlag vom 7.5.2014 noch von einem Arbeitsunfall ausging (Bl 81 ff der Beklagten-Akte), lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 6.12.2013 als Arbeitsunfall ab. Die Klägerin habe nicht den direkten Weg vom Jobcenter zu ihrer Wohnung zurückgelegt. Bei dem von der Klägerin gewählten Weg handele es sich um einen Abweg, da die Zielrichtung Arbeitsstätte/Wohnung nicht eingehalten worden sei, sondern von diesem Ziel weg oder über dieses hinausgefahren worden sei. Die Klägerin habe die Zielrichtung zu ihrer Wohnung nicht eingehalten. Sie habe aus privaten Motiven heraus bewusst eine Verlängerung des Weges vom Jobcenter nach Hause gewählt, um ihrer Fahrradleidenschaft nachgehen zu können. Diese Abweichung des Weges sei eigenmotiviert und auf das private Interesse der Klägerin zurückzuführen gewesen. Somit habe sie sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf einem von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützten Weg befunden (Bescheid vom 14.7.2014, Band II, Bl 113 der Beklagten-Akte). In zeitlichem Zusammenhang mit der Ablehnung verweigerte die Beklagte eine von einer Klinik ohne vorherige Genehmigung der Beklagten begonnene Rehabilitationsmaßnahme. Die Klinik brach ohne die Kostenzusage der Beklagten die Maßnahme ab und schickte die Klägerin nach Hause. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch (22.7.2014, Bl 223) ließ die Klägerin zunächst monieren, dass der Bescheid vom 14.7.2014 nicht ihrem Bevollmächtigten bekanntgegeben worden sei. Im Weiteren ließ sie vortragen, dass die L. Straße eine Hauptverkehrsstraße und für Fahrradfahrer eine "schlechte und gefährliche Straße" sei. Deshalb habe die Klägerin für den Rückweg verkehrsbedingt die W-Straße bis zur S-Straße gewählt. Die folgenden Straßen des beabsichtigten Rückweges seien Anlieger und Nebenstraßen. Auf diesen Straßen sei wesentlich weniger Straßenverkehr, weshalb sich die Klägerin dort sicherer gefühlt habe. Der Rückweg sei bis zum Sturz nicht unterbrochen worden. Der Entscheidungsvorschlag vom 7.5.2014 sei durch die Gewährung der Akteneinsicht eine schriftliche Zusicherung iS des § 34 SGB X geworden, an die die Beklagte gebunden sei. Es sei eine Zumutung für die ohnehin psychisch geschädigte Klägerin gewesen, dass die Rehabilitationsmaßnahme auf Veranlassung der Beklagten nach nur einem Tag abgebrochen worden sei. Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.7.2014 zurück. Dabei maß der Widerspruchsausschuss der Schilderung der Klägerin, den Heimweg für eine Radtour zu nutzen, die höhere Bedeutung bei, als der Widerspruchsbegründung, weil der eingeschlagene Abweg Richtung B. und S. Straße in diesem Streckenabschnitt gerade nicht aus Anlieger- bzw Nebenstraßen bestand. Die Anerkennung des Ereignisses vom 6.12.2013 als Arbeitsunfall komme daher nicht in Betracht (Widerspruchsbescheid vom 18.2.2015, Band III, Bl 340 der Beklagten-Akte).
Mit ihrer am 26.2.2015 zum Sozialgericht Landshut erhobene Klage ließ die Klägerin zunächst den Inhalt der Beklagtenakte, ergänzt durch Ausführungen zu einem Antrag auf Verletztengeld darlegen und ihren Vortrag aus dem Vorverfahren wiederholen und vertiefen. Entgegen des Ansatzes im Widerspruchsbescheid hätten die "Erstangaben" der Klägerin keinen höheren Beweiswert. "Erstangaben" könnten jederzeit korrigiert werden. Hergang des Unfalls und Befund sprächen nicht gegen die Annahme eines Arbeitsunfalls. Auch hätte die Beklagte behandelnde Ärzte der Klägerin aufgefordert, Rehabilitationsmaßnahmen zu verordnen. Die Klägerin könne nicht nachvollziehen, welche Ausschussmitglieder über ihr Schicksal entschieden haben. Die Gefährlichkeit der L. Straße in A-Stadt könne durch entsprechende Zeitungsartikel über dort passierte Fahrradunfälle genauso belegt werden wie die Tatsache, dass A-Stadt eine Unfallhochburg sei. Diese gefährliche Straße habe die Klägerin auch wegen ihrer erst kurz vorher erfolgten Unterleibsoperation und der deswegen eingetretenen Fahrradpause bzw fehlenden Übung meiden wollen. Die Klägerin sei bereits durch einen weiteren/ersten Arbeitsunfall vom 29.3.1993 psychisch geschädigt. Sie leide an einer somatoformen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren; diese seien durch den Maßnahmeabbruch im Juli 2014 durch die Beklagte noch verstärkt worden. Insgesamt sei nur von einer geringfügigen und damit unschädlichen Verlängerung des unmittelbaren Weges auszugehen, da die Klägerin nach ihrer Unterleibsoperation am 4.10.2013 und der daraus resultierenden Fahrradpause noch ungeübt gewesen sei, der gewählte Weg mit 8 min lediglich geringfügig mehr Zeit bedurft habe, die zusätzliche Entfernung lediglich 1,6 km betragen habe, die Verkehrssituation in der L. Straße als Hauptverkehrsstraße schwierig sei und deshalb vermieden werden sollte. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin von 2001 bis 2011 in A-Stadt Ost in der M-Straße und anschließend bis November 2013 in B-Stadt gewohnt habe. Erst zum 1.12.2013 und damit nur sechs Tage vor dem streitigen Unfall sei sie unter die im Rubrum genannten Adresse gezogen. Sie sei deshalb noch ortsunkundig gewesen und habe auch unter diesem Gesichtspunkt geschwächt durch die Unterleibsoperation die L. Straße meiden wollen.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall erlitten. Sie habe sich zum Zeitpunkt des streitigen Unfalls auf einem nicht versicherten Abweg befunden. Soweit die Klägerin nunmehr angegebe, sie habe sich wegen ihrer Schmerzen für die von ihr eingeschlagene Route entschieden, könne diesen Ausführungen nicht gefolgt werden. Ausweislich der Auskunft der Stadt A. handele es sich auch bei den Straßen, auf denen die Klägerin ihren Heimweg angetreten habe, um stark frequentierte Nebenstraßen. Der von der Klägerin eingeschlagene Weg sei damit weder weniger zeitaufwendig, sicherer oder übersichtlicher noch besser ausgebaut gewesen als der entfernungsmäßig kürzeste Weg (Urteil vom 6.12.2016, Bl 7 ff der Akte zum Berufungsverfahren). Gegen das dem Klägervertreter am 26.1.2017 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 30.1.2017 zum Landessozialgericht erhobenen Berufung, im Rahmen derer sie ihren bisherigen Vortrag (mehrmals) wiederholen und vertiefen lässt. Die Klägerin sei psychisch erkrankt, vorgeschädigt und behindert durch den abgebrochenen Schraubenrest des Fixateur externe in ihrer Wirbelsäule sowie durch die Skoliose, die Folgen eines Arbeitsunfalls aus dem Jahr 1996 (vgl sozialgerichtlich Verfahren S 9 U 48/09 bzw L 3 U 169/13) seien. Das abgebrochene Schraubenfragment sei ein objektiver Störfaktor bzw eine Körperverletzung. Aufgrund dieser Behinderungen habe die Klägerin sich dem starken Verkehr in der L. Straße nach ihren Erfahrungen auf der Hinfahrt zum Jobcenter nicht gewachsen gefühlt. Das abgebrochene Schraubenfragment und die dadurch verursachten Schmerzen hätten die Klägerin veranlasst, den Heimweg auf den Nebenstraßen mit weniger Kraftanstrengung langsamer antreten zu können. Dies könne nicht als Vergnügungsfahrt betrachtet werden. Dies sei weder in den Entscheidungen der Beklagten noch durch das Sozialgericht berücksichtigt worden, wodurch das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt worden sei. Es bleibe dabei, dass die durch den gewählten Alternativweg entstandene Verlängerung auch mit 2,5 km lediglich mit 8 min zu beziffern sei. Eine "Lösung vom Betrieb" trete aber erst dann ein, wenn die Unterbrechung des direkten Weges mehr als zwei Stunden dauere. Diese Zeitgrenze gelte unabhängig davon, welchem Zweck die Unterbrechung des direkten Weges diene und ziele auf Rechtssicherheit (Bezug nehmend auf BSG, Urteil vom 5.5.1994 - SozR3-2200 § 550 Nr 8 = SGb 1995, 169). Es sei eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, die eine Gesamtschau aller einzelnen Umstände erfordere. Die mehreren innerlich zusammenhängenden einzelnen Umstände seien mit zu bewerten, was zur Anerkennung eines Arbeitsunfalls der Klägerin führe. Gegen das Gebot der Gesamtwürdigung sei vorliegend verstoßen worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 6.12.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 14.7.2014 idG des Widerspruchsbescheides vom 18.2.2015 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 6.12.2013 ein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall im Sinn der gesetzlichen Unfallversicherung ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Entscheidungsvorschlag vom 7.5.2014, der erkennbar vom zuständigen Sachgebietsleiter abgelehnt worden sei, könne eine Zusicherung iS des § 34 SGB X nicht gesehen werden. Es sei eben schon zulässig, zeitlich früheren Angaben einen höheren Beweiswert als den späteren Aussagen beizumessen, da sie von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf noch unbeeinflusst seien. Allein aus privatwirtschaftlichen Gründen veranlasste Wegstrecken oder Unterbrechungen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit stünden grundsätzlich nicht unter Versicherungsschutz. Der von der Klägerin "bewusst anders geplante" Abweg sei im Vergleich zur üblichen Wegstrecke mehr als doppelt so lange gewesen. Hierbei handele es sich nicht mehr um eine nur unbedeutende Verlängerung des versicherten Weges.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die bei der Entscheidung vorliegenden Akten verwiesen, auch soweit diese von der Beklagten und dem Sozialgericht Landshut beigezogen wurden.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
1. Streitig ist, ob der Fahrradunfall, den die Klägerin am 6.12.2013 auf dem Weg vom Jobcenter zurück zu ihrer Wohnung erlitt, als in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherter Wegeunfall anzuerkennen ist. Dies wurde zunächst von der Beklagten mit Bescheid vom 14.7.2014 idG des Widerspruchsbescheides vom 18.2.2015 und zuletzt vom Sozialgericht Landshut mit Urteil vom 6.12.2016 abgelehnt.
2. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ergibt sich die streitige Feststellung nicht bereits aus dem aktenkundigen Vorschlag vom 7.5.2014 (Bl 81 ff der Beklagten-Akte), den der Bevollmächtigte der Klägerin im Rahmen einer Akteneinsicht zur Kenntnis genommen hatte. Das insoweit vom Klägervertreter in Bezug genommene Schriftstück ist nicht an die Klägerin oder ihren Bevollmächtigten adressiert. Es enthält unter Ziffer 1 eine "Entscheidungsvorlage", unter Ziffer 2 einen "Vorschlag" und ist unter Ziffer 3 an UV2-BAH "mit der Bitte um Entscheidung" adressiert. Es enthält keine Entscheidung, sondern den handschriftlichen Vermerk (von BAH vom 8.5.2014), "bitte die Vorentscheidung erst vorlegen, wenn alle Tatbestände des Versicherungsfalles geklärt sind". Im Anschluss nahm die Beklagte weitere Ermittlungen vor.
Der Vermerk vom 7.5.2014 enthält damit bereits keine Entscheidung nach § 31 SGB X, auch nicht in Form einer Zusicherung nach § 34 SGB X. Er ist weiter lediglich eine vorbereitende Maßnahme, die erkennbar nicht auf eine unmittelbare Außenwirkung gegenüber der Klägerin abzielt (vgl Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 31 Rdnr 34a). Hieran hat sich auch durch die dem Klägerbevollmächtigten gewährte Akteneinsicht nichts geändert, da diese offensichtlich ausschließlich dem Anspruch der Klägerin nach § 25 SGB X genügen sollte und keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie (darüber hinaus) auf eine gezielte Rechtswirkung (des Vermerks vom 7.5.2014) nach außen gerichtet war. 3. Die Berufung bleibt ohne Erfolg, da der von der Klägerin am 6.12.2013 erlittene Fahrradunfall kein Wegeunfall iS der gesetzlichen Unfallversicherung ist.
a) Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (stRspr; vgl zuletzt BSG, Urteil vom 20.12.2016 - B 2 U 16/15 R - RdNr 12; Urteil vom 15.11.2016 - B 2 U 12/15 R; BSG vom 5.7.2016 - B 2 U 16/14 R -; BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - RdNr 9; BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - RdNr 11; BSG vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - RdNr 11; BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - RdNr 12).
b) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Klägerin ist zwar grds einer versicherten Tätigkeit nachgegangen, als sie sich vom Jobcenter auf den Weg nach Hause machte (vgl § 2 Abs 1 Nr 14 Buchst a SGB VII). Sie war insbesondere vom Jobcenter aufgefordert worden, am 6.12.2013 zur Antragsabgabe vorzusprechen. Als die Klägerin auf ihrem Heimweg vom Jobcenter vom Fahrrad stürzte, mit der rechten Seite auf den Boden aufschlug und sich den Oberarm brach, erlitt sie auch einen Unfall. Dabei handelte es sich aber nicht um einen Arbeitsunfall, da hierfür der innere Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Heimweg fehlte. Ein solcher ist vorliegend unter keinem Gesichtspunkt festzustellen.
c) Zu den in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Zum Unfallzeitpunkt legte die Klägerin keinen solchen durch die Wegeunfallversicherung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII geschützten Weg zurück. Zwar bewegte sie sich zu diesem Zeitpunkt mit der Handlungstendenz fort, vom Jobcenter nach Hause zu gelangen. Diese Handlungstendenz allein konnte jedoch keinen Versicherungsschutz in der Wegeunfallversicherung auf der zum Unfallzeitpunkt zurückgelegten Wegstrecke begründen, denn die Klägerin befand sich zum Zeitpunkt des Unfalls nicht auf dem grundsätzlich unter Unfallversicherungsschutz stehenden unmittelbaren Weg vom Jobcenter nach Hause. Umstände, die ausnahmsweise den Versicherungsschutz auf dem von der Klägerin genutzten Weg begründen konnten, sind nicht feststellbar.
aa) Gleichgültig welche Einlassung der Klägerin man zugrunde legt: sie wollte nach ihrem Meldetermin beim Jobcenter nach Hause, so dass ihre Handlungstendenz zumindest auch davon bestimmt war. Dass sie ggf daneben noch eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgte (zB Radfahren, weil es ihre Leidenschaft war/ist), ist unschädlich. Denn die Klägerin hätte sich auch ohne diesen Zweck auf dem Weg vom Jobcenter nach Hause gemacht.
bb) Allerdings verunfallte die Klägerin nicht auf dem "unmittelbaren" Weg vom Jobcenter nach Hause.
(1.) Grds ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, dass versichert (nur) der "unmittelbare" Weg ist. Trotzdem ist nicht nur der direkte, dh der entfernungsmäßig kürzeste Weg von und zum Ort der versicherten Tätigkeit geschützt (BSG, Urteil vom 11.9.2001 - B 2 U 34/00 R). Da dem Versicherten grds die Wahl des Weges freigestellt ist, schließt das Zurücklegen eines entfernungsmäßig weiteren Weges den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung im Grundsatz nicht aus. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass es sich unter Beachtung der Handlungstendenz des Versicherten jeweils noch um einen "unmittelbaren" Weg nach und vom Ort der Tätigkeit handelt. Dabei sind ganz kleine, privaten Zwecken dienende Umwege, die nur zu einer unbedeutenden Verlängerung des Weges führen, für den Versicherungsschutz unschädlich (BSG, aaO - RdNr 18 mwN).
(2.) Vorliegend ist allerdings der von der Klägerin eingeschlagene Nachhauseweg zumindest doppelt so weit wie der kürzeste und kann damit keine unbedeutende Verlängerung des Heimwegs in dem Sinne sein, dass es auf die Gründe für die Wahl der Strecke nicht ankäme. Eine dem Versicherten uneingeschränkt eingeräumte freie Wahl des Weges von und zur Arbeitsstätte/versicherten Tätigkeit von rd 4 km statt 1,87 km (kürzester Weg laut www.falk.de, Route für Fahrrad) würde nicht nur der ausdrücklich in § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII aufgeführten Voraussetzung des "unmittelbaren" Weges zuwiderlaufen, sondern auch das Risiko eines Wegeunfalls unangemessen erhöhen, was als ein beachtliches Kriterium bei der Auslegung des § 550 Abs 1 RVO, der Vorgängervorschrift des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII, angesehen wurde und nunmehr auch bei der Auslegung von § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII herangezogen wird (vgl BSG, Urteil vom 11.9.2001 - B 2 U 34/00 R - RdNr 19 zitiert nach juris). Dies muss insbesondere im vorliegenden Fall gelten, wonach die Straßenverhältnisse ausweislich der Angaben der Klägerin am Umfalltag winterlich waren.
(3.) Nachdem aber der "unmittelbare" und nicht nur der kürzeste Weg nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII versichert ist, ist für den Fall, dass der kürzeste Weg nicht nur unerheblich verlängert ist, noch vom unmittelbaren Wege iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auszugehen, wenn die Wahl der weiteren Wegstrecke aus der durch objektive Gegebenheiten erklärbaren Sicht des Versicherten dem Zurücklegen des Weges von dem Ort der Tätigkeit nach Hause oder einem anderen, sog dritten Weg zuzurechnen wäre, um etwa eine verkehrstechnisch schlechte Wegstrecke zu umgehen oder eine weniger verkehrsreiche oder schneller befahrbare Straße zu benutzen (BSG, aaO, RdNr 18 mwN). Ist demnach der eingeschlagene Weg weniger zeitaufwendig, sicherer, übersichtlicher, besser ausgebaut oder kostengünstiger als der entfernungsmäßig kürzeste Weg, steht auch dieser längere Weg unter Versicherungsschutz (BSG, aaO, RdNr 18).
Allerdings können auch objektive, nicht rein private Gründe, einen nicht unbedeutend längeren Weg zu wählen, nicht dazu führen, dass der Versicherte dann unter Beibehaltung des Versicherungsschutzes einen beliebig langen anderen Weg benutzen darf. Vielmehr gilt für den konkret eingeschlagenen längeren Weg, dass er wesentlich der Zurücklegung des Weges nach oder von dem Ort der versicherten Tätigkeit zu dienen bestimmt sein muss und somit die Wahl dieses Weges keine Gründe maßgebend sind, die wesentlich allein dem privaten Lebensbereich des Versicherten zuzuordnen sind. Bieten sich daher anstelle des kürzesten Weges mehrere zumutbare Wegealternativen, ist zum Erhalt des Versicherungsschutzes idR der nächstkürzere Weg zu wählen, wobei unbedeutende Wege nicht ins Gewicht fallen. Ist aber der gewählte alternative Weg nicht unbedeutend länger als ein anderer alternativer Weg, steht ersterer nur unter Versicherungsschutz, wenn die kürzere Alternative aus den oben genannten Gründen nicht zum Erhalt des Versicherungsschutzes benutzt zu werden braucht, weil also der gewählte Weg weniger zeitaufwendig, sicherer, übersichtlicher, besser ausgebaut oder kostengünstiger ist als die nicht gewählte alternative Strecke. Ob ein gewählter längerer Weg noch ein unmittelbarer Weg iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (BSG, aaO, RdNr 21).
Ist der gewählte alternative Weg nach und zum Ort der Tätigkeit hinsichtlich Entfernung und Zeit erheblich länger als eine andere alternative Wegstrecke, stellt dies allerdings ein Indiz dafür dar, dass für die Wahl des Weges Gründe maßgebend waren, die wesentlich dem privaten Bereich zuzuordnen sind. Je länger und zeitaufwendiger der gewählte alternative Weg daher im Verhältnis zu einem kürzeren und weniger zeitaufwendigeren alternativen Weg ist, um so höhere Anforderungen sind an den Nachweis zu stellen, dass der erforderliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Weg nach oder vom Ort der Tätigkeit besteht (BSG, aaO).
(4.) Vorliegend handelt es sich - auch soweit man mit der Klägerin davon ausgehen wollte, dass die L. Straße eine für Radfahrer gefährliche und damit zu meidende Straße ist - bei der von der Klägerin gewählten Route um einen rd 4 km langen Weg, der auch gegenüber Alternativrouten zur L. Straße mit weniger als 2 km erheblich länger und zweitaufwendiger ist. Bereits im Hinblick hierauf überzeugen die von der Klägerin für die von ihr gewählte Alternativroute angeblich maßgeblichen Erwägungsgründe nicht. Es ist objektiv nicht nachzuvollziehen, dass wegen der aufgrund der kurz vorher stattgefundenen Unterleibsoperation fehlenden Übung bzw Schmerzen auch infolge der nach dem letzten Arbeitsunfall im Körper verbliebenen Schraube zwar ein (vermeindlich) sicherer, dafür aber mehr als doppelt so langer Weg gewählt worden sein soll. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass die auf Falk.de für Radfahrer angegebenen Alternativrouten vom Jobcenter zur Wohnadresse der Klägerin ohne bzw unter weitest gehender Außerachtlassung der L. Straße (auch die Klägerin plante diese für ihren Rückweg ja streckenweise ein) Nebenstraßen nutzen, die aber eben mit unter 2 km erheblich kürzer sind. Die Klägerin hat mit Ausnahme ihrer Ersteinlassung, sie haben den Heimweg für eine Radtour nutzen wollen, keine (objektiv) nachvollziehbaren Gründe dafür benannt, warum sie eine derart lange, zunächst die Gegenrichtung zu ihrem Heimweg einschlagende Route gewählt hat. Solche Gründe sind auch anderweitig nicht ersichtlich. Damit fehlt es aber am inneren Zusammenhang zwischen dem Heimweg vom Jobcenter und der konkret getätigten Fahrt bzw dem hierbei geschehenen Unfall. Denn dieser setzt voraus, dass sich die subjektive Handlungstendenz als aufgrund der festgestellten Tatsachen im äußeren Verhalten des Handelnden, so wie es objektiv beobachtbar ist, widerspiegeln (BSG, Urteil vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - RdNr 11 mwN). Die rein subjektive Vorstellung genügt nicht (BSG, Urteil vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - RdNr 22).
(5.) Der Senat konnte sich schließlich nicht davon überzeugen, dass die Klägerin den von ihr eingeschlagenen Heimweg weit ab vom unmittelbaren Weg im dargelegten Sinn aufgrund ihrer fehlenden Ortskenntnisse wählte, sich also verirrt hat. Diese Angabe ließ die Klägerin erstmals im Klageverfahren in das Verfahren einbringen, nachdem sie im Verwaltungsverfahren und im Widerspruchsverfahren noch angab bzw vortragen ließ, ihren Heimweg bewusst abweichend geplant zu haben, um länger Radfahren zu können (so ihre Angabe im Verwaltungsverfahren) bzw um einen Weg mit höherer Verkehrssicherheit nutzen zu können (so der Vortrag ihres Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren). Wenngleich die Klägerin zu Recht darauf hinweisen lässt, dass es keinen allgemeinen Grundsatz gibt, dass immer die Erstangaben von größerem Beweiswert sind (BSG, Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 41/02 R - RdNr 20 zitiert nach juris), kann dies (allein) nicht die Überzeugung des Senats begründen, dass die Klägerin tatsächlich auf dem/einem unmittelbaren Heimweg war und sich (auf diesem Weg) dann verirrt hat. Denn - mit Ausnahme der behaupteten Ortsunkenntnis - stützen die tatsächlichen Angaben der Klägerin über das gesamte Verfahren hinweg gerade nicht den Umstand, dass sie sich verirrt haben könnte. Die Klägerin gab vielmehr zunächst von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf noch unbeeinflusst und auch deshalb für den Senat glaubwürdig an, ihren Heimweg - gleichgültig mit welcher Zielsetzung - bewusst geplant zu haben. Die Klägerin ist dann auch auf dem Weg, den sie nach ihren Angaben im Verwaltungsverfahren bewusst plante, verunglückt. Gründe, aus denen die Klägerin diese Angabe im Verwaltungsverfahren und später im Widerspruchsverfahren fehlerhaft gemacht haben sollte, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
4. Die Kostenentscheidung folgt § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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