L 1 SF 93/18 B

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 21 SF 2145/14 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 SF 93/18 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 24. Oktober 2017 aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung für das Verfahren S 22 AS 2788/11 auf 425,43 EUR festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

Die statthafte und zulässige Beschwerde (vgl. §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes - RVG -) hat in der Sache Erfolg. Das Sozialgericht hat in seinem Beschluss vom 24. Oktober 2017 die Vergütung mit 759,42 EUR zu hoch festgesetzt.

Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG ist in Höhe der um 1/3 reduzierten Mittelgebühr auf 113,33 EUR festzusetzen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war im Vergleich mit den übrigen sozialgerichtlichen Verfahren unterhalb des Durchschnitts. Zwar hat der Beschwerdegegner, obwohl eine konkrete Berechnung der Anspruchshöhe für den Leistungszeitraum vom 1. Dezember 2010 bis 31. Mai 2011 nicht erfolgte, nachdem er standardmäßig die Nichtgewährung von Akteneinsicht gerügt hat, das Begehren der Kläger insoweit ansatzweise individualisiert, als er neben der Nichtbeachtung der Rundungsregelung die Höhe der gewährten Kosten der Unterkunft vor dem Hintergrund der tatsächlichen Warmwasseraufbereitungskosten gerügt hat. Zudem hat er kurz dargelegt, dass aus seiner Sicht keine Grundlage für die Heranziehung eines sonstigen Einkommens des Klägers zu 3.) ersichtlich ist und die Ausführungen zum Mehrbedarf des Klägers zu 3.) nicht nachvollziehbar seien. Ferner ist schriftsätzlich später die Berücksichtigung des Betriebskostenguthabens im Leistungszeitraum thematisiert worden. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass aufgrund der Vielzahl der Verfahren der Kläger im selben Zeitraum ein nicht unerheblicher Synergieeffekt bei der Festsetzung der Höhe der Verfahrensgebühr zu berücksichtigen ist. Dass dieser Synergieeffekt auch den Aufwand in diesem Verfahren gemindert hat, ergibt sich aus dem Hinweis in der Niederschrift über den Verhandlungstermin vom 22. Januar 2014, wonach die Vorsitzende die Beklagtenvertreterin im Hinblick auf die soeben verhandelten Parallelverfahren befragt hat, ob eine gleichartige Erledigung in Betracht kommt. Dies wurde bestätigt und von den Beteiligten allseits auf Erstattung des Sachberichts verzichtet. Ausweislich der Terminsrolle wurden am 24. Januar 2014 drei Verfahren der Kläger verhandelt. Dies belegt das Entstehen von Synergieeffekten in diesen Verfahren. Dies muss sich auch bei der Festsetzung der Höhe der Verfahrensgebühr auswirken. Hinsichtlich der Höhe der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG hat die Beschwerdeführerin die Festsetzung durch das Sozialgericht auf 133,33 EUR nicht beanstandet. Bedenken sind insoweit nicht ersicht-lich.

Im Gegensatz zu den Ausführungen des Sozialgerichts in seinem angegriffenen Beschluss vom 24. Oktober 2017 kann der Beschwerdegegner eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1006, 1005 VV-RVG in Höhe von 190,00 EUR nicht beanspruchen.

Die Entstehung der Erledigungsgebühr setzt nach Nr. 1006 i. V. m. Nr. 1002 VV-RVG voraus, dass sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Die anwaltliche Mitwirkung erfordert dabei nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein qualifiziertes erledigungsgerichtetes Tätigwerden des Rechtsanwalts, das über das Maß desjenigen hinausgeht, welches bereits durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchs- bzw. Klageverfahren abgegolten wird (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14. Februar 2013 - B 14 AS 62/12 R m.w.N., zitiert nach Juris; Hart-mann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, VV 1002 Rn. 9; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 23. Aufl. 2017, VV 1002 Rn. 38). Sie liegt weder bei einer bloßen Rücknahme eines eingelegten Rechtsbehelfs vor, noch bei einer vollständigen Abhilfe der Behörde ohne besondere anwaltliche Aktivität (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Januar 2018 – L 1 SF 51/16 B, zitiert nach Juris).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe lässt sich im vorliegenden Fall keine über die Annahme eines Anerkenntnisses hinausgehende Tätigkeit des Beschwerdegegners feststellen. Chronologisch verhält es sich so, dass die Kläger im Erörterungstermin vom 27. Februar 2013 die Klage für die Monate Januar bis Mai 2011 und für den Kläger zu 3.) auch für Dezember 2010 und damit für den gesamten Klagezeitraum für erledigt erklärt haben. Der Sache nach handelte es sich dabei um eine teilweise Klagerücknahme. Dies wird besonders deutlich hinsichtlich des verfolgten Anspruchs des Klägers zu 3.) für den Monat Dezember 2010. Insoweit ergibt sich aus den Ausführungen in der Niederschrift, dass der Prozessbevollmächtigte der Kläger selbst von einer Überzahlung für diesen Monat ausging. Hinsichtlich des noch ausstehenden Rechtsstreits erklärte das beklagte Jobcenter in der mündlichen Verhandlung vom 22. Januar 2014 ein vollständiges Anerkenntnis und verpflichtete sich 72,26 EUR für Dezember 2010 an die Kläger zu 1.) und 2.) nachzuzahlen. Damit liegt ein volles Anerkenntnis hinsichtlich des verbleibenden Rechtstreits vor. Zugleich hat die Beklagte sich verpflichtet, die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1.) bis 3.) zu 1/3 zu übernehmen. Der Beschwerdegegner hat Namens der Kläger das Anerkenntnis angenommen und den Rechtsstreit vollständig für erledigt erklärt. Unerheblich ist, inwieweit die Beteiligten sich auch über die Frage der Kostentragung verständigt haben. Denn nach der Rechtsprechung des Senats führt allein die Nichteinigung über die Kosten des Verfahrens nicht zu einem Teilanerkenntnis. Entscheidend für das Entstehen der Gebühr ist allein die Erledigung in der Hauptsache, die wiederum eine qualifizierte Mitwirkung des Rechtsanwalts voraussetzt, ein verbleibender Streit über die Kosten, der hier nicht entstehen konnte, ist unschädlich (Senatsbeschluss vom 11. Januar 2018, L 1 SF 51/16 B, zitiert nach Juris). Eine qualifizierte Mitwirkung des Beschwerdegegners an der Erledigung des Rechtsstreits kann damit nicht festgestellt werden. Dieses Ergebnis entspricht auch dem Sinn des Gesetzes. Denn die Erledigungsgebühr soll belohnen, dass dem Gericht die Mühen für die Abfassung eines Urteils erspart bleiben.

Damit errechnet sich die Vergütung des Beschwerdegegners wie folgt:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 113,33 EUR Erhöhungsgebühr für weitere 2 Auftraggeber 68,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 133,33 EUR Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld 27.02.2013 5,57 EUR Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld 22.01.2014 17,27 EUR Auslagenpauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG 67,93 EUR Gesamtanspruch 425,43 EUR

Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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