Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 21 R 1410/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 R 793/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 10.7.2017 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der im Februar 1968 geborene Kläger hat nach dem Besuch der Hauptschule zunächst eine Lehre zum Dachdecker durchlaufen (ohne Abschluss) und wurde von 1993 bis 1995 erfolgreich zum Tischler ausgebildet (Gesellenprüfung am 14.7.1995). Er war von August 1985 bis August 1999 - mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - versicherungspflichtig beschäftigt, anschließend bezog er im Wesentlichen Sozialleistungen und Entgelt aus einer nicht versicherungspflichtigen, geringfügigen Beschäftigung als Taxifahrer. Von 2000 bis 2002 erwarb er nachträglich einen Realschulabschluss und anschließend im Juni 2005 die Fachhochschulreife. Vom 1.7.2005 bis zum 31.10.2006 bezog er Arbeitslosengeld II.
Durch Urteil des Amtsgerichts Essen vom 00.00.2006 wurde der Kläger wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Durch (weiteres) Urteil des Landgerichts Essen vom 00.00.2006 (rechtskräftig seit dem 00.00.2007) wurde er wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt, gleichzeitig wurde die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus als Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet. Dem lag ein Gutachten des Psychiaters P aus M zugrunde, der eine" emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline - Typ" diagnostizierte und als sonstige "schwere seelische Abartigkeit" bewertete; es bestehe auch künftig die Gefahr, dass der Kläger weitere ähnliche, erhebliche, für die Allgemeinheit gefährdende Straftaten begehe (Gutachten vom 00.00.2006).
Seit dem 00.00.2007 befindet sich der Kläger im unbefristeten geschlossenen Maßregelvollzug in einem psychiatrischen Krankenhaus, zunächst in der LVR-Klinik C, seit Mai 2018 in der LVR-Klinik E. Er nimmt dort an einer Arbeitstherapie in einer Holzwerkstatt ("AT Holz") teil. Seine Einkünfte bestehen aus einem geringen Taschengeld zuzüglich einer geringfügigen Belohnung aus der Arbeitstherapie, die zur Hälfte auf ein Überbrückungsgeldkonto angespart werden muss. In späteren Gutachten zur Prognose und weiteren Unterbringungsbedürftigkeit werden anstelle der früheren Diagnose die (Verdachts-)Diagnose einer "Persönlichkeitsstörung mit prädominant narzisstischen und dissozialen Anteilen" (Gutachten nach Aktenlage des Psychiaters Dr. I aus E vom 00.00.2010) bzw. die Diagnose "psychopathologische Auffälligkeiten unterhalb der Schwelle einer kombinierten Persönlichkeitsstörung" (Gutachten des Psychiaters Prof. Dr. Q aus V vom 00.00.2013) gestellt.
Im April 2015 beantragte der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab März 2007, da ihm im geschlossenen Bereich des Hochsicherheitstraktes trotz Taxischeins und abgeschlossener Berufsausbildung als Tischler keine Arbeit, sondern nur Arbeitstherapie angeboten werde. Die Beklagte zog einen Befundbericht der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie T/LVR Klinik C bei, in dem diese als Diagnose eine "sonstige spezifische Persönlichkeitsstörung im Sinne einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung" mitteilte. Es liege eine tiefgreifende Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ vor, verbunden mit einem chronischen Gefühl der inneren Leere. Eine Besserung der Leistungsfähigkeit sei nicht möglich (Befundbericht vom 00.00.2015). Der von der Beklagten als Gutachter eingeschaltete Arzt für Innere Medizin Dr. L aus L kam nach Lage der Akten zu dem Ergebnis, beim Kläger ergäben sich keine Hinweise für eine hochgradige leistungsmindernde Funktionsstörung. Es sei ein Restleistungsvermögen für körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten unter Einschränkung von über 6 Stunden arbeitstäglich anzunehmen (Gutachten nach Aktenlage vom 00.00.2015).
Die Beklagte stellte zunächst in einem Versicherungsverlauf die für den Kläger bis zum 00.00.2008 gespeicherten rentenrechtlichen Daten fest und entschied ausdrücklich, dass die Schulzeit vom 00.9.2000 bis zum 00.6.2002 nicht zu berücksichtigen sei, weil sie nach Vollendung des 25. Lebensjahres liege und der Zeitraum mit (von der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten) Pflichtbeitragszeiten belegt sei (Bescheid vom 00.00.2015, gestützt auf § 149 Abs. 5 SGB VI). Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, die Schulzeit vom 00.09.2000 bis zum 00.06.2002 müsse trotz der bezogenen Sozialleistungen mitberücksichtigt werden, da sich dadurch die Regelaltersrente entsprechend erhöhte. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 00.00.2015).
Den Rentenantrag lehnte die Beklagte ab, weil der Kläger die "besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen" nicht erfülle. Dies beruhe darauf, dass im Versicherungskonto die Mindestzahl von 36 Monaten Pflichtbeiträgen in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung nicht enthalten sei. Der Zeitraum von April 2010 bis April 2015 weise keinen Monat mit Pflichtbeiträgen auf, überdies sei der Kläger nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen auch nicht erwerbsgemindert (Bescheid vom 00.00.2015). Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, er habe den Antrag auf "Erwerbsunfähigkeitsrente" unabhängig von seinem physischen und geistigen Zustand gestellt. Obwohl seine Leistungsfähigkeit im Berufsleben vollständig erhalten geblieben sei, müsse er intern an der Arbeitstherapie teilnehmen. Durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Maßregelvollzugs stehe er nicht für den freien Arbeitsmarkt zu zur Verfügung und sei deshalb erwerbsunfähig. Ihm stehe allein wegen der Zwangsunterbringung ab dem 00.00.2007 Erwerbsunfähigkeitsrente zu. Die Beklagte wies den Widerspruch aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (Widerspruchsbescheid vom 00.00.2015).
Am 23.12.2015 hat der Kläger gegen beide Widerspruchsbescheide Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Da er sich seit seiner Unterbringung im geschlossenen Maßregelvollzug - in einem Krankenhaus - befinde, und ihm nur Arbeitstherapie (zur Behandlung einer Störung) angeboten werden, stehe ihm eine Erwerbsunfähigkeitsrente rückwirkend ab dem 00.00.2007 zu. Tatsächlich sei seine Leistungsfähigkeit vollständig erhalten, ihm werde aber keine herkömmliche Arbeit angeboten. Deshalb sei er "institutionell erwerbsunfähig". Nach der Entlassung aus dem Maßregelvollzug dürfe die Rente wieder entzogen werden. Seine Bemühungen, im Maßregelvollzug sozialversicherungspflichtig arbeiten zu dürfen, seien bislang (auch auf dem Rechtsweg) ohne Erfolg geblieben. Werde ihm aber die Möglichkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, nicht eingeräumt, sei er allein deshalb erwerbsgemindert.
Die Beklagte hat ihre Entscheidung weiter für rechtmäßig gehalten und mitgeteilt, der Kläger habe (nur) Zugang zu der streitigen Rente, wenn der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung spätestens im November 2008 eingetreten ist.
Das Sozialgericht (SG) hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt (Beschluss vom 23.6.2016, bestätigt durch Beschluss des erkennenden Senats vom 7.11.2016). Es hat außerdem das Verfahren betreffend die Vormerkung der Zeit vom 00.00.2000 bis zum 00.00.2002 abgetrennt (Beschluss vom 29.6.2017) und die Klage im Übrigen - nach Anhörung der Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid - abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 10.7.2017, dem Kläger bekannt gegeben am 14.7.2017).
Mit seiner Berufung noch im Juli 2017 eingelegten hat der Kläger weiter Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begehrt und zur Begründung erneut darauf hingewiesen, dass ihm im geschlossenen Maßregelvollzug lediglich Arbeitstherapie, nicht jedoch freie Arbeit angeboten werde. Ihm stehe die Rente wegen institutioneller Erwerbsunfähigkeit zu, weil ihm keine konventionelle Arbeit möglich sei und dadurch Altersrentenansprüche gemindert werden. Ein Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden arbeitstäglich sei bei ihm vorhanden, er dürfe gleichwohl lediglich eine Arbeitstherapie in einer Holzwerkstatt verrichten. Er verlange dafür eine anständige Bezahlung oder eine Rente wegen Erwerbsminderung, wenigstens müssten für ihn Pflichtbeiträge entrichtet werden.
Der Kläger ist vom Termin zur mündlichen Verhandlung ausweislich der bei den Akten befindlichen Zustellungsurkunde am 28.2.2019 mit dem Hinweis benachrichtigt worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne. Auf seinen daraufhin gestellten Antrag, ihm die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung zu ermöglichen, hat der Senat darauf hingewiesen, dass er das persönliche Erscheinen des Klägers aufgrund der ausführlichen schriftlichen Korrespondenz nicht für erforderlich halte und deshalb auch nicht angeordnet habe. Am Tag vor dem Termin hat sich für den Kläger seine Verlobte unter Vorlage einer Vollmacht gemeldet und angeregt, das Verfahren dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorzulegen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist für den Kläger niemand erschienen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidung weiter für rechtmäßig und den angefochtenen Gerichtsbescheid für richtig.
Der Senat hat die Berufung dem Berichterstatter übertragen (Beschluss vom 1.12.2017).
Auf Anfrage des Senats hat die Direktorin des Landschaftsverbandes Rheinland als untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde in der LVR-Klinik C mitgeteilt, dass Arbeitstherapie den therapeutischen Einsatz von Arbeit bedeute und je nach Therapiefortschritt gestaltet werde. Sie werde ärztlich verordnet und sei Teil des Behandlungsplans. Um den speziellen Bedingungen von Patientinnen und Patienten in Maßregelvollzug gerecht zu werden gebe es zusätzlich zur Arbeitstherapie das Angebot der realitätsorientierten Arbeitstherapie, welches der Heranführung an die Bedingungen einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt diene. Die Patientinnen und Patienten, die im Rahmen einer solchen realitätsorientierten Arbeitstherapie tätig sind, erhielten zwei freie Tage im Monat, die vergütet werden. Darüber hinaus haben Patientinnen und Patienten im Maßregelvollzug zur Wiedereingliederung bei Vorliegen der Voraussetzungen die Möglichkeit, einer Arbeitstätigkeit außerhalb der Einrichtung nachzugehen, die den Bedingungen des Arbeitsmarktes unterliege. Die Voraussetzungen für eine Teilnahme an der realitätsorientierten Arbeitstherapie oder für eine Arbeitstätigkeit außerhalb der Einrichtung lägen beim Kläger aufgrund des Behandlungstandes derzeit nicht vor (Stellungnahme des Fachbereichsarztes Forensik Dr. L1 vom 1.3.2018). Eine ärztliche Stellungnahme der den Kläger in der LVR Klinik E behandelnden Ärzte konnte nicht eingeholt werden, weil der Kläger diese Ärzte nicht von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden hat.
Der Senat hat den Kläger in mehreren richterlichen Verfügungen u. a. darauf hingewiesen, dass eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nur bei wegen Krankheit oder Behinderung eingeschränktem Leistungsvermögen in Betracht komme, und ihn außerdem auf die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ((BSG), Urteil vom 25.5.2018, Aktenzeichen (Az) B 13 R 30/17 R und Urteil vom 4.9.2018, Az B 12 KR 18/17 R) aufmerksam gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
A. I. Der Senat kann trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden. Denn der Kläger ist in der ordnungsgemäß erfolgten Ladung (§§ 63 Abs. 1 Satz 2 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 166, 182 Zivilprozessordnung) auf diese Möglichkeit hingewiesen worden, § 62 SGG. Auch sonst ist ihm im Zuge des schriftlichen Verfahrens ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Dass etwa nur im Rahmen einer mündlichen Verhandlung sinnvoll zur Sache hätte vorgetragen werden können, ist weder behauptet noch ersichtlich.
Der Senat kann durch die sog. kleine Richterbank (1 Berufsrichter als Vorsitzender, 2 ehrenamtliche Richter) entscheiden, weil das SG durch Gerichtsbescheid entschieden und der Senat die Berufung wirksam dem Berichterstatter übertragen hat, § 153 Abs 5 SGG. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist (ausschließlich) der Bescheid vom 19.6.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.12.2015 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte abgelehnt, Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit (frühere, bis zum 31.12.2000 maßgebliche Bezeichnung: Rente wegen Erwerbsunfähigkeit) zu gewähren. Nur gegen diese Ablehnung wendet sich der Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren. Soweit er dabei auch auf den aus seiner Sicht unrechtmäßigen, unbefriedigenden Zustand des unbefristet fortdauernden Maßregelvollzugs hinweist, ist ihm durchaus klar, dass er Veränderungen nur im dafür vorgesehenen (und von ihm auch in Anspruch genommenen) ordentlichen Rechtsweg erreichen könnte. Er führt seine fortdauernde Unterbringung folgerichtig nur als (aus seiner Sicht) wesentliches Argument für das Bestehen eines Rentenanspruchs an.
II. Die Berufung ist unbegründet.
Das SG hat die auf Rente wegen (voller, hilfsweise teilweiser) Erwerbsminderung gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 19.6.2015 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.12.2015) ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen (voller oder teilweiser) Erwerbsminderung.
Gemäß § 43 Abs 2 S 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
1. Der Kläger hat die allgemeine Wartezeit erfüllt, weil er ausweislich des (insoweit bestandskräftig gewordenen) Vormerkungsbescheides vom 15.6.2015 fünf Jahre mit Beitragszeiten hat, §§ 50 Abs 1 S 1, 51 Abs 1 SGB VI.
2. Der Kläger hat für den von ihm behaupteten Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung (15.3.2007) auch in den letzten fünf vorangehenden Jahren 3 Jahre mit Pflichtbeitragszeiten, zuletzt wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II bis zum 31.10.2006. Die Beklagten bestätigt zu Recht, dass diese (Zugangs-)Voraussetzung zur streitigen Rente bis einschließlich November 2008 vorlag. Dies ergibt sich aus dem (insoweit bestandskräftigen) Feststellungs- (Vormerkungs-)Bescheid vom 15.6.2015.
3. Der Kläger war aber weder zu dem von ihm behaupteten, noch zu einem anderen, späteren Zeitpunkt voll erwerbsgemindert und ist es auch bislang nicht.
a. Voll erwerbsgemindert sind zunächst Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, § 43 Abs 2 S 2 SGB VI.
b. Voll erwerbsgemindert ist außerdem, wer (nur) teilweise erwerbsgemindert ist, wenn ihm ein Teilzeitarbeitsplatz nicht zu Verfügung steht und auch vom Rentenversicherungsträger nicht angeboten werden kann. Das BSG hat insofern die gesetzlichen Vorgaben durch Richterrecht zum Teil ergänzt (BSGE 43,75 = SozR 2200 § 1246 Nr 13). Diese Rechtsprechung betrifft Versicherte, die gesundheitsbedingt in einem zumutbaren Beruf nicht mehr mindestens sechs Stunden einsetzbar, aber zu Teilzeitarbeit von 3 bis unter sechs Stunden täglich fähig sind. Für diesen Personenkreis hat das BSG den Versicherungsschutz der gesetzlichen Rentenversicherung erweitert und neben das gesetzlich versicherte Gut der Erwerbsfähigkeit dasjenige der Erwerbsmöglichkeit gestellt und damit die gesetzlich versicherten Risiken der Krankheit und Behinderung um dasjenige der Unvermittelbarkeit auf dem (Teilzeit-)Arbeitsmarkt im jeweiligen Antragszeitraum (sog jeweilige Arbeitsmarktlage) ergänzt. Außerdem hat es die Anspruchsschwelle dadurch gesenkt, dass diese auch schon dann überschritten sein kann, wenn der Versicherte einen zumutbaren Beruf in zeitlicher Hinsicht nur unter sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Diese Anspruchsschwelle ist überschritten, falls dem Versicherten binnen eines Jahres kein geeigneter und freier (Teilzeit-)Arbeitsplatz in einem zumutbaren Beruf angeboten wird; dann ist eine sog. Arbeitsmarktrente in der Form und (im Übrigen) nach den Regeln einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bewilligen (BSGE 78, 207 ff = SozR 3-2600 § 43 Nr 13; BSG SozR 3-2200 § 1276 Nr 3). Teilweise erwerbsgemindert ist, wer aus den zur vollen Erwerbsminderung angeführten Gründen (also wegen Krankheit oder Behinderung) außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, § 43 Abs 1 S 2 SGB VI.
c. Voll erwerbsgemindert ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urt v 19.10.2011, Az B 13 R 78/09 R = BSGE 109, 189ff = SozR 4-2600 § 43 Nr 16 Rn 27ff; BSG, Urt v 9.5.2012, Az B 5 R 68/11 R = SozR 4-2600 § 43 Nr 18 Rn 17ff, jeweils mit zahlreichen wN) außerdem, wer trotz erhaltenen 6-stündigen (= vollschichtigen) Leistungsvermögens wegen Krankheit oder Behinderung nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann (unwiderleglich vermutete Verschlossenheit des Arbeitsmarktes).
d. Voll erwerbsgemindert ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG Urt v 19.10.2011, Az B 13 R 78/09 R = BSGE 109, 189ff = SozR 4-2600 § 43 Nr 16, Rn 33ff und Urt v 9.5.2012, Az B 5 R 68/11 R = SozR 4-2600 § 43 Nr 18 Rn 24ff, jeweils mit zahlreichen wN) schließlich, wer bei erhaltenem vollschichtigem Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wegen der Ungewöhnlichkeit oder der Schwere seiner auf Krankheit oder Behinderungen beruhenden Leistungseinschränkungen von einer Vielzahl leichter, ungelernter Tätigkeiten des allgemeines Arbeitsmarktes ausgeschlossen ist, wenn ihm die Beklagte keine konkrete, arbeitsmarktgängige Tätigkeit benennen kann, die er mit seinem Restleistungsvermögen noch verrichten kann (widerlegliche Vermutung der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes).
e. Alle vier genannten Alternativen setzen voraus, dass Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung außerstande sind, ihr (Rest-)Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu Erwerbszwecken gewinnbringend einzusetzen (zu dieser Kausalität: BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 18 Rn 16). Daran fehlt es beim Kläger.
aa. Der Kläger ist nicht wegen einer bei ihm im Zeitpunkt der Anordnung des Maßregelvollzugs vorliegenden oder später (bis November 2008) aufgetretenen und fortbestehenden gravierenden psychischen Krankheit außerstande, zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein, und deshalb (voll) erwerbsgemindert. Dabei kann dahinstehen, ob beim Kläger bereits damals eine solche, bis heute fortbestehende schwere psychische Erkrankung (wie die Gutachter P und Dr. I und die Ärztin T - anders wohl der Gutachter Prof. Dr. Q - annehmen) vorliegt und wie diese genau diagnostisch einzuordnen ist. Der Vortrag des Klägers dazu ist nicht widerspruchsfrei. Er behauptet einerseits, er sei noch vollschichtig leistungsfähig und lediglich zu Unrecht weiter im geschlossenen Maßregelvollzug, und weist andererseits darauf hin, dass ihm nur "Arbeitstherapie" angeboten werde, er also offenbar (wegen Krankheit) behandelt werden müsse. Weitere Ermittlungen zu Art und Ausmaß seiner Krankheit nach §§ 103, 106 SGG sind dadurch erschwert, dass der Kläger seine aktuell behandelnden Ärzte der LVR - Klinik E nicht von der Schweigepflicht entbunden und die Gutachten der - die Fortdauer des Maßregelvollzugs befürwortenden - Sachverständigen Prof. Dr. T1 und Prof. Dr. M1 nicht vorgelegt hat. Sie sind aber auch nicht notwendig. Es kann sogar unterstellt werden, dass beim Kläger seit 2006 eine schwere psychiatrische Krankheit vorliegt, etwa eine Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ oder eine sonstige schwere Persönlichkeitsstörung. Eine solche schwere psychiatrische Erkrankung ist nämlich nicht im Rechtssinne wesentlich ursächlich dafür, dass der Kläger außerstande ist, erwerbstätig zu sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie - wie hier - dazu geführt hat, dass wegen der aus der Krankheit folgenden Gefährlichkeit für die Allgemeinheit der geschlossene Maßregelvollzug angeordnet worden ist. In einem solchen Fall ist im Rahmen einer rechtlich wertenden Betrachtung die (allein oder überwiegend) wesentliche Ursache für die faktische Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht die Krankheit, sondern die wegen der daraus folgenden Gefährlichkeit für die Allgemeinheit erfolgte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (BSG, Urt v 25.5.2018, Az B 13 R 30/17 R = SozR 4-2600 § 43 Nr 21 Rn 16-21). Diese Unterbringung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit ist die rechtlich erlaubte Reaktion des Staates auf eine (uU auch nicht krankheitsbedingte) abstrakte Gefährlichkeit eines Straftäters und die rechtlich allein wesentliche Bedingung für den gleichzeitig fehlenden Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt (BSG. AaO. Rn 19f). Diese rechtliche Bewertung besagt, dass die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus als Vollzug einer Maßregel der Sicherung und Besserung auch dann allein wesentliche Bedingung dafür ist, dass der Untergebrachte nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein kann, wenn sie auf einer psychischen Krankheit beruht, die - für sich genommen - uU zu dem gleichen Ergebnis führte. Das bedeutet, dass die zum Schutz der Allgemeinheit erfolgte Unterbringung in einem solchen Fall derart im Vordergrund steht, dass die Bedeutung der Krankheit dahinter zurücktritt. Das aus der Krankheit des Klägers für die Versichertengemeinschaft folgende Risiko hat sich in einem solchen Fall nicht verwirklicht. Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Auslegung der Anspruchsnorm. Insbesondere wird durch dieses Rechtsverständnis der Zugang zur streitigen Rente wegen Erwerbsminderung nicht in verfassungsrechtlich erheblicher Weise erschwert. Zwar trifft zu, dass Art 14 Abs 1 des GG als "Eigentum" auch durch eigene Beiträge begründete Rentenanwartschaften schützt (BVerfGE 53, 257ff, 290; 58, 81ff, 109; 69, 272ff, 300 f; 100, 1ff, 32; vgl zuletzt Beschl vom 23.5.2018, Az 1 BvR 97/14). Indes wird dieser Schutz durch § 43 SGB VI in der oben aufgezeigten Auslegung durch das Bundessozialgericht (SozR 4-2600 § 43 Nr 21 Rn 16-21) zulässig beschränkt. § 43 SGB VI bestimmt in dieser Auslegung schon deshalb zulässig die Schranken des Eigentumsrechts, weil sich kein Risiko verwirklicht hat, für das die gesetzliche Rentenversicherung systemkonform einzustehen hätte. Der Zugang zur Rente wegen Erwerbsminderung wird durch diese Auslegung des § 43 SGB VI im Ergebnis wirksam (mittelbar) durch das vorrangige Rechtsgut des (vom Staat zu garantierenden) Schutzes der Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern beschränkt.
Weitere für die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben bedeutsame Krankheiten oder Behinderungen des Klägers sind weder behauptet noch ersichtlich.
bb. Soweit der Kläger die Rente beansprucht, weil ihm während des Maßregelvollzugs keine rentenversicherungspflichtige "herkömmliche" Erwerbstätigkeit angeboten wird und er sich deshalb für "institutionell erwerbsunfähig" hält, beruht diese "Erwerbsunfähigkeit" selbst nach dem Vorbringen des Klägers nicht auf Krankheit oder Behinderung, sondern auf - aus seiner Sicht - strukturellen Unzulänglichkeiten des Maßregelvollzugs (vgl dazu den den Beteiligten im Wortlaut bereits vorliegenden Beschluss des Senats vom Beschluss vom 7.11.2016, Az L 18 R 631/16 B). Der Kläger bemängelt insoweit, dass die fehlende rentenrechtlicher Berücksichtigung der im Maßregelvollzug verbrachten Zeit (mittelbar) Altersarmut begünstigt und er dadurch zusätzlich "bestraft" werde. Mit dieser Sichtweise korrespondiert sein Vorbringen, die Rente könne nach Ende des Maßregelvollzugs wieder entzogen werden.
Hiermit berührt der Kläger die Frage der rentenrechtlichen Beurteilung und Bewertung von Zeiten in Strafhaft oder im Maßregelvollzug. Soweit er meint, seine produktive Tätigkeit im Rahmen einer Arbeitstherapie müsse rentenrechtlich berücksichtigt werden, sei es, dass Pflichtbeiträge zu entrichten sind, sei es, dass die Zeiten als Anrechnungszeiten vorzumerken oder sonst zu berücksichtigen sind, ist sein Vorbringen schon deshalb nicht erheblich, weil der streitige Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bereits dem Grunde nach nicht besteht. Aber dieses Vorbringen käme nach geltendem Recht ohnehin nicht zum Tragen, weil dort eine rentenrechtliche Berücksichtigung von Zeiten der Arbeitstherapie im Straf- oder Maßregelvollzug nicht vorgesehen ist (vgl. dazu im Einzelnen BSG, Urt v 4.9.2018, Az B 12 KR 18/17 R = SozR -4-2400 § 7 Nr 39 Rn 9ff). Insbesondere führt eine Arbeitstherapie weder nach dem Strafvollzugsgesetz noch unmittelbar nach dem SGB VI zu einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, weil es sich bei der Arbeitstherapie nicht um ein Beschäftigungsverhältnis handelt (BSG. AaO. Rn 10ff). Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BSG. AaO unter Hinweis auf BVerfGE 98,169ff). Die im Strafvollzugsgesetz (StVollzG) vom 16.3.1976 dazu vorgesehenen, für den Kläger einschlägigen Regelungen in § 190 Nrn 1 und 13 sind bislang nicht geltendes Recht geworden, weil sie bis heute nicht gemäß § 198 Abs 3 StVollzG durch ein besonderes Bundesgesetz in Kraft gesetzt worden sind.
Es kann dahinstehen, ob gegen die fehlende rechtliche Berücksichtigung von Zeiten des Maßregelvollzugs deshalb verfassungsrechtliche Bedenken (etwa aus Art 12 Abs 1, 14 Abs 1, 3 Abs 1 oder 2 Abs 1 GG) bestehen, weil der Kläger von der Teilhabe am allgemeinen Arbeitsleben und damit auch vom Aufbau von Rentenanwartschaften (generell oder aufgrund des individuellen "Behandlungsstands") ausgeschlossen wird. Solche Bedenken berühren hier nach der zuvor gegebenen Begründung nicht den streitigen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Schon deshalb kommt die angeregte Einschaltung eines europäischen Gerichts in diesem Verfahren nicht in Betracht.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 S 1, 193 Abs 1 SGG.
C. Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung, weil die maßgeblichen Rechtsfragen bereits höchstrichterlich geklärt sind und die Entscheidung im Übrigen auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht.
Tatbestand:
Streitig ist Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der im Februar 1968 geborene Kläger hat nach dem Besuch der Hauptschule zunächst eine Lehre zum Dachdecker durchlaufen (ohne Abschluss) und wurde von 1993 bis 1995 erfolgreich zum Tischler ausgebildet (Gesellenprüfung am 14.7.1995). Er war von August 1985 bis August 1999 - mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - versicherungspflichtig beschäftigt, anschließend bezog er im Wesentlichen Sozialleistungen und Entgelt aus einer nicht versicherungspflichtigen, geringfügigen Beschäftigung als Taxifahrer. Von 2000 bis 2002 erwarb er nachträglich einen Realschulabschluss und anschließend im Juni 2005 die Fachhochschulreife. Vom 1.7.2005 bis zum 31.10.2006 bezog er Arbeitslosengeld II.
Durch Urteil des Amtsgerichts Essen vom 00.00.2006 wurde der Kläger wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Durch (weiteres) Urteil des Landgerichts Essen vom 00.00.2006 (rechtskräftig seit dem 00.00.2007) wurde er wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt, gleichzeitig wurde die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus als Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet. Dem lag ein Gutachten des Psychiaters P aus M zugrunde, der eine" emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline - Typ" diagnostizierte und als sonstige "schwere seelische Abartigkeit" bewertete; es bestehe auch künftig die Gefahr, dass der Kläger weitere ähnliche, erhebliche, für die Allgemeinheit gefährdende Straftaten begehe (Gutachten vom 00.00.2006).
Seit dem 00.00.2007 befindet sich der Kläger im unbefristeten geschlossenen Maßregelvollzug in einem psychiatrischen Krankenhaus, zunächst in der LVR-Klinik C, seit Mai 2018 in der LVR-Klinik E. Er nimmt dort an einer Arbeitstherapie in einer Holzwerkstatt ("AT Holz") teil. Seine Einkünfte bestehen aus einem geringen Taschengeld zuzüglich einer geringfügigen Belohnung aus der Arbeitstherapie, die zur Hälfte auf ein Überbrückungsgeldkonto angespart werden muss. In späteren Gutachten zur Prognose und weiteren Unterbringungsbedürftigkeit werden anstelle der früheren Diagnose die (Verdachts-)Diagnose einer "Persönlichkeitsstörung mit prädominant narzisstischen und dissozialen Anteilen" (Gutachten nach Aktenlage des Psychiaters Dr. I aus E vom 00.00.2010) bzw. die Diagnose "psychopathologische Auffälligkeiten unterhalb der Schwelle einer kombinierten Persönlichkeitsstörung" (Gutachten des Psychiaters Prof. Dr. Q aus V vom 00.00.2013) gestellt.
Im April 2015 beantragte der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab März 2007, da ihm im geschlossenen Bereich des Hochsicherheitstraktes trotz Taxischeins und abgeschlossener Berufsausbildung als Tischler keine Arbeit, sondern nur Arbeitstherapie angeboten werde. Die Beklagte zog einen Befundbericht der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie T/LVR Klinik C bei, in dem diese als Diagnose eine "sonstige spezifische Persönlichkeitsstörung im Sinne einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung" mitteilte. Es liege eine tiefgreifende Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ vor, verbunden mit einem chronischen Gefühl der inneren Leere. Eine Besserung der Leistungsfähigkeit sei nicht möglich (Befundbericht vom 00.00.2015). Der von der Beklagten als Gutachter eingeschaltete Arzt für Innere Medizin Dr. L aus L kam nach Lage der Akten zu dem Ergebnis, beim Kläger ergäben sich keine Hinweise für eine hochgradige leistungsmindernde Funktionsstörung. Es sei ein Restleistungsvermögen für körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten unter Einschränkung von über 6 Stunden arbeitstäglich anzunehmen (Gutachten nach Aktenlage vom 00.00.2015).
Die Beklagte stellte zunächst in einem Versicherungsverlauf die für den Kläger bis zum 00.00.2008 gespeicherten rentenrechtlichen Daten fest und entschied ausdrücklich, dass die Schulzeit vom 00.9.2000 bis zum 00.6.2002 nicht zu berücksichtigen sei, weil sie nach Vollendung des 25. Lebensjahres liege und der Zeitraum mit (von der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten) Pflichtbeitragszeiten belegt sei (Bescheid vom 00.00.2015, gestützt auf § 149 Abs. 5 SGB VI). Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, die Schulzeit vom 00.09.2000 bis zum 00.06.2002 müsse trotz der bezogenen Sozialleistungen mitberücksichtigt werden, da sich dadurch die Regelaltersrente entsprechend erhöhte. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 00.00.2015).
Den Rentenantrag lehnte die Beklagte ab, weil der Kläger die "besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen" nicht erfülle. Dies beruhe darauf, dass im Versicherungskonto die Mindestzahl von 36 Monaten Pflichtbeiträgen in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung nicht enthalten sei. Der Zeitraum von April 2010 bis April 2015 weise keinen Monat mit Pflichtbeiträgen auf, überdies sei der Kläger nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen auch nicht erwerbsgemindert (Bescheid vom 00.00.2015). Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, er habe den Antrag auf "Erwerbsunfähigkeitsrente" unabhängig von seinem physischen und geistigen Zustand gestellt. Obwohl seine Leistungsfähigkeit im Berufsleben vollständig erhalten geblieben sei, müsse er intern an der Arbeitstherapie teilnehmen. Durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Maßregelvollzugs stehe er nicht für den freien Arbeitsmarkt zu zur Verfügung und sei deshalb erwerbsunfähig. Ihm stehe allein wegen der Zwangsunterbringung ab dem 00.00.2007 Erwerbsunfähigkeitsrente zu. Die Beklagte wies den Widerspruch aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (Widerspruchsbescheid vom 00.00.2015).
Am 23.12.2015 hat der Kläger gegen beide Widerspruchsbescheide Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Da er sich seit seiner Unterbringung im geschlossenen Maßregelvollzug - in einem Krankenhaus - befinde, und ihm nur Arbeitstherapie (zur Behandlung einer Störung) angeboten werden, stehe ihm eine Erwerbsunfähigkeitsrente rückwirkend ab dem 00.00.2007 zu. Tatsächlich sei seine Leistungsfähigkeit vollständig erhalten, ihm werde aber keine herkömmliche Arbeit angeboten. Deshalb sei er "institutionell erwerbsunfähig". Nach der Entlassung aus dem Maßregelvollzug dürfe die Rente wieder entzogen werden. Seine Bemühungen, im Maßregelvollzug sozialversicherungspflichtig arbeiten zu dürfen, seien bislang (auch auf dem Rechtsweg) ohne Erfolg geblieben. Werde ihm aber die Möglichkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, nicht eingeräumt, sei er allein deshalb erwerbsgemindert.
Die Beklagte hat ihre Entscheidung weiter für rechtmäßig gehalten und mitgeteilt, der Kläger habe (nur) Zugang zu der streitigen Rente, wenn der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung spätestens im November 2008 eingetreten ist.
Das Sozialgericht (SG) hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt (Beschluss vom 23.6.2016, bestätigt durch Beschluss des erkennenden Senats vom 7.11.2016). Es hat außerdem das Verfahren betreffend die Vormerkung der Zeit vom 00.00.2000 bis zum 00.00.2002 abgetrennt (Beschluss vom 29.6.2017) und die Klage im Übrigen - nach Anhörung der Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid - abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 10.7.2017, dem Kläger bekannt gegeben am 14.7.2017).
Mit seiner Berufung noch im Juli 2017 eingelegten hat der Kläger weiter Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begehrt und zur Begründung erneut darauf hingewiesen, dass ihm im geschlossenen Maßregelvollzug lediglich Arbeitstherapie, nicht jedoch freie Arbeit angeboten werde. Ihm stehe die Rente wegen institutioneller Erwerbsunfähigkeit zu, weil ihm keine konventionelle Arbeit möglich sei und dadurch Altersrentenansprüche gemindert werden. Ein Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden arbeitstäglich sei bei ihm vorhanden, er dürfe gleichwohl lediglich eine Arbeitstherapie in einer Holzwerkstatt verrichten. Er verlange dafür eine anständige Bezahlung oder eine Rente wegen Erwerbsminderung, wenigstens müssten für ihn Pflichtbeiträge entrichtet werden.
Der Kläger ist vom Termin zur mündlichen Verhandlung ausweislich der bei den Akten befindlichen Zustellungsurkunde am 28.2.2019 mit dem Hinweis benachrichtigt worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne. Auf seinen daraufhin gestellten Antrag, ihm die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung zu ermöglichen, hat der Senat darauf hingewiesen, dass er das persönliche Erscheinen des Klägers aufgrund der ausführlichen schriftlichen Korrespondenz nicht für erforderlich halte und deshalb auch nicht angeordnet habe. Am Tag vor dem Termin hat sich für den Kläger seine Verlobte unter Vorlage einer Vollmacht gemeldet und angeregt, das Verfahren dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorzulegen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist für den Kläger niemand erschienen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidung weiter für rechtmäßig und den angefochtenen Gerichtsbescheid für richtig.
Der Senat hat die Berufung dem Berichterstatter übertragen (Beschluss vom 1.12.2017).
Auf Anfrage des Senats hat die Direktorin des Landschaftsverbandes Rheinland als untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde in der LVR-Klinik C mitgeteilt, dass Arbeitstherapie den therapeutischen Einsatz von Arbeit bedeute und je nach Therapiefortschritt gestaltet werde. Sie werde ärztlich verordnet und sei Teil des Behandlungsplans. Um den speziellen Bedingungen von Patientinnen und Patienten in Maßregelvollzug gerecht zu werden gebe es zusätzlich zur Arbeitstherapie das Angebot der realitätsorientierten Arbeitstherapie, welches der Heranführung an die Bedingungen einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt diene. Die Patientinnen und Patienten, die im Rahmen einer solchen realitätsorientierten Arbeitstherapie tätig sind, erhielten zwei freie Tage im Monat, die vergütet werden. Darüber hinaus haben Patientinnen und Patienten im Maßregelvollzug zur Wiedereingliederung bei Vorliegen der Voraussetzungen die Möglichkeit, einer Arbeitstätigkeit außerhalb der Einrichtung nachzugehen, die den Bedingungen des Arbeitsmarktes unterliege. Die Voraussetzungen für eine Teilnahme an der realitätsorientierten Arbeitstherapie oder für eine Arbeitstätigkeit außerhalb der Einrichtung lägen beim Kläger aufgrund des Behandlungstandes derzeit nicht vor (Stellungnahme des Fachbereichsarztes Forensik Dr. L1 vom 1.3.2018). Eine ärztliche Stellungnahme der den Kläger in der LVR Klinik E behandelnden Ärzte konnte nicht eingeholt werden, weil der Kläger diese Ärzte nicht von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden hat.
Der Senat hat den Kläger in mehreren richterlichen Verfügungen u. a. darauf hingewiesen, dass eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nur bei wegen Krankheit oder Behinderung eingeschränktem Leistungsvermögen in Betracht komme, und ihn außerdem auf die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ((BSG), Urteil vom 25.5.2018, Aktenzeichen (Az) B 13 R 30/17 R und Urteil vom 4.9.2018, Az B 12 KR 18/17 R) aufmerksam gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
A. I. Der Senat kann trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgrund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden. Denn der Kläger ist in der ordnungsgemäß erfolgten Ladung (§§ 63 Abs. 1 Satz 2 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 166, 182 Zivilprozessordnung) auf diese Möglichkeit hingewiesen worden, § 62 SGG. Auch sonst ist ihm im Zuge des schriftlichen Verfahrens ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Dass etwa nur im Rahmen einer mündlichen Verhandlung sinnvoll zur Sache hätte vorgetragen werden können, ist weder behauptet noch ersichtlich.
Der Senat kann durch die sog. kleine Richterbank (1 Berufsrichter als Vorsitzender, 2 ehrenamtliche Richter) entscheiden, weil das SG durch Gerichtsbescheid entschieden und der Senat die Berufung wirksam dem Berichterstatter übertragen hat, § 153 Abs 5 SGG. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist (ausschließlich) der Bescheid vom 19.6.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.12.2015 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte abgelehnt, Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit (frühere, bis zum 31.12.2000 maßgebliche Bezeichnung: Rente wegen Erwerbsunfähigkeit) zu gewähren. Nur gegen diese Ablehnung wendet sich der Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren. Soweit er dabei auch auf den aus seiner Sicht unrechtmäßigen, unbefriedigenden Zustand des unbefristet fortdauernden Maßregelvollzugs hinweist, ist ihm durchaus klar, dass er Veränderungen nur im dafür vorgesehenen (und von ihm auch in Anspruch genommenen) ordentlichen Rechtsweg erreichen könnte. Er führt seine fortdauernde Unterbringung folgerichtig nur als (aus seiner Sicht) wesentliches Argument für das Bestehen eines Rentenanspruchs an.
II. Die Berufung ist unbegründet.
Das SG hat die auf Rente wegen (voller, hilfsweise teilweiser) Erwerbsminderung gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 19.6.2015 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.12.2015) ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen (voller oder teilweiser) Erwerbsminderung.
Gemäß § 43 Abs 2 S 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
1. Der Kläger hat die allgemeine Wartezeit erfüllt, weil er ausweislich des (insoweit bestandskräftig gewordenen) Vormerkungsbescheides vom 15.6.2015 fünf Jahre mit Beitragszeiten hat, §§ 50 Abs 1 S 1, 51 Abs 1 SGB VI.
2. Der Kläger hat für den von ihm behaupteten Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung (15.3.2007) auch in den letzten fünf vorangehenden Jahren 3 Jahre mit Pflichtbeitragszeiten, zuletzt wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II bis zum 31.10.2006. Die Beklagten bestätigt zu Recht, dass diese (Zugangs-)Voraussetzung zur streitigen Rente bis einschließlich November 2008 vorlag. Dies ergibt sich aus dem (insoweit bestandskräftigen) Feststellungs- (Vormerkungs-)Bescheid vom 15.6.2015.
3. Der Kläger war aber weder zu dem von ihm behaupteten, noch zu einem anderen, späteren Zeitpunkt voll erwerbsgemindert und ist es auch bislang nicht.
a. Voll erwerbsgemindert sind zunächst Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, § 43 Abs 2 S 2 SGB VI.
b. Voll erwerbsgemindert ist außerdem, wer (nur) teilweise erwerbsgemindert ist, wenn ihm ein Teilzeitarbeitsplatz nicht zu Verfügung steht und auch vom Rentenversicherungsträger nicht angeboten werden kann. Das BSG hat insofern die gesetzlichen Vorgaben durch Richterrecht zum Teil ergänzt (BSGE 43,75 = SozR 2200 § 1246 Nr 13). Diese Rechtsprechung betrifft Versicherte, die gesundheitsbedingt in einem zumutbaren Beruf nicht mehr mindestens sechs Stunden einsetzbar, aber zu Teilzeitarbeit von 3 bis unter sechs Stunden täglich fähig sind. Für diesen Personenkreis hat das BSG den Versicherungsschutz der gesetzlichen Rentenversicherung erweitert und neben das gesetzlich versicherte Gut der Erwerbsfähigkeit dasjenige der Erwerbsmöglichkeit gestellt und damit die gesetzlich versicherten Risiken der Krankheit und Behinderung um dasjenige der Unvermittelbarkeit auf dem (Teilzeit-)Arbeitsmarkt im jeweiligen Antragszeitraum (sog jeweilige Arbeitsmarktlage) ergänzt. Außerdem hat es die Anspruchsschwelle dadurch gesenkt, dass diese auch schon dann überschritten sein kann, wenn der Versicherte einen zumutbaren Beruf in zeitlicher Hinsicht nur unter sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Diese Anspruchsschwelle ist überschritten, falls dem Versicherten binnen eines Jahres kein geeigneter und freier (Teilzeit-)Arbeitsplatz in einem zumutbaren Beruf angeboten wird; dann ist eine sog. Arbeitsmarktrente in der Form und (im Übrigen) nach den Regeln einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bewilligen (BSGE 78, 207 ff = SozR 3-2600 § 43 Nr 13; BSG SozR 3-2200 § 1276 Nr 3). Teilweise erwerbsgemindert ist, wer aus den zur vollen Erwerbsminderung angeführten Gründen (also wegen Krankheit oder Behinderung) außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, § 43 Abs 1 S 2 SGB VI.
c. Voll erwerbsgemindert ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urt v 19.10.2011, Az B 13 R 78/09 R = BSGE 109, 189ff = SozR 4-2600 § 43 Nr 16 Rn 27ff; BSG, Urt v 9.5.2012, Az B 5 R 68/11 R = SozR 4-2600 § 43 Nr 18 Rn 17ff, jeweils mit zahlreichen wN) außerdem, wer trotz erhaltenen 6-stündigen (= vollschichtigen) Leistungsvermögens wegen Krankheit oder Behinderung nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann (unwiderleglich vermutete Verschlossenheit des Arbeitsmarktes).
d. Voll erwerbsgemindert ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG Urt v 19.10.2011, Az B 13 R 78/09 R = BSGE 109, 189ff = SozR 4-2600 § 43 Nr 16, Rn 33ff und Urt v 9.5.2012, Az B 5 R 68/11 R = SozR 4-2600 § 43 Nr 18 Rn 24ff, jeweils mit zahlreichen wN) schließlich, wer bei erhaltenem vollschichtigem Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wegen der Ungewöhnlichkeit oder der Schwere seiner auf Krankheit oder Behinderungen beruhenden Leistungseinschränkungen von einer Vielzahl leichter, ungelernter Tätigkeiten des allgemeines Arbeitsmarktes ausgeschlossen ist, wenn ihm die Beklagte keine konkrete, arbeitsmarktgängige Tätigkeit benennen kann, die er mit seinem Restleistungsvermögen noch verrichten kann (widerlegliche Vermutung der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes).
e. Alle vier genannten Alternativen setzen voraus, dass Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung außerstande sind, ihr (Rest-)Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu Erwerbszwecken gewinnbringend einzusetzen (zu dieser Kausalität: BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 18 Rn 16). Daran fehlt es beim Kläger.
aa. Der Kläger ist nicht wegen einer bei ihm im Zeitpunkt der Anordnung des Maßregelvollzugs vorliegenden oder später (bis November 2008) aufgetretenen und fortbestehenden gravierenden psychischen Krankheit außerstande, zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein, und deshalb (voll) erwerbsgemindert. Dabei kann dahinstehen, ob beim Kläger bereits damals eine solche, bis heute fortbestehende schwere psychische Erkrankung (wie die Gutachter P und Dr. I und die Ärztin T - anders wohl der Gutachter Prof. Dr. Q - annehmen) vorliegt und wie diese genau diagnostisch einzuordnen ist. Der Vortrag des Klägers dazu ist nicht widerspruchsfrei. Er behauptet einerseits, er sei noch vollschichtig leistungsfähig und lediglich zu Unrecht weiter im geschlossenen Maßregelvollzug, und weist andererseits darauf hin, dass ihm nur "Arbeitstherapie" angeboten werde, er also offenbar (wegen Krankheit) behandelt werden müsse. Weitere Ermittlungen zu Art und Ausmaß seiner Krankheit nach §§ 103, 106 SGG sind dadurch erschwert, dass der Kläger seine aktuell behandelnden Ärzte der LVR - Klinik E nicht von der Schweigepflicht entbunden und die Gutachten der - die Fortdauer des Maßregelvollzugs befürwortenden - Sachverständigen Prof. Dr. T1 und Prof. Dr. M1 nicht vorgelegt hat. Sie sind aber auch nicht notwendig. Es kann sogar unterstellt werden, dass beim Kläger seit 2006 eine schwere psychiatrische Krankheit vorliegt, etwa eine Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typ oder eine sonstige schwere Persönlichkeitsstörung. Eine solche schwere psychiatrische Erkrankung ist nämlich nicht im Rechtssinne wesentlich ursächlich dafür, dass der Kläger außerstande ist, erwerbstätig zu sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie - wie hier - dazu geführt hat, dass wegen der aus der Krankheit folgenden Gefährlichkeit für die Allgemeinheit der geschlossene Maßregelvollzug angeordnet worden ist. In einem solchen Fall ist im Rahmen einer rechtlich wertenden Betrachtung die (allein oder überwiegend) wesentliche Ursache für die faktische Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht die Krankheit, sondern die wegen der daraus folgenden Gefährlichkeit für die Allgemeinheit erfolgte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (BSG, Urt v 25.5.2018, Az B 13 R 30/17 R = SozR 4-2600 § 43 Nr 21 Rn 16-21). Diese Unterbringung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit ist die rechtlich erlaubte Reaktion des Staates auf eine (uU auch nicht krankheitsbedingte) abstrakte Gefährlichkeit eines Straftäters und die rechtlich allein wesentliche Bedingung für den gleichzeitig fehlenden Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt (BSG. AaO. Rn 19f). Diese rechtliche Bewertung besagt, dass die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus als Vollzug einer Maßregel der Sicherung und Besserung auch dann allein wesentliche Bedingung dafür ist, dass der Untergebrachte nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein kann, wenn sie auf einer psychischen Krankheit beruht, die - für sich genommen - uU zu dem gleichen Ergebnis führte. Das bedeutet, dass die zum Schutz der Allgemeinheit erfolgte Unterbringung in einem solchen Fall derart im Vordergrund steht, dass die Bedeutung der Krankheit dahinter zurücktritt. Das aus der Krankheit des Klägers für die Versichertengemeinschaft folgende Risiko hat sich in einem solchen Fall nicht verwirklicht. Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Auslegung der Anspruchsnorm. Insbesondere wird durch dieses Rechtsverständnis der Zugang zur streitigen Rente wegen Erwerbsminderung nicht in verfassungsrechtlich erheblicher Weise erschwert. Zwar trifft zu, dass Art 14 Abs 1 des GG als "Eigentum" auch durch eigene Beiträge begründete Rentenanwartschaften schützt (BVerfGE 53, 257ff, 290; 58, 81ff, 109; 69, 272ff, 300 f; 100, 1ff, 32; vgl zuletzt Beschl vom 23.5.2018, Az 1 BvR 97/14). Indes wird dieser Schutz durch § 43 SGB VI in der oben aufgezeigten Auslegung durch das Bundessozialgericht (SozR 4-2600 § 43 Nr 21 Rn 16-21) zulässig beschränkt. § 43 SGB VI bestimmt in dieser Auslegung schon deshalb zulässig die Schranken des Eigentumsrechts, weil sich kein Risiko verwirklicht hat, für das die gesetzliche Rentenversicherung systemkonform einzustehen hätte. Der Zugang zur Rente wegen Erwerbsminderung wird durch diese Auslegung des § 43 SGB VI im Ergebnis wirksam (mittelbar) durch das vorrangige Rechtsgut des (vom Staat zu garantierenden) Schutzes der Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern beschränkt.
Weitere für die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben bedeutsame Krankheiten oder Behinderungen des Klägers sind weder behauptet noch ersichtlich.
bb. Soweit der Kläger die Rente beansprucht, weil ihm während des Maßregelvollzugs keine rentenversicherungspflichtige "herkömmliche" Erwerbstätigkeit angeboten wird und er sich deshalb für "institutionell erwerbsunfähig" hält, beruht diese "Erwerbsunfähigkeit" selbst nach dem Vorbringen des Klägers nicht auf Krankheit oder Behinderung, sondern auf - aus seiner Sicht - strukturellen Unzulänglichkeiten des Maßregelvollzugs (vgl dazu den den Beteiligten im Wortlaut bereits vorliegenden Beschluss des Senats vom Beschluss vom 7.11.2016, Az L 18 R 631/16 B). Der Kläger bemängelt insoweit, dass die fehlende rentenrechtlicher Berücksichtigung der im Maßregelvollzug verbrachten Zeit (mittelbar) Altersarmut begünstigt und er dadurch zusätzlich "bestraft" werde. Mit dieser Sichtweise korrespondiert sein Vorbringen, die Rente könne nach Ende des Maßregelvollzugs wieder entzogen werden.
Hiermit berührt der Kläger die Frage der rentenrechtlichen Beurteilung und Bewertung von Zeiten in Strafhaft oder im Maßregelvollzug. Soweit er meint, seine produktive Tätigkeit im Rahmen einer Arbeitstherapie müsse rentenrechtlich berücksichtigt werden, sei es, dass Pflichtbeiträge zu entrichten sind, sei es, dass die Zeiten als Anrechnungszeiten vorzumerken oder sonst zu berücksichtigen sind, ist sein Vorbringen schon deshalb nicht erheblich, weil der streitige Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bereits dem Grunde nach nicht besteht. Aber dieses Vorbringen käme nach geltendem Recht ohnehin nicht zum Tragen, weil dort eine rentenrechtliche Berücksichtigung von Zeiten der Arbeitstherapie im Straf- oder Maßregelvollzug nicht vorgesehen ist (vgl. dazu im Einzelnen BSG, Urt v 4.9.2018, Az B 12 KR 18/17 R = SozR -4-2400 § 7 Nr 39 Rn 9ff). Insbesondere führt eine Arbeitstherapie weder nach dem Strafvollzugsgesetz noch unmittelbar nach dem SGB VI zu einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, weil es sich bei der Arbeitstherapie nicht um ein Beschäftigungsverhältnis handelt (BSG. AaO. Rn 10ff). Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BSG. AaO unter Hinweis auf BVerfGE 98,169ff). Die im Strafvollzugsgesetz (StVollzG) vom 16.3.1976 dazu vorgesehenen, für den Kläger einschlägigen Regelungen in § 190 Nrn 1 und 13 sind bislang nicht geltendes Recht geworden, weil sie bis heute nicht gemäß § 198 Abs 3 StVollzG durch ein besonderes Bundesgesetz in Kraft gesetzt worden sind.
Es kann dahinstehen, ob gegen die fehlende rechtliche Berücksichtigung von Zeiten des Maßregelvollzugs deshalb verfassungsrechtliche Bedenken (etwa aus Art 12 Abs 1, 14 Abs 1, 3 Abs 1 oder 2 Abs 1 GG) bestehen, weil der Kläger von der Teilhabe am allgemeinen Arbeitsleben und damit auch vom Aufbau von Rentenanwartschaften (generell oder aufgrund des individuellen "Behandlungsstands") ausgeschlossen wird. Solche Bedenken berühren hier nach der zuvor gegebenen Begründung nicht den streitigen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Schon deshalb kommt die angeregte Einschaltung eines europäischen Gerichts in diesem Verfahren nicht in Betracht.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 S 1, 193 Abs 1 SGG.
C. Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung, weil die maßgeblichen Rechtsfragen bereits höchstrichterlich geklärt sind und die Entscheidung im Übrigen auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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