Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 11 SO 126/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 119/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 49/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger von März 2005 bis Oktober 2007 Eingliederungshilfeleistungen (Kraftfahrzeughilfe) in Höhe von 58,60 EUR monatlich zu gewähren.
Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Eingliederungshilfeleistungen (Kraftfahrzeughilfe) in Höhe von 58,60 EUR ab März 2005.
Der Kläger hat in der Vergangenheit zusammen mit seiner Ehefrau bis 31.12.2004 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSGH) bezogen. Ausweislich eines Bescheides vom 30.07.2004 wurde dem Kläger dabei u. a. auch eine "PKW-Pauschale" in Höhe von 58,80 EUR bewilligt. Mit Bescheid vom 23.11.2004 wurde für Dezember 2004 u. a. auch diese PKH-Pauschale bewilligt. Ab 01.01.2005 erhielt der Kläger (trotz bestehender Erwerbsfähigkeit) zunächst noch für Januar und Februar 2005 Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), ab März 2005 wegen bestehender Erwerbsfähigkeit Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Ausweislich eines Bescheides vom 15.02.2005 des Sozialamtes des Landkreises Kassel – Dienststelle A-Stadt – erhielt der Kläger neben Grundsicherungsleistungen letztmalig für den Monat Februar 2005 58,60 EUR Kraftfahrzeugkosten als Hilfe zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben (6. Kapitel Eingliederungshilfe, § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX). Der Bescheid enthielt den allgemeinen Hinweis, dass die bewilligte Leistung zunächst nur für einen Monat und unter dem Vorbehalt gewährt werde, dass sich die vom Hilfesuchenden bzw. Leistungsempfänger angegebenen und der Bewilligung zugrunde gelegten Verhältnisse nicht ändern. Trete keine Änderung ein, so erfolge ohne Antrag aufgrund stillschweigender monatlicher Neubewilligung die Weiterzahlung der bisher bewilligten Leistungen in der in diesem Bescheid und seinen Anlagen angegebenen Höhe.
Mit (an den LWV Hessen gerichteten und an den Beklagten weitergeleiteten) Schreiben vom 12.07.2007 beantragte der Kläger eine (Weiter-) Gewährung der Kraftfahrzeughilfe für u. a. Spazierfahrten, Verwandtenbesuche und Besuche kultureller Veranstaltungen. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 25.09.2007 ab, weil die Leistungsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Der hiergegen gerichtete Widerspruch vom 28.09.2007 hatte keinen Erfolg und wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2007 mit der Begründung zurückgewiesen, der Eingliederungszweck sei beim Kläger nicht so gewichtig wie bei der Eingliederung ins Arbeitsleben.
Ein wegen der Kraftfahrzeughilfe beim Sozialgericht Kassel am 23.09.2008 unter dem Aktenzeichen S 11 SO 130/08 eingeleitetes Klageverfahren endete durch Rücknahme durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16.12.2008.
Einen weiteren Antrag auf Gewährung der Kraftfahrzeughilfe stellte der Kläger beim Beklagten am 18.02.2009. Auch diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 02.06.2009 ab und den Widerspruch vom 19.06.2009 wies er mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.2009 zurück. Die Widerspruchsbescheide vom 12.10.2007 und 30.06.2009 wurden bestandskräftig.
Im Rahmen von Beschwerden des Klägers beim Beklagten wegen der nicht gezahlten Kraftfahrzeughilfe war im Juni 2010 Frau C. (die jetzige Vizelandrätin) mit dem Fall des Klägers befasst. Sie schlug vergleichsweise eine Nachzahlung der vom Kläger begehrten Kraftfahrzeughilfe für den Zeitraum März 2005 bis November 2007 vor, allerdings nur eine hälftige Zahlung. Den am 16.06.2010 vom Beklagten unterbreiteten Vergleichsvorschlag mit der Zahlung eines Betrages von 908,30 EUR lehnte der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 20.08.2010 unter Hinweis darauf ab, dem Kläger stehe die Leistung in Höhe von 58,60 EUR monatlich ab März 2005 zu, da der Bescheid vom 15.02.2005 nicht aufgehoben worden sei.
Ausweislich der Verwaltungsakte des Beklagten stellte der Kläger am 19.07.2013 erneut einen Antrag auf Kraftfahrzeughilfe. Über diesen Antrag ist bislang nicht entschieden worden.
Ohne weiteres Verwaltungsverfahren hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 30.12.2013 beim Sozialgericht Kassel Klage erhoben mit dem Begehren, der Beklagte habe dem Kläger ab März 2005 monatliche Leistungen in Höhe von 58,60 EUR als Hilfe zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben nachzuzahlen. Zur Begründung wird geltend gemacht, der Beklagte habe den Bescheid über die Gewährung der Eingliederungshilfe vom 15.02.2005 nie aufgehoben. Gleichwohl habe der Beklagte ab März 2005 trotz der Leistungsbewilligung keine Leistungen mehr an den Kläger erbracht. Da der Kläger ab März 2005 Leistungen nach dem SGB II erhalten habe, sei zu vermuten, dass sich der Beklagte ab März 2005 für den Kläger nicht mehr als zuständig angesehen habe und aus diesem Grund auch die Leistungen im Hinblick auf die Eingliederungshilfe eingestellt habe. Mit dem Bezug der Leistungen nach dem SGB II sei der Anspruch des Klägers im Hinblick auf die Eingliederungshilfe jedoch nicht hinfällig geworden. Die Leistungen der Eingliederungshilfe im Rahmen des § 55 Abs. 2 SGB IX hätten auch weiterhin im Rahmen der Sozialhilfe vom Beklagten erbracht werden müssen. Die mit Bescheid vom 15.02.2005 bewilligte Hilfe sei auch unbefristet gewesen und nur der Höhe nach neu berechnet worden. Trotz wiederholter Anträge des Klägers sei es nie zu einer Nachzahlung der Eingliederungshilfeleistungen gekommen. Das Vergleichsangebot des Beklagten in 2010 habe der Kläger nicht annehmen können, weil er ab März 2005 fortlaufend einen Anspruch auf die Eingliederungshilfeleistungen gehabt habe, so wie sie im Bescheid vom 15.02.2005 bewilligt worden seien. Auch der am 12.10.2007 vom Beklagten erlassene Widerspruchsbescheid stelle keine Aufhebung des Bescheides vom 15.02.2005 dar. Zwar könne es sein, dass der Beklagte im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geprüft habe, ob die Voraussetzungen vorliegen würden. Nicht geprüft worden sei allerdings, ob die seinerzeit getroffene Entscheidung, wonach dem Kläger die Kraftfahrzeughilfe zu bewilligen gewesen sei, aufgehoben werden könne. Der Beklagte sei also weiterhin verpflichtet, die mit dem Bescheid vom 15.02.2005 bewilligten Leistungen an den Kläger zu erbringen. Dazu vorgelegt wird noch ein Gutachten des Herrn D. vom 10.06.2014, welches im Verfahren des Klägers S 10 SB 130/13 erstattet wurde. Dazu trägt der Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, auch hieraus würde sich ein Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfeleistungen herleiten lassen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihm ab März 2005 monatlich 58,60 EUR als Kraftfahrzeughilfe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt der Beklagte aus, die wiederholt vom Kläger gestellten Anträge auf Gewährung von Kraftfahrzeughilfe seien letztlich mit bestandskräftigen Widerspruchsbescheiden vom 12.10.2007 und in 2009 abgelehnt worden. Klage habe der Kläger nicht erhoben. Ein in 2010 vorgeschlagener Vergleich des Beklagten einer vergleichsweisen außergerichtliche Erledigung sei in 2010 nicht zustande gekommen. Über einen im Juli 2013 erneut gestellten Antrag des Klägers habe bislang nicht entschieden werden können, weil der Kläger die hierzu angeforderten erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt habe. Die nunmehr erhobene Leistungsklage sei unbegründet. Dem Kläger würden unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt rückwirkende Ansprüche auf Gewährung einer Kraftfahrzeughilfe sowie Kostenübernahme für Verwandtenbesuche ab März 2005 zustehen.
In der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2014 hat die Vertreterin des Beklagten im Rahmen eines Gesamtvergleichs unter Einbeziehung des Verfahrens S 11 SO 50/12 noch Zahlung der Eingliederungshilfeleistungen für die Zeit von März 2005 bis Oktober 2007 angeboten, jedoch nur für den Fall der Anerkennung des Kostenersatzes durch den Kläger. Ein entsprechender Vergleich kam nicht zustande.
Wegen der weiteren Einzelheiten, auch im Vorbringen der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte S 11 SO 126/13, die Gerichtsakte S 11 SO 50/12 und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, soweit deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die beim zuständigen Sozialgericht erhobene Klage ist, gestützt auf den Bescheid des Beklagten vom 15.02.2005, als Leistungsklage zulässig und auch begründet. Der Kläger hat aufgrund des am 15.02.2005 erlassenen Bescheides des Beklagten über die Gewährung von monatlichen Eingliederungshilfeleistungen im Umfang von 58,60 EUR jedenfalls noch bis einschließlich Oktober 2007 einen Nachzahlungsanspruch. Denn der als Dauerverwaltungsakt (bis zur Änderung der Verhältnisse) erlassene Bescheid vom 15.02.2005 entfaltet noch bis zum (bestandskräftigen) Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 12.10.2007 seine Wirksamkeit. Erst mit der Entscheidung vom 12.10.2007 hat der Beklagte (erneut) über die Leistungsvoraussetzungen für die Gewährung der Eingliederungshilfe entschieden und diese verneint. Er hat damit zugleich (aber eben auch erst dann) die Wirksamkeit des Bescheides vom 15.02.2005 beendet.
Unstreitig ist dem Kläger mit Bescheid vom 15.02.2005 eine Eingliederungshilfe in Form der Kraftfahrzeughilfe im monatlichem Umfang von 58,60 EUR bewilligt worden. Unstreitig ist ferner, dass der Kläger nach dem Februar 2005 diese Leistung nicht mehr erhalten hat, obwohl der Bescheid vom 15.02.2005 durch den Beklagten (zunächst) nicht aufgehoben worden ist. Zwar bewilligte der Bescheid vom 15.02.2005 ausdrücklich die Leistungen nur für den Februar 2005. Aus den oben genannten weiteren Formulierungen zur Fortgeltung des Bescheides bis zur Änderung der Verhältnisse ist jedoch zu entnehmen, dass die Wirksamkeit des Bescheides ohne weitere Antragstellung unbefristet und damit auf Dauer angelegt war. Dies gilt jedenfalls bis zur Änderung der Verhältnisse des Leistungsempfängers. Eine Änderung der Verhältnisse sieht das Gericht jedenfalls in der Entscheidung des Beklagten vom 12.10.2007 im Rahmen eines Antrags des Klägers auf (Weiter-) Gewährung der Kraftfahrzeughilfe vom 12.07.2007. In diesem Antragsverfahren hat der Beklagte erstmals nach der Bewilligungsentscheidung vom 15.02.2005 die Voraussetzungen der Gewährung einer Eingliederungshilfe an den Kläger materiell-rechtlich überprüft. Im Ergebnis wurden zu diesem Zeitpunkt jedenfalls die Leistungsvoraussetzungen vom Beklagten verneint. Die Widerspruchsbescheidung wurde auch bestandskräftig. Die Wirksamkeit der Bewilligung endete daher nach Auffassung des Gerichts im Oktober 2007. Zeitlich nachfolgende Anträge des Klägers (auch das Klageverfahren S 11 SO 130/08, das im Übrigen durch Rücknahme endete) hat sodann keine rechtlichen Auswirkungen mehr auf die Wirksamkeit des Bescheides vom 15.02.2005.
Die Fortwirkung der Bewilligungsentscheidung vom 15.02.2005 und einen Leistungsanspruch von März 2005 bis zumindest Oktober 2007 sieht letztendlich auch der Beklagte. So jedenfalls versteht das Gericht die in 2010 (wenn auch ergebnislos) geführten Vergleichsverhandlungen und die Äußerungen der Vertreterin des Beklagten im Rahmen der in der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2014 erörterten Vergleichsmöglichkeiten für die Verfahren des Klägers S 11 SO 126/13 und S 11 SO 50/12. Eine vergleichsweise Einigung mit einer Nachzahlung der Eingliederungshilfe von März 2005 bis Oktober 2007 im Umfang von 1.875,20 EUR ist nur deswegen nicht zustande gekommen, weil die Klägerseite nicht bereit war, den im Verfahren S 11 SO 50/12 geforderten Kostenersatz wegen der Rentennachzahlung im Umfang von 6.255,14 EUR anzuerkennen. Für diesen Fall hätte sich der Beklagte bereit erklärt, seine Forderung um die Eingliederungshilfeleistungen auf dann 4.379,94 EUR zu reduzieren. Trotz dringendem Anraten eines solchen Vergleiches durch die Kammervorsitzende, vermochte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers einem solchen Vergleich nicht anzuschließen.
Nach alledem war der Beklagte, wie ausgeurteilt, noch zu Eingliederungshilfeleistungen an den Kläger im monatlichen Umfang von 58,60 EUR für den Zeitraum von März 2005 bis Oktober 2007 zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Eingliederungshilfeleistungen (Kraftfahrzeughilfe) in Höhe von 58,60 EUR ab März 2005.
Der Kläger hat in der Vergangenheit zusammen mit seiner Ehefrau bis 31.12.2004 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSGH) bezogen. Ausweislich eines Bescheides vom 30.07.2004 wurde dem Kläger dabei u. a. auch eine "PKW-Pauschale" in Höhe von 58,80 EUR bewilligt. Mit Bescheid vom 23.11.2004 wurde für Dezember 2004 u. a. auch diese PKH-Pauschale bewilligt. Ab 01.01.2005 erhielt der Kläger (trotz bestehender Erwerbsfähigkeit) zunächst noch für Januar und Februar 2005 Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), ab März 2005 wegen bestehender Erwerbsfähigkeit Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Ausweislich eines Bescheides vom 15.02.2005 des Sozialamtes des Landkreises Kassel – Dienststelle A-Stadt – erhielt der Kläger neben Grundsicherungsleistungen letztmalig für den Monat Februar 2005 58,60 EUR Kraftfahrzeugkosten als Hilfe zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben (6. Kapitel Eingliederungshilfe, § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX). Der Bescheid enthielt den allgemeinen Hinweis, dass die bewilligte Leistung zunächst nur für einen Monat und unter dem Vorbehalt gewährt werde, dass sich die vom Hilfesuchenden bzw. Leistungsempfänger angegebenen und der Bewilligung zugrunde gelegten Verhältnisse nicht ändern. Trete keine Änderung ein, so erfolge ohne Antrag aufgrund stillschweigender monatlicher Neubewilligung die Weiterzahlung der bisher bewilligten Leistungen in der in diesem Bescheid und seinen Anlagen angegebenen Höhe.
Mit (an den LWV Hessen gerichteten und an den Beklagten weitergeleiteten) Schreiben vom 12.07.2007 beantragte der Kläger eine (Weiter-) Gewährung der Kraftfahrzeughilfe für u. a. Spazierfahrten, Verwandtenbesuche und Besuche kultureller Veranstaltungen. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 25.09.2007 ab, weil die Leistungsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Der hiergegen gerichtete Widerspruch vom 28.09.2007 hatte keinen Erfolg und wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.10.2007 mit der Begründung zurückgewiesen, der Eingliederungszweck sei beim Kläger nicht so gewichtig wie bei der Eingliederung ins Arbeitsleben.
Ein wegen der Kraftfahrzeughilfe beim Sozialgericht Kassel am 23.09.2008 unter dem Aktenzeichen S 11 SO 130/08 eingeleitetes Klageverfahren endete durch Rücknahme durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16.12.2008.
Einen weiteren Antrag auf Gewährung der Kraftfahrzeughilfe stellte der Kläger beim Beklagten am 18.02.2009. Auch diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 02.06.2009 ab und den Widerspruch vom 19.06.2009 wies er mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.2009 zurück. Die Widerspruchsbescheide vom 12.10.2007 und 30.06.2009 wurden bestandskräftig.
Im Rahmen von Beschwerden des Klägers beim Beklagten wegen der nicht gezahlten Kraftfahrzeughilfe war im Juni 2010 Frau C. (die jetzige Vizelandrätin) mit dem Fall des Klägers befasst. Sie schlug vergleichsweise eine Nachzahlung der vom Kläger begehrten Kraftfahrzeughilfe für den Zeitraum März 2005 bis November 2007 vor, allerdings nur eine hälftige Zahlung. Den am 16.06.2010 vom Beklagten unterbreiteten Vergleichsvorschlag mit der Zahlung eines Betrages von 908,30 EUR lehnte der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 20.08.2010 unter Hinweis darauf ab, dem Kläger stehe die Leistung in Höhe von 58,60 EUR monatlich ab März 2005 zu, da der Bescheid vom 15.02.2005 nicht aufgehoben worden sei.
Ausweislich der Verwaltungsakte des Beklagten stellte der Kläger am 19.07.2013 erneut einen Antrag auf Kraftfahrzeughilfe. Über diesen Antrag ist bislang nicht entschieden worden.
Ohne weiteres Verwaltungsverfahren hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 30.12.2013 beim Sozialgericht Kassel Klage erhoben mit dem Begehren, der Beklagte habe dem Kläger ab März 2005 monatliche Leistungen in Höhe von 58,60 EUR als Hilfe zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben nachzuzahlen. Zur Begründung wird geltend gemacht, der Beklagte habe den Bescheid über die Gewährung der Eingliederungshilfe vom 15.02.2005 nie aufgehoben. Gleichwohl habe der Beklagte ab März 2005 trotz der Leistungsbewilligung keine Leistungen mehr an den Kläger erbracht. Da der Kläger ab März 2005 Leistungen nach dem SGB II erhalten habe, sei zu vermuten, dass sich der Beklagte ab März 2005 für den Kläger nicht mehr als zuständig angesehen habe und aus diesem Grund auch die Leistungen im Hinblick auf die Eingliederungshilfe eingestellt habe. Mit dem Bezug der Leistungen nach dem SGB II sei der Anspruch des Klägers im Hinblick auf die Eingliederungshilfe jedoch nicht hinfällig geworden. Die Leistungen der Eingliederungshilfe im Rahmen des § 55 Abs. 2 SGB IX hätten auch weiterhin im Rahmen der Sozialhilfe vom Beklagten erbracht werden müssen. Die mit Bescheid vom 15.02.2005 bewilligte Hilfe sei auch unbefristet gewesen und nur der Höhe nach neu berechnet worden. Trotz wiederholter Anträge des Klägers sei es nie zu einer Nachzahlung der Eingliederungshilfeleistungen gekommen. Das Vergleichsangebot des Beklagten in 2010 habe der Kläger nicht annehmen können, weil er ab März 2005 fortlaufend einen Anspruch auf die Eingliederungshilfeleistungen gehabt habe, so wie sie im Bescheid vom 15.02.2005 bewilligt worden seien. Auch der am 12.10.2007 vom Beklagten erlassene Widerspruchsbescheid stelle keine Aufhebung des Bescheides vom 15.02.2005 dar. Zwar könne es sein, dass der Beklagte im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geprüft habe, ob die Voraussetzungen vorliegen würden. Nicht geprüft worden sei allerdings, ob die seinerzeit getroffene Entscheidung, wonach dem Kläger die Kraftfahrzeughilfe zu bewilligen gewesen sei, aufgehoben werden könne. Der Beklagte sei also weiterhin verpflichtet, die mit dem Bescheid vom 15.02.2005 bewilligten Leistungen an den Kläger zu erbringen. Dazu vorgelegt wird noch ein Gutachten des Herrn D. vom 10.06.2014, welches im Verfahren des Klägers S 10 SB 130/13 erstattet wurde. Dazu trägt der Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, auch hieraus würde sich ein Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfeleistungen herleiten lassen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihm ab März 2005 monatlich 58,60 EUR als Kraftfahrzeughilfe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt der Beklagte aus, die wiederholt vom Kläger gestellten Anträge auf Gewährung von Kraftfahrzeughilfe seien letztlich mit bestandskräftigen Widerspruchsbescheiden vom 12.10.2007 und in 2009 abgelehnt worden. Klage habe der Kläger nicht erhoben. Ein in 2010 vorgeschlagener Vergleich des Beklagten einer vergleichsweisen außergerichtliche Erledigung sei in 2010 nicht zustande gekommen. Über einen im Juli 2013 erneut gestellten Antrag des Klägers habe bislang nicht entschieden werden können, weil der Kläger die hierzu angeforderten erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt habe. Die nunmehr erhobene Leistungsklage sei unbegründet. Dem Kläger würden unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt rückwirkende Ansprüche auf Gewährung einer Kraftfahrzeughilfe sowie Kostenübernahme für Verwandtenbesuche ab März 2005 zustehen.
In der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2014 hat die Vertreterin des Beklagten im Rahmen eines Gesamtvergleichs unter Einbeziehung des Verfahrens S 11 SO 50/12 noch Zahlung der Eingliederungshilfeleistungen für die Zeit von März 2005 bis Oktober 2007 angeboten, jedoch nur für den Fall der Anerkennung des Kostenersatzes durch den Kläger. Ein entsprechender Vergleich kam nicht zustande.
Wegen der weiteren Einzelheiten, auch im Vorbringen der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte S 11 SO 126/13, die Gerichtsakte S 11 SO 50/12 und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen, soweit deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die beim zuständigen Sozialgericht erhobene Klage ist, gestützt auf den Bescheid des Beklagten vom 15.02.2005, als Leistungsklage zulässig und auch begründet. Der Kläger hat aufgrund des am 15.02.2005 erlassenen Bescheides des Beklagten über die Gewährung von monatlichen Eingliederungshilfeleistungen im Umfang von 58,60 EUR jedenfalls noch bis einschließlich Oktober 2007 einen Nachzahlungsanspruch. Denn der als Dauerverwaltungsakt (bis zur Änderung der Verhältnisse) erlassene Bescheid vom 15.02.2005 entfaltet noch bis zum (bestandskräftigen) Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 12.10.2007 seine Wirksamkeit. Erst mit der Entscheidung vom 12.10.2007 hat der Beklagte (erneut) über die Leistungsvoraussetzungen für die Gewährung der Eingliederungshilfe entschieden und diese verneint. Er hat damit zugleich (aber eben auch erst dann) die Wirksamkeit des Bescheides vom 15.02.2005 beendet.
Unstreitig ist dem Kläger mit Bescheid vom 15.02.2005 eine Eingliederungshilfe in Form der Kraftfahrzeughilfe im monatlichem Umfang von 58,60 EUR bewilligt worden. Unstreitig ist ferner, dass der Kläger nach dem Februar 2005 diese Leistung nicht mehr erhalten hat, obwohl der Bescheid vom 15.02.2005 durch den Beklagten (zunächst) nicht aufgehoben worden ist. Zwar bewilligte der Bescheid vom 15.02.2005 ausdrücklich die Leistungen nur für den Februar 2005. Aus den oben genannten weiteren Formulierungen zur Fortgeltung des Bescheides bis zur Änderung der Verhältnisse ist jedoch zu entnehmen, dass die Wirksamkeit des Bescheides ohne weitere Antragstellung unbefristet und damit auf Dauer angelegt war. Dies gilt jedenfalls bis zur Änderung der Verhältnisse des Leistungsempfängers. Eine Änderung der Verhältnisse sieht das Gericht jedenfalls in der Entscheidung des Beklagten vom 12.10.2007 im Rahmen eines Antrags des Klägers auf (Weiter-) Gewährung der Kraftfahrzeughilfe vom 12.07.2007. In diesem Antragsverfahren hat der Beklagte erstmals nach der Bewilligungsentscheidung vom 15.02.2005 die Voraussetzungen der Gewährung einer Eingliederungshilfe an den Kläger materiell-rechtlich überprüft. Im Ergebnis wurden zu diesem Zeitpunkt jedenfalls die Leistungsvoraussetzungen vom Beklagten verneint. Die Widerspruchsbescheidung wurde auch bestandskräftig. Die Wirksamkeit der Bewilligung endete daher nach Auffassung des Gerichts im Oktober 2007. Zeitlich nachfolgende Anträge des Klägers (auch das Klageverfahren S 11 SO 130/08, das im Übrigen durch Rücknahme endete) hat sodann keine rechtlichen Auswirkungen mehr auf die Wirksamkeit des Bescheides vom 15.02.2005.
Die Fortwirkung der Bewilligungsentscheidung vom 15.02.2005 und einen Leistungsanspruch von März 2005 bis zumindest Oktober 2007 sieht letztendlich auch der Beklagte. So jedenfalls versteht das Gericht die in 2010 (wenn auch ergebnislos) geführten Vergleichsverhandlungen und die Äußerungen der Vertreterin des Beklagten im Rahmen der in der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2014 erörterten Vergleichsmöglichkeiten für die Verfahren des Klägers S 11 SO 126/13 und S 11 SO 50/12. Eine vergleichsweise Einigung mit einer Nachzahlung der Eingliederungshilfe von März 2005 bis Oktober 2007 im Umfang von 1.875,20 EUR ist nur deswegen nicht zustande gekommen, weil die Klägerseite nicht bereit war, den im Verfahren S 11 SO 50/12 geforderten Kostenersatz wegen der Rentennachzahlung im Umfang von 6.255,14 EUR anzuerkennen. Für diesen Fall hätte sich der Beklagte bereit erklärt, seine Forderung um die Eingliederungshilfeleistungen auf dann 4.379,94 EUR zu reduzieren. Trotz dringendem Anraten eines solchen Vergleiches durch die Kammervorsitzende, vermochte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers einem solchen Vergleich nicht anzuschließen.
Nach alledem war der Beklagte, wie ausgeurteilt, noch zu Eingliederungshilfeleistungen an den Kläger im monatlichen Umfang von 58,60 EUR für den Zeitraum von März 2005 bis Oktober 2007 zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved