Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 5 R 136/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 51/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zur erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin nach ihrem am xx.xx.2013 verstorbenen Ehemann C. A. einen Anspruch auf Witwenrente gegenüber der Beklagten hat.
Die Klägerin war mit dem bei der Beklagten versicherten C. A. in erster Ehe vom 18.08.1980 bis - nach Aktenlage - 23.05.2000 verheiratet. Aus dieser ersten Ehe ging ein Kind hervor, D. D. Die Klägerin hat allerdings aus einer ersten Ehe vier weitere Kinder mit in die Ehe mit dem Versicherten gebracht. Nach der Trennung hielten die Geschiedenen Kontakt und am 31.10.2012 heiratete die Klägerin den Versicherten im Klinikum Kassel ein zweites Mal. Knapp acht Monate später verstarb der Versicherte an seinem schweren fortgeschrittenen Krebsleiden. Die Klägerin selber bezieht schon lange Erwerbsunfähigkeitsrente und hat die Pflegestufe II. Der Eheschließung ging nach ihren Angaben eine Verlobung zwischen der Klägerin und dem Versicherten am 31.10.2010 voraus, wobei allerdings niemand sonst anwesend war. Der Ehemann der Klägerin erkrankte im September 2012 sehr schwer und befand sich zunächst im Elisabeth-Krankenhaus, welches in das Klinikum Kassel zur weiteren Diagnostik überwies. Dabei geht die Kammer nach allen ärztlichen Berichten davon aus, dass die schwere Erkrankung schon länger vorhanden war, allerdings zu diesem Zeitpunkt letztlich erst spürbar ausbrach. Der Versicherte litt an einem fortgeschrittenen Urothelkarzinom der Niere sowie an Metastasen in der Leber. Histologisch wurde die Bösartigkeit der Tumore erst am 02.11.2012 gesichert.
Nach dem Tod des Versicherten beantragte die Klägerin Witwenrente, die von der Beklagten mit Bescheid vom 04.07.2013 abgelehnt wurde. Den dagegen am 24.07.2013 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2014 zurück. Die Beklagte vertrat in den angefochtenen Bescheiden die Auffassung, dass die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe zwischen ihrem Versicherten und der Klägerin eingreife, so dass deshalb ein Anspruch auf Witwenrente nicht bestehe. Die Beklagte führte aus, dass die Vermutung der Versorgungsehe bestehe, weil die Ehe nicht länger als ein Jahr angedauert habe und besondere Umstände, die die Versorgungsehe widerlegen könnten nicht gegeben seien. Nicht maßgeblich sei in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin mit dem Versicherten schon einmal in erster Ehe verheiratet gewesen sei. Darüber hinaus hätten zwischen der Anmeldung der Eheschließung beim Standesamt und der eigentlichen Eheschließung im Klinikum Kassel lediglich fünf Tage gelegen. Der Ernst der gesundheitlichen Lage des Versicherten sei bekannt gewesen wenngleich die Krebserkrankung erst am 01.11./02.11. durch den Laborbefund bestätigt worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass mit Blick auf den Vortrag der Klägerin das Datum habe schon lange festgestanden, konkretere Hochzeitsvorbereitungen langfristiger Art auf diesen Termin getroffen worden seien. Darüber hinaus sei nach der amtlichen Meldeauskunft ersichtlich, dass der Versicherte auch erst ab dem 04.01.2011 wieder bei der Klägerin gemeldet gewesen sei.
Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Witwenrente weiter verfolgt.
Das Gericht hat zunächst bei den verschiedenen Ärzten Art und Umfang und Schwere der Erkrankung des Versicherten ermittelt. Der den damals Versicherten behandelnde Hausarzt E. bekundete, dass sich sowohl Klägerin als auch der Versicherte in langjähriger hausärztlicher Behandlung befunden hätten. Die Eheleute seien ihm sehr gut bekannt. Sie seien seit dem Jahr 1980 in erster Ehe verheiratet gewesen und hätten zusammen ein Kind. Nach familiären Problemen hätten sie sich dann scheiden lassen. Sie hätten sich aber immer gut verstanden. Sie hätten sich neu ineinander verliebt und lebten seitdem glücklich in einer Beziehung. Seit dem Jahr 1995 habe Herr A. seine Ehefrau wegen ihrer chronischen Erkrankung jahrelang gepflegt. Sie hätten sich am 31.10.2010 verlobt mit der Entscheidung, am 33. Jahrestag, also am 31.10.2012 erneut zu heiraten. Der Termin habe lange vor der Erkrankung festgestanden. Nach seiner Einschätzung sei der Klägerin und dem Versicherten am Tag der Eheschließung die Krebserkrankung nicht bekannt gewesen. Er könne allerdings nur die Angaben der Angehörigen wiedergeben, die versicherten, dass sie zum genannten Zeitpunkt nicht gewusst hätten, wie schwer die Erkrankung sei. Beigefügt waren die vorläufigen und endgültigen Entlassungsberichte des Elisabeth-Krankenhauses in Kassel. Dort ergibt sich, dass der Versicherte dort vom 18.10.2012 bis zum 23.10.2012 in der stationären Behandlung gewesen ist, nachdem er zwei Wochen zuvor über Oberbauch-/Rückenschmerzen und intermittierende Übelkeit geklagt habe. In den bildgebenden Untersuchungen würden sowohl Rundherde in der Leber als auch der Lunge sichtbar, sowie eine gestaute geschwollene rechte Niere. In der Beurteilung wurde der Verdacht auf abszedierende Nephritis und Perinephritis mit Abszessbildung in der Leber sowie entlang des rechten Harnleiters geäußert. Differenzialdiagnostisch allerdings ein Nierenkarzinom mit ausgedehnter Nekrose und Metastasen in der Leber sowie entlang des rechten Harnleiters. Die rechte Niere sei massiv gestaut. Der Versicherte kam sodann ins Klinikum Kassel.
Das Klinikum Nordhessen, Urologische Abteilung, berichtete über die erstmalige Aufnahme des Versicherten am 23.10.2012 bis 07.12.2012. Die Überweisung sei erfolgt, da man zwischen einem bösartigen Tumor und einen Abszess im Elisabeth-Krankenhaus nicht weiter habe unterscheiden können. Noch in der Nacht am 23.10.2012 habe man ein CT mit Kontrastmitteln durchgeführt. Hier habe sich u. a. eine 6 x 4 cm große Raumforderung im mittleren Ureterdrittel mit konsekutiver Kompression rechts gezeigt. Der Befund spreche zusammenfassend von mehreren Lebermetastasen, von Lymphknotenmetastasen und von einer Harnstauungsniere rechts mit Hämatom und einem großen Tumor im Bereich des Harnleiters. Der schriftliche Befund sei allerdings erst am 30.10.2012 freigegeben worden. Laborchemisch hätten sich stark erhöhte Tumormarker und erhöhte Entzündungsparameter gezeigt. Man habe sich am 25.10.2012 unter der Verdachtsdiagnose eines fortgeschrittenen Tumors des oberen Harntraktes zu einer Operation entschlossen. Anlass für die Operation sei der hochgradige Verdacht auf Lymphknoten- und Lebermetastasen und eine zystische Raumforderung, der die rechte Niere komplett aufbrauche. Klinisch sei ein fortgeschrittenes Urothelkarzinom der Niere am wahrscheinlichsten gewesen. Nachdem die vorgesehene Operationsmethode scheiterte, entschloss sich das Operationsteam zur perkutanen Ableitung. Die Biopsien wurden zur histologischen Eiluntersuchung eingesandt. Zusammenfassend hätte die Operation den Nachweis eines vollständigen Harnleiterverschlusses erbracht und die Funktion der gestauten Niere habe einen Abszess ausschließen können. Wider Erwarten habe der Befund der Biopsien aber keinen eindeutigen Nachweis eines bösartigen Tumors erbracht. Zu diesem Zeitpunkt habe weiterhin der dringende Tumorverdacht bestanden, aber kein histologischer Beweis. Daraufhin habe man den Fall in der Tumorkonferenz am 29.10.2012 besprochen und eine Gewebsprobeentnahme der Lebermetastasen beschlossen. Diese Gewebsprobe sei am 01.11.2012 durchgeführt worden und histologisch sei dann der Nachweis des Karzinoms am 02.11.2012 geführt worden. Letztlich seien bis zum 31.10.2012 weder den behandelnden Ärzten noch dem Patienten und seiner Ehefrau eindeutig die Diagnose der Erkrankung und der Schweregrad bekannt gewesen. Es habe allerdings eine Verdachtsdiagnose bestanden, die letztlich histologisch am 02.11.2012 bestätigt worden sei. Allerdings habe bis zum histologischen Beweis des in der Leber metastasierten Tumors am 02.11.2012 der klinisch dringende Verdacht auf das Vorliegen einer fortgeschrittenen bösartigen Erkrankung bestanden, welche allerdings nicht abgesichert gewesen sei. Der Patient sei mit der jeweiligen Aufklärung über den Befund und die Zielsetzung aufgeklärt worden und zwar am 24.10. für die am 25.10. urologische Operation und am 31.10. für die Leberbiopsie.
Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor, weder ihr noch ihrem verstorbenen Ehemann seien das Ausmaß der Erkrankung und auch die Perspektive bekannt gewesen. Die Eheschließung sei lange geplant gewesen. Die Eheschließung in der zweiten Hälfte des Jahres 2012 beruhe insbesondere darauf, dass die Klägerin sich dieses besondere Datum, den 31.10., für die Eheschließung gewünscht habe. Aus den medizinischen Unterlagen in der Akte ergebe sich, dass die Vermutung nicht gerechtfertigt sei, dass alleiniger oder überwiegender Zweck der Eheschließung die Versorgung der Klägerin sei. Der Ehemann der Klägerin sei erstmals im Oktober 2012 schwer erkrankt. Bis zur Eheschließung sei das Ausmaß der schwerwiegenden Erkrankung nicht bekannt gewesen. Im Elisabeth-Krankenhaus seien die Ärzte zunächst von einem entzündlichen Geschehen ausgegangen und auch die Biopsie habe vorerst keinen Anhalt für Bösartigkeit ergeben. Das gesamte Ausmaß der Tumorerkrankung sei erst am 02.11.2012 nach einer Operation deutlich geworden. Die Eheleute hätten zum Zeitpunkt der Eheschließung keinerlei Kenntnis von der lebensbedrohlichen Erkrankung und Schwere der Erkrankung gehabt. Der Eheschließungstermin habe seit längerem festgestanden. Darüber hinaus habe am 31.10.2010 die Verlobung stattgefunden. Hierbei seien die Tochter der Eheleute A., Frau D. D. mit ihrem Ehemann Herrn F. D., anwesend gewesen. Ferner sei der Sohn der Klägerin, G. G. mit seiner Ehefrau H. G., anwesend gewesen. Von der Verlobungsfeier aus angerufen worden seien die beiden weiteren Kinder der Klägerin, Frau J. J. und der Sohn der Klägerin Herr F. K. Etwas später habe man eine Frau L. über die Verlobung und die Friseurin unterrichtet und auch frühzeitig den behandelnden Hausarzt. Der verstorbene Ehemann der Klägerin habe partout am 33. Jahrestag des Kennenlernens, also am 31.10.2012, heiraten wollen. Auch der 31.10.2011 sei für ihn als Hochzeitsdatum nicht in Betracht gekommen. Die Klägerin habe telefonisch mit dem Standesamt Kontakt aufgenommen um das "Aufgebot" zu klären. Man habe ihr mitgeteilt, dass das heutzutage nicht mehr nötig sei mehrere Wochen im Voraus die Eheschließungsabsicht anzuzeigen. Man könne das Standesamt aufsuchen und sei eine Stunde später verheiratet. Am 26.10.2012 habe sie Kontakt mit dem Standesamt aufgenommen, weil man sich gefragt habe, ob man das Eheschließungsdatum einhalten könne. Der Standesbeamte habe ihr mitgeteilt, dass der Ort der Eheschließung nicht relevant sei, man könne auch in der Klinik heiraten. So sei es dann gekommen, die Standesbeamtin Frau M. habe in der Klinik die Trauung vollzogen. Die Feierlichkeit im Rahmen der Eheschließung habe ursprünglich bei der Klägerin und ihrem Ehemann im Kreis der Familie zu Hause stattfinden sollen. In der Familie der Klägerin sei es üblich, dass derartige Feiern zu Hause ausgerichtet würden. Üblicherweise bereite man die Speisen selber zu und andere Familienangehörige brächten entsprechend Kuchen, Salat oder anderes Essen mit. So sei es auch für die Eheschließung geplant gewesen. Geplant gewesen sei, dass die neue Eheschließung mit Ausnahme der Tatsache, dass die Eltern beider Ehepartner nicht mehr gelebt hätten, im gleichen Rahmen abgehalten werden sollte wie die ursprüngliche Eheschließung nämlich zu Hause und selber vorbereitet. Die Kinder seien informiert und eingeladen gewesen. Die Einladung sei mündlich erfolgt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 04.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2014 aufzuheben und die Beklagte zur verurteilen, der Klägerin eine große Witwenrente nach dem Versicherten C. A. zu zahlen.
Der Vertreter des Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer Auffassung fest. Zutreffend sei zwar, dass der definitive Befund, der zum Ausschluss von kurativen Maßnahmen geführt habe, erst am 02.11.2012 vorgelegen habe, allerdings sei bereits im Befund des Elisabeth-Krankenhauses differenzialdiagnostisch ein metastasierendes Tumorleiden angesprochen, ferner seien Lebermetastasen und Raumforderungen im Bereich des rechten Harnleiters am 25.10.2012 im am 30.10.2012 freigegebenen Befund zu ersehen und auch der Tumormarker sei erhöht. Bei der Operation am 25.10. sei von einem klinisch fortgeschrittenen Karzinom der Niere mit äußerster Wahrscheinlichkeit die Rede gewesen. Zusammenfassend ergebe sich, dass ab der Aufnahme im Klinikum Kassel am 23.10.2012 der dringende Verdacht auf das Vorliegen einer fortgeschrittenen bösartigen Erkrankung bestanden habe und der Ehemann der Klägerin hierüber im Rahmen der durchgeführten Diagnostik und Operation ärztlicherseits jeweils aufgeklärt worden sei. Am 26.10.2012 habe man die Eheschließung angemeldet, einen Tag nach der am 25.10.2012 stattgehabten Operation. Sicherlich sei zutreffend, dass der Ehemann der Klägerin zum Zeitpunkt der Eheschließung noch nicht vollumfänglich über die fortgeschrittene Tumorerkrankung und deren Folgen informiert sei, wohl aber sicherlich nach den ärztlichen Angaben über den klinischen dringenden Verdacht auf das Vorliegen einer fortgeschrittenen bösartigen Erkrankung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Akte der Beklagten Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen G. G., H. G., F. D., J. J., D. D. und F. K ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22.12.2016 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Die Bescheide erweisen sich nach einer Überprüfung durch das Gericht als rechtmäßig. Der Klägerin steht die Witwenrente nicht zu.
Für Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, besteht nach dem Tod des versicherten Ehegatten bei Erfüllung der in § 46 SGB VI im Einzelnen genannten Voraussetzungen ein Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente. Nach § 46 Abs. 2a SGB VI haben Witwen oder Witwer, deren Ehe nicht vor dem 01.01.2002 geschlossen wurde, allerdings keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach § 46 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB VI, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Bei der Klägerin sind die allgemeinen Voraussetzungen für die Witwenrente erfüllt. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hatte und dass die Klägerin deshalb Anspruch auf große Witwenrente haben kann, weil sie im Sinne von § 46 Abs. 2 Nr. 3 erwerbsgemindert ist und auch nicht wieder verheiratet ist. Streitig ist zwischen den Beteiligten allein die Frage, ob die Annahme einer Versorgungsehe seitens der Beklagten gerechtfertigt ist und der Anspruch deshalb ausgeschlossen ist.
Wie das Hessische Landessozialgericht in seinem Urteil vom 24.07.2015 (L 5 R 39/14, zitiert nach juris) unter Bezugnahme auf Rechtsprechung ausgeführt hat, folgt die gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer sogenannten Versorgungsehe in einer typisierenden Betrachtungsweise und hat in erster Linie den Zweck, den Leistungsträger in jedem Einzelfall einer unter Umständen schwierigen Motivforschung mit aufwändigen Ermittlungen im Bereich der privaten Lebensführung und der Intimsphäre des verstorbenen Ehegatten und des Hinterbliebenen zu entheben. Da es sich um eine widerlegbare Vermutung handelt, besteht andererseits jedoch für die Antragssteller die Möglichkeit, unter Hinweis auf die " besonderen Umstände" den Nachweis zu führen, dass die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe in ihrem konkreten Fall gerade nicht gerechtfertigt erscheint. Eine solche Vermutung ist nach der Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts nur dann widerlegt, wenn die Abwägung aller zur Eheschließung führenden Motive beider Ehegatten ergibt, dass es insgesamt nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe bzw. dem Witwer eine Versorgung zu verschaffen. Für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe ist der Vollbeweis des Gegenteils zu erbringen. Im Ergebnis führt dies eingedenk des Grundsatzes der Amtsermittlungspflichten dazu, dass die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nach dem Grundsatz der sogenannten objektiven Beweislast von den Klägern zu tragen sind. Als Anhaltspunkte und Anknüpfungstatsachen für die Einzelfallbetrachtung sind das Lebensalter des verstorbenen Ehegatten sowie die Todesursachen in den Blick zu nehmen. Eine bereits länger bestehende Erkrankung mit schweren Folgen kann eher auf einen alsbaldigen Tod des Ehegatten hindeuten als ein unvorhergesehenes Ereignis wie ein plötzlicher Herzinfarkt oder ein Unfall. Allgemeine Gesichtspunkte, die in unterschiedlich starker Ausprägung bei jeder Eheschließung als Motiv eine Rolle spielen, sind für sich genommen noch nicht die besonderen Umstände im Sinne von § 46 Abs. 2a SGB VI. Solche allgemeinen Motive sieht das Hessische Landessozialgericht in der zitierten Entscheidung z. B. in dem Wunsch, nicht mehr allein sein zu wollen, in der Absicht eine Lebensgemeinschaft auf Dauer begründen zu wollen, in dem Bedürfnis, sich zum Ehepartner bekennen zu wollen oder in ähnlichen vergleichbaren Beweggründen. Entscheidend sei es, ob bei einer Gesamtschau der zur Eheschließung führenden Motive zumindest für einen beider Ehegatten die vermutete Versorgungsabsicht erkennbar keine oder jedenfalls nicht die überwiegende Rolle gespielt habe.
Zur Überzeugung der Kammer ist der Klägerin der zweifelsfreie Vollbeweis der Widerlegung der gesetzlichen Vermutung der Versorgungsehe nicht gelungen. Zwar geht die Kammer nach den Schilderungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung und auch nach dem Eindruck, den die Kammer von der Klägerin gewonnen hat, durchaus davon aus, dass es der erklärte Wunsch vermutlich aus wiederaufkeimender Liebe der Klägerin und des Verstorbenen war, erneut ein Paar zu werden und auch zu heiraten. Allerdings reicht dieses allgemeine Motiv für die Widerlegung der Versorgungsehe nicht aus. Die Kammer ist nicht mit letzter Sicherheit davon überzeugt, dass hier derart besondere Umstände im Vollbeweis vorliegen, die die Annahme einer Versorgungsehe widerlegen könnten. Soweit die Klägerin schriftsätzlich vorgetragen hat, der Hochzeitstermin habe schon lange festgestanden und hierfür seien auch die Einladungen ausgesprochen worden mündlich, so bleiben für die Kammer Zweifel. Diese begründen sich zum einen darin, dass die Klägerin von einer Verlobungsfeier im Jahr 2010 mit Gästen schriftsätzlich berichtet hatte. Bei der Vernehmung der Klägerin und auch der Zeugen hat sich allerdings herausgestellt, dass dies bereits nicht stimmig vorgetragen war. Nach dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung war niemand bei der Verlobungsfeier anwesend. Auch konnte keiner der Zeugen bestätigen, dass der Verstorbene unbedingt am 33. Kennenlerntag die Klägerin heiraten wollte. Für die Kammer hat sich aufgrund der Beweisaufnahme und der Befragung der Klägerin und der Zeugen der Eindruck ergeben, dass letztlich alle Zeugen und die Klägerin bemüht waren, den 31.10.2012 als lange geplantes und besonders wichtiges Datum darzustellen, ohne hierzu weitere konkrete, den Klägervortrag bestätigende Angaben machen zu können. Hierzu ist anzumerken, dass in der Klagebegründung vorgetragen ist – was aber auch ein Versehen sein könnte – dass der Klägerin und nicht dem Verstorbenen das Datum so wichtig war. Nach dem Eindruck der Kammer war jeder der Zeugen bemüht, das Datum als etwas Besonderes zu erinnern und herauszustellen, wobei es für die Kammer nicht mit Sicherheit feststeht, dass tatsächlich der Entschluss zu Hochzeit mit konkreten Einladungen und Planungen losgelöst von der Erkrankung des Verstorbenen feststand. Auffällig für die Kammer war auch, dass jeder der Zeugen dieses genaue Datum benennen konnte, aber sonstige konkrete Details nicht in dem Sinne. So konnte z. B. die Zeugin D. D. nicht mehr das genaue Jahr nennen, wann sie mit ihren Eltern Urlaub im Bayrischen Wald gemacht hat. Das Hochzeitsdatum indes wusste sie genau, während sie nicht näher angeben konnte, wann die Einladungen für die Hochzeit genau ausgesprochen wurden (nur das Jahr 2011). Demgegenüber hat der Zeuge F. D. erst von einer Einladung im September 2012, also einen Monat vor der Eheschließung etwas mitgeteilt. Anderseits erfolgte eine mögliche Einladung zur Hochzeit an die Tochter der Klägerin J. J. um die Sommerzeit im Jahr 2012. Die Zeugin J. J. z. B. konnte aber weder konkrete Angaben dazu machen, ob und wann ihre Eltern wieder zusammen gewohnt haben noch wann konkret die Einladung ausgesprochen wurde, allerdings konnte sie sich einzig einigermaßen nachvollziehbar an das genaue Hochzeitsdatum erinnern. Der Zeuge G. G. hat von sich selber erzählt, dass er sich im Grunde keinerlei Termin merken kann, weil er am Tag über 100 Telefonate führe und beruflich stark eingespannt sei. Gleichwohl konnte er konkret den 31.10.2012 benennen. Weder wusste er allerdings, wann Einladungen ausgesprochen waren, noch war er selbst bei der Hochzeit aus beruflichen Gründen anwesend. Auch dessen Ehefrau, H. G., konnte sich sehr konkret an das Ehedatum erinnern, konnte aber, obwohl sie offenkundig und auch ihr Mann ein gutes Verhältnis zu Herrn A. hatten und dieser bis zum Jahr 2011 bei ihnen gewohnt hatte, keine konkreten Angaben darüber machen, warum dieses Hochzeitsdatum für Herrn A. so besonders gewesen war, noch konnte sie davon berichten, dass Herr A. von konkreten Hochzeitsplänen, obwohl er bis zum Jahr 2011 dort gewohnt hat, gesprochen hatten. Lediglich, wenn alle mal zusammen saßen, schien abstrakt darüber gesprochen worden zu sein. Auch an die genauen Umstände der Einladung, wenn auch mündlich, konnte sich diese Zeugin nicht erinnern. Für die Kammer hat sich der Eindruck ein wenig verfestigt, dass im Vorfeld zur Beweisaufnahme möglicherweise Gespräche geführt worden sind, um die Daten genauer zu erinnern. Jedenfalls war die Kammer nicht mit letzter Gewissheit davon überzeugt, dass losgelöst von der schweren Erkrankung des Klägers das Hochzeitsdatum so wie es schriftsätzlich vorgetragen war, festgestanden hat. Hierfür spricht z. B. auch die Tatsache, dass die Anmeldung der Hochzeit am 26.10. einen Tag nach der Biopsie unter dem schweren und dringenden Verdacht einer fortgeschrittenen Krebsoperation stattfand. Die Kammer ist nach den Auskünften der Ärzte auch davon überzeugt, dass der Verstorbene vollumfänglich über den dringenden Verdacht einer weiter fortgeschrittenen Krebserkrankungen mit diversen Metastasen spätestens seit der Einlieferung ins Klinikum am 23. und im Rahmen der Aufklärung vor der Operation am 25.10. informiert war. Auch geht die Kammer davon aus, dass nach der Operation seitens der Ärzte dem Verstorbenen mitgeteilt wurde, dass ein Abszess an der Niere auszuschließen war. Nach den all den ärztlichen Berichten, insbesondere nach den Mitteilungen des Arztes des Klinikums Kassel ist davon auszugehen, dass der Verstorbene über ein schweres tumoröses fortgeschrittenes Geschehen, bei dem letztlich nur der Biopsiebefund noch ausstand, informiert war. Klinisch stellte sich dies für die Ärzte jedenfalls so dar und diese haben nach ihren Angaben den Kläger über den Verdacht sowie die Zielsetzung der OP sowie der weiteren Diagnostik informiert. Möglicherweise wusste die Klägerin selbst hierüber zu diesem Zeitpunkt nicht vollumfänglich Bescheid. Die Kammer geht allerdings davon aus, dass für den Verstorbenen aufgrund der Gespräche mit den Ärzten mit annähernder Sicherheit festgestanden hat, dass sich für die Ärzte zunehmend seit der Einlieferung am 23.10. das klinische Bild einer fortgeschrittenen tumorösen Erkrankung ergab. Für die Kammer erklärt sich deshalb auch, dass offenbar der Verstorbene die Klägerin gebeten hat, die Hochzeit im Krankenhaus zu organisieren und am 26. die Hochzeit beim Standesamt anzumelden. Dies stellt sich jedenfalls als eine gut erklärbare Möglichkeit dar. Wenn die Klägerin erklärt hat, das mag ihr Eindruck gewesen sein, dass der Versicherte sie niemals geheiratet hätte, hätte er geahnt, welche schwere Erkrankung er habe, so ist es für die Kammer nicht wirklich von der Klägerin nachvollziehbar erläutert. Vielmehr ist es durchaus auch möglich und besonderer Ausdruck von Liebe und Fürsorge für die pflegebedürftige Klägerin, gerade zu heiraten, um die Versorgung angesichts einer schwerwiegenden Erkrankung sicher zu stellen. Für die Kammer sind auch keine konkreten Hochzeitsvorbereitungen erkennbar. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Hochzeitsfeier im häuslichen Rahmen stattfinden sollte, so handelt es sich doch um ein besonderes Datum für alle Beteiligten, so dass die Kammer davon ausgeht, dass mit einer gewissen Konkretheit nicht erst nur kurz vorher Art und Umfang der Feierlichkeit und die Essenvorbereitungen besprochen und geplant werden. Konkretere Vorbereitungen sind hier in keiner Weise etwas langfristiger erkennbar. Auch stellt es sich nach der Befragung der Klägerin und der Zeugen so dar, dass evtl. ausgesprochene Hochzeitseinladungen zu völlig unterschiedlichen Daten (Jahren) ausgesprochen worden sind. Dies weckt zumindest Zweifel daran, dass wirklich das Datum losgelöst von der Erkrankung unverrückbar gewesen ist. Letztlich verbleiben für die Kammer zumindest solche Zweifel am Gesamtgeschehen, dass die Annahme einer Widerlegung der Vermutung im Vollbeweis nicht möglich erscheint.
Für die Kammer bleibt vielmehr ein augenfälliger Zusammenhang zwischen der Anmeldung der Ehe am Tag nach der Operation, dem 26.10.2012 und der dann kurzfristig am 31.10.2012 durchgeführten Eheschließung, einen Tag vor der Gewebsentnahme aus der Leber, die dann letztlich definitiv den Nachweis des Karzinomverdachtes erbrachte. Es mag sein, dass die Klägerin auch von ihrem verstorbenen Ehemann selber nicht über die Einzelheiten der Erkrankung von ihrem Mann und dem Verdacht vor der Hochzeit informiert wurde. Zwar meint die Klägerin, der Verstorbene sei Niemand gewesen, der sie habe schonen wollen, allerdings passt hierzu nicht der Umstand, dass der Verstorbene nach der Entlassung aus dem Krankenhaus, zu einem Zeitpunkt zu dem kurative Maßnahmen nicht mehr in Frage standen, eine Norwegenreise für das Jahr 2016 geplant haben will. Dies kann sich die Kammer nur so erklären, dass möglicherweise der Verstorbene die Klägerin nicht beunruhigen wollte. Für die Kammer steht aber fest nach den Auskünften der Ärzte des Klinikums, dass der Verstorbene über jeden Schritt im Rahmen der Diagnostik aufgeklärt wurde und auch über die Zielsetzung und den klinischen dringenden Verdacht. Zumindest der Versicherte hatte zur Überzeugung der Kammer zum Zeitpunkt der Eheschließung doch relativ präzise Kenntnisse hinsichtlich eines zumindest dringenden Verdachts auf eine schwere fortgeschrittene tumoröse Erkrankung und damit über einen schweren Krankheitsverlauf. Diese Umstände, sowie der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Anmeldung der Eheschließung und der Trauung als solcher sowie die Umstände, dass trotz des Wunsches der Klägerin die Hochzeit offenbar nicht von dem Ehemann verschoben werden sollte, lassen für die Kammer darauf schließen, dass es zumindest für den Versicherten klar erkennbar war, dass er die Ehe unter dem dringenden Verdacht einer schwerwiegenden tumorösen Erkrankung mit völligem Aufgebrauch der rechten Niere eingegangen ist. Diese Umstände sprechen für die Kammer gewichtiger, als der auch nicht ganz stringente Vortrag der Klägerin von der Verlobung und dem besonders wichtigen Datum der Eheschließung mit Planungen sowie Einladungen über einen Zeitraum von zwei Jahren. Selbst eingedenk der Tatsache, dass es nur eine Familienfeierlichkeit werden sollte, sind die Angaben zu den konkreten Einladungen und Vorbereitungen hier so divergierend und "dünn", dass die Kammer jedenfalls aus diesen Hochzeitsvorbereitungen und Einladungen heraus konkrete Hochzeitsvorbereitungen langfristiger/konkreter Art nicht erkennen konnte. Auch verbleiben Zweifel, ob tatsächlich das Hochzeitsdatum losgelöst von der schwerwiegenden Erkrankung zwei Jahre lang vorher bereits feststand. Hiervon ist die Kammer nicht im Sinne eines Vollbeweises derart überzeugt, dass die Vermutung widerlegt sein könnte. Diese Zweifel gehen hier zu Lasten der beweisbelasteten Klägerin, die sich eines Anspruchs auf Witwenrente berühmt und diese Vermutung im Vollbeweis zu widerlegen hat. Zur Überzeugung der Kammer ist ihr das nicht mit der hundertprozentigen Sicherheit gelungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zur erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin nach ihrem am xx.xx.2013 verstorbenen Ehemann C. A. einen Anspruch auf Witwenrente gegenüber der Beklagten hat.
Die Klägerin war mit dem bei der Beklagten versicherten C. A. in erster Ehe vom 18.08.1980 bis - nach Aktenlage - 23.05.2000 verheiratet. Aus dieser ersten Ehe ging ein Kind hervor, D. D. Die Klägerin hat allerdings aus einer ersten Ehe vier weitere Kinder mit in die Ehe mit dem Versicherten gebracht. Nach der Trennung hielten die Geschiedenen Kontakt und am 31.10.2012 heiratete die Klägerin den Versicherten im Klinikum Kassel ein zweites Mal. Knapp acht Monate später verstarb der Versicherte an seinem schweren fortgeschrittenen Krebsleiden. Die Klägerin selber bezieht schon lange Erwerbsunfähigkeitsrente und hat die Pflegestufe II. Der Eheschließung ging nach ihren Angaben eine Verlobung zwischen der Klägerin und dem Versicherten am 31.10.2010 voraus, wobei allerdings niemand sonst anwesend war. Der Ehemann der Klägerin erkrankte im September 2012 sehr schwer und befand sich zunächst im Elisabeth-Krankenhaus, welches in das Klinikum Kassel zur weiteren Diagnostik überwies. Dabei geht die Kammer nach allen ärztlichen Berichten davon aus, dass die schwere Erkrankung schon länger vorhanden war, allerdings zu diesem Zeitpunkt letztlich erst spürbar ausbrach. Der Versicherte litt an einem fortgeschrittenen Urothelkarzinom der Niere sowie an Metastasen in der Leber. Histologisch wurde die Bösartigkeit der Tumore erst am 02.11.2012 gesichert.
Nach dem Tod des Versicherten beantragte die Klägerin Witwenrente, die von der Beklagten mit Bescheid vom 04.07.2013 abgelehnt wurde. Den dagegen am 24.07.2013 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2014 zurück. Die Beklagte vertrat in den angefochtenen Bescheiden die Auffassung, dass die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe zwischen ihrem Versicherten und der Klägerin eingreife, so dass deshalb ein Anspruch auf Witwenrente nicht bestehe. Die Beklagte führte aus, dass die Vermutung der Versorgungsehe bestehe, weil die Ehe nicht länger als ein Jahr angedauert habe und besondere Umstände, die die Versorgungsehe widerlegen könnten nicht gegeben seien. Nicht maßgeblich sei in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin mit dem Versicherten schon einmal in erster Ehe verheiratet gewesen sei. Darüber hinaus hätten zwischen der Anmeldung der Eheschließung beim Standesamt und der eigentlichen Eheschließung im Klinikum Kassel lediglich fünf Tage gelegen. Der Ernst der gesundheitlichen Lage des Versicherten sei bekannt gewesen wenngleich die Krebserkrankung erst am 01.11./02.11. durch den Laborbefund bestätigt worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass mit Blick auf den Vortrag der Klägerin das Datum habe schon lange festgestanden, konkretere Hochzeitsvorbereitungen langfristiger Art auf diesen Termin getroffen worden seien. Darüber hinaus sei nach der amtlichen Meldeauskunft ersichtlich, dass der Versicherte auch erst ab dem 04.01.2011 wieder bei der Klägerin gemeldet gewesen sei.
Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Witwenrente weiter verfolgt.
Das Gericht hat zunächst bei den verschiedenen Ärzten Art und Umfang und Schwere der Erkrankung des Versicherten ermittelt. Der den damals Versicherten behandelnde Hausarzt E. bekundete, dass sich sowohl Klägerin als auch der Versicherte in langjähriger hausärztlicher Behandlung befunden hätten. Die Eheleute seien ihm sehr gut bekannt. Sie seien seit dem Jahr 1980 in erster Ehe verheiratet gewesen und hätten zusammen ein Kind. Nach familiären Problemen hätten sie sich dann scheiden lassen. Sie hätten sich aber immer gut verstanden. Sie hätten sich neu ineinander verliebt und lebten seitdem glücklich in einer Beziehung. Seit dem Jahr 1995 habe Herr A. seine Ehefrau wegen ihrer chronischen Erkrankung jahrelang gepflegt. Sie hätten sich am 31.10.2010 verlobt mit der Entscheidung, am 33. Jahrestag, also am 31.10.2012 erneut zu heiraten. Der Termin habe lange vor der Erkrankung festgestanden. Nach seiner Einschätzung sei der Klägerin und dem Versicherten am Tag der Eheschließung die Krebserkrankung nicht bekannt gewesen. Er könne allerdings nur die Angaben der Angehörigen wiedergeben, die versicherten, dass sie zum genannten Zeitpunkt nicht gewusst hätten, wie schwer die Erkrankung sei. Beigefügt waren die vorläufigen und endgültigen Entlassungsberichte des Elisabeth-Krankenhauses in Kassel. Dort ergibt sich, dass der Versicherte dort vom 18.10.2012 bis zum 23.10.2012 in der stationären Behandlung gewesen ist, nachdem er zwei Wochen zuvor über Oberbauch-/Rückenschmerzen und intermittierende Übelkeit geklagt habe. In den bildgebenden Untersuchungen würden sowohl Rundherde in der Leber als auch der Lunge sichtbar, sowie eine gestaute geschwollene rechte Niere. In der Beurteilung wurde der Verdacht auf abszedierende Nephritis und Perinephritis mit Abszessbildung in der Leber sowie entlang des rechten Harnleiters geäußert. Differenzialdiagnostisch allerdings ein Nierenkarzinom mit ausgedehnter Nekrose und Metastasen in der Leber sowie entlang des rechten Harnleiters. Die rechte Niere sei massiv gestaut. Der Versicherte kam sodann ins Klinikum Kassel.
Das Klinikum Nordhessen, Urologische Abteilung, berichtete über die erstmalige Aufnahme des Versicherten am 23.10.2012 bis 07.12.2012. Die Überweisung sei erfolgt, da man zwischen einem bösartigen Tumor und einen Abszess im Elisabeth-Krankenhaus nicht weiter habe unterscheiden können. Noch in der Nacht am 23.10.2012 habe man ein CT mit Kontrastmitteln durchgeführt. Hier habe sich u. a. eine 6 x 4 cm große Raumforderung im mittleren Ureterdrittel mit konsekutiver Kompression rechts gezeigt. Der Befund spreche zusammenfassend von mehreren Lebermetastasen, von Lymphknotenmetastasen und von einer Harnstauungsniere rechts mit Hämatom und einem großen Tumor im Bereich des Harnleiters. Der schriftliche Befund sei allerdings erst am 30.10.2012 freigegeben worden. Laborchemisch hätten sich stark erhöhte Tumormarker und erhöhte Entzündungsparameter gezeigt. Man habe sich am 25.10.2012 unter der Verdachtsdiagnose eines fortgeschrittenen Tumors des oberen Harntraktes zu einer Operation entschlossen. Anlass für die Operation sei der hochgradige Verdacht auf Lymphknoten- und Lebermetastasen und eine zystische Raumforderung, der die rechte Niere komplett aufbrauche. Klinisch sei ein fortgeschrittenes Urothelkarzinom der Niere am wahrscheinlichsten gewesen. Nachdem die vorgesehene Operationsmethode scheiterte, entschloss sich das Operationsteam zur perkutanen Ableitung. Die Biopsien wurden zur histologischen Eiluntersuchung eingesandt. Zusammenfassend hätte die Operation den Nachweis eines vollständigen Harnleiterverschlusses erbracht und die Funktion der gestauten Niere habe einen Abszess ausschließen können. Wider Erwarten habe der Befund der Biopsien aber keinen eindeutigen Nachweis eines bösartigen Tumors erbracht. Zu diesem Zeitpunkt habe weiterhin der dringende Tumorverdacht bestanden, aber kein histologischer Beweis. Daraufhin habe man den Fall in der Tumorkonferenz am 29.10.2012 besprochen und eine Gewebsprobeentnahme der Lebermetastasen beschlossen. Diese Gewebsprobe sei am 01.11.2012 durchgeführt worden und histologisch sei dann der Nachweis des Karzinoms am 02.11.2012 geführt worden. Letztlich seien bis zum 31.10.2012 weder den behandelnden Ärzten noch dem Patienten und seiner Ehefrau eindeutig die Diagnose der Erkrankung und der Schweregrad bekannt gewesen. Es habe allerdings eine Verdachtsdiagnose bestanden, die letztlich histologisch am 02.11.2012 bestätigt worden sei. Allerdings habe bis zum histologischen Beweis des in der Leber metastasierten Tumors am 02.11.2012 der klinisch dringende Verdacht auf das Vorliegen einer fortgeschrittenen bösartigen Erkrankung bestanden, welche allerdings nicht abgesichert gewesen sei. Der Patient sei mit der jeweiligen Aufklärung über den Befund und die Zielsetzung aufgeklärt worden und zwar am 24.10. für die am 25.10. urologische Operation und am 31.10. für die Leberbiopsie.
Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor, weder ihr noch ihrem verstorbenen Ehemann seien das Ausmaß der Erkrankung und auch die Perspektive bekannt gewesen. Die Eheschließung sei lange geplant gewesen. Die Eheschließung in der zweiten Hälfte des Jahres 2012 beruhe insbesondere darauf, dass die Klägerin sich dieses besondere Datum, den 31.10., für die Eheschließung gewünscht habe. Aus den medizinischen Unterlagen in der Akte ergebe sich, dass die Vermutung nicht gerechtfertigt sei, dass alleiniger oder überwiegender Zweck der Eheschließung die Versorgung der Klägerin sei. Der Ehemann der Klägerin sei erstmals im Oktober 2012 schwer erkrankt. Bis zur Eheschließung sei das Ausmaß der schwerwiegenden Erkrankung nicht bekannt gewesen. Im Elisabeth-Krankenhaus seien die Ärzte zunächst von einem entzündlichen Geschehen ausgegangen und auch die Biopsie habe vorerst keinen Anhalt für Bösartigkeit ergeben. Das gesamte Ausmaß der Tumorerkrankung sei erst am 02.11.2012 nach einer Operation deutlich geworden. Die Eheleute hätten zum Zeitpunkt der Eheschließung keinerlei Kenntnis von der lebensbedrohlichen Erkrankung und Schwere der Erkrankung gehabt. Der Eheschließungstermin habe seit längerem festgestanden. Darüber hinaus habe am 31.10.2010 die Verlobung stattgefunden. Hierbei seien die Tochter der Eheleute A., Frau D. D. mit ihrem Ehemann Herrn F. D., anwesend gewesen. Ferner sei der Sohn der Klägerin, G. G. mit seiner Ehefrau H. G., anwesend gewesen. Von der Verlobungsfeier aus angerufen worden seien die beiden weiteren Kinder der Klägerin, Frau J. J. und der Sohn der Klägerin Herr F. K. Etwas später habe man eine Frau L. über die Verlobung und die Friseurin unterrichtet und auch frühzeitig den behandelnden Hausarzt. Der verstorbene Ehemann der Klägerin habe partout am 33. Jahrestag des Kennenlernens, also am 31.10.2012, heiraten wollen. Auch der 31.10.2011 sei für ihn als Hochzeitsdatum nicht in Betracht gekommen. Die Klägerin habe telefonisch mit dem Standesamt Kontakt aufgenommen um das "Aufgebot" zu klären. Man habe ihr mitgeteilt, dass das heutzutage nicht mehr nötig sei mehrere Wochen im Voraus die Eheschließungsabsicht anzuzeigen. Man könne das Standesamt aufsuchen und sei eine Stunde später verheiratet. Am 26.10.2012 habe sie Kontakt mit dem Standesamt aufgenommen, weil man sich gefragt habe, ob man das Eheschließungsdatum einhalten könne. Der Standesbeamte habe ihr mitgeteilt, dass der Ort der Eheschließung nicht relevant sei, man könne auch in der Klinik heiraten. So sei es dann gekommen, die Standesbeamtin Frau M. habe in der Klinik die Trauung vollzogen. Die Feierlichkeit im Rahmen der Eheschließung habe ursprünglich bei der Klägerin und ihrem Ehemann im Kreis der Familie zu Hause stattfinden sollen. In der Familie der Klägerin sei es üblich, dass derartige Feiern zu Hause ausgerichtet würden. Üblicherweise bereite man die Speisen selber zu und andere Familienangehörige brächten entsprechend Kuchen, Salat oder anderes Essen mit. So sei es auch für die Eheschließung geplant gewesen. Geplant gewesen sei, dass die neue Eheschließung mit Ausnahme der Tatsache, dass die Eltern beider Ehepartner nicht mehr gelebt hätten, im gleichen Rahmen abgehalten werden sollte wie die ursprüngliche Eheschließung nämlich zu Hause und selber vorbereitet. Die Kinder seien informiert und eingeladen gewesen. Die Einladung sei mündlich erfolgt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 04.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2014 aufzuheben und die Beklagte zur verurteilen, der Klägerin eine große Witwenrente nach dem Versicherten C. A. zu zahlen.
Der Vertreter des Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrer Auffassung fest. Zutreffend sei zwar, dass der definitive Befund, der zum Ausschluss von kurativen Maßnahmen geführt habe, erst am 02.11.2012 vorgelegen habe, allerdings sei bereits im Befund des Elisabeth-Krankenhauses differenzialdiagnostisch ein metastasierendes Tumorleiden angesprochen, ferner seien Lebermetastasen und Raumforderungen im Bereich des rechten Harnleiters am 25.10.2012 im am 30.10.2012 freigegebenen Befund zu ersehen und auch der Tumormarker sei erhöht. Bei der Operation am 25.10. sei von einem klinisch fortgeschrittenen Karzinom der Niere mit äußerster Wahrscheinlichkeit die Rede gewesen. Zusammenfassend ergebe sich, dass ab der Aufnahme im Klinikum Kassel am 23.10.2012 der dringende Verdacht auf das Vorliegen einer fortgeschrittenen bösartigen Erkrankung bestanden habe und der Ehemann der Klägerin hierüber im Rahmen der durchgeführten Diagnostik und Operation ärztlicherseits jeweils aufgeklärt worden sei. Am 26.10.2012 habe man die Eheschließung angemeldet, einen Tag nach der am 25.10.2012 stattgehabten Operation. Sicherlich sei zutreffend, dass der Ehemann der Klägerin zum Zeitpunkt der Eheschließung noch nicht vollumfänglich über die fortgeschrittene Tumorerkrankung und deren Folgen informiert sei, wohl aber sicherlich nach den ärztlichen Angaben über den klinischen dringenden Verdacht auf das Vorliegen einer fortgeschrittenen bösartigen Erkrankung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Akte der Beklagten Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen G. G., H. G., F. D., J. J., D. D. und F. K ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22.12.2016 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Die Bescheide erweisen sich nach einer Überprüfung durch das Gericht als rechtmäßig. Der Klägerin steht die Witwenrente nicht zu.
Für Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, besteht nach dem Tod des versicherten Ehegatten bei Erfüllung der in § 46 SGB VI im Einzelnen genannten Voraussetzungen ein Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente. Nach § 46 Abs. 2a SGB VI haben Witwen oder Witwer, deren Ehe nicht vor dem 01.01.2002 geschlossen wurde, allerdings keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach § 46 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB VI, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Einzelfalles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Bei der Klägerin sind die allgemeinen Voraussetzungen für die Witwenrente erfüllt. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hatte und dass die Klägerin deshalb Anspruch auf große Witwenrente haben kann, weil sie im Sinne von § 46 Abs. 2 Nr. 3 erwerbsgemindert ist und auch nicht wieder verheiratet ist. Streitig ist zwischen den Beteiligten allein die Frage, ob die Annahme einer Versorgungsehe seitens der Beklagten gerechtfertigt ist und der Anspruch deshalb ausgeschlossen ist.
Wie das Hessische Landessozialgericht in seinem Urteil vom 24.07.2015 (L 5 R 39/14, zitiert nach juris) unter Bezugnahme auf Rechtsprechung ausgeführt hat, folgt die gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer sogenannten Versorgungsehe in einer typisierenden Betrachtungsweise und hat in erster Linie den Zweck, den Leistungsträger in jedem Einzelfall einer unter Umständen schwierigen Motivforschung mit aufwändigen Ermittlungen im Bereich der privaten Lebensführung und der Intimsphäre des verstorbenen Ehegatten und des Hinterbliebenen zu entheben. Da es sich um eine widerlegbare Vermutung handelt, besteht andererseits jedoch für die Antragssteller die Möglichkeit, unter Hinweis auf die " besonderen Umstände" den Nachweis zu führen, dass die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe in ihrem konkreten Fall gerade nicht gerechtfertigt erscheint. Eine solche Vermutung ist nach der Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts nur dann widerlegt, wenn die Abwägung aller zur Eheschließung führenden Motive beider Ehegatten ergibt, dass es insgesamt nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe bzw. dem Witwer eine Versorgung zu verschaffen. Für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe ist der Vollbeweis des Gegenteils zu erbringen. Im Ergebnis führt dies eingedenk des Grundsatzes der Amtsermittlungspflichten dazu, dass die Folgen eines nicht ausreichenden Beweises nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nach dem Grundsatz der sogenannten objektiven Beweislast von den Klägern zu tragen sind. Als Anhaltspunkte und Anknüpfungstatsachen für die Einzelfallbetrachtung sind das Lebensalter des verstorbenen Ehegatten sowie die Todesursachen in den Blick zu nehmen. Eine bereits länger bestehende Erkrankung mit schweren Folgen kann eher auf einen alsbaldigen Tod des Ehegatten hindeuten als ein unvorhergesehenes Ereignis wie ein plötzlicher Herzinfarkt oder ein Unfall. Allgemeine Gesichtspunkte, die in unterschiedlich starker Ausprägung bei jeder Eheschließung als Motiv eine Rolle spielen, sind für sich genommen noch nicht die besonderen Umstände im Sinne von § 46 Abs. 2a SGB VI. Solche allgemeinen Motive sieht das Hessische Landessozialgericht in der zitierten Entscheidung z. B. in dem Wunsch, nicht mehr allein sein zu wollen, in der Absicht eine Lebensgemeinschaft auf Dauer begründen zu wollen, in dem Bedürfnis, sich zum Ehepartner bekennen zu wollen oder in ähnlichen vergleichbaren Beweggründen. Entscheidend sei es, ob bei einer Gesamtschau der zur Eheschließung führenden Motive zumindest für einen beider Ehegatten die vermutete Versorgungsabsicht erkennbar keine oder jedenfalls nicht die überwiegende Rolle gespielt habe.
Zur Überzeugung der Kammer ist der Klägerin der zweifelsfreie Vollbeweis der Widerlegung der gesetzlichen Vermutung der Versorgungsehe nicht gelungen. Zwar geht die Kammer nach den Schilderungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung und auch nach dem Eindruck, den die Kammer von der Klägerin gewonnen hat, durchaus davon aus, dass es der erklärte Wunsch vermutlich aus wiederaufkeimender Liebe der Klägerin und des Verstorbenen war, erneut ein Paar zu werden und auch zu heiraten. Allerdings reicht dieses allgemeine Motiv für die Widerlegung der Versorgungsehe nicht aus. Die Kammer ist nicht mit letzter Sicherheit davon überzeugt, dass hier derart besondere Umstände im Vollbeweis vorliegen, die die Annahme einer Versorgungsehe widerlegen könnten. Soweit die Klägerin schriftsätzlich vorgetragen hat, der Hochzeitstermin habe schon lange festgestanden und hierfür seien auch die Einladungen ausgesprochen worden mündlich, so bleiben für die Kammer Zweifel. Diese begründen sich zum einen darin, dass die Klägerin von einer Verlobungsfeier im Jahr 2010 mit Gästen schriftsätzlich berichtet hatte. Bei der Vernehmung der Klägerin und auch der Zeugen hat sich allerdings herausgestellt, dass dies bereits nicht stimmig vorgetragen war. Nach dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung war niemand bei der Verlobungsfeier anwesend. Auch konnte keiner der Zeugen bestätigen, dass der Verstorbene unbedingt am 33. Kennenlerntag die Klägerin heiraten wollte. Für die Kammer hat sich aufgrund der Beweisaufnahme und der Befragung der Klägerin und der Zeugen der Eindruck ergeben, dass letztlich alle Zeugen und die Klägerin bemüht waren, den 31.10.2012 als lange geplantes und besonders wichtiges Datum darzustellen, ohne hierzu weitere konkrete, den Klägervortrag bestätigende Angaben machen zu können. Hierzu ist anzumerken, dass in der Klagebegründung vorgetragen ist – was aber auch ein Versehen sein könnte – dass der Klägerin und nicht dem Verstorbenen das Datum so wichtig war. Nach dem Eindruck der Kammer war jeder der Zeugen bemüht, das Datum als etwas Besonderes zu erinnern und herauszustellen, wobei es für die Kammer nicht mit Sicherheit feststeht, dass tatsächlich der Entschluss zu Hochzeit mit konkreten Einladungen und Planungen losgelöst von der Erkrankung des Verstorbenen feststand. Auffällig für die Kammer war auch, dass jeder der Zeugen dieses genaue Datum benennen konnte, aber sonstige konkrete Details nicht in dem Sinne. So konnte z. B. die Zeugin D. D. nicht mehr das genaue Jahr nennen, wann sie mit ihren Eltern Urlaub im Bayrischen Wald gemacht hat. Das Hochzeitsdatum indes wusste sie genau, während sie nicht näher angeben konnte, wann die Einladungen für die Hochzeit genau ausgesprochen wurden (nur das Jahr 2011). Demgegenüber hat der Zeuge F. D. erst von einer Einladung im September 2012, also einen Monat vor der Eheschließung etwas mitgeteilt. Anderseits erfolgte eine mögliche Einladung zur Hochzeit an die Tochter der Klägerin J. J. um die Sommerzeit im Jahr 2012. Die Zeugin J. J. z. B. konnte aber weder konkrete Angaben dazu machen, ob und wann ihre Eltern wieder zusammen gewohnt haben noch wann konkret die Einladung ausgesprochen wurde, allerdings konnte sie sich einzig einigermaßen nachvollziehbar an das genaue Hochzeitsdatum erinnern. Der Zeuge G. G. hat von sich selber erzählt, dass er sich im Grunde keinerlei Termin merken kann, weil er am Tag über 100 Telefonate führe und beruflich stark eingespannt sei. Gleichwohl konnte er konkret den 31.10.2012 benennen. Weder wusste er allerdings, wann Einladungen ausgesprochen waren, noch war er selbst bei der Hochzeit aus beruflichen Gründen anwesend. Auch dessen Ehefrau, H. G., konnte sich sehr konkret an das Ehedatum erinnern, konnte aber, obwohl sie offenkundig und auch ihr Mann ein gutes Verhältnis zu Herrn A. hatten und dieser bis zum Jahr 2011 bei ihnen gewohnt hatte, keine konkreten Angaben darüber machen, warum dieses Hochzeitsdatum für Herrn A. so besonders gewesen war, noch konnte sie davon berichten, dass Herr A. von konkreten Hochzeitsplänen, obwohl er bis zum Jahr 2011 dort gewohnt hat, gesprochen hatten. Lediglich, wenn alle mal zusammen saßen, schien abstrakt darüber gesprochen worden zu sein. Auch an die genauen Umstände der Einladung, wenn auch mündlich, konnte sich diese Zeugin nicht erinnern. Für die Kammer hat sich der Eindruck ein wenig verfestigt, dass im Vorfeld zur Beweisaufnahme möglicherweise Gespräche geführt worden sind, um die Daten genauer zu erinnern. Jedenfalls war die Kammer nicht mit letzter Gewissheit davon überzeugt, dass losgelöst von der schweren Erkrankung des Klägers das Hochzeitsdatum so wie es schriftsätzlich vorgetragen war, festgestanden hat. Hierfür spricht z. B. auch die Tatsache, dass die Anmeldung der Hochzeit am 26.10. einen Tag nach der Biopsie unter dem schweren und dringenden Verdacht einer fortgeschrittenen Krebsoperation stattfand. Die Kammer ist nach den Auskünften der Ärzte auch davon überzeugt, dass der Verstorbene vollumfänglich über den dringenden Verdacht einer weiter fortgeschrittenen Krebserkrankungen mit diversen Metastasen spätestens seit der Einlieferung ins Klinikum am 23. und im Rahmen der Aufklärung vor der Operation am 25.10. informiert war. Auch geht die Kammer davon aus, dass nach der Operation seitens der Ärzte dem Verstorbenen mitgeteilt wurde, dass ein Abszess an der Niere auszuschließen war. Nach den all den ärztlichen Berichten, insbesondere nach den Mitteilungen des Arztes des Klinikums Kassel ist davon auszugehen, dass der Verstorbene über ein schweres tumoröses fortgeschrittenes Geschehen, bei dem letztlich nur der Biopsiebefund noch ausstand, informiert war. Klinisch stellte sich dies für die Ärzte jedenfalls so dar und diese haben nach ihren Angaben den Kläger über den Verdacht sowie die Zielsetzung der OP sowie der weiteren Diagnostik informiert. Möglicherweise wusste die Klägerin selbst hierüber zu diesem Zeitpunkt nicht vollumfänglich Bescheid. Die Kammer geht allerdings davon aus, dass für den Verstorbenen aufgrund der Gespräche mit den Ärzten mit annähernder Sicherheit festgestanden hat, dass sich für die Ärzte zunehmend seit der Einlieferung am 23.10. das klinische Bild einer fortgeschrittenen tumorösen Erkrankung ergab. Für die Kammer erklärt sich deshalb auch, dass offenbar der Verstorbene die Klägerin gebeten hat, die Hochzeit im Krankenhaus zu organisieren und am 26. die Hochzeit beim Standesamt anzumelden. Dies stellt sich jedenfalls als eine gut erklärbare Möglichkeit dar. Wenn die Klägerin erklärt hat, das mag ihr Eindruck gewesen sein, dass der Versicherte sie niemals geheiratet hätte, hätte er geahnt, welche schwere Erkrankung er habe, so ist es für die Kammer nicht wirklich von der Klägerin nachvollziehbar erläutert. Vielmehr ist es durchaus auch möglich und besonderer Ausdruck von Liebe und Fürsorge für die pflegebedürftige Klägerin, gerade zu heiraten, um die Versorgung angesichts einer schwerwiegenden Erkrankung sicher zu stellen. Für die Kammer sind auch keine konkreten Hochzeitsvorbereitungen erkennbar. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Hochzeitsfeier im häuslichen Rahmen stattfinden sollte, so handelt es sich doch um ein besonderes Datum für alle Beteiligten, so dass die Kammer davon ausgeht, dass mit einer gewissen Konkretheit nicht erst nur kurz vorher Art und Umfang der Feierlichkeit und die Essenvorbereitungen besprochen und geplant werden. Konkretere Vorbereitungen sind hier in keiner Weise etwas langfristiger erkennbar. Auch stellt es sich nach der Befragung der Klägerin und der Zeugen so dar, dass evtl. ausgesprochene Hochzeitseinladungen zu völlig unterschiedlichen Daten (Jahren) ausgesprochen worden sind. Dies weckt zumindest Zweifel daran, dass wirklich das Datum losgelöst von der Erkrankung unverrückbar gewesen ist. Letztlich verbleiben für die Kammer zumindest solche Zweifel am Gesamtgeschehen, dass die Annahme einer Widerlegung der Vermutung im Vollbeweis nicht möglich erscheint.
Für die Kammer bleibt vielmehr ein augenfälliger Zusammenhang zwischen der Anmeldung der Ehe am Tag nach der Operation, dem 26.10.2012 und der dann kurzfristig am 31.10.2012 durchgeführten Eheschließung, einen Tag vor der Gewebsentnahme aus der Leber, die dann letztlich definitiv den Nachweis des Karzinomverdachtes erbrachte. Es mag sein, dass die Klägerin auch von ihrem verstorbenen Ehemann selber nicht über die Einzelheiten der Erkrankung von ihrem Mann und dem Verdacht vor der Hochzeit informiert wurde. Zwar meint die Klägerin, der Verstorbene sei Niemand gewesen, der sie habe schonen wollen, allerdings passt hierzu nicht der Umstand, dass der Verstorbene nach der Entlassung aus dem Krankenhaus, zu einem Zeitpunkt zu dem kurative Maßnahmen nicht mehr in Frage standen, eine Norwegenreise für das Jahr 2016 geplant haben will. Dies kann sich die Kammer nur so erklären, dass möglicherweise der Verstorbene die Klägerin nicht beunruhigen wollte. Für die Kammer steht aber fest nach den Auskünften der Ärzte des Klinikums, dass der Verstorbene über jeden Schritt im Rahmen der Diagnostik aufgeklärt wurde und auch über die Zielsetzung und den klinischen dringenden Verdacht. Zumindest der Versicherte hatte zur Überzeugung der Kammer zum Zeitpunkt der Eheschließung doch relativ präzise Kenntnisse hinsichtlich eines zumindest dringenden Verdachts auf eine schwere fortgeschrittene tumoröse Erkrankung und damit über einen schweren Krankheitsverlauf. Diese Umstände, sowie der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Anmeldung der Eheschließung und der Trauung als solcher sowie die Umstände, dass trotz des Wunsches der Klägerin die Hochzeit offenbar nicht von dem Ehemann verschoben werden sollte, lassen für die Kammer darauf schließen, dass es zumindest für den Versicherten klar erkennbar war, dass er die Ehe unter dem dringenden Verdacht einer schwerwiegenden tumorösen Erkrankung mit völligem Aufgebrauch der rechten Niere eingegangen ist. Diese Umstände sprechen für die Kammer gewichtiger, als der auch nicht ganz stringente Vortrag der Klägerin von der Verlobung und dem besonders wichtigen Datum der Eheschließung mit Planungen sowie Einladungen über einen Zeitraum von zwei Jahren. Selbst eingedenk der Tatsache, dass es nur eine Familienfeierlichkeit werden sollte, sind die Angaben zu den konkreten Einladungen und Vorbereitungen hier so divergierend und "dünn", dass die Kammer jedenfalls aus diesen Hochzeitsvorbereitungen und Einladungen heraus konkrete Hochzeitsvorbereitungen langfristiger/konkreter Art nicht erkennen konnte. Auch verbleiben Zweifel, ob tatsächlich das Hochzeitsdatum losgelöst von der schwerwiegenden Erkrankung zwei Jahre lang vorher bereits feststand. Hiervon ist die Kammer nicht im Sinne eines Vollbeweises derart überzeugt, dass die Vermutung widerlegt sein könnte. Diese Zweifel gehen hier zu Lasten der beweisbelasteten Klägerin, die sich eines Anspruchs auf Witwenrente berühmt und diese Vermutung im Vollbeweis zu widerlegen hat. Zur Überzeugung der Kammer ist ihr das nicht mit der hundertprozentigen Sicherheit gelungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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