Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 22 AS 1637/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 270/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. März 2015 wird abgeändert und der Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 29. Oktober 2010 und 11. April 2011 verpflichtet, dem Kläger Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) auch für den Zeitraum von 1. bis 30. Mai 2010 zu gewähren. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihm für einen Monat zwischen zwei Bezugszeiträumen von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ebenfalls Leistungen zu gewähren.
Der hilfebedürftige Kläger bezog im Jahr 2010 bereits seit längerer Zeit Leistungen nach dem SGB II. Zuletzt waren ihm Leistungen für die Zeit bis zum 30. April 2010 bewilligt worden. In mehreren vorangegangen Leistungszeiträumen waren die Weiterbewilligungsunterlagen des Klägers erst im Monat nach Ablauf des vorangegangenen Leistungszeitraums beim Beklagten eingegangen. Der Beklagte hatte nahtlos Leistungen jeweils im Anschluss an den vorangegangenen Bewilligungszeitraum gewährt. Mit Schreiben vom 3. März 2010 (Beendigungsschreiben) informierte der Beklagte den Kläger über den bevorstehenden Ablauf der bis 30. April 2010 getroffenen Bewilligungsentscheidung. Darin hieß es unter anderem: "Bitte beachten Sie: Leistungen erhalten Sie frühestens ab dem Zeitpunkt der Antragstellung ". Dem Schreiben waren Formulare für den Weiterbewilligungsantrag beigefügt. Mit Schreiben vom 11. März 2010 forderte der Beklagte den Kläger zur Mitwirkung auf und forderte u.a. die Vorlage einer aktuellen Mietbescheinigung bis zum 28. März 2010 an. Eine Erinnerung an dieses Schreiben erfolgte unter dem 31. März 2010 mit Frist bis zum 17. April 2010. Mit Schreiben vom 25. März 2010, eingegangen am 31. März 2010 bat der Kläger den Beklagten um Geduld, u.a. wegen gesundheitlicher Probleme. Am 26. März 2010 erfolgte der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung mit Laufzeit bis zum 25. Februar 2011. Mit Schreiben vom 6. Mai 2010 erinnerte der Beklagte den Kläger und bezog sich dabei auf die vorausgegangenen Mitwirkungsschreiben.
Auf einem vom Kläger ausgefüllten Weiterbewilligungsantragsformular brachte der Beklagte einen Eingangsstempel vom 1. Juni 2010 auf. Weiter wurde ein zweiter Eingangsstempel vom 2. August 2010 angebracht. Mit Bewilligungsbescheid vom 20. August 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für die Zeit ab dem 1. August 2010. Mit Schreiben vom 17. September 2010 erhob der Kläger Widerspruch und stellte die Frage, warum der Weiterbewilligungsantrag vom Mai mit dem Eingangsdatum 1. Juni 2010 versehen worden sei, obwohl er extra zur Fristwahrung noch im Mai damit zum Standort des Beklagten gefahren sei. Mit Bewilligungsbescheid vom 29. Oktober 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger daraufhin Leistungen für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 31. Juli 2010. Mit Schreiben vom 28. November 2010 erhob der Kläger Widerspruch. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2011 zurück.
Am 13. Mai 2011 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Er begehrt die Gewährung von SGB II-Leistungen auch für den Monat Mai 2010. Er habe seinen Antrag am 31. Mai 2011 in den Hausbriefkasten des Beklagten geworfen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben über den Zeitpunkt der Antragstellung durch Vernehmung der Ehefrau des Klägers als Zeugin.
Mit Urteil vom 27. März 2015 hat das Sozialgericht der Klage nur zu einem geringen Teil stattgegeben, im Übrigen die Klage aber abgewiesen. Der Kläger habe einen Anspruch allein auf die Leistungsgewährung für den letzten Tag des Monats, den 31. Mai 2010. Das Gericht sei davon überzeugt, dass der Kläger den betreffenden Weiterbewilligungsantrag noch am 31. Mai 2010 bei dem Standort des Beklagten in den Hausbriefkasten geworfen habe. Im Übrigen, also für die Zeit vom 1. Mai 2010 bis 30. Mai 2010, sei die Klage jedoch abzuweisen. Anders als vom Kläger angenommen, wirke der Antrag nicht auf den Monatsersten zurück. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II damaliger Fassung würden Leistungen nach dem SGB II nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Auch der sozialrechtliche Herstellungsanspruch helfe nicht weiter. Das Bundessozialgericht habe zwar eine Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflicht in der Entscheidung B 4 AS 29/10 R bejaht. Kennzeichnend für jenen Fall sei aber, dass der Beklagte dort für den zweiten Leistungszeitraum eine Bewilligung völlig ohne Weiterbewilligungsantrag ausgesprochen hätte und anschließend ohne weitere Information im dritten Bewilligungsabschnitt die Leistungsfortsetzung vom Zeitpunkt des Eingangs des Weiterbewilligungsantrags abhängig gemacht habe. So liege der Fall hier nicht, weil die lückenlose Weiterbewilligung auch in früheren Leistungsabschnitten vom Vorliegen eines Antrags abhängig gemacht worden sei, wenn auch nicht immer von dessen rechtzeitigem Eingang. Insoweit ergebe sich aber aus der Entscheidung B 4 AS 99/10 R, dass der Beklagte seiner Aufklärungspflicht durch das so genannte Beendigungsschreiben (hier vom 3. März 2010) ausreichend nachkomme. Dieser schriftlich erteilte Hinweis sei auch dann ausreichend, wenn sich der Beklagte bei vorangegangenen Entscheidungen an diese gesetzliche Vorgabe nicht gehalten habe.
Gegen das am 22. Mai 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. Juni 2015 Berufung eingelegt. Er macht vor allem geltend, dass es auch zuvor zu sog. Beendigungsschreiben gekommen sei, ohne dass aber die dort angekündigte Folge eingetreten sei.
Der Kläger stellt den Antrag,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 27. März 2015 den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 29. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 11. April 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm Leistungen auch für den Zeitraum vom 1. bis 30 Mai 2010 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er stützt sich im Wesentlichen auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erklärt. Hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Prozessakte und die Sachakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht konnte nach § 155 Abs. 3, 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Berichterstatter entscheiden.
II. Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Leistungsansprüche des Klägers nicht bereits ab dem 1. Mai 2010 angenommen.
Der Senat verweist wegen der Einzelheiten der Begründung nach § 153 Abs. 2 SGG zunächst auf das angefochtene Urteil des Sozialgerichts. Der hilfebedürftige Kläger hat danach am 31. Mai 2010 den Weiterbewilligungsantrag gestellt. Leistungen für die Zeit vom 1. bis 30. Mai 2010 sind dem Kläger aber über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zuzusprechen.
Dieser setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft, verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (vgl. zu allem BSG, Urt. v. 18.1.2011 – B 4 AS 99/10 R und B 4 AS 29/10 R).
Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, den Kläger auf den Wechsel der ihm gegenüber gelebten Praxis einer Weiterbewilligung ab dem ersten Tag des Monats der Antragstellung in geeigneter Form hinzuweisen. Die Auskunfts- und Beratungspflicht des Beklagten erschöpfte sich hier nicht in der Bitte, rechtzeitig einen Weiterbewilligungsantrag zu stellen (vgl. B 4 AS 29/10 R), oder in der Übersendung eines sog. Beendigungsschreibens (so allerdings der Fall in B 4 AS 99/10 R). Denn in der Vergangenheit waren solche Beendigungsschreiben bereits übersandt worden und dennoch der verspätete Antrag auf den Monatsersten zurückbezogen worden (darin liegt der Unterschied zu dem Fall in B 4 AS 99/10 R). Dass es diesmal mit dem Beendigungsschreiben vom 3. März 2010 ernst gemeint war, konnte der Kläger nicht erkennen. Diese Pflichtverletzung ist auch kausal für den Umstand geworden, dass der Kläger nicht schon ab dem 1. Mai 2010 Leistungen zuerkannt wurden. Der Senat hat nach den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung keinen Zweifel daran, dass er bei Kenntnis von einem Wechsel dieser Praxis den Weiterbewilligungsantrag rechtzeitig gestellt hätte – mit derselben Zuverlässigkeit nämlich, mit der er angesichts der ihm gewohnten Praxis des Beklagten auf eine Antragstellung noch im Mai 2010 achtete. Der Kläger war also so zu stellen, als hätte er den Weiterbewilligungsantrag bereits am 1. Mai 2010 gestellt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, da kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG vorliegt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihm für einen Monat zwischen zwei Bezugszeiträumen von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ebenfalls Leistungen zu gewähren.
Der hilfebedürftige Kläger bezog im Jahr 2010 bereits seit längerer Zeit Leistungen nach dem SGB II. Zuletzt waren ihm Leistungen für die Zeit bis zum 30. April 2010 bewilligt worden. In mehreren vorangegangen Leistungszeiträumen waren die Weiterbewilligungsunterlagen des Klägers erst im Monat nach Ablauf des vorangegangenen Leistungszeitraums beim Beklagten eingegangen. Der Beklagte hatte nahtlos Leistungen jeweils im Anschluss an den vorangegangenen Bewilligungszeitraum gewährt. Mit Schreiben vom 3. März 2010 (Beendigungsschreiben) informierte der Beklagte den Kläger über den bevorstehenden Ablauf der bis 30. April 2010 getroffenen Bewilligungsentscheidung. Darin hieß es unter anderem: "Bitte beachten Sie: Leistungen erhalten Sie frühestens ab dem Zeitpunkt der Antragstellung ". Dem Schreiben waren Formulare für den Weiterbewilligungsantrag beigefügt. Mit Schreiben vom 11. März 2010 forderte der Beklagte den Kläger zur Mitwirkung auf und forderte u.a. die Vorlage einer aktuellen Mietbescheinigung bis zum 28. März 2010 an. Eine Erinnerung an dieses Schreiben erfolgte unter dem 31. März 2010 mit Frist bis zum 17. April 2010. Mit Schreiben vom 25. März 2010, eingegangen am 31. März 2010 bat der Kläger den Beklagten um Geduld, u.a. wegen gesundheitlicher Probleme. Am 26. März 2010 erfolgte der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung mit Laufzeit bis zum 25. Februar 2011. Mit Schreiben vom 6. Mai 2010 erinnerte der Beklagte den Kläger und bezog sich dabei auf die vorausgegangenen Mitwirkungsschreiben.
Auf einem vom Kläger ausgefüllten Weiterbewilligungsantragsformular brachte der Beklagte einen Eingangsstempel vom 1. Juni 2010 auf. Weiter wurde ein zweiter Eingangsstempel vom 2. August 2010 angebracht. Mit Bewilligungsbescheid vom 20. August 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für die Zeit ab dem 1. August 2010. Mit Schreiben vom 17. September 2010 erhob der Kläger Widerspruch und stellte die Frage, warum der Weiterbewilligungsantrag vom Mai mit dem Eingangsdatum 1. Juni 2010 versehen worden sei, obwohl er extra zur Fristwahrung noch im Mai damit zum Standort des Beklagten gefahren sei. Mit Bewilligungsbescheid vom 29. Oktober 2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger daraufhin Leistungen für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 31. Juli 2010. Mit Schreiben vom 28. November 2010 erhob der Kläger Widerspruch. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2011 zurück.
Am 13. Mai 2011 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Er begehrt die Gewährung von SGB II-Leistungen auch für den Monat Mai 2010. Er habe seinen Antrag am 31. Mai 2011 in den Hausbriefkasten des Beklagten geworfen.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben über den Zeitpunkt der Antragstellung durch Vernehmung der Ehefrau des Klägers als Zeugin.
Mit Urteil vom 27. März 2015 hat das Sozialgericht der Klage nur zu einem geringen Teil stattgegeben, im Übrigen die Klage aber abgewiesen. Der Kläger habe einen Anspruch allein auf die Leistungsgewährung für den letzten Tag des Monats, den 31. Mai 2010. Das Gericht sei davon überzeugt, dass der Kläger den betreffenden Weiterbewilligungsantrag noch am 31. Mai 2010 bei dem Standort des Beklagten in den Hausbriefkasten geworfen habe. Im Übrigen, also für die Zeit vom 1. Mai 2010 bis 30. Mai 2010, sei die Klage jedoch abzuweisen. Anders als vom Kläger angenommen, wirke der Antrag nicht auf den Monatsersten zurück. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II damaliger Fassung würden Leistungen nach dem SGB II nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Auch der sozialrechtliche Herstellungsanspruch helfe nicht weiter. Das Bundessozialgericht habe zwar eine Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflicht in der Entscheidung B 4 AS 29/10 R bejaht. Kennzeichnend für jenen Fall sei aber, dass der Beklagte dort für den zweiten Leistungszeitraum eine Bewilligung völlig ohne Weiterbewilligungsantrag ausgesprochen hätte und anschließend ohne weitere Information im dritten Bewilligungsabschnitt die Leistungsfortsetzung vom Zeitpunkt des Eingangs des Weiterbewilligungsantrags abhängig gemacht habe. So liege der Fall hier nicht, weil die lückenlose Weiterbewilligung auch in früheren Leistungsabschnitten vom Vorliegen eines Antrags abhängig gemacht worden sei, wenn auch nicht immer von dessen rechtzeitigem Eingang. Insoweit ergebe sich aber aus der Entscheidung B 4 AS 99/10 R, dass der Beklagte seiner Aufklärungspflicht durch das so genannte Beendigungsschreiben (hier vom 3. März 2010) ausreichend nachkomme. Dieser schriftlich erteilte Hinweis sei auch dann ausreichend, wenn sich der Beklagte bei vorangegangenen Entscheidungen an diese gesetzliche Vorgabe nicht gehalten habe.
Gegen das am 22. Mai 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. Juni 2015 Berufung eingelegt. Er macht vor allem geltend, dass es auch zuvor zu sog. Beendigungsschreiben gekommen sei, ohne dass aber die dort angekündigte Folge eingetreten sei.
Der Kläger stellt den Antrag,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 27. März 2015 den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 29. Oktober 2010 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 11. April 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm Leistungen auch für den Zeitraum vom 1. bis 30 Mai 2010 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er stützt sich im Wesentlichen auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erklärt. Hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Prozessakte und die Sachakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht konnte nach § 155 Abs. 3, 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Berichterstatter entscheiden.
II. Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Leistungsansprüche des Klägers nicht bereits ab dem 1. Mai 2010 angenommen.
Der Senat verweist wegen der Einzelheiten der Begründung nach § 153 Abs. 2 SGG zunächst auf das angefochtene Urteil des Sozialgerichts. Der hilfebedürftige Kläger hat danach am 31. Mai 2010 den Weiterbewilligungsantrag gestellt. Leistungen für die Zeit vom 1. bis 30. Mai 2010 sind dem Kläger aber über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zuzusprechen.
Dieser setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft, verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (vgl. zu allem BSG, Urt. v. 18.1.2011 – B 4 AS 99/10 R und B 4 AS 29/10 R).
Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, den Kläger auf den Wechsel der ihm gegenüber gelebten Praxis einer Weiterbewilligung ab dem ersten Tag des Monats der Antragstellung in geeigneter Form hinzuweisen. Die Auskunfts- und Beratungspflicht des Beklagten erschöpfte sich hier nicht in der Bitte, rechtzeitig einen Weiterbewilligungsantrag zu stellen (vgl. B 4 AS 29/10 R), oder in der Übersendung eines sog. Beendigungsschreibens (so allerdings der Fall in B 4 AS 99/10 R). Denn in der Vergangenheit waren solche Beendigungsschreiben bereits übersandt worden und dennoch der verspätete Antrag auf den Monatsersten zurückbezogen worden (darin liegt der Unterschied zu dem Fall in B 4 AS 99/10 R). Dass es diesmal mit dem Beendigungsschreiben vom 3. März 2010 ernst gemeint war, konnte der Kläger nicht erkennen. Diese Pflichtverletzung ist auch kausal für den Umstand geworden, dass der Kläger nicht schon ab dem 1. Mai 2010 Leistungen zuerkannt wurden. Der Senat hat nach den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung keinen Zweifel daran, dass er bei Kenntnis von einem Wechsel dieser Praxis den Weiterbewilligungsantrag rechtzeitig gestellt hätte – mit derselben Zuverlässigkeit nämlich, mit der er angesichts der ihm gewohnten Praxis des Beklagten auf eine Antragstellung noch im Mai 2010 achtete. Der Kläger war also so zu stellen, als hätte er den Weiterbewilligungsantrag bereits am 1. Mai 2010 gestellt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, da kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG vorliegt.
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