L 39 SF 50/15 B E

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
39
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 180 SF 6104/14 E
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 39 SF 50/15 B E
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Wird in einem Gerichtstermin ein anderweitig rechtshängiger Anspruch in einen gerichtlichen Vergleich einbezogen (Mehrvergleich), entsteht eine - entsprechend erhöhte - Terminsgebühr grundsätzlich nur in dem Verfahren, in dem der Gerichtstermin stattfindet, nicht jedoch in dem einbezogenen Verfahren, es sei denn, der Gebührentatbestand ist ausnahmsweise auch in dem einbezogenen Verfahren verwirklicht.
Bei einer gemeinsamen Einigung in mehreren Rechtsstreitigkeiten derselben Beteiligten entsteht eine Einigungsgebühr.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2014 wird zurückgewiesen. Die Kosten des gebührenfreien Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt aus der Landeskasse eine höhere Rechtsanwaltsvergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Am 12. Juni 2013 stellte die Antragstellerin als Rechtsanwältin im Auftrag ihrer fünf Mandanten bei dem Sozialgericht Berlin mit einem sechsseitigen Schriftsatz unter Beifügung einer eidesstattlichen Versicherung und weiterer Unterlagen den Antrag, den zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeit im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Mandanten einmalige Leistungen für die Erstausstattung ihrer Wohnung zu bewilligen (S 8 AS 14426/13 ER). Am 13. Juni 2013 erhob die Antragstellerin mit einem im Wesentlichen gleichlautenden Schriftsatz auch eine entsprechende Klage (S 8 AS 14426/13). In beiden Verfahren wurde den Mandanten unter Beiordnung der Antragstellerin Prozesskostenhilfe gewährt. In dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erstellte die Antragstellerin vier weitere kurze Schriftsätze. In diesem Verfahren führte das Sozialgericht am 30. August 2013 in der Zeit von 10.30 Uhr bis 11.15 Uhr einen Erörterungstermin durch, in welchem es einen Vergleich protokollierte, mit dem auch das Verfahren S 8 AS 14426/13 für erledigt erklärt wurde.

Mit zwei Schreiben vom 24. September 2013 hat die Antragstellerin für die Verfahren S 8 AS 14426/13 ER und S 8 AS 14426/13 jeweils die folgenden Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis (VV RVG) geltend gemacht: Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV RVG 300,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 960,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 182,40 EUR Gesamtbetrag 1.142,40 EUR

Die Urkundsbeamtin hat die Vergütung in dem Verfahren S 8 AS 14426/13 ER antragsgemäß bewilligt. In dem Verfahren S 8 AS 14426/13 hat sie die Vergütung mit einem Beschluss vom 19. Dezember 2013 folgendermaßen festgesetzt: Verfahrensgebühr Nr. 3102, 1008 VV RVG 80,00 EUR Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 16,00 EUR Zwischensumme 96,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 18,24 EUR Gesamtbetrag 114,24 EUR Zur Begründung hat sie angegeben, dass die Vergütung in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vollständig erbracht worden sei. Im Klageverfahren sei lediglich eine Klageschrift eingereicht worden, deren Wortlaut im Wesentlichen der Antragsschrift im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entspreche. Daher sei die Verfahrensgebühr nur im Umfang der Mindestgebühr festzusetzen, wobei die Gebührenerhöhung für vier weitere Auftraggeber durch die Kappungsgrenze von 200 Prozent begrenzt werde.

Hiergegen hat die Antragstellerin am 21. Oktober 2014 Erinnerung eingelegt und beantragt, den Beschluss vom 19. Dezember 2013 zu ändern und die Vergütung auf 1.142,40 EUR festzusetzen. Der angefochtene Beschluss sei mangelhaft begründet. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und die Bedeutung der Angelegenheit für die Mandanten seien nicht hinreichend gewichtet worden. Ferner sei nicht nachvollziehbar, warum die Post- und Telekommunikationspauschale gekürzt worden sei. Schließlich seien die Terminsgebühr und die Einigungsgebühr zu Unrecht nicht berücksichtigt worden.

Das Sozialgericht hat der Erinnerung mit einem Beschluss vom 15. Dezember 2014 teilweise stattgegeben, indem es die Vergütung unter Änderung des Beschlusses vom 19. Dezember 2013 auf 125,66 EUR festgesetzt hat. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Hierbei ist es von der folgenden Gebührenaufstellung ausgegangen: Verfahrensgebühr Nr. 3102, 1008 VV RVG 88,00 EUR Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 17,60 EUR Zwischensumme 105,60 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 20,06 EUR Gesamtbetrag 125,66 EUR Zur Begründung hat es ausgeführt, dass hinsichtlich der Verfahrensgebühr nur die Mindestgebühr in Betracht komme, weil die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sehr gering gewesen sei. Denn der Inhalt der Klageschrift entspreche im Wesentlichen der Antragsschrift in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Weitere für die Verfahrensgebühr erhebliche Tätigkeiten seien nicht entfaltet worden. Eine darüber hinausgehende Schwierigkeit sei daher nicht zu erkennen. Ob eine Terminsgebühr entstanden sei, könne dahingestellt bleiben. Wenn sie entstanden wäre, dann müsste der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gezahlte Betrag aufgeteilt werden, was dort zu einer entsprechenden Erstattung führen würde. Eine Einigungsgebühr sei nicht entstanden, weil durch Nr. 1006 Abs. 1 Satz 1 VV RVG in der seit dem 1. August 2013 geltenden Fassung klargestellt worden sei, dass sich die Gebühr auch dann einheitlich nach dieser Vorschrift bestimme, wenn in die Einigung Ansprüche einbezogen würden, die nicht in diesem Verfahren rechtshängig seien.

Die Antragstellerin hat gegen den ihr am 23. Dezember 2014 zugestellten Beschluss am 6. Januar 2015 Beschwerde erhoben und eine Vergütung in Höhe von 1.142,40 EUR gefordert. Bei der Bemessung der Verfahrensgebühr dürfe nicht auf den Synergieeffekt aus dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abgestellt werden, sondern es müsse die erhebliche Bedeutung des Verfahrens für die Mandanten berücksichtigt werden. Das RVG sehe bei dem gleichzeitigen Betreiben eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes und eines Klageverfahrens keine Berücksichtigung eines Synergieeffektes vor. Die Terminsgebühr sei in der Form einer Besprechungsgebühr entstanden. Durch die einschlägigen Regelungen des RVG habe der Gesetzgeber vergütungsrechtliche Anreize für die Rechtsanwälte schaffen wollen, auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten und hierdurch die Gerichte zu entlasten. Dieser Zielsetzung würde es widersprechen, die Einbeziehung weiterer Streitgegenstände vergütungsrechtlich unberücksichtigt zu lassen. Das gelte auch für die streitige Einigungsgebühr.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2014 zu ändern und ihre Vergütung aus der Landeskasse auf 1.142,40 EUR festzusetzen. Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die sozialgerichtliche Entscheidung für zutreffend.

Der Berichterstatter hat die Sache mit einem Beschluss vom 4. Oktober 2018 wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung dem Senat übertragen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet nach der Übertragung der Sache gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG in Verbindung mit § 33 Abs. 8 Satz 2 und Satz 3 RVG sowie § 33 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der Besetzung mit drei Berufsrichtern.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Erinnerung, soweit es ihr nicht stattgegeben hat, zu Recht zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf eine höhere Rechtsanwaltsvergütung für das Klageverfahren S 8 AS 14426/13. Der Anspruch folgt dem Grunde nach aus § 45 Abs. 1 RVG.

Ihm steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes S 8 AS 14426/13 ER, welches den vorläufigen Anspruch auf eine Erstausstattung zum Streitgegenstand hatte, bereits vergütet worden ist. Die Regelung des § 15 Abs. 2 RVG, wonach der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann, ist hier nicht anwendbar, da ein Hauptsacheverfahren und ein auf eine einstweilige Anordnung gerichtetes Verfahren gemäß § 17 Nr. 4 Buchst. b) RVG verschiedene Angelegenheiten sind.

Die im Ausgangsverfahren gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstandenen Betragsrahmengebühren richten sich gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG nach dem Vergütungsverzeichnis (VV RVG) in der bis zum 30. August 2013 geltenden Fassung (a. F.), da der unbedingte Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt worden ist. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass hier eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102, 1008 VV RVG a. F., eine Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG a. F. und die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG a. F. entstanden sind.

Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG a. F. ist dagegen nicht zu berücksichtigen. Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG a. F. entsteht eine Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts, wobei dies nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber gilt.

Nach der ganz herrschenden Meinung, welcher sich der Senat anschließt, entsteht bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden, in der in einem Gerichtstermin ein anderweitig rechtshängiger Anspruch in einen gerichtlichen Vergleich einbezogen wird (Mehrvergleich), eine – entsprechend erhöhte – Terminsgebühr grundsätzlich nur in dem Verfahren, in dem der Gerichtstermin stattfindet, nicht jedoch in dem einbezogenen Verfahren, es sei denn, der Gebührentatbestand ist ausnahmsweise auch in dem einbezogenen Verfahren verwirklicht (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17. Februar 2014, 10 AZB 81/13, Juris-Rn. 15; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 14. Dezember 2018, L 1 SF 236/18 B, Juris-Rn. 3; Thüringer Oberverwaltungs-gericht, Beschluss vom 28. März 2018, 2 VO 350/15, Juris-Rn. 13, Oberverwaltungs-gericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1. Februar 2016, 8 E 651/15, Juris-Rn. 10; Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 25. November 2013, 13 Ta 503/13, Juris-Rn. 16; Oberlandesgericht Köln, 20. Januar 2011, II-25 WF 255/10, 25 WF 255/10, Juris-Rn. 2; Oberlandesgericht München, Beschluss vom 9. Juni 2008, 11 W 1488/0, Juris-Rn. 5; Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 30. Januar 2008, 6 W 166/07, Juris-Rn. 3; Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 10. März 2005, 8 W 89/05, Juris-Rn. 12; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Auflage 2017, VV 3104 Rn. 98 ff.; Ahlmann, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Auflage 2015, VV 3104 Rn. 18; Schons, in: Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Auflage 2017, Nr. 3104 Rn. 52).

Dieses Ergebnis folgt aus Nr. 3104 Abs. 2 VV RVG a. F., wo es heißt: Sind in dem Termin auch Verhandlungen zur Einigung über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche geführt worden, wird die Terminsgebühr, soweit sie den sich ohne Berücksichtigung der nicht rechtshängigen Ansprüche ergebenden Gebührenbetrag übersteigt, auf eine Terminsgebühr angerechnet, die wegen desselben Gegenstands in einer anderen Angelegenheit entsteht.

Diese Regelung enthält zwar ausdrücklich nur eine Anrechnungsvorschrift für den Fall, dass eine Terminsgebühr in dem einbezogenen Verfahren anderweitig anfällt, was dann der Fall ist, wenn zum Beispiel in dem einbezogenen Verfahren ein Gerichtstermin stattgefunden hat, der für sich genommen bereits eine Gebühr ausgelöst hat. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 15/1971 S. 212) wollte der Gesetzgeber durch die Regelung in Nr. 3104 Abs. 2 VV RVG aber auch erreichen, "dass die Terminsgebühr nicht doppelt verdient wird". Das wäre aber der Fall, wenn durch einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Termin in einem Verfahren sowohl eine Terminsgebühr für das Verfahren, in dem verhandelt wird, als auch eine weitere Terminsgebühr für das miterledigte Verfahren entstünden (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17. Februar 2014, 10 AZB 81/13, Juris-Rn. 15; Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 28. März 2018, 2 VO 350/15, Juris-Rn. 13; Oberlandesgericht München, Beschluss vom 9. Juni 2008, 11 W 1488/08, Juris-Rn. 6 ff.).

Die abweichende Auffassung, wonach die Terminsgebühr auch in dem einbezogenen Verfahren entsteht (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 7. Januar 2011, L 15 B 939/08 SF KO, Juris-Rn. 21; Oberlandesgericht Rostock, Beschluss vom 15. August 2006, 11 WF 109/06, Juris-Rn. 5), ist mit den vorgenannten Erwägungen nicht in Einklang zu bringen. Soweit die Anwendung der Nr. 3104 Abs. 2 VV RVG a. F. auf die Nr. 3106 VV RVG a. F. grundsätzlich abgelehnt wird (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 7. Januar 2011, L 15 B 939/08 SF KO, Juris-Rn. 21), ist dem entgegenzuhalten, dass die Nr. 3104 VV RVG a. F. ("Terminsgebühr, soweit in Nummer 3106 nichts anderes bestimmt ist") die allgemeine und grundlegende Regelung zur Terminsgebühr ist, ohne dass die Nr. 3106 VV RVG a. F. eine abweichende Bestimmung enthält, wobei auch die Gesetzesbegründung zu Nr. 3106 VV RVG a. F. ausdrücklich und ohne Einschränkung auf die Begründung zu Nr. 3102 VV RVG a. F. verweist (BT-Drucksache 15/1971, S. 213). Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG a. F. sind hier auch nicht ausnahmsweise erfüllt. Die Antragstellerin nahm in dem Verfahren S 8 AS 14426/13 an keinem gerichtlichen Termin teil. Ein solcher fand nur im Verfahren S 8 AS 14426/13 ER statt. Auch eine auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG a. F. ist zu verneinen. Dieser Begriff ist unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung, in der von "Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts" die Rede ist (BT-Drucksache 15/1971, S. 209), dahingehend zu verstehen, dass nur außerge-richtliche Besprechungen gemeint sind (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. Oktober 2009, IV ZB 27/09, Juris-Rn. 8; abweichend Oberlandesgericht Rostock, Beschluss vom 15. August 2006, 11 WF 109/06, Juris-Rn. 5). Das hat der Gesetzgeber im Übrigen auch durch die Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG in der ab dem 1. August 2013 geltenden Fassung bestätigt, die nur auf "außergerichtliche Termine und Besprechungen" abstellt. Eine solche Besprechung wurde in dem Verfahren S 8 AS 14426/13 nicht durchgeführt.

Zutreffend hat das Sozialgericht auch entschieden, dass keine Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG a. F. entstanden ist. Nach Nr. 1006 VV RVG a. F. in Verbindung mit Nr. 1000 Anmerkung 1 Satz 1 VV RVG a. F. entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Zwar wurde hier ein Vergleich geschlossen. Bei einer gemeinsamen Einigung in mehreren Rechtsstreitigkeiten derselben Beteiligten entsteht jedoch nur eine Einigungsgebühr. Das gilt auch dann, wenn zuvor keine förmliche Verbindung erfolgt ist oder eine solche gar nicht zulässig war. Der Abschluss eines einheitlichen gerichtlichen Vergleichs bringt den übereinstimmenden Willen des Gerichts, der Beteiligten und ihrer Anwälte zum Ausdruck, die Sachen für die Einigung als miteinander verbunden zu behandeln (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Oktober 2016, L 19 AS 646/16 B, Juris-Rn. 80; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1. Februar 2016, 8 E 651/15, Juris-Rn. 24; Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 30. Dezember 2014, 2 VO 1157/10, Juris-Rn. 5; Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 4. März 2009, II-10 WF 36/08, 10 WF 36/08, Juris-Rn. 6; Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 26. Oktober 2006, 23 W 59/06, Juris-Rn. 3 f.; Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 10. März 2005, 8 W 89/05, Juris-Rn. 13; Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Auflage 2017, § 3 Rn. 104; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Auflage 2017, Nr. 1003 Rn. 71). Die Richtigkeit dieser Rechtsauffassung hat der Gesetzgeber durch die Nr. 1006 Abs. 1 Satz 1 VV RVG in der seit dem 1. August 2013 geltenden Fassung bestätigt. Danach bestimmt sich die Gebühr auch dann einheitlich nach dieser Vorschrift, wenn in die Einigung Ansprüche einbezogen werden, die nicht in diesem Verfahren rechtshängig sind. Die gegenteilige Rechtsansicht (Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 22. Januar 2019, L 1 SF 1300/17 B, Juris-Rn. 17; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 7. April 2016, L 7/14 AS 35/14 B, Juris-Rn. 24) ist damit nicht zu vereinbaren.

Die festgesetzte Höhe der entstandenen Gebühren ist rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Höhe der Rahmengebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

Durch diese Regelungen hat der Gesetzgeber dem Rechtsanwalt ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt hat, das mit der Pflicht zur Berücksichtigung jedenfalls der in § 14 Abs. 1 RVG genannten Gesichtspunkte verbunden ist. Allerdings findet bei der Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütungen und Vorschüsse nach § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG zugunsten der Staatskasse eine Billigkeitskontrolle statt (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. Januar 2017, L 2 AS 441/15 B, Juris-Rn. 23; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 7. April 2016, L 7/14 AS 35/14 B, Juris-Rn. 15; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 7. Februar 2013, L 6 SF 1883/12, Juris-Rn. 19; Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 9. Juni 2004, L 6 B 15/04 KR-KO, Juris-Rn. 15; Hartung, in: Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Auflage 2017, § 55 Rn. 43; Kießling, in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Auflage 2018, § 55 Rn. 45; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Auflage 2017, § 55 Rn. 32). Zur Bestimmung der Billigkeit einer Rahmengebühr ist zunächst von der Mittelgebühr auszugehen. Sie ist in den Fällen zu Grunde zu legen, in denen die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abweicht (BT-Drucksache 15/1971, S. 207). Die Rechtsprechung gesteht dem Rechtsanwalt darüber hinaus einen Spielraum von 20 Prozent als Toleranzgrenze zu. Er darf aber den Wert der Mittelgebühr insoweit nicht ohne weitere Begründung erhöhen (Bundessozialgericht, Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 21/09 R, Juris-Rn. 24; Bundesverwal-tungsgericht, Urteil vom 17. August 2005, 6 C 13.04, Juris-Rn. 24; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19. Oktober 2004, VII B 1/04, Juris-Rn. 10).

Die Gebühr ist im Wege der Gesamtwürdigung aller gemäß § 14 Abs. 1 RVG maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu bestimmen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. Februar 2013, XI ZR 345/10, Juris-Rn. 62). Diese stehen selbständig und gleichwertig nebeneinander (Bundessozialgericht, Urteil vom 27. September 2011, B 4 AS 155/10 R, Juris-Rn. 25; Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 21/09 R, Juris-Rn. 21). Die über- oder unterdurchschnittliche Ausprägung eines Gesichtspunktes kann durch die Relevanz der übrigen Umstände kompensiert werden (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 23. April 2012, III-2 Ws 67/12, Juris-Rn. 24; Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Auflage 2017, § 14 RVG Rn. 11). Die Mindestgebühr kommt daher nicht nur in Betracht, wenn sämtliche Umstände weit unterdurchschnittlich sind, sondern auch dann, wenn einzelne Merkmale so überwiegen, dass nur die Mindestgebühr gerechtfertigt ist (Hartmann, Kostengesetze, 48. Auflage 2018, RVG § 14 Rn. 17; vgl. entsprechend zur Höchstgebühr: Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 3. September 2018, L 1 SF 628/17 B, Juris-Rn. 16; Saarländisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 16. Januar 2014, 1 Ws 254/13, Juris-Rn. 13; Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 15. November 1999, 3 Ws 132/99, Juris-Rn. 14).

Hinsichtlich der Verfahrensgebühr ist danach die vorliegende Gebührenbestimmung der Antragstellerin in Höhe von 250,00 EUR unbillig. Die Gebührenfestsetzung des Sozialgerichts ist mit 88,00 EUR nicht zu beanstanden.

Der Gebührenrahmen der Nr. 3102 VV RVG a. F. reicht von 40,00 EUR bis 460,00 EUR. Nach Nr. 1008 VV RVG a. F. erhöhen sich der Mindest- und Höchstbetrag für jeden weiteren Auftraggeber um 30 Prozent. Da die Erhöhung nach Nr. 1008 Abs. 3 VV RVG a. F. auf das Doppelte des Mindest- und Höchstbetrages begrenzt ist, ergibt sich hier bei vier weiteren Auftraggebern ein Gebührenrahmen von 80,00 EUR bis 920,00 EUR. Die Mittelgebühr errechnet sich aus der Mindestgebühr zuzüglich der Hälfte des Unterschieds zwischen Mindest- und Höchstgebühr. Sie kann auch ermittelt werden, indem man Mindest- und Höchstgebühr addiert und das Ergebnis durch zwei dividiert (Bundessozialgericht, Urteil vom 9. Dezember 2010, B 13 R 63/09 R, Rn. 34; Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 21/09 R, Rn. 23). Die Mittelgebühr beträgt hier demnach 500,00 EUR.

Hiervon ausgehend ist die Sache insgesamt als weit unterdurchschnittlich einzustufen. Das gilt insbesondere für den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. Bei dem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon objektiv auch auf die Sache verwenden musste, während die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit die Intensität der Arbeit betrifft (Bundessozialgericht, Urteil vom 9. März 2016, B 14 AS 5/15 R, Juris-Rn. 17; Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 21/09 R, Juris-Rn. 28, 32). Bei beiden Gesichtspunkten sind nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 RVG ("unter Berücksichtigung aller Umstände") gegebenenfalls Syner-gieeffekte (Rationalisierungseffekte) zu berücksichtigen (vgl. schon zur Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung: Bundessozialgericht, Beschluss vom 22. Februar 1993, 14b/4 REg 12/91, Juris-Rn. 7). Das ist auch hier der Fall. Die anwaltliche Tätigkeit fand hier im Wesentlichen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes statt. Im Klageverfahren erstellte die Antragstellerin nur den Klageschriftsatz, wobei sie inhaltlich auf den Antragsschriftsatz im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zurückgriff. Darüber hinausgehende anwaltliche Tätigkeiten sind nicht ersichtlich. Der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit haben sich somit auf ein Minimum beschränkt. Auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der hilfebedürftigen Mandanten waren weit unterdurchschnittlich. Demgegenüber tritt die aus wirtschaftlichen Gründen weit überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit für die Mandanten im Wege der Kompensation vollständig in den Hintergrund. Ein besonderes Haftungsrisiko und weitere unbenannte Kriterien, die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung zu führen, liegen nicht vor.

Die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG a. F., die sich auf 20 Prozent der Gebühren, höchstens jedoch 20,00 EUR beläuft, ist hier bei Gebühren von 88,00 EUR mit 17,60 EUR zu beziffern. Bei einer Zwischensumme von 105,60 EUR beträgt die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG a. F. 20,06 EUR.

Das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG gebührenfrei. Kosten werden gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG nicht erstattet.
Rechtskraft
Aus
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