L 10 AL 320/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 AL 591/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 320/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23.07.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rückzahlung eines von der Beklagten gewährten Eingliederungszuschusses (EZ) für die Einstellung des Beigeladenen in Höhe von 19.630,00 DM.

Auf Antrag der Klägerin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 08.09.1999 einen EZ bei erschwerter Vermittlung für die Einstellung des Beigeladenen als Wirtschaftsinformatiker (IHK) für die Zeit vom 15.07.1999 bis 14.07.2000 in Höhe von 3.926,00 DM monatlich.

Am 16.12.1999 teilte die Klägerin der Beklagten mit, das Beschäftigungsverhältnis mit dem Beigeladenen sei von ihr aufgrund der Vielzahl der Krankmeldungen und der damit verbundenen Unzuverlässigkeit des Beigeladenen am 26.10.1999 zum 23.11.1999 innerhalb der Probezeit - Kündigungsfrist lt. Arbeitsvertrag 4 Wochen - gekündigt worden. Zu den Krankheitszeiten des Beigeladenen machte die Klägerin nähere Angaben, auf die zur Ergänzung des Sachverhaltes Bezug genommen wird. Sie bat um wohlwollende Prüfung der evtl Rückzahlungsverpflichtung.

Mit Bescheid vom 24.01.2000 hob die Beklagte die Bewilligung des EZ rückwirkend für die Zeit ab 15.07.1999 auf und forderte die für die Zeit vom 15.07.1999 bis 14.12.1999 in Höhe von 19.630,00 DM geleisteten Zuschüsse zurück. Ein wichtiger Grund für eine Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist habe nicht vorgelegen.

Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch brachte die Klägerin vor, eine fristlose Kündigung sei aufgrund des Verhaltens des Beigeladenen jederzeit möglich gewesen. Nur aus Fürsorgegesichtspunkten habe man davon Abstand genommen. Der Beigeladene habe die Kündigung provoziert, um termingerecht eine Beschäftigung bei einem Kunden der Klägerin antreten zu können. Von der Beklagten sei nach Schilderung des Verhaltens des Beigeladenen dessen Entlassung vorgeschlagen worden. Daraus sollten sich nach den telefonischen Angaben des Mitarbeiters der Beklagten J. (J.) keine Konsequenzen für die Klägerin ergeben.

Den Widerspruch wies die Beklagte gestützt auf § 223 Abs 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2000 zurück. Wichtige Gründe, die die Klägerin zur fristlosen Kündigung berechtigt hätten, ließen sich nicht feststellen. Entschuldigte Krankheitszeiten seien hierfür nicht ausreichend. Die Auskunft des J. sei nicht nachgewiesen.

Die zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobene Klage hat die Klägerin damit begründet, die tatsächlich gewählte Form der Kündigung sei ohne Bedeutung, entscheidend sei allein, ob ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorgelegen hätte. Ein solcher sei gegeben, wenn eine Krankheit oder Krankheiten zur vollständigen Arbeitsunfähigkeit geführt haben, der Arbeitnehmer also in der Vergangenheit längere Zeit gefehlt habe, die Wiederherstellung objektiv nicht abzusehen sei und aus betrieblichen Gründen der Arbeitsplatz wieder besetzt werden müsse, oder wenn der Arbeitnehmer in der Vergangenheit wiederholt gefehlt habe, bei objektiver Betrachtung in Zukunft häufige Fehlzeiten zu erwarten seien und hierdurch der Betriebsablauf erheblich gestört werde. Eine Fehlzeit von 13 % der Arbeitszeit innerhalb von drei Jahren sei in diesem Sinne als überdurchschnittlich anzusehen. Dies läge hier vor. Schließlich habe die telefonische Mitteilung des J. einen Vertrauenstatbestand bei der Klägerin geschaffen.

Das SG hat den J. sowie die Mitarbeiterin der Klägerin, S. H. (H), die das Telefonat zwischen der Klägerin und J. teilweise mithören konnte, uneidlich als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Inhaltes der Zeugenaussagen wird auf die Niederschrift des SG vom 23.07.2002 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 23.07.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei zur Rückzahlung des EZ gemäß § 223 Abs 2 Satz 1 SGB III in der bis zum 31.07.1999 geltenden Fassung verpflichtet. Ein wichtiger Grund für eine Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist sei in den Krankheitszeiten des Beigeladenen nicht zu sehen. Aus den kurzzeitigen Fehlzeiten, bei denen es sich zum Teil nur um Arzttermine gehandelt habe, sei weder eine negative Prognose abzuleiten, noch sei eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen durch die zu erwartenden Fehlzeiten dargelegt worden bzw ersichtlich. Dabei sei auf den Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung abzustellen, so dass die langdauernde Genesungsphase nach der Operation im November 1999 nicht zu berücksichtigen sei. Die Angaben des J. über die Folgenlosigkeit einer Kündigung seien im Rahmen eines Schadensersatzanspruches zu prüfen, für den die Sozialgerichte nicht zuständig seien.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und über das bisherige Vorbringen hinaus zur Begründung ausgeführt: Es sei auf § 223 SGB III in der ab 01.08.1999 geltenden Fassung abzustellen, der weniger strenge Anforderungen an das Entfallen einer Rückzahlungspflicht stelle. Diese entfalle vorliegend, weil die Klägerin aus in der Person des Beigeladenen liegenden bzw aus verhaltensbedingten Gründen hätte kündigen können. Diese Gründe seien in den krankheitsbedingten Fehlzeiten des Beigeladenen zu sehen. Bereits im Zeitpunkt der Kündigung habe der Beigeladene die Klägerin über die zu erwartende Dauer der Rehabilitaion nach der Operation informiert. Eine Beeinträchtigung betrieblicher Interssen habe vorgelegen. Eine Abmahnung habe es bei einer personenbedingten Kündigung nicht bedurft. Dies sei im sozialgerichtlichen Verfahren auch nicht zu prüfen. Zudem liege ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund vor, denn der Beigeladene habe finanzielle Nachteile seiner Krankheit für die Klägerin in Abrede gestellt. Dies habe zu Zweifeln der Klägerin geführt, ob die Arztbesuche sowie die Krankheitszeiten evtl. nur vorgetäuscht worden seien. Die Arbeitsmoral des Beigeladenen habe das Vertrauenverhältnis übermäßig belastet. Mit der Rückzahlungsforderung handele die Beklagte rechtsmissbräuchlich, sie verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sie trotz der Auskunft des J. auf einer Rückzahlung bestehe.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23.07.2002 sowie den Bescheid vom 24.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2000 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Abzustellen sei auf § 223 SGB III in der bis 31.07.1999 geltenden Fassung. Ein unzutreffende Beratung durch J. sei nicht erfolgt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Zutreffend hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 24.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2000 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat den gewährten EZ in Höhe von 19.630,00 DM zurückzuzahlen.

Die - eigenständige - Rechtsgrundlage (vgl hierzu: BSGE 89, 192) für den Rückzahlungsanspruch der Beklagten findet sich in § 223 Abs 2 Satz 1 SGB III in der bis 31.07.1999 geltenden Fassung (alte Fassung - a.F.). Hierauf hat die Beklagte ihre Rückzahlungsforderung spätestens im Widerspruchsbescheid vom 19.06.2000 gestützt.

§ 223 Abs 2 SGB III a.F. lautet: "Der EZ ist zurückzuzahlen, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraumes oder innerhalb eines Zeitraums, der der Förderungsdauer entspricht, längstens von 12 Monaten nach dem Ende des Förderungszeitraumes beendet wird. Dies gilt nicht, wenn - was hier allein in Betracht kommt - der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen."

Die Klägerin hat den EZ zu erstatten, das Beschäftigungsverhältnis ist innerhalb des Förderungszeitraumes vom 15.07.1999 bis 14.07.2000 zum 23.11.1999 beendet worden.

Eine Rückzahlungspflicht besteht nur dann nicht, wenn Klägerin berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. § 223 Abs 2 SGB III in der ab 01.08.1999 geltenden Fassung, durch den die Voraussetzungen für das Entfallen der Rückzahlungspflicht erweitert worden sind, kommt dabei nicht zur Anwendung (vgl st.Rspr. seit BSGE 89, 192). Nach § 422 Abs 1 SGB III sind bei Änderungen, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende der Leistungen die Vorschriften in der vor dem Tag des In-Kraft-Tretens maßgebenden Fassung weiter anzuwenden, wenn vor diesem Tag der Anspruch entstanden ist, die Leistung zuerkannt worden ist oder die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung bis zum Beginn der Maßnahme beantragt worden ist. Vorliegend sind die Voraussetzungen für die Anwendung des § 223 SGB III a.F. erfüllt, denn die Maßnahme - hier: EZ - hat vor dem 01.08.1999 begonnen und ist von der Klägerin mit Schreiben vom 23.06.1999 beantragt worden.

Die Voraussetzungen für ein Entfallen der Rückzahlungspflicht liegen jedoch nicht vor. Den Nachweis hierfür kann die Klägerin nicht erbringen. Nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz, dass jeder die Beweislast für Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen, geht die Beweislosigkeit hier zu Lasten der Klägerin (vgl hierzu: BSG in SGb 1996, 614; BayLSG vom 27.11.2003 - L 10 AL 329/01 -; BayLSG in Breithaupt 2000, 478, BayLSG Urteil vom 16.01.2003 - L 10 AL 360/00; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 103 RdNr 19 a und § 118 RdNr 6;). Insbesondere kann nicht nachgewiesen werden, dass die Klägerin berechtigt gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Dabei genügt es zwar, wenn der Arbeitgeber hierzu berechtigt gewesen wäre, dennoch aber eine Frist eingehalten hat. Ein wichtiger Grund muss aber tatsächlich und objektiv vorliegen (vgl Menard in Niesel, SGB III, 2. Auflage, § 223 RdNr 6 mit Verweis auf § 144 RdNr 77 ff).

Vom Vorliegen eines wichtigen Grundes ist auszugehen, wenn alle tatsächlichen Umstände, die den wichtigen Grund ausfüllen, unbestritten oder bewiesen sind. Dann ist u.a. unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles eine Interessenabwägung vorzunehmen und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zu dem Zeitpunkt, zu dem ordnungsgemäß gekündigt werden kann, darf nicht zumutbar sein (vgl hierzu: BSG in Breihaupt 2003, 524; zum Ganzen: Palandt, BGB, 62. Auflage, § 626 RdNr 37 ff; BayLSG Urteil vom 27.11.2003 - 10 AL 329/01). Weiter ist die sog. Erklärungsfrist einzuhalten (§ 626 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -), d.h. die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund muss innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis der Tatsachen, die den wichtigen Grund ausmachen, erfolgen (Ausschlussfrist; vgl Palandt aaO RdNr 20). Wichtige Gründe sind insbesondere solche, die nach den einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften (u.a. § 626 BGB) zur fristlosen Auflösung des Arbeitsverhältnisses berechtigen (Menard in Niesel, SGB III, 1. Auflage, § 223 RdNr 6). Zu den wichtigen Gründen zählen insbesondere Dienstarbeitspflichtverletzungen, Treuedienstverletzungen, sonstige Pflichtverletzungen, strafbare Handlungen, schwere Verfehlungen, Verletzungen von Betriebsratspflichten etc. (vgl hierzu: LSG NRW vom 06.05.2002 - L 12 AL 141/01 - veröffentlicht in juris). Krankheit selbst ist ebenfalls nicht grundsätzlich als wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB ungeeignet. An eine Kündigung wegen Erkrankung eines Arbeitnehmers ist zwar schon bei einer ordentlichen Kündigung ein strenger Maßstab anzulegen; dies schließt aber nicht aus, dass in eng zu begrenzenden Ausnahmefällen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit den kranken Arbeitnehmer für den Arbeitgeber unzumutbar im Sinne des § 626 Abs 1 BGB sein kann. Eine außerordentliche Kündigung kommt bei tariflich unkündbaren Arbeitnehmern zB dann in Betracht, wenn die weitere betriebliche Beeinträchtigung für die Dauer der tatsächlichen künftigen Vertragsbindung für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Der Ausschluss der außerordentlichen Kündigung würde in derartigen Fällen dazu führen, dass zB bei dauernder krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit des Arbeitnehmers der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer bis zum Erreichen des Pensionsalters Leistungen erbringen müsste, ohne dass von diesem noch eine brauchbare wirtschaftliche Gegenleistung zu erwarten wäre (so BAG in NZA 1995, 1100).

Dies ist allerdings beim Beigeladenen nicht der Fall, er war nicht unkündbar. Weitere Gründe, weshalb eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Zeitpunkt der möglichen ordentlichen Kündigung im Rahmen des Probearbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist, sind nicht erkennbar. Die Klägerin selbst hat - wohl aufgrund dieser Erkenntnis - keine fristlose Kündigung ausgesprochen. Vielmehr hat sie den Beigeladenen laut eigenen Angaben am 26.10.1999 zum 23.11.1999 innerhalb der Probezeit mit einer Kündigungsfrist von 4 Wochen gekündigt. Ob überhaupt Ausnahmefälle denkbar sind, in denen die Unfähigkeit des Arbeitnehmers, einen Teil der geschuldeten Arbeitsleistung zu erbringen, eine außerordentliche krankheitsbedingte Kündigung rechtfertigen kann, ist hier nicht abschließend zu entscheiden. Im streitgegenständlichen Fall ist ein solcher Ausnahmetatbestand jedenfalls nicht gegeben.

Im Übrigen ist in den einzelnen Krankheitszeiten des Beigeladenen selbst auch kein wichtiger Grund zu sehen. Hierzu muss zunächst krankheitsbedingt ein wichtiger Kündigungsgrund an sich vorliegen. Es muss außerdem eine negative Prognose zu stellen sein, d.h. es muss auch für die Zukunft mit weiteren, vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hinzunehmende Belastungen zu rechnen sein. Außerdem muss eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen vorliegen. Schließlich muss eine dem Maßstab des § 626 BGB Interessenabwägung durchgeführt werden. Der Maßstab der Unzumutbarkeit beinhaltet dabei schon, dass die Kündigung Ultima Ratio sein muss (vgl BAG in NZA 1995, 1100). Ein krankheitsbedingter wichtiger Kündigungsgrund wird von der Rechtsprechung angenommen bei der dauernden Unfähigkeit, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (vgl BAG aaO). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Der Beigeladene war nur sporadisch erkrankt. Nach den Angaben der Klägerin war der Beigeladene am 10.08.1999, 17.09.1999 und vom 21.09.1999 bis einschließlich 24.09.1999 wegen internistischer und orthopädischer Leiden erkrankt. Am 01.10.1999 meldete er sich abermals krank, und legte trotz Aufforderung keine AU-Bescheinigung vor. Am 04.10.1999 sowie 07.10.1999 nahm er kurzzeitige Arzttermine wahr. Am 26.10.1999 meldete er sich erneut krank und legte eine AU-Bescheinigung für 26. und 27.10.1999 vor. Am 15.11.1999 teilte der Beigeladene mit, er müsse sich am 16.11.1999 einer Operation unterziehen und könne seine Tätigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 23.11.1999 voraussichtlich nicht mehr aufnehmen. Bei diesen Krankheitszeiten handelte es sich lediglich um wenige Arbeitstage, für die sich der Beigeladene ausreichend - z.T. mittels AU-Bescheinigung - entschuldigt hat. Lediglich für den 01.10.1999 legte er die geforderte Bescheinigung nicht vor. Aber auch diesbezüglich liegt kein wichtiger Grund für eine Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist am 26.10.1999 vor, denn die Klägerin hat die Kündigung nicht innerhalb der einzuhaltenden Erklärungsfrist von zwei Wochen ab Kenntnis dieser Tatsache (vgl oben), die den wichtigen Grund ausmacht, erklärt. Bei zwei weiteren Terminen handelte es sich lediglich um Arztbesuche. Diese Krankheitszeiten genügen nicht, um einen wichtigen Grund für eine krankheitsbedingte Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist nachzuweisen, wobei offen gelassen werden kann, ob es sich dabei um 13 % der vom Beigeladenen zu erbringenden Arbeitszeit handelt. Krankheitszeiten nach der Kündigungserklärung, insbesondere die Operation am 16.11.1999 sowie die anschließende lange Genesungsphase, sind bei der Prüfung des wichtigen Grundes nicht mehr zu berücksichtigen. Die negative Prognose, die für das Vorliegen eines wichtigen Grundes bei krankheitsbedingter Kündigung erforderlich ist, kann daher nicht auf die nach der Operation tatsächlich eintretende Arbeitsunfähigkeit gestützt werden. Hierzu wird auf die Ausführungen des SG gemäß § 153 Abs 2 SGG Bezug genommen.

Die Krankheitszeiten des Beigeladenen stellen somit wegen Zumutbarkeit der Einhaltung einer Kündigungsfrist, mangels negativer Prognose und mangels Darlegung der Beeinträchtigung des betrieblichen Interesses keinen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung dar.

Der Nachweis einer verhaltensbedingten Kündigung aus wichtigem Grund ist der Klägerin ebenfalls nicht möglich. Der Beigeladene hat mit seiner Äußerung zu den der Klägerin entstehenden Krankheitskosten - so die Angaben der Klägerin - keine Krankheit angedroht. Diese Äußerung kann in ihrem objektiven Gehalt auch nicht zur Zerstörung der Vertrauensbasis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen führen, insbesondere nicht zu einer fristlosen Kündigung. Ein Vortäuschen von Krankheitszeiten oder Arztbesuchen ist durch die Klägerin nicht nachgewiesen. Deren bloße Zweifel allein können die Wirkung ärztlich ausgestellter AU-Bescheinigungen nicht erschüttern (vgl hierzu BAG Urteil vom 17.06.2003 - 2 AZR 123/02 - veröffentlicht in juris).

Die Rückzahlungspflicht entfällt auch nicht wegen einer Zusicherung der Beklagten. Eine solche Zusicherung, eine Kündigung des Beigeladenen durch die Klägerin bliebe folgenlos, ist nicht schriftlich erteilt worden. Nur dann ist sie jedoch wirksam (§ 34 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Eventuell sich hieraus ergebende Schadensersatzansprüche sind vor den Zivilgerichten geltend zu machen. Zudem ist eine solche vorherige mündliche Zusage aufgrund der im Schreiben vom 14.12.1999 geäußerten Bitte um wohlwollende Prüfung nicht nachvollziehbar.

Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch diesbezüglich scheitert daran, dass eine tatsächliche Handlung, d.h. eine tatsächliche Beschäftigung des Beigeladenen nach dem 23.11.1999, nicht mehr nachzuholen ist oder sich fingieren lässt. Begebenheiten tatsächlicher Art lassen sich durch einen Herstellungsanspruch in der Regel nicht ersetzen (vgl Niesel, SGB III, 2. Auflage, § 323 Anhang RdNr 37).

Nach alledem ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Sie ist verpflichtet, die überzahlten Leistungen in Höhe von 19.630,00 DM zurückzuzahlen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Beigeladene hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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