Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 1217/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 3529/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23.08.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auf für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Förderung einer beruflichen Weiterbildung zur Online-Redakteurin (Social Media Marketing Manager) nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).
Die am geborene erwerbsfähige Klägerin erlernte zunächst den Beruf Steinmetz/Bildhauerin, Naturstein, von 1995 bis 1998 absolvierte sie ein Studium in den Fächern Kunstgeschichte Psychologie, das sie jedoch nicht abschloss. Vom 01.01.2002 bis 31.08.2008 absolvierte sie eine Weiterbildung zum Contentmanager (Online-Redakteurin), wobei jedoch moderne Kommunikationsformen nicht Gegenstand der Weiterbildung waren. Von 2004 bis 2006 war sie als Assistentin der Geschäftsleitung im I. K. beschäftigt. Vom 01.10.2007 bis 31.12.2010 war sie als selbstständige Journalistin zunächst haupt- dann nebenberuflich tätig. Seit 2012 übt sie eine Nebentätigkeit als Verkäuferin aus. Vom 31.12.2015 bis 27.03.2017 bezog die Klägerin (teilweise aufstockend wegen des Bezugs von Nebeneinkommen) Arbeitslosengeld. Seit 28.03.2017 bezieht die Klägerin Arbeitslosengeld II.
Am 22.02.2017 beantragte die Klägerin einen Bildungsgutschein für eine Fortbildung als Online-Redakteurin (Social Media). Mit Schreiben vom 23.02.2017 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine Förderung abgelehnt werde. Man habe sich die Stellenangebote für Online-Redakteure angesehen, hierfür sei fast immer ein abgeschlossenes Hochschulstudium erforderlich. Da die Klägerin über keinen entsprechenden Abschluss verfüge, würde sich durch die Weiterbildung die Integrationswahrscheinlichkeit nicht erhöhen.
Am 02.03.2017 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie benötige die Anpassungsweiterbildung/Bildungsgutschein, um eine Festanstellung zu erlangen. Die Ausbildung im Jahre 2002 habe bereits ein breites Spektrum für verschiedene Einsatzfelder umfasst. Jedoch hätten sich die Anforderungen inzwischen gewandelt, die sozialen Netzwerke spielten eine sehr große Rolle im Marketingmix und der Unternehmenskommunikation. Das Argument der Beklagten "fehlender Hochschulabschluss" könne sie sowohl im Anschreiben erklären bzw. könne sie bei Relevanz ihre Studienbescheinigungen beifügen, die heute einem Bachelor entsprächen. Als Anlage fügte die Klägerin verschiedene Stellenangebote bei, die jedoch ebenfalls zumeist ein abgeschlossenes Hochschulstudium voraussetzten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2017 lehnte die Beklagte die Förderung der beruflichen Weiterbildung ab. Voraussetzung für eine Förderung sei, dass mit der beabsichtigten Weiterbildungsmaßnahme eine Integration auf dem Arbeitsmarkt zu erwarten sei. Die Stellenanzeigen in dem von der Klägerin durch die Weiterbildung angestrebten Berufsfeld verlangten in der Regel ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine vergleichbare Ausbildung im Bereich Marketing/BWL/IT. Zudem würden nachweisbare Berufserfahrung von digitalen Marketingaktivitäten sowie fundierte Kenntnisse gängiger Webtechnologien und SEM-Kampagnen erwartet. Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin nicht, sie habe ihr damaliges Hochschulstudium nicht abgeschlossen, im Übrigen seien dessen Inhalte (Kunstgeschichte und Psychologie) nicht annähernd mit einem abgeschlossenen Studium im Marketing/BWL/IT-Bereich gleichzusetzen. Die Klägerin verfüge zwar über gewisse Berufserfahrungen, im Wesentlichen jedoch nicht in den geforderten Bereichen. Berufserfahrung innerhalb einer sozialversicherungspflichtigen Anstellung liege seit über zehn Jahren nicht mehr vor. Das Wissen, das in der von der Klägerin angestrebten Weiterbildungsmaßnahme vermittelt werde, könne keinen abgeschlossenen Hochschulabschluss ersetzen.
Mit Schreiben vom 20.04.2017, eingegangen am 21.04.2017, hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Die Argumentation im Widerspruchsschreiben besitze nach wie vor Gültigkeit. Ihre Studienleistungen in den Fächern Europäische und Ostasiatische Kunstgeschichte sowie Psychologie entsprächen einem heutigen Bachelorgrad. Nach einer Tätigkeit als Assistentin der Geschäftsführung (mit Schwerpunkt Marketing/PR) habe sie sich auf Empfehlung des Arbeitsamtes für die Selbstständigkeit entschieden und sei seitdem hauptberuflich als freiberufliche Journalistin tätig. Das Jobcenter, von dem sie mittlerweile Leistungen beziehe, habe erklärt, dass es eine Förderung nicht gebe.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.08.2018, zugestellt am 29.08.2018, hat das SG die Klage abgewiesen. Voraussetzung für eine Förderung sei, dass diese zur beruflichen Eingliederung notwendig sei. Dies sei der Fall, wenn die Eingliederungschancen nach Abschluss der Maßnahme voraussichtlich wesentlich höher seien, als ohne diese. Hierbei handle es sich um eine Prognoseentscheidung, also um eine vorausschauende Bewertung des zukünftigen Eintritts einer Tatsache. Darüber hinaus stehe der Behörde wegen ihrer besonderen Sachkunde ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Gerichten nur begrenzt überprüfbar sei. Die Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass die letzte berufliche Tätigkeit im versicherungspflichtigen Umfang als Teamassistentin bei Idee Kreativmarkt im Jahr 2006 geendet habe. Somit liege eine Berufserfahrung seit über zehn Jahren nicht mehr vor. Ebenso zutreffend gehe die Beklagte davon aus, dass die Arbeitgeber für die Einstellung als Social Media Marketing Manager ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine vergleichbare Ausbildung im Bereich Marketing/BWL/IT als Einstellungsvoraussetzung forderten. Selbst bei unterstellter Notwendigkeit einer Förderung, hätte die Klägerin keinen Anspruch auf eine bestimmte Weiterbildungsmaßnahme, da der Beklagten Ermessen zustehe, ob überhaupt eine Weiterbildung gefördert werde und (im Falle einer Förderung) welche. Die Verpflichtung zur Übernahme einer konkreten Maßnahme komme daher nur in Betracht, wenn das Ermessen der Behörde auf Null reduziert sei, also nur diese eine Maßnahme überhaupt in Betracht komme. Dies sei hier offensichtlich nicht der Fall.
Gegen den Gerichtsbescheid wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Die auf den 26.09.2018 datierte Berufung hat die Klägerin per Post zum Sozialgericht Baden-Württemberg, Hauffstraße 5, 70190 Stuttgart erhoben. Sie ist am 01.10.2018 beim Sozialgericht Stuttgart eingegangen und am 02.10.2018 dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg zugeleitet.
Am 21.02.2019 fand ein Termin zur Erörterung des Sachverhaltes statt, in dem die Klägerin ausdrücklich beantragt hat,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23.08.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.02.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die Förderung der Weiterbildung als Social Media Marketing Manager zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten im Sachverhalt sowie im Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist nach § 143 SGG statthaft; insbesondere ist sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 zulassungsbedürftig. Sie ist auch im Übrigen zulässig, da der Klägerin Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren war (I.). Die Berufung ist jedoch nicht begründet (II.).
I. Zulässigkeit
Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung beim LSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Nach § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem SG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. SG im Sinne des Abs. 2 ist jedoch nur das SG, dessen Entscheidung angefochten wird, nicht ein anderes SG (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 151, Rn. 2). Die Berufungsfrist begann, da der Gerichtsbescheid der Klägerin am 29.08.2018 zugestellt wurde, am 30.08.2018. Nach § 151 Abs. 1 ist die Berufung innerhalb eines Monats einzulegen. Sie endet nach § 64 Abs. 2 SGG mit Ablauf des 29.09.2018. Da es sich bei diesem Tag um einen Sonnabend handelt, endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages, somit des 01.10.2018 (§ 64 Abs. 3 SGG). Am 01.10.2018 ist weder beim Landessozialgericht noch beim SG Mannheim Berufung eingelegt worden. Die Einlegung beim Sozialgericht Stuttgart ist dafür nicht ausreichend (Leitherer, a.a.O.).
Der Klägerin ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach § 67 Abs. 1 SGG ist jemand, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Eine solche Wiedereinsetzung kann auch von Amts wegen erfolgen (Wolff-Dellen, in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 67, Rn. 54). Zwar besteht Einigkeit darüber, dass bei einer Versendung per Post die Berufungsschrift richtig adressiert sein muss (Leitherer, a.a.O., Rdnr. 10a). Jedoch war der Fehler der Klägerin so gering, dass ein verständiger Versender mit einem Zugang hätte rechnen dürfen, sie hat sowohl die Straße als auch die Postleitzahl zutreffend angegeben. Sie hat lediglich statt "Landessozialgericht Baden-Württemberg" "Sozialgericht Baden-Württemberg" als Adressaten angegeben. Hierbei musste sie nicht damit rechnen, dass das Schreiben dem Sozialgericht Stuttgart zuging.
2. Kein Anspruch auf die begehrte Weiterbildung
Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die Förderung einer Weiterbildung zur Online-Redakteurin (Social Media Marketing Manager).
Nach § 81 Abs. 1 Nr. 1 SGB III können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten u.a. gefördert werden, wenn die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern. Die Vorschrift räumt der Beklagten selbst bei Notwendigkeit einer Maßnahme zur Weiterbildung ein Ermessen ein, wobei sowohl das "Ob" der Leistung als auch der Umfang der Leistung im Ermessen der Beklagten stehen (Hassel, in Brandt, SGB III, 8. Aufl. 2018, § 81 Rn. 49). Folglich kann die Klägerin die mit ihrem Antrag geforderte konkrete Weiterbildungsmaßnahme zur Social Media Marketing Managerin nur erhalten, wenn eine Ermessenreduzierung auf Null vorliegt, die Beklagte also rechtmäßigerweise nur diese eine Maßnahme bewilligen kann (Kühl, in Brandt, SGB III, 8. Aufl. 2018, § 7 Rn. 9). Dies ist jedoch nicht der Fall, da für die Klägerin, die jahrelang als Assistentin der Geschäftsleitung und als Verkäuferin tätig war, auch Maßnahmen im kaufmännischen Bereich in Betracht kommen.
Ergänzend ist anzumerken, dass die Klägerin auch mit einem Antrag auf ermessensfehlerfreie Entscheidung keinen Erfolg gehabt hätte, da Voraussetzung ist, dass die begehrte Förderung notwendig ist. Dies bedeutet, dass ohne Teilnahme an der begehrten Maßnahme eine berufliche Eingliederung nicht möglich ist (Hassel, in Brandt, SGB III, 8. Aufl. 2018, § 81 Rn. 9). Es muss eine Prognoseentscheidung dahingehend getroffen werden, ob die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung die Eingliederungschancen deutlich erhöht. Die Teilnahme an der Weiterbildung muss erwarten lassen, dass nach Abschluss der Maßnahme die begründete Aussicht besteht, dass der Arbeitnehmerin ein angemessener Dauerarbeitsplatz verschafft werden kann (Hassel, a.a.O., Rdnr. 10a). Eine Notwendigkeit im genannten Sinne kann nur bejaht werden, wenn ein Eingliederungserfolg mit hinreichender Sicherheit vorausgesagt werden kann (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 01.06.2010, B 4 AS 63/09 R, juris). Hierzu gehört auch die Prognose, ob der Teilnehmer nach Abschluss der Maßnahme in dem Beruf, für den die Weiterbildung erfolgte, überhaupt Eingliederungschancen hat. Bei dieser Entscheidung steht der Beklagten insoweit ein Beurteilungsspielraum zu; der gerichtlichen Kontrolle unterliegt lediglich, ob die Verwaltungsentscheidung tatsächlich unter Berücksichtigung aller verfügbaren Daten in einer dem Sachverhalt angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist (Hassel, a.a.O. unter Verweis auf die Rechtsprechung des BSG). Die Beklagte hat in ihrer Prognoseentscheidung fehlerfrei zugrunde gelegt, dass die Klägerin auch nach Abschluss der Weiterbildung für den Beruf der Online-Redakteurin (Social Media Marketing Manager) nicht geeignet sein wird, da für diesen Beruf in den meisten Fällen ein abgeschlossenes Hochschulstudium insbesondere im Bereich BWL, Marketing oder IT gefordert wird, über das die Klägerin nicht verfügt und das nicht durch die Weiterbildung ersetzt werden kann. Hierfür hat die Beklagte Stellenanzeigen ausgewertet und sich so eine ausreichende Datengrundlage für die Beurteilung verschafft. Dies ist aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden.
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auf für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Förderung einer beruflichen Weiterbildung zur Online-Redakteurin (Social Media Marketing Manager) nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).
Die am geborene erwerbsfähige Klägerin erlernte zunächst den Beruf Steinmetz/Bildhauerin, Naturstein, von 1995 bis 1998 absolvierte sie ein Studium in den Fächern Kunstgeschichte Psychologie, das sie jedoch nicht abschloss. Vom 01.01.2002 bis 31.08.2008 absolvierte sie eine Weiterbildung zum Contentmanager (Online-Redakteurin), wobei jedoch moderne Kommunikationsformen nicht Gegenstand der Weiterbildung waren. Von 2004 bis 2006 war sie als Assistentin der Geschäftsleitung im I. K. beschäftigt. Vom 01.10.2007 bis 31.12.2010 war sie als selbstständige Journalistin zunächst haupt- dann nebenberuflich tätig. Seit 2012 übt sie eine Nebentätigkeit als Verkäuferin aus. Vom 31.12.2015 bis 27.03.2017 bezog die Klägerin (teilweise aufstockend wegen des Bezugs von Nebeneinkommen) Arbeitslosengeld. Seit 28.03.2017 bezieht die Klägerin Arbeitslosengeld II.
Am 22.02.2017 beantragte die Klägerin einen Bildungsgutschein für eine Fortbildung als Online-Redakteurin (Social Media). Mit Schreiben vom 23.02.2017 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine Förderung abgelehnt werde. Man habe sich die Stellenangebote für Online-Redakteure angesehen, hierfür sei fast immer ein abgeschlossenes Hochschulstudium erforderlich. Da die Klägerin über keinen entsprechenden Abschluss verfüge, würde sich durch die Weiterbildung die Integrationswahrscheinlichkeit nicht erhöhen.
Am 02.03.2017 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie benötige die Anpassungsweiterbildung/Bildungsgutschein, um eine Festanstellung zu erlangen. Die Ausbildung im Jahre 2002 habe bereits ein breites Spektrum für verschiedene Einsatzfelder umfasst. Jedoch hätten sich die Anforderungen inzwischen gewandelt, die sozialen Netzwerke spielten eine sehr große Rolle im Marketingmix und der Unternehmenskommunikation. Das Argument der Beklagten "fehlender Hochschulabschluss" könne sie sowohl im Anschreiben erklären bzw. könne sie bei Relevanz ihre Studienbescheinigungen beifügen, die heute einem Bachelor entsprächen. Als Anlage fügte die Klägerin verschiedene Stellenangebote bei, die jedoch ebenfalls zumeist ein abgeschlossenes Hochschulstudium voraussetzten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2017 lehnte die Beklagte die Förderung der beruflichen Weiterbildung ab. Voraussetzung für eine Förderung sei, dass mit der beabsichtigten Weiterbildungsmaßnahme eine Integration auf dem Arbeitsmarkt zu erwarten sei. Die Stellenanzeigen in dem von der Klägerin durch die Weiterbildung angestrebten Berufsfeld verlangten in der Regel ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine vergleichbare Ausbildung im Bereich Marketing/BWL/IT. Zudem würden nachweisbare Berufserfahrung von digitalen Marketingaktivitäten sowie fundierte Kenntnisse gängiger Webtechnologien und SEM-Kampagnen erwartet. Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin nicht, sie habe ihr damaliges Hochschulstudium nicht abgeschlossen, im Übrigen seien dessen Inhalte (Kunstgeschichte und Psychologie) nicht annähernd mit einem abgeschlossenen Studium im Marketing/BWL/IT-Bereich gleichzusetzen. Die Klägerin verfüge zwar über gewisse Berufserfahrungen, im Wesentlichen jedoch nicht in den geforderten Bereichen. Berufserfahrung innerhalb einer sozialversicherungspflichtigen Anstellung liege seit über zehn Jahren nicht mehr vor. Das Wissen, das in der von der Klägerin angestrebten Weiterbildungsmaßnahme vermittelt werde, könne keinen abgeschlossenen Hochschulabschluss ersetzen.
Mit Schreiben vom 20.04.2017, eingegangen am 21.04.2017, hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Die Argumentation im Widerspruchsschreiben besitze nach wie vor Gültigkeit. Ihre Studienleistungen in den Fächern Europäische und Ostasiatische Kunstgeschichte sowie Psychologie entsprächen einem heutigen Bachelorgrad. Nach einer Tätigkeit als Assistentin der Geschäftsführung (mit Schwerpunkt Marketing/PR) habe sie sich auf Empfehlung des Arbeitsamtes für die Selbstständigkeit entschieden und sei seitdem hauptberuflich als freiberufliche Journalistin tätig. Das Jobcenter, von dem sie mittlerweile Leistungen beziehe, habe erklärt, dass es eine Förderung nicht gebe.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.08.2018, zugestellt am 29.08.2018, hat das SG die Klage abgewiesen. Voraussetzung für eine Förderung sei, dass diese zur beruflichen Eingliederung notwendig sei. Dies sei der Fall, wenn die Eingliederungschancen nach Abschluss der Maßnahme voraussichtlich wesentlich höher seien, als ohne diese. Hierbei handle es sich um eine Prognoseentscheidung, also um eine vorausschauende Bewertung des zukünftigen Eintritts einer Tatsache. Darüber hinaus stehe der Behörde wegen ihrer besonderen Sachkunde ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Gerichten nur begrenzt überprüfbar sei. Die Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass die letzte berufliche Tätigkeit im versicherungspflichtigen Umfang als Teamassistentin bei Idee Kreativmarkt im Jahr 2006 geendet habe. Somit liege eine Berufserfahrung seit über zehn Jahren nicht mehr vor. Ebenso zutreffend gehe die Beklagte davon aus, dass die Arbeitgeber für die Einstellung als Social Media Marketing Manager ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine vergleichbare Ausbildung im Bereich Marketing/BWL/IT als Einstellungsvoraussetzung forderten. Selbst bei unterstellter Notwendigkeit einer Förderung, hätte die Klägerin keinen Anspruch auf eine bestimmte Weiterbildungsmaßnahme, da der Beklagten Ermessen zustehe, ob überhaupt eine Weiterbildung gefördert werde und (im Falle einer Förderung) welche. Die Verpflichtung zur Übernahme einer konkreten Maßnahme komme daher nur in Betracht, wenn das Ermessen der Behörde auf Null reduziert sei, also nur diese eine Maßnahme überhaupt in Betracht komme. Dies sei hier offensichtlich nicht der Fall.
Gegen den Gerichtsbescheid wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Die auf den 26.09.2018 datierte Berufung hat die Klägerin per Post zum Sozialgericht Baden-Württemberg, Hauffstraße 5, 70190 Stuttgart erhoben. Sie ist am 01.10.2018 beim Sozialgericht Stuttgart eingegangen und am 02.10.2018 dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg zugeleitet.
Am 21.02.2019 fand ein Termin zur Erörterung des Sachverhaltes statt, in dem die Klägerin ausdrücklich beantragt hat,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23.08.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.02.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die Förderung der Weiterbildung als Social Media Marketing Manager zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten im Sachverhalt sowie im Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist nach § 143 SGG statthaft; insbesondere ist sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 zulassungsbedürftig. Sie ist auch im Übrigen zulässig, da der Klägerin Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren war (I.). Die Berufung ist jedoch nicht begründet (II.).
I. Zulässigkeit
Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung beim LSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Nach § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem SG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. SG im Sinne des Abs. 2 ist jedoch nur das SG, dessen Entscheidung angefochten wird, nicht ein anderes SG (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 151, Rn. 2). Die Berufungsfrist begann, da der Gerichtsbescheid der Klägerin am 29.08.2018 zugestellt wurde, am 30.08.2018. Nach § 151 Abs. 1 ist die Berufung innerhalb eines Monats einzulegen. Sie endet nach § 64 Abs. 2 SGG mit Ablauf des 29.09.2018. Da es sich bei diesem Tag um einen Sonnabend handelt, endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages, somit des 01.10.2018 (§ 64 Abs. 3 SGG). Am 01.10.2018 ist weder beim Landessozialgericht noch beim SG Mannheim Berufung eingelegt worden. Die Einlegung beim Sozialgericht Stuttgart ist dafür nicht ausreichend (Leitherer, a.a.O.).
Der Klägerin ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach § 67 Abs. 1 SGG ist jemand, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Eine solche Wiedereinsetzung kann auch von Amts wegen erfolgen (Wolff-Dellen, in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 67, Rn. 54). Zwar besteht Einigkeit darüber, dass bei einer Versendung per Post die Berufungsschrift richtig adressiert sein muss (Leitherer, a.a.O., Rdnr. 10a). Jedoch war der Fehler der Klägerin so gering, dass ein verständiger Versender mit einem Zugang hätte rechnen dürfen, sie hat sowohl die Straße als auch die Postleitzahl zutreffend angegeben. Sie hat lediglich statt "Landessozialgericht Baden-Württemberg" "Sozialgericht Baden-Württemberg" als Adressaten angegeben. Hierbei musste sie nicht damit rechnen, dass das Schreiben dem Sozialgericht Stuttgart zuging.
2. Kein Anspruch auf die begehrte Weiterbildung
Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die Förderung einer Weiterbildung zur Online-Redakteurin (Social Media Marketing Manager).
Nach § 81 Abs. 1 Nr. 1 SGB III können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten u.a. gefördert werden, wenn die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern. Die Vorschrift räumt der Beklagten selbst bei Notwendigkeit einer Maßnahme zur Weiterbildung ein Ermessen ein, wobei sowohl das "Ob" der Leistung als auch der Umfang der Leistung im Ermessen der Beklagten stehen (Hassel, in Brandt, SGB III, 8. Aufl. 2018, § 81 Rn. 49). Folglich kann die Klägerin die mit ihrem Antrag geforderte konkrete Weiterbildungsmaßnahme zur Social Media Marketing Managerin nur erhalten, wenn eine Ermessenreduzierung auf Null vorliegt, die Beklagte also rechtmäßigerweise nur diese eine Maßnahme bewilligen kann (Kühl, in Brandt, SGB III, 8. Aufl. 2018, § 7 Rn. 9). Dies ist jedoch nicht der Fall, da für die Klägerin, die jahrelang als Assistentin der Geschäftsleitung und als Verkäuferin tätig war, auch Maßnahmen im kaufmännischen Bereich in Betracht kommen.
Ergänzend ist anzumerken, dass die Klägerin auch mit einem Antrag auf ermessensfehlerfreie Entscheidung keinen Erfolg gehabt hätte, da Voraussetzung ist, dass die begehrte Förderung notwendig ist. Dies bedeutet, dass ohne Teilnahme an der begehrten Maßnahme eine berufliche Eingliederung nicht möglich ist (Hassel, in Brandt, SGB III, 8. Aufl. 2018, § 81 Rn. 9). Es muss eine Prognoseentscheidung dahingehend getroffen werden, ob die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung die Eingliederungschancen deutlich erhöht. Die Teilnahme an der Weiterbildung muss erwarten lassen, dass nach Abschluss der Maßnahme die begründete Aussicht besteht, dass der Arbeitnehmerin ein angemessener Dauerarbeitsplatz verschafft werden kann (Hassel, a.a.O., Rdnr. 10a). Eine Notwendigkeit im genannten Sinne kann nur bejaht werden, wenn ein Eingliederungserfolg mit hinreichender Sicherheit vorausgesagt werden kann (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 01.06.2010, B 4 AS 63/09 R, juris). Hierzu gehört auch die Prognose, ob der Teilnehmer nach Abschluss der Maßnahme in dem Beruf, für den die Weiterbildung erfolgte, überhaupt Eingliederungschancen hat. Bei dieser Entscheidung steht der Beklagten insoweit ein Beurteilungsspielraum zu; der gerichtlichen Kontrolle unterliegt lediglich, ob die Verwaltungsentscheidung tatsächlich unter Berücksichtigung aller verfügbaren Daten in einer dem Sachverhalt angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist (Hassel, a.a.O. unter Verweis auf die Rechtsprechung des BSG). Die Beklagte hat in ihrer Prognoseentscheidung fehlerfrei zugrunde gelegt, dass die Klägerin auch nach Abschluss der Weiterbildung für den Beruf der Online-Redakteurin (Social Media Marketing Manager) nicht geeignet sein wird, da für diesen Beruf in den meisten Fällen ein abgeschlossenes Hochschulstudium insbesondere im Bereich BWL, Marketing oder IT gefordert wird, über das die Klägerin nicht verfügt und das nicht durch die Weiterbildung ersetzt werden kann. Hierfür hat die Beklagte Stellenanzeigen ausgewertet und sich so eine ausreichende Datengrundlage für die Beurteilung verschafft. Dies ist aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden.
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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