L 5 KR 658/18

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 23 KR 851/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 658/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.08.2018 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Aufnahme der Klägerin in die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) zum 01.08.2017.

Die am 00.00.1948 geborene Klägerin absolvierte in den 60er Jahren eine Ausbildung zur Großhandelskauffrau. In diesem Beruf war sie von 1967 bis 1969 berufstätig. Danach widmete sie sich der Erziehung ihrer 6 Kinder B (*00.00.1969), N (*00.00.1971), F (*00.00.1972), V (*00.00.1973), E (*00.00.1974) und X (*00.00.1976). Zwischen 1985 und 1990 holte sie ihren Realschulabschluss nach und machte das Fachabitur. In der Zeit zwischen 1991 und 1994 absolvierte sie eine weitere Ausbildung zur Krankenschwester und arbeitete in diesem Beruf bis Ende 2000. Aufgrund Antrages vom 19.02.2008 bezieht die Klägerin seit April 2008 Altersrente über die Deutsche Rentenversicherung Bund (vgl. Rentenbescheid vom 07.04.2008 einschließlich Versicherungsverlauf). In der Zeit vom 03.09.1990 bis zum 31.12.2000 war sie bei einer Rechtsvorgängerin der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Seit dem 01.01.2001 ist die Klägerin bei der C Krankenversicherung privat zusatzversichert. Ihr Ehemann ist - mit Ablauf des 31.07.2005 pensionierter - Beamter (Ruhegehalt aktuell: EUR 3.656,91 brutto) und (seit dem 01.02.1978) ebenfalls bei der C privat krankenversichert. Über ihn verfügt die Klägerin über einen Beihilfeanspruch in Höhe von 70 %, die restlichen 30 % trägt die C.

Nach der Neuregelung des § 5 Abs. 2 S. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zum 01.08.2017 beantragte die Klägerin bei der Beklagten am 11.09.2017 die Aufnahme in die Pflichtversicherung der KVdR. Aufgrund der nunmehr vorzunehmenden Anrechnung von Mitgliedsjahren für die Erziehung ihrer 6 Kinder seien die Voraussetzungen für die Pflichtmitgliedschaft nun erfüllt. Die Geburtsurkunden ihrer Kinder fügte sie bei.

Die Beklagte lehnte den Antrag (mit Bescheid vom 22.09.2017) ab. Bisher sei die Klägerin als Rentenbezieherin nicht in der KVdR versichert gewesen, weil sie nach den bis 31.07.2017 geltenden Bestimmungen die Vorversicherungszeit nicht erfüllt habe. Soweit aufgrund der gesetzlichen Neuregelung ab dem 01.08.2017 Kindererziehungszeiten anrechnungsfähig seien, ändere dies im Falle der Klägerin leider nichts. Da sie am 01.08.2017 bereits älter als 55 Jahre gewesen sei, müsse die Klägerin weiteren gesetzlichen Anforderungen Genüge leisten, die sie jedoch nicht erfülle: So sei sie in den letzten 5 Jahren vor dem 01.08.2017 nicht gesetzlich krankenversichert und sie bzw. ihr Ehegatte innerhalb dieser 5 Jahre mindestens die Hälfte der Zeit versicherungsfrei in der Krankenversicherung (z.B. als Beamtin/Beamter oder Höherverdienender)/ von der Krankenversicherung befreit/wegen hauptberuflich selbständiger Tätigkeit versicherungsfrei gewesen. Aus diesem Grunde sei eine Aufnahme in die KVdR ausgeschlossen.

Hiergegen legte die Klägerin (mit Schreiben vom 17.10.2017) Widerspruch ein, mit dem sie um nähere Begründung der Ablehnung bat.

Die Beklagte erläuterte die gesetzlichen Voraussetzungen (mit Schreiben vom 05.01.2018) und bat zwecks Prüfung, ob Krankenversicherungspflicht vorliegt, um Darlegung des Versicherungsschutzes in dem fraglichen 5-Jahres-Zeitraum mittels eines beigefügten Formulars.

Die Klägerin sandte das Formular (am 16.01.2018) mit der Angabe zurück, in dem Zeitraum vom 01.08.2012 bis 31.07.2017 als Rentnerin bei der C Krankenversicherung versichert gewesen zu sein, ebenso wie ihr Ehemann dort in diesem Zeitraum als Pensionär krankenversichert gewesen sei.

Sie ergänzte überdies (mit Schreiben vom 19.01.2018) ihren Widerspruch dahingehend, dass ihr nicht nachvollziehbar sei, wozu die Beklagte die Angaben benötige, sie halte deren Rechtsauffassung nach ihren Recherchen für rechtswidrig. Ihr sei seit dem 01.01.2001 eine freiwillige Mitgliedschaft nicht möglich gewesen, da sie ohne eigenes Einkommen keine Höchstbeträge hätte erwirtschaften können. In den letzten 5 Jahren hätten sie und ihr Mann keine andere Möglichkeit gehabt, als ihren Krankenversicherungsschutz über die Beihilfe und die private Zusatzversicherung abzudecken. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 11 SGB V seien Bezieher von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrages mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse gewesen seien. Seit dem 01.08.2017 erleichtere § 5 Abs. 2 S. 3 SGB V die Zugangsvoraussetzungen zur KVdR insoweit, als für jedes leibliche, Adoptiv- oder Pflegekind pauschal 3 Jahre auf die Vorversicherungszeiten angerechnet würden. Dies gelte nicht für Personen, die zuletzt vor Antragstellung privat krankenversichert gewesen seien, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen der 9/10tel-Regelung. Dies sei bei ihr ausweislich einer Probeberechnung des Service-Centers der AOK der Fall. Danach sei allein schon die Erziehung ihrer 6 Kinder mit 18 Jahren zu berücksichtigen. Sie füge eine Pressemitteilung bei, nach der auch Rentner, die aktuell privat versichert seien, in die Pflichtversicherung der KVdR wechseln könnten. Abgesehen davon habe der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Änderung ausweislich der Gesetzesbegründung gerade die Ungleichbehandlung beheben wollen, die dadurch entstehe, dass in der maßgeblichen zweiten Hälfte des Erwerbslebens die Berufstätigkeit durch die Betreuung von Kindern unterbrochen werde und der Ehepartner in dem einen Fall gesetzlich krankenversichert sei und in dem anderen Fall eben nicht. Sie sehe einer Entscheidung bis zum 05.02.2018 entgegen. Sollte bis dahin keine rechtsverbindlicher Bescheid ergehen, sehe sie sich zur Untätigkeitsklage vor dem zuständigen Sozialgericht gezwungen.

Die Beklagte teilte (mit Schreiben vom 01.02.2018) mit, dass die Klägerin nach ihren Angaben zur Prüfung der versicherungsfreien Zeit im 5-Jahres-Zeitraum vor dem 01.08.2017 unter den Personenkreis falle, der von der Neuregelung ab 01.08.2017 weiterhin ausgeschlossen sei: Die Klägerin und ihr Ehemann seien in den letzten 5 Jahren vor dem 01.08.2017 nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 SGB V durchgehend versicherungsfrei gewesen.

Durch Email ihrer Schwiegertochter B A - ihrer heutigen Prozessbevollmächtigten - vom 09.02.2018, entgegnete die Klägerin, dass sie an ihrem Widerspruch festhalte. Sie verweise auf den Bestandsfälle regelnden Punkt 2.4 des Rundschreibens 2017/185 vom 10.04.2017 des GKV-Spitzenverbandes, der laute, "Da das Gesetz eine Übergangs- bzw. Stichtagsregelung nicht vorsehe, können auch Personen, die ihren Rentenantrag vor dem 01.08.2017 gestellt haben und mangels Erfüllung der Vorversicherungszeiten bisher nicht in der KVdR pflichtversichert waren, durch Anrechnung der drei Jahre für jedes Kind Zugang zur KVdR erhalten". Sie sehe einem positiven Bescheid binnen 7 Tagen entgegen.

Mit ihrer am 05.03.2018 vor dem Sozialgericht Köln (SG) erhobenen Untätigkeitsklage (Aktenzeichen: S 23 KR 286/18) hat die Klägerin den Erlass eines Widerspruchsbescheides angestrebt. Sie hat das Verfahren (durch Schreiben vom 29.05.2018) nach Erlass des Widerspruchsbescheides für erledigt erklärt. Ebenfalls am 05.03.2018 hat die Klägerin beim SG beantragt, in die KVdR im Wege der einstweiligen Anordnung aufgenommen zu werden (Aktenzeichen: S 23 KR 291/18 ER). Das SG hat den Antrag durch rechtskräftigen Beschluss vom 16.03.2018 abgelehnt. Unabhängig von der Frage des Anordnungsanspruchs bestehe jedenfalls kein Anordnungsgrund für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung. Die Antragstellerin sei unstreitig im Rahmen der Beihilfe zu 70 % und im Rahmen der privaten Zusatzversicherung zu 30 % bezüglich einer Versorgung im Krankheitsfall abgesichert, so dass ein Eilbedürfnis nicht erkennbar sei.

Durch Widerspruchsbescheid vom 10.04.2018 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Krankenversicherungspflichtig seien nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V Rentner, wenn Sie 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraumes, der zwischen der ersten Erwerbstätigkeit und der Rentenantragstellung (Rahmenfrist) liege, bei einem Träger der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert gewesen seien. Die Klägerin sei indes in den letzten 5 Jahren vor der Gesetzesänderung zum 01.08.2017 zusammen mit ihrem Ehemann bei einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung versichert gewesen. Zwar werde seit der Gesetzesänderung nach § 5 Abs. 2 S. 3 SGB V für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind eine Zeit von drei Jahren als Versicherungszeit angerechnet. Versicherungspflicht trete jedoch nicht für Personen ein, für die nach der Vorschrift des § 6 SGB V Versicherungsfreiheit bestehe. Nach § 6 Abs. 3a S. 1 SGB V sind Personen versicherungsfrei, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, wenn sie in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung sei gemäß S. 2, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder als hauptberuflich Selbständige nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach S. 2 stünden die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in S. 2 genannten Person gleich (S. 3). Aus dem Gesetzesentwurf zur Reform der GKV ab dem Jahr 2000 (BT-Drs. 14/1245, S. 60) lasse sich die Intention des Gesetzgebers unmissverständlich herleiten. Dort werde im Hinblick auf § 6 Abs. 3a SGB V ausgeführt, dass die Neuregelung einer klaren Abgrenzung zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung und dem Schutz der Solidargemeinschaft der Versicherten diene. Sie folge dem Grundsatz, dass versicherungsfreie Personen, die sich frühzeitig für eine Absicherung in der privaten Krankenversicherung entschieden hätten, diesem System auch im Alter angehören sollten. Dieser Grundsatz, der bereits in den für eine Pflichtmitgliedschaft als Rentner (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V) oder für einen freiwilligen Beitritt (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) gesetzlich geforderten Vorversicherungszeiten zum Ausdruck komme, werde mit der Neuregelung gestärkt. Da diese Personen nach geltendem Recht z.B. durch Veränderungen in der Höhe ihres Arbeitsentgelts, durch Übergang von Vollzeit- in Teilzeit- oder selbständiger zu abhängiger Beschäftigung auch dann Pflichtmitglied werden, wenn sie vorher zu keinem Zeitpunkt einen eigenen Beitrag zu den Solidarlasten geleistet hätten. Da die Leistungsausgaben für ältere Versicherte ihre Beiträge im Regelfall jedoch deutlich überstiegen, würden die Beitragszahler durch diesen Wechsel in den Versicherungssystemen unzumutbar belastet. Dem werde mit der Festsetzung der Altersgrenze auf 55 Jahre Rechnung getragen. Für den Systemwechsel bestehe regelmäßig auch keine sozialpolitische Notwendigkeit, weil wegen des seit langem bestehenden privaten Krankenversicherungsschutzes kein soziales Schutzbedürfnis bestehe. Die Versicherungsfreiheit setze daher voraus, dass in den letzten 5 Jahren vor Beginn der Versicherungspflicht überwiegend Versicherungsfreiheit bestanden habe. Nach S. 3 würden auch die Ehegatten der Beamten, Selbständigen und versicherungsfreien Arbeitnehmer erfasst, wenn sie nach dem 55. Lebensjahr z.B. durch Aufnahme einer mehr als geringfügigen Beschäftigung versicherungspflichtig würden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits mit Urteil vom 27.06.2012 - B 12 KR 11/10 R bekräftigt, dass die Erstreckung der Versicherungsfreiheit auf die Ehegatten dem sich aus den Gesetzesmaterialien ergebenden Regelungsziel entspreche. Die Klägerin erfülle die aufgezeigten Aufnahmevoraussetzungen nicht. Sie habe vielmehr zum Zeitpunkt der Antragstellung das 55. Lebensjahr bereits vollendet, sei seit dem 01.01.2001 privat krankenversichert gewesen und die ebenfalls in den letzten 5 Jahren bestehende Versicherungsfreiheit ihres Ehemannes als pensionierter Beamter (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6 SGB V) erstrecke sich nach dem Willen des Gesetzgebers auf sie.

Mit ihrer hiergegen am 09.05.2018 vor dem SG erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Anliegen weiter verfolgt. Aufgrund der Neuregelung ab dem 01.08.2017 stehe ihr der geltend machte Anspruch auf Pflichtmitgliedschaft in der KVdR zu. In Ermangelung einer Übergangs- oder Stichtagsregelung erfasse die Änderung auch Bestandsfälle, in denen der Rentenantrag vor dem 01.08.2017 gestellt worden und die Vorversicherungszeit nach bisherigem Recht nicht erfüllt gewesen sei. Werde in diesen Fällen die Vorversicherungszeit durch die Anrechnung von drei Jahren Mitgliedszeit pro Kind erfüllt, trete die Versicherungspflicht in der KVdR grundsätzlich ein. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 6 Abs. 3a SGB V. Zwar sei sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V nicht gesetzlich krankenversichert gewesen. Jedoch könnten "versicherungsfrei" nur Personen sein, die vom Grundsatz her versicherungspflichtig waren. Sie selbst sei in den letzten 5 Jahren aber nicht versicherungspflichtig gewesen, weil sie die Voraussetzungen der 9/10-Regelung nicht erfüllt habe, so dass bereits keine Versicherungspflicht bestanden habe, von der sie hätte frei oder befreit sein können. Zu ihrem beruflichen Hintergrund hat die Klägerin ergänzend aufgeführt, dass sie, als die Kinder noch klein gewesen seien, beruflich nicht tätig gewesen sei, jedoch das Älterwerden der Kinder dazu genutzt habe eine weitere Ausbildung abzuschließen. Diesen Beruf als Krankenschwester habe sie aufgrund der Pflegebedürftigkeit ihrer Schwiegermutter, die sie über mehrere Jahre im eigenen Haushalt gepflegt habe, Ende 2000 aufgeben müssen. Im Anschluss sei eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt altersbedingt nicht mehr möglich gewesen. Anspruch auf eine gesetzliche Krankenversicherung durch einen gesetzlichen Sozialleistungsträger habe nicht bestanden, da das Familieneinkommen zu hoch gewesen sei. Sie betreue daher häufig ihre 17 Enkelkinder. Sie unterstütze und entlaste dadurch ihre berufstätigen Söhne und Töchter. Weder ihre Kinder noch Enkelkinder hätte jemals Leistungen von Sozialversicherungsträgern in Anspruch nehmen müssen. Dies sei ohne ihre Unterstützung nicht möglich gewesen. Sie sei daher ihrer Verpflichtung innerhalb des staatlichen Sozialsystems vollumfänglich nachgekommen. Ihre aktuelle Absicherungssituation empfinde sie als mangelhaft. Sie sei im Zweifel wirtschaftlich nicht in der Lage, einen Arzt aufzusuchen und habe Glück, dass sie sich aufgrund ihrer gesunden Lebensweise bester Gesundheit erfreue.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2018 [gemeint offensichtlich: 10.04.2018] aufzuheben und die Klägerin ab dem 01.08.2017 in die Krankenversicherung der Rentner aufzunehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die Begründung der angefochtenen Bescheide Bezug genommen. Durch Urteil vom 17.08.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Aufnahme in die Pflichtversicherung der Krankenversicherung der Rentner bei der Beklagten. Vielmehr sei sie nach § 6 Abs. 3a SGB V weiterhin als versicherungsfrei anzusehen, so dass die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V entfalle. Die Prüfung der Versicherungspflicht sei durch § 5 SGB V nicht abschließend geregelt, vielmehr enthalte § 6 SGB V gesetzliche Ausnahmeregelungen, in denen Versicherungsfreiheit bestehe und die das im Rahmen des § 5 SGB V gewonnene Ergebnis relativieren könnten. So verhielte es sich hier aufgrund der als gegeben anzusehenden Voraussetzungen des § 6 Abs. 3a SGB V: Die Klägerin sei in den letzten fünf Jahren vor Eintritt einer Versicherungspflicht zum 01.08.2017 nicht gesetzlich versichert und zudem mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei gewesen. Letzteres ergebe sich aus der Tatsache, dass sich die Versicherungsfreiheit ihres Ehemannes als pensioniertem Beamten nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 6 SGB V über § 6 Abs. 3a S. 3 SGB V auf sie erstrecke. Der Neufassung des § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V und der Gesetzesbegründung hierzu lasse sich nicht entnehmen, dass auch die Regelung des § 6 Abs. 3a SGB V angepasst oder im Hinblick auf die Gesetzesänderung anderweitig ausgelegt werden sollte.

Die Klägerin hat gegen das Urteil am 28.09.2018 Berufung eingelegt. In Ermangelung einer Übergangs- oder Stichtagsregelung sei die Neufassung des § 5 Abs. 2 S. 3 SGB V auch auf Bestandsfälle wie ihren anzuwenden, in denen der Rentenantrag bereits gestellt sei und die Vorversicherungszeit bisher nicht erfüllt war. Werde die Vorversicherungszeit aber nunmehr aufgrund der Anrechnung von drei Jahren Mitgliedszeit pro Kind erfüllt, trete die Versicherungspflicht in der KVdR am 01.08.2017 grundsätzlich und ohne weiteres ein. Ein Ausschluss von Bestandsrentnern aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften im SGB V sei unzulässig. Folge man der Regelung des § 6 Abs. 3a SGB V, stehe erneut die Ehe mit einem Beamten/Pensionär der Aufnahme in die GKV im Wege. Dabei habe diese Regelung allenfalls den Zweck, ältere zunächst privat Versicherte ohne ausreichende Beteiligung an der Finanzierung nicht mehr an der GKV partizipieren zu lassen. Sie hingegen habe die Solidargemeinschaft in ausreichender Weise unterstützt. Sie selbst sei als beihilfeberücksichtigungsfähiges Familienmitglied zu keinem Zeitpunkt selbst versicherungsfrei gewesen, vielmehr hätten ihr bis zum 01.08.2017 die Vorversicherungszeiten gefehlt. Es verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetzes (GG), wollte man die Entscheidung über die Mitgliedschaft in der GKV von der Berufswahl des Ehepartners abhängig machen. Der Gesetzgeber habe es bereits bei der 9/10-Regelung versäumt, an die Frauen und Mütter zu denken, die während der Kinderbetreuung keine Möglichkeit der Familienversicherung nach § 10 SGB V hatten und deshalb als Rentnerinnen zwangsläufig an der 9/10-Regelung scheiterten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.08.2018 abzuändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 22.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2018 festzustellen, dass sie ab dem 01.08.2017 in der gesetzlichen Krankenversicherung der Rentner bei der Beklagten pflichtversichert ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sieht sich durch das Urteil in ihrer Rechtsauffassung bestätigt und verweist auf ihren bisherigen Sachvortrag.

Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte eine (fiktive) Probeberechnung zu den Vorversicherungszeiten der Klägerin bei unterstellter Anwendbarkeit von § 5 Abs. 2 S. 3 SGB V und gleichzeitiger Nichtanwendbarkeit von § 6 Abs. 3a SGB V zu den Akten gereicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verfahren des SG Köln mit den Aktenzeichen S 23 KR 286/18 und S 23 KR 291/18 ER Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 17.08.2018 zu Recht abgewiesen.

Soweit die Klägerin ihr - neben der beantragten Aufhebung des ablehnenden Bescheides - erstinstanzlich noch auf Durchführung der Pflichtversicherung gerichtetes Begehren in der Berufungsinstanz auf Feststellung ihrer Pflichtmitgliedschaft umgestellt hat, war dies nach § 99 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Modifikation des Antrages ohne Änderung des Klagegrundes zulässig (zur Umstellung von Leistungs- oder Verpflichtungsklage auf Feststellungsklage vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 99 Rn. 4 m.w.N.). Die Pflichtmitgliedschaft tritt nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V bei Vorliegen der Voraussetzungen ipso iure ein, so dass es diesbezüglich keines umsetzenden Verwaltungsaktes bedarf (vgl. Just in: Becker/Kingreen, SGB V, 5. Aufl. 2017, § 5 Rn. 2). Das Bestehen des umfassenden Pflichtversicherungsstatus ist daher im Wege der Feststellungsklage zu klären (vgl. BSG, Urteil vom 12.01.2011, B 12 KR 11/09 R, Rn. 10, juris).

Die insoweit statthafte kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1, Alt. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) ist jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 22.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Feststellung der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner der Beklagten ab der Gesetzesänderung (01.08.2017).

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V sind versicherungspflichtig solche Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrages mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraumes Mitglied oder nach § 10 versichert waren.

Die Voraussetzungen dieser sog. 9/10 Belegung erfüllt die Klägerin ohne Anrechnung von Kindererziehungszeiten unstreitig nicht. In der maßgeblichen hier rund 44 Jahre erfassenden Rahmenfrist vom 01.04.1964 (erstmalige Aufnahme einer Erwerbstätigkeit; diese beginnt mit der Aufnahme einer Ausbildung: vgl. Moritz-Ritter in: Hänlein/Schuler, SGB V, 5. Aufl. 2016, § 5 Rn. 57) bis zum 19.02.2008 (Stellung des Rentenantrages) war die Klägerin nicht zu 9/10 (= 19,8 Jahre von rund 22 Jahren) der zweiten Hälfte des Zeitraums (= 11.03.1986 bis 19.02.2008) gesetzlich krankenversichert. Vielmehr war sie lediglich in der Zeit vom 03.09.1990 bis zum 31.12.2000, also etwas mehr als zehn Jahre, gesetzlich krankenversichert.

Für die Klägerin ließe sich daher nur dann etwas anderes herleiten, wenn sie von der zum 01.08.2017 (durch Gesetz vom 04.04.2017, BGBl. I, S. 778) eingeführten Regelung des § 5 Abs. 2 S. 3 SGB V profitieren würde: Nach dieser Regelung wird auf die nach Abs.1 Nr. 11 erforderliche Mitgliedszeit für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I -) pauschal eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Unter Berücksichtigung ihrer 6 Kinder wären der Klägerin nach dieser Regelung 18 Jahre Mitgliedschaft in der GKV anzurechnen.

Bei Bestandsfällen, in denen der Rentenantrag wie hier bereits vor dem 01.08.2017 gestellt wurde, bzw. bereits Rente bezogen wird, wird davon ausgegangen, dass die Versicherungspflicht auch erst zum 01.08.2017 eintritt, jedoch auf die ursprüngliche zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung maßgebliche Rahmenfrist abzustellen ist (vgl. Felix in: jurisPK/SGB V, 3. Aufl. 2016, § 5 Rn. 83.7 m.w.N; s.a. Gemeinsames Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes und der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung der Rentner zum 01. Januar 2018 vom 05.Dezember 2017, im Folgenden: GemRS v. 05.12.2017, S. 32).

Der Senat hält es jedoch bereits für fraglich, ob der Klägerin die 18 Jahre de lege lata in der zweiten Hälfte der danach weiter maßgeblichen Rahmenfrist vom 01.04.1964 bis 19.02.2008 angerechnet werden können. Dagegen spricht zum einen die Tatsache, dass die Klägerin die Kindererziehungszeiten faktisch im unmittelbaren Anschluss an die Geburten ihrer Kinder aus den Jahren 1969 bis 1976 aufgewendet hat, die jedoch ganz überwiegend in die erste Hälfte der Rahmenfrist (= 01.04.1964 bis 10.03.1986) fallen; entsprechende Pflichtbeitragszeiten sind vom Rentenversicherungsträger daher im Versicherungsverlauf der Klägerin auch in den Jahren 1970 bis 1977 berücksichtigt. Es ist für den Senat auch nicht erkennbar, dass § 5 Abs. 2 S. 3 SGB V - auch wenn dies ursprünglich beabsichtigt gewesen sein und ebenso wünschenswert sein mag - eine von der (renten-)versicherungsrechtlichen Betrachtung abweichende Berücksichtigung in der zweiten Hälfte zuließe. Der Wortlaut der Norm, der lautet, "auf die nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V erforderliche Mitgliedzeit" und nicht etwa, "auf die erforderliche Mitgliedszeit in der zweiten Hälfte der Rahmenfrist", gibt jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass die Zeiten in einem anderen Zeitraum, als dem, in dem sie tatsächlich angefallen sind, berücksichtigt werden können, auch wenn die Norm dadurch regelmäßig leer laufen dürfte, weil Kinder gemeinhin in der erste Lebenshälfte geboren und erzogen werden. Im Gegenteil, die Gesetzesbegründung legt nahe, dass es bei dem allgemeinen Anrechnungsgrundsatz bleiben sollte, wenn es dort heißt, "Personen mit Anspruch auf eine gesetzliche Rente haben Zugang zur KVdR, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrages mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraums (Vorversicherungszeit) selbst Mitglied in der GKV waren. Dies kann zur Folge haben, dass wegen der Betreuung von Kindern diese Vorversicherungszeit nicht erfüllt wird, weil der betreuende Elternteil in dieser Zeit nicht gesetzlich krankenversichert war". Eine andere Interpretation, also die vom tatsächlichen Versicherungsverlauf abweichende Anrechnung der Kindererziehungszeiten in der zweiten Hälfte der Rahmenfrist, würde im vorliegenden Fall zudem zu dem mathematischen Kuriosum führen, dass die Klägerin aufgrund dieser Zeiten zusammen mit ihrer Vorversicherungszeit bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 03.09.1990 bis 31.12.2000 in der maßgeblichen zweiten Hälfte der Rahmenfrist auf rund 28 Jahre Versicherungszeit in nur 22 Kalenderjahren käme.

Der Senat kann jedoch letztlich dahinstehen lassen, ob die Anrechnung der Kindererziehungszeiten bei der Klägerin zur Erfüllung des Tatbestandes von § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V führen würde. Denn selbst bei unterstelltem Erreichen der notwendigen Vorversicherungszeiten würde sie dem Ausschlusstatbestand des § 6 Abs. 3a SGB V unterfallen. Nach dieser Vorschrift sind Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren (Satz 1). Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren (Satz 2). Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich (Satz 3). Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind (Satz 4).

Die Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit sind bei der Klägerin gegeben: Es ist unstreitig, dass die Klägerin in den letzten 5 Jahren vor dem 01.08.2017 nicht gesetzlich versichert war. Es ist ebenso unstreitig, dass ihr Ehemann mindestens die Hälfte dieser Zeit als pensionierter Beamter nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 6 SGB V versicherungsfrei war und ihr dies kraft ausdrücklicher Anordnung in § 6 Abs. 3a S. 3 SGB V zuzurechnen ist.

Das SG hat zutreffend festgestellt, dass § 6 SGB V allgemeingültige Ausnahmen von der nach § 5 Abs. 1 SGB V bestehenden Versicherungspflicht normiert. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen einer der insgesamt 11 denkbaren Fallgestaltungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1, 1a und 2-8 sowie Abs. 2 und 3a SGB V) vor, besteht - kraft Gesetzes - keine Versicherungspflicht. Insofern ist die Prüfung der Versicherungspflicht in der GKV durch § 5 SGB V nicht abschließend geregelt - vielmehr ist im konkreten Fall zusätzlich zu untersuchen, ob die Versicherungspflicht ausnahmsweise doch nicht besteht. Insoweit kann das im Rahmen des § 5 SGB V gewonnene Ergebnis durch § 6 SGB V wieder zunichte gemacht werden (vgl. zum Ganzen Felix in: jurisPK, a.a.O., § 6 Rn. 8). Von der Geltung dieser allgemeinen Systematik sind auch die Spitzenverbände, auf deren Rundschreiben die Klägerin vielfach verweist, wie selbstverständlich ausgegangen, wenn es in ihrem GemRS vom 05.12.2017 auf S. 32 unter Punkt A I 3.3.4.5 Bestandsfälle heißt: "[ ] Es sind die üblichen Vorschriften über den Ausschluss von der Versicherungspflicht und über die Versicherungsfreiheit zu beachten. Insbesondere bei den bisher privat krankenversicherten Rentnern und Rentenantragstellern kommt Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 2, 3 oder 3a SGB V in Betracht."

Der Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 2 S. 3 SGB V (BT-Drs. 18/11205, S. 60) lässt sich mit keinem Wort entnehmen, dass zugleich der von § 6 Abs. 3a SGB V bezweckte Schutz der Solidargemeinschaft vor kostenintensiven Spätwechslern aus der privaten Versicherung im fortgeschrittenen Alter (vgl. BT-Drs. 14/1245, S. 59 f.) preisgegeben bzw. die allgemeine Systematik der Ausschlusstatbestände abbedungen werden sollte. Hierzu hätte es einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Obwohl § 6 Abs. 3a SGB V seit seinem Inkrafttreten zum 01.07.2000 bereits mehrfach geändert wurde (Einfügung von S. 3 durch Art. 3 § 52 Nr. 2 G. v. 16.02.2001, BGBl. I, S. 266 m.W.v. 01.08.2001; Einführung von S. 4 durch Art. 4 Nr. 2 G. vom 24.12.2003, BGBl. I, S. 2954 m.W.v. 01.01.2005 und Änderung durch Art. 1 Nr. 3 lit. b. G. vom 26.03.2007, BGBl. I, 378 m.W.v. 01.04.2007 und des Art. 2 Nr. 01 lit b., G. v. 26.03.2007, BGBl. I, S. 378 m.W.v. 01.01.2009), hat eine solche Co-Modifikation mit der Einführung des § 5 Abs. 2 S. 3 SGB zum 01.08.2017 gerade nicht stattgefunden.

Soweit die Klägerin die Ausdehnung der Versicherungsfreiheit ihres Ehemannes auf ihre Person über § 6 Abs. 3a S. 3 SGB V für gleichheitswidrig hält, verfängt auch dieses Argument nicht.

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG kommt nur in Betracht, wenn willkürlich wesentlich Gleiches ungleich bzw. wesentlich Ungleiches gleich behandelt wird, ohne dass Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die (Un)gleichbehandlung rechtfertigen könnten. Außerhalb dieses Bereichs hat der Gesetzgeber weitgehende Freiheit, Lebenssachverhalte je nach dem Regelungszusammenhang verschieden zu behandeln (vgl. BVerfGE 104, 126, 144 f = SozR 3-8570 § 11 Nr. 5 S 48 f; BVerfGE 103, 242, 258 = SozR 3-3300 § 54 Nr. 2 S. 12 je m.w.N.).

Die Gleichbehandlung der Klägerin mit ihrem versicherungsfreien Ehemann ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Da es sich bei der Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung um einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang handelt, kann der Gesetzgeber den Kreis der Pflichtversicherten so abgrenzen, wie es für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist (grundlegend: BVerfG, Urteil vom 10.06.2009, 1 BvR 706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08, 1 BvR 837/08, Rn. 229, 233). Mit den Beschränkungen des § 6 Abs. 3a SGB V hat der Gesetzgeber im Rahmen seines weiten Ermessensspielraumes zum Schutz der Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten eine klare Abgrenzung zwischen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung vorgenommen und den bereits in den für eine Pflichtmitgliedschaft als Rentner (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V) oder für den freiwilligen Betritt (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) gesetzlich geforderten Vorversicherungszeiten zum Ausdruck kommenden Grundsatz gestärkt, dass versicherungsfreie Personen, die sich frühzeitig für eine Absicherung in der privaten Krankenversicherung entschieden haben, diesem System auch im Alter angehören sollen (vgl. BT-Drs. 14/1245, S. 59; vgl. auch LSG Saarland, Beschluss vom 02.07.2014, L 2 KR 24/14; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2004, L 11 KR 5300/03, jeweils juris). Angesichts des verfassungsrechtlich zulässigen Ziels, die Beitragszahler vor einer unzumutbaren Belastung infolge eines Wechsels zwischen den Versicherungssystemen der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung zu schützen, ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn nach § 6 Abs. 3a S. 2 und 3 SGB V demgegenüber versicherungsfrei sein soll, wer der Sphäre der privaten Krankenversicherung zuzuordnen ist und gerade nicht über einen ausreichenden Bezug zur GKV verfügt wie dies bei Ehegatten von Beamten (bzw. Pensionären) der Fall ist (so ausdrücklich bereits BSG, Urteil vom 27.06.2017, B 12 KR 11/10 R, Rn. 16, juris; Just in: Becker/Kingreen, a.a.O., § 6 Rn. 35).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 193, 183 SGG.

Anlass im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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