Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 17 U 2449/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 311/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27.12.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 23.03.2004 streitig.
Der am 1962 geborene Kläger, der - nach eigenen Angaben - im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit im Juli 1993 eine in Fehlstellung verheilte Ellenbogenfraktur links erlitt (vgl. Gutachten des Prof. Dr. S. vom August 2014, Seite 117 VA - Teil 2), schnitt sich am 23.03.2004 bei seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit als Arbeiter in einem Sägewerk mit einer Glasscherbe proximal des Daumenendgelenks in den rechten Daumen (vgl. die Erstangaben des Klägers laut Durchgangsarztbericht, Seite 1 von 60 VA, Unfallanzeige des Arbeitgebers, Seite 32 von 60 VA und Ärztliche Unfallmeldung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. S. , Seite 53 von 60 VA), wodurch es zu einer Durchtrennung der langen Beugesehne und des radialen Nerven des rechten Daumens kam. Wegen einer postoperativ verbliebenen narbigen Beugekontraktur im Bereich des rechten Daumens wurde im Juli 2004 eine plastische Hauterweiterung durchgeführt und dadurch die Streckfähigkeit des Daumens komplett wiederhergestellt (vgl. Befundbericht Dr. B. , Leiter der Chirurgischen Poliklinik, Universitätsklinikum H. vom 05.07.2004, Seite 14 von 60 VA). Anlässlich einer Befundkontrolle im August 2004 berichtete der Kläger erstmals über ein Klacken im rechten Handgelenk, vor allem bei der Streckung, mit gelegentlichen Beschwerden. Die daraufhin veranlasste röntgenologische Untersuchung ergab eine Kippung der gesamten proximalen Handwurzelreihe, die Dr. B. als eine traumatisch bedingte carpale Instabilität eingestufte, jedoch einen Kausalzusammenhang mit dem Unfallereignis vom 23.03.2004 jedoch als höchst unwahrscheinlich ansah und eine dauerhafte rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) verneinte (vgl. Befundberichte vom 14.09.2004 und 22.09.2004, Seite 35 ff. und 39 f. von 60 VA). Ab September 2004 war der Kläger auf seinem ursprünglichen Arbeitsplatz wieder vollschichtig tätig (vgl. Seite 41 von 60 VA). Bei einer Untersuchung im April 2005 stellte Dr. B. eine erheblich verminderte Beugefähigkeit in Daumenendglied bei nur noch gering limitierter Streckfähigkeit des Daumens fest und empfahl deshalb die Versteifung des Daumenendgelenks (vgl. Befundbericht vom 04.04.2005, Seite 42 f. von 60 VA). Prof. Dr. G. , Chefarzt der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. , an den sich der Kläger zur Einholung einer Zweitmeinung wandte, stellte eine ausgeprägte 90/90 Deformität des rechten Daumens fest und schloss sich der Operationsempfehlung von Dr. B. an. Die ebenfalls diagnostizierte deutliche Instabilität des rechten Handgelenks sah er als vorbestehend und damit nicht unfallbedingt an (vgl. Befundbericht vom 19.04.2005, Seite 48 f. von 60 VA).
Im Oktober 2012 zog sich der Kläger auf dem Weg zur Arbeit eine nicht dislozierte Kalkaneusfraktur links mit partieller Sprunggelenkssteife zu, die ohne wesentliche Stufenbildung, ohne arthrotische Veränderungen und ohne Dislokation vollständig konsolidierte und aus der eine MdE um unter 10 v.H. resultierte (vgl. Gutachten des Prof. Dr. S. vom August 2014, Seite 111 ff. VA).
Wegen anhaltender Beschwerden der rechten Hand (H-Arzt-Bericht des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. V. vom 30.07.2013, Röntgenbefund: rechtes Handgelenk beginnende Rhizarthrose, diskrete arthrotische Veränderungen kein sicherer Anhalt für durchgemachte Fraktur bei leichtem Ulnavorschub, Seite 1 VA) holte die Beklagte ein Gutachten bei dem Arzt für Chirurgie und Handchirurgie Dr. Dr. K. ein. Dieser führte als Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Daumens die Endgliedbeugung betreffend (Streckung/Beugung Daumengrundgelenk rechts: 50-50-65, links: 50-50-70; Daumenendgelenk rechts: 50-0-20, links: 30-0-70), eine Sensibilitätsminderung im Bereich des rechten radialen Daumennerven und eine Minderung der groben Kraft der rechten Hand an und schätzte die daraus resultierende MdE auf unter 10 v.H. Sowohl die an beiden Daumen ausgeprägte 90/90-Deformität, die Sensibilitätsstörungen im gesamten Medianusgebiet rechtsseitig (vermutetes massives Carpaltunnelsyndrom) und die nicht dissoziative karpale Instabilität sah er - unter Berücksichtigung des aktenkundigen und vom Kläger geschilderten Unfallmechanismus - als nicht unfallbedingt an (Gutachten vom 04.09.2014, Seite 97 VA, bestätigt in der ergänzenden Stellungnahme vom 29.01.2015, Seite 150 VA). Mit Bescheid vom 28.04.2015 und Widerspruchsbescheid vom 15.07.2015 lehnte die Beklagte - gestützt auf das Gutachten des Dr. Dr. K. - die Gewährung von Verletztenrente ab.
Die hiergegen erhobene Klage (S 13 U 2216/15), zu deren Begründung der Kläger eine Bestätigung der Gemeinschaftspraxis für Ergotherapie vom Oktober 2013 (38 Behandlungen von Mai bis August 2004, wobei ein starkes Knacken im rechten Handgelenk bei verschiedenen Bewegungsrichtungen der Hand und Schmerzen festgestellt worden sei, vgl. Bl. 23 SG-Akte) sowie ein Schreiben seiner Ehefrau, seiner Tochter und eines Freundes des Klägers vom September 2014 (behaupteter Bruch des Handgelenks am 23.03.2004, vgl. Bl. 26 SG-Akte) vorlegte, wies das Sozialgericht Mannheim (SG) nach Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei dem Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. A. (Unfallfolgen: Funktionseinschränkung im Bereich des rechten Daumenendgliedes im Sinne des Beugedefizits, eine Sensibilitätsminderung im Bereich des speichenseitigen Daumennervens und eine anteilsmäßige Minderung der groben Kraft der rechten Hand, MdE unter 10 v. H., Ablehnung eines Kausalzusammenhangs für Funktionseinschränkung im rechten Handgelenk auf Grund einer Instabilität im Bereich der rechten Handwurzel und einer posttraumatischen Arthrose bei fehlenden Hinweisen auf eine unfallbedingte Prellung oder Distorsion, arthrotische Veränderungen im Bereich der Daumensattelgelenke und Daumengrundgelenke anlagebedingt, Seite 253 VA) mit Gerichtsbescheid vom 18.05.2016 ab.
Die hiergegen eingelegte Berufung wies der Senat mit Urteil vom 15.12.2016 (L 10 U 2309/19, vgl. Bl. 18 ff. LSG-Akte) zurück. Dabei legte er als Unfallgeschehen - ausgehend von den Erstangaben des Klägers und der Unfallanzeige des Arbeitgebers, Seite 1, 32 von 60 VA - eine durch ein gesprungenes gläsernes Maßgefäß erlittene Schnittverletzung am rechten Daumen zu Grunde und bewertete die hieraus resultierenden Unfallfolgen (Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Daumens, vorwiegend die Endgliedbeugung betreffend, Sensibilitätsminderung im Bereich des rechten radialen Daumennervens, Minderung der groben Kraft der rechten Hand) unter Verweis auf die unfallmedizinische Literatur und die Ausführungen der Gutachter Dr. Dr. K. und Dr. A. mit einer MdE um unter 10 v. H. Der vom Kläger erstmals bei der Begutachtung durch Dr. A. im September 2014 geschilderte abweichende Unfallhergang eines Sturzes aus drei Metern Höhe auf den Boden und einer dadurch erlittenen Prellung der Wirbelsäule und des rechten Handgelenks (Seite 257 VA) widerspreche komplett seinen früheren Angaben gegenüber behandelnden Ärzten (Seite 1 von 60 VA) und Ergotherapeuten (Seite 109 VA) sowie dem vom Arbeitgeber bestätigten Unfallhergang (Seite 32 von 60 VA) und sei daher einzig als vor dem Hintergrund des laufenden Verwaltungs- und Klageverfahrens angepasster Sachvortrag erklärbar. Auch sei eine behauptete unfallbedingte Verletzung des rechten Handgelenks anhand der medizinischen Unterlagen (Ärztliche Unfallmeldung Dr. S. vom 23.03.2004: Beim Arbeiten rechten Daumen verletzt, Verdacht auf Beugesehnenruptur rechter Daumen, Seite 53 von 60 VA; D-Arztbericht, Prof. Dr. M. vom 24.03.2004: Durchtrennung der langen Beugesehne und des radialen Nervens des rechten Daumens, Seite 1 von 60 VA) und fehlender unfallnaher Beschwerdeangaben des Klägers (erstmalige Angabe eines "Knacken" im rechten Handgelenk und gelegentlicher Beschwerden im August 2004, Seite 35 ff. von 60 VA) nicht plausibel, zumal die behandelnden Ärzte (Dr. B. , Universitätsklinikum H. und Prof. Dr. G. , BG-Unfallklinik L. ) und Gutachter (Dr. Dr. K. und Dr. A. ) übereinstimmend die Beschwerden auf eine unfallunabhängige Verkippung der proximalen Handwurzelreihe zurückgeführt hätten. Ein ursächlicher Zusammenhang mit dem streitigen Arbeitsunfall ergäbe sich auch nicht aus dem Schreiben des Ergotherapeuten Simon (Seite 221 VA), diesem sei lediglich die bereits im August 2004 durch Dr. B. beschriebene Beschwerdesymptomatik des rechten Handgelenks zu entnehmen. Soweit die Ehefrau, die Tochter und ein Freund des Klägers in einem Schreiben vom 05.09.2014 (Seite 224 VA) einen Bruch des Handgelenks beschrieben hätten, überzeuge dies angesichts einer fehlenden frischen knöchernen Verletzung (vgl. Röntgenbefund von September 2004, Seite 37 von 60 VA) nicht. Auch sei der Verband nicht zur Behandlung eines Bruches, sondern zur funktionellen Nachbehandlung der Beugesehnenverletzung nach Kleinert angebracht worden (vgl. Bericht Dr. B. vom 15.06.2004, Seite 6 von 60 VA). Als nicht unfallbedingt erachtete der Senat eine angegebene Sensibilitätsminderung im gesamten Medianusgebiet rechtsseitig, da sich diese medizinisch nicht mit der erlittenen Verletzung des radialen Daumennervens erklären lasse. Gleiches gelte für die beidseitige Deformität der Daumengrundgelenke (Überstreckung der Daumengrundgelenke). Eine darüber hinaus behauptete Streckhemmung im Bereich des rechten Daumens gegenüber links sei durch die Gutachter nicht festgestellt worden.
Das Urteil vom 15.12.2016 wurde im Januar 2017 (vgl. Empfangsbekenntnis des Klägervertreters vom 21.12.2016, Bl. 36 LSG-Akte L 10 U 2309/16) rechtskräftig.
Am 10.02.2017 stellte der Kläger - unter Verweis auf den bisherigen Schriftverkehr und das Zeugenschreiben vom 05.09.2014 - wegen des am 23.03.2004 erlittenen Unfalls einen Überprüfungsantrag, den die Beklagte mit Bescheid vom 23.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2017 unter Verweis auf fehlende neue Tatsachen oder Hinweise ablehnte.
Hiergegen hat der Kläger am 09.08.2017 Klage beim SG (S 17 U 2449/17) erhoben und unter erneuter Vorlage des Schreibens vom 05.09.2004 eine neue Rechtsprüfung gefordert. Auf Antrag und Kosten des Klägers hat das Gericht ein fachorthopädisches Gutachten bei dem Facharzt für Orthopädie Dr. B. einholt, der unter Zugrundelegung der Schilderungen des Klägers, aus drei Metern Höhe gestürzt und auf das rechte Handgelenk gefallen zu sein, von einer unfallbedingten schweren Distorsion mit Band- und Meniskusverletzung sowie einer Sehnenverletzung der Beugesehne des rechten Daumens in Sinne einer TFCC Läsion, einer LT Bandläsion drittgradig am rechten Handgelenk mit Zustand nach Beugesehnennath und mikrochirurgischer Nervennaht ausgegangen ist und die MdE mit 30 v. H. eingeschätzt hat (Bl. 56 SG-Akte).
Mit dem Kläger am 02.01.2019 zugestelltem Gerichtsbescheid vom 27.12.2018 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, dass die Ablehnung des Überprüfungsantrages durch die Beklagte zu Recht erfolgt sei. Er hat darauf hingewiesen, dass der Klägervortrag im gerichtlichen Überprüfungsverfahren keine abweichende Beurteilung hinsichtlich der MdE-Bewertung rechtfertige. Zutreffend habe die Beklagte als Unfallfolge des am 23.03.2004 erlittenen Unfalls lediglich eine Bewegungseinschränkung am Daumen bei Endgliedbeugung nach operativ versorgter Schnittverletzung am Daumen mit Beugesehnendurchtrennung der langen Beugesehne und des radialen Nerven, Minderung der groben Kraft der Hand, Sensibilitätsstörungen distal des Interphalangealgelenks berücksichtigt und unter Zugrundelegung der Erfahrungswerte nach Schönberg/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, hierfür eine MdE um unter 10 v. H. angenommen. Das SG (S 13 U 2216/15) und nachfolgend das Landessozialgericht - LSG - (L 10 U 2309/16) seien nach eigener Prüfung dieser Einschätzung gefolgt. Dem schließe sich die Kammer im Überprüfungsverfahren an. Eine höhere Bewertung folge auch nicht aus dem bereits im Ausgangsverfahren bekannten und nunmehr wiederholten Vortrag des Klägers, dass auch eine Handgelenksverletzung als MdE-relevante Unfallfolge zu berücksichtigen sei. Vielmehr seien die Beschwerden auf carpale Instabilität zurückzuführen, die auf eine nicht unfallbedingte traumatische Verkippung der gesamten proximalen Handwurzel zurückzuführen sei. Ein naturwissenschaftlicher Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Beschwerden im rechten Handgelenk sei - wie bereits vom LSG ausgeführt - auch nicht unter Würdigung der Zeugenaussagen herstellbar. Auch das gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten bei Dr. B. führe zu keiner abweichenden Beurteilung, da dieser in seinem Sachverständigengutachten ausschließlich das vom Kläger geschilderte - nicht nachgewiesene - Sturzereignis als Unfallhergang zugrunde gelegt habe. Gleiches gelte für das Schreiben der Ergotherapiepraxis vom 02.10.2013. Dieses beschränke sich darauf, die Beschwerdeschilderungen des Klägers wiederzugeben, ohne dass eigene medizinische Feststellungen getroffen würden.
Am 24.01.2019 hat der Kläger Berufung beim LSG eingelegt und weiterhin eine sturzbedingte Verletzung des Handgelenks bei dem am 23.03.2004 erlittenen Unfall behauptet, die als weitere Unfallfolge anzuerkennen sei. Bereits auf Grund der Daumenverletzung ergebe sich eine MdE um 20 v. H., wenn sich der Gebrauchsverlust bzw. die Gebrauchsbeeinträchtigung bestätigen lasse.
Der Kläger beantragt (Schriftsatz vom 24.01.2019, sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27.12.2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2017 zu verpflichten, den Bescheid vom 28.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015 zurückzunehmen und ihm auf Grund der Folgen des am 23.04.2004 erlittenen Arbeitsunfalls Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für rechtmäßig.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 23.05.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2017, mit dem die Beklagte eine Rücknahme des Bescheides vom 28.04.2015 über die Ablehnung eines Anspruches auf Verletztenrente ablehnte. Die hinsichtlich der Rücknahme der die Gewährung von Verletztengeld ablehnenden Entscheidung erhobene kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Rücknahme der bestandskräftigen Bescheide ablehnenden Verwaltungsentscheidungen, mit der Verpflichtungsklage die Rücknahme der bestandskräftigen Ablehnungsentscheidung und mit seiner Leistungsklage die Gewährung von Verletztenrente.
Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 23.05.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte es ablehnte, den Bescheid vom 28.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015 zurückzunehmen und dem Kläger für den am 23.03.2004 erlittenen Unfall Verletztenrente zu gewähren. Denn eine rentenberechtigende MdE für die verbliebenen Unfallfolgen ist beim Kläger nicht festzustellen.
Das SG hat unter Darlegung der für das Zugunstenverfahren maßgebenden Rechtsgrundlage (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -) zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte zu Recht die Rücknahme der ursprünglichen Ablehnungsentscheidung über die begehrte Gewährung von Verletztenrente ablehnte, weil aus den zu berücksichtigenden Unfallfolgen lediglich eine MdE um unter 10 v. H. resultiert und somit kein Anspruch auf Verletztenrente - auch nicht in Form einer etwaigen Stützrente - besteht. Es hat unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Dr. Dr K. und des Dr. A. sowie die rechtskräftigen Entscheidungen des SG Mannheim vom 18.05.2016 (S 13 U 2216/16) und des Senats vom 15.12.2016 (L 10 U 2309/16) zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte ihrer Beurteilung zu Recht ausschließlich Unfallfolgen im Bereich des rechten Daumens (Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Daumens, vorwiegend die Endgliedbeugung betreffend, Sensibilitätsminderung im Bereich des rechten radialen Daumennerven, Minderung der groben Kraft der rechten Hand) zu Grunde legte und die MdE hierfür mit unter 10 v. H. bewertete. Hinsichtlich der bereits in den Ausgangsverfahren (S 13 U 2216/15 und L 10 U 2309/16) geltenden gemachten weiteren Unfallfolgen (weitere Sensibilitätsstörungen im Bereich der rechten Hand, Streckhemmung des rechten Daumens und Handgelenksverletzung) hat sich das SG der Auffassung des Senats im früheren Beschluss angeschlossen, der den erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen unter Auswertung der medizinischen Dokumentationen und Erstangaben zum Unfallhergang abgelehnt hatte. Ergänzend hat es sich mit der gutachterlichen Einschätzung des nach § 109 SGG beauftragten Sachverständigen Dr. B. auseinandergesetzt und rechtlich zutreffend ausgeführt, dass die von Dr. B. angenommene unfallbedingte Verletzung des rechten Handgelenks sowie eine daraus resultierende MdE nicht feststellbar sind, da das bei der Begutachtung zu Grunde gelegte Unfallgeschehen (Sturz aus drei Metern Höhe auf das rechte Handgelenk) auf Grund abweichender Erstangaben des Klägers zum Unfallhergang und fehlender medizinischer Befunde zu der angeblich erlittenen Handgelenksdistorsion nicht überzeuge und ein unfallbedingter Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und der Handgelenksverletzung nicht nachgewiesen sei. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und unter Bezugnahme auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Senatsentscheidung vom 15.12.2016 (L 10 U 2309/16) zurück.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren vorträgt, dass sich eine MdE um 20 v. H. bereits unter Berücksichtigung - allein - der Daumenverletzung ergebe, folgt der Senat dem nicht. Bereits das mit der Ausgangsentscheidung befasste SG (S 13 U 2216/15) legte unter Hinweis auf die unfallmedizinische Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 565) zutreffend dar, dass die Erfahrungswerte bei Verlust des Daumens im Grundgelenk eine MdE um 20 v.H. und bei Verlust des Daumens im Endgelenk eine MdE um 10 v.H. vorsehen. Im Vergleich dazu stellen sich die Unfallfolgen des Klägers im Bereich des rechten Daumens deutlich besser dar. Bei ihm liegt - worauf nachfolgend der Senat in seiner Entscheidung vom 15.12.2006 unter Auswertung der gutachterlichen Feststellungen von Dr. Dr. K. und Dr. A. bereits ausdrücklich hinwies - lediglich eine Bewegungseinschränkung der Endgliedbeugung und eine Sensibiltätsminderung im Bereich des rechten radialen Daumennerven vor, was lediglich eine MdE um weniger als 10 v. H. rechtfertigt. An dieser Einschätzung hält der Senat weiterhin fest und weist die Berufung insoweit unter Verweis auf die diesbezüglichen Ausführungen der Senatsentscheidung vom 15.12.2016 zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 23.03.2004 streitig.
Der am 1962 geborene Kläger, der - nach eigenen Angaben - im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit im Juli 1993 eine in Fehlstellung verheilte Ellenbogenfraktur links erlitt (vgl. Gutachten des Prof. Dr. S. vom August 2014, Seite 117 VA - Teil 2), schnitt sich am 23.03.2004 bei seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit als Arbeiter in einem Sägewerk mit einer Glasscherbe proximal des Daumenendgelenks in den rechten Daumen (vgl. die Erstangaben des Klägers laut Durchgangsarztbericht, Seite 1 von 60 VA, Unfallanzeige des Arbeitgebers, Seite 32 von 60 VA und Ärztliche Unfallmeldung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. S. , Seite 53 von 60 VA), wodurch es zu einer Durchtrennung der langen Beugesehne und des radialen Nerven des rechten Daumens kam. Wegen einer postoperativ verbliebenen narbigen Beugekontraktur im Bereich des rechten Daumens wurde im Juli 2004 eine plastische Hauterweiterung durchgeführt und dadurch die Streckfähigkeit des Daumens komplett wiederhergestellt (vgl. Befundbericht Dr. B. , Leiter der Chirurgischen Poliklinik, Universitätsklinikum H. vom 05.07.2004, Seite 14 von 60 VA). Anlässlich einer Befundkontrolle im August 2004 berichtete der Kläger erstmals über ein Klacken im rechten Handgelenk, vor allem bei der Streckung, mit gelegentlichen Beschwerden. Die daraufhin veranlasste röntgenologische Untersuchung ergab eine Kippung der gesamten proximalen Handwurzelreihe, die Dr. B. als eine traumatisch bedingte carpale Instabilität eingestufte, jedoch einen Kausalzusammenhang mit dem Unfallereignis vom 23.03.2004 jedoch als höchst unwahrscheinlich ansah und eine dauerhafte rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) verneinte (vgl. Befundberichte vom 14.09.2004 und 22.09.2004, Seite 35 ff. und 39 f. von 60 VA). Ab September 2004 war der Kläger auf seinem ursprünglichen Arbeitsplatz wieder vollschichtig tätig (vgl. Seite 41 von 60 VA). Bei einer Untersuchung im April 2005 stellte Dr. B. eine erheblich verminderte Beugefähigkeit in Daumenendglied bei nur noch gering limitierter Streckfähigkeit des Daumens fest und empfahl deshalb die Versteifung des Daumenendgelenks (vgl. Befundbericht vom 04.04.2005, Seite 42 f. von 60 VA). Prof. Dr. G. , Chefarzt der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. , an den sich der Kläger zur Einholung einer Zweitmeinung wandte, stellte eine ausgeprägte 90/90 Deformität des rechten Daumens fest und schloss sich der Operationsempfehlung von Dr. B. an. Die ebenfalls diagnostizierte deutliche Instabilität des rechten Handgelenks sah er als vorbestehend und damit nicht unfallbedingt an (vgl. Befundbericht vom 19.04.2005, Seite 48 f. von 60 VA).
Im Oktober 2012 zog sich der Kläger auf dem Weg zur Arbeit eine nicht dislozierte Kalkaneusfraktur links mit partieller Sprunggelenkssteife zu, die ohne wesentliche Stufenbildung, ohne arthrotische Veränderungen und ohne Dislokation vollständig konsolidierte und aus der eine MdE um unter 10 v.H. resultierte (vgl. Gutachten des Prof. Dr. S. vom August 2014, Seite 111 ff. VA).
Wegen anhaltender Beschwerden der rechten Hand (H-Arzt-Bericht des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. V. vom 30.07.2013, Röntgenbefund: rechtes Handgelenk beginnende Rhizarthrose, diskrete arthrotische Veränderungen kein sicherer Anhalt für durchgemachte Fraktur bei leichtem Ulnavorschub, Seite 1 VA) holte die Beklagte ein Gutachten bei dem Arzt für Chirurgie und Handchirurgie Dr. Dr. K. ein. Dieser führte als Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Daumens die Endgliedbeugung betreffend (Streckung/Beugung Daumengrundgelenk rechts: 50-50-65, links: 50-50-70; Daumenendgelenk rechts: 50-0-20, links: 30-0-70), eine Sensibilitätsminderung im Bereich des rechten radialen Daumennerven und eine Minderung der groben Kraft der rechten Hand an und schätzte die daraus resultierende MdE auf unter 10 v.H. Sowohl die an beiden Daumen ausgeprägte 90/90-Deformität, die Sensibilitätsstörungen im gesamten Medianusgebiet rechtsseitig (vermutetes massives Carpaltunnelsyndrom) und die nicht dissoziative karpale Instabilität sah er - unter Berücksichtigung des aktenkundigen und vom Kläger geschilderten Unfallmechanismus - als nicht unfallbedingt an (Gutachten vom 04.09.2014, Seite 97 VA, bestätigt in der ergänzenden Stellungnahme vom 29.01.2015, Seite 150 VA). Mit Bescheid vom 28.04.2015 und Widerspruchsbescheid vom 15.07.2015 lehnte die Beklagte - gestützt auf das Gutachten des Dr. Dr. K. - die Gewährung von Verletztenrente ab.
Die hiergegen erhobene Klage (S 13 U 2216/15), zu deren Begründung der Kläger eine Bestätigung der Gemeinschaftspraxis für Ergotherapie vom Oktober 2013 (38 Behandlungen von Mai bis August 2004, wobei ein starkes Knacken im rechten Handgelenk bei verschiedenen Bewegungsrichtungen der Hand und Schmerzen festgestellt worden sei, vgl. Bl. 23 SG-Akte) sowie ein Schreiben seiner Ehefrau, seiner Tochter und eines Freundes des Klägers vom September 2014 (behaupteter Bruch des Handgelenks am 23.03.2004, vgl. Bl. 26 SG-Akte) vorlegte, wies das Sozialgericht Mannheim (SG) nach Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei dem Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. A. (Unfallfolgen: Funktionseinschränkung im Bereich des rechten Daumenendgliedes im Sinne des Beugedefizits, eine Sensibilitätsminderung im Bereich des speichenseitigen Daumennervens und eine anteilsmäßige Minderung der groben Kraft der rechten Hand, MdE unter 10 v. H., Ablehnung eines Kausalzusammenhangs für Funktionseinschränkung im rechten Handgelenk auf Grund einer Instabilität im Bereich der rechten Handwurzel und einer posttraumatischen Arthrose bei fehlenden Hinweisen auf eine unfallbedingte Prellung oder Distorsion, arthrotische Veränderungen im Bereich der Daumensattelgelenke und Daumengrundgelenke anlagebedingt, Seite 253 VA) mit Gerichtsbescheid vom 18.05.2016 ab.
Die hiergegen eingelegte Berufung wies der Senat mit Urteil vom 15.12.2016 (L 10 U 2309/19, vgl. Bl. 18 ff. LSG-Akte) zurück. Dabei legte er als Unfallgeschehen - ausgehend von den Erstangaben des Klägers und der Unfallanzeige des Arbeitgebers, Seite 1, 32 von 60 VA - eine durch ein gesprungenes gläsernes Maßgefäß erlittene Schnittverletzung am rechten Daumen zu Grunde und bewertete die hieraus resultierenden Unfallfolgen (Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Daumens, vorwiegend die Endgliedbeugung betreffend, Sensibilitätsminderung im Bereich des rechten radialen Daumennervens, Minderung der groben Kraft der rechten Hand) unter Verweis auf die unfallmedizinische Literatur und die Ausführungen der Gutachter Dr. Dr. K. und Dr. A. mit einer MdE um unter 10 v. H. Der vom Kläger erstmals bei der Begutachtung durch Dr. A. im September 2014 geschilderte abweichende Unfallhergang eines Sturzes aus drei Metern Höhe auf den Boden und einer dadurch erlittenen Prellung der Wirbelsäule und des rechten Handgelenks (Seite 257 VA) widerspreche komplett seinen früheren Angaben gegenüber behandelnden Ärzten (Seite 1 von 60 VA) und Ergotherapeuten (Seite 109 VA) sowie dem vom Arbeitgeber bestätigten Unfallhergang (Seite 32 von 60 VA) und sei daher einzig als vor dem Hintergrund des laufenden Verwaltungs- und Klageverfahrens angepasster Sachvortrag erklärbar. Auch sei eine behauptete unfallbedingte Verletzung des rechten Handgelenks anhand der medizinischen Unterlagen (Ärztliche Unfallmeldung Dr. S. vom 23.03.2004: Beim Arbeiten rechten Daumen verletzt, Verdacht auf Beugesehnenruptur rechter Daumen, Seite 53 von 60 VA; D-Arztbericht, Prof. Dr. M. vom 24.03.2004: Durchtrennung der langen Beugesehne und des radialen Nervens des rechten Daumens, Seite 1 von 60 VA) und fehlender unfallnaher Beschwerdeangaben des Klägers (erstmalige Angabe eines "Knacken" im rechten Handgelenk und gelegentlicher Beschwerden im August 2004, Seite 35 ff. von 60 VA) nicht plausibel, zumal die behandelnden Ärzte (Dr. B. , Universitätsklinikum H. und Prof. Dr. G. , BG-Unfallklinik L. ) und Gutachter (Dr. Dr. K. und Dr. A. ) übereinstimmend die Beschwerden auf eine unfallunabhängige Verkippung der proximalen Handwurzelreihe zurückgeführt hätten. Ein ursächlicher Zusammenhang mit dem streitigen Arbeitsunfall ergäbe sich auch nicht aus dem Schreiben des Ergotherapeuten Simon (Seite 221 VA), diesem sei lediglich die bereits im August 2004 durch Dr. B. beschriebene Beschwerdesymptomatik des rechten Handgelenks zu entnehmen. Soweit die Ehefrau, die Tochter und ein Freund des Klägers in einem Schreiben vom 05.09.2014 (Seite 224 VA) einen Bruch des Handgelenks beschrieben hätten, überzeuge dies angesichts einer fehlenden frischen knöchernen Verletzung (vgl. Röntgenbefund von September 2004, Seite 37 von 60 VA) nicht. Auch sei der Verband nicht zur Behandlung eines Bruches, sondern zur funktionellen Nachbehandlung der Beugesehnenverletzung nach Kleinert angebracht worden (vgl. Bericht Dr. B. vom 15.06.2004, Seite 6 von 60 VA). Als nicht unfallbedingt erachtete der Senat eine angegebene Sensibilitätsminderung im gesamten Medianusgebiet rechtsseitig, da sich diese medizinisch nicht mit der erlittenen Verletzung des radialen Daumennervens erklären lasse. Gleiches gelte für die beidseitige Deformität der Daumengrundgelenke (Überstreckung der Daumengrundgelenke). Eine darüber hinaus behauptete Streckhemmung im Bereich des rechten Daumens gegenüber links sei durch die Gutachter nicht festgestellt worden.
Das Urteil vom 15.12.2016 wurde im Januar 2017 (vgl. Empfangsbekenntnis des Klägervertreters vom 21.12.2016, Bl. 36 LSG-Akte L 10 U 2309/16) rechtskräftig.
Am 10.02.2017 stellte der Kläger - unter Verweis auf den bisherigen Schriftverkehr und das Zeugenschreiben vom 05.09.2014 - wegen des am 23.03.2004 erlittenen Unfalls einen Überprüfungsantrag, den die Beklagte mit Bescheid vom 23.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2017 unter Verweis auf fehlende neue Tatsachen oder Hinweise ablehnte.
Hiergegen hat der Kläger am 09.08.2017 Klage beim SG (S 17 U 2449/17) erhoben und unter erneuter Vorlage des Schreibens vom 05.09.2004 eine neue Rechtsprüfung gefordert. Auf Antrag und Kosten des Klägers hat das Gericht ein fachorthopädisches Gutachten bei dem Facharzt für Orthopädie Dr. B. einholt, der unter Zugrundelegung der Schilderungen des Klägers, aus drei Metern Höhe gestürzt und auf das rechte Handgelenk gefallen zu sein, von einer unfallbedingten schweren Distorsion mit Band- und Meniskusverletzung sowie einer Sehnenverletzung der Beugesehne des rechten Daumens in Sinne einer TFCC Läsion, einer LT Bandläsion drittgradig am rechten Handgelenk mit Zustand nach Beugesehnennath und mikrochirurgischer Nervennaht ausgegangen ist und die MdE mit 30 v. H. eingeschätzt hat (Bl. 56 SG-Akte).
Mit dem Kläger am 02.01.2019 zugestelltem Gerichtsbescheid vom 27.12.2018 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, dass die Ablehnung des Überprüfungsantrages durch die Beklagte zu Recht erfolgt sei. Er hat darauf hingewiesen, dass der Klägervortrag im gerichtlichen Überprüfungsverfahren keine abweichende Beurteilung hinsichtlich der MdE-Bewertung rechtfertige. Zutreffend habe die Beklagte als Unfallfolge des am 23.03.2004 erlittenen Unfalls lediglich eine Bewegungseinschränkung am Daumen bei Endgliedbeugung nach operativ versorgter Schnittverletzung am Daumen mit Beugesehnendurchtrennung der langen Beugesehne und des radialen Nerven, Minderung der groben Kraft der Hand, Sensibilitätsstörungen distal des Interphalangealgelenks berücksichtigt und unter Zugrundelegung der Erfahrungswerte nach Schönberg/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, hierfür eine MdE um unter 10 v. H. angenommen. Das SG (S 13 U 2216/15) und nachfolgend das Landessozialgericht - LSG - (L 10 U 2309/16) seien nach eigener Prüfung dieser Einschätzung gefolgt. Dem schließe sich die Kammer im Überprüfungsverfahren an. Eine höhere Bewertung folge auch nicht aus dem bereits im Ausgangsverfahren bekannten und nunmehr wiederholten Vortrag des Klägers, dass auch eine Handgelenksverletzung als MdE-relevante Unfallfolge zu berücksichtigen sei. Vielmehr seien die Beschwerden auf carpale Instabilität zurückzuführen, die auf eine nicht unfallbedingte traumatische Verkippung der gesamten proximalen Handwurzel zurückzuführen sei. Ein naturwissenschaftlicher Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Beschwerden im rechten Handgelenk sei - wie bereits vom LSG ausgeführt - auch nicht unter Würdigung der Zeugenaussagen herstellbar. Auch das gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten bei Dr. B. führe zu keiner abweichenden Beurteilung, da dieser in seinem Sachverständigengutachten ausschließlich das vom Kläger geschilderte - nicht nachgewiesene - Sturzereignis als Unfallhergang zugrunde gelegt habe. Gleiches gelte für das Schreiben der Ergotherapiepraxis vom 02.10.2013. Dieses beschränke sich darauf, die Beschwerdeschilderungen des Klägers wiederzugeben, ohne dass eigene medizinische Feststellungen getroffen würden.
Am 24.01.2019 hat der Kläger Berufung beim LSG eingelegt und weiterhin eine sturzbedingte Verletzung des Handgelenks bei dem am 23.03.2004 erlittenen Unfall behauptet, die als weitere Unfallfolge anzuerkennen sei. Bereits auf Grund der Daumenverletzung ergebe sich eine MdE um 20 v. H., wenn sich der Gebrauchsverlust bzw. die Gebrauchsbeeinträchtigung bestätigen lasse.
Der Kläger beantragt (Schriftsatz vom 24.01.2019, sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27.12.2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2017 zu verpflichten, den Bescheid vom 28.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015 zurückzunehmen und ihm auf Grund der Folgen des am 23.04.2004 erlittenen Arbeitsunfalls Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für rechtmäßig.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 23.05.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2017, mit dem die Beklagte eine Rücknahme des Bescheides vom 28.04.2015 über die Ablehnung eines Anspruches auf Verletztenrente ablehnte. Die hinsichtlich der Rücknahme der die Gewährung von Verletztengeld ablehnenden Entscheidung erhobene kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Rücknahme der bestandskräftigen Bescheide ablehnenden Verwaltungsentscheidungen, mit der Verpflichtungsklage die Rücknahme der bestandskräftigen Ablehnungsentscheidung und mit seiner Leistungsklage die Gewährung von Verletztenrente.
Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 23.05.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte es ablehnte, den Bescheid vom 28.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015 zurückzunehmen und dem Kläger für den am 23.03.2004 erlittenen Unfall Verletztenrente zu gewähren. Denn eine rentenberechtigende MdE für die verbliebenen Unfallfolgen ist beim Kläger nicht festzustellen.
Das SG hat unter Darlegung der für das Zugunstenverfahren maßgebenden Rechtsgrundlage (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -) zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte zu Recht die Rücknahme der ursprünglichen Ablehnungsentscheidung über die begehrte Gewährung von Verletztenrente ablehnte, weil aus den zu berücksichtigenden Unfallfolgen lediglich eine MdE um unter 10 v. H. resultiert und somit kein Anspruch auf Verletztenrente - auch nicht in Form einer etwaigen Stützrente - besteht. Es hat unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Dr. Dr K. und des Dr. A. sowie die rechtskräftigen Entscheidungen des SG Mannheim vom 18.05.2016 (S 13 U 2216/16) und des Senats vom 15.12.2016 (L 10 U 2309/16) zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte ihrer Beurteilung zu Recht ausschließlich Unfallfolgen im Bereich des rechten Daumens (Bewegungseinschränkung im Bereich des rechten Daumens, vorwiegend die Endgliedbeugung betreffend, Sensibilitätsminderung im Bereich des rechten radialen Daumennerven, Minderung der groben Kraft der rechten Hand) zu Grunde legte und die MdE hierfür mit unter 10 v. H. bewertete. Hinsichtlich der bereits in den Ausgangsverfahren (S 13 U 2216/15 und L 10 U 2309/16) geltenden gemachten weiteren Unfallfolgen (weitere Sensibilitätsstörungen im Bereich der rechten Hand, Streckhemmung des rechten Daumens und Handgelenksverletzung) hat sich das SG der Auffassung des Senats im früheren Beschluss angeschlossen, der den erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen unter Auswertung der medizinischen Dokumentationen und Erstangaben zum Unfallhergang abgelehnt hatte. Ergänzend hat es sich mit der gutachterlichen Einschätzung des nach § 109 SGG beauftragten Sachverständigen Dr. B. auseinandergesetzt und rechtlich zutreffend ausgeführt, dass die von Dr. B. angenommene unfallbedingte Verletzung des rechten Handgelenks sowie eine daraus resultierende MdE nicht feststellbar sind, da das bei der Begutachtung zu Grunde gelegte Unfallgeschehen (Sturz aus drei Metern Höhe auf das rechte Handgelenk) auf Grund abweichender Erstangaben des Klägers zum Unfallhergang und fehlender medizinischer Befunde zu der angeblich erlittenen Handgelenksdistorsion nicht überzeuge und ein unfallbedingter Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und der Handgelenksverletzung nicht nachgewiesen sei. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und unter Bezugnahme auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Senatsentscheidung vom 15.12.2016 (L 10 U 2309/16) zurück.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren vorträgt, dass sich eine MdE um 20 v. H. bereits unter Berücksichtigung - allein - der Daumenverletzung ergebe, folgt der Senat dem nicht. Bereits das mit der Ausgangsentscheidung befasste SG (S 13 U 2216/15) legte unter Hinweis auf die unfallmedizinische Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, Seite 565) zutreffend dar, dass die Erfahrungswerte bei Verlust des Daumens im Grundgelenk eine MdE um 20 v.H. und bei Verlust des Daumens im Endgelenk eine MdE um 10 v.H. vorsehen. Im Vergleich dazu stellen sich die Unfallfolgen des Klägers im Bereich des rechten Daumens deutlich besser dar. Bei ihm liegt - worauf nachfolgend der Senat in seiner Entscheidung vom 15.12.2006 unter Auswertung der gutachterlichen Feststellungen von Dr. Dr. K. und Dr. A. bereits ausdrücklich hinwies - lediglich eine Bewegungseinschränkung der Endgliedbeugung und eine Sensibiltätsminderung im Bereich des rechten radialen Daumennerven vor, was lediglich eine MdE um weniger als 10 v. H. rechtfertigt. An dieser Einschätzung hält der Senat weiterhin fest und weist die Berufung insoweit unter Verweis auf die diesbezüglichen Ausführungen der Senatsentscheidung vom 15.12.2016 zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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