L 1 KR 526/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 20 KR 357/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 526/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. November 2017 geändert. Es wird festgestellt, dass der Kläger mit dem 1. August 2016 Mitglied der Beigeladenen geworden ist. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beigeladene hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Krankenkassenwechsels.

Der 1979 geborene Kläger war ab dem 1. Februar 2015 Mitglied der Beklagten. Er stand vom 1. Februar 2015 bis zum 30. Juni 2016 in einem Beschäftigungsverhältnis bei der Hochschule für Technik und Wirtschaft. Vom 1. Dezember 2015 bis zum 17. April 2016 trat an die Stelle der auf Beschäftigung beruhenden Versicherung bei der Beklagten der Bezug von Krankengeld. Seit dem 1. Juli 2016 hatte der Kläger erneut Anspruch auf Krankengeld.

Am 7. April 2016 kündigte der Kläger seine Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31. Juli 2016. Die Kündigung wurde der Beklagten von der Beigeladenen übermittelt, die der Kläger ab dem 1. August 2016 als neue Krankenkasse gewählt hatte. Die Beklagte bestätigte die Kündigung noch am 7. April 2016. Die Kündigungsbestätigung lag der Beigeladenen jedenfalls am 28. Juni 2016 vor. Die Beigeladene übersandte am 4. Mai 2016 eine Mitgliedsbescheinigung dem Arbeitgeber des Klägers. Am 21. Juni 2016 meldete der Arbeitgeber den Kläger gegenüber der Beklagen zum 30. Juni 2016 wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ab.

Die Beigeladene bestätigte mit Schreiben vom 5. August 2016 und 23. August 2016 gegenüber der Beklagten die Mitgliedschaft des Klägers bei ihr ab dem 1. August 2016; sie übersandte der Beklagten eine neue Mitgliedschaftsbescheinigung mit Datum vom 5. August 2016. Die Beigeladene erklärte dann aber mit Schreiben vom 31. August 2016, dass die Kündigung nicht wirksam geworden sei, weil der Beklagten nicht bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine Mitgliedsbescheinigung vorgelegen habe. Nach der Gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Krankenkassenwahlrecht vom 30. Juni 2008 müsse die neue Mitgliedsbescheinigung innerhalb der Kündigungsfrist bei der bisherigen Krankenkasse vorgelegt werden, wenn für Mitglieder keine zur Meldung verpflichtete Stelle vorhanden sei.

Mit Schreiben vom 23. September 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er seine Mitgliedschaft bei ihr zum 31. Juli 2016 gekündigt habe. Die vorliegenden Unterlagen würden eine Mitgliedschaft bei der Beigeladenen ab dem 1. August 2016 bestätigen. Die Beigeladene habe die Mitgliedschaft ab dem 1. August 2016 herzustellen und die Zahlung des Krankengeldes fortzuführen.

Dagegen wandte sich die Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 5.Oktober 2016 und begehrte die Fortsetzung der Mitgliedschaft bei der Beklagten. Die Beklagte sah das als Widerspruch an, den sie durch Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2017 zurückwies. Weder die Beigeladene noch der Kläger könnten sich darauf berufen, dass die Kündigung wegen des nicht rechtzeitigen Eingangs der Mitgliedsbescheinigung nicht wirksam geworden sei. Die Regelung, dass die Mitgliedschaft in der neuen Krankenkasse innerhalb der Kündigungsfrist durch Vorlage einer Mitgliedsbescheinigung nachgewiesen werden müsse, diene nicht dem Schutz der neu gewählten Krankenkasse. Hinzuweisen sei auf ein Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 22. November 2007 - L 5 KR 221/06. Aufgrund der gegebenen Sachlage habe bei der Beklagten Klarheit darüber bestanden, dass der Kläger seit dem 1. August 2016 die Beigeladene gewählt habe.

Die Beigeladene teilte dem Kläger mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 mit, dass eine Mitgliedschaft bei ihr - der Beigeladenen - nicht zustande gekommen sei.

Bereits vor Erlass des Widerspruchsbescheides der Beklagten, nämlich am 24. Oktober 2016, hat die Bevollmächtigte des Klägers die vorliegende Klage mit dem Ziel erhoben festzustellen, dass durch die Kündigung des Klägers vom 7. April 2016 seine Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht beendet worden sei. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 175 Abs. 4 Satz 4 SGB V sei die Kündigung unwirksam, weil nicht innerhalb der Kündigungsfrist eine neue Mitgliedsbescheinigung bei der Beklagten vorgelegt worden sei. Auch habe die Beklagte sich nicht darum gekümmert, dass ihr rechtzeitig eine Mitgliedsbescheinigung vorgelegt werde. Die Frage der Zuständigkeit habe für den Kläger unmittelbare finanzielle Auswirkungen, weil ihm für die Zeit vom 1. August 2016 bis zum 28. September 2016 noch ein Krankengeldanspruch zustehe. Falls die Feststellungsklage unbegründet sei, müsse ab dem 1. August 2016 eine Mitgliedschaft bei der Beigeladenen bestehen.

Die Beigeladene hat in dem Verfahren vor dem Sozialgericht ausgeführt, dass die Wirksamkeit der Kündigung den Eingang einer Mitgliedsbescheinigung bei der Beklagten bis zum 31. Juli 2016 voraussetze. Diesen habe sie nicht veranlasst, weil sie - die Beigeladene - zu dieser Zeit noch keine Kenntnis von der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 30. Juni 2016 gehabt habe.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 27. November 2017 abgewiesen. Das Begehren des Klägers, feststellen zu lassen, dass seine Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht durch Kündigung vom 7. April 2016 beendet worden sei, sei als isolierte Feststellungsklage statthaft, jedoch im Übrigen unzulässig. Der Zulässigkeit dieser isolierten Klage stehe der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Dem Kläger hätte es oblegen, neben der Feststellungsklage eine kombinierte Anfechtungsklage mit dem Ziel zu erheben, die insoweit entgegenstehende Feststellung der Beklagten aus dem Bescheid vom 23. September 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2017 aufzuheben. Selbst wenn das Begehren des Klägers so zu verstehen sei, fehle jedenfalls eine Klageerhebung gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10. Januar 2017. Dieser Widerspruchsbescheid sei nicht Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Die dafür maßgebenden gesetzlichen Voraussetzungen lägen offensichtlich nicht vor und die dem Bescheid beigegebene Rechtsbehelfsbelehrung sei unrichtig. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass der Zulässigkeit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage dahingehend, dass die Beigeladene seit dem 1. August 2016 die zuständige Krankenkasse sei, die Bindungswirkung der mit Bescheid vom 18. Oktober 2016 verlautbarten gegenteiligen Feststellung entgegenstehen würde. Gegen den ihm am 29. November 2017 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 20. Dezember 2017 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers. Bei dem Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 23. September 2016 handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Es sei weder als Bescheid bezeichnet noch enthalte es eine Rechtbehelfsbelehrung. Es habe auch keinen Regelungscharakter, weil die in dem Schreiben genannte Rechtsfolge, dass die Beigeladene ab dem 1. August 2016 die Mitgliedschaft zu führen habe, nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten gelegen habe. Auch die Beklagte selbst sei nicht davon ausgegangen, dass die Angelegenheit mit dem Schreiben vom 23. September 2016 abschließend geklärt sei, sondern habe sich nochmals an die Beigeladene gewandt. Ein Widerspruch sie daher weder zulässig noch notwendig gewesen. Unerheblich sei, dass die Beklagte das Schreiben seiner - des Klägers - Bevollmächtigten vom 4. Oktober 2016 als Widerspruch gewertet und den Widerspruchsausschuss beteiligt habe. Der Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2017 habe keine rechtlichen Auswirkungen. Eine Anfechtungsklage hätte daher keine Grundlage gehabt. Auf der Grundlage des angefochtenen Gerichtsbescheides sei vorsorglich eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage beim Sozialgericht Neuruppin zum Az S 33 KR 319/17 erhoben worden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. November 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. September 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2017 aufzuheben und festzustellen, dass durch die Kündigung des Klägers vom 7. April 2016 seine Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht beendet worden ist, hilfsweise, dass seit dem 1. August 2016 seine Mitgliedschaft bei der Beigeladenen besteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. November 2017 zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.

Die Beigeladene hat im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte verwiesen, die vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist mit dem nunmehr gestellten Antrag zum Teil begründet. Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob die erhobene Klage schon vor dem Sozialgericht bei interessengerechter Auslegung eigentlich als kombinierte Feststellungs- und Anfechtungsklage mit dem Antrag zu verstehen gewesen ist, ab dem 1. August 2016 die Verpflichtung der Beklagten, hilfsweise der Beigeladenen zur Führung der Mitgliedschaft festzustellen. Darauf kommt es nicht an, weil der Klageantrag im Berufungsverfahren für den Kläger nunmehr ausdrücklich so formuliert worden ist und darin jedenfalls eine nach §§ 99 Abs. 1, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klageänderung liegt. Die Umstellung des Klageantrags ist sachdienlich, weil derselbe Lebenssachverhalt betroffen bleibt und so die Durchführung weiterer gerichtlicher Verfahren vermieden werden kann.

Der Kläger kann das von ihm verfolgte Klageziel zulässig nur im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage erreichen. Denn die Frage, bei welcher Krankenkasse er Mitglied ist, gehört dem öffentlichen Recht an. Über die Mitgliedschaft hat zunächst die betroffene Krankenkasse im Wege eines Verwaltungsaktes zu entscheiden, weil insoweit ein öffentlich–rechtliches Subordinationsverhältnis besteht. Entsprechend kann das Gericht über die begehrte Feststellung nur entscheiden, wenn bereits ein Bescheid und ein Widerspruchsbescheid vorliegt, der gleichzeitig mit der Anfechtungsklage angegriffen wird (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 12. Aufl., § 55 Rn 3b, 12a). Das Schreiben der Beklagten vom 23. September 2016 erfüllt die Merkmale eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Unerheblich ist, dass das Schreiben von der Beklagten selbst nicht als Bescheid bezeichnet wurde und auch keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt. Ausreichend ist, dass es eine von der Beklagten einseitig gesetzte Regelung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts enthielt. Die Beklagte entschied in diesem Schreiben nämlich, dass der Kläger über den 31. Juli 2016 hinaus nicht mehr ihr Mitglied war. Mit dem Erlass des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2017 ist eine gegen den Bescheid vom 23. September 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2017 gerichtete Anfechtungsklage nach § 78 Abs. 1 SGG zulässig geworden.

Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist zwar nicht mit dem Hauptantrag, wohl aber mit dem hilfsweise gestellten Antrag begründet. Der Kläger ist seit dem 31. Juli 2016 nicht mehr bei der Beklagten versichert, er ist ab dem 1. August 2016 Mitglied der Beigeladenen geworden.

Ursprünglich war der Kläger ab dem 1. Februar 2015 Mitglied der Beklagten. Gemäß § 175 Abs. 4 SGB V konnte er seine Mitgliedschaft nach Ablauf von 18 Monate durch Beitritt zu einer anderen Krankenkasse kündigen. Der Kläger hat dieses Kündigungsrecht wirksam ausgeübt. Die ersten 18 Monate nach Begründung seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 1. Februar 2015 endeten am 31. Juli 2016. Zum 1. August 2016 konnte der Kläger daher sein gesetzliches Wahlrecht zugunsten der Beigeladenen erstmals ausüben. Das Gesetz verlangt für den Wechsel zu einer anderen Krankenkasse die Kündigungserklärung gegenüber der alten Krankenkasse spätestens bis zum Ende des zweiten Monats, der dem Monat vorausgeht, mit dessen Ende der in Aussicht genommene Wechsel wirksam werden soll, die Erteilung einer Kündigungsbestätigung durch die alte Krankenkasse und den Nachweis der Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch Vorlage einer entsprechenden Mitgliedsbescheinigung innerhalb der Kündigungsfrist. Diese Voraussetzungen liegen sämtlich vor.

Der Kläger hat seine Kündigung gegenüber der Beklagten bereits am 7. April 2016 und damit weit vor dem Ablauf der Erklärungsfrist für eine zum 31. Juli 2016 wirksam werdende Kündigung bekannt gegeben. Die Beklagte hat dem Kläger auch noch am selben Tag eine Kündigungsbestätigung erteilt, welche der Beigeladenen innerhalb der Kündigungsfrist, nämlich jedenfalls am 28. Juni 2016 zugegangen ist. Fraglich kann danach nur sein, ob der Nachweis der Mitgliedschaft bei der Beigeladenen durch Vorlage einer entsprechenden Mitgliedsbescheinigung innerhalb der Kündigungsfrist wirksam erfolgt ist.

Das Gesetz sagt nicht ausdrücklich, bei wem die Mitgliedsbescheinigung vorzulegen ist. In Übereinstimmung mit den allgemein für die An- und Abmeldung bei Krankenkassen geltenden Vorschriften (§§ 28aff Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV) bestimmt die Gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Krankenkassenwahlrecht (in der hier noch anwendbaren alten Fassung) unter.4.2.1.2 bis 4.2.2, dass die Vorlage grundsätzlich bei der meldepflichtigen Stelle erfolgen soll. Ist eine solche nicht vorhanden, ist die Mitgliedsbescheinigung bei der alten Krankenkasse vorzulegen. Eine meldepflichtige Stelle war für den Kläger bis zum 30. Juni 2016 vorhanden. Er stand bis zu diesem Tag in einem Beschäftigungsverhältnis. Nach § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB IV hatte sein Arbeitgeber einen Wechsel der Einzugsstelle der bisherigen Einzugsstelle zu melden. Entsprechend hatte die Beigeladene die von ihr ausgestellte Mitgliedsbescheinigung am 4. Mai 2016 an den Arbeitgeber des Klägers geschickt. Bereits mit der damit erfolgten Vorlage der Mitgliedsbescheinigung bei einer meldepflichtigen Stelle, die noch innerhalb der Kündigungsfrist erfolgte, war den gesetzlichen Anforderungen genüge getan. Es gibt keine Rechtsvorschrift, aus der sich ableiten ließe, dass die erfolgte Übersendung einer Mitgliedschaftsbestätigung wieder unwirksam wird, wenn die empfangsberechtigte Stelle nach Zugang der Bestätigung, aber vor Auslaufen der Kündigungsfrist nochmals wechselt. Dieser Fall ist in der Gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Krankenkassenwahlrecht nicht geregelt. Es kann jedenfalls nicht darauf ankommen, dass die bisherige Krankenkasse erst nach Ablauf der Kündigungsfrist Kenntnis von der Mitgliedschaftsbescheinigung der neuen Krankenkasse erhielt. Insoweit hat das BSG bereits entschieden, dass ein um sechs Wochen verspäteter Eingang der Mitteilung bei der betroffenem Krankenkasse unschädlich ist, da dies in den Strukturen des Meldewesens so angelegt ist (BSG v. 2. Dezember 2004 - B 12 KR 23/04 R - juris Rn 26).

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nach den grundsätzlichen Hinweisen des GKV-Spitzenverbandes zum Krankenkassenwahlrecht v. 22. November 2016 (6.4) eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X grundsätzlich möglich ist, wenn die Vorlagefrist der Mitgliedsbescheinigung ohne Verschulden des Versicherten versäumt wird. Ein Verschulden des Klägers ist nicht ersichtlich, da er nicht darauf hingewiesen worden ist, dass wegen des Endes seines Beschäftigungsverhältnisses erneut eine Mitgliedsbescheinigung versandt werden musste. Der Kläger hat jedenfalls zunächst auch gegenüber der Beigeladenen auf der Wirksamkeit seiner Wahl beharrt, wie sich an seinem in der Verwaltungsakte der Beigeladenen dokumentierten Telefonanruf vom 27. September 2016 und seinem Schreiben von gleichen Tag zeigt. Das wäre als konkludenter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Strand zu deuten.

Im Übrigen kann sich die Beigeladene jedenfalls nicht auf ihre verspätete Absendung der Mitgliedschaftsbescheinigung berufen, um von ihrer Leistungspflicht gegenüber dem Kläger frei zu werden. Der Gesetzgeber hat den Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung in § 175 Abs. 4 SGB V die Wahlmöglichkeit eingeräumt. Die Beigeladene wäre zur fristgerechten Absendung einer Mitgliedschaftsbescheinigung verpflichtet gewesen, da sie von dem Kläger als neue Krankenkasse ausgewählt worden ist. Ein Versäumnis bei der Erfüllung dieser Verpflichtung, auch wenn es subjektiv nicht vorwerfbar gewesen sein mag, kann sie nicht dazu berechtigen, die Wahl des Klägers zu annullieren. Aus eigenem rechtswidrigen Verhalten kann sei keine Vorteile gewinnen.

Nach § 75 Abs. 5 SGG konnte die Beigeladene verurteilt werden, auch wenn sie die streitgegenständlichen Bescheide nicht erlassen hat. Die Vorschrift des § 75 Abs. 5 SGG ist nicht nur bei einer Verurteilung zur Leistung, sondern ebenso im Rahmen einer Feststellungsklage anwendbar (Meyer-Ladewig, SGG, 12. Aufl. § 75 Rn 18). Auch der Umstand, dass die Beigeladene das Bestehen einer Mitgliedschaft bei ihr gegenüber dem Kläger schon mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 abgelehnt hat, steht der gerichtlichen Feststellung des Gegenteils nicht entgegen. Zwar ist das Schreiben der Beigeladenen als Verwaltungsakt anzusehen, der nach § 77 SGG bestandskräftig geworden ist, weil gegen ihn kein Rechtsbehelf eingelegt worden ist. Entsprechend § 181 SGG ist hier aber gleichwohl eine Verurteilung der Beigeladenen möglich (vgl. zur Anwendbarkeit des § 181 SGG im Rahmen des § 75 Abs. 5 SGG Gall in jurisPK SGG, § 75 Rn 197). Die Beklagte und die Beigeladene sind beide Versicherungsträger, welche nicht den Anspruch des Klägers auf Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung als solchen in Frage stellen, sondern nur jeweils ihre eigene Zuständigkeit dafür ablehnen.

Nach alledem war auf die Berufung des Klägers der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts abzuändern und das Bestehen einer Mitgliedschaft des Klägers bei der Beigeladenen festzustellen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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