Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 21 KR 1800/18
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Mai 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2018 verurteilt, dem Kläger Krankengeld in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum 8. bis 14. Mai 2018 zu zahlen. 2. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. 3. Die Berufung wird zugelassen. 2
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum 8. bis 14. Mai 2018. Der Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er arbeitet als Linienpilot bei der L ... Nach einem stationären Rehaaufenthalt wurde der Kläger am 13. November 2017 vom Fliegerarzt des Medizinischen Dienstes der L. für fluguntauglich und damit für arbeitsunfähig befunden. Die Flugtauglichkeit des Klägers sollte durch einen Gutachter des Luftfahrtbundesamtes positiv festgestellt werden. Zu einer solchen Begutachtung kam es allerdings erst im Mai 2018. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers wurde von den Fliegerärzten der L. bis dahin jeweils monatlich verlängert. Ab dem 25. Dezember 2017 lagen die Voraussetzungen für die die Zahlung von Krankengeld vor. Die Auszahlung des Krankengeldes verzögerte sich allerdings, weil die vom Kläger eingereichten Fluguntauglichkeitsbescheinigungen bei der Beklagten offenbar falsch verarbeitetet worden waren. Mit Schreiben vom 3. April 2018 stellten die Fliegerärzte die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis 7. Mai 2018 fest. Diese Bescheinigung vom 3. April 2018 reichte der Kläger unstreitig rechtzeitig bei der Beklagten ein. Eine Folgebescheinigung stellten die Fliegerärzte am 8. Mai 2018 aus. Diese Folgebescheinigung gab der Kläger am 15. Mai 2018 in einer Geschäftsstelle der Beklagten ab. Mit Bescheid vom 16. Mai 2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Krankengeldanspruch in der Zeit vom 8. bis 14. Mai 2018 ruhe. Die Arbeitsunfähigkeit sei zuletzt bis zum 7. Mai 2018 bestätigt worden. Eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe der Kläger innerhalb einer Woche nach dem zuletzt bestätigten Ende der Arbeitsunfähigkeit bei der Beklagten einreichen müssen. Die neue Bescheinigung sei aber erst am 15. Mai 2018 und damit nicht innerhalb einer Woche bei der Beklagten eingegangen. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 23. Mai 2018 Widerspruch ein. In seinem Widerspruchsschreiben trägt der Kläger unter anderem vor, dass ihm die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 8. Mai 2018 durch seinen Arbeitgeber verspätet zugestellt worden sei. Er habe erst am 15. Mai 2018 die Möglichkeit gehabt, die Folgebescheinigung abzugeben. Außerdem sei zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er auf den Beginn der Krankengeldzahlung sehr lange habe warten müssen. Er habe damals die Entschuldigung der Beklagten akzeptiert und erwarte nun ein entsprechendes Entgegenkommen. 3 Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2018 zurückgewiesen. Die Beklagte berief sich in der Begründung insbesondere auf die Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch (SGB V). Die fortlaufende Arbeitsunfähigkeit sei der Krankenkasse grundsätzlich innerhalb von einer Woche nach dem zuletzt vom Arzt bestätigten voraussichtlichen Bis-Datum zu melden. Im vorliegenden Fall sei die Meldefrist von einer Woche überschritten worden. Wegen dieser Spätmeldung ruhe der Krankengeldanspruch. Auf die verspätete Zustellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Arbeitgeber komme es nicht an. Es sei Aufgabe des Versicherten die Arbeitsunfähigkeit fristgerecht zu melden. Der Kläger hat am 12. September 2018 Klage beim Sozialgericht erhoben. Ergänzend zu seinen Ausführungen im Widerspruchsverfahren weist er darauf hin, dass er sich wegen des verspäteten Beginns der Krankengeldzahlung Geld privat habe leihen müssen, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Er habe die neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst abends am 14. Mai 2018 in seinem Briefkasten vorgefunden. Mit Rücksicht auf seine Kinder habe er darauf verzichtet, noch an diesem Abend zur Geschäftsstelle der Beklagten zu fahren, um die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dort abzugeben. Den Wert des nicht ausgezahlten Krankgengelds beziffert der Kläger mit 615,50 Euro. Der Kläger beantragt sinngemäß, den Bescheid der Beklagten vom 16. Mai 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2018 aufzuheben und ihm Krankengeld nach den gesetzlichen Vorschriften für den Zeitraum 8. Bis 14. Mai 2018 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie nimmt im wesentlichen Bezug auf die Begründung des Widerspruchsbescheids. Das Gericht hat am 17. Juni 2019 einen Erörterungstermin durchgeführt. In diesem hat der Kläger dargelegt, dass die Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit jeweils ohne erneute persönliche Untersuchung erfolgt sei. Der Beklagtenvertreter hat erklärt, dass die Beklagte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen dennoch akzeptiere. Das Gericht hat die Beteiligten in dem Erörterungstermin zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG (SGG) angehört. Die Beteiligten haben auf weitere Stellungnahmen und die Einräumung einer Anhörungsfrist verzichtet. Im Übrigen wird wegen des Inhalts des Erörterungstermins auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. 4 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten aufweist und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist. I. Die Klage ist zulässig und begründet. 1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1,4 SGG statthaft. 2. Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 16. Mai 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 8. bis 14. Mai 2018. Der Anspruch des Klägers auf die Zahlung von Krankengeld folgt aus § 44 Abs. 1 SGB V. Die ordnungsgemäße Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gem. § 46 S. 1 Nr. 2, S. 2 SGB V ist zwischen den Beteiligten unstreitig geblieben. Es stellt sich allein die Frage, ob der Krankengeldanspruch in dem streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 geruht hat, weil der Kläger das Fortbestehen seiner Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig gemeldet hat. Das ist nicht der Fall; ein Ruhenstatbestand ist nicht gegeben. a) Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Eine eigentliche Meldefrist sieht die Vorschrift nach ihrer Konstruktion (Grundsatz/Ausnahme) nicht vor; das Ruhen knüpft grundsätzlich an den negativen Tatbestand ("solange ... nicht gemeldet wird") an. Mittelbar bewirkt der 2. Halbsatz allerdings eine Meldefrist, weil eine zunächst unterlassene 5 Meldung binnen einer Woche sanktionsfrei nachgeholt werden kann (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 08. Februar 2018 – L 1 KR 333/17 –, Rn. 21, juris). Diese mittelbare Meldefrist ist eine so genannte Ereignisfrist, die nach § 26 Abs. 1 und 3 SGB X i.V.m. den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB zu berechnen ist. Sie beginnt mit dem Tag, der auf den des tatsächlichen Eintritts der Arbeitsunfähigkeit folgt und endet eine Woche später mit dem Ablauf des Tages, der dem Tag entspricht, an dem die Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist bzw. am nächsten Werktag bei Fristende auf einem Samstag, Sonn- oder Feiertag (§ 26 Abs. 3 SGB X). Die Frist knüpft nach dem eindeutigen Wortlaut an den Beginn der Arbeitsunfähigkeit an und beginnt daher mit dem Tag nach dem tatsächlichen Arbeitsunfähigkeitsbeginn, nicht mit dem Tag der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (vgl. Schifferdecker in: KassKomm. § 49 Rn. 44; Noftz in: Hauck/Noftz § 49 Rn. 63). Allerdings entsteht der Krankengeldanspruch gemäß § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V erst mit der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Daher wird eine Meldung der Arbeitsunfähigkeit regelmäßig erst nach Ausstellung der entsprechenden ärztlichen Bescheinigung in Betracht kommen. Bei einer Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über den ursprünglich bescheinigten Zeitraum hinaus besteht in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit dahingehend, dass die Meldeobliegenheit der Arbeitsunfähigkeit in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V bei befristeter Krankschreibung nicht auf die erstmalige Bewilligung von Krankengeld beschränkt ist. Bei jeweils befristeten (abschnittsweisen) Folgebescheinigungen müssen Versicherte auch bei Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit diese rechtzeitig ärztlich feststellen lassen (§ 46 SGB V) und ihrer Krankenkasse binnen Wochenfrist melden, wenn sie das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld verhindern wollen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 10. Mai 2012 - B 1 KR 20/11 R). Seit der Änderung des § 46 S. 2 SGB V zum 23. Juli 2015 genügt es für die Erhaltung des Krankengeldanspruchs, wenn das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit festgestellt wird. Soweit in der bisherigen Rechtsprechung des BSG, auf die sich die Beklagte beruft, davon ausgegangen wird, dass das Fortbestehen rechtzeitig vor Ablauf des bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeitraums erfolgen müsse, bezieht sich dies erkennbar noch auf die alte Rechtslage. b) Maßgeblich für den Beginn der Wochenfrist war vorliegend die Ausstellung der Folgebescheinigung durch die Fliegerärzte am 8. Mai 2018. Da der Kläger diese Bescheinigung am 15. Mai 2018 bei der Beklagten eingereicht hat, wurde die Wochenfrist 6 des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB eingehalten. Zumindest in Fällen, in denen ein Versicherter seine Arbeitsunfähigkeit am nächsten Werktag nach Ablauf der vor Bescheinigung feststellen lässt, kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht an den letzten Tag der vorhergehenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angeknüpft werden (a.A. für den Fall, dass das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf der aktuellen Bescheinigung festgestellt wird LSG Hessen, Urteil v. 8.2.2018, L 1 KR 333/17). aa) Wie bereits dargelegt, knüpft der Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB maßgeblich an das tatsächliche Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit an. Voraussetzung für das Bestehen der Meldeobliegenheit ist daher nicht der Ablauf der Vorbescheinigung, sondern vielmehr die tatsächliche Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit. Demnach kann man nicht davon ausgehen, dass sich die Wochenfrist bei Folgebescheinigungen von einer Ereignisfrist gemäß § 187 Abs. 1 BGB in eine Terminsfrist gemäß § 187 Abs. 2 BGB umwandelt. Die entgegenstehende Auffassung der Beklagten würde dazu führen, dass Versicherte, die das Fortbestehen ihrer Arbeitsunfähigkeit im Einklang mit § 46 S. 2 SGB V am nächsten Werktag nach Ablauf der Vorbescheinigung feststellen lassen, faktisch eine verkürzte Meldefrist beachten müssten. Für den Kläger hätte diese Verkürzung nur einen Tag betragen. Es sind aber auch Konstellationen mit drastischeren Verkürzungen denkbar, etwa wenn die Arbeitsunfähigkeit bis zum letzten Werktag vor einem Feiertagswochenende bescheinigt wird und der Versicherte sich im Einklang mit § 46 S. 2 SGB V erst am nächsten Werktag wieder bei seinem Arzt vorstellt. Für eine solche Verkürzung bietet der Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V keinen Anknüpfungspunkt. bb) Ein Anknüpfen des Beginns der Meldefrist an den letzten Tag der Vorbescheinigung lässt sich auch aus systematischen Gründen nicht rechtfertigen. Wie dargelegt, bewirkt die gesetzliche Regelung nur eine mittelbare Meldefrist, indem sie dem Versicherten die Möglichkeit einräumt, die Meldung innerhalb einer Woche nachzuholen. Im Grundsatz muss der Versicherte seine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich bei der Krankenkasse melden. Würde man der Auffassung der Beklagten folgen, müsste der Versicherte ggf. vorsorglich noch vor der Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit eine entsprechende Meldung bei der Krankenkasse veranlassen. Das wäre unsinnig. cc) 7 Ein Abstellen auf den letzten Tag der Vorbescheinigung ist auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht geboten. Mit der Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V soll sichergestellt werden, dass die Krankenkassen nicht die Voraussetzungen eines verspätet geltend gemachten Krankengeldanspruchs im Nachhinein aufklären müssen. Die sollen die Möglichkeit erhalten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK, § 275 SGB V) überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegentreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können (ständige Rechtsprechung: BSG, Urteile vom 16. Dezember 2014 - B 1 KR 37/14 R und B 1 KR 35/14 R; vom 12. März 2013 - B 1 KR 7/12 R; vom 8. November 2005 - B 1 KR 30/04 R und vom 8. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R). Diesem Ziel ist aber genüge getan, wenn die Krankenkassen innerhalb einer Woche nach der letzten ärztlichen Feststellung die Möglichkeit zur Überprüfung erhalten. II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. III. Das Gericht hatte im Hinblick auf § 144 SGG über die Zulassung der Berufung zu entscheiden. Der Wert der Beschwer für die Beklagte erreicht nicht den Schwellenwert von 750 Euro gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Das Gericht misst der Sache aber grundsätzliche Bedeutung bei, weil die Frage des Beginns der Wochenfrist gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGG bei Folgebescheinigungen eine Vielzahl von Fällen betrifft, in denen Versicherte Krankengeld beanspruchen. Eine höchstrichterliche Klärung dieser Frage ist bisher nach Änderung des § 46 SGB V nicht erfolgt. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum 8. bis 14. Mai 2018. Der Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er arbeitet als Linienpilot bei der L ... Nach einem stationären Rehaaufenthalt wurde der Kläger am 13. November 2017 vom Fliegerarzt des Medizinischen Dienstes der L. für fluguntauglich und damit für arbeitsunfähig befunden. Die Flugtauglichkeit des Klägers sollte durch einen Gutachter des Luftfahrtbundesamtes positiv festgestellt werden. Zu einer solchen Begutachtung kam es allerdings erst im Mai 2018. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers wurde von den Fliegerärzten der L. bis dahin jeweils monatlich verlängert. Ab dem 25. Dezember 2017 lagen die Voraussetzungen für die die Zahlung von Krankengeld vor. Die Auszahlung des Krankengeldes verzögerte sich allerdings, weil die vom Kläger eingereichten Fluguntauglichkeitsbescheinigungen bei der Beklagten offenbar falsch verarbeitetet worden waren. Mit Schreiben vom 3. April 2018 stellten die Fliegerärzte die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis 7. Mai 2018 fest. Diese Bescheinigung vom 3. April 2018 reichte der Kläger unstreitig rechtzeitig bei der Beklagten ein. Eine Folgebescheinigung stellten die Fliegerärzte am 8. Mai 2018 aus. Diese Folgebescheinigung gab der Kläger am 15. Mai 2018 in einer Geschäftsstelle der Beklagten ab. Mit Bescheid vom 16. Mai 2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Krankengeldanspruch in der Zeit vom 8. bis 14. Mai 2018 ruhe. Die Arbeitsunfähigkeit sei zuletzt bis zum 7. Mai 2018 bestätigt worden. Eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe der Kläger innerhalb einer Woche nach dem zuletzt bestätigten Ende der Arbeitsunfähigkeit bei der Beklagten einreichen müssen. Die neue Bescheinigung sei aber erst am 15. Mai 2018 und damit nicht innerhalb einer Woche bei der Beklagten eingegangen. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 23. Mai 2018 Widerspruch ein. In seinem Widerspruchsschreiben trägt der Kläger unter anderem vor, dass ihm die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 8. Mai 2018 durch seinen Arbeitgeber verspätet zugestellt worden sei. Er habe erst am 15. Mai 2018 die Möglichkeit gehabt, die Folgebescheinigung abzugeben. Außerdem sei zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er auf den Beginn der Krankengeldzahlung sehr lange habe warten müssen. Er habe damals die Entschuldigung der Beklagten akzeptiert und erwarte nun ein entsprechendes Entgegenkommen. 3 Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2018 zurückgewiesen. Die Beklagte berief sich in der Begründung insbesondere auf die Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch (SGB V). Die fortlaufende Arbeitsunfähigkeit sei der Krankenkasse grundsätzlich innerhalb von einer Woche nach dem zuletzt vom Arzt bestätigten voraussichtlichen Bis-Datum zu melden. Im vorliegenden Fall sei die Meldefrist von einer Woche überschritten worden. Wegen dieser Spätmeldung ruhe der Krankengeldanspruch. Auf die verspätete Zustellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Arbeitgeber komme es nicht an. Es sei Aufgabe des Versicherten die Arbeitsunfähigkeit fristgerecht zu melden. Der Kläger hat am 12. September 2018 Klage beim Sozialgericht erhoben. Ergänzend zu seinen Ausführungen im Widerspruchsverfahren weist er darauf hin, dass er sich wegen des verspäteten Beginns der Krankengeldzahlung Geld privat habe leihen müssen, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Er habe die neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst abends am 14. Mai 2018 in seinem Briefkasten vorgefunden. Mit Rücksicht auf seine Kinder habe er darauf verzichtet, noch an diesem Abend zur Geschäftsstelle der Beklagten zu fahren, um die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dort abzugeben. Den Wert des nicht ausgezahlten Krankgengelds beziffert der Kläger mit 615,50 Euro. Der Kläger beantragt sinngemäß, den Bescheid der Beklagten vom 16. Mai 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2018 aufzuheben und ihm Krankengeld nach den gesetzlichen Vorschriften für den Zeitraum 8. Bis 14. Mai 2018 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie nimmt im wesentlichen Bezug auf die Begründung des Widerspruchsbescheids. Das Gericht hat am 17. Juni 2019 einen Erörterungstermin durchgeführt. In diesem hat der Kläger dargelegt, dass die Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit jeweils ohne erneute persönliche Untersuchung erfolgt sei. Der Beklagtenvertreter hat erklärt, dass die Beklagte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen dennoch akzeptiere. Das Gericht hat die Beteiligten in dem Erörterungstermin zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG (SGG) angehört. Die Beteiligten haben auf weitere Stellungnahmen und die Einräumung einer Anhörungsfrist verzichtet. Im Übrigen wird wegen des Inhalts des Erörterungstermins auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. 4 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten aufweist und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist. I. Die Klage ist zulässig und begründet. 1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1,4 SGG statthaft. 2. Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 16. Mai 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 8. bis 14. Mai 2018. Der Anspruch des Klägers auf die Zahlung von Krankengeld folgt aus § 44 Abs. 1 SGB V. Die ordnungsgemäße Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gem. § 46 S. 1 Nr. 2, S. 2 SGB V ist zwischen den Beteiligten unstreitig geblieben. Es stellt sich allein die Frage, ob der Krankengeldanspruch in dem streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 geruht hat, weil der Kläger das Fortbestehen seiner Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig gemeldet hat. Das ist nicht der Fall; ein Ruhenstatbestand ist nicht gegeben. a) Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Eine eigentliche Meldefrist sieht die Vorschrift nach ihrer Konstruktion (Grundsatz/Ausnahme) nicht vor; das Ruhen knüpft grundsätzlich an den negativen Tatbestand ("solange ... nicht gemeldet wird") an. Mittelbar bewirkt der 2. Halbsatz allerdings eine Meldefrist, weil eine zunächst unterlassene 5 Meldung binnen einer Woche sanktionsfrei nachgeholt werden kann (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 08. Februar 2018 – L 1 KR 333/17 –, Rn. 21, juris). Diese mittelbare Meldefrist ist eine so genannte Ereignisfrist, die nach § 26 Abs. 1 und 3 SGB X i.V.m. den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB zu berechnen ist. Sie beginnt mit dem Tag, der auf den des tatsächlichen Eintritts der Arbeitsunfähigkeit folgt und endet eine Woche später mit dem Ablauf des Tages, der dem Tag entspricht, an dem die Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist bzw. am nächsten Werktag bei Fristende auf einem Samstag, Sonn- oder Feiertag (§ 26 Abs. 3 SGB X). Die Frist knüpft nach dem eindeutigen Wortlaut an den Beginn der Arbeitsunfähigkeit an und beginnt daher mit dem Tag nach dem tatsächlichen Arbeitsunfähigkeitsbeginn, nicht mit dem Tag der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (vgl. Schifferdecker in: KassKomm. § 49 Rn. 44; Noftz in: Hauck/Noftz § 49 Rn. 63). Allerdings entsteht der Krankengeldanspruch gemäß § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V erst mit der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Daher wird eine Meldung der Arbeitsunfähigkeit regelmäßig erst nach Ausstellung der entsprechenden ärztlichen Bescheinigung in Betracht kommen. Bei einer Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über den ursprünglich bescheinigten Zeitraum hinaus besteht in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit dahingehend, dass die Meldeobliegenheit der Arbeitsunfähigkeit in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V bei befristeter Krankschreibung nicht auf die erstmalige Bewilligung von Krankengeld beschränkt ist. Bei jeweils befristeten (abschnittsweisen) Folgebescheinigungen müssen Versicherte auch bei Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit diese rechtzeitig ärztlich feststellen lassen (§ 46 SGB V) und ihrer Krankenkasse binnen Wochenfrist melden, wenn sie das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld verhindern wollen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 10. Mai 2012 - B 1 KR 20/11 R). Seit der Änderung des § 46 S. 2 SGB V zum 23. Juli 2015 genügt es für die Erhaltung des Krankengeldanspruchs, wenn das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit festgestellt wird. Soweit in der bisherigen Rechtsprechung des BSG, auf die sich die Beklagte beruft, davon ausgegangen wird, dass das Fortbestehen rechtzeitig vor Ablauf des bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeitraums erfolgen müsse, bezieht sich dies erkennbar noch auf die alte Rechtslage. b) Maßgeblich für den Beginn der Wochenfrist war vorliegend die Ausstellung der Folgebescheinigung durch die Fliegerärzte am 8. Mai 2018. Da der Kläger diese Bescheinigung am 15. Mai 2018 bei der Beklagten eingereicht hat, wurde die Wochenfrist 6 des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB eingehalten. Zumindest in Fällen, in denen ein Versicherter seine Arbeitsunfähigkeit am nächsten Werktag nach Ablauf der vor Bescheinigung feststellen lässt, kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht an den letzten Tag der vorhergehenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angeknüpft werden (a.A. für den Fall, dass das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf der aktuellen Bescheinigung festgestellt wird LSG Hessen, Urteil v. 8.2.2018, L 1 KR 333/17). aa) Wie bereits dargelegt, knüpft der Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB maßgeblich an das tatsächliche Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit an. Voraussetzung für das Bestehen der Meldeobliegenheit ist daher nicht der Ablauf der Vorbescheinigung, sondern vielmehr die tatsächliche Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit. Demnach kann man nicht davon ausgehen, dass sich die Wochenfrist bei Folgebescheinigungen von einer Ereignisfrist gemäß § 187 Abs. 1 BGB in eine Terminsfrist gemäß § 187 Abs. 2 BGB umwandelt. Die entgegenstehende Auffassung der Beklagten würde dazu führen, dass Versicherte, die das Fortbestehen ihrer Arbeitsunfähigkeit im Einklang mit § 46 S. 2 SGB V am nächsten Werktag nach Ablauf der Vorbescheinigung feststellen lassen, faktisch eine verkürzte Meldefrist beachten müssten. Für den Kläger hätte diese Verkürzung nur einen Tag betragen. Es sind aber auch Konstellationen mit drastischeren Verkürzungen denkbar, etwa wenn die Arbeitsunfähigkeit bis zum letzten Werktag vor einem Feiertagswochenende bescheinigt wird und der Versicherte sich im Einklang mit § 46 S. 2 SGB V erst am nächsten Werktag wieder bei seinem Arzt vorstellt. Für eine solche Verkürzung bietet der Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V keinen Anknüpfungspunkt. bb) Ein Anknüpfen des Beginns der Meldefrist an den letzten Tag der Vorbescheinigung lässt sich auch aus systematischen Gründen nicht rechtfertigen. Wie dargelegt, bewirkt die gesetzliche Regelung nur eine mittelbare Meldefrist, indem sie dem Versicherten die Möglichkeit einräumt, die Meldung innerhalb einer Woche nachzuholen. Im Grundsatz muss der Versicherte seine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich bei der Krankenkasse melden. Würde man der Auffassung der Beklagten folgen, müsste der Versicherte ggf. vorsorglich noch vor der Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit eine entsprechende Meldung bei der Krankenkasse veranlassen. Das wäre unsinnig. cc) 7 Ein Abstellen auf den letzten Tag der Vorbescheinigung ist auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht geboten. Mit der Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V soll sichergestellt werden, dass die Krankenkassen nicht die Voraussetzungen eines verspätet geltend gemachten Krankengeldanspruchs im Nachhinein aufklären müssen. Die sollen die Möglichkeit erhalten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK, § 275 SGB V) überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegentreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können (ständige Rechtsprechung: BSG, Urteile vom 16. Dezember 2014 - B 1 KR 37/14 R und B 1 KR 35/14 R; vom 12. März 2013 - B 1 KR 7/12 R; vom 8. November 2005 - B 1 KR 30/04 R und vom 8. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R). Diesem Ziel ist aber genüge getan, wenn die Krankenkassen innerhalb einer Woche nach der letzten ärztlichen Feststellung die Möglichkeit zur Überprüfung erhalten. II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. III. Das Gericht hatte im Hinblick auf § 144 SGG über die Zulassung der Berufung zu entscheiden. Der Wert der Beschwer für die Beklagte erreicht nicht den Schwellenwert von 750 Euro gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Das Gericht misst der Sache aber grundsätzliche Bedeutung bei, weil die Frage des Beginns der Wochenfrist gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGG bei Folgebescheinigungen eine Vielzahl von Fällen betrifft, in denen Versicherte Krankengeld beanspruchen. Eine höchstrichterliche Klärung dieser Frage ist bisher nach Änderung des § 46 SGB V nicht erfolgt. als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
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