S 5 KR 85/13

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KR 85/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 27.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2013 verurteilt, dem Kläger die Kosten für den Kopfschutzhelm zu erstatten. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Kosten für einen Kopfschutzhelm zu erstatten.

Der Kläger ist am 00.00.1950 geboren und bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Er leidet seit seiner Geburt unter einem sog. Sturge-Weber-Syndrom. Die Erkrankung ist mit einer symptomatischen fokalen Epilepsie verbunden, wobei komplexe Anfälle mit Stürzen sowie mit Neigung zu Serienbildung auftreten. Ferner geht sie einher mit einer Intelligenzminderung leichten bis mittleren Grades mit eingeschränktem Orientierungsvermögen und Einbußen hinsichtlich höherer kognitiv-mnestischer Funktionen. Ferner liegt bei dem Kläger eine Persönlichkeits- und Verhaltensstörung vor, die die Äußerung von Affekten, Bedürfnissen und Impulsen betreffen. Die kognitiven Leistungen sind ebenfalls beeinträchtigt. Die Belastbarkeit ist allgemein stark reduziert. Diese Beeinträchtigungen führen dazu, dass der Kläger nicht in der Lage ist, alltäglichen Anforderungen selbstständig gerecht zu werden. Er ist bei sämtlichen Verrichtungen auf umfassende Begleitung und fremde Hilfe angewiesen. Ferner ist er in der Mobilität stark eingeschränkt und nutzt einen Rollstuhl. In fremder Umgebung kann sich der Kläger nicht orientieren und ist auch insoweit auf Begleitung angewiesen.

Der Kläger lebt seit 1961 in Einrichtungen der von C Stiftungen C1 (Beigeladene zu 1). Zunächst wurde er im Haus Q betreut. Seit mehreren Jahren ist er inzwischen im Haus K der von C Stiftungen C1 untergebracht. Dabei handelt es sich um ein nach § 108 Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus, das im Bedarfsplan des Landes Nordrhein-Westfalen als Fachkrankenhaus aufgenommen wurde. Auf der Grundlage des § 18 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG) werden regelmäßig Pflegesatzvereinbarungen zwischen der Beigeladenen zu 1) einerseits und den Verbänden der Krankenkassen und der Beigeladenen zu 2) andererseits getroffen.

Die Kosten für die stationäre Unterbringung belaufen sich auf einen Basispflegesatz in Höhe von 64,53 EUR und einen Abteilungensatz in Höhe von 126,86 EUR täglich.

Kostenträger ist der Landschaftsverband X-M (Beigeladener zu 2), der im Rahmen der Eingliederungshilfe seit dem 01.03.2006 die Leistungen erbringt. Zusätzliche Kosten für Hilfsmittel wurden von der Beigeladenen zu 2) in der Vergangenheit nicht übernommen.

Im Rahmen der stationären Betreuung erhält der Kläger die folgenden Hilfeleistungen: Er wird mehrfach täglich intensiv unterstützt und gefördert bei der Einnahme der Mahlzeiten und erhält Hilfestellungen bei der Körperpflege und bei den Toilettengängen. Er wird mit Inkontinenzmitteln versorgt. Gleichfalls erhält er Unterstützung und Förderung beim Aufstehen und Zubettgehen sowie beim An- und Auskleiden. Der Kläger wird beim Einkauf begleitet und erhält Unterstützung bei der Gestaltung sozialer Beziehungen sowie seiner Freizeitaktivitäten. Im Rahmen der psychischen und psychosozialen Hilfen erfolgt eine durchgängige Verhaltensbeobachtung. In medizinischer Hinsicht wird im Rahmen der stationären Betreuung darauf geachtet, dass die Medikamente mehrfach täglich gereicht und die therapeutischen Verordnungen sichergestellt werden. Das Anfallsleiden wird dauerhaft überwacht, in akuten Krankheitsphasen erhält der Kläger die notwendige medizinisch-ärztliche Versorgung.

Aufgrund der genannten Beeinträchtigungen steht der Kläger - zuletzt mit Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 29.11.2006 ausgesprochen - unter umfassender Betreuung. Er arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Dort wird er täglich hingebracht und wieder abgeholt.

Bereits seit vielen Jahren benötigt der Kläger zur Vermeidung von Verletzungen beim Auftreten epileptischer Anfälle einen maßangefertigten Kopfschutzhelm, den er ständig trägt. Bislang wurden die Kosten hierfür in der Regel von der Beklagten getragen.

Der Facharzt für Orthopädie Dr. N stellte für den Kläger am 31.10.2012 eine Verordnung für einen neuen Lederschutzhelm nach Maß wegen der bestehenden Epilepsie und der damit verbundenen erhöhten Sturzgefahr aus. Nach dem Kostenvoranschlag der Firma S GmbH & Co. KG betragen die Kosten für den Schutzhelm 583,24 EUR.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.11.2012 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für den Helm ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei Bewohner des Hauses K in C1. Bei dieser Einrichtung handle es sich um ein Fachkrankenhaus. Nach § 2 der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) seien Hilfsmittel Teil der Krankenhausleistungen. Daher müsse auch der Kopfschutzhelm vom Krankenhaus zur Verfügung gestellt werden. Der Kläger solle sich zur Versorgung an die Einrichtung wenden.

Hiergegen erhob die Betreuerin des Klägers Widerspruch und führte zur Begründung aus, der Kopfschutzhelm diene nicht der Behandlung oder Nutzung im Fachkrankenhaus, sondern werde gerade außerhalb der Einrichtung benötigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Es sei zu berücksichtigen, dass der Kläger durchgehend in einem Fachkrankenhaus behandelt werde. Die Kosten hierfür würden auf der Basis der Bundespflegesatzverordnung vom Landschaftsverband X-M übernommen. Zu diesen Krankenhausleistungen gehöre nach § 2 Abs 1 BPflV ausdrücklich auch die Versorgung mit Hilfsmitteln. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten sei daher nicht gegeben.

Mit der am 04.03.2013 erhobenen Klage macht der Kläger weiterhin seinen Sachleistungsanspruch geltend macht. Seiner Auffassung nach sei der Bescheid der Beklagten rechtswidrig. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil er sich dauerhaft in einer Einrichtung aufhalte. Der Kopfschutzhelm diene schließlich dem Behinderungsausgleich. Er könne daher nicht von der Einrichtung vorgehalten werden.

Während des laufenden Klageverfahrens wurde der Kopfschutzhelm, dessen Kosten dem Kläger in Rechnung gestellt worden sind, von der Beigeladenen zu 1) vorfinanziert, um die notwendige Hilfe für den Kläger vorerst sicherzustellen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2013 zu verurteilen, die Kosten für den Kopfschutzhelm in der entstandenen Höhe zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Beklagte ist der Auffassung, der angefochtene Bescheid entspreche der Sach- und Rechtslage und sei daher nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Versorgung von Pflegebedürftigen in stationären Einrichtungen verweist, könne diese nicht übertragen werden, da der Kläger weder in einem Alten- oder Pflegeheim und auch nicht in einer Einrichtung der Behindertenhilfe lebe. Er werde vielmehr in einem Fachkrankenhaus behandelt und die Kosten seiner Behandlung würden auf der Basis der Bundespflegesatzverordnung abgerechnet. Bereits aus Rechtsgründen müsse daher das Krankenhaus das Hilfsmittel zur Verfügung stellen. Fachkrankenhäuser seien nach dem Krankenhausbedarfsplan solche Einrichtungen, bei denen ein Gebiet oder Teilgebiet überwiegend das Leistungsangebot bestimmt. Auch für solche Einrichtungen sei die BPflV anzuwenden, was zur Folge habe, dass sämtliche Hilfsmittel von dem Krankenhaus zur Verfügung gestellt werden müssen. Nach Mitteilung der Beigeladenen zu 1) würden solche Bewohner im Haus K aufgenommen werden, die entweder an Epilepsie oder/und einer psychischen Erkrankung leiden, wenn diese Erkrankungen so schwerwiegend sind, dass sie einer dauerhaften medizinischen Beobachtung und Behandlung bedürfen, die nur in einer ärztlichen geleiteten Einrichtung möglich ist. Bereits deshalb könne im Falle des Klägers nicht von einem Aufenthalt in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe ausgegangen werden. Diese Differenzierung wirke sich auf die Frage aus, wer die Kosten für Hilfsmittel zu tragen hat. Im Übrigen sei nicht absehbar, ob der Kläger dauerhaft im Fachkrankenhaus verweilen müsse. Die Kostenzusage sei schließlich am 07.12.2011 bis zum 31.03.2014 befristet worden. Auch unter Berücksichtigung der Pflegesatzvereinbarung aus dem Jahr 2013 ergebe sich die Verpflichtung der Beigeladenen zu 1), Hilfsmittel vorzuhalten, denn hierin sind unter anderem Kosten für Verband- Heil- und Hilfsmittel ausgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt die Kammer Bezug auf die Gerichtsakten sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Ein Rechtsschutzinteresse des Klägers ist nicht deshalb zu verneinen, weil der Beigeladene zu 1) die Kosten zunächst getragen hat. Eine Inanspruchnahme des Klägers selbst ist hierdurch noch nicht ausgeschlossen, da die Kostentragung nicht endgültig geklärt ist. Das Begehren des Klägers ist daher sachgerecht auszulegen und dahingehend zu deuten, dass der Kläger entweder Kostenerstattung oder aber Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber der in Vorleistung getretenen Beigeladenen zu 1) verlangt.

Die Klage ist auch begründet.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 27.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2013 im Sinne des § 54 Abs 2 S 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn der Bescheid ist rechtswidrig.

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Kostenerstattung bzw. Freistellung von der Verbindlichkeit gegenüber der Beigeladenen zu 1) für den bereits angeschafften Schutzhelm.

Das vom Sachleistungsprinzip geprägte System der gesetzlichen Krankenversicherung erlaubt eine Kostenerstattung nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen. Als Anspruchsgrundlage kommt § 13 Abs 3 S 1 Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V) in Betracht. Danach gilt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten durch die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. In diesen Fällen wandelt sich der Naturalleistungsanspruch des Versicherten in einen Kostenerstattungsanspruch bzw. in einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten um. Dabei geht der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter als der zu Grunde liegende Naturalleistungsanspruch. Er setzt voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, z. B. BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190).

Nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Gem. § 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V i.V.m. § 33 SGB V umfasst die Krankenbehandlung auch die Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatz-stücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind (§ 33 Abs 1 S 1 SGB V).

Diese Voraussetzungen liegen bei dem Kläger vor. Krankheitsbedingt leidet er unter wiederkehrenden epileptischen Anfällen, die mit Stürzen verbunden sein können. Um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, ist der Kläger auf einen Kopfschutzhelm angewiesen. Dabei geht die Kammer bereits deshalb von der Hilfsmitteleigenschaft aus, weil der Kopf bei Auftreten eines epileptischen Anfalls einen besonderen Schutz benötigt. Daher kann der Schutzhelm nicht lediglich der gesundheitlichen Prävention und Selbsthilfe zugeordnet werden (§ 20 SGB V, vgl. BSG, Urteil vom 22.04.2009, B 3 KR 11/07 R, BSGE 103, 66-78). Der Helm dient nämlich nicht nur der Vorbeugung vor dem Schutz anderweitiger Erkrankungen, er ist vielmehr Bestandteil der Epilepsie-Therapie. Die medizinische Notwendigkeit des Hilfsmittels ist zwischen den Beteiligten dementsprechend nicht umstritten.

Der Anspruch nach § 33 SGB V wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich der Kläger dauerhaft in einem Fachkrankenhaus befindet und dort vollstationär versorgt wird.

Die Beklagte kann sich nämlich nicht darauf berufen, dass der Kläger in der Einrichtung der Beigeladenen zu 1) einerseits die notwendige Pflege und Unterstützung im Bereich der Behindertenhilfe und andererseits die erforderliche medizinische Betreuung zur Behandlung der bei ihm vorliegenden Erkrankung erhält.

Das BSG hat zur Versorgung von Pflegebedürftigen in stationären Einrichtungen mit Rollstühlen (BSG, Urteil vom 10.02.2000, B 3 KR 26/99 R, SozR 3-2500 § 33 Nr 37), mit Ernährungspumpen (Urteil vom 6. Juni 2002, B 3 KR 67/01 R) und mit Dekubitusmatratzen (Urteil vom 24.09.2002, B 3 KR 15/02 R, SozR 3-2500 § 33 Nr 47) bereits entschieden, dass die Pflicht der Krankenkasse zur Leistung von Hilfsmitteln, die der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung oder dem Behinderungsausgleich dienen, grundsätzlich nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil sich der Versicherte dauerhaft in einer Pflegeeinrichtung aufhält.

Diesem Grundgedanken folgend ist die Kammer der Auffassung, dass nichts anderes gelten kann, wenn sich der Versicherte in einer stationären Einrichtung der Behindertenhilfe aufhält.

Entgegen der Auffassung der Beklagten befindet sich der Kläger nämlich nicht zur stationären Behandlung im Sinne des § 39 SGB V in der Einrichtung der Beigeladenen zu 1). Vielmehr stellt sich die Einrichtung als solche der Behindertenhilfe dar im Sinne des § 75 Sozialgesetzbuch, 12. Buch (SGB XII).

Der Kläger ist aufgrund seiner Behinderung in seiner Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt. Er erhält deshalb Leistungen der Eingliederungshilfe im Sinne der §§ 53 ff. SGB XII. Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es dabei nach § 53 Abs 3 SGB XII, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Ihr Ziel ist insbesondere auch, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Die Leistungen nach § 53 SGB XII können sich unterschiedlich darstellen und umfassen auch vollstationäre Unterbringung in einer Einrichtung (§ 54 SGB XII). Die rechtlichen Rahmenbedingungen solcher Einrichtungen sind in §§ 75 ff. SGB XII niedergelegt. Aus § 75 Abs 2 SGB XII ergibt sich, dass die Träger der Sozialhilfe eigene Einrichtungen nicht neu schaffen sollen, soweit geeignete Einrichtungen anderer Träger vorhanden sind, ausgebaut oder geschaffen werden können. Die Verpflichtung zur Übernahme der Kosten ist gegeben, wenn der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen nach § 75 Abs 3 SGB XII getroffen hat. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen.

Bereits vor dem Hintergrund der Konzeption der sozialhilferechtlichen Bestimmungen ergibt sich, dass der Aufenthalt des Kläger in der Einrichtung der Beigeladenen zu 1) als Leistung nach §§ 53 SGB XII und nicht als dauerhafte akutstationäre Krankenhausbehandlung anzusehen ist.

§ 39 SGB V setzt das Erfordernis stationärer Behandlung in dem Sinne voraus, dass eine Krankheit im Sinne des SGB V behandelt wird. Dabei muss die jeweilige gesundheitliche Regelwidrigkeit mit einer Behandlungsbedürftigkeit während des gesamten Aufenthalts verbunden sein (KassKomm/Brandts § 39 SGB V Rdnr 35).

Das Konzept der Einrichtung der Beigeladenen zu 1) ist jedoch von dem Umstand geprägt, dass die dort untergebrachten Menschen zwar aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung häufiger stationärer Behandlung bedürfen, dieser Zustand jedoch gerade nicht dauerhaft vorliegt. Mithin ist unabhängig von dem Status der Einrichtung der Beigeladenen zu 1) der Aufenthalt des versicherten Klägers davon gekennzeichnet, dass er einerseits die notwendige Unterstützung zur Eingliederung im Sinne des §§ 53 SGB XII und §§ 55 ff SGB IX und andererseits, soweit dies erforderlich ist, die medizinisch notwendigen Leistungen zur Behandlung seiner Erkrankung nach § 39 SGB V erhält.

Das System der §§ 53 ff. SGB XII ist von dem Willen getragen, die Ansprüche über einen Leistungsträger laufen zu lassen, ohne - wie dies vor Inkrafttreten des SGB V der Fall war - je nach Situation und gesundheitlichem Zustand des Versicherten einen Wechsel in der Leistungsträgerschaft herbeizuführen.

Während bis zum 31.12.1988 nach dem bis dahin geltenden § 216 Abs 1 Nr 4 RVO der Anspruch auf Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und auf Krankenhilfe ruhte, so lange ein Versicherter in einer Anstalt dauernd zur Pflege untergebracht war, in der er im Rahmen der Gesamtbetreuung Krankenpflege erhielt, enthält die seit dem 01.01.1989 gültige Ruhensvorschrift des § 16 SGB V lediglich andere Ruhenstatbestände. Hintergrund hierfür war u.a., dass ein Ruhenstatbestand für dauerhaft in einer Einrichtung der Behindertenhilfe Untergebrachte zunehmend als Diskriminierung von Pflegebedürftigen angesehen wurde (BR-Drs 200/88 S 165). Es stand allerdings auch schon zur Zeit der Geltung der RVO fest, dass der Anspruch auf Krankenhilfe auch nur dann ruhte, wenn er tatsächlich im Rahmen der durch den Pflegesatz abgegoltenen Leistungen sichergestellt war. War dies nicht der Fall, hatte die Krankenkasse einzutreten (BSGE 21, 244, SozR Nr 1 zu § 216 RVO).

Dementsprechend steht seit der Geltung des SGB V fest, dass der krankenversicherungs-rechtliche Anspruch allenfalls dann zurücktritt, wenn ein anderer Leistungsträger hierfür vorrangig zuständig ist. Vor diesem Hintergrund hat das BSG in der Entscheidung vom 10.02.2000 (B 3 KR 26/99 R) für den Fall eines in einem Pflegeheim nach § 71 Abs 2 SGB XI lebenden Versicherten entschieden, dass die Pflicht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln dort endet, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln einsetzt. Dabei hat der Träger des Heims für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs notwendigen Hilfsmittel zu sorgen, weil er verpflichtet ist, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und mit medizinischer Behandlungspflege zu versorgen.

Dieser Grundsatz ist auf stationäre Einrichtungen der Sozialhilfe zu übertragen. Dementsprechend muss die gesetzliche Krankenversicherung für Hilfsmittel einstehen, die nicht der originären "Sphäre" der Eingliederungshilfe zuzurechnen sind. Dabei handelt es sich in der Regel um individuell angepasste Hilfsmittel, die ihrer Art nach nur für den einzelnen Versicherten bestimmt und grundsätzlich nur für ihn verwendbar sind und um Hilfsmittel, die der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses außerhalb der Einrichtung dienen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bleibt die Verantwortung der gesetzlichen Krankenkasse zur Versorgung des Klägers mit einem Kopfschutzhelm bestehen. Dabei spielt der Umstand, dass die Einrichtung der Beigeladenen zu 2) ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne des § 108 SGB V ist, keine Rolle. Es liegt auf der Hand, dass Versicherte, deren Hilfsmittelbedarf aufgrund der Schwere der Behinderung über die soziale und pflegerische Betreuung hinausgeht, nicht lediglich in einer Einrichtung untergebracht werden können, in der ärztliche Leistungen nicht regelmäßig zur Verfügung steht. Die Verlaufsberichte der stationären Behandlung des Klägers verdeutlichen, dass sein Gesundheitszustand zwar stabil ist, ein sofortiges ärztliches Einschreiten jedoch erforderlich wird, sobald Anfälle auftreten. Insofern ist eine klare Abgrenzung zwischen der Hilfe zur Eingliederung und der Krankenhilfe nicht exakt möglich, da das ärztliche Einschreiten jederzeit notwendig werden kann.

Dies führt allerdings nicht dazu, dass der stationäre Aufenthalt des Klägers durchgehend als stationäre Krankenhausbehandlung angesehen werden kann, denn Hintergrund der Unterbringung ist in erster Linie die Unterstützung und Eingliederung in das Leben in der Gemeinschaft, in deren Rahmen - gewissermaßen aufsattelnd - die erforderliche Krankenhilfe sofort zur Verfügung gestellt werden kann.

Wird der Kläger mit individuell angepassten Hilfsmitteln, wie dem Kopfschutzhelm versorgt, betrifft dies jedoch nicht die unmittelbare Versorgung in der stationären Einrichtung oder die Krankenbehandlung selbst, vielmehr wird dem Kläger hiermit die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht.

Ebenso wie ein pflegebedürftiger Heimbewohner, der regelmäßig Aktivitäten außerhalb des Heimes unternimmt und hierfür Hilfsmittel benötigt, ist der Kläger zur Wahrnehmung seiner Tätigkeit in der Behindertenwerkstatt, zur Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen und bei sonstigen Freizeitaktivitäten auf das Tragen eines Kopfschutzhelmes angewiesen. Diese Tätigkeiten können nicht mehr der Sphäre des Einrichtungsträgers zugeordnet werden, auch wenn er dafür zu sorgen hat, dass der Kläger die nötige Unterstützung für die Verwirklichung der Teilhabe erhält.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass die Einrichtung der Beigeladenen zu 1) in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen wurde.

Nach § 6 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (KHG) stellen die Länder zur Verwirklichung einer bedarfs¬gerechten Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern mit sozial tragbaren Pflegesätzen (§ 1 KHG) Krankenhauspläne und Investitionsprogramme auf. Nach § 12 des Krankenhaus-gestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW) fließen die regionalen Bedürfnisse und Besonderheiten in die Planung ein. Hierzu erarbeiten die Krankenhaus-träger und die Verbände der Krankenkassen gemeinsam und gleichberechtigt ein regionales Planungskonzept (§ 14 KHGG NRW). Die regionalen Planungskonzepte und Entscheidungen werden durch Bescheid nach § 16 KHGG NW an den Krankenhausträger Bestandteil des Krankenhausplans. Vor diesem gesetzlichen Hintergrund haben sich die Partner der Krankenhausplanung darauf verständigt, die Einrichtung der Beigeladenen zu 1) in die Versorgung einzubeziehen, um den besonderen Bedürfnissen Epilepsiekranker, die neben einer kontinuierlichen Hilfe und Unterstützung bei den Verrichtungen des täglichen Lebens und der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gleichzeitig, wenn auch nur temporär, auf medizinische Versorgung in einem Krankenhaus angewiesen sind. Bei dieser planerischen Entscheidung werden die Vorgaben des zuständigen Ministeriums, das nach § 14 Abs 1 KHGG NW insbesondere Gebiete, Gesamtplanbettenzahlen und Gesamtbehandlungsplatzkapazitäten abschließend festlegt berücksichtigt. Der Bescheid gegenüber dem Krankenhausträger nach § 16 KHGG NW und die hierdurch festgelegte Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan sagt jedoch nichts über den Versorgungsanspruch des Versicherten gegenüber anderen Leistungsträgern aus. Vielmehr regeln die Bestimmungen des KHGG NW die öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Krankenhausträger einerseits und dem Land andererseits. Es ergeben sich daher Pflichten des Krankenhausträgers, an bestimmten Versorgungsformen teilzunehmen und die erforderliche Anzahl von Betten vorzuhalten. Sie sind zur Zusammenarbeit untereinander und mit den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, dem öffentlichen Gesundheitsdienst, dem Rettungsdienst, den für die Bewältigung von Großschadensereignissen zuständigen Behörden, den sonstigen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens, den Selbsthilfeorganisationen und den Krankenkassen verpflichtet (§ 8 KHGG NW). Ebenso ist die Zusammenarbeit der Krankenhäuser mit den sonstigen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens im KHGG NW niedergelegt. Gerade um diesen gesetzlichen Vorgaben nachzukommen, hat die Beigeladene zu 1) Pflegesatzvereinbarungen unter anderem mit der Beigeladenen zu 2) geführt. Dabei stand der Aspekt im Vordergrund, eine Versorgung für Versicherte zu schaffen, die sowohl auf Eingliederungshilfe als auch auf stationäre Krankenhausbehandlung angewiesen sind. Umgekehrt kann daher aus den Feststellungen im Krankenhausplan nicht der Schluss gezogen werden, das Verhältnis des Versicherten zur gesetzlichen Krankenkasse werde hierdurch berührt und führe zu einer vollständigen Versorgungsverantwortung des Krankenhausträgers.

Für die Sichtweise der Beklagten spricht auch nicht der Umstand, dass in den Pflegesatzvereinbarungen, die der Sozialhilfeträger (gemeinsam mit Krankenkassen-verbänden) mit der Beigeladenen zu 2) geführt hat, ein täglicher Bedarf für Verband-, Heil- und Hilfsmittel vereinbart worden ist. Bereits unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich hierbei lediglich um einen Betrag in Höhe von 0,11 Euro täglich handelt, wird deutlich, dass hieraus sicherlich nicht der gesamte Bedarf eines Versicherten für evtl. notwendige Hilfsmittel wie angepasste Rollstühle, Orthesen, Hörgeräte u.ä. finanziert werden kann. Auch wenn nach § 2 Abs 1 BPflV Bestandteil der Krankenhausleistungen neben der ärztlichen Behandlung auch die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln ist, ergibt sich für die Kammer daraus lediglich, dass die Einrichtung für den täglichen Bedarf an Verband- und Hilfsmitteln zuständig ist, der durch die Betreuung, ggf. pflegerische Versorgung oder die Krankenbehandlung selbst entsteht. Sächliche Mittel, die beispielsweise bei einer Wundversorgung auftreten, sind damit von der Einrichtung vorzuhalten. Ebenso hätte der Einrichtungsträger dafür zu sorgen, dass Rollstühle zur Verfügung stehen, um kurzfristig gehunfähigen Bewohnern eine Transportmöglichkeit zur Verfügung zu stellen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Pflegesatzvereinbarungen nach den gesetzlichen Bestimmungen Regelungen zu den Verband- und Hilfsmitteln enthalten müssen. Bei einer Einrichtung, die auch (oder nur) im Rahmen der Eingliederungshilfe durch den Beige-ladenen zu 2) belegt wird, bedeutet dies aber nicht, dass die Versorgung mit Hilfsmitteln, die individuell angepasst werden müssen und die dazu dienen, ein allgemeines Grundbedürfnis zu befriedigen, durch den Einrichtungsträger - und in der Folge durch den Träger der Sozialhilfe - sicher zu stellen ist. Dies würde einem Ruhen des krankenversicherungsrechtlichen Anspruchs auf Versorgung mit Hilfsmitteln gleichkommen, für das sich aus den gesetzlichen Bestimmungen keine Grundlage (mehr) entnehmen lässt.

Die Beklagte war daher verpflichtet, den Kläger mit einem Kopfschutzhelm zu versorgen und muss für die entstandenen Kosten aufkommen.

Die Berufung war auf der Grundlage des § 144 Abs 2 Nr 1 SGG zuzulassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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