Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 191 AS 13672/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 2347/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Oktober 2018 geändert. Die Bescheide des Beklagten vom 14. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2016 werden aufgehoben, soweit die darin verlautbarten Aufhebungs- und Erstattungsentscheidungen für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 auf der am 22. Juli 2015 zugeflossenen Nachzahlung von Kindergeld beruhen. Der Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren und die Kosten des Berufungsverfahrens in vollem Umfang. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist noch die rückwirkende Teilaufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 wegen einer im Juli 2015 zugeflossenen Nachzahlung von Kindergeld (Kg).
Die 1973 geborene ledige Klägerin und der 1992 geborene Kläger, ihr Sohn, lebten im Streitzeitraum in Bedarfsgemeinschaft und standen bei dem Beklagten im SGB II-Leistungsbezug (Bescheid vom 5. März 2015 in der Fassung des Bescheides vom 24. März 2015 ua für den Leistungszeitraum vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015). Der Beklagte gewährte ohne Anrechnung von Einkommen die gesetzlichen Regelleistungen (399,- EUR bzw 320,- EUR mtl), einen Mehrbedarf für Alleinerziehende iHv 47,88 EUR mtl (Klägerin), für dezentrale Warmwasserversorgung (9,18 EUR bzw 7,36 EUR mtl) sowie Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung iHv insgesamt 441,94 EUR mtl.
Der Klägerin wurde durch Bescheid der Familienkasse vom 16. Juli 2015 rückwirkend ab 1. Januar 2015 Kg für den Kläger iHv mtl 184,- EUR gewährt; die laufende Zahlung wurde im August 2015 aufgenommen. Für die Zeit von Januar bis Juli 2015 floss der Klägerin am 22. Juli 2015 eine Kg-Nachzahlung iHv 1.288,- EUR zu. Nach Anhörung der Kläger hob der Beklagte für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 die Leistungsbewilligung teilweise iHv mtl 221,97 EUR für den Kläger und iHv mtl 116,70 EUR für die Klägerin auf (Bescheide vom 14. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2016); er rechnete dabei das laufend ab August 2015 gezahlte Kg als Einkommen des Klägers und die Kg-Nachzahlung, verteilt auf sechs Monate, abzüglich der Versicherungspauschale iHv 30,- EUR mtl als Einkommen der Kläger an.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klage insoweit abgewiesen, nachdem der Beklagte die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung in den Bescheiden vom 27. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2016 für den Monat Januar 2016 im Verhandlungstermin insoweit zurückgenommen hatte, als die Kg-Nachzahlung als Einkommen berücksichtigt worden war (Urteil vom 31. Oktober 2018). Die Klage sei im noch anhängigen Umfang nicht begründet. Das ab August 2015 laufend gezahlte Kg sei als Einkommen des Klägers zu berücksichtigen gewesen. Die Anrechnung der Kg-Nachzahlung durch den Beklagten sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Es habe sich hierbei um laufende Leistungen gehandelt. § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II in der seit 1. August 2016 geltenden Fassung (im Folgenden: nF) finde zwar mangels Rückwirkung keine Anwendung. Wegen einer planwidrigen Regelungslücke für die Zeit vor dem Inkrafttreten sei die Kg-Nachzahlung dennoch entsprechend dieser Vorschrift auf sechs Monate, beginnend im August 2015, anzurechnen gewesen.
Mit der Berufung wenden sich die Kläger gegen dieses Urteil und begehren die Aufhebung der angefochtenen Bescheide, soweit der Beklagte darin wegen der Anrechnung der Kg-Nachzahlung die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 aufgehoben hat. Sie machen geltend, dass die seit 1. August 2016 geltende Rechtslage hier nicht rückwirkend angewandt werden könne. Bei der Kg-Nachzahlung vom Juli 2015 habe es sich um eine Nachzahlung laufender Leistungen gehandelt, nicht um eine einmalige Leistung. Eine Anrechnung für die Zeit ab August 2015, aufgeteilt auf sechs Monate, habe daher nicht erfolgen dürfen.
Die Kläger beantragen nach ihrem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Oktober 2018 zu ändern und die Bescheide des Beklagten vom 14. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2016 aufzuheben, soweit die darin verlautbarten Aufhebungs- und Erstattungsentscheidungen für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 auf der am 22. Juli 2015 zugeflossenen Nachzahlung von Kindergeld beruhen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der die Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Kläger, mit der diese sich mit der statthaften (isolierten) Anfechtungsklage iSv § 54 Abs. 1, 4 SGG (nur) noch gegen die Berücksichtigung der Kg-Nachzahlung als Einkommen für den Leistungszeitraum vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 wenden, ist begründet.
Streitgegenstand sind die Bescheide vom 14. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2016, mit welchen der Beklagte die Leistungsbewilligung für den Streitzeitraum, zuletzt mit Bescheid vom 24. März 2015, teilweise aufgehoben und die Erstattung von Leistungen verfügt hat, und zwar nur insoweit, als die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung auf der Berücksichtigung der Kg-Nachzahlung iH eines mtl Betrages von insgesamt 184,67 EUR (1.288,- EUR./. 6 Monate abzgl Versicherungspauschale iHv mtl 30,- EUR) beruht. Die derart angefochtene Teilaufhebungsentscheidung ist rechtswidrig. Denn die Kg-Nachzahlung vom 22. Juli 2015 war nicht als Einkommen in den Monaten August bis Dezember 2015 zu berücksichtigen.
Rechtsgrundlage für die teilweise Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 24. März 2015 durch die Bescheide vom 14. Juli 2016 für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 wegen teilweiser Anrechnung der der Klägerin im Juli 2015 zugeflossenen Kg-Nachzahlung sind die §§ 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung - SGB III, 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mWv Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder der Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Durch die Kg-Nachzahlung vom 22. Juli 2015 ist indes – bezogen auf den Streitzeitraum - keine solche wesentliche Änderung eingetreten. Denn die Kg-Nachzahlung war (jedenfalls) im Zeitraum vom 1. August 2015 bis zum 31. Dezember 2015 nicht als Einkommen oder Vermögen anzurechnen.
Die Kläger waren im gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 hilfebedürftig.
Rechtsgrundlage für die Ermittlung des Anspruchs der Kläger auf Leistungen nach dem SGB II für den in Rede stehenden Zeitraum sind die §§ 19 ff iVm §§ 7 ff SGB II in den ab 1. April 2011 geltenden Fassungen und insbesondere § 11 SGB II in der vom 1. April 2011 bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung (aF). Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist mangels spezieller Übergangsvorschriften das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (vgl letztens Bundessozialgericht (BSG) vom 30. August 2017 - B 14 AS 30/16 R - juris).
Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist - neben weiteren, hier erfüllten - Voraussetzungen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II aF) insbesondere Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II aF i.V.m. § 9 Abs. 1, und 4 SGB II aF). Nach § 9 Abs. 1 SGB II aF ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen, erhalten kann. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ist auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen; ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs. 2 SGB II aF). Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit der Kläger sind ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf die zu dessen Sicherung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten gegenüberzustellen (vgl BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 10/13 R - juris).
Als Einkommen zu berücksichtigen sind gemäß § 11 Abs. 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II aF). Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 11 Abs. 3 SGB II). Zur Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen ist nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (vgl etwa Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 78/12 R - juris) von Folgendem auszugehen: Einkommen iS des § 11 Abs. 1 SGB II aF ist grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (modifizierte Zuflusstheorie, grundlegend BSG, Urteile vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R- und vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - sowie vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 46/09 R und vom 23. August 2011 - B 14 AS 185/10 R; jeweils juris). Auch wenn eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete (noch nicht erfüllte) Forderung (zB Gehaltsforderung) einen wirtschaftlichen Wert darstellt und zum Vermögen des Forderungsinhabers gehört und eine Einnahme aus dieser bereits bestehenden Rechtsposition erzielt wird, führt dies nicht zu einer "Konkurrenz" dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung (zB Gehaltszahlung) als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung von Bedeutung, sondern das Gesetz stellt insofern allein auf die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen (Zufluss) ab. Im vorliegenden Fall ist deshalb unerheblich, dass sich die Nachzahlung ggf auf Zeiträume vor der Antragstellung nach dem SGB II bezieht (vgl BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 7 zu einer Nachzahlung von Arbeitsentgelt).
Bei der Kg-Nachzahlung handelt es sich um laufendes Einkommen, das in voller Höhe im Zuflussmonat Juli 2015 anzurechnen gewesen wäre und nicht nach § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II auf einen Zeitraum von sechs Monaten, beginnend ab August 2015, gleichmäßig aufzuteilen war. Laufende Einnahmen sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG solche, die auf demselben Rechtsgrund beruhen und regelmäßig erbracht werden. Bei einmaligen Einnahmen erschöpft sich das Geschehen in einer einzigen Leistung (vgl BSG, Urteile vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R –, vom 16. Mai 2012 – B 4 AS 154/11 R, vom 07. Mai 2009 – B 14 AS 4/08 R –, vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 70/07 R und vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R; juris). Da die Erfüllung von Ansprüchen, die aus demselben Rechtsgrund herrühren, Störungen unterworfen ist, hat das BSG Veranlassung zu einer Präzisierung gesehen und ausgeführt, dass dem Rechtsgrund der Zahlungen die maßgebliche Bedeutung zukommt. Für die Qualifizierung einer Einnahme als laufende Einnahme reicht es danach aus, wenn sie zwar nicht "laufend", sondern in einem Gesamtbetrag erbracht wird, aber nach dem zugrunde liegenden Rechtsgrund regelmäßig zu erbringen gewesen wäre. Diese entscheidend auf den Rechtsgrund abstellende Sichtweise ermöglicht auch in Fällen mit Leistungsstörungen eine klare und praktisch gut handhabbare Abgrenzung, denn Rechtsgrund und vereinbarter Turnus von Zahlungen sind in der Regel einfach feststellbar. Zudem hängt die Beurteilung einer Einnahme als laufende oder einmalige nicht vom Verhalten des Schuldners ab, welches, wenn bestehende Ansprüche nicht erfüllt werden, unter Umständen sogar vertragswidrig ist. Wenn also Zahlungen aus ihrem Rechtsgrund heraus regelmäßig zu erbringen sind, ändert sich ihr Charakter als laufende Einnahme nicht dadurch, dass sie - aus welchen Gründen auch immer - dem Berechtigten zeitweise ganz oder teilweise vorenthalten und erst später in einem Betrag nachgezahlt werden (vgl BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R –). Demgemäß hat das BSG entschieden, dass es sich beim Arbeitslosengeld um eine laufende Einnahme handelt (vgl Urteil vom 23. November 2011 - B 14 AS 165/10 R – juris - Rn 21; vgl auch Senatsurteil vom 13. Juni 2018 – L 18 AS 784/17 - juris) und sich an dieser Qualifizierung auch dann nichts ändert, wenn es sich bei der streitigen Zahlung um die letzte einer regelmäßig erfolgenden Leistung handelt (vgl BSG vom 27. Januar 2009 - B 14/7b AS 14/07 R - juris; ebenso für nachgezahltes Arbeitsentgelt BSG vom 24. April 2015 - B 4 AS 32/14 -; für die bei einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vereinbarte Abfindung wegen Verlustes des Arbeitsplatzes BSG vom 3. März 2009 - B 4 AS 47/08 R - juris; für nachgezahltes Krankengeld BSG vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 70/07 R - juris; für nachgezahltes Übergangsgeld BSG vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 13/08 R - juris; oder für eine Einkommensteuererstattung BSG vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 48/07 R - juris). Nichts Anderes kann beim Kg gelten. Abweichungen vom tatsächlichen Wertzufluss sind hingegen etwa rechtlich vorgegeben bei einmaligen Einnahmen (§ 11 Abs. 3 SGB II), beim Zeitpunkt der Berücksichtigung von Betriebskostenabrechnungen (§ 22 Abs 3 Halbsatz 1 SGB II; vgl BSG vom 22. März 2012 - B 4 AS 139/11 R; juris) oder beim Zufluss einer Erbschaft bereits mit dem Tode des Erblassers (eingehend BSG vom 17. Februar 2015 - B 14 KG 1/14 R - juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem für die Zeit von Januar bis Juli 2015 nachgezahlten Kg um eine laufende Einnahme, welche sich nur im Zuflussmonat Juli 2015 bedarfsmindernd auswirken konnte, denn die monatliche Auszahlung des Kg ist gesetzlich bestimmt (vgl § 66 Abs. 2 Einkommensteuergesetz). Es handelt sich auch nicht um einen "aufgestauten Betrag", der als Einkommen iSd § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II aF anzusehen wäre, denn ein solcher Sachverhalt wäre ausgehend von der dargestellten Rspr des BSG (vgl Urteil vom 24. April 2015– B 4 AS 32/14 R - ) nur dann gegeben, wenn sich ein größerer Zeitabstand zwischen den Auszahlungen aus dem Rechtsgrund der Zahlung ergibt (wie bei Jahressonderzahlungen oder regelmäßig wiederkehrenden Prämien). Klassische Nachzahlungen wie im vorliegenden Fall unterfallen nicht der Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II aF, sondern nur laufende Einnahmen, die regelmäßig, aber nicht in aufeinanderfolgenden Monaten gezahlt werden (vgl Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09. November 2015 – L 19 AS 924/15 – juris).
Die mWv 1. August 2016 durch das 9. SGB II-Änderungsgesetz (ÄndG) eingeführte Regelung des § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II nF, wonach zu den einmaligen Einnahmen auch als Nachzahlung zufließende Einnahmen zählen, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht werden, ist für den vorliegend betroffenen Streitzeitraum nicht anwendbar. Der Gesetzgeber hat der Vorschrift keine Rückwirkung beigemessen. Dass der gesetzlichen Neuregelung Geltungswirkung für Bewilligungszeiträume zukäme, die – wie hier - vor dem 1. August 2016 bereits beendet waren, lässt sich nicht feststellen. Jedenfalls stehen einem anderen Verständnis die Grundsätze entgegen, die insoweit durch das intertemporale Recht und verfassungsrechtliche Anforderungen vorgegeben sind. Dem materiellen Recht zuzuordnende Regelungen gelten für bereits zurückliegende Zeiträume nach diesen Grundsätzen ausnahmsweise nur dann, wenn das Gesetz seine zeitliche Geltung hierauf erstreckt (zum SGB II und dem hierfür maßgebenden Geltungszeitraumprinzip vgl nur BSG, Urteil vom 19. Oktober 2016 – B 14 AS 53/15 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 78 – Rn 14 f mwN).
Zwar kann den Materialien zum 9. SGB II-ÄndG (vgl BT-Drucks 18/8041 S 33) die Vorstellung entnommen werden, dass mit der Neuregelung "klargestellt" werden sollte, dass Nachzahlungen von Sozialleistungen wie einmalige Einnahmen auf das Arbeitslosengeld II anzurechnen sind. Im Gesetz, das eine Reaktion auf die Entscheidung des BSG vom 16. März 2012 – B 4 AS 154/11 R – darstellt, hat dies allerdings keinen hinreichenden Niederschlag gefunden (vgl auch Sächsisches LSG, Urteil vom 14. Februar 2017 – L 7 AS 2055/13 – juris – Rn 46). Nach Auffassung des Senats kann insoweit auch nicht von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden. Ob eine planwidrige Regelungslücke innerhalb des Regelungszusammenhangs des Gesetzes im Sinne eines Fehlens rechtlicher Regelungsinhalte dort, wo sie für bestimmte Sachverhalte erwartet werden, anzunehmen ist, bestimmt sich ausgehend von der gesetzlichen Regelung selbst, den ihr zugrunde liegenden Regelungsabsichten, den verfolgten Zwecken und Wertungen, auch gemessen am Maßstab der gesamten Rechtsordnung einschließlich verfassungsrechtlicher Wertungen (vgl BSG, Urteil vom 23. Oktober 2018 – B 11 AL 20/17 R = SozR 4-6065 Art 61 Nr 1 – Rn 29). Die Abgrenzung zwischen laufenden und einmaligen Einnahmen im Rahmen des § 11 SGB II war indes schon nach dem bis 31. Juli 2016 geltenden Recht eine "klare" und "praktisch und gut handhabbar" (vgl BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R – Rn 17), so dass es schon an einer Regelungslücke fehlte.
Der Beklagte war somit nicht berechtigt, die Leistungsbewilligung gegenüber den Klägern wegen der Anrechnung der Kg-Nachzahlung für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 teilweise aufzuheben. Die Kläger sind somit auch gemäß § 50 Abs. 1 SGB X nicht verpflichtet, die insoweit von dem Beklagten geltend gemachte Erstattungsforderung zu erfüllen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), bestehen nicht. Insbesondere kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu, da die Abgrenzung zwischen laufenden und einmaligen Einnahmen für den hier in Rede stehenden Streitzeitraum durch die angeführte Rechtsprechung des BSG bereits geklärt ist.
Tatbestand:
Streitig ist noch die rückwirkende Teilaufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 wegen einer im Juli 2015 zugeflossenen Nachzahlung von Kindergeld (Kg).
Die 1973 geborene ledige Klägerin und der 1992 geborene Kläger, ihr Sohn, lebten im Streitzeitraum in Bedarfsgemeinschaft und standen bei dem Beklagten im SGB II-Leistungsbezug (Bescheid vom 5. März 2015 in der Fassung des Bescheides vom 24. März 2015 ua für den Leistungszeitraum vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015). Der Beklagte gewährte ohne Anrechnung von Einkommen die gesetzlichen Regelleistungen (399,- EUR bzw 320,- EUR mtl), einen Mehrbedarf für Alleinerziehende iHv 47,88 EUR mtl (Klägerin), für dezentrale Warmwasserversorgung (9,18 EUR bzw 7,36 EUR mtl) sowie Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung iHv insgesamt 441,94 EUR mtl.
Der Klägerin wurde durch Bescheid der Familienkasse vom 16. Juli 2015 rückwirkend ab 1. Januar 2015 Kg für den Kläger iHv mtl 184,- EUR gewährt; die laufende Zahlung wurde im August 2015 aufgenommen. Für die Zeit von Januar bis Juli 2015 floss der Klägerin am 22. Juli 2015 eine Kg-Nachzahlung iHv 1.288,- EUR zu. Nach Anhörung der Kläger hob der Beklagte für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 die Leistungsbewilligung teilweise iHv mtl 221,97 EUR für den Kläger und iHv mtl 116,70 EUR für die Klägerin auf (Bescheide vom 14. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2016); er rechnete dabei das laufend ab August 2015 gezahlte Kg als Einkommen des Klägers und die Kg-Nachzahlung, verteilt auf sechs Monate, abzüglich der Versicherungspauschale iHv 30,- EUR mtl als Einkommen der Kläger an.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klage insoweit abgewiesen, nachdem der Beklagte die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung in den Bescheiden vom 27. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2016 für den Monat Januar 2016 im Verhandlungstermin insoweit zurückgenommen hatte, als die Kg-Nachzahlung als Einkommen berücksichtigt worden war (Urteil vom 31. Oktober 2018). Die Klage sei im noch anhängigen Umfang nicht begründet. Das ab August 2015 laufend gezahlte Kg sei als Einkommen des Klägers zu berücksichtigen gewesen. Die Anrechnung der Kg-Nachzahlung durch den Beklagten sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Es habe sich hierbei um laufende Leistungen gehandelt. § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II in der seit 1. August 2016 geltenden Fassung (im Folgenden: nF) finde zwar mangels Rückwirkung keine Anwendung. Wegen einer planwidrigen Regelungslücke für die Zeit vor dem Inkrafttreten sei die Kg-Nachzahlung dennoch entsprechend dieser Vorschrift auf sechs Monate, beginnend im August 2015, anzurechnen gewesen.
Mit der Berufung wenden sich die Kläger gegen dieses Urteil und begehren die Aufhebung der angefochtenen Bescheide, soweit der Beklagte darin wegen der Anrechnung der Kg-Nachzahlung die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 aufgehoben hat. Sie machen geltend, dass die seit 1. August 2016 geltende Rechtslage hier nicht rückwirkend angewandt werden könne. Bei der Kg-Nachzahlung vom Juli 2015 habe es sich um eine Nachzahlung laufender Leistungen gehandelt, nicht um eine einmalige Leistung. Eine Anrechnung für die Zeit ab August 2015, aufgeteilt auf sechs Monate, habe daher nicht erfolgen dürfen.
Die Kläger beantragen nach ihrem Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Oktober 2018 zu ändern und die Bescheide des Beklagten vom 14. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2016 aufzuheben, soweit die darin verlautbarten Aufhebungs- und Erstattungsentscheidungen für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 auf der am 22. Juli 2015 zugeflossenen Nachzahlung von Kindergeld beruhen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der die Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Kläger, mit der diese sich mit der statthaften (isolierten) Anfechtungsklage iSv § 54 Abs. 1, 4 SGG (nur) noch gegen die Berücksichtigung der Kg-Nachzahlung als Einkommen für den Leistungszeitraum vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 wenden, ist begründet.
Streitgegenstand sind die Bescheide vom 14. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2016, mit welchen der Beklagte die Leistungsbewilligung für den Streitzeitraum, zuletzt mit Bescheid vom 24. März 2015, teilweise aufgehoben und die Erstattung von Leistungen verfügt hat, und zwar nur insoweit, als die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung auf der Berücksichtigung der Kg-Nachzahlung iH eines mtl Betrages von insgesamt 184,67 EUR (1.288,- EUR./. 6 Monate abzgl Versicherungspauschale iHv mtl 30,- EUR) beruht. Die derart angefochtene Teilaufhebungsentscheidung ist rechtswidrig. Denn die Kg-Nachzahlung vom 22. Juli 2015 war nicht als Einkommen in den Monaten August bis Dezember 2015 zu berücksichtigen.
Rechtsgrundlage für die teilweise Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 24. März 2015 durch die Bescheide vom 14. Juli 2016 für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 wegen teilweiser Anrechnung der der Klägerin im Juli 2015 zugeflossenen Kg-Nachzahlung sind die §§ 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung - SGB III, 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mWv Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder der Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Durch die Kg-Nachzahlung vom 22. Juli 2015 ist indes – bezogen auf den Streitzeitraum - keine solche wesentliche Änderung eingetreten. Denn die Kg-Nachzahlung war (jedenfalls) im Zeitraum vom 1. August 2015 bis zum 31. Dezember 2015 nicht als Einkommen oder Vermögen anzurechnen.
Die Kläger waren im gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 hilfebedürftig.
Rechtsgrundlage für die Ermittlung des Anspruchs der Kläger auf Leistungen nach dem SGB II für den in Rede stehenden Zeitraum sind die §§ 19 ff iVm §§ 7 ff SGB II in den ab 1. April 2011 geltenden Fassungen und insbesondere § 11 SGB II in der vom 1. April 2011 bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung (aF). Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist mangels spezieller Übergangsvorschriften das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (vgl letztens Bundessozialgericht (BSG) vom 30. August 2017 - B 14 AS 30/16 R - juris).
Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist - neben weiteren, hier erfüllten - Voraussetzungen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II aF) insbesondere Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II aF i.V.m. § 9 Abs. 1, und 4 SGB II aF). Nach § 9 Abs. 1 SGB II aF ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen, erhalten kann. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ist auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen; ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs. 2 SGB II aF). Für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit der Kläger sind ihrem nach dem SGB II in Betracht kommenden Bedarf die zu dessen Sicherung zu berücksichtigenden und zur Verfügung stehenden Bedarfsdeckungsmöglichkeiten gegenüberzustellen (vgl BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 10/13 R - juris).
Als Einkommen zu berücksichtigen sind gemäß § 11 Abs. 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II aF). Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 11 Abs. 3 SGB II). Zur Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen ist nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (vgl etwa Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 78/12 R - juris) von Folgendem auszugehen: Einkommen iS des § 11 Abs. 1 SGB II aF ist grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (modifizierte Zuflusstheorie, grundlegend BSG, Urteile vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R- und vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - sowie vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 46/09 R und vom 23. August 2011 - B 14 AS 185/10 R; jeweils juris). Auch wenn eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete (noch nicht erfüllte) Forderung (zB Gehaltsforderung) einen wirtschaftlichen Wert darstellt und zum Vermögen des Forderungsinhabers gehört und eine Einnahme aus dieser bereits bestehenden Rechtsposition erzielt wird, führt dies nicht zu einer "Konkurrenz" dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung (zB Gehaltszahlung) als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung von Bedeutung, sondern das Gesetz stellt insofern allein auf die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen (Zufluss) ab. Im vorliegenden Fall ist deshalb unerheblich, dass sich die Nachzahlung ggf auf Zeiträume vor der Antragstellung nach dem SGB II bezieht (vgl BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 7 zu einer Nachzahlung von Arbeitsentgelt).
Bei der Kg-Nachzahlung handelt es sich um laufendes Einkommen, das in voller Höhe im Zuflussmonat Juli 2015 anzurechnen gewesen wäre und nicht nach § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II auf einen Zeitraum von sechs Monaten, beginnend ab August 2015, gleichmäßig aufzuteilen war. Laufende Einnahmen sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG solche, die auf demselben Rechtsgrund beruhen und regelmäßig erbracht werden. Bei einmaligen Einnahmen erschöpft sich das Geschehen in einer einzigen Leistung (vgl BSG, Urteile vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R –, vom 16. Mai 2012 – B 4 AS 154/11 R, vom 07. Mai 2009 – B 14 AS 4/08 R –, vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 70/07 R und vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R; juris). Da die Erfüllung von Ansprüchen, die aus demselben Rechtsgrund herrühren, Störungen unterworfen ist, hat das BSG Veranlassung zu einer Präzisierung gesehen und ausgeführt, dass dem Rechtsgrund der Zahlungen die maßgebliche Bedeutung zukommt. Für die Qualifizierung einer Einnahme als laufende Einnahme reicht es danach aus, wenn sie zwar nicht "laufend", sondern in einem Gesamtbetrag erbracht wird, aber nach dem zugrunde liegenden Rechtsgrund regelmäßig zu erbringen gewesen wäre. Diese entscheidend auf den Rechtsgrund abstellende Sichtweise ermöglicht auch in Fällen mit Leistungsstörungen eine klare und praktisch gut handhabbare Abgrenzung, denn Rechtsgrund und vereinbarter Turnus von Zahlungen sind in der Regel einfach feststellbar. Zudem hängt die Beurteilung einer Einnahme als laufende oder einmalige nicht vom Verhalten des Schuldners ab, welches, wenn bestehende Ansprüche nicht erfüllt werden, unter Umständen sogar vertragswidrig ist. Wenn also Zahlungen aus ihrem Rechtsgrund heraus regelmäßig zu erbringen sind, ändert sich ihr Charakter als laufende Einnahme nicht dadurch, dass sie - aus welchen Gründen auch immer - dem Berechtigten zeitweise ganz oder teilweise vorenthalten und erst später in einem Betrag nachgezahlt werden (vgl BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R –). Demgemäß hat das BSG entschieden, dass es sich beim Arbeitslosengeld um eine laufende Einnahme handelt (vgl Urteil vom 23. November 2011 - B 14 AS 165/10 R – juris - Rn 21; vgl auch Senatsurteil vom 13. Juni 2018 – L 18 AS 784/17 - juris) und sich an dieser Qualifizierung auch dann nichts ändert, wenn es sich bei der streitigen Zahlung um die letzte einer regelmäßig erfolgenden Leistung handelt (vgl BSG vom 27. Januar 2009 - B 14/7b AS 14/07 R - juris; ebenso für nachgezahltes Arbeitsentgelt BSG vom 24. April 2015 - B 4 AS 32/14 -; für die bei einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vereinbarte Abfindung wegen Verlustes des Arbeitsplatzes BSG vom 3. März 2009 - B 4 AS 47/08 R - juris; für nachgezahltes Krankengeld BSG vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 70/07 R - juris; für nachgezahltes Übergangsgeld BSG vom 7. Mai 2009 - B 14 AS 13/08 R - juris; oder für eine Einkommensteuererstattung BSG vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 48/07 R - juris). Nichts Anderes kann beim Kg gelten. Abweichungen vom tatsächlichen Wertzufluss sind hingegen etwa rechtlich vorgegeben bei einmaligen Einnahmen (§ 11 Abs. 3 SGB II), beim Zeitpunkt der Berücksichtigung von Betriebskostenabrechnungen (§ 22 Abs 3 Halbsatz 1 SGB II; vgl BSG vom 22. März 2012 - B 4 AS 139/11 R; juris) oder beim Zufluss einer Erbschaft bereits mit dem Tode des Erblassers (eingehend BSG vom 17. Februar 2015 - B 14 KG 1/14 R - juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem für die Zeit von Januar bis Juli 2015 nachgezahlten Kg um eine laufende Einnahme, welche sich nur im Zuflussmonat Juli 2015 bedarfsmindernd auswirken konnte, denn die monatliche Auszahlung des Kg ist gesetzlich bestimmt (vgl § 66 Abs. 2 Einkommensteuergesetz). Es handelt sich auch nicht um einen "aufgestauten Betrag", der als Einkommen iSd § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II aF anzusehen wäre, denn ein solcher Sachverhalt wäre ausgehend von der dargestellten Rspr des BSG (vgl Urteil vom 24. April 2015– B 4 AS 32/14 R - ) nur dann gegeben, wenn sich ein größerer Zeitabstand zwischen den Auszahlungen aus dem Rechtsgrund der Zahlung ergibt (wie bei Jahressonderzahlungen oder regelmäßig wiederkehrenden Prämien). Klassische Nachzahlungen wie im vorliegenden Fall unterfallen nicht der Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II aF, sondern nur laufende Einnahmen, die regelmäßig, aber nicht in aufeinanderfolgenden Monaten gezahlt werden (vgl Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09. November 2015 – L 19 AS 924/15 – juris).
Die mWv 1. August 2016 durch das 9. SGB II-Änderungsgesetz (ÄndG) eingeführte Regelung des § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II nF, wonach zu den einmaligen Einnahmen auch als Nachzahlung zufließende Einnahmen zählen, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht werden, ist für den vorliegend betroffenen Streitzeitraum nicht anwendbar. Der Gesetzgeber hat der Vorschrift keine Rückwirkung beigemessen. Dass der gesetzlichen Neuregelung Geltungswirkung für Bewilligungszeiträume zukäme, die – wie hier - vor dem 1. August 2016 bereits beendet waren, lässt sich nicht feststellen. Jedenfalls stehen einem anderen Verständnis die Grundsätze entgegen, die insoweit durch das intertemporale Recht und verfassungsrechtliche Anforderungen vorgegeben sind. Dem materiellen Recht zuzuordnende Regelungen gelten für bereits zurückliegende Zeiträume nach diesen Grundsätzen ausnahmsweise nur dann, wenn das Gesetz seine zeitliche Geltung hierauf erstreckt (zum SGB II und dem hierfür maßgebenden Geltungszeitraumprinzip vgl nur BSG, Urteil vom 19. Oktober 2016 – B 14 AS 53/15 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 78 – Rn 14 f mwN).
Zwar kann den Materialien zum 9. SGB II-ÄndG (vgl BT-Drucks 18/8041 S 33) die Vorstellung entnommen werden, dass mit der Neuregelung "klargestellt" werden sollte, dass Nachzahlungen von Sozialleistungen wie einmalige Einnahmen auf das Arbeitslosengeld II anzurechnen sind. Im Gesetz, das eine Reaktion auf die Entscheidung des BSG vom 16. März 2012 – B 4 AS 154/11 R – darstellt, hat dies allerdings keinen hinreichenden Niederschlag gefunden (vgl auch Sächsisches LSG, Urteil vom 14. Februar 2017 – L 7 AS 2055/13 – juris – Rn 46). Nach Auffassung des Senats kann insoweit auch nicht von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden. Ob eine planwidrige Regelungslücke innerhalb des Regelungszusammenhangs des Gesetzes im Sinne eines Fehlens rechtlicher Regelungsinhalte dort, wo sie für bestimmte Sachverhalte erwartet werden, anzunehmen ist, bestimmt sich ausgehend von der gesetzlichen Regelung selbst, den ihr zugrunde liegenden Regelungsabsichten, den verfolgten Zwecken und Wertungen, auch gemessen am Maßstab der gesamten Rechtsordnung einschließlich verfassungsrechtlicher Wertungen (vgl BSG, Urteil vom 23. Oktober 2018 – B 11 AL 20/17 R = SozR 4-6065 Art 61 Nr 1 – Rn 29). Die Abgrenzung zwischen laufenden und einmaligen Einnahmen im Rahmen des § 11 SGB II war indes schon nach dem bis 31. Juli 2016 geltenden Recht eine "klare" und "praktisch und gut handhabbar" (vgl BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R – Rn 17), so dass es schon an einer Regelungslücke fehlte.
Der Beklagte war somit nicht berechtigt, die Leistungsbewilligung gegenüber den Klägern wegen der Anrechnung der Kg-Nachzahlung für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 teilweise aufzuheben. Die Kläger sind somit auch gemäß § 50 Abs. 1 SGB X nicht verpflichtet, die insoweit von dem Beklagten geltend gemachte Erstattungsforderung zu erfüllen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), bestehen nicht. Insbesondere kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu, da die Abgrenzung zwischen laufenden und einmaligen Einnahmen für den hier in Rede stehenden Streitzeitraum durch die angeführte Rechtsprechung des BSG bereits geklärt ist.
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