Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 1469/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2413/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. August 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Rente wegen Erwerbsminderung vom 1. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2017 unter Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung ab dem 1. Oktober 2015.
Der 1971 geborene, verheiratete Kläger ist Vater u.a. der Kinder Y. (im Folgenden Y), geboren am 2013, und R. (im Folgenden R), geboren am 2014.
Sein Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 19. August 2011 blieb zunächst ohne Erfolg (Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2012; klageabweisendes Urteil des Sozialgerichts Reutlingen [SG, S 12 R 296/12]). Im folgenden Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 7 R 1106/14) gab die Beklagte aufgrund eines Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen unter dem 15. Juni 2015 ein Teilanerkenntnis ab, wonach aufgrund einer seit dem 9. Dezember 2014 bestehenden vollen Erwerbsminderung Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Juli 2015 bis zum 31. Dezember 2017 bestehe. Im Erörterungstermin vom 30. Juli 2015 nahm der Kläger das Teilanerkenntnis an, erklärte die Hauptsache teilweise für erledigt und begehrte weiter Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits ab dem 1. August 2011. Nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen wies das LSG Baden-Württemberg die Berufung des Klägers im noch aufrecht erhaltenen Umfange zurück, da ein früherer Eintritt der Erwerbsminderung nicht nachgewiesen sei (Urteil vom 12. November 2015).
Mit einem am 30. September 2015 unterschriebenen, am 6. Oktober 2015 bei der Beklagten eingegangenen Antrag begehrte der Kläger die Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die Kinder Y und R, die er ab dem 1. Oktober 2015 erziehe, vom 1. Oktober 2015 bis zum 11. März 2023 (Y) bzw. 29. Juni 2024 (R). Eine überwiegende Erziehung durch ihn liege nicht vor. Die Ehefrau des Klägers bestätigte, dass die Angaben zur Erziehung den tatsächlichen Verhältnissen entsprächen. Nach der beigefügten, von beiden Elternteilen unterschriebenen Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungszeit/Berücksichtigungszeit bei gemeinsamer Erziehung vom selben Tag, sollten die Erziehungszeiten für Y für Oktober 2015 bis zum zehnten Lebensjahr dem Kläger zugeordnet werden.
Mit Bescheid vom 19. Januar 2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger aufgrund ihres Anerkenntnisses vom 15. Juni 2015 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Rente beginne am 1. Juli 2015 und sei bis zum 31. Dezember 2017 befristet. Die Anspruchsvoraussetzungen seien ab dem 9. Dezember 2014 erfüllt. Zeiten der Kindererziehung berücksichtigte sie nicht. Der Bescheid ergehe aufgrund des Anerkenntnisses vom 15. Juni 2015 im sozialgerichtlichen Verfahren. Der Rechtsbehelf gegen diesen Bescheid sei nur zulässig, soweit er sich gegen die Ausführung des Anerkenntnisses richte.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte der Kläger aus, die Kindererziehungszeiten für Y und R, die ihm seine Frau im Oktober 2015 übertragen habe, seien nicht einkalkuliert worden. Der Leistungsfall sei "vom Landessozialgericht am 12.11.2015 entschlossen worden", die Kindererziehungszeiten bereits zuvor übertragen worden.
Mit Bescheid vom 23. Februar 2016 berechnete die Beklagte die Rente wegen Rentenanpassung ab 1. Juli 2015 neu und gewährte sie – wiederum ohne Berücksichtigung der Zeiten wegen Kindererziehung – in gleicher (Brutto-)Höhe.
Nach Hinweis der Beklagten, dass über Kindererziehungszeiten nicht für die Zukunft entschieden werden könne, beantragte der Kläger unter dem 3. März 2016, Eingang bei der Beklagten am 7. März 2016, erneut die Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für Y und R, die er ab dem 1. Oktober 2015 erziehe, vom 1. Oktober 2015 bis zum 11. März 2023 (Y) bzw. 29. Juni 2004 (R). Die Ehefrau des Klägers bestätigte, dass die Angaben zur Erziehung den tatsächlichen Verhältnissen entsprächen.
Mit Bescheid vom 14. März 2016 stellte die Beklagte die Rente zum 31. Juli 2015 in bisheriger Höhe neu fest. Die Zeiten vom 1. Oktober 2015 bis 3. März 2016 würden als Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten für Y und R anerkannt, die Zeiten bis zum 30. September 2015 jeweils nicht, weil ein anderer Elternteil das Kind überwiegend erzogen habe. Eine Erhöhung des Rentenbetrags ergebe sich hierdurch nicht, da diese Zeiten nach dem Leistungsfall der Rente wegen voller Erwerbsminderung lägen.
Zur Begründung seines am 31. März 2016 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruches gegen die Bescheide vom 23. Februar 2016 und 14. März 2016 führte der Kläger aus, der Antrag auf Kindererziehungszeiten sei im Oktober 2015 gestellt worden, das Urteil des LSG Baden-Württemberg über die Rente wegen Erwerbsminderung erst im Dezember (2015) ergangen. Daher liege der Leistungsfall nach dem Antrag wegen Kindererziehungszeiten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2016 verwarf der Widerspruchsausschuss der Beklagten die Widersprüche gegen die Bescheide vom 19. Januar und 23. Februar 2016 als unzulässig und wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. März 2016 als unbegründet zurück. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Januar 2016 sei mangels Beschwer unzulässig, da es sich lediglich um einen Ausführungsbescheid handle, in dem über den Antrag auf Kindererziehungszeiten vom 3. März 2016 nicht entschieden worden sei. Der Widerspruch gegen Bescheid vom 23. Februar 2016 sei unzulässig, weil verfristet. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. März 2016 sei zulässig, aber unbegründet, da nach dem Leistungsfall der Rente wegen Erwerbsminderung liegende rentenrechtliche Zeiten nicht bei dieser berücksichtigt werden könnten.
Am 13. Juni 2016 erhob der Kläger Klage beim SG, mit der er die Gewährung einer höheren Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Oktober 2015 unter Berücksichtigung der "festgestellten Kindererziehungszeiten" für Y und R begehrte. Die Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten habe er bereits zu einem Zeitpunkt beantragt, als das LSG Baden-Württemberg noch nicht über seine Berufung entschieden habe. Wenn man vom Datum des Antrags auf Feststellung der Zeiten wegen Kindererziehung am 30. September 2015 ausgehe und die gesetzlich zugelassene Rückwirkung von zwei Monaten berücksichtige, käme man genau auf den Tag des Teilanerkenntnis-Verhandlungstermins vor dem LSG Baden-Württemberg vom 30. Juli 2015.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Gründe des Widerspruchsbescheides entgegen.
Mit Bescheid von 2. Februar 2018 bewilligte sie dem Kläger ab dem 1. Januar 2018 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer. Der Kläger legte hinsichtlich der Rentenhöhe Widerspruch ein.
Mit Urteil vom 12. Juni 2018 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Erwerbsminderungsrente unter Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Kindererziehungszeiten für die Zeit vom 1. Oktober 2015 bis zum 11. März 2023 bzw. 1. Oktober 2015 bis 29. Juni 2024. Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit würden für Beitragszeiten und Anrechnungszeiten, die nach Eintritt der hierfür maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit lägen, Entgeltpunkte bei der Berechnung der Rentenhöhe nicht ermittelt. Der durch das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 12. November 2015 festgestellte Leistungsfall der Erwerbsminderung am 9. Dezember 2014 liege zeitlich vor den hier maßgeblichen Kindererziehungszeiten, so dass eine Ermittlung von Entgeltpunkten für diese Kindererziehungszeiten für die bezogene Erwerbsminderungsrente nicht in Betracht komme. Entgegen der Auffassung des Klägers sei hierbei maßgeblicher Zeitpunkt der Eintritt der Erwerbsminderung, nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des LSG Baden-Württemberg oder sonstige denkbare Zeitpunkte im Verfahrensablauf.
Gegen dieses ihm am 20. Juni 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. Juli 2018 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt, zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen wiederholt hat.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Juni 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2016 zu verurteilen, ihm unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für das Kind Y. vom 1. Oktober 2015 bis 11. März 2023 und für das Kind R. vom 1. Oktober 2015 bis 29. Juni 2024 höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2017 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Berichterstatter hat im Erörterungstermin vom 8. Mai 2019 die Beteiligten auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung und die Absicht des Senats, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und im Verfahren L 7 R 1106/14 sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Kläger Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
3. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren des Klägers auf höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Oktober 2015 bis zum 31. Dezember 2017 unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für das Kind Y vom 1. Oktober 2015 bis 11. März 2023 und für das Kind R vom 1. Oktober 2015 bis 29. Juni 2024. Dies ergibt sich als erkennbares Klagebegehren aus dem Regelungsinhalt des angefochtenen Bescheides und den gegen diesen vorgebrachten Einwendungen des Klägers. Seit dem Widerspruch gegen den Ausführungsbescheid vom 19. Januar 2016 machte der Kläger geltend, die ihm zum 1. Oktober 2015 "übertragengen" Zeiten wegen Kindererziehung für Y und R müssten rentenerhöhend berücksichtigt werden. Der Beginn des streitbefangenen Zeitraums folgt ebenfalls hieraus, da erst für die Zeit ab dem 1. Oktober 2015 Zeiten der Kindererziehung geltend gemacht werden. Das Ende des streitbefangenen Zeitraums ergibt sich aus dem Regelungsgehalt der bezüglich der Höhe angefochtenen Rentenbewilligung, die auf den 31. Dezember 2017 befristet war. Der Rentenbescheid vom 2. Februar 2018 wurde nicht nach § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens. Denn er regelte die sich an den vorliegend streitbefangenen Zeitraum anschließende Zeit ab dem 1. Januar 2018. Eine Abänderung oder Ersetzung der vorliegend streitbefangenen Regelung nahm er daher nicht vor. Der Kläger focht den Bescheid vom 2. Februar 2018 dementsprechend mit gesondertem Widerspruch an. Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 14. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2016. Den früheren Bescheiden vom 19. Januar und 23. Februar 2016 kommt keine rechtliche Bedeutung mehr zu. Denn sie wurden durch die Neufeststellung der Rente ab Rentenbeginn vom 1. Juli 2015 durch den Bescheid vom 14. März 2016 vollständig ersetzt (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch).
Einer Beiladung der Ehefrau des Klägers nach § 75 Abs. 2 SGG bedurfte es nicht. Die im streitgegenständlichen Bescheid vom 14. März 2016 geregelte Anerkennung der Zeiten wegen Kindererziehung ab dem 1. Oktober 2015 beim Kläger wurde im vorliegenden Verfahren gerade nicht angefochten. Gegenstand der Anfechtung war allein die Regelung über die Höhe der Rente.
4. Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 14. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat vom 1. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2017 keinen Anspruch auf eine höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung von Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung ab dem 1. Oktober 2015. Die angefochtene Festsetzung der Rentenhöhe im Bescheid vom 14. März 2016 ist rechtmäßig.
a) Nach § 64 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert miteinander zu vervielfältigen. Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller Entgeltpunkte u.a. für Beitragszeiten (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Nach § 75 Abs. 2 SGB VI werden bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit – wie vorliegend – für 1. Beitragszeiten und Anrechnungszeiten, die nach Eintritt der hierfür maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit liegen, 2. freiwillige Beiträge, die nach Eintritt der hierfür maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit gezahlt worden sind, Entgeltpunkte nicht ermittelt. Dies gilt nicht für 1. eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, auf die erst nach Erfüllung einer Wartezeit von 20 Jahren ein Anspruch besteht, 2. freiwillige Beiträge nach Satz 1 Nr. 2, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit während eines Beitragsverfahrens oder eines Verfahrens über einen Rentenanspruch eingetreten ist. Für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung werden auf Antrag Entgeltpunkte auch für Beitragszeiten und Anrechnungszeiten nach Eintritt der vollen Erwerbsminderung ermittelt, wenn diese Beitragszeiten 20 Jahre umfassen (Abs. 3).
b) Für die vom Kläger geltend gemachten Zeiten der Kindererziehung sind bei der Ermittlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung keine Entgeltpunkte zu ermitteln. Denn sie liegen nach Eintritt der hierfür maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Der Eintritt der maßgeblichen Minderung der Erwerbsfähigkeit ist vorliegend der 9. Dezember 2014. Dies steht für das vorliegende Verfahren für die Beteiligten bindend fest. Im gegenständlichen Bescheid vom 14. März 2016 wurde nicht mehr über den Rentenbeginn und den zugrundeliegenden Leistungsfall entschieden, sondern nur über die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten und – ausgehend vom feststehenden Leistungsfall – die Höhe der Rente. Einen früheren Rentenbeginn oder Leistungsfall i.S.d. Eintritts der Erwerbsminderung konnte der Kläger daher in diesem Verfahren nicht geltend machen und tat dies auch nicht. Bereits der Rentenbescheid vom 19. Januar 2016 konnte als reiner Ausführungsbescheid nicht mehr mit dem Ziel eines anderen Leistungsfalles angefochten werden. Denn er erging nur in Umsetzung des angenommenen Teilanerkenntnisses und des abschließenden, rechtskräftigen Urteils des LSG Baden-Württemberg vom 12. November 2015, das die Beteiligten insoweit bindet (§ 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Im Übrigen würde ein früherer Eintritt der Erwerbsminderung, wie vom Kläger im Verfahren L 7 R 1106/14 geltend gemacht, erst recht eine Ermittlung von Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten ab dem 1. Oktober 2015 ausschließen. Auf den Zeitpunkt des Beginns der Rente, der laufenden Zahlung oder der Entscheidung über den Rentenanspruch kommt es nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 75 Abs. 2 Satz 1 SGB V nicht an. Es ist daher nicht maßgeblich, wann im Verfahren über den Rentenanspruch das Teilanerkenntnis abgegeben oder angenommen oder das LSG Baden-Württemberg über die Berufung des Klägers entschied. Maßgeblich bleibt der 9. Dezember 2014. Daher kommt es auch auf die nach § 56 Abs. 2 Satz 6 SGB VI mögliche Zuordnung von Kindererziehungszeiten rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung nicht an. Auch unter Berücksichtigung des ersten, am 30. September 2015 unterschriebenen Antrags auf Feststellung von Kindererziehungszeiten lassen sich hierdurch Kindererziehungszeiten für den Kläger vor dem 9. Dezember 2014 nicht bewirken. Im Übrigen begehrt der Kläger ausdrücklich die Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten ab dem 1. Oktober 2015.
c) Die Ausnahmetatbestände des § 75 Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI sind nicht erfüllt.
§ 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI betrifft nur Renten wegen voller Erwerbsminderung, auf die erst nach Erfüllung einer Wartezeit von 20 Jahren ein Anspruch besteht (§ 43 Abs. 6 SGB VI). Eine solche Rente liegt beim Kläger nicht vor. Solches macht er auch nicht geltend. Satz 2 Nr. 2 betrifft hier nicht einschlägige freiwillige Beiträge. Auch § 75 Abs. 3 SGB VI bezieht sich auf den hier nicht vorliegenden Fall einer Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 6 SGB VI.
d) Selbst wenn man davon ausginge, dass Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung, soweit ihnen überhaupt leistungssteigernde Wirkung zukommen kann (vgl. § 70 Abs. 3a SGB VI, § 71 Abs. 3 SGB VI i.V.m. §§ 263 Abs. 1, 72 SGB VI), von § 75 Abs. 2 SGB VI nicht erfasst wären, ist eine rentenerhöhende Berücksichtigung jedenfalls nach § 75 Abs. 1 SGB VI ausgeschlossen. Danach werden für Zeiten nach Beginn der zu berechnenden Rente Entgeltpunkte nur für eine Zurechnungszeit und für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters ermittelt. Die geltend gemachten Zeiten der Kindererziehung ab dem 1. Oktober 2015 liegen nach Beginn der Rente wegen Erwerbsminderung und sind keine Zurechnungszeit.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
6. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Rente wegen Erwerbsminderung vom 1. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2017 unter Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung ab dem 1. Oktober 2015.
Der 1971 geborene, verheiratete Kläger ist Vater u.a. der Kinder Y. (im Folgenden Y), geboren am 2013, und R. (im Folgenden R), geboren am 2014.
Sein Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 19. August 2011 blieb zunächst ohne Erfolg (Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2012; klageabweisendes Urteil des Sozialgerichts Reutlingen [SG, S 12 R 296/12]). Im folgenden Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 7 R 1106/14) gab die Beklagte aufgrund eines Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen unter dem 15. Juni 2015 ein Teilanerkenntnis ab, wonach aufgrund einer seit dem 9. Dezember 2014 bestehenden vollen Erwerbsminderung Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Juli 2015 bis zum 31. Dezember 2017 bestehe. Im Erörterungstermin vom 30. Juli 2015 nahm der Kläger das Teilanerkenntnis an, erklärte die Hauptsache teilweise für erledigt und begehrte weiter Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits ab dem 1. August 2011. Nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen wies das LSG Baden-Württemberg die Berufung des Klägers im noch aufrecht erhaltenen Umfange zurück, da ein früherer Eintritt der Erwerbsminderung nicht nachgewiesen sei (Urteil vom 12. November 2015).
Mit einem am 30. September 2015 unterschriebenen, am 6. Oktober 2015 bei der Beklagten eingegangenen Antrag begehrte der Kläger die Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die Kinder Y und R, die er ab dem 1. Oktober 2015 erziehe, vom 1. Oktober 2015 bis zum 11. März 2023 (Y) bzw. 29. Juni 2024 (R). Eine überwiegende Erziehung durch ihn liege nicht vor. Die Ehefrau des Klägers bestätigte, dass die Angaben zur Erziehung den tatsächlichen Verhältnissen entsprächen. Nach der beigefügten, von beiden Elternteilen unterschriebenen Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungszeit/Berücksichtigungszeit bei gemeinsamer Erziehung vom selben Tag, sollten die Erziehungszeiten für Y für Oktober 2015 bis zum zehnten Lebensjahr dem Kläger zugeordnet werden.
Mit Bescheid vom 19. Januar 2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger aufgrund ihres Anerkenntnisses vom 15. Juni 2015 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Rente beginne am 1. Juli 2015 und sei bis zum 31. Dezember 2017 befristet. Die Anspruchsvoraussetzungen seien ab dem 9. Dezember 2014 erfüllt. Zeiten der Kindererziehung berücksichtigte sie nicht. Der Bescheid ergehe aufgrund des Anerkenntnisses vom 15. Juni 2015 im sozialgerichtlichen Verfahren. Der Rechtsbehelf gegen diesen Bescheid sei nur zulässig, soweit er sich gegen die Ausführung des Anerkenntnisses richte.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte der Kläger aus, die Kindererziehungszeiten für Y und R, die ihm seine Frau im Oktober 2015 übertragen habe, seien nicht einkalkuliert worden. Der Leistungsfall sei "vom Landessozialgericht am 12.11.2015 entschlossen worden", die Kindererziehungszeiten bereits zuvor übertragen worden.
Mit Bescheid vom 23. Februar 2016 berechnete die Beklagte die Rente wegen Rentenanpassung ab 1. Juli 2015 neu und gewährte sie – wiederum ohne Berücksichtigung der Zeiten wegen Kindererziehung – in gleicher (Brutto-)Höhe.
Nach Hinweis der Beklagten, dass über Kindererziehungszeiten nicht für die Zukunft entschieden werden könne, beantragte der Kläger unter dem 3. März 2016, Eingang bei der Beklagten am 7. März 2016, erneut die Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für Y und R, die er ab dem 1. Oktober 2015 erziehe, vom 1. Oktober 2015 bis zum 11. März 2023 (Y) bzw. 29. Juni 2004 (R). Die Ehefrau des Klägers bestätigte, dass die Angaben zur Erziehung den tatsächlichen Verhältnissen entsprächen.
Mit Bescheid vom 14. März 2016 stellte die Beklagte die Rente zum 31. Juli 2015 in bisheriger Höhe neu fest. Die Zeiten vom 1. Oktober 2015 bis 3. März 2016 würden als Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten für Y und R anerkannt, die Zeiten bis zum 30. September 2015 jeweils nicht, weil ein anderer Elternteil das Kind überwiegend erzogen habe. Eine Erhöhung des Rentenbetrags ergebe sich hierdurch nicht, da diese Zeiten nach dem Leistungsfall der Rente wegen voller Erwerbsminderung lägen.
Zur Begründung seines am 31. März 2016 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruches gegen die Bescheide vom 23. Februar 2016 und 14. März 2016 führte der Kläger aus, der Antrag auf Kindererziehungszeiten sei im Oktober 2015 gestellt worden, das Urteil des LSG Baden-Württemberg über die Rente wegen Erwerbsminderung erst im Dezember (2015) ergangen. Daher liege der Leistungsfall nach dem Antrag wegen Kindererziehungszeiten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2016 verwarf der Widerspruchsausschuss der Beklagten die Widersprüche gegen die Bescheide vom 19. Januar und 23. Februar 2016 als unzulässig und wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. März 2016 als unbegründet zurück. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Januar 2016 sei mangels Beschwer unzulässig, da es sich lediglich um einen Ausführungsbescheid handle, in dem über den Antrag auf Kindererziehungszeiten vom 3. März 2016 nicht entschieden worden sei. Der Widerspruch gegen Bescheid vom 23. Februar 2016 sei unzulässig, weil verfristet. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. März 2016 sei zulässig, aber unbegründet, da nach dem Leistungsfall der Rente wegen Erwerbsminderung liegende rentenrechtliche Zeiten nicht bei dieser berücksichtigt werden könnten.
Am 13. Juni 2016 erhob der Kläger Klage beim SG, mit der er die Gewährung einer höheren Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Oktober 2015 unter Berücksichtigung der "festgestellten Kindererziehungszeiten" für Y und R begehrte. Die Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten habe er bereits zu einem Zeitpunkt beantragt, als das LSG Baden-Württemberg noch nicht über seine Berufung entschieden habe. Wenn man vom Datum des Antrags auf Feststellung der Zeiten wegen Kindererziehung am 30. September 2015 ausgehe und die gesetzlich zugelassene Rückwirkung von zwei Monaten berücksichtige, käme man genau auf den Tag des Teilanerkenntnis-Verhandlungstermins vor dem LSG Baden-Württemberg vom 30. Juli 2015.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Gründe des Widerspruchsbescheides entgegen.
Mit Bescheid von 2. Februar 2018 bewilligte sie dem Kläger ab dem 1. Januar 2018 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer. Der Kläger legte hinsichtlich der Rentenhöhe Widerspruch ein.
Mit Urteil vom 12. Juni 2018 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Erwerbsminderungsrente unter Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Kindererziehungszeiten für die Zeit vom 1. Oktober 2015 bis zum 11. März 2023 bzw. 1. Oktober 2015 bis 29. Juni 2024. Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit würden für Beitragszeiten und Anrechnungszeiten, die nach Eintritt der hierfür maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit lägen, Entgeltpunkte bei der Berechnung der Rentenhöhe nicht ermittelt. Der durch das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 12. November 2015 festgestellte Leistungsfall der Erwerbsminderung am 9. Dezember 2014 liege zeitlich vor den hier maßgeblichen Kindererziehungszeiten, so dass eine Ermittlung von Entgeltpunkten für diese Kindererziehungszeiten für die bezogene Erwerbsminderungsrente nicht in Betracht komme. Entgegen der Auffassung des Klägers sei hierbei maßgeblicher Zeitpunkt der Eintritt der Erwerbsminderung, nicht der Zeitpunkt der Entscheidung des LSG Baden-Württemberg oder sonstige denkbare Zeitpunkte im Verfahrensablauf.
Gegen dieses ihm am 20. Juni 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. Juli 2018 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt, zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen wiederholt hat.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Juni 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2016 zu verurteilen, ihm unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für das Kind Y. vom 1. Oktober 2015 bis 11. März 2023 und für das Kind R. vom 1. Oktober 2015 bis 29. Juni 2024 höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2017 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Berichterstatter hat im Erörterungstermin vom 8. Mai 2019 die Beteiligten auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung und die Absicht des Senats, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und im Verfahren L 7 R 1106/14 sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
II.
1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Kläger Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
3. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren des Klägers auf höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Oktober 2015 bis zum 31. Dezember 2017 unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für das Kind Y vom 1. Oktober 2015 bis 11. März 2023 und für das Kind R vom 1. Oktober 2015 bis 29. Juni 2024. Dies ergibt sich als erkennbares Klagebegehren aus dem Regelungsinhalt des angefochtenen Bescheides und den gegen diesen vorgebrachten Einwendungen des Klägers. Seit dem Widerspruch gegen den Ausführungsbescheid vom 19. Januar 2016 machte der Kläger geltend, die ihm zum 1. Oktober 2015 "übertragengen" Zeiten wegen Kindererziehung für Y und R müssten rentenerhöhend berücksichtigt werden. Der Beginn des streitbefangenen Zeitraums folgt ebenfalls hieraus, da erst für die Zeit ab dem 1. Oktober 2015 Zeiten der Kindererziehung geltend gemacht werden. Das Ende des streitbefangenen Zeitraums ergibt sich aus dem Regelungsgehalt der bezüglich der Höhe angefochtenen Rentenbewilligung, die auf den 31. Dezember 2017 befristet war. Der Rentenbescheid vom 2. Februar 2018 wurde nicht nach § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens. Denn er regelte die sich an den vorliegend streitbefangenen Zeitraum anschließende Zeit ab dem 1. Januar 2018. Eine Abänderung oder Ersetzung der vorliegend streitbefangenen Regelung nahm er daher nicht vor. Der Kläger focht den Bescheid vom 2. Februar 2018 dementsprechend mit gesondertem Widerspruch an. Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 14. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2016. Den früheren Bescheiden vom 19. Januar und 23. Februar 2016 kommt keine rechtliche Bedeutung mehr zu. Denn sie wurden durch die Neufeststellung der Rente ab Rentenbeginn vom 1. Juli 2015 durch den Bescheid vom 14. März 2016 vollständig ersetzt (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch).
Einer Beiladung der Ehefrau des Klägers nach § 75 Abs. 2 SGG bedurfte es nicht. Die im streitgegenständlichen Bescheid vom 14. März 2016 geregelte Anerkennung der Zeiten wegen Kindererziehung ab dem 1. Oktober 2015 beim Kläger wurde im vorliegenden Verfahren gerade nicht angefochten. Gegenstand der Anfechtung war allein die Regelung über die Höhe der Rente.
4. Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 14. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat vom 1. Oktober 2015 bis 31. Dezember 2017 keinen Anspruch auf eine höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung von Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung ab dem 1. Oktober 2015. Die angefochtene Festsetzung der Rentenhöhe im Bescheid vom 14. März 2016 ist rechtmäßig.
a) Nach § 64 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist der Monatsbetrag der Rente das Produkt aus den unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Die genannten Faktoren sind mit ihrem Wert miteinander zu vervielfältigen. Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente errechnen sich aus der Summe aller Entgeltpunkte u.a. für Beitragszeiten (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Nach § 75 Abs. 2 SGB VI werden bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit – wie vorliegend – für 1. Beitragszeiten und Anrechnungszeiten, die nach Eintritt der hierfür maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit liegen, 2. freiwillige Beiträge, die nach Eintritt der hierfür maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit gezahlt worden sind, Entgeltpunkte nicht ermittelt. Dies gilt nicht für 1. eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, auf die erst nach Erfüllung einer Wartezeit von 20 Jahren ein Anspruch besteht, 2. freiwillige Beiträge nach Satz 1 Nr. 2, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit während eines Beitragsverfahrens oder eines Verfahrens über einen Rentenanspruch eingetreten ist. Für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung werden auf Antrag Entgeltpunkte auch für Beitragszeiten und Anrechnungszeiten nach Eintritt der vollen Erwerbsminderung ermittelt, wenn diese Beitragszeiten 20 Jahre umfassen (Abs. 3).
b) Für die vom Kläger geltend gemachten Zeiten der Kindererziehung sind bei der Ermittlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung keine Entgeltpunkte zu ermitteln. Denn sie liegen nach Eintritt der hierfür maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Der Eintritt der maßgeblichen Minderung der Erwerbsfähigkeit ist vorliegend der 9. Dezember 2014. Dies steht für das vorliegende Verfahren für die Beteiligten bindend fest. Im gegenständlichen Bescheid vom 14. März 2016 wurde nicht mehr über den Rentenbeginn und den zugrundeliegenden Leistungsfall entschieden, sondern nur über die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten und – ausgehend vom feststehenden Leistungsfall – die Höhe der Rente. Einen früheren Rentenbeginn oder Leistungsfall i.S.d. Eintritts der Erwerbsminderung konnte der Kläger daher in diesem Verfahren nicht geltend machen und tat dies auch nicht. Bereits der Rentenbescheid vom 19. Januar 2016 konnte als reiner Ausführungsbescheid nicht mehr mit dem Ziel eines anderen Leistungsfalles angefochten werden. Denn er erging nur in Umsetzung des angenommenen Teilanerkenntnisses und des abschließenden, rechtskräftigen Urteils des LSG Baden-Württemberg vom 12. November 2015, das die Beteiligten insoweit bindet (§ 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Im Übrigen würde ein früherer Eintritt der Erwerbsminderung, wie vom Kläger im Verfahren L 7 R 1106/14 geltend gemacht, erst recht eine Ermittlung von Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten ab dem 1. Oktober 2015 ausschließen. Auf den Zeitpunkt des Beginns der Rente, der laufenden Zahlung oder der Entscheidung über den Rentenanspruch kommt es nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 75 Abs. 2 Satz 1 SGB V nicht an. Es ist daher nicht maßgeblich, wann im Verfahren über den Rentenanspruch das Teilanerkenntnis abgegeben oder angenommen oder das LSG Baden-Württemberg über die Berufung des Klägers entschied. Maßgeblich bleibt der 9. Dezember 2014. Daher kommt es auch auf die nach § 56 Abs. 2 Satz 6 SGB VI mögliche Zuordnung von Kindererziehungszeiten rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung nicht an. Auch unter Berücksichtigung des ersten, am 30. September 2015 unterschriebenen Antrags auf Feststellung von Kindererziehungszeiten lassen sich hierdurch Kindererziehungszeiten für den Kläger vor dem 9. Dezember 2014 nicht bewirken. Im Übrigen begehrt der Kläger ausdrücklich die Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten ab dem 1. Oktober 2015.
c) Die Ausnahmetatbestände des § 75 Abs. 2 und Abs. 3 SGB VI sind nicht erfüllt.
§ 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI betrifft nur Renten wegen voller Erwerbsminderung, auf die erst nach Erfüllung einer Wartezeit von 20 Jahren ein Anspruch besteht (§ 43 Abs. 6 SGB VI). Eine solche Rente liegt beim Kläger nicht vor. Solches macht er auch nicht geltend. Satz 2 Nr. 2 betrifft hier nicht einschlägige freiwillige Beiträge. Auch § 75 Abs. 3 SGB VI bezieht sich auf den hier nicht vorliegenden Fall einer Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 6 SGB VI.
d) Selbst wenn man davon ausginge, dass Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung, soweit ihnen überhaupt leistungssteigernde Wirkung zukommen kann (vgl. § 70 Abs. 3a SGB VI, § 71 Abs. 3 SGB VI i.V.m. §§ 263 Abs. 1, 72 SGB VI), von § 75 Abs. 2 SGB VI nicht erfasst wären, ist eine rentenerhöhende Berücksichtigung jedenfalls nach § 75 Abs. 1 SGB VI ausgeschlossen. Danach werden für Zeiten nach Beginn der zu berechnenden Rente Entgeltpunkte nur für eine Zurechnungszeit und für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters ermittelt. Die geltend gemachten Zeiten der Kindererziehung ab dem 1. Oktober 2015 liegen nach Beginn der Rente wegen Erwerbsminderung und sind keine Zurechnungszeit.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
6. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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