Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 14 LW 9/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung der Regelaltersrente auch ohne Hofabgabe bzw. über die Verfassungswidrigkeit des Hofabgabeerfordernisses.
Der am 00.00.1936 geborene Kläger bewirtet ca. 130 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche zuzüglich ca. 16 Hektar forstwirtschaftliche Fläche. Er hat nach eigenen Angaben vier Kinder im Alter von 14 bis 22 Jahren, der älteste Sohn G.-H., geb. 00.00.1988, studiert noch an der Fachhochschule P. Landwirtschaft; er ist nach dem Vorbringen des Klägers gewillt, den Hof zu übernehmen.
Mit Antrag vom 17.02.2010 beantragte der Kläger Regelaltersrente. Statt einer Hofabgabeerklärung wurde zunächst ein Katasterauszug vorgelegt, sodann wurde über die damaligen Bevollmächtigten mitgeteilt, dass der Betrieb nicht abgegeben werden könne.
Die Beklagte lehnte Regelaltersrente ab durch Bescheid vom 04.03.2010 mit der Begründung, es fehle die gemäß § 21 ALG erforderliche Hofabgabe. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde nicht begründet. Im Widerspruchsbescheid vom 21.04.2010 wird u.a. darauf hingewiesen, dass sechs Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche oder 12,5 Hektar Forstfläche rentenunschädlich bewirtschaftet werden dürften.
Hiergegen richtet sich die am 07.05.2010 erhobene Klage. Der Kläger äußert sich zunächst in allgemeiner Form zu dem von ihm gesehenen Eingriff in sein Eigentumsrecht aus § 14 Grundgesetz, er hält die Hofabgabepflicht für geschichtlich überholt. Mit weiterem Schriftsatz lässt er konkreter zum Alter seiner Kinder vortragen. Er macht geltend, es könne nicht sein, dass der Landwirt gezwungen werde, Pflichtmitglied der Alterskasse zu werden und Beiträge abzuführen, dann aber keine Altersrente erhalte.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2010 zu verurteilen, Regelaltersrente zu zahlen, hilfsweise die Sache gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf den Inhalt der Akten.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, sie ist nicht begründet.
Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 04.03.2010 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Regelaltersrente aus der landwirtschaftlichen Alterssicherung gemäß § 11 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG), weil er nicht gemäß § 11 Abs. 1 Ziff. 3 ALG das landwirtschaftliche Unternehmen abgegeben hat. Zur Definition der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens kann im einzelnen auf § 21 ALG verwiesen werden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass keine der dort genannten Möglichkeiten erfüllt ist, auch nicht die der Abgabe an die Ehegattin gem § 21 Abs. 9 ALG.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht gemäß Art. 100 des Grundgesetzes (GG) das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlegt, denn die Hofabgabepflicht ist entgegen seiner Auffassung nicht verfassungswidrig. Das Gericht folgt darin der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 25.02.2010, Az. B 10 LW 1/09 R, SozR 4-5864 § 13 Nr. 5. Das Sozialgericht hat ausdrücklich beim Bundesverfassungsgericht erfragt, dass zumindest bis Ende Dezember 2010 gegen dieses Urteil keine Verfassungsbeschwerde eingegangen ist. Das Sozialgericht folgt der Entscheidung des Bundessozialgerichts insbesondere dahin, dass Art. 14 GG im Hinblick auf den Eigentumsschutz der Rentenanwartschaften des Klägers nicht verletzt sein kann, weil die Rentenanwartschaften des Klägers durchgehend mit dem Erfordernis der Hofabgabe belastet waren. Dies gilt nicht nur für die Zeit der Geltung des ALG, auch die vorhergehende Regelung , das Gesetz über die Altershilfe der Landwirte, dass seit den fünfziger Jahren bis zum 31.12.1994 in Kraft war, enthielt in § 2 Abs. 3 - 8 und § 2a GAL zwar nicht gleiche, wohl aber entsprechende Vorschriften.
Das Sozialgericht sieht auch den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Die Alterssicherung der Landwirte ist ein eigenes, abweichend gestaltetes System im Vergleich zu anderen Altersvorsorgesystemen, insbesondere im Vergleich zur allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung und zur Rentenversicherung der pflichtversicherten Selbständigen nach dem SGB VI. Der Gesetzgeber hat einen zulässigen Grund zur Differenzierung der Systeme auch deshalb, weil er mit der Alterssicherung der Landwirte und insbesondere mit der Hofabgabepflicht auch strukturpolitische Ziele verfolgt. Diese sind zulässig, denn aus gesamtgesellschaftlicher Sicht ist es wünschenswert, dass der landwirtschaftliche Betrieb in jüngere und damit unterstellt regelmäßig leistungsfähigere Hände übergeht, wenn der Hofinhaber ein bestimmtes Alter erreicht hat. Dies ist umsomehr hinzunehmen, als gerade die Alterssicherung der Landwirte in weitaus höherem Umfang als in anderen bundesdeutschen Altersvorsorgesystemen auf Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt - also aus allgemeinen Steuermitteln - statt auf Beiträgen beruht.
Da gerade das Sozialrecht allgemeine Regelungen für eine Vielzahl von Fällen treffen soll, ist es hinzunehmen, wenn es im Einzelfall - wie hier - dazu kommt, dass Altersrente nicht gezahlt werden kann, weil insbesondere in der Familie - noch - kein geeigneter Hofübernehmer zur Verfügung steht. Dies wird allerdings dadurch ausgeglichen, dass dem Landwirt weiterhin die Erträge aus der Bewirtschaftung zum Unterhalt zur Verfügung stehen. Nicht richtig ist es, dass - wie aber sinngemäß vorgetragen - der Kläger gar keine Altersrente erhalten kann. Dies würde nur gelten, wenn er generell nicht bereit wäre, den Hof abzugeben. Im Termin hat es der Kläger lediglich vermieden, sich auf Frage und Nachfrage des Gerichts zur Übergabe des Hofes an seinen ältesten Sohn nach dessen Examen zu äußern.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung der Regelaltersrente auch ohne Hofabgabe bzw. über die Verfassungswidrigkeit des Hofabgabeerfordernisses.
Der am 00.00.1936 geborene Kläger bewirtet ca. 130 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche zuzüglich ca. 16 Hektar forstwirtschaftliche Fläche. Er hat nach eigenen Angaben vier Kinder im Alter von 14 bis 22 Jahren, der älteste Sohn G.-H., geb. 00.00.1988, studiert noch an der Fachhochschule P. Landwirtschaft; er ist nach dem Vorbringen des Klägers gewillt, den Hof zu übernehmen.
Mit Antrag vom 17.02.2010 beantragte der Kläger Regelaltersrente. Statt einer Hofabgabeerklärung wurde zunächst ein Katasterauszug vorgelegt, sodann wurde über die damaligen Bevollmächtigten mitgeteilt, dass der Betrieb nicht abgegeben werden könne.
Die Beklagte lehnte Regelaltersrente ab durch Bescheid vom 04.03.2010 mit der Begründung, es fehle die gemäß § 21 ALG erforderliche Hofabgabe. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde nicht begründet. Im Widerspruchsbescheid vom 21.04.2010 wird u.a. darauf hingewiesen, dass sechs Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche oder 12,5 Hektar Forstfläche rentenunschädlich bewirtschaftet werden dürften.
Hiergegen richtet sich die am 07.05.2010 erhobene Klage. Der Kläger äußert sich zunächst in allgemeiner Form zu dem von ihm gesehenen Eingriff in sein Eigentumsrecht aus § 14 Grundgesetz, er hält die Hofabgabepflicht für geschichtlich überholt. Mit weiterem Schriftsatz lässt er konkreter zum Alter seiner Kinder vortragen. Er macht geltend, es könne nicht sein, dass der Landwirt gezwungen werde, Pflichtmitglied der Alterskasse zu werden und Beiträge abzuführen, dann aber keine Altersrente erhalte.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.04.2010 zu verurteilen, Regelaltersrente zu zahlen, hilfsweise die Sache gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf den Inhalt der Akten.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, sie ist nicht begründet.
Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 04.03.2010 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Regelaltersrente aus der landwirtschaftlichen Alterssicherung gemäß § 11 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG), weil er nicht gemäß § 11 Abs. 1 Ziff. 3 ALG das landwirtschaftliche Unternehmen abgegeben hat. Zur Definition der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens kann im einzelnen auf § 21 ALG verwiesen werden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass keine der dort genannten Möglichkeiten erfüllt ist, auch nicht die der Abgabe an die Ehegattin gem § 21 Abs. 9 ALG.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht gemäß Art. 100 des Grundgesetzes (GG) das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlegt, denn die Hofabgabepflicht ist entgegen seiner Auffassung nicht verfassungswidrig. Das Gericht folgt darin der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 25.02.2010, Az. B 10 LW 1/09 R, SozR 4-5864 § 13 Nr. 5. Das Sozialgericht hat ausdrücklich beim Bundesverfassungsgericht erfragt, dass zumindest bis Ende Dezember 2010 gegen dieses Urteil keine Verfassungsbeschwerde eingegangen ist. Das Sozialgericht folgt der Entscheidung des Bundessozialgerichts insbesondere dahin, dass Art. 14 GG im Hinblick auf den Eigentumsschutz der Rentenanwartschaften des Klägers nicht verletzt sein kann, weil die Rentenanwartschaften des Klägers durchgehend mit dem Erfordernis der Hofabgabe belastet waren. Dies gilt nicht nur für die Zeit der Geltung des ALG, auch die vorhergehende Regelung , das Gesetz über die Altershilfe der Landwirte, dass seit den fünfziger Jahren bis zum 31.12.1994 in Kraft war, enthielt in § 2 Abs. 3 - 8 und § 2a GAL zwar nicht gleiche, wohl aber entsprechende Vorschriften.
Das Sozialgericht sieht auch den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Die Alterssicherung der Landwirte ist ein eigenes, abweichend gestaltetes System im Vergleich zu anderen Altersvorsorgesystemen, insbesondere im Vergleich zur allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung und zur Rentenversicherung der pflichtversicherten Selbständigen nach dem SGB VI. Der Gesetzgeber hat einen zulässigen Grund zur Differenzierung der Systeme auch deshalb, weil er mit der Alterssicherung der Landwirte und insbesondere mit der Hofabgabepflicht auch strukturpolitische Ziele verfolgt. Diese sind zulässig, denn aus gesamtgesellschaftlicher Sicht ist es wünschenswert, dass der landwirtschaftliche Betrieb in jüngere und damit unterstellt regelmäßig leistungsfähigere Hände übergeht, wenn der Hofinhaber ein bestimmtes Alter erreicht hat. Dies ist umsomehr hinzunehmen, als gerade die Alterssicherung der Landwirte in weitaus höherem Umfang als in anderen bundesdeutschen Altersvorsorgesystemen auf Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt - also aus allgemeinen Steuermitteln - statt auf Beiträgen beruht.
Da gerade das Sozialrecht allgemeine Regelungen für eine Vielzahl von Fällen treffen soll, ist es hinzunehmen, wenn es im Einzelfall - wie hier - dazu kommt, dass Altersrente nicht gezahlt werden kann, weil insbesondere in der Familie - noch - kein geeigneter Hofübernehmer zur Verfügung steht. Dies wird allerdings dadurch ausgeglichen, dass dem Landwirt weiterhin die Erträge aus der Bewirtschaftung zum Unterhalt zur Verfügung stehen. Nicht richtig ist es, dass - wie aber sinngemäß vorgetragen - der Kläger gar keine Altersrente erhalten kann. Dies würde nur gelten, wenn er generell nicht bereit wäre, den Hof abzugeben. Im Termin hat es der Kläger lediglich vermieden, sich auf Frage und Nachfrage des Gerichts zur Übergabe des Hofes an seinen ältesten Sohn nach dessen Examen zu äußern.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
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