Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 22 R 1123/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 21 R 370/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 08.04.2015 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch für das Berufungsverfahren. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rentenhöhe. Die Klägerin begehrt im Anwendungsbereich des Fremdrentengesetzes (FRG) die Bewertung von Zeiten als Beitragszeiten statt lediglich als Anrechnungszeiten wegen Arbeitsunfähigkeit.
Der im Jahr 1938 in der damaligen UdSSR geborene, am 00.00.2016 verstorbene Versicherte war vom 06.02.1971 bis zum Tag seiner Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland am 01.10.1992 in der UdSSR in einer Kolchose als Mitglied in verschiedenen Tätigkeiten (Viehzüchter, Arbeiter und Wächter) durchgehend erwerbstätig. Für den Versicherten zahlte seine Kolchose in dieser gesamten Zeit lückenlos Beiträge zum "zentralisierten Unionssozialversicherungsfonds der Kolchosbauern". Diese Beitragszahlung wurde auch im Fall von Beschäftigungslücken (z.B. Arbeitsunfähigkeit, Witterung) nicht unterbrochen. Der Versicherte war vom 20.04.1975 bis zum 13.07.1975, vom 07.05.1979 bis zum 12.07.1979, vom 05.02.1980 bis zum 03.07.1980 und vom 09.05.1981 bis zum 01.08.1981 arbeitsunfähig erkrankt. Am 01.10.1992 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über. Er ist Inhaber des Vertriebenenausweises "A". Die Klägerin ist seine Ehefrau und Rechtsnachfolgerin.
Die Beklagte bewilligte dem Versicherten auf dessen Antrag vom 15.08.1997 mit Bescheid vom 21.11.1997 Rente wegen Arbeitslosigkeit für die Zeit ab dem 01.02.1998. Dabei bewertete sie insbesondere die Jahre 1975, 1979, 1980 und 1981 durchgehend und ohne Unterbrechung als Beitragszeiten.
Mit Bescheid vom 10.10.2013 stellte die Beklagte die dem Versicherten gewährte Rente für die Zeit ab dem 01.12.2013 neu fest (und gewährte dem Versicherten auf seinen Überprüfungsantrag vom 05.06.2013 zugleich eine Nachzahlung von 3.266,21 Euro). Dabei berücksichtigte die Beklagte für die Jahre 1975, 1979, 1980 und 1981 nunmehr nur noch folgende Beitragszeiten:
01.01. - 30.04.1975
01.07. - 31.12.1975
01.01. - 31.05.1979
01.07. - 31.12.1979
01.01. - 29.02.1980
01.07. - 31.12.1980
01.01. - 30.05.1981
01.08. - 31.12.1981
Hiergegen erhob der Versicherte mit Schreiben vom 19.10.2013 Widerspruch. Der Versicherte teilte der Beklagten auf deren Nachfrage am 26./30.10.2013 mit, er sei vom 20.04.1975 bis zum 13.07.1975, vom 07.05.1979 bis zum 12.07.1979, vom 05.02.1980 bis zum 03.07.1980 und vom 09.05.1981 bis zum 01.08.1981 arbeitsunfähig erkrankt gewesen.
Mit Bescheid vom 23.06.2014 stellte die Beklagte die dem Versicherten gewährte Rente neu fest, verbunden mit dem Hinweis, dass dieser Bescheid "Gegenstand des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens" gemäß § 96 SGG werde. Die Monate Juli 1975, Mai und Juli 1979, Februar und Juli 1980 sowie Mai und August 1981 berücksichtigte sie als weitere Beitragszeiten. Die Zeiten vom 20.04.1975 bis zum 13.07.1975, vom 07.05.1979 bis zum 12.07.1979, vom 05.02.1980 bis zum 03.07.1980 und vom 09.05.1981 bis zum 01.08.1981 berücksichtigte sie als Anrechnungszeiten wegen Krankheit ("krank / Gesundheitsmaßnahme - keine Anrechnung").
Dagegen erhob der Versicherte am 27.06.2014 Widerspruch und führte im Wesentlichen aus, er sei durchgehend Mitglied der Kolchose gewesen. An Krankheits- oder Fehlzeiten könne er sich nicht erinnern, sie könnten daher ausgeschlossen werden. In der Rentenversicherung der Kolchosbauern habe außerdem eine Zwangsabführung der Beiträge auch während der Krankheitszeiten bestanden. Auf den Nachweis, ob in der Kolchose an einzelnen Tagen gearbeitet worden sei, komme es mithin nicht an. Seine Rechtsauffassung werde durch das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 20.06.2013 (L 7 R 1192/12) gestützt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Versicherten mit der Begründung zurück, der Versicherte habe am 30.10.2013 angegeben, in den streitgegenständlichen Zeiträumen arbeitsunfähig erkrankt gewesen zu sein. Diese Zeiten seien als Anrechnungszeiten wegen Krankheit berücksichtigt worden, weil im Arbeitsbuch des Versicherten für die entsprechenden Jahre weniger Arbeitstage und "triftiger Grund" angegeben worden sei. Für Zeiträume ohne Arbeitsleistung, beispielsweise Zeiten der Arbeitsunfähigkeit von mindestens einem vollen Kalendermonat, für die nach § 26 Satz 4 FRG keine Entgeltpunkte zu ermitteln seien, seien gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 Buchst. c FRG auch keine Beitragszeiten anzuerkennen. Mitgliedschaftszeiten in einer russischen Kolchose seien zwar grundsätzlich als nachgewiesene Zeiten gemäß § 15 Abs. 1 FRG mit einer Bewertung von 6/6 anzuerkennen, weil für die Mitglieder der Kolchosen ohne Unterbrechung pauschale Rentenversicherungsbeiträge gezahlt würden. Bei Nichterfüllung der geplanten Arbeitstage seien jedoch Ermittlungen hinsichtlich einer Arbeitsunterbrechung durchzuführen, um gegebenenfalls Zeiträume ohne Arbeitsleistung nur als Anrechnungszeiten statt als Beitragszeiten anzuerkennen. Das vom Versicherten zitierte Urteil betreffe lediglich die Konstellation weniger Ausfalltage im Monat und sei daher nicht übertragbar.
Dagegen hat der Versicherte am 15.11.2014 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Detmold erhoben. Die lediglich als Anrechnungszeiten berücksichtigten Zeiträume wegen Arbeitsunfähigkeit seien als Beitragszeiten anzuerkennen. Unabhängig von etwaigen Fehlzeiten habe für alle Kolchosmitglieder ein zentraler Unionsozialversicherungsfonds bestanden, welcher ununterbrochen, also auch in Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, Beiträge für die Mitglieder abgeführt habe. Die Mitglieder der Kolchose seien in dieses System der gesetzlichen Rentenversicherung durch öffentlichen Zwang einbezogen gewesen.
Mit Urteil vom 8.4.2015 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 23.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2014 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, "dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit unter Berücksichtigung der vom 20.04.1975 bis zum 13.07.1975, vom 07.05.1979 bis zum 12.07.1979, vom 05.02.1980 bis zum 03.07.1980 und vom 09.05.1981 bis zum 01.08.1981 zurückgelegten Zeiten als Beitragszeiten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren". Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die seitens des Klägers zurückgelegten Beitragszeiten in der Kolchose den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichstünden. Kolchosmitglieder seien in der Sowjetunion ab Januar 1965 durch das Gesetz vom 15.07.1964 über Grenzen und Unterstützungen für Kolchosmitglieder durch öffentlich-rechtlichen Zwang in ein System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen worden. Die Mittel zu diesem Zentralfonds seien aus den Einkünften der Kolchosen und staatlichen Zuschüsse erbracht worden. Die Beitragszahlung des Kolchosmitglieds sei in der Weise erfolgt, dass dieses einen bestimmten Prozentsatz seines jährlichen Bruttoertrages an den Zentralfonds habe abführen müssen. Die Beiträge seien dabei nicht für einzelne, namentlich genannte Mitglieder bemessen und abgeführt worden, sondern für die Gesamtheit der Mitglieder auf der Bemessungsgrundlage der Gesamteinkünfte des Vorjahres, von den ein durch den Ministerrat der UdSSR festgelegter Prozentsatz abzuführen war. Eine Beitragszahlung der Kolchosen zum Zentralfonds für ihre Mitglieder sei auch im Fall von Beschäftigungslücken (z.B. Arbeitsunfähigkeit und witterungsbedingtem Arbeitsausfall) erfolgt. Anhaltspunkte dafür, dass eine lückenlose Beitragszahlung durch die Kolchose des Klägers nicht erfolgt sei, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine Unterbrechung habe es nicht gegeben. Bei dem Sicherungssystem des Zentralfonds handele es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) um ein System der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne von § 15 FRG. Anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des BSG zum Recht der rumänischen LPG. Danach stehe das seit 1990 geltende Fremdrentenrecht der Gleichstellung von Beiträgen zur rumänischen Rentenversicherung für LPG-Mitglieder mit Beiträgen nach Bundesrecht entgegen, solange der Betroffene keine Erwerbstätigkeit ausübe und keinen sonstigen Versicherungstatbestand im Sinne des SGB VI verwirkliche. Im vorliegenden Fall beruhe die Mitgliedschaft des Klägers in der Kolchose aber nicht auf zuvor eingebrachtem Vermögen oder anderen nicht beschäftigungsbezogenen Umständen. Auch die Anrechnung von Beitragszeiten nur für einen Teil des Kalenderjahres im Sinne von § 26 Satz 1 FRG komme vorliegend nicht in Betracht, da das Beschäftigungsverhältnis nicht lediglich auf bestimmte Monate beschränkt gewesen sei. Dies gelte auch für eine Minderung gemäß § 26 Satz 3 und 4 FRG, welcher das ganzjährige Weisungsrecht der Kolchosverwaltung gegenüber dem Kläger entgegenstehe.
Gegen dieses ihr am 17.04.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.05.2015 Berufung erhoben.
Zur Begründung führt sie aus, der Verweis des Sozialgerichts Detmold auf die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 20.06.2013 (L 7 R 1192/12) gehe fehl. Anders als in der Entscheidung des LSG Baden-Württemberg hätten hier Krankheitszeiten von mehrmonatiger Dauer vorgelegen. Soweit das LSG Baden-Württemberg in seiner Entscheidung von einer ungekürzten Beitragsleistung ausgegangen sei, entspreche dies der gesetzlichen Fiktion von vollwertigen Beitragszeiten gemäß § 26 Satz 2 FRG. Danach seien Kalendermonate, die zum Teil mit Anrechnungszeiten gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI (hier: Zeiten der Arbeitsunfähigkeit) belegt seien, als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen zu berücksichtigen. Diese Vorschrift könne jedoch nicht auf krankheitsbedingte Zeiten der Arbeitsunfähigkeit angewendet werden, die in einem Kalendermonat nicht mit einer Beitragszeit zusammenträfen, also die Dauer von einem Kalendermonat überschreiten würden. Mit dieser Regelung habe der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, dass kurzfristige Arbeitsunfähigkeiten von weniger als einem Kalendermonat Dauer im Fremdrentenrecht keine leistungsrechtlichen Auswirkungen haben sollten. Daraus folge im Umkehrschluss, dass für Kalendermonate, in denen nur Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe, Beitragszeiten nicht zu berücksichtigen seien. Darüber hinaus habe auch das BSG in seinen Urteilen vom 12.02.2009 (B 13 R 67/08 R und Az. B 13 R 145/08 R) ausgeführt, dass das seit Juli 1990 geltende Fremdrentenrecht der Gleichstellung von Beiträgen für - nach Auffassung der Beklagten vergleichbare - LPG-Mitglieder mit Beiträgen nach Bundesrecht der Regelung des § 15 FRG entgegenstehe, solange der FRG-Berechtigte keine Erwerbstätigkeit ausgeübt oder keinen sonstigen Tatbestand verwirklicht habe, der mit einem Versicherungstatbestand im Sinne des SGB VI zumindest vergleichbar sei. Dies folge aus dem "Eingliederungsprinzip" und dem Regelungsgehalt des § 26 Satz 4 FRG, welcher für eine Beschäftigung oder Tätigkeit mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von weniger als 10 Stunden pro Woche keine Entgeltpunkte ermittele. Diese Zeiten würden demzufolge gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 Buchst. c FRG Zeiten nicht als Beitragszeiten gelten. Nichts anderes könne gelten, wenn überhaupt keine Erwerbstätigkeit ausgeübt worden sei. Der Gesetzgeber bringe mit diesen Regelungen ausreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Berücksichtigung einer Beitragszeit ohne jede Erwerbstätigkeit den übergeordneten Rechtsprinzipien widerspreche, auf denen das FRG beruhe. Die Gleichstellung von Beitragszeiten ohne Bindung an eine Erwerbstätigkeit wäre eine nicht zu rechtfertigende systemfremde Begünstigung der Berechtigten nach dem FRG gegenüber Versicherten nach dem SGB VI. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber auch an anderen Stellen im FRG (§§ 22, 28 Buchst. a, b, § 29) bei der Bewertung von Zeiten der Kindererziehung und der Ausbildung eine Anlehnung an die Regelungen des SGB VI vorgenommen. Dies belege die vom Gesetzgeber angestrebte Anlehnung an die Voraussetzung des SGB VI bei der Feststellung von versicherungsrelevanten Zeiten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 08.04.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, für die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit seien Pflichtbeiträge der Kolchosen für ihre Mitglieder (und mithin auch den Versicherten) gezahlt worden. Die seitens der Beklagten zitierte Rechtsprechung des BSG treffe auf den hiesigen Sachverhalt nicht zu, da in den hier streitigen Zeiträumen durchgehend eine Arbeitsleistung des Versicherten vorgelegen habe, was sich auch aus dem Arbeitsbuch ergebe. Es bestehe kein Fall der Beitragsentrichtung ohne Erwerbstätigkeit. Zudem verweise § 15 FRG nur auf die Beitragszahlung an sich und nicht auf das Vorliegen einer Beschäftigungszeit. Dem Versicherten sei für die Zeiten der Erkrankung gemäß Art. 4 der Verordnung des Unionsrates der Kolchosen vom 04.03.1970 Krankengeld gezahlt worden.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Die Klägerin kann als Rechtnachfolgerin des Versicherten von der Beklagten mit Erfolg die Bewertung der streitgegenständlichen Zeiten als nachgewiesene Beitragszeiten i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG sowie die Zahlung eine entsprechend höheren Altersrente verlangen.
I. Streitgegenstand ist die Höhe der Altersrente des Versicherten.
Das SG hat den Bescheid der Beklagten vom 23.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2014 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, "dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit unter Berücksichtigung der vom 20.04.1975 bis zum 13.07.1975, vom 07.05.1979 bis zum 12.07.1979, vom 05.02.1980 bis zum 03.07.1980 und vom 09.05.1981 bis zum 01.08.1981 zurückgelegten Zeiten als Beitragszeiten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren". Damit hat das SG den Beklagten verurteilt, die Höhe der Altersrente des Versicherten nach Arbeitslosigkeit unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten neu, d.h. höher festzusetzen.
Nach dem Tod des Versicherten im Berufungsverfahren am 12.12.2016 hat die Klägerin als seine Rechtsnachfolgerin den Rechtsstreit aufgenommen und fortgeführt (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 239 Abs. 1 ZPO).
1. Mit der Klage angefochten ist der Bescheid der Beklagten vom 23.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2014, soweit dieser die Höhe der Rente (als eigenständige Verfügung im Sinne des § 31 SGB X) regelt. Der vorangegangene, von dem Versicherten mit seinem Widerspruch angefochtene Bescheid vom 11.10.2013 ist von der Beklagten durch den Bescheid vom 23.06.2014, der als Teil-Abhilfebescheid Gegenstand des Widerspruchsverfahrens wurde (gemäß § 86 SGG; nicht gemäß § 96 SGG, wie von der Beklagten irrtümlich angenommen), vollständig ersetzt worden, so dass er sich dadurch "auf andere Weise erledigt" (§ 39 Abs. 2 SGB X) hat (zum so genannten Zweitbescheid zuletzt BSG vom 25.05.2018 - B 13 R 3/17 R, juris Rn. 10 m.N.).
2. Mit Bescheid vom 23.06.2014 hatte die Beklagte die Monate Juli 1975, Mai und Juli 1979, Februar und Juli 1980 sowie Mai und August 1981 bereits jeweils vollständig als weitere Beitragszeiten berücksichtigt, so dass die entsprechende Verurteilung durch das SG insoweit im Ergebnis ins Leere geht.
3. Die Beklagte ist verpflichtet, die Höhe der Altersrente des Versicherten nach Arbeitslosigkeit entsprechend ihrer Verurteilung durch das SG unter Berücksichtigung der streitigen weiteren Beitragszeiten neu festzusetzen.
Mit Bescheid vom 21.11.1997 hatte die Beklagte dem Versicherten eine Rente wegen Arbeitslosigkeit für die Zeit ab dem 01.02.1998 bewilligt und dabei insbesondere die Jahre 1975, 1979, 1980 und 1981 durchgehend und ohne Unterbrechung als Beitragszeiten berücksichtigt. Mit Bescheid vom 10.10.2013 stellte die Beklagte die dem Versicherten gewährte Rente für die Zeit ab dem 01.12.2013 neu fest; seitdem berücksichtigte die Beklagte für die hier streitigen Zeiträume in den Jahren 1975, 1979, 1980 und 1981 keine Beitragszeiten mehr.
Diese von der Beklagten anlässlich des Überprüfungsantrages des Klägers vom 05.06.2013 von Amts wegen für die Zeit ab dem 01.12.2013 und damit die Zukunft vorgenommene Teilaufhebung zu Lasten des Versicherten war rechtswidrig, weil der Rentenbescheid vom 21.11.1997 insoweit nicht rechtswidrig i.S.d. § 45 Abs. 1 SGB X war. Die Beklagte hat entsprechend ihrer sozialgerichtlichen Verurteilung diese Teilaufhebung für die Zeit ab dem 01.12.2013 daher wieder rückgängig zu machen; sie muss auch über den 01.12.2013 hinaus bei der Rentenberechnung für die streitigen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten Beitragszeiten i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG zugrunde legen.
II. Die streitgegenständlichen Zeiten sind von der Beklagten als nachgewiesene Beitragszeiten i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG zu berücksichtigen.
1. Bei der Prüfung der materiellen Voraussetzungen ist gemäß § 300 Abs. 3 SGB VI auf die Vorschriften des FRG abzustellen, wie sie im Zeitpunkt des Rentenbeginns am 01.02.1998 galten.
2. Der Versicherte gehörte gemäß § 1 Buchst. a) FRG als Vertriebener im Sinne des § 1 des Bundesvertriebenengesetzes zum berechtigten Personenkreis nach dem FRG.
3. Der Versicherte hat in den streitgegenständlichen Zeiträumen Beitragszeiten gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG zurückgelegt.
Danach stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind die Beiträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihnen zugrunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich (§ 15 Abs. 1 Satz 2 FRG). Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift ist als gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des Absatzes 1 jedes "System der sozialen Sicherheit" anzusehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern.
a) Kolchosmitglieder waren in der Sowjetunion ab dem 1. Januar 1965 durch das Gesetz vom 15. Juli 1964 über Renten und Unterstützungen für Kolchosmitglieder (VVS.S.S.S.R Nr. 29 vom 18. Juli 1964 Pos. 340) durch öffentlich-rechtlichen Zwang in ein System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen worden, dem sogenannten "zentralisierten Unionssozialversicherungsfonds der Kolchosbauern" (im Folgenden: Zentralfonds). Die Mittel zu diesem Zentralfonds, der auf der Grundlage des Gesetzes vom 15. Juli 1964 über Renten und Unterstützungen für Kolchosmitglieder gebildet wurde, wurden aus den Einkünften der Kolchosen und durch Staatszuschüsse aufgebracht. Die "Beitragszahlung" des Kolchos erfolgte in der Weise, dass dieser einen bestimmten Prozentsatz seines jährlichen Bruttoertrages an den Zentralfond abführte. Daneben bestand der "zentralisierte Unionsversicherungsfonds der Kolchosbauern", der aus Beiträgen der Kolchosen gebildet wurde, die in Prozentsätzen nicht ihres Bruttoertrages, sondern ihres Gesamtlohnfonds errechnet wurden. Aus diesem Fonds wurden Leistungen bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit, Geldleistungen bei Kindergeburt, Bestattungsgeld sowie Leistungen bei Unterbringung der Kolchosbauern in Sanatorien und Erholungsheimen gedeckt (vgl. dazu BSG vom 31.03.1993 - 13 RJ 17/92, juris Rn. 28 ff.). Die Beitragszahlung der Kolchose zum Zentralfonds für ihre Mitglieder wurde auch im Fall von Beschäftigungslücken (z.B. Arbeitsunfähigkeit, Witterung) nicht unterbrochen. Die Über- oder Untererfüllung der Arbeitsnormen durch die Kolchosmitglieder wirkte sich nicht auf die Beitragszahlung aus. Die Mitgliedschaft konnte nicht durch mehrtägige oder mehrwöchige Arbeitsunfähigkeit enden (zum Vorstehenden LSG Baden-Württemberg vom 20.06.2013 - L 7 R 1192/12, juris Rn. 4; Bilinsky, Das Sozialversicherungs- und Versorgungsrecht in der Sowjetunion, 23. Jahrbuch für Ostrecht, Seite 114 f.).
Bei dem Sicherungssystem des Zentralfonds handelt es sich um ein System der gesetzlichen Rentenversicherung i.S.d. § 15 FRG (vgl. BSG vom 31.03.1993 - 13 RJ 17/92, juris Rn. 28).
b) Wegen der Regelungen des sowjetischen Rechts, dass Kolchosen ab 1. Januar 1965 für alle Kolchose-Mitglieder Pflichtbeiträge zu zahlen hatten, ist bei festgestellter Mitgliedschaft der Schluss auf eine vollständige (lückenlose) Beitragsentrichtung zulässig, solange keine Anhaltspunkte gegen eine Beitragszahlung vorliegen (BSG vom 19.11.2009 - B 13 R 67/08 R, juris Rn. 23). Anhaltspunkte, die gegen eine solche tatsächliche und lückenlose Beitragszahlung durch die Kolchose sprechen könnten, sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch nicht vorgebracht. Diese hat vielmehr ausdrücklich bestätigt, dies nicht zu bestreiten. Da also die Beitragsentrichtung durch Beschäftigungslücken (z.B. Arbeitsunfähigkeit, Witterung) bei durchgehender Mitgliedschaft nicht in Frage gestellt ist, ist die gesamte Zeit als Beitragszeit nachgewiesen im Sinne des § 22 Abs. 3 FRG (BSG vom 19.11.2009 - B 13 R 67/08 R, juris Rn. 23; zum Vorstehenden LSG - Baden-Württemberg vom 20.06.2013 - L 7 R 1192/12, juris Rn. 32).
4. Die Berücksichtigung der streitigen Zeiten als Beitragszeiten gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG steht entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten weder ein Umkehrschluss aus der Regelung des § 26 Satz 2 FRG (dazu a) noch das "Eingliederungsprinzip" oder "übergeordnete Rechtsprinzipien" des FRG (dazu b) entgegen.
a) § 26 FRG hat folgenden Wortlaut:
"1Werden Beitrags- und Beschäftigungszeiten nur für einen Teil eines Kalenderjahres angerechnet, werden bei Anwendung des § 22 Abs. 1 FRG die Entgeltpunkte nur anteilmäßig berücksichtigt. 2Dabei zählen Kalendermonate, die zum Teil mit Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch belegt sind, als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen. 3Für Zeiten, in denen der Versicherte innerhalb eines Kalenderjahres teilzeitbeschäftigt oder unständig beschäftigt war, werden Entgeltpunkte mit dem auf den Teilzeitraum entfallenden Anteil berücksichtigt. 4Dabei werden für Zeiten einer Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von weniger als zehn Stunden in der Woche Entgeltpunkte nicht ermittelt. 5Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend, soweit anstelle einer Beschäftigung eine selbständige Tätigkeit ausgeübt worden ist."
Die Beklagte ist der Auffassung, mit der Regelung des § 26 Satz 2 FRG habe der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, kurzfristige Arbeitsunfähigkeiten von weniger als einem Kalendermonat Dauer sollten im Fremdrentenrecht keine leistungsrechtlichen Auswirkungen haben. Daraus folge im Umkehrschluss, dass für Kalendermonate, in denen ausschließlich Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe, Beitragszeiten nicht zu berücksichtigen seien. Diese Vorschrift könne somit nicht auf krankheitsbedingte Zeiten der Arbeitsunfähigkeit angewendet werden, die in einem Kalendermonat nicht mit einer Beitragszeit zusammenträfen, also die Dauer von einem Kalendermonat überschreiten würden.
Für diese von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung fehlt zur Überzeugung des Senates eine normative Grundlage. Der von der Beklagten angenommene Umkehrschluss ist unzutreffend.
Ein solcher Umkehrschluss, ein derartiges "argumentum e contrario" als Gegenstück zum Analogieschluss (Rüthers, Rechtstheorie, 2. Aufl. 2005, Rn. 899), besagt, dass eben deshalb, weil das Gesetz eine bestimmte Rechtsfolge nur an einen bestimmten Tatbestand angeknüpft hat, die(selbe) Rechtsfolge für andere Tatbestände nicht gilt. Ein derartiger Schluss setzt aber voraus, dass die Beschränkung dieser Rechtsfolge gerade nur auf den bestimmten Tatbestand wirklich im Gesetz angeordnet worden ist. Dies ist - wie stets - durch Gesetzesauslegung in den Grenzen zulässiger Auslegung vorab festzustellen (BSG vom 30.01.2003 - B 4 RA 49/02 R, juris Rn. 28).
Gemäß § 26 Satz 2 FRG zählen Kalendermonate, die zum Teil mit Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI belegt sind, als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen. Daraus folgt nicht im Umkehrschluss, dass für Kalendermonate, in denen ausschließlich Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat, Beitragszeiten nicht zu berücksichtigen sind. Dies gilt erst recht nicht, wenn für die Zeiten - wie vorliegend - Beiträge gezahlt wurden.
Gegen die Rechtsauffassung der Beklagten spricht bereits, dass es in "Umkehrung" der Voraussetzungen des § 26 Satz 2 FRG nicht nur einen Sachverhalt, sondern vielmehr mehrere, ganz unterschiedliche Sachverhalte gibt. Denn die Umkehrung von "zum Teil mit Anrechnungszeiten belegt" kann sein: Überhaupt nicht mit Anrechnungszeiten oder voll mit Anrechnungszeiten belegt. Letzteres ist noch in den Varianten denkbar: Allein mit Anrechnungszeiten oder parallel mit anderen rentenrechtlichen Zeiten mit Anrechnungszeiten belegt. Der Umkehrschluss, also die Beantwortung der Frage, ob wegen des Fehlens der (normierten) Voraussetzungen die spezielle Rechtsfolge versagt werden muss, kann für die zuerst genannte Variante (überhaupt nicht mit Anrechnungszeiten belegt) auf keinen Fall gelten, denn unter diese Variante fällt auch der Normalfall, dass der Versicherte nicht krank war, gearbeitet hat und für die gesamte Zeit Pflichtbeiträge gezahlt wurden. Der Umkehrschluss der Beklagten ist damit bereits nicht logisch und somit schon deshalb rechtsmethodisch falsch.
Gegen den Umkehrschluss der Beklagten spricht ferner, dass eine derartige Regelungsabsicht § 26 FRG und damit dem Gesetz nicht zu entnehmen ist. Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Systematik stehen dem vielmehr entgegen.
aa) Nach dem Wortlaut der § 26 Satz 2 FRG hat der Gesetzgeber diese Norm mit der Regelung des § 26 Satz 1 FRG verknüpft ("Dabei ..."). Somit kommt nach dem Wortlaut des § 26 Satz 2 FRG seine Anwendung nur in Betracht, sofern die Tatbestandvoraussetzungen von § 26 Satz 1 FRG verwirklicht sind. Danach müssten Beitrags- und Beschäftigungszeiten nur für einen Teil des Kalenderjahres im Sinne des § 26 Satz 1 FRG angerechnet worden seien.
Dies würde voraussetzen, dass innerhalb eines Kalenderjahres ein Beschäftigungsverhältnis - bei aufrechterhaltener Mitgliedschaft - auf bestimmte Monate beschränkt gewesen wäre. Dies war bei dem Versicherten nicht der Fall; auch die Beklagte geht hiervon nicht aus. Das ganzjährige Arbeitgeber-Weisungsrecht der Kolchoseverwaltung gegenüber dem einzelnen Mitglied und das gleichzeitige Verbot der Beschäftigung in einem anderen Betrieb stehen dem ebenfalls entgegen (vgl. zum Vorstehenden LSG Baden-Württemberg vom 20.06.2013 - L 7 R 1192/12, juris Rn. 36). bb) Sinn und Zweck des § 26 Satz 2 FRG stehen dem von der Beklagten angenommenen Umkehrschluss ebenfalls entgegen.
§ 26 Satz 2 FRG ist eine privilegierende Regelung. Der Grund für sie ist, dass in den osteuropäischen Staaten im Krankheitsfall regelmäßig keine Gehaltsfortzahlung erfolgt und somit vom ersten Tage einer Arbeitsunfähigkeit allenfalls Anrechnungszeiten berücksichtigt werden könnten, während die Versicherten im Bundesgebiet üblicherweise Anspruch auf Gehaltsfortzahlung haben und daher weiterhin Beitragszeiten erwerben; für die FRG-Berechtigten wird somit in bestimmtem Umfang diese Gehaltsfortzahlung fingiert (zum Vorstehenden: Gemeinsame Rechtliche Anweisungen (GRA) der Deutschen Rentenversicherung zu § 26 FRG, Anm. R 3).
Der Senat sieht keine Gründe dafür, warum aus dieser privilegierenden Regelung ein Umkehrschluss - als Abweichung von § 15 FRG und damit "ins Negative" - vorgenommen werden dürfte oder müsste.
cc) Das hier gewonnene Ergebnis wird durch systematische Erwägungen bestärkt.
(1) Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. FRG i.d.F. vom 01.01.2002 sind für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit u. a. wegen Krankheit keine Entgeltpunkte zu ermitteln, auch wenn für solche Zeiten Beiträge an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Herkunftsgebiet gezahlt worden sind.
Da diese Regelung erst nach Bewilligung der Rente des Versicherten in Kraft getreten ist, ist gemäß § 300 Abs. 3 SGB VI bei der Prüfung der materiellen Voraussetzungen auf die Vorschriften des FRG abzustellen, wie sie im Zeitpunkt des Rentenbeginns am 01.02.1998 galten. Zu diesem Zeitpunkt war die Regelung des § 29 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. FRG aber noch nicht in Kraft getreten. Aus dieser gesetzlichen Neuregelung lässt sich schließen, dass der Gesetzgeber für Zeiträume vor einem Rentenbeginn zum 01.01.2002 eine Bewertung von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit Entgeltpunkten gerade nicht ausschließen wollte; denn § 29 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. FRG hat er keine zeitliche Rückwirkung beigemessen.
(2) Auch mit Blick auf § 26 Satz 3 und 4 i.V.m. § 15 Abs. 3 Satz 3 Buchst. c) FRG lässt es sich nicht rechtfertigen, die Zeiten der arbeitsunfähigen Erkrankung, für die durchgehend Beiträge entrichtet worden waren, entgegen § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG nicht als Beitragszeiten zu berücksichtigen.
Denn die Voraussetzungen für eine Minderung der Entgeltpunkte gemäß § 26 Satz 3 und 4 FRG, welche bei wörtlicher Auslegung der Norm im systematischen Zusammenhang zu lesen sind ("Dabei "), sind nicht erfüllt. Eine Beschäftigung ist unständig i.S.d. § 26 Satz 3 FRG, wenn sie im Voraus durch Arbeitsvertrag oder der Natur der Sache nach auf weniger als eine Woche beschränkt ist (vgl. BSG vom 19.11.2009, a.a.O., m.w.N.). Dies mag bei einer (ganzjährigen) Suspendierung des Beschäftigungsverhältnisses im Rahmen einer Kindererziehungszeit - wie sie dem Urteil des BSG (Urteil vom 12.02.2009 - B 5 R 39/06 R) zu Grunde gelegen hat - der Fall sein, da für die Zeiten der Kindererziehung im Voraus feststand, dass für diesen Zeitraum eine Arbeitszeit von regelmäßig weniger als 10 Stunden wöchentlich i.S.v. § 26 Satz 4 FRG erfolgen wird.
Im Falle der (bloßen) Arbeitsunfähigkeit erfolgt eine derartige feststehende künftige Reduzierung der Leistungsverpflichtung hingegen nicht. Vielmehr bleibt die Leistungsverpflichtung grundsätzlich ununterbrochen in der ursprünglichen Höhe bestehen. Lediglich die Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung für die Dauer der Erkrankung ist kurzzeitig ausgesetzt. Anders als in dem Sachverhalt, der der Entscheidung des BSG (Urteil vom 12.02.2009 - B 5 R 39/06 R) zugrunde lag, besteht in Fall der Arbeitsunfähigkeit noch eine hinreichende Bindung des Versicherten an das (Vollzeit-) Beschäftigungsverhältnis. Es ist davon auszugehen, dass das ganzjährige Weisungsrecht der Kolchosverwaltung gegenüber dem Mitglied und damit korrespondierend dessen ständige Verpflichtung zur Bereitschaft, jederzeit eine Arbeit nach Weisung aufzunehmen, der Annahme einer Teilzeitbeschäftigung oder einer solchen i. S. d. § 26 Satz 3, 4 FRG im Falle der Arbeitsunfähigkeit entgegensteht (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 20.06.2013 - L 7 R 1192/12, juris Rn. 33).
dd) Im Übrigen ist fraglich, ob in den hier streitigen Monaten der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten - die Rechtsauffassung der Beklagten als zutreffend unterstellt - tatsächlich nur bloße Anrechnungszeiten oder nicht (auch) Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen wären. Denn bei dem Versicherten könnten in den Zeiten seiner Arbeitsunfähigkeit aufgrund des weiteren Bezuges von Arbeitsentgelt bzw. des Bezuges von "Krankengeld" aus dem "zentralisierten Unionsfonds der Kolchosbauern" Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen sein. Diese Frage musste der Senat jedoch nicht abschließend entscheiden, weil die Rechtsauffassung der Beklagten, wie zuvor ausgeführt, unzutreffend ist.
(1) Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in der Fassung vom 25.09.1996 sind Anrechnungszeiten solche Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur Rehabilitation erhalten haben. Seit dem 01.01.1992 sind dann aber in der Regel Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen, da Empfänger von Sozialleistungen - wie in Form des Krankengelds - grundsätzlich rentenversicherungspflichtig sind. Gemäß § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI sind Personen in der Zeit versicherungspflichtig, für die sie von einem Leistungsträger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder von der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung Pflegeunterstützungsgeld beziehen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt versicherungspflichtig waren. Dies gilt auch für den Zeitraum der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, da hier die versicherte Beschäftigung gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 1. Hs. SGB VI während des Entgeltfortzahlungszeitraums nicht unterbrochen wird (BeckOK SozR/Kreikebohm/Jassat, 51. Auflage 2018, SGB VI, § 58 Rn. 4-5c). Zeiten, in denen Versicherte nach Vollendung des 25. Lebensjahres wegen des Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig waren, sind gemäß § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI keine Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 SGB VI.
Für die hier streitigen Zeiträume, in welchen Arbeitsentgelt oder Krankengeld bzw. eine ggf. vergleichbare Leistung gezahlt worden ist und weiterhin Beiträge an den Zentralfonds abgeführt worden sind, könnte es sich demnach um (Pflicht-)Beitragszeiten und nicht um (bloße) Anrechnungszeiten handeln. Den Kolchosmitgliedern soll für den Zeitraum der Erkrankung ein "Krankengeld" aus dem "zentralisierten Unionsversicherungsfonds der Kolchosbauern" in Höhe eines Prozentsatzes des vorherigen Verdienstes bewilligt worden sein (so Bilinsky, Das Sozialversicherungs- und Versorgungsrecht in der Sowjetunion, 23. Jahrbuch für Ostrecht, Satz 115).
(2) Ob darüber hinaus die Anwendung der (Ausnahme-)Vorschriften des § 252 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI und § 247 Abs. 2 SGB VI in Betracht kommt - woran nach Auffassung des Senats Bedenken bestehen, weil § 26 Satz 2 FRG ausweislich seines Wortlaut lediglich § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI in Bezug nimmt - kann ebenfalls dahinstehen. Auch bei der Anwendung dieser Vorschriften dürfte es sich bei den Arbeitsunfähigkeitszeiten des Versicherten nicht um bloße Anrechnungszeiten handeln.
Anrechnungszeiten werden gemäß § 252 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI (bereits in der Fassung vom 16.12.1997) für den Zeitraum zwischen dem 01.01.1984 und dem 31.12.1997 u.a. dann berücksichtigt, wenn ein anderer Leistungsträger wegen des Bezugs von Sozialleistungen Pflichtbeiträge gezahlt hat. Entgeltersatzleistungen in diesem Sinne sind das Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld und Übergangsgeld aus der gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung (Mittendorff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 252 Rn. 29). Die genannten Zeiten werden in der gesetzlichen Rentenversicherung in diesem Fall (auch) als Anrechnungszeit berücksichtigt, was zu einer Bewertung als beitragsgeminderten Zeit gemäß § 54 Abs. 3 Satz 1 SGB VI führt. § 252 Abs. 2 SGB VI ist eine abweichende Ausnahmeregelung zu § 58 Absatz 1 Satz 3 SGB VI für den Übergangszeitraum bis zum 31.12.1997 (BSG vom 19.04.2011 - B 13 R 79/09 R; Sächsisches LSG vom 27.10.2015 - L 5 R 756/14). Eine Bewertung der streitgegenständlichen Zeiten (auch) als Anrechnungszeit kommt nach Maßgabe des § 252 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI aber ebenso nicht in Betracht, da die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten unter Fortzahlung des Krankengeldes allesamt vor dem 01.01.1984 lagen.
Für die hiesigen Ausfallzeiten dürfte vielmehr § 247 Abs. 2 SGB VI in der Fassung vom 25.09.1996 Anwendung finden, wonach Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung u.a. auch Zeiten sind, für die ein Leistungsträger in der Zeit vom 1. Oktober 1974 bis zum 31. Dezember 1983 wegen des Bezugs von Sozialleistungen Pflichtbeiträge gezahlt hat.
Diese Fragen musste der Senat jedoch, wie bereits dargelegt, nicht abschließend entscheiden.
b) Dem Klagebegehren auf eine höhere Altersrente unter voller, ungekürzter Berücksichtigung der streitigen Zeiten als Beitragszeiten gemäß § 15 FRG stehen entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten schließlich auch weder das "Eingliederungsprinzip" noch "übergeordnete Rechtsprinzipien" des FRG entgegen.
aa) Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das BSG habe in seinen Urteilen vom 12.02.2009 (B 13 R 67/08 R und B 13 R 145/08 R) ausgeführt, dass das seit Juli 1990 geltende Fremdrentenrecht der Gleichstellung von Beiträgen für - nach Auffassung der Beklagten vergleichbare - LPG-Mitglieder mit Beiträgen nach Bundesrecht der Regelung des § 15 FRG entgegenstehe, solange der FRG-Berechtigte keine Erwerbstätigkeit ausgeübt oder keinen sonstigen Tatbestand verwirklicht habe, der mit einem Versicherungstatbestand im Sinne des SGB VI zumindest vergleichbar sei. Dies folge aus dem "Eingliederungsprinzip" und dem Regelungsgehalt des § 26 Satz 4 FRG, welcher für eine Beschäftigung oder Tätigkeit mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von weniger als 10 Stunden pro Woche keine Entgeltpunkte ermittele. Diese Zeiten würden demzufolge gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 Buchst. c FRG Zeiten nicht als Beitragszeiten gelten. Nichts anderes könne gelten, wenn überhaupt keine Erwerbstätigkeit ausgeübt worden sei. Der Gesetzgeber bringe mit diesen Regelungen ausreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Berücksichtigung einer Beitragszeit ohne jede Erwerbstätigkeit den übergeordneten Rechtsprinzipien widerspreche, auf denen das FRG beruhe. Die Gleichstellung von Beitragszeiten ohne Bindung an eine Erwerbstätigkeit wäre eine nicht zu rechtfertigende systemfremde Begünstigung der Berechtigten nach dem FRG gegenüber Versicherten nach dem SGB VI. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber auch an anderen Stellen im FRG (§ 22, § 28 Buchst. a, b, § 29) bei der Bewertung von Zeiten der Kindererziehung und der Ausbildung eine Anlehnung an die Regelungen des SGB VI vorgenommen. Dies belege die vom Gesetzgeber angestrebte Anlehnung an die Voraussetzung des SGB VI bei der Feststellung von versicherungsrelevanten Zeiten.
bb) Der Senat ist der Überzeugung, dass die Beklagte aus den genannten Urteilen des BSG zu weitgehende und daher falsche Schlüsse zieht. Die Beklagte entnimmt der Rechtsprechung des BSG die abstrahierte Aussage, das FRG enthalte das "Rechtsprinzip", eine Beitragszeit ohne tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit könne nie zu einer Gleichstellung im Sinne des § 15 FRG führen. Diese Schlussfolgerung der Beklagten ist aus mehreren Gründen unzutreffend.
(1) Zutreffend ist, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Recht der rumänischen LPG (Urteil vom 12.02.2009 - B 5 R 39/06 R, zur Frage der Berücksichtigungsfähigkeit von Kindererziehungszeiten eines Mitglieds einer LPG) das FRG (ursprünglich) zumindest insoweit auf dem Eingliederungsprinzip beruht, als dass Beitragszeiten, die nicht durch eine entsprechende Beschäftigung bzw. Arbeitsleistung im Beschäftigungsverhältnis "gedeckt" sind, von den Regelungen des FRG nicht geschützt werden. Demnach steht das seit dem 1.7.1990 geltende Fremdrentenrecht der Gleichstellung von Beiträgen zur rumänischen Rentenversicherung für LPG-Mitglieder mit Beiträgen nach Bundesrecht entgegen, solange der Betroffene keine Erwerbstätigkeit ausübt oder keinen sonstigen Versicherungstatbestand im Sinne des SGB VI verwirklicht hat. Zwar setzt der Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG eine irgendwie geartete Arbeitsleistung im Sinne einer Beschäftigung oder Tätigkeit nicht voraus. Die Vorschrift ist jedoch mit Blick auf die historische Entwicklung des FRG, welche auf eine Angleichung der Bewertung der Beitragszeiten des FRG mit denen des SGB VI abzielt, auszulegen. Da das deutsche Rentenversicherungsrecht Versicherungszeiten nur in Bezug auf eine Erwerbstätigkeit oder andere gesetzlich angeordnete Versicherungstatbestände kennt, wäre die Gleichstellung von Beitragszeiten ohne Anknüpfung an das Erwerbsleben oder an vom deutschen Gesetzgeber als vergleichbar bewertete Tatbestände eine nicht zu rechtfertigende systemfremde Begünstigung der Berechtigten nach dem FRG gegenüber den Versicherten nach dem SGB VI (zum Vorstehenden BSG vom 12.02.2009 - B 5 R 39/06 R, juris Rn. 26).
Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten geht es hier - anders in dem der Entscheidung des BSG zugrunde liegenden Sachverhalt und wie zuvor bereits ausgeführt - aber nicht um solche Beitragszeiten "ohne Anknüpfung an das Erwerbsleben oder an vom deutschen Gesetzgeber als vergleichbar bewertete Tatbestände". Denn es bestand hier eine jahrzehntelange, ununterbrochene Tätigkeit und Arbeitsleistung des Versicherten in seiner Kolchose. In dieser Zeit war der Kläger über die Dauer einzelner Monate arbeitsunfähig erkrankt. Seine fortbestehende Tätigkeit in der Kolchose vermittelte dem Kläger aber weiterhin die "Anknüpfung an das Erwerbsleben". Dadurch unterscheidet sich der Sachverhalt deutlich von demjenigen, über den das BSG zu entscheiden hatte, in dem es um reine Kindererziehungszeiten über viele Jahre ging, in denen es nach Auffassung des BSG deshalb an einem als rentenversicherungsrechtlich als vergleichbar bewerteten Tatbestand fehlte.
(2) "Rechtsprinzipien" können zudem nie ohne oder neben dem Gesetz, sondern ausschließlich über eine Anknüpfung im Gesetz selbst normative Kraft entfalten. Der Zugang muss also stets durch das Gesetz führen. Denn Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen des Sozialgesetzbuches dürfen nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt (Vorbehalt des Gesetzes, § 31, § 37 Satz 2 SGB I). An einer solchen normativen Verankerung fehlt es hier. Die legislativen Wertentscheidungen der Regelungen der §§ 15 und 26 FRG stehen vielmehr - wie zuvor bereits dargelegt - den von der Beklagten angenommenen "Rechtsprinzipien" des FRG positiv-rechtlich gerade entgegen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
IV. Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Bewertung von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ist höchstrichterlich nicht abschließend geklärt. Es besteht ein Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts in ähnlich gelagerten Fällen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rentenhöhe. Die Klägerin begehrt im Anwendungsbereich des Fremdrentengesetzes (FRG) die Bewertung von Zeiten als Beitragszeiten statt lediglich als Anrechnungszeiten wegen Arbeitsunfähigkeit.
Der im Jahr 1938 in der damaligen UdSSR geborene, am 00.00.2016 verstorbene Versicherte war vom 06.02.1971 bis zum Tag seiner Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland am 01.10.1992 in der UdSSR in einer Kolchose als Mitglied in verschiedenen Tätigkeiten (Viehzüchter, Arbeiter und Wächter) durchgehend erwerbstätig. Für den Versicherten zahlte seine Kolchose in dieser gesamten Zeit lückenlos Beiträge zum "zentralisierten Unionssozialversicherungsfonds der Kolchosbauern". Diese Beitragszahlung wurde auch im Fall von Beschäftigungslücken (z.B. Arbeitsunfähigkeit, Witterung) nicht unterbrochen. Der Versicherte war vom 20.04.1975 bis zum 13.07.1975, vom 07.05.1979 bis zum 12.07.1979, vom 05.02.1980 bis zum 03.07.1980 und vom 09.05.1981 bis zum 01.08.1981 arbeitsunfähig erkrankt. Am 01.10.1992 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über. Er ist Inhaber des Vertriebenenausweises "A". Die Klägerin ist seine Ehefrau und Rechtsnachfolgerin.
Die Beklagte bewilligte dem Versicherten auf dessen Antrag vom 15.08.1997 mit Bescheid vom 21.11.1997 Rente wegen Arbeitslosigkeit für die Zeit ab dem 01.02.1998. Dabei bewertete sie insbesondere die Jahre 1975, 1979, 1980 und 1981 durchgehend und ohne Unterbrechung als Beitragszeiten.
Mit Bescheid vom 10.10.2013 stellte die Beklagte die dem Versicherten gewährte Rente für die Zeit ab dem 01.12.2013 neu fest (und gewährte dem Versicherten auf seinen Überprüfungsantrag vom 05.06.2013 zugleich eine Nachzahlung von 3.266,21 Euro). Dabei berücksichtigte die Beklagte für die Jahre 1975, 1979, 1980 und 1981 nunmehr nur noch folgende Beitragszeiten:
01.01. - 30.04.1975
01.07. - 31.12.1975
01.01. - 31.05.1979
01.07. - 31.12.1979
01.01. - 29.02.1980
01.07. - 31.12.1980
01.01. - 30.05.1981
01.08. - 31.12.1981
Hiergegen erhob der Versicherte mit Schreiben vom 19.10.2013 Widerspruch. Der Versicherte teilte der Beklagten auf deren Nachfrage am 26./30.10.2013 mit, er sei vom 20.04.1975 bis zum 13.07.1975, vom 07.05.1979 bis zum 12.07.1979, vom 05.02.1980 bis zum 03.07.1980 und vom 09.05.1981 bis zum 01.08.1981 arbeitsunfähig erkrankt gewesen.
Mit Bescheid vom 23.06.2014 stellte die Beklagte die dem Versicherten gewährte Rente neu fest, verbunden mit dem Hinweis, dass dieser Bescheid "Gegenstand des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens" gemäß § 96 SGG werde. Die Monate Juli 1975, Mai und Juli 1979, Februar und Juli 1980 sowie Mai und August 1981 berücksichtigte sie als weitere Beitragszeiten. Die Zeiten vom 20.04.1975 bis zum 13.07.1975, vom 07.05.1979 bis zum 12.07.1979, vom 05.02.1980 bis zum 03.07.1980 und vom 09.05.1981 bis zum 01.08.1981 berücksichtigte sie als Anrechnungszeiten wegen Krankheit ("krank / Gesundheitsmaßnahme - keine Anrechnung").
Dagegen erhob der Versicherte am 27.06.2014 Widerspruch und führte im Wesentlichen aus, er sei durchgehend Mitglied der Kolchose gewesen. An Krankheits- oder Fehlzeiten könne er sich nicht erinnern, sie könnten daher ausgeschlossen werden. In der Rentenversicherung der Kolchosbauern habe außerdem eine Zwangsabführung der Beiträge auch während der Krankheitszeiten bestanden. Auf den Nachweis, ob in der Kolchose an einzelnen Tagen gearbeitet worden sei, komme es mithin nicht an. Seine Rechtsauffassung werde durch das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 20.06.2013 (L 7 R 1192/12) gestützt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Versicherten mit der Begründung zurück, der Versicherte habe am 30.10.2013 angegeben, in den streitgegenständlichen Zeiträumen arbeitsunfähig erkrankt gewesen zu sein. Diese Zeiten seien als Anrechnungszeiten wegen Krankheit berücksichtigt worden, weil im Arbeitsbuch des Versicherten für die entsprechenden Jahre weniger Arbeitstage und "triftiger Grund" angegeben worden sei. Für Zeiträume ohne Arbeitsleistung, beispielsweise Zeiten der Arbeitsunfähigkeit von mindestens einem vollen Kalendermonat, für die nach § 26 Satz 4 FRG keine Entgeltpunkte zu ermitteln seien, seien gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 Buchst. c FRG auch keine Beitragszeiten anzuerkennen. Mitgliedschaftszeiten in einer russischen Kolchose seien zwar grundsätzlich als nachgewiesene Zeiten gemäß § 15 Abs. 1 FRG mit einer Bewertung von 6/6 anzuerkennen, weil für die Mitglieder der Kolchosen ohne Unterbrechung pauschale Rentenversicherungsbeiträge gezahlt würden. Bei Nichterfüllung der geplanten Arbeitstage seien jedoch Ermittlungen hinsichtlich einer Arbeitsunterbrechung durchzuführen, um gegebenenfalls Zeiträume ohne Arbeitsleistung nur als Anrechnungszeiten statt als Beitragszeiten anzuerkennen. Das vom Versicherten zitierte Urteil betreffe lediglich die Konstellation weniger Ausfalltage im Monat und sei daher nicht übertragbar.
Dagegen hat der Versicherte am 15.11.2014 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Detmold erhoben. Die lediglich als Anrechnungszeiten berücksichtigten Zeiträume wegen Arbeitsunfähigkeit seien als Beitragszeiten anzuerkennen. Unabhängig von etwaigen Fehlzeiten habe für alle Kolchosmitglieder ein zentraler Unionsozialversicherungsfonds bestanden, welcher ununterbrochen, also auch in Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, Beiträge für die Mitglieder abgeführt habe. Die Mitglieder der Kolchose seien in dieses System der gesetzlichen Rentenversicherung durch öffentlichen Zwang einbezogen gewesen.
Mit Urteil vom 8.4.2015 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 23.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2014 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, "dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit unter Berücksichtigung der vom 20.04.1975 bis zum 13.07.1975, vom 07.05.1979 bis zum 12.07.1979, vom 05.02.1980 bis zum 03.07.1980 und vom 09.05.1981 bis zum 01.08.1981 zurückgelegten Zeiten als Beitragszeiten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren". Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die seitens des Klägers zurückgelegten Beitragszeiten in der Kolchose den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichstünden. Kolchosmitglieder seien in der Sowjetunion ab Januar 1965 durch das Gesetz vom 15.07.1964 über Grenzen und Unterstützungen für Kolchosmitglieder durch öffentlich-rechtlichen Zwang in ein System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen worden. Die Mittel zu diesem Zentralfonds seien aus den Einkünften der Kolchosen und staatlichen Zuschüsse erbracht worden. Die Beitragszahlung des Kolchosmitglieds sei in der Weise erfolgt, dass dieses einen bestimmten Prozentsatz seines jährlichen Bruttoertrages an den Zentralfonds habe abführen müssen. Die Beiträge seien dabei nicht für einzelne, namentlich genannte Mitglieder bemessen und abgeführt worden, sondern für die Gesamtheit der Mitglieder auf der Bemessungsgrundlage der Gesamteinkünfte des Vorjahres, von den ein durch den Ministerrat der UdSSR festgelegter Prozentsatz abzuführen war. Eine Beitragszahlung der Kolchosen zum Zentralfonds für ihre Mitglieder sei auch im Fall von Beschäftigungslücken (z.B. Arbeitsunfähigkeit und witterungsbedingtem Arbeitsausfall) erfolgt. Anhaltspunkte dafür, dass eine lückenlose Beitragszahlung durch die Kolchose des Klägers nicht erfolgt sei, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine Unterbrechung habe es nicht gegeben. Bei dem Sicherungssystem des Zentralfonds handele es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) um ein System der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne von § 15 FRG. Anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des BSG zum Recht der rumänischen LPG. Danach stehe das seit 1990 geltende Fremdrentenrecht der Gleichstellung von Beiträgen zur rumänischen Rentenversicherung für LPG-Mitglieder mit Beiträgen nach Bundesrecht entgegen, solange der Betroffene keine Erwerbstätigkeit ausübe und keinen sonstigen Versicherungstatbestand im Sinne des SGB VI verwirkliche. Im vorliegenden Fall beruhe die Mitgliedschaft des Klägers in der Kolchose aber nicht auf zuvor eingebrachtem Vermögen oder anderen nicht beschäftigungsbezogenen Umständen. Auch die Anrechnung von Beitragszeiten nur für einen Teil des Kalenderjahres im Sinne von § 26 Satz 1 FRG komme vorliegend nicht in Betracht, da das Beschäftigungsverhältnis nicht lediglich auf bestimmte Monate beschränkt gewesen sei. Dies gelte auch für eine Minderung gemäß § 26 Satz 3 und 4 FRG, welcher das ganzjährige Weisungsrecht der Kolchosverwaltung gegenüber dem Kläger entgegenstehe.
Gegen dieses ihr am 17.04.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.05.2015 Berufung erhoben.
Zur Begründung führt sie aus, der Verweis des Sozialgerichts Detmold auf die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 20.06.2013 (L 7 R 1192/12) gehe fehl. Anders als in der Entscheidung des LSG Baden-Württemberg hätten hier Krankheitszeiten von mehrmonatiger Dauer vorgelegen. Soweit das LSG Baden-Württemberg in seiner Entscheidung von einer ungekürzten Beitragsleistung ausgegangen sei, entspreche dies der gesetzlichen Fiktion von vollwertigen Beitragszeiten gemäß § 26 Satz 2 FRG. Danach seien Kalendermonate, die zum Teil mit Anrechnungszeiten gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI (hier: Zeiten der Arbeitsunfähigkeit) belegt seien, als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen zu berücksichtigen. Diese Vorschrift könne jedoch nicht auf krankheitsbedingte Zeiten der Arbeitsunfähigkeit angewendet werden, die in einem Kalendermonat nicht mit einer Beitragszeit zusammenträfen, also die Dauer von einem Kalendermonat überschreiten würden. Mit dieser Regelung habe der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, dass kurzfristige Arbeitsunfähigkeiten von weniger als einem Kalendermonat Dauer im Fremdrentenrecht keine leistungsrechtlichen Auswirkungen haben sollten. Daraus folge im Umkehrschluss, dass für Kalendermonate, in denen nur Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe, Beitragszeiten nicht zu berücksichtigen seien. Darüber hinaus habe auch das BSG in seinen Urteilen vom 12.02.2009 (B 13 R 67/08 R und Az. B 13 R 145/08 R) ausgeführt, dass das seit Juli 1990 geltende Fremdrentenrecht der Gleichstellung von Beiträgen für - nach Auffassung der Beklagten vergleichbare - LPG-Mitglieder mit Beiträgen nach Bundesrecht der Regelung des § 15 FRG entgegenstehe, solange der FRG-Berechtigte keine Erwerbstätigkeit ausgeübt oder keinen sonstigen Tatbestand verwirklicht habe, der mit einem Versicherungstatbestand im Sinne des SGB VI zumindest vergleichbar sei. Dies folge aus dem "Eingliederungsprinzip" und dem Regelungsgehalt des § 26 Satz 4 FRG, welcher für eine Beschäftigung oder Tätigkeit mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von weniger als 10 Stunden pro Woche keine Entgeltpunkte ermittele. Diese Zeiten würden demzufolge gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 Buchst. c FRG Zeiten nicht als Beitragszeiten gelten. Nichts anderes könne gelten, wenn überhaupt keine Erwerbstätigkeit ausgeübt worden sei. Der Gesetzgeber bringe mit diesen Regelungen ausreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Berücksichtigung einer Beitragszeit ohne jede Erwerbstätigkeit den übergeordneten Rechtsprinzipien widerspreche, auf denen das FRG beruhe. Die Gleichstellung von Beitragszeiten ohne Bindung an eine Erwerbstätigkeit wäre eine nicht zu rechtfertigende systemfremde Begünstigung der Berechtigten nach dem FRG gegenüber Versicherten nach dem SGB VI. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber auch an anderen Stellen im FRG (§§ 22, 28 Buchst. a, b, § 29) bei der Bewertung von Zeiten der Kindererziehung und der Ausbildung eine Anlehnung an die Regelungen des SGB VI vorgenommen. Dies belege die vom Gesetzgeber angestrebte Anlehnung an die Voraussetzung des SGB VI bei der Feststellung von versicherungsrelevanten Zeiten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 08.04.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, für die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit seien Pflichtbeiträge der Kolchosen für ihre Mitglieder (und mithin auch den Versicherten) gezahlt worden. Die seitens der Beklagten zitierte Rechtsprechung des BSG treffe auf den hiesigen Sachverhalt nicht zu, da in den hier streitigen Zeiträumen durchgehend eine Arbeitsleistung des Versicherten vorgelegen habe, was sich auch aus dem Arbeitsbuch ergebe. Es bestehe kein Fall der Beitragsentrichtung ohne Erwerbstätigkeit. Zudem verweise § 15 FRG nur auf die Beitragszahlung an sich und nicht auf das Vorliegen einer Beschäftigungszeit. Dem Versicherten sei für die Zeiten der Erkrankung gemäß Art. 4 der Verordnung des Unionsrates der Kolchosen vom 04.03.1970 Krankengeld gezahlt worden.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Die Klägerin kann als Rechtnachfolgerin des Versicherten von der Beklagten mit Erfolg die Bewertung der streitgegenständlichen Zeiten als nachgewiesene Beitragszeiten i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG sowie die Zahlung eine entsprechend höheren Altersrente verlangen.
I. Streitgegenstand ist die Höhe der Altersrente des Versicherten.
Das SG hat den Bescheid der Beklagten vom 23.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2014 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, "dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit unter Berücksichtigung der vom 20.04.1975 bis zum 13.07.1975, vom 07.05.1979 bis zum 12.07.1979, vom 05.02.1980 bis zum 03.07.1980 und vom 09.05.1981 bis zum 01.08.1981 zurückgelegten Zeiten als Beitragszeiten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren". Damit hat das SG den Beklagten verurteilt, die Höhe der Altersrente des Versicherten nach Arbeitslosigkeit unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten neu, d.h. höher festzusetzen.
Nach dem Tod des Versicherten im Berufungsverfahren am 12.12.2016 hat die Klägerin als seine Rechtsnachfolgerin den Rechtsstreit aufgenommen und fortgeführt (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 239 Abs. 1 ZPO).
1. Mit der Klage angefochten ist der Bescheid der Beklagten vom 23.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2014, soweit dieser die Höhe der Rente (als eigenständige Verfügung im Sinne des § 31 SGB X) regelt. Der vorangegangene, von dem Versicherten mit seinem Widerspruch angefochtene Bescheid vom 11.10.2013 ist von der Beklagten durch den Bescheid vom 23.06.2014, der als Teil-Abhilfebescheid Gegenstand des Widerspruchsverfahrens wurde (gemäß § 86 SGG; nicht gemäß § 96 SGG, wie von der Beklagten irrtümlich angenommen), vollständig ersetzt worden, so dass er sich dadurch "auf andere Weise erledigt" (§ 39 Abs. 2 SGB X) hat (zum so genannten Zweitbescheid zuletzt BSG vom 25.05.2018 - B 13 R 3/17 R, juris Rn. 10 m.N.).
2. Mit Bescheid vom 23.06.2014 hatte die Beklagte die Monate Juli 1975, Mai und Juli 1979, Februar und Juli 1980 sowie Mai und August 1981 bereits jeweils vollständig als weitere Beitragszeiten berücksichtigt, so dass die entsprechende Verurteilung durch das SG insoweit im Ergebnis ins Leere geht.
3. Die Beklagte ist verpflichtet, die Höhe der Altersrente des Versicherten nach Arbeitslosigkeit entsprechend ihrer Verurteilung durch das SG unter Berücksichtigung der streitigen weiteren Beitragszeiten neu festzusetzen.
Mit Bescheid vom 21.11.1997 hatte die Beklagte dem Versicherten eine Rente wegen Arbeitslosigkeit für die Zeit ab dem 01.02.1998 bewilligt und dabei insbesondere die Jahre 1975, 1979, 1980 und 1981 durchgehend und ohne Unterbrechung als Beitragszeiten berücksichtigt. Mit Bescheid vom 10.10.2013 stellte die Beklagte die dem Versicherten gewährte Rente für die Zeit ab dem 01.12.2013 neu fest; seitdem berücksichtigte die Beklagte für die hier streitigen Zeiträume in den Jahren 1975, 1979, 1980 und 1981 keine Beitragszeiten mehr.
Diese von der Beklagten anlässlich des Überprüfungsantrages des Klägers vom 05.06.2013 von Amts wegen für die Zeit ab dem 01.12.2013 und damit die Zukunft vorgenommene Teilaufhebung zu Lasten des Versicherten war rechtswidrig, weil der Rentenbescheid vom 21.11.1997 insoweit nicht rechtswidrig i.S.d. § 45 Abs. 1 SGB X war. Die Beklagte hat entsprechend ihrer sozialgerichtlichen Verurteilung diese Teilaufhebung für die Zeit ab dem 01.12.2013 daher wieder rückgängig zu machen; sie muss auch über den 01.12.2013 hinaus bei der Rentenberechnung für die streitigen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten Beitragszeiten i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG zugrunde legen.
II. Die streitgegenständlichen Zeiten sind von der Beklagten als nachgewiesene Beitragszeiten i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG zu berücksichtigen.
1. Bei der Prüfung der materiellen Voraussetzungen ist gemäß § 300 Abs. 3 SGB VI auf die Vorschriften des FRG abzustellen, wie sie im Zeitpunkt des Rentenbeginns am 01.02.1998 galten.
2. Der Versicherte gehörte gemäß § 1 Buchst. a) FRG als Vertriebener im Sinne des § 1 des Bundesvertriebenengesetzes zum berechtigten Personenkreis nach dem FRG.
3. Der Versicherte hat in den streitgegenständlichen Zeiträumen Beitragszeiten gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG zurückgelegt.
Danach stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind die Beiträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihnen zugrunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich (§ 15 Abs. 1 Satz 2 FRG). Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift ist als gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des Absatzes 1 jedes "System der sozialen Sicherheit" anzusehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern.
a) Kolchosmitglieder waren in der Sowjetunion ab dem 1. Januar 1965 durch das Gesetz vom 15. Juli 1964 über Renten und Unterstützungen für Kolchosmitglieder (VVS.S.S.S.R Nr. 29 vom 18. Juli 1964 Pos. 340) durch öffentlich-rechtlichen Zwang in ein System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen worden, dem sogenannten "zentralisierten Unionssozialversicherungsfonds der Kolchosbauern" (im Folgenden: Zentralfonds). Die Mittel zu diesem Zentralfonds, der auf der Grundlage des Gesetzes vom 15. Juli 1964 über Renten und Unterstützungen für Kolchosmitglieder gebildet wurde, wurden aus den Einkünften der Kolchosen und durch Staatszuschüsse aufgebracht. Die "Beitragszahlung" des Kolchos erfolgte in der Weise, dass dieser einen bestimmten Prozentsatz seines jährlichen Bruttoertrages an den Zentralfond abführte. Daneben bestand der "zentralisierte Unionsversicherungsfonds der Kolchosbauern", der aus Beiträgen der Kolchosen gebildet wurde, die in Prozentsätzen nicht ihres Bruttoertrages, sondern ihres Gesamtlohnfonds errechnet wurden. Aus diesem Fonds wurden Leistungen bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit, Geldleistungen bei Kindergeburt, Bestattungsgeld sowie Leistungen bei Unterbringung der Kolchosbauern in Sanatorien und Erholungsheimen gedeckt (vgl. dazu BSG vom 31.03.1993 - 13 RJ 17/92, juris Rn. 28 ff.). Die Beitragszahlung der Kolchose zum Zentralfonds für ihre Mitglieder wurde auch im Fall von Beschäftigungslücken (z.B. Arbeitsunfähigkeit, Witterung) nicht unterbrochen. Die Über- oder Untererfüllung der Arbeitsnormen durch die Kolchosmitglieder wirkte sich nicht auf die Beitragszahlung aus. Die Mitgliedschaft konnte nicht durch mehrtägige oder mehrwöchige Arbeitsunfähigkeit enden (zum Vorstehenden LSG Baden-Württemberg vom 20.06.2013 - L 7 R 1192/12, juris Rn. 4; Bilinsky, Das Sozialversicherungs- und Versorgungsrecht in der Sowjetunion, 23. Jahrbuch für Ostrecht, Seite 114 f.).
Bei dem Sicherungssystem des Zentralfonds handelt es sich um ein System der gesetzlichen Rentenversicherung i.S.d. § 15 FRG (vgl. BSG vom 31.03.1993 - 13 RJ 17/92, juris Rn. 28).
b) Wegen der Regelungen des sowjetischen Rechts, dass Kolchosen ab 1. Januar 1965 für alle Kolchose-Mitglieder Pflichtbeiträge zu zahlen hatten, ist bei festgestellter Mitgliedschaft der Schluss auf eine vollständige (lückenlose) Beitragsentrichtung zulässig, solange keine Anhaltspunkte gegen eine Beitragszahlung vorliegen (BSG vom 19.11.2009 - B 13 R 67/08 R, juris Rn. 23). Anhaltspunkte, die gegen eine solche tatsächliche und lückenlose Beitragszahlung durch die Kolchose sprechen könnten, sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch nicht vorgebracht. Diese hat vielmehr ausdrücklich bestätigt, dies nicht zu bestreiten. Da also die Beitragsentrichtung durch Beschäftigungslücken (z.B. Arbeitsunfähigkeit, Witterung) bei durchgehender Mitgliedschaft nicht in Frage gestellt ist, ist die gesamte Zeit als Beitragszeit nachgewiesen im Sinne des § 22 Abs. 3 FRG (BSG vom 19.11.2009 - B 13 R 67/08 R, juris Rn. 23; zum Vorstehenden LSG - Baden-Württemberg vom 20.06.2013 - L 7 R 1192/12, juris Rn. 32).
4. Die Berücksichtigung der streitigen Zeiten als Beitragszeiten gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG steht entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten weder ein Umkehrschluss aus der Regelung des § 26 Satz 2 FRG (dazu a) noch das "Eingliederungsprinzip" oder "übergeordnete Rechtsprinzipien" des FRG (dazu b) entgegen.
a) § 26 FRG hat folgenden Wortlaut:
"1Werden Beitrags- und Beschäftigungszeiten nur für einen Teil eines Kalenderjahres angerechnet, werden bei Anwendung des § 22 Abs. 1 FRG die Entgeltpunkte nur anteilmäßig berücksichtigt. 2Dabei zählen Kalendermonate, die zum Teil mit Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch belegt sind, als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen. 3Für Zeiten, in denen der Versicherte innerhalb eines Kalenderjahres teilzeitbeschäftigt oder unständig beschäftigt war, werden Entgeltpunkte mit dem auf den Teilzeitraum entfallenden Anteil berücksichtigt. 4Dabei werden für Zeiten einer Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von weniger als zehn Stunden in der Woche Entgeltpunkte nicht ermittelt. 5Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend, soweit anstelle einer Beschäftigung eine selbständige Tätigkeit ausgeübt worden ist."
Die Beklagte ist der Auffassung, mit der Regelung des § 26 Satz 2 FRG habe der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, kurzfristige Arbeitsunfähigkeiten von weniger als einem Kalendermonat Dauer sollten im Fremdrentenrecht keine leistungsrechtlichen Auswirkungen haben. Daraus folge im Umkehrschluss, dass für Kalendermonate, in denen ausschließlich Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe, Beitragszeiten nicht zu berücksichtigen seien. Diese Vorschrift könne somit nicht auf krankheitsbedingte Zeiten der Arbeitsunfähigkeit angewendet werden, die in einem Kalendermonat nicht mit einer Beitragszeit zusammenträfen, also die Dauer von einem Kalendermonat überschreiten würden.
Für diese von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung fehlt zur Überzeugung des Senates eine normative Grundlage. Der von der Beklagten angenommene Umkehrschluss ist unzutreffend.
Ein solcher Umkehrschluss, ein derartiges "argumentum e contrario" als Gegenstück zum Analogieschluss (Rüthers, Rechtstheorie, 2. Aufl. 2005, Rn. 899), besagt, dass eben deshalb, weil das Gesetz eine bestimmte Rechtsfolge nur an einen bestimmten Tatbestand angeknüpft hat, die(selbe) Rechtsfolge für andere Tatbestände nicht gilt. Ein derartiger Schluss setzt aber voraus, dass die Beschränkung dieser Rechtsfolge gerade nur auf den bestimmten Tatbestand wirklich im Gesetz angeordnet worden ist. Dies ist - wie stets - durch Gesetzesauslegung in den Grenzen zulässiger Auslegung vorab festzustellen (BSG vom 30.01.2003 - B 4 RA 49/02 R, juris Rn. 28).
Gemäß § 26 Satz 2 FRG zählen Kalendermonate, die zum Teil mit Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI belegt sind, als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen. Daraus folgt nicht im Umkehrschluss, dass für Kalendermonate, in denen ausschließlich Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat, Beitragszeiten nicht zu berücksichtigen sind. Dies gilt erst recht nicht, wenn für die Zeiten - wie vorliegend - Beiträge gezahlt wurden.
Gegen die Rechtsauffassung der Beklagten spricht bereits, dass es in "Umkehrung" der Voraussetzungen des § 26 Satz 2 FRG nicht nur einen Sachverhalt, sondern vielmehr mehrere, ganz unterschiedliche Sachverhalte gibt. Denn die Umkehrung von "zum Teil mit Anrechnungszeiten belegt" kann sein: Überhaupt nicht mit Anrechnungszeiten oder voll mit Anrechnungszeiten belegt. Letzteres ist noch in den Varianten denkbar: Allein mit Anrechnungszeiten oder parallel mit anderen rentenrechtlichen Zeiten mit Anrechnungszeiten belegt. Der Umkehrschluss, also die Beantwortung der Frage, ob wegen des Fehlens der (normierten) Voraussetzungen die spezielle Rechtsfolge versagt werden muss, kann für die zuerst genannte Variante (überhaupt nicht mit Anrechnungszeiten belegt) auf keinen Fall gelten, denn unter diese Variante fällt auch der Normalfall, dass der Versicherte nicht krank war, gearbeitet hat und für die gesamte Zeit Pflichtbeiträge gezahlt wurden. Der Umkehrschluss der Beklagten ist damit bereits nicht logisch und somit schon deshalb rechtsmethodisch falsch.
Gegen den Umkehrschluss der Beklagten spricht ferner, dass eine derartige Regelungsabsicht § 26 FRG und damit dem Gesetz nicht zu entnehmen ist. Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Systematik stehen dem vielmehr entgegen.
aa) Nach dem Wortlaut der § 26 Satz 2 FRG hat der Gesetzgeber diese Norm mit der Regelung des § 26 Satz 1 FRG verknüpft ("Dabei ..."). Somit kommt nach dem Wortlaut des § 26 Satz 2 FRG seine Anwendung nur in Betracht, sofern die Tatbestandvoraussetzungen von § 26 Satz 1 FRG verwirklicht sind. Danach müssten Beitrags- und Beschäftigungszeiten nur für einen Teil des Kalenderjahres im Sinne des § 26 Satz 1 FRG angerechnet worden seien.
Dies würde voraussetzen, dass innerhalb eines Kalenderjahres ein Beschäftigungsverhältnis - bei aufrechterhaltener Mitgliedschaft - auf bestimmte Monate beschränkt gewesen wäre. Dies war bei dem Versicherten nicht der Fall; auch die Beklagte geht hiervon nicht aus. Das ganzjährige Arbeitgeber-Weisungsrecht der Kolchoseverwaltung gegenüber dem einzelnen Mitglied und das gleichzeitige Verbot der Beschäftigung in einem anderen Betrieb stehen dem ebenfalls entgegen (vgl. zum Vorstehenden LSG Baden-Württemberg vom 20.06.2013 - L 7 R 1192/12, juris Rn. 36). bb) Sinn und Zweck des § 26 Satz 2 FRG stehen dem von der Beklagten angenommenen Umkehrschluss ebenfalls entgegen.
§ 26 Satz 2 FRG ist eine privilegierende Regelung. Der Grund für sie ist, dass in den osteuropäischen Staaten im Krankheitsfall regelmäßig keine Gehaltsfortzahlung erfolgt und somit vom ersten Tage einer Arbeitsunfähigkeit allenfalls Anrechnungszeiten berücksichtigt werden könnten, während die Versicherten im Bundesgebiet üblicherweise Anspruch auf Gehaltsfortzahlung haben und daher weiterhin Beitragszeiten erwerben; für die FRG-Berechtigten wird somit in bestimmtem Umfang diese Gehaltsfortzahlung fingiert (zum Vorstehenden: Gemeinsame Rechtliche Anweisungen (GRA) der Deutschen Rentenversicherung zu § 26 FRG, Anm. R 3).
Der Senat sieht keine Gründe dafür, warum aus dieser privilegierenden Regelung ein Umkehrschluss - als Abweichung von § 15 FRG und damit "ins Negative" - vorgenommen werden dürfte oder müsste.
cc) Das hier gewonnene Ergebnis wird durch systematische Erwägungen bestärkt.
(1) Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. FRG i.d.F. vom 01.01.2002 sind für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit u. a. wegen Krankheit keine Entgeltpunkte zu ermitteln, auch wenn für solche Zeiten Beiträge an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Herkunftsgebiet gezahlt worden sind.
Da diese Regelung erst nach Bewilligung der Rente des Versicherten in Kraft getreten ist, ist gemäß § 300 Abs. 3 SGB VI bei der Prüfung der materiellen Voraussetzungen auf die Vorschriften des FRG abzustellen, wie sie im Zeitpunkt des Rentenbeginns am 01.02.1998 galten. Zu diesem Zeitpunkt war die Regelung des § 29 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. FRG aber noch nicht in Kraft getreten. Aus dieser gesetzlichen Neuregelung lässt sich schließen, dass der Gesetzgeber für Zeiträume vor einem Rentenbeginn zum 01.01.2002 eine Bewertung von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit Entgeltpunkten gerade nicht ausschließen wollte; denn § 29 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. FRG hat er keine zeitliche Rückwirkung beigemessen.
(2) Auch mit Blick auf § 26 Satz 3 und 4 i.V.m. § 15 Abs. 3 Satz 3 Buchst. c) FRG lässt es sich nicht rechtfertigen, die Zeiten der arbeitsunfähigen Erkrankung, für die durchgehend Beiträge entrichtet worden waren, entgegen § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG nicht als Beitragszeiten zu berücksichtigen.
Denn die Voraussetzungen für eine Minderung der Entgeltpunkte gemäß § 26 Satz 3 und 4 FRG, welche bei wörtlicher Auslegung der Norm im systematischen Zusammenhang zu lesen sind ("Dabei "), sind nicht erfüllt. Eine Beschäftigung ist unständig i.S.d. § 26 Satz 3 FRG, wenn sie im Voraus durch Arbeitsvertrag oder der Natur der Sache nach auf weniger als eine Woche beschränkt ist (vgl. BSG vom 19.11.2009, a.a.O., m.w.N.). Dies mag bei einer (ganzjährigen) Suspendierung des Beschäftigungsverhältnisses im Rahmen einer Kindererziehungszeit - wie sie dem Urteil des BSG (Urteil vom 12.02.2009 - B 5 R 39/06 R) zu Grunde gelegen hat - der Fall sein, da für die Zeiten der Kindererziehung im Voraus feststand, dass für diesen Zeitraum eine Arbeitszeit von regelmäßig weniger als 10 Stunden wöchentlich i.S.v. § 26 Satz 4 FRG erfolgen wird.
Im Falle der (bloßen) Arbeitsunfähigkeit erfolgt eine derartige feststehende künftige Reduzierung der Leistungsverpflichtung hingegen nicht. Vielmehr bleibt die Leistungsverpflichtung grundsätzlich ununterbrochen in der ursprünglichen Höhe bestehen. Lediglich die Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung für die Dauer der Erkrankung ist kurzzeitig ausgesetzt. Anders als in dem Sachverhalt, der der Entscheidung des BSG (Urteil vom 12.02.2009 - B 5 R 39/06 R) zugrunde lag, besteht in Fall der Arbeitsunfähigkeit noch eine hinreichende Bindung des Versicherten an das (Vollzeit-) Beschäftigungsverhältnis. Es ist davon auszugehen, dass das ganzjährige Weisungsrecht der Kolchosverwaltung gegenüber dem Mitglied und damit korrespondierend dessen ständige Verpflichtung zur Bereitschaft, jederzeit eine Arbeit nach Weisung aufzunehmen, der Annahme einer Teilzeitbeschäftigung oder einer solchen i. S. d. § 26 Satz 3, 4 FRG im Falle der Arbeitsunfähigkeit entgegensteht (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 20.06.2013 - L 7 R 1192/12, juris Rn. 33).
dd) Im Übrigen ist fraglich, ob in den hier streitigen Monaten der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten - die Rechtsauffassung der Beklagten als zutreffend unterstellt - tatsächlich nur bloße Anrechnungszeiten oder nicht (auch) Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen wären. Denn bei dem Versicherten könnten in den Zeiten seiner Arbeitsunfähigkeit aufgrund des weiteren Bezuges von Arbeitsentgelt bzw. des Bezuges von "Krankengeld" aus dem "zentralisierten Unionsfonds der Kolchosbauern" Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen sein. Diese Frage musste der Senat jedoch nicht abschließend entscheiden, weil die Rechtsauffassung der Beklagten, wie zuvor ausgeführt, unzutreffend ist.
(1) Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in der Fassung vom 25.09.1996 sind Anrechnungszeiten solche Zeiten, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind oder Leistungen zur Rehabilitation erhalten haben. Seit dem 01.01.1992 sind dann aber in der Regel Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen, da Empfänger von Sozialleistungen - wie in Form des Krankengelds - grundsätzlich rentenversicherungspflichtig sind. Gemäß § 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VI sind Personen in der Zeit versicherungspflichtig, für die sie von einem Leistungsträger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder von der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung Pflegeunterstützungsgeld beziehen, wenn sie im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt versicherungspflichtig waren. Dies gilt auch für den Zeitraum der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, da hier die versicherte Beschäftigung gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 1. Hs. SGB VI während des Entgeltfortzahlungszeitraums nicht unterbrochen wird (BeckOK SozR/Kreikebohm/Jassat, 51. Auflage 2018, SGB VI, § 58 Rn. 4-5c). Zeiten, in denen Versicherte nach Vollendung des 25. Lebensjahres wegen des Bezugs von Sozialleistungen versicherungspflichtig waren, sind gemäß § 58 Abs. 1 Satz 3 SGB VI keine Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 SGB VI.
Für die hier streitigen Zeiträume, in welchen Arbeitsentgelt oder Krankengeld bzw. eine ggf. vergleichbare Leistung gezahlt worden ist und weiterhin Beiträge an den Zentralfonds abgeführt worden sind, könnte es sich demnach um (Pflicht-)Beitragszeiten und nicht um (bloße) Anrechnungszeiten handeln. Den Kolchosmitgliedern soll für den Zeitraum der Erkrankung ein "Krankengeld" aus dem "zentralisierten Unionsversicherungsfonds der Kolchosbauern" in Höhe eines Prozentsatzes des vorherigen Verdienstes bewilligt worden sein (so Bilinsky, Das Sozialversicherungs- und Versorgungsrecht in der Sowjetunion, 23. Jahrbuch für Ostrecht, Satz 115).
(2) Ob darüber hinaus die Anwendung der (Ausnahme-)Vorschriften des § 252 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI und § 247 Abs. 2 SGB VI in Betracht kommt - woran nach Auffassung des Senats Bedenken bestehen, weil § 26 Satz 2 FRG ausweislich seines Wortlaut lediglich § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI in Bezug nimmt - kann ebenfalls dahinstehen. Auch bei der Anwendung dieser Vorschriften dürfte es sich bei den Arbeitsunfähigkeitszeiten des Versicherten nicht um bloße Anrechnungszeiten handeln.
Anrechnungszeiten werden gemäß § 252 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI (bereits in der Fassung vom 16.12.1997) für den Zeitraum zwischen dem 01.01.1984 und dem 31.12.1997 u.a. dann berücksichtigt, wenn ein anderer Leistungsträger wegen des Bezugs von Sozialleistungen Pflichtbeiträge gezahlt hat. Entgeltersatzleistungen in diesem Sinne sind das Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld und Übergangsgeld aus der gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung (Mittendorff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 252 Rn. 29). Die genannten Zeiten werden in der gesetzlichen Rentenversicherung in diesem Fall (auch) als Anrechnungszeit berücksichtigt, was zu einer Bewertung als beitragsgeminderten Zeit gemäß § 54 Abs. 3 Satz 1 SGB VI führt. § 252 Abs. 2 SGB VI ist eine abweichende Ausnahmeregelung zu § 58 Absatz 1 Satz 3 SGB VI für den Übergangszeitraum bis zum 31.12.1997 (BSG vom 19.04.2011 - B 13 R 79/09 R; Sächsisches LSG vom 27.10.2015 - L 5 R 756/14). Eine Bewertung der streitgegenständlichen Zeiten (auch) als Anrechnungszeit kommt nach Maßgabe des § 252 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI aber ebenso nicht in Betracht, da die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten unter Fortzahlung des Krankengeldes allesamt vor dem 01.01.1984 lagen.
Für die hiesigen Ausfallzeiten dürfte vielmehr § 247 Abs. 2 SGB VI in der Fassung vom 25.09.1996 Anwendung finden, wonach Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer versicherten Beschäftigung u.a. auch Zeiten sind, für die ein Leistungsträger in der Zeit vom 1. Oktober 1974 bis zum 31. Dezember 1983 wegen des Bezugs von Sozialleistungen Pflichtbeiträge gezahlt hat.
Diese Fragen musste der Senat jedoch, wie bereits dargelegt, nicht abschließend entscheiden.
b) Dem Klagebegehren auf eine höhere Altersrente unter voller, ungekürzter Berücksichtigung der streitigen Zeiten als Beitragszeiten gemäß § 15 FRG stehen entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten schließlich auch weder das "Eingliederungsprinzip" noch "übergeordnete Rechtsprinzipien" des FRG entgegen.
aa) Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das BSG habe in seinen Urteilen vom 12.02.2009 (B 13 R 67/08 R und B 13 R 145/08 R) ausgeführt, dass das seit Juli 1990 geltende Fremdrentenrecht der Gleichstellung von Beiträgen für - nach Auffassung der Beklagten vergleichbare - LPG-Mitglieder mit Beiträgen nach Bundesrecht der Regelung des § 15 FRG entgegenstehe, solange der FRG-Berechtigte keine Erwerbstätigkeit ausgeübt oder keinen sonstigen Tatbestand verwirklicht habe, der mit einem Versicherungstatbestand im Sinne des SGB VI zumindest vergleichbar sei. Dies folge aus dem "Eingliederungsprinzip" und dem Regelungsgehalt des § 26 Satz 4 FRG, welcher für eine Beschäftigung oder Tätigkeit mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von weniger als 10 Stunden pro Woche keine Entgeltpunkte ermittele. Diese Zeiten würden demzufolge gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 Buchst. c FRG Zeiten nicht als Beitragszeiten gelten. Nichts anderes könne gelten, wenn überhaupt keine Erwerbstätigkeit ausgeübt worden sei. Der Gesetzgeber bringe mit diesen Regelungen ausreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Berücksichtigung einer Beitragszeit ohne jede Erwerbstätigkeit den übergeordneten Rechtsprinzipien widerspreche, auf denen das FRG beruhe. Die Gleichstellung von Beitragszeiten ohne Bindung an eine Erwerbstätigkeit wäre eine nicht zu rechtfertigende systemfremde Begünstigung der Berechtigten nach dem FRG gegenüber Versicherten nach dem SGB VI. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber auch an anderen Stellen im FRG (§ 22, § 28 Buchst. a, b, § 29) bei der Bewertung von Zeiten der Kindererziehung und der Ausbildung eine Anlehnung an die Regelungen des SGB VI vorgenommen. Dies belege die vom Gesetzgeber angestrebte Anlehnung an die Voraussetzung des SGB VI bei der Feststellung von versicherungsrelevanten Zeiten.
bb) Der Senat ist der Überzeugung, dass die Beklagte aus den genannten Urteilen des BSG zu weitgehende und daher falsche Schlüsse zieht. Die Beklagte entnimmt der Rechtsprechung des BSG die abstrahierte Aussage, das FRG enthalte das "Rechtsprinzip", eine Beitragszeit ohne tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit könne nie zu einer Gleichstellung im Sinne des § 15 FRG führen. Diese Schlussfolgerung der Beklagten ist aus mehreren Gründen unzutreffend.
(1) Zutreffend ist, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Recht der rumänischen LPG (Urteil vom 12.02.2009 - B 5 R 39/06 R, zur Frage der Berücksichtigungsfähigkeit von Kindererziehungszeiten eines Mitglieds einer LPG) das FRG (ursprünglich) zumindest insoweit auf dem Eingliederungsprinzip beruht, als dass Beitragszeiten, die nicht durch eine entsprechende Beschäftigung bzw. Arbeitsleistung im Beschäftigungsverhältnis "gedeckt" sind, von den Regelungen des FRG nicht geschützt werden. Demnach steht das seit dem 1.7.1990 geltende Fremdrentenrecht der Gleichstellung von Beiträgen zur rumänischen Rentenversicherung für LPG-Mitglieder mit Beiträgen nach Bundesrecht entgegen, solange der Betroffene keine Erwerbstätigkeit ausübt oder keinen sonstigen Versicherungstatbestand im Sinne des SGB VI verwirklicht hat. Zwar setzt der Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG eine irgendwie geartete Arbeitsleistung im Sinne einer Beschäftigung oder Tätigkeit nicht voraus. Die Vorschrift ist jedoch mit Blick auf die historische Entwicklung des FRG, welche auf eine Angleichung der Bewertung der Beitragszeiten des FRG mit denen des SGB VI abzielt, auszulegen. Da das deutsche Rentenversicherungsrecht Versicherungszeiten nur in Bezug auf eine Erwerbstätigkeit oder andere gesetzlich angeordnete Versicherungstatbestände kennt, wäre die Gleichstellung von Beitragszeiten ohne Anknüpfung an das Erwerbsleben oder an vom deutschen Gesetzgeber als vergleichbar bewertete Tatbestände eine nicht zu rechtfertigende systemfremde Begünstigung der Berechtigten nach dem FRG gegenüber den Versicherten nach dem SGB VI (zum Vorstehenden BSG vom 12.02.2009 - B 5 R 39/06 R, juris Rn. 26).
Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten geht es hier - anders in dem der Entscheidung des BSG zugrunde liegenden Sachverhalt und wie zuvor bereits ausgeführt - aber nicht um solche Beitragszeiten "ohne Anknüpfung an das Erwerbsleben oder an vom deutschen Gesetzgeber als vergleichbar bewertete Tatbestände". Denn es bestand hier eine jahrzehntelange, ununterbrochene Tätigkeit und Arbeitsleistung des Versicherten in seiner Kolchose. In dieser Zeit war der Kläger über die Dauer einzelner Monate arbeitsunfähig erkrankt. Seine fortbestehende Tätigkeit in der Kolchose vermittelte dem Kläger aber weiterhin die "Anknüpfung an das Erwerbsleben". Dadurch unterscheidet sich der Sachverhalt deutlich von demjenigen, über den das BSG zu entscheiden hatte, in dem es um reine Kindererziehungszeiten über viele Jahre ging, in denen es nach Auffassung des BSG deshalb an einem als rentenversicherungsrechtlich als vergleichbar bewerteten Tatbestand fehlte.
(2) "Rechtsprinzipien" können zudem nie ohne oder neben dem Gesetz, sondern ausschließlich über eine Anknüpfung im Gesetz selbst normative Kraft entfalten. Der Zugang muss also stets durch das Gesetz führen. Denn Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen des Sozialgesetzbuches dürfen nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt (Vorbehalt des Gesetzes, § 31, § 37 Satz 2 SGB I). An einer solchen normativen Verankerung fehlt es hier. Die legislativen Wertentscheidungen der Regelungen der §§ 15 und 26 FRG stehen vielmehr - wie zuvor bereits dargelegt - den von der Beklagten angenommenen "Rechtsprinzipien" des FRG positiv-rechtlich gerade entgegen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
IV. Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Bewertung von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit ist höchstrichterlich nicht abschließend geklärt. Es besteht ein Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts in ähnlich gelagerten Fällen.
Rechtskraft
Aus
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