Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 1204/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 2023/19 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03.06.2019 aufgehoben, dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwältin S. beigeordnet.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers hat Erfolg.
Die eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie wurde insbesondere fristgerecht eingelegt. Auch ist in der Hauptsache die Berufung zulässig (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet. Der Kläger kann für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe (PKH) beanspruchen.
PKH erhält gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO), wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist – wie in den Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit – eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben, wird auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn diese Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO). Die Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn der Rechtsstandpunkt des klagenden Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für das Gericht zumindest als vertretbar erscheint und es von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 73a Rn. 7a). Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht ist zu berücksichtigen, dass die Anwendung des § 114 ZPO dem aus Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) abzuleitenden verfassungsrechtlichen Gebot entsprechen soll, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen. Daher dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden; hinreichende Erfolgsaussicht ist z. B. zu bejahen, wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil der die PKH begehrenden Partei ausgehen wird (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 29.09.2004, 1 BvR 1281/04, Beschluss vom 14.04.2003, 1 BvR 1998/02 und Beschluss vom 12.01.1993, 2 BvR 1584/92, alle veröffentlicht in juris; Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17.02.1998, B 13 RJ 83/97, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19, veröffentlicht auch in juris; Leitherer a.a.O. m.w.N.) Wirft der Rechtsstreit hingegen eine Rechtsfrage auf, die in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, aber klärungsbedürftig ist, liegt hinreichende Erfolgsaussicht ebenfalls vor; in diesem Fall muss PKH bewilligt werden (Leitherer, a.a.O. Rn. 7b unter Hinweis auf die Rspr. des BVerfG).
Der Rechtsstreit wirft sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht erhebliche Fragen auf.
Der Rechtsstreit wirft eine noch nicht abschließend geklärte, aber klärungsbedürftige Rechtsfrage auf. Zu Recht weist das Sozialgericht (SG) darauf hin, dass § 105 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für den Träger der Sozialhilfe Kenntnis von den Voraussetzungen der Leistungspflicht fordert. Andererseits hat das BSG bereits mehrfach entschieden, dass ein Antrag, der beim Jobcenter gestellt wird, auch als Antrag gegenüber dem Sozialhilfeträger zu verstehen ist (BSG, Urteile vom 02.12.2014, B 14 AS 66/13 R und 26.08.2008, B 8/9b SO 18/07 R sowie Beschluss vom 13.2.2014, B 8 SO 58/13 B, alle juris). Somit könnte von einer möglichen Verpflichtung des zuständigen Sozialhilfeträgers zur Erbringung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 21, 27f. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) auszugehen sein (Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2016, L 9 AS 2914/15 B, juris), mit der Folge, dass der mittellose Kläger einer Erstattungsforderung des Beklagten ausgesetzt wäre, die er aufgrund der Mittellosigkeit nicht begleichen könnte und gleichzeitig eine möglicherweise unpfändbare (§ 17 Abs. 1 SGB XII) Nachzahlung vom Träger der Sozialhilfe erhielte. Diese Rechtsfrage ist noch nicht geklärt. Das LSG Sachsen-Anhalt hatte in seinem Urteil vom 09.03.2017 (L 4 AS 61/14, juris) die Revision zum BSG zugelassen, weil die Auslegung von § 105 Abs. 3 SGB X grundsätzliche Bedeutung habe. Das BSG hat den Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen (BSG, a.a.O.), ohne jedoch auf diese klärungsbedürftige Rechtsfrage einzugehen. Darüber hinaus ist derzeit noch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG zur Anwendbarkeit von § 105 Abs. 3 SGB X in vergleichbaren Situationen anhängig (B 14 AS 328/18 B).
In tatsächlicher Hinsicht dürfte zu ermitteln sein, inwieweit die dem Kläger gewährte Rente die gleichen typischen Merkmale aufweist wie die in § 7 Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ausdrücklich benannte deutsche Altersrente, d.h. nach Motivation, Funktion und Struktur gleichwertig ist (vgl. BSG, Urteile 16.05.2012, B 4 AS 201/11 R und vom 07.12.2017, B 14 AS 7/17, juris). So wurde in dem vom SG zitierten Urteil des BSG vom 16.05.2012 (a.a.O.) eine Vergleichbarkeit u.a. im Hinblick auf die Finanzierung, den versicherten Personenkreis und einer Mindestdauer von Beitragszahlungen gefordert. Im Urteil vom 07.12.2017 (a.a.O.) wurde daneben noch die Frage des Einsetzens der Rente und deren Höhe thematisiert.
Außerdem wird angeregt im Hinblick auf die Frage des Erstattungsanspruchs den Träger der Sozialhilfe nach § 75 Abs. 2 SGG beizuladen.
Nach alldem ist dem mittellosen Kläger PKH zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers hat Erfolg.
Die eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie wurde insbesondere fristgerecht eingelegt. Auch ist in der Hauptsache die Berufung zulässig (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet. Der Kläger kann für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe (PKH) beanspruchen.
PKH erhält gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO), wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist – wie in den Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit – eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben, wird auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn diese Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO). Die Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn der Rechtsstandpunkt des klagenden Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für das Gericht zumindest als vertretbar erscheint und es von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 73a Rn. 7a). Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht ist zu berücksichtigen, dass die Anwendung des § 114 ZPO dem aus Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) abzuleitenden verfassungsrechtlichen Gebot entsprechen soll, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen. Daher dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden; hinreichende Erfolgsaussicht ist z. B. zu bejahen, wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil der die PKH begehrenden Partei ausgehen wird (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 29.09.2004, 1 BvR 1281/04, Beschluss vom 14.04.2003, 1 BvR 1998/02 und Beschluss vom 12.01.1993, 2 BvR 1584/92, alle veröffentlicht in juris; Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17.02.1998, B 13 RJ 83/97, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19, veröffentlicht auch in juris; Leitherer a.a.O. m.w.N.) Wirft der Rechtsstreit hingegen eine Rechtsfrage auf, die in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, aber klärungsbedürftig ist, liegt hinreichende Erfolgsaussicht ebenfalls vor; in diesem Fall muss PKH bewilligt werden (Leitherer, a.a.O. Rn. 7b unter Hinweis auf die Rspr. des BVerfG).
Der Rechtsstreit wirft sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht erhebliche Fragen auf.
Der Rechtsstreit wirft eine noch nicht abschließend geklärte, aber klärungsbedürftige Rechtsfrage auf. Zu Recht weist das Sozialgericht (SG) darauf hin, dass § 105 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für den Träger der Sozialhilfe Kenntnis von den Voraussetzungen der Leistungspflicht fordert. Andererseits hat das BSG bereits mehrfach entschieden, dass ein Antrag, der beim Jobcenter gestellt wird, auch als Antrag gegenüber dem Sozialhilfeträger zu verstehen ist (BSG, Urteile vom 02.12.2014, B 14 AS 66/13 R und 26.08.2008, B 8/9b SO 18/07 R sowie Beschluss vom 13.2.2014, B 8 SO 58/13 B, alle juris). Somit könnte von einer möglichen Verpflichtung des zuständigen Sozialhilfeträgers zur Erbringung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 21, 27f. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) auszugehen sein (Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2016, L 9 AS 2914/15 B, juris), mit der Folge, dass der mittellose Kläger einer Erstattungsforderung des Beklagten ausgesetzt wäre, die er aufgrund der Mittellosigkeit nicht begleichen könnte und gleichzeitig eine möglicherweise unpfändbare (§ 17 Abs. 1 SGB XII) Nachzahlung vom Träger der Sozialhilfe erhielte. Diese Rechtsfrage ist noch nicht geklärt. Das LSG Sachsen-Anhalt hatte in seinem Urteil vom 09.03.2017 (L 4 AS 61/14, juris) die Revision zum BSG zugelassen, weil die Auslegung von § 105 Abs. 3 SGB X grundsätzliche Bedeutung habe. Das BSG hat den Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen (BSG, a.a.O.), ohne jedoch auf diese klärungsbedürftige Rechtsfrage einzugehen. Darüber hinaus ist derzeit noch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG zur Anwendbarkeit von § 105 Abs. 3 SGB X in vergleichbaren Situationen anhängig (B 14 AS 328/18 B).
In tatsächlicher Hinsicht dürfte zu ermitteln sein, inwieweit die dem Kläger gewährte Rente die gleichen typischen Merkmale aufweist wie die in § 7 Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ausdrücklich benannte deutsche Altersrente, d.h. nach Motivation, Funktion und Struktur gleichwertig ist (vgl. BSG, Urteile 16.05.2012, B 4 AS 201/11 R und vom 07.12.2017, B 14 AS 7/17, juris). So wurde in dem vom SG zitierten Urteil des BSG vom 16.05.2012 (a.a.O.) eine Vergleichbarkeit u.a. im Hinblick auf die Finanzierung, den versicherten Personenkreis und einer Mindestdauer von Beitragszahlungen gefordert. Im Urteil vom 07.12.2017 (a.a.O.) wurde daneben noch die Frage des Einsetzens der Rente und deren Höhe thematisiert.
Außerdem wird angeregt im Hinblick auf die Frage des Erstattungsanspruchs den Träger der Sozialhilfe nach § 75 Abs. 2 SGG beizuladen.
Nach alldem ist dem mittellosen Kläger PKH zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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