Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 4438/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2605/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Juni 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Wiederaufnahme der laufenden Zahlung einer Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 25.04.1984.
Der 1955 geborene Kläger zog sich am 25.04.1984 während seiner versicherten Tätigkeit als Bergmann eine Verletzung am rechten Kniegelenk zu, als er beim Überqueren eines Bahnüberganges auf einen Stein trat, im rechten Kniegelenk einknickte und sich den Unterschenkel gegen den Oberschenkel verdrehte. Im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts vom 24.05. bis 13.06.1984 wurde ein Meniskusschaden unter Verlust des vorderen Kreuzbandes diagnostiziert. Eine operative Versorgung erfolgte am 28.05.1984 (plastischer Ersatz des vorderen Kreuzbandes, Entfernung des korbhenkelartig zerrissenen Innenmeniskus). Nachdem zunächst aufgrund eines Zusammenhangsgutachtens des Arztes für Chirurgie Dr. B. vom 29.05.1985 die Veränderungen am Kreuzband und Innenmeniskus als unfallunabhängig eingestuft worden waren und infolge dessen die B. als Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) mit Bescheid vom 01.08.1985 sowie Widerspruchsbescheid vom 05.11.1985 die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt hatte, kam es im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Duisburg (S 4 (14) BU 188/85) nach Einholung eines weiteren Gutachtens bei Prof. Dr. S. vom 18.08.1986 zur Abgabe eines Anerkenntnisses seitens der Beklagten, worin diese am 01.12.1986 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab dem 21.01.1985 in Höhe von 30 v. H. und ab dem 21.07.1985 in Höhe von 20 v. H. aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls anerkannte. Der Rechtsstreit wurde durch Annahme dieses Anerkenntnisses erledigt. Mit Bescheid vom 18.05.1987 erging in Ausführung des Anerkenntnisses ein Bescheid, wonach die Beklagte als Unfallfolgen eine endgradige Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk, Muskelminderung am rechten Oberschenkel, leichte Restinstabilität des rechten Kniegelenks, Druckschmerzhaftigkeit über der inneren Kniegelenkspalte rechts, verstrichene Zeichnung der Konturen des rechten Kniegelenks und reizlose Operationsnarben am rechten Kniegelenk anerkannte. Rentenbeginn sei der 21.01.1985. Bis zum 20.07.1985 werde eine Teilrente von 30 v. H. der Vollrente gezahlt, ab dem 21.07.1985 bis auf weiteres eine Teilrente von 20 v. H. der Vollrente.
Nachdem der Kläger am 01.02.1988 dauerhaft in die Türkei zurückgekehrt war, veranlasste die Beklagte dort ein zweites Rentengutachten, worin am 10.10.1988 eine Arthrose am Kniegelenk und dadurch bedingte Bewegungseinschränkung diagnostiziert wurden. Eine Besserung gegenüber einem früheren Befund sei nicht eingetreten, damit sei auch nicht zu rechnen.
Mit Schreiben vom 22.05.2000 bat der Kläger um Berechnung einer Abfindung für zehn Jahre oder "für Lebensdauer", da er nach dem Erdbeben sein Haus reparieren müsse und dafür Geld brauche. Er fragte, wie hoch die Abfindung sei und wie er sie erhalten könne. Danach werde er sich entscheiden, ob er die Abfindungssumme erhalte oder nicht. Mit Schreiben vom 14.07.2000 erklärte die Beklagte dem Kläger die Voraussetzungen für eine Rentenabfindung und wies darauf hin, dass die Unfallrente in dem Monat endgültig wegfalle, in dem der Verwaltungsakt über die Abfindung bekannt gegeben werde. Eine Teilabfindung für die Dauer von zehn Jahren sei nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich. Das Abfindungskapital betrage 119.766,71 DM. Der Kläger möge prüfen, ob er unter diesen Voraussetzungen eine Abfindung der Verletztenrente wünsche.
Mit Schreiben vom 07.08.2000 teilte der Kläger mit, mit dem Kapitalwert in Höhe von 119.766,71 DM einverstanden zu sein. Er bitte darum, die gesamte Summe an ihn zu überweisen. Nachdem die Beklagte mit Hilfe eines türkischen Gutachtens zu dem Ergebnis einer Lebensdauer von mindestens weiteren 15,1 Jahren gekommen war, erging am 09.04.2001 ein Bescheid über die Abfindung einer Rente, wonach dem Antrag des Klägers auf Abfindung der bisher gezahlten Rente nach einer MdE von 20 v. H. auf Lebenszeit entsprochen werde. Die Abfindung betrage 119.766,71 DM. Die bisherige Rente falle mit Ende des Monats April 2001 weg. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 31.03.2016 bzw. 24.03.2016 beantragte der Kläger sinngemäß, die Rentenzahlung wiederaufzunehmen, da am 09.04.2016 die 15 Jahre, für die die Abfindung geleistet worden sei, vollendet seien.
Mit Bescheid vom 09.05.2016 teilte die Beklagte mit, die Verletztenrente sei mit Bescheid vom 09.04.2001 auf Lebenszeit abgefunden worden, sodass der Anspruch aufgrund der Folgen des Unfalls vom 25.04.1984 in Höhe von 20 v. H. auf Lebenszeit als befriedigt anzusehen sei. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 20.06.2016 Widerspruch ein mit der Begründung, eine Unfallrente laufe bis zum Tod, während er nur für 15 Jahre Rente bezogen habe. Er sei noch am Leben, sodass seine lebenslange Unfallrente weiter zu zahlen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2016 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Hiergegen hat der Kläger am 04.11.2016 in türkischer Sprache Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.06.2018 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, bei Zahlung einer Abfindung gemäß § 76 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) führe die Zahlung der einmaligen Summe dazu, dass damit der Anspruch des Klägers auf Gewährung der Verletztenrente abgegolten sei. Dies ergebe sich auch eindeutig aus dem Abfindungsbescheid. Falls der Kläger insoweit eine andere Erwartung gehegt habe, ändere dies nichts daran, dass sich aus dem Gesetz ein Anspruch auf weitere Zahlung der Rente nicht ergebe. Eine Änderung der Verhältnisse, unter denen neben der abgefundenen Rente eine weitere Leistung möglich wäre, sei nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Insoweit könne offenbleiben, ob die in türkischer Sprache verfasste Klage bereits unzulässig sei.
Gegen den am 26.06.2018 in der Türkei zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23.07.2018 wiederum in türkischer Sprache Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung. Ergänzend hat der Kläger vorgetragen, in seinem Antrag vom 22.05.2000 nur die Auszahlung einer Rente für zehn Jahre begehrt zu haben. Am Ende des zehnten Jahres hätte seine Rente wieder an ihn überwiesen werden sollen. Das SG habe versäumt, sein Schreiben vom 22.05.2000 diesbezüglich zu überprüfen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Juni 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2016 zu verurteilen, ihm ab 1. Mai 2016 die ihm mit Bescheid vom 18. Mai 1987 bewilligte Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. aufgrund seines Arbeitsunfalls vom 25. April 1984 weiter zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Zwar ist sie nicht in deutscher Gerichtssprache eingelegt worden, obwohl die Gerichtssprache deutsch ist (§ 61 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG], § 184 Gerichtsverfassungsgesetz [GVG], doch steht dies wegen Art. 45 Abs. 2 des Abkommens über Soziale Sicherheit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei vom 30.04.1964 (BGBl 1965 II., S. 1170), wonach Behörden, Gerichte und Träger der einen Vertragspartei Schriftsätze nicht deshalb zurückweisen dürfen, weil sie in der Amtssprache der anderen Vertragspartei abgefasst sind, der Zulässigkeit nicht entgegen.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet, da sowohl der angefochtene Gerichtsbescheid des SG als auch die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Weitergewährung seiner Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. nach Ablauf von 15 Jahren nach Erhalt der Abfindung.
Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB VII können Versicherte, die Anspruch auf eine Rente wegen einer MdE von weniger als 40 v.H. haben, auf ihren Antrag mit einem dem Kapitalwert der Rente entsprechenden Betrag abgefunden werden. Die Vorschrift gibt Versicherten die Möglichkeit, kleinere Renten auf unbestimmte Zeit bis zu einer MdE von unter 40 v.H. anstelle der laufenden Rentenzahlung in einem Betrag auszahlen zu lassen, der dem Kapitalwert der Rente entspricht (s. hierzu und zum Folgenden Kranig in: Hauck/Noftz, SGB, 08/18, § 76 SGB VII, Rn. 1 ff.). Die Vorschrift beruht auf der Erfahrung, dass Versicherte mit einer MdE unter 40 v. H. häufig noch einer Erwerbstätigkeit nachgehen können und deshalb für ihren laufenden Lebensunterhalt auf den laufenden Bezug der Rente nicht angewiesen sind (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 13/2204 S. 94 = M 010 S. 47 f.). Sie soll diesen Versicherten die Möglichkeit geben, die Auszahlung der Rente ihrem Wunsch entsprechend - laufend oder in einem einmaligen Abfindungsbetrag - zu gestalten (vgl. BT-Drucks. a. a. O.). Die Abfindung dient insofern den Interessen der Versicherten, als sie einen größeren Geldbetrag zur selbstbestimmten Verwendung erhalten (vgl. BSG, Urteile vom 18.04.2000 - B 2 U 19/ 99 R - und vom 09.11.2010 - B 2 U 10/10 R -, Juris). Die Vorschrift dient aber auch dem Allgemeininteresse, da der Verwaltungsaufwand der Unfallversicherungsträger sich durch die Abfindung reduziert. Für den UV-Träger verringert die Abfindung laufender Renten die Renten-Altlasten.
Vorliegend hat die Beklagte am 09.04.2001 einen entsprechenden Abfindungsbescheid erlassen und dem Kläger anschließend die Abfindungssumme in Höhe von 119.766,71 DM ausgezahlt. Damit ist der Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. vollständig abgegolten. Der Bescheid über die Gewährung der Abfindung vom 09.04.2001 wurde bestandskräftig. Ein Antrag auf Überprüfung desselben nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) wurde nicht gestellt, hierüber hat die Beklagte auch nicht entschieden.
Entgegen dem Vortrag des Klägers ist der Rentenanspruch nicht nach 15,1 Jahren wieder aufgelebt. Der Wert von 15,1 diente lediglich der Berechnung der Abfindungssumme. Rechtsgrundlage für die Berechnung der Höhe der Abfindung einer Verletztenrente mit einer MdE von unter 40 v.H. ist die Verordnung über die Berechnung des Kapitalwertes bei Abfindung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (AbfindungsVO), die am 17.08.1965 erlassen worden ist (BGBl. I S. 894; § 76 Abs 1 Satz 3 SGB VII). § 1 Abs. 2 Satz 1 AbfindungsVO lautet: "Wird der in Abs. 1 bezeichnete Verletzte nach Ablauf von 15 Jahren nach dem Unfall abgefunden, so richtet sich der Kapitalwert nach der Anzahl der zur Zeit der Abfindung vollendeten Lebensjahre. Das Abfindungskapital ist die mit dem Kapitalwert aus der Tabelle der Anlage 2 vervielfältigte Jahresrente." Nach der Anlage 2 der AbfindungsVO ist der Kapitalwert bei einem Alter des Verletzten (hier geboren am 22.06.1955) zur Zeit der Abfindung (April 2001) von 45 bis unter 50 Jahre 15,1. Ausgehend von einer Jahresrente in Höhe von 7.931,57 DM errechnet sich daher eine Abfindung in Höhe von 119.766,70 DM (15,1 x 7.931,57 DM; die von der Beklagten errechnete Abfindung ist daher sogar um einen Pfennig zu hoch angesetzt). Der Wert von hier 15,1 basiert auf der durchschnittlichen Lebenserwartung der entsprechenden Altersgruppe, und je nach Todeszeitpunkt des Versicherten ist die Abfindungsregelung entweder für den Versicherten bzw. seine Erben oder aber für den Unfallversicherungsträger finanziell vorteilhaft. Wäre der Kläger vorliegend bereits kurz nach Erhalt der Abfindung gestorben, hätten seine Erben die Abfindung trotzdem behalten dürfen, auch wenn die Beklagte bei Fortzahlung der Verletztenrente, d.h. ohne Abfindungsleistung, wesentlich weniger hätte zahlen müssen. Auf der anderen Seite ist der Anspruch auf Verletztenrente mit Zahlung der Abfindung erloschen, auch wenn der Versicherte nach Erhalt derselben länger lebt, als dies der durchschnittlichen Lebenserwartung entspricht. Das Risiko, ob sich die Entscheidung für eine Abfindung lohnt, ist daher zwischen den Beteiligten fair verteilt – was nicht mehr der Fall wäre, wenn der Versicherte bei Überschreiten der durchschnittlichen Lebenserwartung eine Wiederaufnahme laufender Rentenzahlungen beanspruchen könnte.
Die Argumentation des Klägers, er habe nur eine Abfindung über zehn Jahre begehrt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Abgesehen davon, dass er in seinem Schreiben vom 22.05.2000 die Berechnung der Abfindungssumme nicht nur "für zehn Jahre", sondern auch "für Lebensdauer" begehrt hat, wurde er von der Beklagten im Schreiben vom 14.07.2000 ausdrücklich darüber belehrt, dass eine Teilabfindung für die Dauer von zehn Jahren nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich ist. Dieser Passus im genannten Schreiben wurde sogar fett gedruckt. Ebenso fett gedruckt hat die Beklagte den Hinweis darauf, dass die Unfallrente in dem Monat endgültig wegfällt, in dem der Verwaltungsakt über die Abfindung bekannt gegeben wird. Der Kläger wurde gebeten zu prüfen, ob er unter den in dem Schreiben genannten näher aufgeführten Voraussetzungen eine Abfindung seiner Verletztenrente wünsche. In Kenntnis dieses Schreibens beantragte der Kläger mit Schreiben vom 07.08.2000 ausdrücklich die Auszahlung der Abfindung i.H.v. 119.766,71 DM - ohne hier noch auf die zehn Jahre hinzuweisen -, die ihm mit Bescheid vom 09.04.2001 anschließend auch so bewilligt wurde. Insofern ist die Argumentation des Klägers, er habe nur eine Abfindung über zehn Jahre begehrt, nicht zutreffend.
Aufgrund der ausführlichen Ausführungen der Beklagten im Schreiben vom 14.07.2000 kann sich der Kläger auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Dieses von der Rechtsprechung des BSG ergänzend zu den gesetzlich geregelten Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut greift - im Sinne eines öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs - ein, wenn ein Sozialleistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis obliegenden Pflicht, insbesondere zur Beratung und Betreuung (vgl. §§ 14, 15 Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB]), nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Folgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (st.Rspr.; zu den Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen vgl. nur BSG, Urteile vom 18.01.2011 - B 4 AS 29/10 R - und vom 30.03.2011 - B 12 AL 2/09 - R, Juris). Angesichts der ausführlichen Ausführungen der Beklagten im Schreiben vom 14.07.2000 - insbesondere durch den Verweis auf den endgültigen Wegfall der Unfallrente und die Unmöglichkeit einer Teilabfindung - hat diese ihrer Beratungspflicht Genüge getan. Da die Amtssprache deutsch ist (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB X), kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, die Ausführungen wegen mangelhafter Deutschkenntnisse nicht verstanden zu haben. Im Übrigen stand dem Kläger bei der Übersetzung offensichtlich Hilfe in ausreichendem Umfang zur Verfügung, da er in der Lage war, die von der Beklagten im Schreiben vom 14.07.2000 angeforderten Unterlagen vorzulegen und darin gestellte Fragen zu beantworten.
Eine wesentliche Verschlimmerung der Folgen des Versicherungsfalles, die zu einer neuen Rentenzahlung führen könnte (§ 76 Abs. 3 SGB VII i.V.m. § 73 Abs. 3 SGB VII, § 48 SGB X), wurde vom Kläger nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Vielmehr fordert er die Wiederaufnahme der bisherigen Rentenzahlungen, ohne eine höhere MdE geltend zu machen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Wiederaufnahme der laufenden Zahlung einer Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 25.04.1984.
Der 1955 geborene Kläger zog sich am 25.04.1984 während seiner versicherten Tätigkeit als Bergmann eine Verletzung am rechten Kniegelenk zu, als er beim Überqueren eines Bahnüberganges auf einen Stein trat, im rechten Kniegelenk einknickte und sich den Unterschenkel gegen den Oberschenkel verdrehte. Im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts vom 24.05. bis 13.06.1984 wurde ein Meniskusschaden unter Verlust des vorderen Kreuzbandes diagnostiziert. Eine operative Versorgung erfolgte am 28.05.1984 (plastischer Ersatz des vorderen Kreuzbandes, Entfernung des korbhenkelartig zerrissenen Innenmeniskus). Nachdem zunächst aufgrund eines Zusammenhangsgutachtens des Arztes für Chirurgie Dr. B. vom 29.05.1985 die Veränderungen am Kreuzband und Innenmeniskus als unfallunabhängig eingestuft worden waren und infolge dessen die B. als Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) mit Bescheid vom 01.08.1985 sowie Widerspruchsbescheid vom 05.11.1985 die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt hatte, kam es im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Duisburg (S 4 (14) BU 188/85) nach Einholung eines weiteren Gutachtens bei Prof. Dr. S. vom 18.08.1986 zur Abgabe eines Anerkenntnisses seitens der Beklagten, worin diese am 01.12.1986 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab dem 21.01.1985 in Höhe von 30 v. H. und ab dem 21.07.1985 in Höhe von 20 v. H. aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls anerkannte. Der Rechtsstreit wurde durch Annahme dieses Anerkenntnisses erledigt. Mit Bescheid vom 18.05.1987 erging in Ausführung des Anerkenntnisses ein Bescheid, wonach die Beklagte als Unfallfolgen eine endgradige Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk, Muskelminderung am rechten Oberschenkel, leichte Restinstabilität des rechten Kniegelenks, Druckschmerzhaftigkeit über der inneren Kniegelenkspalte rechts, verstrichene Zeichnung der Konturen des rechten Kniegelenks und reizlose Operationsnarben am rechten Kniegelenk anerkannte. Rentenbeginn sei der 21.01.1985. Bis zum 20.07.1985 werde eine Teilrente von 30 v. H. der Vollrente gezahlt, ab dem 21.07.1985 bis auf weiteres eine Teilrente von 20 v. H. der Vollrente.
Nachdem der Kläger am 01.02.1988 dauerhaft in die Türkei zurückgekehrt war, veranlasste die Beklagte dort ein zweites Rentengutachten, worin am 10.10.1988 eine Arthrose am Kniegelenk und dadurch bedingte Bewegungseinschränkung diagnostiziert wurden. Eine Besserung gegenüber einem früheren Befund sei nicht eingetreten, damit sei auch nicht zu rechnen.
Mit Schreiben vom 22.05.2000 bat der Kläger um Berechnung einer Abfindung für zehn Jahre oder "für Lebensdauer", da er nach dem Erdbeben sein Haus reparieren müsse und dafür Geld brauche. Er fragte, wie hoch die Abfindung sei und wie er sie erhalten könne. Danach werde er sich entscheiden, ob er die Abfindungssumme erhalte oder nicht. Mit Schreiben vom 14.07.2000 erklärte die Beklagte dem Kläger die Voraussetzungen für eine Rentenabfindung und wies darauf hin, dass die Unfallrente in dem Monat endgültig wegfalle, in dem der Verwaltungsakt über die Abfindung bekannt gegeben werde. Eine Teilabfindung für die Dauer von zehn Jahren sei nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich. Das Abfindungskapital betrage 119.766,71 DM. Der Kläger möge prüfen, ob er unter diesen Voraussetzungen eine Abfindung der Verletztenrente wünsche.
Mit Schreiben vom 07.08.2000 teilte der Kläger mit, mit dem Kapitalwert in Höhe von 119.766,71 DM einverstanden zu sein. Er bitte darum, die gesamte Summe an ihn zu überweisen. Nachdem die Beklagte mit Hilfe eines türkischen Gutachtens zu dem Ergebnis einer Lebensdauer von mindestens weiteren 15,1 Jahren gekommen war, erging am 09.04.2001 ein Bescheid über die Abfindung einer Rente, wonach dem Antrag des Klägers auf Abfindung der bisher gezahlten Rente nach einer MdE von 20 v. H. auf Lebenszeit entsprochen werde. Die Abfindung betrage 119.766,71 DM. Die bisherige Rente falle mit Ende des Monats April 2001 weg. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 31.03.2016 bzw. 24.03.2016 beantragte der Kläger sinngemäß, die Rentenzahlung wiederaufzunehmen, da am 09.04.2016 die 15 Jahre, für die die Abfindung geleistet worden sei, vollendet seien.
Mit Bescheid vom 09.05.2016 teilte die Beklagte mit, die Verletztenrente sei mit Bescheid vom 09.04.2001 auf Lebenszeit abgefunden worden, sodass der Anspruch aufgrund der Folgen des Unfalls vom 25.04.1984 in Höhe von 20 v. H. auf Lebenszeit als befriedigt anzusehen sei. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 20.06.2016 Widerspruch ein mit der Begründung, eine Unfallrente laufe bis zum Tod, während er nur für 15 Jahre Rente bezogen habe. Er sei noch am Leben, sodass seine lebenslange Unfallrente weiter zu zahlen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2016 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Hiergegen hat der Kläger am 04.11.2016 in türkischer Sprache Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.06.2018 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, bei Zahlung einer Abfindung gemäß § 76 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) führe die Zahlung der einmaligen Summe dazu, dass damit der Anspruch des Klägers auf Gewährung der Verletztenrente abgegolten sei. Dies ergebe sich auch eindeutig aus dem Abfindungsbescheid. Falls der Kläger insoweit eine andere Erwartung gehegt habe, ändere dies nichts daran, dass sich aus dem Gesetz ein Anspruch auf weitere Zahlung der Rente nicht ergebe. Eine Änderung der Verhältnisse, unter denen neben der abgefundenen Rente eine weitere Leistung möglich wäre, sei nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Insoweit könne offenbleiben, ob die in türkischer Sprache verfasste Klage bereits unzulässig sei.
Gegen den am 26.06.2018 in der Türkei zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23.07.2018 wiederum in türkischer Sprache Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung. Ergänzend hat der Kläger vorgetragen, in seinem Antrag vom 22.05.2000 nur die Auszahlung einer Rente für zehn Jahre begehrt zu haben. Am Ende des zehnten Jahres hätte seine Rente wieder an ihn überwiesen werden sollen. Das SG habe versäumt, sein Schreiben vom 22.05.2000 diesbezüglich zu überprüfen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Juni 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 2016 zu verurteilen, ihm ab 1. Mai 2016 die ihm mit Bescheid vom 18. Mai 1987 bewilligte Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. aufgrund seines Arbeitsunfalls vom 25. April 1984 weiter zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Zwar ist sie nicht in deutscher Gerichtssprache eingelegt worden, obwohl die Gerichtssprache deutsch ist (§ 61 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG], § 184 Gerichtsverfassungsgesetz [GVG], doch steht dies wegen Art. 45 Abs. 2 des Abkommens über Soziale Sicherheit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei vom 30.04.1964 (BGBl 1965 II., S. 1170), wonach Behörden, Gerichte und Träger der einen Vertragspartei Schriftsätze nicht deshalb zurückweisen dürfen, weil sie in der Amtssprache der anderen Vertragspartei abgefasst sind, der Zulässigkeit nicht entgegen.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet, da sowohl der angefochtene Gerichtsbescheid des SG als auch die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Weitergewährung seiner Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. nach Ablauf von 15 Jahren nach Erhalt der Abfindung.
Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB VII können Versicherte, die Anspruch auf eine Rente wegen einer MdE von weniger als 40 v.H. haben, auf ihren Antrag mit einem dem Kapitalwert der Rente entsprechenden Betrag abgefunden werden. Die Vorschrift gibt Versicherten die Möglichkeit, kleinere Renten auf unbestimmte Zeit bis zu einer MdE von unter 40 v.H. anstelle der laufenden Rentenzahlung in einem Betrag auszahlen zu lassen, der dem Kapitalwert der Rente entspricht (s. hierzu und zum Folgenden Kranig in: Hauck/Noftz, SGB, 08/18, § 76 SGB VII, Rn. 1 ff.). Die Vorschrift beruht auf der Erfahrung, dass Versicherte mit einer MdE unter 40 v. H. häufig noch einer Erwerbstätigkeit nachgehen können und deshalb für ihren laufenden Lebensunterhalt auf den laufenden Bezug der Rente nicht angewiesen sind (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 13/2204 S. 94 = M 010 S. 47 f.). Sie soll diesen Versicherten die Möglichkeit geben, die Auszahlung der Rente ihrem Wunsch entsprechend - laufend oder in einem einmaligen Abfindungsbetrag - zu gestalten (vgl. BT-Drucks. a. a. O.). Die Abfindung dient insofern den Interessen der Versicherten, als sie einen größeren Geldbetrag zur selbstbestimmten Verwendung erhalten (vgl. BSG, Urteile vom 18.04.2000 - B 2 U 19/ 99 R - und vom 09.11.2010 - B 2 U 10/10 R -, Juris). Die Vorschrift dient aber auch dem Allgemeininteresse, da der Verwaltungsaufwand der Unfallversicherungsträger sich durch die Abfindung reduziert. Für den UV-Träger verringert die Abfindung laufender Renten die Renten-Altlasten.
Vorliegend hat die Beklagte am 09.04.2001 einen entsprechenden Abfindungsbescheid erlassen und dem Kläger anschließend die Abfindungssumme in Höhe von 119.766,71 DM ausgezahlt. Damit ist der Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. vollständig abgegolten. Der Bescheid über die Gewährung der Abfindung vom 09.04.2001 wurde bestandskräftig. Ein Antrag auf Überprüfung desselben nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) wurde nicht gestellt, hierüber hat die Beklagte auch nicht entschieden.
Entgegen dem Vortrag des Klägers ist der Rentenanspruch nicht nach 15,1 Jahren wieder aufgelebt. Der Wert von 15,1 diente lediglich der Berechnung der Abfindungssumme. Rechtsgrundlage für die Berechnung der Höhe der Abfindung einer Verletztenrente mit einer MdE von unter 40 v.H. ist die Verordnung über die Berechnung des Kapitalwertes bei Abfindung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (AbfindungsVO), die am 17.08.1965 erlassen worden ist (BGBl. I S. 894; § 76 Abs 1 Satz 3 SGB VII). § 1 Abs. 2 Satz 1 AbfindungsVO lautet: "Wird der in Abs. 1 bezeichnete Verletzte nach Ablauf von 15 Jahren nach dem Unfall abgefunden, so richtet sich der Kapitalwert nach der Anzahl der zur Zeit der Abfindung vollendeten Lebensjahre. Das Abfindungskapital ist die mit dem Kapitalwert aus der Tabelle der Anlage 2 vervielfältigte Jahresrente." Nach der Anlage 2 der AbfindungsVO ist der Kapitalwert bei einem Alter des Verletzten (hier geboren am 22.06.1955) zur Zeit der Abfindung (April 2001) von 45 bis unter 50 Jahre 15,1. Ausgehend von einer Jahresrente in Höhe von 7.931,57 DM errechnet sich daher eine Abfindung in Höhe von 119.766,70 DM (15,1 x 7.931,57 DM; die von der Beklagten errechnete Abfindung ist daher sogar um einen Pfennig zu hoch angesetzt). Der Wert von hier 15,1 basiert auf der durchschnittlichen Lebenserwartung der entsprechenden Altersgruppe, und je nach Todeszeitpunkt des Versicherten ist die Abfindungsregelung entweder für den Versicherten bzw. seine Erben oder aber für den Unfallversicherungsträger finanziell vorteilhaft. Wäre der Kläger vorliegend bereits kurz nach Erhalt der Abfindung gestorben, hätten seine Erben die Abfindung trotzdem behalten dürfen, auch wenn die Beklagte bei Fortzahlung der Verletztenrente, d.h. ohne Abfindungsleistung, wesentlich weniger hätte zahlen müssen. Auf der anderen Seite ist der Anspruch auf Verletztenrente mit Zahlung der Abfindung erloschen, auch wenn der Versicherte nach Erhalt derselben länger lebt, als dies der durchschnittlichen Lebenserwartung entspricht. Das Risiko, ob sich die Entscheidung für eine Abfindung lohnt, ist daher zwischen den Beteiligten fair verteilt – was nicht mehr der Fall wäre, wenn der Versicherte bei Überschreiten der durchschnittlichen Lebenserwartung eine Wiederaufnahme laufender Rentenzahlungen beanspruchen könnte.
Die Argumentation des Klägers, er habe nur eine Abfindung über zehn Jahre begehrt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Abgesehen davon, dass er in seinem Schreiben vom 22.05.2000 die Berechnung der Abfindungssumme nicht nur "für zehn Jahre", sondern auch "für Lebensdauer" begehrt hat, wurde er von der Beklagten im Schreiben vom 14.07.2000 ausdrücklich darüber belehrt, dass eine Teilabfindung für die Dauer von zehn Jahren nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich ist. Dieser Passus im genannten Schreiben wurde sogar fett gedruckt. Ebenso fett gedruckt hat die Beklagte den Hinweis darauf, dass die Unfallrente in dem Monat endgültig wegfällt, in dem der Verwaltungsakt über die Abfindung bekannt gegeben wird. Der Kläger wurde gebeten zu prüfen, ob er unter den in dem Schreiben genannten näher aufgeführten Voraussetzungen eine Abfindung seiner Verletztenrente wünsche. In Kenntnis dieses Schreibens beantragte der Kläger mit Schreiben vom 07.08.2000 ausdrücklich die Auszahlung der Abfindung i.H.v. 119.766,71 DM - ohne hier noch auf die zehn Jahre hinzuweisen -, die ihm mit Bescheid vom 09.04.2001 anschließend auch so bewilligt wurde. Insofern ist die Argumentation des Klägers, er habe nur eine Abfindung über zehn Jahre begehrt, nicht zutreffend.
Aufgrund der ausführlichen Ausführungen der Beklagten im Schreiben vom 14.07.2000 kann sich der Kläger auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Dieses von der Rechtsprechung des BSG ergänzend zu den gesetzlich geregelten Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut greift - im Sinne eines öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs - ein, wenn ein Sozialleistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis obliegenden Pflicht, insbesondere zur Beratung und Betreuung (vgl. §§ 14, 15 Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB]), nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Folgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (st.Rspr.; zu den Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen vgl. nur BSG, Urteile vom 18.01.2011 - B 4 AS 29/10 R - und vom 30.03.2011 - B 12 AL 2/09 - R, Juris). Angesichts der ausführlichen Ausführungen der Beklagten im Schreiben vom 14.07.2000 - insbesondere durch den Verweis auf den endgültigen Wegfall der Unfallrente und die Unmöglichkeit einer Teilabfindung - hat diese ihrer Beratungspflicht Genüge getan. Da die Amtssprache deutsch ist (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB X), kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, die Ausführungen wegen mangelhafter Deutschkenntnisse nicht verstanden zu haben. Im Übrigen stand dem Kläger bei der Übersetzung offensichtlich Hilfe in ausreichendem Umfang zur Verfügung, da er in der Lage war, die von der Beklagten im Schreiben vom 14.07.2000 angeforderten Unterlagen vorzulegen und darin gestellte Fragen zu beantworten.
Eine wesentliche Verschlimmerung der Folgen des Versicherungsfalles, die zu einer neuen Rentenzahlung führen könnte (§ 76 Abs. 3 SGB VII i.V.m. § 73 Abs. 3 SGB VII, § 48 SGB X), wurde vom Kläger nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Vielmehr fordert er die Wiederaufnahme der bisherigen Rentenzahlungen, ohne eine höhere MdE geltend zu machen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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