Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 6 P 211/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 B 20/02 P
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der 1927 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Er lebt im Altenwohn- und Pflegeheim St. G. in C ... Er bezieht eine geringe Altersrente und vom Sozialamt zur Begleichung seiner restlichen Heimkosten Pflegewohngeld. Die Pflegesätze (ein¬schließlich Unterkunft, Verpflegung und pflegebedingter Aufwendun¬gen, aber ohne Einzelzimmerzuschlag) betrugen ab Mai 2001 in der Pflegestufe I 76,62 Euro täglich (monatlich etwa 2.298,60 Euro), in der Stufe II 94,24 Euro täglich (monatlich etwa 2.827,20 Euro). Ab Mai 2002 beträgt das Heimentgelt in der Stufe I monatlich etwa 2.383,80 Euro, in der Stufe II 2.932,50 Euro. Durch Bescheid vom 11. Juni 2001 bewilligte die Beklagte dem Klä¬ger auf einen Antrag vom 15. Mai 2001 Leistungen der vollstationä¬ren Pflege nach der Pflegestufe I. Grundlage dieser Entscheidung war ein MdK-Gutachten des Herrn Dr. M. vom 08. Juni 2001, in dem ein Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege in Höhe von 81 Minuten täglich festgestellt wurde. Dr. M. stellte als wesentliche Ge¬sundheitsstörung eine "mittelgradige geistige Behinderung aufgrund einer Epilepsie" fest. Mit Schreiben vom 18. Juni 2001 legte die Pflegedienstleiterin des Heims unter Vorlage einer Vollmachtsurkunde des Klägers vom 15. Juni 2001 Widerspruch ein und begehrte die Einstufung in die Pfle¬gestufe II. Gestützt auf ein MdK-Gutachten nach Aktenlage vom 22. August 2001 wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 07. November 2001 den Widerspruch zurück. Mit der am 07. Dezember 2001 erhobenen Klage begehrt der Kläger Leistungen der vollstationären Pflege nach der Pflegestufe II für die Zeit ab Antragstellung. Zugleich hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung der Rechtsanwältin C. beantragt. Auf einen Höherstufungsantrag des inzwischen für den Kläger be¬stellten Betreuers erklärte sich die Beklagte gestützt auf das MdK-Gutachten des Herrn Dr. N. vom 17. April 2002 mit Schrift¬satz vom 11. Juni 2002 bereit, für die Zeit ab März 2002 Leistun¬gen nach der Pflegestufe II zu gewähren. Dr. N. ermittelte für den Bereich der Grundpflege einen Hilfebedarf von 163 Minuten täg¬lich und vertrat in einer weiteren Stellungnahme vom 17. Mai 2002 die Auffassung, dass für die Zeit vor März 2002 die Voraussetzungen der Stufe II noch nicht vorgelegen hätten. Die Bevollmächtigte des Klägers hat eine Prozessvollmachtsurkunde des Betreuers des Klägers vom 03. Juli 2002 vorgelegt, in der es heißt, dass diese Vollmacht erteilt werde unter der Voraussetzung, dass die Kosten durch Prozesskostenhilfe abgesichert würden. Mit Schriftsatz vom 27. Juli 2001 hat die Bevollmächtigte des Klä¬gers das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen und im Übrigen die Leistungen der Pflegestufe II bereits für die Zeit ab Mai 2001 begehrt. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Be¬zug genommen
II.
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Rechtsanwältin C. ist abzulehnen. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt - neben der hier gegebe¬nen Bedürftigkeit des Antragstellers - voraus, dass die beabsich¬tigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73 a Abs. 1 des Sozialgerichtsgeset¬zes - SGG -, § 114 der Zivilprozessordnung - ZPO -).
Bei summarischer Prüfung der Rechtslage besteht für die Klage auf Gewährung von Leistungen der Pflegestufe II für die Zeit ab An¬tragstellung im Mai 2001 eine - im Sinne des Prozesskostenhilfe¬rechts - hinreichende Aussicht auf Erfolg. Allein auf der Grundla¬ge der eingeholten Gutachten des MdK wird eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zu treffen sein. Die Kammer hält die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Aufklärung des Sachverhalts für geboten. Gleichwohl erscheint die Rechtsverfolgung nach Auffassung der Kam¬mer als mutwillig im Sinne des § 114 ZPO. Mutwillig im Sinne dieser Vorschrift handelt derjenige, der davon abweicht, was eine verständige, ausreichend bemittelte Partei in einem gleichliegenden Fall tun würde (vgl. Hartmann, in: Baumbach/ Lauterbach, 60. Auflage 2002, Rdnr. 107 zu § 114). Mutwillig ist die Rechtsverfolgung im Sinne des § 114 ZPO - so formuliert es Meyer-Ladewig (Kommentar zum SGG, 7. Auflage, 2002, § 73 a Rdnr. 8) -, wenn ein Beteiligter, der für die Kosten des Rechtsstreits selbst aufkommen muß, diesen Prozess nicht oder nicht in vollem Umfang führen würde, etwa weil er durch ein günstiges Urteil auf absehbare Zeit keinen Vorteil haben würde. Der in der Sozialgerichtsbarkeit seltene Fall einer Mutwilligkeit in diesem Sinne ist nach der Überzeugung der Kammer vorliegend ge¬geben. Denn eine verständige ausreichend bemittelte Partei würde in der Situation des Klägers eine Klage nicht erheben. Der Kläger, der seine Heimkosten nicht durch seine Einkünfte und die Leistungen der Pflegekasse decken kann und deshalb auf ergän¬zende Sozialhilfe angewiesen ist, würde durch die Zuordnung zur Pflegestufe II (anstelle der Stufe I) zwar höhere Leistungen der Pflegekasse erhalten, aber durch das dann höhere Heimentgelt nach der Pflegeklasse II in höherem Maße Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen, ohne gleichzeitig andere oder bessere Leistungen von sei-ein Heim beanspruchen zu können.
Nach dem vom Heim des Klägers mitgeteilten Pflegesätzen betrug in der hier streitigen Zeit ab Mai 2001 das Heimentgelt nach der Pflegeklasse I monatlich (30 Tagessätze) 2.298,60 Euro, im Falle der Pflegeklasse II 2.827,20 Euro. Demgegenüber betrugen der Lei¬stungen der Pflegekassen für vollstationär versorgte Pflegebedürf¬tige in der Pflegestufe I monatlich 1.023,- Euro und in der Pfle¬gestufe II 1.279,- Euro. Bei einem Erfolg der Klage - Stufe II statt I ab Mai 2001 - wäre der Kläger wirtschaftlich schlechter gestellt. Die Heimkosten stiegen um 528,60 Euro, die Leistungen der Pflegekasse jedoch nur um 256,00 Euro. Bei einer Einstufung in eine höhere Pflegeklasse hätte der Kläger aber auch keinen An¬spruch auf umfassendere oder bessere Pflegeleistungen. Nach seinem Heimvertrag und nach dem Gesetz hat das Pflegeheim nämlich die für die Versorgung des Klägers erforderlichen Leistungen - unabhängig von der jeweiligen Einstufung - umfassend zu erbringen. § 84 Abs. 4 Satz 1 SGB XI bestimmt ausdrücklich, dass mit den Pflegesätzen alle für die Versorgung der Pflegebedürftigen nach Art und Schwere ihrer Pflegebedürftigkeit erforderlichen Pflegeleistungen der Pflegeeinrichtung abgegolten sind. Nach § 2 seines Heimvertrages hat der Kläger Anspruch auf seinem Gesundheitszustand entsprechen¬de Pflege und Betreuung. In seinem Beschluss vom 15. Mai 2002 (Az.: L 3 B 7/02 P) hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen allerdings eine andere Rechtsauffassung vertreten. Mit diesem Beschluss hat es einen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss der erken-nenden Kammer vom 08. März 2002 (Az.: S 6 P 196/01) in einer ver-gleichbaren Konstellation mit folgender Begründung abgeändert: "Von der Feststellung einer höheren Pflegestufe kann der Kläger dagegen durchaus profitieren. Im Falle eines Obsiegens kann er die seinem Pflegebedarf tatsächlich entsprechenden Pflegelei¬stungen erhalten, die er ansonsten schwer durchsetzen könnte. Die vom SG vertretene Ansicht, das den Kläger betreuende Heim erbringe die erforderlichen Pflegeleistungen unabhängig von der festgelegten Pflegestufe, ist unter Berücksichtigung der Vergütungsstruktur nach dem SGB XI nicht haltbar. Die statio- nären Pflegeeinrichtungen sind zu wirtschaftlichem Verhalten verpflichtet (vgl. z. B. § 72 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Die Pfle¬ge- und Versorgungssituation des Klägers ist unmittelbar von der nach dem SGB XI festgestellten Pflegestufe abhängig. Bei der Bemessung der Pflegesätze bestimmt sich der Versorgungs¬aufwand, den ein Pflegebedürftiger nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit in Anspruch nehmen kann, regelmäßig nach seiner Zuordnung zu den Pflegestufen gemäß § 15 SGB XI (vgl. § 84 Abs. 2 SGB XI). Hieran orientieren sich auch die ergänzen¬den Leistungen des Sozialhilfeträgers im Rahmen der Hilfe zur Pflege (§ 68a BSHG). Vor diesem Hintergrund werden auch "verständige" Pflegebedürf¬tige mit unterhaltspflichtigen Angehörigen nicht umhin kommen, die Sicherstellung ihrer Grundpflege durch die Verfolgung eines Anspruchs auf eine höhere Pflegestufe geltend zu ma¬chen. " Diesen Ausführungen vermag die Kammer nicht zu folgen. Wären sie richtig, müssten zumindest gelegentlich auch vollstationär unterge¬brachte Pflegebedürftige, die hinreichend vermögend sind oder un¬terhaltspflichtige Angehörige haben, eine Höherstufung im Wege einer Klage geltend machen. Das ist aber nicht der Fall. Umgekehrt erheben Pflegebedürftige, die keine Sozialhilfe erhalten, gelegent¬lich Klagen mit dem Ziel, einer niedrigeren Pflegestufe zugeordnet zu werden. Soweit das LSG ausführt, die Pflege- und Versorgungssituation des Klägers sei unmittelbar von der nach dem SGB XI festgestellten Pflegestufe abhängig, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich genau umgekehrt verhält. Der Versorgungsaufwand, den ein Pflegebedürfti¬ger nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit in Anspruch nehmen kann, bestimmt sich nicht - wie das LSG unter Hinweis auf § 84 Abs. 2 SGB XI formuliert - "nach seiner Zuordnung zu den Pflege¬stufen". Vielmehr heißt es in dieser gesetzlichen Bestimmung, dass die Pflegesätze nach dem Versorgungsaufwand, den der Pflegebedürf¬tige nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit benötigt, in drei Pflegeklassen einzuteilen sind. Weshalb das LSG darauf hinweist, das die stationären Pflegeeinrich¬tungen gemäß § 72 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI zu wirtschaftlichem Verhalten verpflichtet sind, führt es nicht aus.
Diese Verpflichtung wie aber auch der Umstand, dass die Pflegeheime für sämtliche von ihnen zu erbringenden Leistungen eine "leistungs¬gerechte Vergütung" (§ 84 Abs. 2 Satz 1) verlangen können, ändern nichts daran, dass der Kläger "mutwillig" im Sinne des § 114 ZPO handelt, wenn er - im Interesse des Heimes - eine Höherstufung im Wege der Klage erreichen möchte. Wäre die Auffassung des LSG richtig, dass Pflegebedürftige nicht "umhin" kämen, die Sicherstellung ihrer Grundpflege durch die Ver¬folgung eines Anspruchs auf eine höhere Pflegestufe geltend zu ma¬chen, hätte der Gesetzgeber im Übrigen auch keinen Anlass gehabt, mit Wirkung vom 01. Januar 2002 die Vorschrift des § 87 a Abs. 2 SGB XI zu erlassen. In der Begründung der Bundesregierung zu dieser Vorschrift (vgl. Bundestags-Drucksache 14/5395) ist der Hintergrund dieser Regelung und ihr Inhalt wie folgt wiedergegeben: "In der Praxis hat sich gezeigt, dass pflegebedürftige Heimbewohner bei einem verschlechterten Zustand einen Antrag bei der Pflegekasse auf Höherstufung scheuen. Dies hängt damit zusammen, dass die Differenz zum Heimentgelt in der höheren Vergütungsklasse häufig nicht voll durch die höheren Leistungen der Pflegeversicherung aufgefangen wird. Die Vorschrift räumt dem Träger des Pflegeheims die Möglichkeit ein, einem Heimbe¬wohner, der auf Grund seines Zustandes einer höheren Pflege¬stufe zuzuordnen ist, unter begrenzten Voraussetzungen vorläu¬fig den Pflegesatz der nächsthöheren Pflegeklasse zu be¬rechnen. Zu den Voraussetzungen gehört, dass der Heimbewohner trotz schriftlich begründeter Aufforderung des Heimträgers sich weigert, die seinem Zustand entsprechende höhere Pflege¬stufe zu beantragen (Satz 1 bis 3). Eine solche Regelung ist notwendig, weil mit der Verschlimmerung des Zustandes eines Pflegebedürftigen in aller Regel ein höherer Versorgungs- und Betreuungsaufwand verbunden ist, der finanziert werden muss. Mit einer weniger belastenden Regelung - etwa Beratung durch das Heim oder die Pflegekasse - ist die Zielsetzung nicht zu erreichen, weil die Erfahrung zeigt, dass die Heimbewohner oder ihre Angehörigen trotz entsprechender Hinweise durch die Heimträger einen Antrag auf Höherstufung ablehnen. Der Heimträger kann den höheren Pflegesatz ab dem ersten Tag des zweiten Monats berechnen, der auf seine Aufforderung an den pflegebedürftigen Heimbewohner folgt. Stellt der Medizinische Dienst der Krankenversicherung fest, dass die Voraussetzungen für eine Höherstufung nicht vorliegen und lehnt die Pflegekasse deswegen eine Höherstufung ab, so hat das Heim dem Pflegebedürftigen oder seinem Kostenträgen den überzahlten Be¬trag mit Zinsen unverzüglich zurückzuzahlen (Satz 4). Die Regelung entspricht im Ansatz dem von Ländern und Verbän¬den überwiegend befürworteten Vorschlag aus dem Gesetzesantrag des Freistaates Bayern für ein "Qualitätsprüfungsgesetz Pfle¬ge" (Bundesrats-Drucksache 140/99). Sie vermeidet einerseits eine Durchbrechung der allen sozialen Sicherungssystemen ge¬meinsamen Grundregel, dass Leistungen nur auf Antrag der Lei¬stungsberechtigten gewährt werden; sie sichert andererseits - im Interesse einer ausreichenden Finanzierung der Pflege¬heimleistungen - zugleich eine leistungsgerechte Vergütung der jedem einzelnen Pflegebedürftigen nach dem Gesetz zustehenden bedarfsgerechten Versorgung und Betreuung." Nach alledem vertritt die Kammer weiterhin die Auffassung, dass es nicht Sinn der Einrichtung der Prozesskostenhilfe sein kann, die Ko¬sten der Prozessführung der Staatskasse aufzubürden, wenn das "Ar¬menrecht" nur dazu dient, den Kläger - bei Erfolg seiner Klage - im Ergebnis noch "ärmer" zu machen. Wenn der Kläger über seine aus § 87 a Abs. 2 SGB XI gegebenenfalls folgende Obliegenheit hinaus, einen Antrag auf Höherstufung bei der Pflegekasse zu stellen, im Wege der Klage Interessen seines Pflegeheims verfolgt, kann er dies jedenfalls nicht unter Inanspruchnahme der Prozesskostenhilfe tun.
Nur am Rande sei angemerkt, dass die Kammer im Hinblick auf die für den Kläger negative Prozesskostenhilfe-Entscheidung es - zunächst - dahinstehen lässt, ob die vom Kläger vorgelegte Prozessvollmachtserklärung vom 03. Juli 2002 unwirksam ist, weil sie unter der Voraus¬setzung erteilt wurde, dass Prozesskostenhilfe bewilligt werde. Eine Vollmachtserklärung darf als einseitige Prozesshandlung nämlich nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden.
Gründe:
I.
Der 1927 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Er lebt im Altenwohn- und Pflegeheim St. G. in C ... Er bezieht eine geringe Altersrente und vom Sozialamt zur Begleichung seiner restlichen Heimkosten Pflegewohngeld. Die Pflegesätze (ein¬schließlich Unterkunft, Verpflegung und pflegebedingter Aufwendun¬gen, aber ohne Einzelzimmerzuschlag) betrugen ab Mai 2001 in der Pflegestufe I 76,62 Euro täglich (monatlich etwa 2.298,60 Euro), in der Stufe II 94,24 Euro täglich (monatlich etwa 2.827,20 Euro). Ab Mai 2002 beträgt das Heimentgelt in der Stufe I monatlich etwa 2.383,80 Euro, in der Stufe II 2.932,50 Euro. Durch Bescheid vom 11. Juni 2001 bewilligte die Beklagte dem Klä¬ger auf einen Antrag vom 15. Mai 2001 Leistungen der vollstationä¬ren Pflege nach der Pflegestufe I. Grundlage dieser Entscheidung war ein MdK-Gutachten des Herrn Dr. M. vom 08. Juni 2001, in dem ein Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege in Höhe von 81 Minuten täglich festgestellt wurde. Dr. M. stellte als wesentliche Ge¬sundheitsstörung eine "mittelgradige geistige Behinderung aufgrund einer Epilepsie" fest. Mit Schreiben vom 18. Juni 2001 legte die Pflegedienstleiterin des Heims unter Vorlage einer Vollmachtsurkunde des Klägers vom 15. Juni 2001 Widerspruch ein und begehrte die Einstufung in die Pfle¬gestufe II. Gestützt auf ein MdK-Gutachten nach Aktenlage vom 22. August 2001 wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 07. November 2001 den Widerspruch zurück. Mit der am 07. Dezember 2001 erhobenen Klage begehrt der Kläger Leistungen der vollstationären Pflege nach der Pflegestufe II für die Zeit ab Antragstellung. Zugleich hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung der Rechtsanwältin C. beantragt. Auf einen Höherstufungsantrag des inzwischen für den Kläger be¬stellten Betreuers erklärte sich die Beklagte gestützt auf das MdK-Gutachten des Herrn Dr. N. vom 17. April 2002 mit Schrift¬satz vom 11. Juni 2002 bereit, für die Zeit ab März 2002 Leistun¬gen nach der Pflegestufe II zu gewähren. Dr. N. ermittelte für den Bereich der Grundpflege einen Hilfebedarf von 163 Minuten täg¬lich und vertrat in einer weiteren Stellungnahme vom 17. Mai 2002 die Auffassung, dass für die Zeit vor März 2002 die Voraussetzungen der Stufe II noch nicht vorgelegen hätten. Die Bevollmächtigte des Klägers hat eine Prozessvollmachtsurkunde des Betreuers des Klägers vom 03. Juli 2002 vorgelegt, in der es heißt, dass diese Vollmacht erteilt werde unter der Voraussetzung, dass die Kosten durch Prozesskostenhilfe abgesichert würden. Mit Schriftsatz vom 27. Juli 2001 hat die Bevollmächtigte des Klä¬gers das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen und im Übrigen die Leistungen der Pflegestufe II bereits für die Zeit ab Mai 2001 begehrt. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Be¬zug genommen
II.
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Rechtsanwältin C. ist abzulehnen. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt - neben der hier gegebe¬nen Bedürftigkeit des Antragstellers - voraus, dass die beabsich¬tigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73 a Abs. 1 des Sozialgerichtsgeset¬zes - SGG -, § 114 der Zivilprozessordnung - ZPO -).
Bei summarischer Prüfung der Rechtslage besteht für die Klage auf Gewährung von Leistungen der Pflegestufe II für die Zeit ab An¬tragstellung im Mai 2001 eine - im Sinne des Prozesskostenhilfe¬rechts - hinreichende Aussicht auf Erfolg. Allein auf der Grundla¬ge der eingeholten Gutachten des MdK wird eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zu treffen sein. Die Kammer hält die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Aufklärung des Sachverhalts für geboten. Gleichwohl erscheint die Rechtsverfolgung nach Auffassung der Kam¬mer als mutwillig im Sinne des § 114 ZPO. Mutwillig im Sinne dieser Vorschrift handelt derjenige, der davon abweicht, was eine verständige, ausreichend bemittelte Partei in einem gleichliegenden Fall tun würde (vgl. Hartmann, in: Baumbach/ Lauterbach, 60. Auflage 2002, Rdnr. 107 zu § 114). Mutwillig ist die Rechtsverfolgung im Sinne des § 114 ZPO - so formuliert es Meyer-Ladewig (Kommentar zum SGG, 7. Auflage, 2002, § 73 a Rdnr. 8) -, wenn ein Beteiligter, der für die Kosten des Rechtsstreits selbst aufkommen muß, diesen Prozess nicht oder nicht in vollem Umfang führen würde, etwa weil er durch ein günstiges Urteil auf absehbare Zeit keinen Vorteil haben würde. Der in der Sozialgerichtsbarkeit seltene Fall einer Mutwilligkeit in diesem Sinne ist nach der Überzeugung der Kammer vorliegend ge¬geben. Denn eine verständige ausreichend bemittelte Partei würde in der Situation des Klägers eine Klage nicht erheben. Der Kläger, der seine Heimkosten nicht durch seine Einkünfte und die Leistungen der Pflegekasse decken kann und deshalb auf ergän¬zende Sozialhilfe angewiesen ist, würde durch die Zuordnung zur Pflegestufe II (anstelle der Stufe I) zwar höhere Leistungen der Pflegekasse erhalten, aber durch das dann höhere Heimentgelt nach der Pflegeklasse II in höherem Maße Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen, ohne gleichzeitig andere oder bessere Leistungen von sei-ein Heim beanspruchen zu können.
Nach dem vom Heim des Klägers mitgeteilten Pflegesätzen betrug in der hier streitigen Zeit ab Mai 2001 das Heimentgelt nach der Pflegeklasse I monatlich (30 Tagessätze) 2.298,60 Euro, im Falle der Pflegeklasse II 2.827,20 Euro. Demgegenüber betrugen der Lei¬stungen der Pflegekassen für vollstationär versorgte Pflegebedürf¬tige in der Pflegestufe I monatlich 1.023,- Euro und in der Pfle¬gestufe II 1.279,- Euro. Bei einem Erfolg der Klage - Stufe II statt I ab Mai 2001 - wäre der Kläger wirtschaftlich schlechter gestellt. Die Heimkosten stiegen um 528,60 Euro, die Leistungen der Pflegekasse jedoch nur um 256,00 Euro. Bei einer Einstufung in eine höhere Pflegeklasse hätte der Kläger aber auch keinen An¬spruch auf umfassendere oder bessere Pflegeleistungen. Nach seinem Heimvertrag und nach dem Gesetz hat das Pflegeheim nämlich die für die Versorgung des Klägers erforderlichen Leistungen - unabhängig von der jeweiligen Einstufung - umfassend zu erbringen. § 84 Abs. 4 Satz 1 SGB XI bestimmt ausdrücklich, dass mit den Pflegesätzen alle für die Versorgung der Pflegebedürftigen nach Art und Schwere ihrer Pflegebedürftigkeit erforderlichen Pflegeleistungen der Pflegeeinrichtung abgegolten sind. Nach § 2 seines Heimvertrages hat der Kläger Anspruch auf seinem Gesundheitszustand entsprechen¬de Pflege und Betreuung. In seinem Beschluss vom 15. Mai 2002 (Az.: L 3 B 7/02 P) hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen allerdings eine andere Rechtsauffassung vertreten. Mit diesem Beschluss hat es einen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss der erken-nenden Kammer vom 08. März 2002 (Az.: S 6 P 196/01) in einer ver-gleichbaren Konstellation mit folgender Begründung abgeändert: "Von der Feststellung einer höheren Pflegestufe kann der Kläger dagegen durchaus profitieren. Im Falle eines Obsiegens kann er die seinem Pflegebedarf tatsächlich entsprechenden Pflegelei¬stungen erhalten, die er ansonsten schwer durchsetzen könnte. Die vom SG vertretene Ansicht, das den Kläger betreuende Heim erbringe die erforderlichen Pflegeleistungen unabhängig von der festgelegten Pflegestufe, ist unter Berücksichtigung der Vergütungsstruktur nach dem SGB XI nicht haltbar. Die statio- nären Pflegeeinrichtungen sind zu wirtschaftlichem Verhalten verpflichtet (vgl. z. B. § 72 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Die Pfle¬ge- und Versorgungssituation des Klägers ist unmittelbar von der nach dem SGB XI festgestellten Pflegestufe abhängig. Bei der Bemessung der Pflegesätze bestimmt sich der Versorgungs¬aufwand, den ein Pflegebedürftiger nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit in Anspruch nehmen kann, regelmäßig nach seiner Zuordnung zu den Pflegestufen gemäß § 15 SGB XI (vgl. § 84 Abs. 2 SGB XI). Hieran orientieren sich auch die ergänzen¬den Leistungen des Sozialhilfeträgers im Rahmen der Hilfe zur Pflege (§ 68a BSHG). Vor diesem Hintergrund werden auch "verständige" Pflegebedürf¬tige mit unterhaltspflichtigen Angehörigen nicht umhin kommen, die Sicherstellung ihrer Grundpflege durch die Verfolgung eines Anspruchs auf eine höhere Pflegestufe geltend zu ma¬chen. " Diesen Ausführungen vermag die Kammer nicht zu folgen. Wären sie richtig, müssten zumindest gelegentlich auch vollstationär unterge¬brachte Pflegebedürftige, die hinreichend vermögend sind oder un¬terhaltspflichtige Angehörige haben, eine Höherstufung im Wege einer Klage geltend machen. Das ist aber nicht der Fall. Umgekehrt erheben Pflegebedürftige, die keine Sozialhilfe erhalten, gelegent¬lich Klagen mit dem Ziel, einer niedrigeren Pflegestufe zugeordnet zu werden. Soweit das LSG ausführt, die Pflege- und Versorgungssituation des Klägers sei unmittelbar von der nach dem SGB XI festgestellten Pflegestufe abhängig, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich genau umgekehrt verhält. Der Versorgungsaufwand, den ein Pflegebedürfti¬ger nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit in Anspruch nehmen kann, bestimmt sich nicht - wie das LSG unter Hinweis auf § 84 Abs. 2 SGB XI formuliert - "nach seiner Zuordnung zu den Pflege¬stufen". Vielmehr heißt es in dieser gesetzlichen Bestimmung, dass die Pflegesätze nach dem Versorgungsaufwand, den der Pflegebedürf¬tige nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit benötigt, in drei Pflegeklassen einzuteilen sind. Weshalb das LSG darauf hinweist, das die stationären Pflegeeinrich¬tungen gemäß § 72 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI zu wirtschaftlichem Verhalten verpflichtet sind, führt es nicht aus.
Diese Verpflichtung wie aber auch der Umstand, dass die Pflegeheime für sämtliche von ihnen zu erbringenden Leistungen eine "leistungs¬gerechte Vergütung" (§ 84 Abs. 2 Satz 1) verlangen können, ändern nichts daran, dass der Kläger "mutwillig" im Sinne des § 114 ZPO handelt, wenn er - im Interesse des Heimes - eine Höherstufung im Wege der Klage erreichen möchte. Wäre die Auffassung des LSG richtig, dass Pflegebedürftige nicht "umhin" kämen, die Sicherstellung ihrer Grundpflege durch die Ver¬folgung eines Anspruchs auf eine höhere Pflegestufe geltend zu ma¬chen, hätte der Gesetzgeber im Übrigen auch keinen Anlass gehabt, mit Wirkung vom 01. Januar 2002 die Vorschrift des § 87 a Abs. 2 SGB XI zu erlassen. In der Begründung der Bundesregierung zu dieser Vorschrift (vgl. Bundestags-Drucksache 14/5395) ist der Hintergrund dieser Regelung und ihr Inhalt wie folgt wiedergegeben: "In der Praxis hat sich gezeigt, dass pflegebedürftige Heimbewohner bei einem verschlechterten Zustand einen Antrag bei der Pflegekasse auf Höherstufung scheuen. Dies hängt damit zusammen, dass die Differenz zum Heimentgelt in der höheren Vergütungsklasse häufig nicht voll durch die höheren Leistungen der Pflegeversicherung aufgefangen wird. Die Vorschrift räumt dem Träger des Pflegeheims die Möglichkeit ein, einem Heimbe¬wohner, der auf Grund seines Zustandes einer höheren Pflege¬stufe zuzuordnen ist, unter begrenzten Voraussetzungen vorläu¬fig den Pflegesatz der nächsthöheren Pflegeklasse zu be¬rechnen. Zu den Voraussetzungen gehört, dass der Heimbewohner trotz schriftlich begründeter Aufforderung des Heimträgers sich weigert, die seinem Zustand entsprechende höhere Pflege¬stufe zu beantragen (Satz 1 bis 3). Eine solche Regelung ist notwendig, weil mit der Verschlimmerung des Zustandes eines Pflegebedürftigen in aller Regel ein höherer Versorgungs- und Betreuungsaufwand verbunden ist, der finanziert werden muss. Mit einer weniger belastenden Regelung - etwa Beratung durch das Heim oder die Pflegekasse - ist die Zielsetzung nicht zu erreichen, weil die Erfahrung zeigt, dass die Heimbewohner oder ihre Angehörigen trotz entsprechender Hinweise durch die Heimträger einen Antrag auf Höherstufung ablehnen. Der Heimträger kann den höheren Pflegesatz ab dem ersten Tag des zweiten Monats berechnen, der auf seine Aufforderung an den pflegebedürftigen Heimbewohner folgt. Stellt der Medizinische Dienst der Krankenversicherung fest, dass die Voraussetzungen für eine Höherstufung nicht vorliegen und lehnt die Pflegekasse deswegen eine Höherstufung ab, so hat das Heim dem Pflegebedürftigen oder seinem Kostenträgen den überzahlten Be¬trag mit Zinsen unverzüglich zurückzuzahlen (Satz 4). Die Regelung entspricht im Ansatz dem von Ländern und Verbän¬den überwiegend befürworteten Vorschlag aus dem Gesetzesantrag des Freistaates Bayern für ein "Qualitätsprüfungsgesetz Pfle¬ge" (Bundesrats-Drucksache 140/99). Sie vermeidet einerseits eine Durchbrechung der allen sozialen Sicherungssystemen ge¬meinsamen Grundregel, dass Leistungen nur auf Antrag der Lei¬stungsberechtigten gewährt werden; sie sichert andererseits - im Interesse einer ausreichenden Finanzierung der Pflege¬heimleistungen - zugleich eine leistungsgerechte Vergütung der jedem einzelnen Pflegebedürftigen nach dem Gesetz zustehenden bedarfsgerechten Versorgung und Betreuung." Nach alledem vertritt die Kammer weiterhin die Auffassung, dass es nicht Sinn der Einrichtung der Prozesskostenhilfe sein kann, die Ko¬sten der Prozessführung der Staatskasse aufzubürden, wenn das "Ar¬menrecht" nur dazu dient, den Kläger - bei Erfolg seiner Klage - im Ergebnis noch "ärmer" zu machen. Wenn der Kläger über seine aus § 87 a Abs. 2 SGB XI gegebenenfalls folgende Obliegenheit hinaus, einen Antrag auf Höherstufung bei der Pflegekasse zu stellen, im Wege der Klage Interessen seines Pflegeheims verfolgt, kann er dies jedenfalls nicht unter Inanspruchnahme der Prozesskostenhilfe tun.
Nur am Rande sei angemerkt, dass die Kammer im Hinblick auf die für den Kläger negative Prozesskostenhilfe-Entscheidung es - zunächst - dahinstehen lässt, ob die vom Kläger vorgelegte Prozessvollmachtserklärung vom 03. Juli 2002 unwirksam ist, weil sie unter der Voraus¬setzung erteilt wurde, dass Prozesskostenhilfe bewilligt werde. Eine Vollmachtserklärung darf als einseitige Prozesshandlung nämlich nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden.
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