L 6 R 178/18

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 26 R 1077/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 178/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei einem rechtsunkundigen Versicherten ist bei Berücksichtigung des "aktuellen Rentenwertes" statt des "aktuellen Rentenwertes (Ost)" in der Rentenberechnung mangels Definition des "aktuellen Rentenwertes" und des" aktuellen Rentenwertes (Ost)" im Rentenbescheid und mangels durchgängiger Differenzierung von "persönlichen Entgeltpunkten" und "persönlichen Entgeltpunkten (Ost)" in der Rentenberechnung nicht von Bösgläubigkeit im Sinne von § 45 Abs. Satz 3 Nr. 3 SGB X auszugehen.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 07.02.2018 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten für die zweite Instanz zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Rücknahme des Bescheides der Beklagten vom 7. Juli 1999 über die Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit mit Wirkung ab 1. Januar 1995 und die Erstattung einer Überzahlung in Höhe von 22.647,03 EUR.

Der am 1934 geborene Kläger, der bei der Beklagten versichert ist, war vom 1. September 1960 bis 31. Oktober 1962 als Diplom-Gewerbelehrer tätig, vom 1. März 1964 bis 1967 als Stellvertretender Direktor, von 1968 bis 1973 als Direktor für Kader, Bildung und Sozialwesen, von 1974 bis 30. Juni 1990 als Leiter einer Berufsschule, vom 1. Juli 1990 bis 30. Juni 1992 als Leiter Ausbildungswesen. Am 10. Juni 1958 wurde ihm von der Hochschule der akademische Grad eines Diplom-Gewerbelehrers verliehen.

Auf Antrag des Klägers vom 31. August 1994 gewährte ihm die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) ab 1. Januar 1995 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit unter Berücksichtigung von 65,7792 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) und einem aktuellen Rentenwert (Ost) in Höhe von 35,45 DM; monatlicher Rentenzahlbetrag ab 1. Januar 1995 2.168,64 DM (Bescheid vom 13. Juli 1995). Berücksichtigt wurden u. a. AAÜG-Zeiten vom 1. August 1960 bis 27. Mai 1990.

Mit weiterem Bescheid vom 28. Dezember 1995 wurde die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit neu festgestellt. Es wurden 65,8567 persönliche Entgeltpunkte (Ost) berücksichtigt sowie ein aktueller Rentenwert (Ost) von 35,45 DM; monatlicher Rentenzahlbetrag ab 1. Januar 1995 2.171,20 DM (Nachzahlung vom 1. Januar 1995 bis 31. Januar 1996 33,83 DM).

Mit weiterem Bescheid vom 15. März 1996 wurde die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 1. Januar 1995 neu festgestellt, weil sich die Anrechnungszeit vom 1. September 1954 bis 10. Juni 1958 geändert hatte. Berücksichtigt wurden 66,4767 persönliche Entgeltpunkte (Ost) und ein aktueller Rentenwert (Ost) von 35,45 DM; monatlicher Rentenzahlbetrag ab 1. Januar 1995 2.191,64 DM (Nachzahlung für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 30. April 1996 336,04 DM).

Unter dem 23. April 1999 erließ die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme einen Feststellungsbescheid. U. a. wurde ausgeführt, zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus der Zusatzversorgung in die Rentenversicherung würden die Daten nach dem AAÜG festgestellt. Diese Daten dienten dem Rentenversicherungsträger zur Berechnung einer Leistung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Der Rentenversicherungsträger stelle in einem gesonderten Bescheid auch alle übrigen Zeiten außerhalb des Zusatzversorgungszeitraumes fest. Die Korrektur dieses Bescheides sei aufgrund der neuen Rechtsprechung erfolgt (in Bezug auf Sondertatbestände – Entgeltbegrenzung u. a.). Dieser Bescheid ergehe aufgrund des Widerspruchs bzw. Überprüfungsantrags vom 4. März 1999. Der bisherige Bescheid werde aufgehoben, soweit er diesem Bescheid entgegenstehe.

Mit weiterem Bescheid vom 7. Juli 1999 wurde die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 1. Januar 1995 neu festgestellt wegen Berücksichtigung einer Kindererziehungszeit vom 1. August 1958 bis 31. August 1958. Berücksichtigt wurden 66,4767 persönliche Entgeltpunkte und ein aktueller Rentenwert in Höhe von 46,00 DM. Es ergab sich ein monatlicher Rentenzahlbetrag ab 1. Januar 1995 von 2.843,88 DM und ab 1. Juli 1999 in Höhe von 2.959,78 DM. Für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 31. August 1999 wurde eine Nachzahlung in Höhe von 27.657,04 DM ermittelt. Für den Zeitraum vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 erhielt der Kläger vor Erlass des Bescheides vom 7. Juli 1999 einen monatlichen Rentenzahlbetrag in Höhe von 2.504,99 DM (für Juni 1999), (Differenzbetrag zum im Bescheid vom 7. Juli 1999 errechneten Rentenzahlbetrag für diesen Zeitraum 454,79 DM; 18,15 % höhere Netto-Rente). Im Versicherungsverlauf sind keine Kindererziehungszeiten berücksichtigt. Berücksichtigt wurden jedoch zusätzlich im Vergleich zum Bescheid vom 13. Juli 1995 AAÜG-Zeiten vom 1. August 1958 bis 31. Juli 1960.

Auf Blatt 210 der Verwaltungsakte der Beklagten findet sich in Bezug auf den Kontospiegel/Rente für den Kläger – Altersrente wegen Arbeitslosigkeit folgender EDV-maschineller Text: "Die Anpassung der Rente konnte vom RENTEN SERVICE nicht durchgeführt werden. Es wurde folgender Fehler übermittelt:

Im Rentenbetrag sind erstattungsfähige Rententeile aus Zusatz- oder Sonderversorgungsleistungen nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) enthalten. Im Rentenkonto fehlt die Angabe zum Wohnsitz des Versicherten am 18.05.90 (SC D000). Bei Erstellung des Zahlungsauftrages an den RENTEN SERVICE wurde als Wohnsitz das Verkehrsgebiet Ost unterstellt. In diesen Fällen sind jedoch Angaben zu den persönlichen Entgeltpunkten Ost (SC C013) zwingend erforderlich. Sachbearbeitung veranlasse die Neufeststellung der Rente ab Rentenbeginn. Sofern die Neufeststellung der Rente durch Berechnungsvorgaben der Sachbearbeitung erfolgt (SC 5000 ff.), sind auch Angaben zum Wohnsitz im SC 5003 F04 sowie bei einem Wohnsitz im Verkehrsgebiet Ost die persönlichen Entgeltpunkte Ost (SC 5013 F15) zu verschlüsseln.

Es wurden folgende Werte übermittelt:

BXZANR = 11

Fertigungsdatum = 07.07.1999

Hinweisziffer = 3" (Datenerfassung am 9. Juni 2000, Verarbeitung am 10. Juni 2000).

Am 4. September 2000 legte der Kläger Widerspruch gegen die Rentenanpassung zum Juli 2000 ein. Der Widerspruch richtete sich dagegen, dass die Rente nur um 0,6 % (Inflationsrate) angehoben worden sei. Er beantragte, dass die Rente so angepasst werde wie sich die Nettolöhne der Bevölkerung erhöht hätten. Auf Blatt 220 der Verwaltungsakte findet sich ein Vermerk der Sachbearbeitung der Beklagten, dass die Rente zum 1. Juli 2007 nicht angepasst worden sei. Es sei eine Änderung zum 1. Juli 2007 zu veranlassen. Im vorliegenden Fall hätten die dem Renten Service im Rahmen der AP-Voraktion übermittelten Daten nicht ausgewertet werden können. Infolgedessen habe die Rente nicht durch den Renten Service angepasst werden können. "Bitte veranlassen Sie eine Neuberechnung der Rente ab dem 01.07.2007 bzw. auch zu einem früheren Zeitpunkt, wenn die Rente schon in den Vorjahren nicht angepasst wurde, mit Vorgabe Rente//Anspruch//Berechnungsdaten//Beginn//Berechnungsanlass: Rentenanpassung/Überprüfung 01.07. – durch Sachbearbeitung. Da die Rente nicht zum 01.07.07 angepasst wurde, gelten die bis zum 30.06.07 gezahlten Beträge über den 01.07.07 hinaus. Wir bitten um entsprechende Berücksichtigung in den Verrechnungsbeträgen."

Unter dem 8. Juli 2000, 12. Mai 2004 und 8. August 2007 erteilte die Beklagte weitere Bescheide wegen Durchführung von Rentenanpassungen bzw. geänderten Beitragssatzes zur Krankenversicherung.

Am 7. August 2007 war die Sachbearbeitung der Beklagten mit der Rentenanpassung für die Zeit ab 1. Juli 2007 befasst – im Rahmen der Nachholung der maschinellen Anpassung 07/2007. Ein anderer Sachbearbeiter hat die Entscheidungsvorlage des Vorschlags, der Neuberechnung der Rente ("Die Daten sind vollständig richtig gespeichert") für sachlich und rechnerisch richtig befunden (Blatt 226 Verwaltungsakte).

Gegen die Rentenanpassung seiner Altersrente zum 1. Juli 2013 hat der Kläger am 14. Juni 2013 Widerspruch eingelegt. Er habe die Information erhalten, dass sich seine monatliche Rente um 0,2492 %, das heiße von 1.866,00 auf 1.870,65 EUR erhöhe. Auf Seite 2 informiere man aber – wie in der Presse veröffentlicht –, dass die Erhöhung 3,29 % betrage.

Die Beklagte hat ihm daraufhin ein Informationsschreiben zur Rentenanpassung Juli 2013 übersandt (vom 31. Juli 2013). Daraufhin hat der Kläger mit Schreiben vom 4. August 2013 der Beklagten mitgeteilt: Sein Problem sei, dass er nicht verstehe, weshalb er nicht als Bürger des Beitrittsgebiets eingestuft werde. Bei allen Bekannten und auch seiner Ehefrau sei dies der Fall. Er habe immer im östlichen Teil Deutschlands – Beitrittsgebiet – gelebt. Seit 1960 wohne er in der östlichsten Stadt der Bundesrepublik, in P ... Er denke "beitrittlicher" gehe es gar nicht. Er bitte sie, ihn zu den Gründen für diese "westliche" Einstufung zu informieren.

Der Sachbearbeitung der Beklagten fiel spätestens am 23. September 2013 auf, dass der Rentenberechnung eine Neufeststellung vom 7. Juli 1999 wegen falscher Vorgabe der besitzgeschützten Entgeltpunkte "West" rückwirkend ab 1. Januar 1995 und aufgrund dessen seither immer der aktuelle Rentenwert "West" zugrunde gelegt werde. Es hätten bei der Neuberechnung vom 7. Juli 1999 besitzgeschützte Entgeltpunkte "Ost" vergeben werden müssen. Im Rahmen einer Probeberechnung vom 18. Oktober 2013 wurde eine Überzahlung in Höhe von insgesamt 46.557,11 EUR festgestellt.

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2013 wurde der Kläger zu einer Rücknahme des Bescheides vom 7. Juli 1999 mit Wirkung ab 1. Januar 1995 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) angehört. Die richtig berechnete Rente in Höhe von 1.535,72 EUR sei ab 1. Dezember 2013 laufend zu zahlen. Die Überzahlung für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 30. November 2013 in Höhe von 46.557,11 EUR sei nach § 50 Abs. 1 SGB X zumindest teilweise zurückzufordern. Die Rente sei fehlerhaft berechnet worden, weil bei der wiederholten Neufeststellung am 7. Juli 1999 besitzgeschützte Entgeltpunkte (West) anstelle von Entgeltpunkten (Ost) berücksichtigt worden seien. Er könne dies der Anlage 6 des Bescheides vom 7. Juli 1999 entnehmen, die sie beigefügt habe. Die Voraussetzungen für die beabsichtigte Entscheidung sei nach Lage der Akten erfüllt, weil an der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe und sein Vertrauen in den Bestand des Bescheides nicht schutzwürdig sei (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Er hätte aufgrund der ihm von ihr gegebenen Informationen die Fehlerhaftigkeit des Bescheides kennen bzw. hätte erkennen müssen (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X).

Am 16. Dezember 2013 stellte die Beklagte die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 1. Januar 1995 neu fest. Berücksichtigt wurden 66,4767 persönliche Entgeltpunkte (Ost) sowie ein aktueller Rentenwert (Ost) in Höhe von 35,45 DM ab 1. Januar 1995. Für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Januar 2014 ergab sich eine Überzahlung in Höhe von 23.421,14 EUR. Der Rentenbescheid vom 7. Juli 1999 werde hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. Januar 1995 nach § 45 SGB X zurückgenommen. Die entstandene Überzahlung sei vom Kläger nach § 50 SGB X zu erstatten. Die Rücknahme des Rentenbescheides sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft sei zulässig, weil er sich zum einen auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides nicht berufen könne (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X) und zum anderen die Fristen des § 45 Abs. 3 bzw. Abs. 4 SGB X nicht abgelaufen seien. Die ihm im Rahmen der Anhörung mit Schreiben vom 30. Oktober 2013 gegebene Gelegenheit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, habe er nicht genutzt. Bei der Vertrauensschutzprüfung sowie bei der Ausübung ihres Ermessens seien sämtliche bekannten Umstände berücksichtigt worden, um eine Bescheidrücknahme zu seinen Ungunsten zu vermeiden. Dies habe zwar nicht bei der Vertrauensschutzprüfung, wohl aber bei der Ausübung ihres Ermessens zu seinen Gunsten berücksichtigt werden können. Auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides könne er sich nicht berufen, weil er aufgrund der ihm von ihr gegebenen Informationen die Fehlerhaftigkeit des Bescheides gekannt habe bzw. hätte erkennen müssen (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Bei der wiederholten Neufeststellung vom 7. Juli 1999 seien anstelle von Entgeltpunkten (Ost) fehlerhafte Entgeltpunkte (West) vorgegeben worden. Dies könne er der Anlage 6 des Bescheides auch entnehmen. Allerdings habe sie die ihr bekannten Umstände im Wege des Ermessens insoweit berücksichtigt, als der Bescheid nur teilweise zurückgenommen werde. Dies ergebe sich daraus, dass nur der in der Anlage 1 ausgewiesene Betrag überzahlt und zu erstatten sei. Die Ermessensentscheidung begründe sich wie folgt: Aufgrund des Mitverschuldens des Rentenversicherungsträgers und seines fortgeschrittenen Lebensalters werde die Überzahlung nur in Höhe von 50 % zurückgefordert.

Dagegen legte der Kläger am 2. Januar 2014 Widerspruch ein. Seinerseits liege kein Verschulden vor. Der Rentenbescheid trage nach Auslegung des Rententrägers nicht die Vermutung seiner Fehlerhaftigkeit in sich. Der Rentner könne vielmehr auf die Richtigkeit des Rentenbescheides vertrauen. Die Beklagte verweise auf Anlage 6 des Rentenbescheides vom 7. Juli 1999, aus dem er hätte erkennen müssen, dass hierbei "West-Entgeltpunkte" zugrunde gelegt worden seien. Dieser Aussage könne er nicht folgen. In der Anlage 6 könne man als "Laie", die Summe der Entgeltpunkte (Ost) sowie die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte (Ost) erkennen. Er hätte nicht wissen müssen, dass "persönliche Entgeltpunkte" ohne jeglichen Vermerk an dieser Stelle "West-Entgeltpunkte" beinhalteten. Er besitze keine rentenrechtlichen Kenntnisse über den Aufbau des Rentenbescheides und deren Berechnung. Dafür sei allein die Rentenversicherung zuständig. Es liege somit keine grobe Fahrlässigkeit vor. Da er den Verwaltungsakt weder durch arglistige Täuschung, Drohung noch Bestechung erwirkt habe, der Verwaltungsakt nicht auf unvollständigen oder unrichtigen Angaben seinerseits beruht habe und er auch die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes nicht ohne weiteres habe erkennen können, sei von einer Rücknahme des Bescheides für die Vergangenheit abzusehen und für die Rücknahme des Verwaltungsaktes für die Zukunft eine Aussparung der Rente nach § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X für ihn maßgebend.

Unter dem 10. April 2014 erließ die Beklagte einen weiteren Bescheid, der ihren Bescheid vom 16. Dezember 2013 wie folgt ergänzte: Die Höhe der Rückforderung reduziere sich um 774,11 EUR auf dann insgesamt 22.647,03 EUR. Die Agentur für Arbeit habe aus der Nachzahlung des Bescheides vom 7. Juli 1999 einen Betrag in Höhe von 13.151,50 DM erstattet bekommen. Wenn sie bei der Abrechnung dieses Erstattungsanspruchs die monatliche Höhe der Rente aus dem Bescheid vom 16. Dezember 2013 zugrunde gelegt hätten, ergäbe sich für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 13. Juli 1995 ein verminderter Erstattungsbetrag in Höhe von 774,11 EUR. Für die Zeit vom 14. Juli 1995 bis 23. Juli 1997 ergebe sich kein zu viel gezahlter Erstattungsanspruch, da das Arbeitslosengeld in dieser Zeit deutlich geringer gewesen sei als die Rente und daher maximal dieser Betrag zu erstatten gewesen sei. Dieser Bescheid werde nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.

Der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2014). Im Fall des Klägers ergebe sich die Fehlerhaftigkeit des bisherigen Bescheides dadurch, dass anstelle der im Bescheid vom 15. März 1996 ermittelten Entgeltpunkte (Ost) in Höhe von 66,4767 Entgeltpunkte (West) in gleicher Höhe besitzgeschützt worden seien und daher anstelle des aktuellen Rentenwertes (Ost) der höhere aktuelle Rentenwert für die alten Bundesländer seiner Rentenrechnung zugrunde gelegt worden sei. Damit sei die Rechtsvorschrift des § 45 SGB X maßgeblich und es sei zu prüfen, ob eine Rücknahme des Bescheides für die Vergangenheit zulässig sei, mit der Folge, dass die überzahlten Beträge von ihm zu erstatten seien. Zur Begründung wurde ausgeführt: "Nach § 45 SGB X ist eine Rücknahme für die Vergangenheit zulässig, wenn • die Zehnjahresfrist des§ 45Abs. 3 Satz 3 SGB X dem nicht entgegensteht und • die Einjahresfrist des § 45 Abs. 4 SGB X noch nicht abgelaufen ist.

Des Weiteren muss das Vertrauen in den bisherigen Bescheid wegen "Bösgläubigkeit" im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht schutzwürdig sein oder ein Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 580 der Zivilprozessordnung (ZPO) vorliegen.

Die Rücknahme eines Verwaltungsaktes ist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn nach Bekanntgabe des ursprünglichen Bescheides (hier 29.08.2005.) noch keine zehn Jahre verstrichen sind. Darüber hinaus kann der Bescheid auch nach Ablauf der Zehnjahresfrist zurückgenommen werden, wenn die wiederkehrende Geldleistung bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme noch laufend gezahlt wird (§ 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X).

Da die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit seit dem Rentenbeginn bis auf weiteres laufend gezahlt wurde bzw. gezahlt wird, ist die Frist offen und steht einer Rücknahme für die Vergangenheit nicht entgegen.

Darüber hinaus ist die Einjahresfrist zu prüfen. Dies bedeutet, dass der Rentenversicherungsträger verpflichtet ist, die Rücknahme des Verwaltungsaktes innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen vorzunehmen, welche die Rücknahme für die Vergangenheit rechtfertigen.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat erstmals durch Ihr Schreiben vom 14.06.2013 davon Kenntnis erlangt, dass der Berechnung Ihrer Rente ein fehlerhafter aktueller Rentenwert und fehlerhafte geschützte Entgeltpunkte zugrunde gelegt wurden. Da der von Ihnen angefochtene Rückforderungsbescheid innerhalb der Einjahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X erteilt wurde, steht auch dieser Sachverhalt einer Bescheidrücknahme nicht entgegen.

Nachdem die Fristenregelung des § 45 SGB X eine Bescheidrücknahme ermöglicht, war zu prüfen, ob ein schutzwürdiges Vertrauen im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorliegt. Dies ist dann nicht der Fall, wenn • der Rentenbezieher den Bescheid durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Satz 3 Nr. 1) oder • der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Rentenbezieher vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Satz 3 Nr. 2) oder • der Rentenbezieher die Rechtswidrigkeit des Bescheides kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Satz 3 Nr. 3).

Mit Bescheid vom 13.07.1995 wurde Ihre Rente erstmalig berechnet. Mit Bescheiden vom 28.12.1995 und 15.03.1996 erfolge jeweils die Neufeststellung der Rente, da Sie die Nichtberücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten im Rahmen von Widersprüchen geltend gemacht haben.

Mit Bescheid vom 07.07.1999 erfolgte eine weitere Neufeststellung Ihrer Rente, da der Zeitraum vom 01.08.1958 bis 31.08.1958 zusätzlich als Kindererziehungszeit anzuerkennen war. Bei der Berechnung entstand eine Nachzahlung in Höhe von 27.657,04 DM durch die zusätzlichen Anerkennung nur eines Monats Kindererziehungszeit, die aus der fehlerhaften Verschlüsselung von besitzgeschützten Entgeltpunkten "West" anstelle der bis zu diesem Zeitpunkt anerkannten Entgeltpunkte "Ost" resultierte. Des Weiteren wurde bei der Rentenberechnung der aktuelle Rentenwert "Ost" in Höhe von 35,45 DM zum Zeitpunkt 01.01.1995 durch den aktuellen Rentenwert "West" in Höhe von 46,00 DM ersetzt.

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt wurde. Dabei kommt es auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtvermögen und Verhalten des Betroffenen sowie auf die besonderen persönlichen Umstände des Einzelfalles an. Hiernach wird also eine Sorgfaltspflichtverletzung ungewöhnlich hohen Ausmaßes vorausgesetzt, d.h. eine besonders grobe und auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung. Das ist ein Verhalten, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden, wenn nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vergleiche hierzu BSG-Urteile vom 31.08.1976, AZ: 7 Rar 112/74, BSGE 42, 184, 187 und vom 28.11.1978, AZ: 4 RJ 130/77, SozR 2200 § 1301 RVO Nr. 8 m.w.N.)

§ 45 SGB X ist eine Ermessensvorschrift. Dies ermöglicht dem Rentenversicherungsträger von der dem Grunde nach vorliegenden Rücknahmemöglichkeit zugunsten des Betroffenen ganz oder teilweise Abstand nehmen zu können. Da § 45 SGB X die Interessen der Betroffenen und der Verwaltung bereits innerhalb der Rücknahmevoraussetzungen sorgfältig abwägt, kann von der Rücknahme im Wege des Ermessens nur abgesehen werden, wenn darüber hinaus besondere Umstände vorliegen, die bei der bisherigen Prüfung ohne Bedeutung waren.

Ein bösgläubiger Leistungsempfänger kann sich nach der Rechtsprechung des BSG vom 25.01.1994 (4 RA 16/92) und vom 23.03.1999 (B 4 RA 41/98 R) schlechthin nicht auf ein Vertrauen in die Bestandskraft des bisherigen Bescheides berufen, denn es können in diesen Fällen keine "billigenswerten" Interessen, das schuldhaft zu Unrecht erlangte ganz oder teilweise behalten zu können, zuerkannt werden.

Dies würde nämlich dazu führen, dass derjenige, der die Hinweise des Rentenversicherungsträgers nicht beachtet oder schlichtweg ignoriert, besser gestellt wird, als derjenige, der sich an diese Hinweise hält.

Dessen ungeachtet sind auch in diesen Fällen Ermessensabwägungen anzustellen. Dabei sind die Gründe "für" und die "gegen" eine Aufhebung sprechen, gegenüber zu stellen.

Gegen eine Aufhebung spricht der Umstand, dass der Fehler bei der Rentenberechnung im internen Arbeitsablauf des Rentenversicherungsträgers erfolgte.

Für die Aufhebung spricht, dass die Deutsche Rentenversicherung Bund das Vermögen der Versichertengemeinschaft lediglich treuhänderisch verwaltet. Sie ist daher mit Blick auf § 76 Abs. 1 SGB IV, wonach Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben sind, gehalten alle gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, der Versichertengemeinschaft zustehende Gelder einzufordern und materiell-rechtlich nicht zustehende Leistungen nicht erbringen zu müssen.

Unter Abwägung der Gründe, die "für" und "gegen" eine Bescheidaufhebung sprechen, kommt die Widerspruchsstelle zu dem Ergebnis, dass die Gründe, die "für" eine Bescheidaufhebung sprechen, so weit überwiegen, dass eine Bescheid Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit gerechtfertigt erscheint. Es erfolgt jedoch eine Begrenzung der Rückforderung auf die Hälfte der Überzahlung, da den Rentenversicherungsträger ein Mitverschulden trifft. Sodass sich eine Überzahlung in Höhe von 22.647,03 EUR ergibt.

Dieses Ergebnis wird wie folgt begründet:

An der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes besteht ein öffentliches Interesse. Dieses Interesse überwiegt weit gegenüber Ihrem Individualinteresse. Denn zum einen führt die Bescheidrücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit in dem Umfang, als sich daraus eine Überzahlung in Höhe von 22.647,03 EUR ergibt, nicht zu einer finanzielle Härte für Sie bzw. wurde eine derartige Härte nicht geltend gemacht. Zum anderen ist es der Versichertengemeinschaft nicht zuzumuten, dass an Sie weitere Beträge ausgezahlt wurden, auf die Sie materiell-rechtlich keinen Anspruch hatten.

Die von der Verwaltung vorgenommene Bescheidrücknahme für die Vergangenheit ist somit nicht zu beanstanden. Dies hat zur Folge, dass der überzahlte Betrag in Höhe von 22.647,03 EUR von Ihnen nach § 50 SGB X zu erstatten ist."

Hiergegen hat sich die am 10. Juli 2014 beim Sozialgericht Dresden (SG) erhobene Klage gerichtet.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe bis zur Information durch die Beklagte Ende 2013 in der Formulierung des Bescheides vom 7. Juli 1999, Seite 2, stets nur den Anlass für die Neuberechnung der Rente gesehen – niemals aber die Begründung für die Erhöhung des Rentenbetrages. Er habe nach Erhalt des Bescheides vom 7. Juli 1999 (31 Seiten mit vielen Zahlen) keine Veranlassung gehabt, einen detaillierten Vergleich mit dem drei Jahre vorher ergangenen Bescheid vorzunehmen – nicht zuletzt auch, weil die Neuberechnung für ihn positiv ausgegangen gewesen sei. Der Text der Widersprüche liege ihm nicht vor. Er könne dazu nur sagen, dass ihn in dieser Zeit zwei ehemalige Kollegen aus dem Waggonbau P ... beraten hätten. Es seien die Herren K (ehemals Planungsleiter) und der ehemalige Hauptbuchhalter L gewesen. Beide hätten Speziallehrgänge zum Rentenrecht besucht, hätten PC "besessen" und seien ehrenamtlich tätig gewesen. Er habe den direkten Zusammenhang zwischen zusätzlichen Entgeltpunkten mit erhöhtem Zahlbetrag nicht gesehen, sondern sei der Meinung gewesen, dass dieser aus einer völligen Neuberechnung der Rente resultiere (zu einer Berücksichtigung von weiteren 0,6975 Entgeltpunkten bei einem weiteren Monat Kindererziehung und zu einem daraus resultierenden um 600,00 DM höheren Zahlbetrag der Rente) (zu einem Hinweisschreiben des SG vom 10. Mai 2016).

Die Beklagte hat vorgetragen, die Anhörung vom 30. Oktober 2013 habe die Höhe der entstandenen Gesamtüberzahlung in Höhe von 46.557,11 EUR enthalten. Erst nach dem Ergebnis der Anhörung habe sie entschieden, dass die Überzahlung nur zu 50 % vom Kläger zurückgefordert werde. Der Bescheid vom 16. Dezember 2013 enthalte, unter Berücksichtigung der zu zahlenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, bereits die Rückforderung zu 50 %. Die Vorgabe von Entgeltpunkten (West) anstelle der zutreffenden Entgeltpunkte (Ost) sei erstmals bei der Neufeststellung der Rente des Klägers mit Bescheid vom 1. Juli 1999 veranlasst worden. Gemäß Blatt 182 Rückseite der Verwaltungsakte sei ein Besitzschutz der bisherigen Entgeltpunkte vorzugeben gewesen. Die Berechnung sei aufgrund der Einbeziehung des Zeitraums vom 1. August 1958 bis 31. August 1960 in das Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen erfolgt. Bei der Vorgabe von Entgeltpunkten (West) anstelle der zutreffenden Entgeltpunkte (Ost) handele es sich um eine Fehleingabe der Sachbearbeitung. Diese Fehleingabe sei bei der Prüfung der Berechnungsunterlagen nicht erkannt worden, da zu diesem Zeitpunkt keine Ergebnisvorschau zur Verfügung gestanden habe. Auch der Bescheid sei nicht zur Akte genommen worden, dieser sei ausschließlich in der Zweitschriftendatei abgelegt und das Original an den Kläger versandt worden. Daher sei es für die Sachbearbeitung zu diesem Zeitpunkt nicht erkennbar gewesen, dass eine außerordentlich hohe Nachzahlung entstanden sei, obwohl lediglich ein Zeitraum von zwei Jahren eine andere Bewertung der Zeiten erfahren habe. Die Fehlermeldung vom 10. Juni 2000 sei im Rahmen der Rentenanpassung zum Juli 2000 erfolgt. Im Zeitraum der Rentenanpassung komme es zu einem erheblich gestiegenen Arbeitsaufkommen bei ihr. Die Sachbearbeitung sei gehalten die Vorgänge zeitnah abzuarbeiten, da alle Versicherten die Berechnung der angepassten Rente erwarteten. Der Fehlertext beinhalte mehrere Fallgestaltungen, die zu einem Abbruch der Verarbeitung geführt haben könnten. Die Sachbearbeitung habe den Fehlertext geprüft, jedoch nicht die Ursache für den Fehlertext feststellen können. Die Fehlinterpretation des Hinweistextes lege jedoch nicht nahe, dass die Sachbearbeitung den Fehlertext grob fahrlässig oder vorsätzlich falsch interpretiert habe. Die Bearbeitung des Vorganges sei erfolgt, der Bescheid über die Anpassung der Renten am 6. Juli 2000 erteilt worden. Mit Schreiben vom 3. Mai 2017 hat die Beklagte mitgeteilt, die Begründung für die Neufeststellung der Rente mit Bescheid vom 7. Juli 1999 "Die Rente wird neu festgestellt, weil folgende Zeiten zusätzlich zu berücksichtigen sind: Kindererziehungszeit vom 01.08.1958 bis 31.08.1958" unzutreffend gewesen sei. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt die Anerkennung einer Kindererziehungszeit beantragt. Das Versicherungskonto des Klägers enthalte solche Zeiten nicht. Auch aus diesem Grund hätte der Kläger bei einfachem Lesen die Fehlerhaftigkeit des Bescheides erkennen können. Tatsächlich sei die Neufeststellung aufgrund der erneuten maschinellen Übertragung der Arbeitsentgelte nach § 8 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) vom Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme aufgrund des Bescheides vom 23. April 1999 erfolgt, die vom Kläger beantragt worden sei. Der Zusatzversorgungsträger habe den Zeitraum der Einbeziehung im Zusatzversorgungszeitraum ab dem 1. August 1958 erweitert. Auf Blatt 173 der Verwaltungsakte werde verwiesen. Ursprünglich sei die Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem für die Zeit vom 1. August 1960 bis 30. Juni 1990 erfolgt (vgl. Bl. 55 der Verwaltungsakte Schlüssel 1589). Die fehlerhafte Begründung der Neufeststellung der Rente sei aufgrund einer fehlerhaften Schlüsselzahl (Text 0835 – vgl. Bl. 182) im Bescheid aufgenommen worden. Der Zeitraum vom 1. August 1958 bis 31. Juli 1960 sei zusätzlich in das Versorgungssystem einbezogen worden. Der gesamte Zeitraum vom 1. August 1958 bis 30. Juni 1990 sei erneut durch den Zusatzversorgungsträger in das Versicherungskonto übermittelt worden.

Mit Urteil vom 7. Februar 2018 hat das SG den Bescheid vom 16. Dezember 2013 in der Gestalt des Bescheides vom 10. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2014 aufgehoben. Die zulässige Klage sei begründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte sei nicht dazu berechtigt, den Rentenbescheid vom 7. Juli 1999 gemäß § 45 SGB X zurückzunehmen. Insbesondere liege kein Rücknahmegrund gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Ziff. 3 SGB X vor. Da der Bescheid vom 7. Juli 1999 von Anfang rechtswidrig sei, da anstelle des aktuellen Rentenwertes "Ost" der aktuelle Rentenwert bei der Berechnung der Rente ab 1. Januar 1995 zugrunde gelegt worden sei, komme eine Rücknahme nur gemäß § 45 SGB X in Betracht. Zur Begründung wurde weiter ausgeführt: "§ 45 SGB X lautet Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes

I.

Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nach dem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

II.

Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1. er den Verwaltungsakt durch arglistische Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,

2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder

3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

III.

Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Abs. 2 nur bis zum Ablauf von 2 Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 508 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von 10 Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1. die Voraussetzungen des Absatz 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder

2. der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufes erlassen wurde.

In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von 10 Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von 10 Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

IV.

Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

V.

§ 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

§ 44 Abs. 3 SGB X lautet:

Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Der Bescheid vom 07.07.1999 ist rechtswidrig und begünstigt den Kläger, da sich aufgrund des fehlerhaften Rentenwertes seit 01.01.1995 eine höhere Rente ergeben hat, als dem Kläger nach dem geltenden Recht zugestanden hat. Ein Rentenbescheid ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X. Da seit Erlass dieses Bescheides mehr als 2 Jahre vergangen sind, kann dieser Verwaltungsakt gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X nicht mehr zurück genommen werden.

Ein Fall des § 45 Abs. 3 Satz 2 oder Satz 3 SGB X liegt hier nicht vor.

Wiederaufnahmegründe gemäß § 580 ZPO liegen ebenfalls nicht vor.

Der Bescheid vom 07.07.1999 ist auch weder durch arglistische Täuschung, noch durch Drohung noch durch Bestechung des Klägers im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Ziffer 1 SGB X erwirkt worden.

Der Bescheid vom 07.07.1999 beruht auch nicht auf Angaben, die der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Ziff. 2 SGB X gemacht hat. Vielmehr beruht die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes allein darauf, dass die Sachbearbeiterin der Beklagten bei der Erstellung des Bescheides vom 07.07.1999 anstatt des aktuellen Rentenwertes Ost bei der Rentenberechnung ab 01.01.1995 den aktuellen Rentenwert zugrunde gelegt hat. Dieser Fehler ist ausschließlich durch das Handeln der Mitarbeiter der Beklagten verursacht worden.

Es liegt auch kein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 Ziff. 3 SGB X vor, da der Kläger die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 07.07.1999 wieder positiv kannte, noch dessen Rechtswidrigkeit infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

Die Unkenntnis des Klägers, dass seine Rente aufgrund des Bescheides vom 07.07.1999 seit 01.01.1995 als "West" Rente anstatt einer "Ost" Rente berechnet worden ist, weil die Beklagte anstatt des Rentenwertes Ost den aktuellen Rentenwert zugrunde gelegt hat, ergibt sich für die Kammer aus der Tatsache, dass der Kläger bei der Rentenanpassung zum 01.07.2013 eine Rentenerhöhung für eine Rente "Ost" d.h. um 3,28 % von der Beklagten begehrt hat, da er davon ausgegangen ist, dass ihm eine solche Rente zusteht.

Konkrete Tatsachen, aus denen sich das Gegenteil ergeben könnte, nämlich dass der Kläger wusste, dass ihm aufgrund des Bescheides vom 07.07.1999 ab 01.01.1995 eine Westrente bewilligt und ausgezahlt worden ist, sind nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht unter Beweisantritt vorgetragen worden.

Weiter steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Ziff. 3 2. Hs. SGB X nicht vorliegt.

Die Bösgläubigkeit muss sich grundsätzlich auf den Teil des Verwaltungsaktes erstrecken, der zurückgenommen werden soll. Denn § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X lässt eine Rücknahme bzw. Teilrücknahme der Bewilligungsbescheide nur zu, "soweit" der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides kannte oder grob fahrlässig nicht kannte, d.h. die Bösgläubigkeit muss sich gerade auf den zurückzunehmenden Teil des Verwaltungsaktes erstrecken bzw. sich mit diesem decken (vgl. BSG, Urt. v. 27.07.2000, Az. B 7 AL 88/99 R i. SozR 3-1300 § 45 SGB X Nummer 42).

Im vorliegenden Falle beschränkt sich die Rücknahmeentscheidung der Beklagten bezüglich des Bescheides vom 07.07.1999 ausschließlich auf die Korrektur des verwendeten Rentenwertes. Die Beklagte hat in den hier angefochtenen Rücknahmebescheiden den in dem rechtswidrigen Bescheid verwendeten aktuellen Rentenwert durch den aktuellen Rentenwert "Ost" ersetzt. Die sich hieraus ergebende Überzahlung in dem hier angefochtenen Bescheiden ergibt sich ausschließlich aus dieser Korrektur des Bescheides vom 07.07.1999.

Daher muss sich die Bösgläubigkeit des Klägers konkret darauf beziehen, dass die Beklagte in dem Bescheid vom 07.07.1999 den unzutreffenden Rentenwert verwendet hat.

Der Bescheid vom 07.07.1999 enthält an keiner Stelle den eindeutigen unmissverständlichen Hinweis, dass die Beklagte bei der Rentenberechnung zwischen aktuellem Rentenwert (West) und dem aktuellen Rentenwert (Ost) unterscheidet. Es findet sich auch an keiner Stelle der Hinweis, wie hoch der aktuelle Rentenwert (West) und wie hoch der aktuelle Rentenwert (Ost) ist. Die Beklagte weist auch den Kläger an keiner Stelle in dem Bescheid vom 07.07.1999 ausdrücklich und unmissverständlich darauf hin, dass ihre Begriffsverwendung "aktueller Rentenwert" kein allgemeiner Begriff ist, sondern sie diesen Begriff verwendet für so genannte "Westrenten" und dass sie den Begriff "aktueller Rentenwert (Ost)" für so genannte "Ostrenten" verwendet. In der Anlage 1 zu dem Bescheid vom 07.07.1990 taucht ausschließlich der Begriff "aktuelle Rentenwert" auf. Bei der Lektüre der Anlage 1 zu dem Bescheid vom 07.07.1999 springt es einem im Rentenrecht und in der Begrifflichkeit der Beklagten nicht bewanderten Versicherten nicht zwingend ins Auge, dass die Beklagte unter dem Begriff "aktueller Rentenwert" ausschließlich den aktuellen Rentenwert meint, der für Westrenten entscheidend ist. Ebenso wenig muss es dem Leser des Bescheides vom 07.07.1999, der die konkreten Begrifflichkeiten der Beklagten nicht kennt, zwingend ins Auge springen, dass es sich für den Fall, dass die Beklagte in einem Bescheid den Begriff "aktueller Rentenwert" verwendet niemals um den " aktuellen Rentenwert (Ost)" handeln kann.

Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass ein Versicherter, der sich mit den konkret von der Beklagten verwendeten Begrifflichkeiten nicht auskennt, nicht zwingend ins Auge springen muss, dass es sich bei der Rentenberechnung in der Anlage 1 zu dem Bescheid vom 07.07.1999 um eine Rentenberechnung mit "aktuellen Rentenwert West" handelt und nicht um eine Berechnung mit dem "aktuellen Rentenwert Ost".

Daher steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass einem verständigen Versicherten bei Lektüre der Anlage 1 zu dem Bescheid vom 07.07.1999 nicht zwingend ins Auge springen muss, dass hier der falsche Rentenwert zugrunde gelegt wurde.

Auch aus der Anlage 6 zu dem Bescheid vom 07.07.1999 ergibt sich nach der Überzeugung der Kammer nicht, dass die Beklagte der Rentenberechnung insgesamt einen unzutreffenden aktuellen Rentenwert zugrunde gelegt hat. Aus der Anlage 6 ergibt sich, dass die Beklagte offensichtlich der Rentenberechnung Entgeltpunkte (Ost) zugrunde gelegt hat, was sie tatsächlich jedoch nicht hat. Da sich jedoch die Höhe der Entgeltpunkte unabhängig davon, ob die Beklagte sie in dem Bescheid als "Entgeltpunkte (Ost)" oder als "Entgeltpunkte" bezeichnet mit 66,4767 die gleiche Höhe aufweisen wie in dem letzten Rentenbescheid vom 15.03.1996, steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass auch einem verständigen Versicherten bei der Lektüre der Anlage 6 zu dem Bescheid vom 07.07.1999 nicht ins Auge springen muss, dass die Beklagte bei der Rentenberechnung insgesamt einen unzutreffenden Rentenfaktor und auch anstelle "der behaupteten" Entgeltpunkte (Ost) "tatsächlich" Entgeltpunkte (West)" zugrunde gelegt hat. Der Leser der Anlage 6 zu dem Bescheid vom 07.07.1999 darf aufgrund des dort verwendeten Wortlautes und der dort verwendeten Begrifflichkeiten davon ausgehen, dass die Beklagte persönliche Entgeltpunkte (Ost) der Rentenberechnung zugrunde gelegt hat.

Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass sich aus dem gesamten Text-Wortlaut des Bescheides vom 07.07.1999 für einen Versicherten, der die feinen Unterschiede der Begrifflichkeit der Beklagten zwischen "aktueller Rentenwert" und "aktueller Rentenwert (Ost)" nicht kennt, nicht dazu in der Lage ist ohne weiteres zu erkennen, dass die Anlage 1 des Bescheides vom 07.07.1999 und die Anlage 6 zu dem Bescheid vom 07.07.1999 auf Grund der geltenden Rechtslage nicht miteinander vereinbar sind, da in der einen Anlage Elemente einer "Westrente" und in der anderen Anlage Elemente einer "Ostrente" dargestellt sind. Die Auffassung der Beklagten, ein Versicherter, der sich die Mühe gemacht hätte, den gesamten Bescheid vom 07.07.1999 vom ersten bis zum letzten Buchstaben durchzulesen, hätte ohne Weiteres den Fehler den die Beklagte gemacht hat, erkennen können, ist für die Kammer nicht ansatzweise nachvollziehbar.

Für die Kammer steht daher fest, dass selbst wenn der Kläger den Bescheid gelesen hätte, es ihm nicht hätte ins Auge springen müssen, dass die Beklagte den falschen aktuellen Rentenwert zugrunde gelegt hat.

Zur Überzeugung der Kammer steht daher fest, dass der Kläger darauf vertrauen durfte, dass die Beklagte die von ihr verwendeten Begrifflichkeiten in dem Bescheid vom 07.07.1999 zutreffend verwendet und aufgeführt hat und die in dem Bescheid aufgeführte Berechnung der Höhe der Rente zutreffend ist.

Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass der gesamte Bescheid vom 07.07.1999 an keiner einzigen Stelle einen Text enthält an Hand dessen ein verständiger Leser ohne weiteres hätte erkennen müssen, dass die Beklagte den unzutreffenden Rentenwert verwendet hat. Hierfür müsste der Bescheid einen eindeutigen und klaren Hinweis zur Unterscheidungspflicht der Beklagten zwischen aktuellem Rentenwert "West" und aktuellem Rentenwert "Ost" sowie die jeweilige Höhe des aktuellen Rentenwertes "Ost" und des aktuellen Rentenwert "West" enthalten. Solche eindeutigen klaren Hinweise enthält der Bescheid vom 07.07.1999 nicht.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (in seinem Urteil vom 27.07.2000 B 7 AL 88/99 R in SozR 3-1300 § 45 Rn. 42 hält es das Bundessozialgericht für möglich, dass ausnahmsweise für den Fahrlässigkeitsvorwurf bei einer entsprechenden Teilaufhebung es auch ausreichen könnte, dass der Leistungsbezieher die Unrichtigkeit der Bewilligung allein aus der evident zu hohen bewilligten Leistung hätte erkennen müssen. Die Kammer hat daher zu prüfen, ob der Kläger allein aufgrund der um 26 % höheren bewilligten monatlichen Altersrente in dem Bescheid vom 07.07.1999 ab 01.01.1995 hätte erkennen müssen, dass die ihm zugesprochene Rentenhöhe fehlerhaft sein muss.

Der Kläger selbst trägt hierzu vor, dass er mit der Rentenhöhe zufrieden gewesen sei und sich deswegen darauf verlassen habe, dass sie zutreffend sei.

Die Kammer hat daher zu prüfen, ob ein verständiger Versicherter bei einem Sachverhalt wie dem vorliegenden zwingend davon hätte ausgehen müssen, dass die ihm bewilligte Rentenhöhe unzutreffend ist und er sich deswegen an die Beklagte hätte wenden müssen.

Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass im vorliegenden Fall auch die Höhe der bewilligten Leistung nicht dazu führt, dass grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Ziff. 3 SGB X nachgewiesen ist.

Ein verständiger Versicherter hätte gewusst, dass die Beklagte verpflichtet ist bei Erlass eines neuen Feststellungsbescheides nach dem AAÜG wie hier mit Datum vom 23.04.1999 die bereits bewilligte Altersrente unter Zugrundelegung dieses neuen Feststellungsbescheides neu zu berechnen. Da sich der Feststellungsbescheid vom 23.04.1999 zumindest für zwei Jahre von dem zuvor erteilten Feststellungsbescheid nach dem AAÜG unterscheidet zu Gunsten des Klägers, durfte ein verständiger Versicherter damit rechnen, dass die Neuberechnung der Rente zu einer Erhöhung führen würde. Die Kammer unterstellt, dass ein verständiger Versicherter nicht dazu in der Lage ist, abschätzen zu können, in welcher Höhe eine Rentenerhöhung monatlich erfolgt, sofern sich der Feststellungsbescheid nach dem AAÜG für zwei Jahre ändert. Zur Überzeugung der Kammer steht auch fest, dass es von keinem verständigen Versicherten verlangt werden kann, konkrete und stichhaltige Erkundigungen dazu einziehen, in welchem Umfang sich eine Altersrente verändert, sofern sich der der Altersrente zugrundeliegende Feststellungsbescheid für 2 Jahre verändert. Vielmehr steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass ein verständiger Versicherter darauf vertrauen darf, dass die Beklagte durchaus dazu in der Lage ist einen neuen Feststellungsbescheid zutreffend einer Rentenberechnung zugrunde zu legen. Nach Meinung der Kammer ist dies auch dann noch der Fall, sofern sich die zuvor bewilligte Rente um mehr als 600 DM monatlich erhöht.

Darüber hinaus ist der Kammer nicht verständlich, worin konkret die grobe Fahrlässigkeit des Klägers diesbezüglich liegen sollte. Die Entgegennahme des zu Unrecht zu hoch bewilligten Rentenbetrages ist kein grob fahrlässiges Verhalten. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte noch nicht einmal Tatsachen vorgetragen, anhand derer sie plausibel hätte machen können, dass eine Vorsprache des Klägers bei der Beklagten bezüglich der Rentenhöhe tatsächlich dazu geführt hatte, dass die Beklagte ihren Fehler entdeckt und korrigiert hätte. Nur dann hätte dem Kläger ein unter Umständen grob fahrlässiges Verhalten bezüglich der ihn treffenden Schadensminderungspflicht getroffen.

Im vorliegenden Falle hat die Beklagte jedoch durch eigene Mitarbeiter ihres Rentenservices ganz konkrete Hinweise dazu erhalten, dass die Rentenberechnung falsch sein muss, da im Rentenkonto die Angabe zum Wohnsitz des Versicherten am 18.05.1990 fehlte und nicht erkennbar war, ob die Rente nach Entgeltpunkten Ost oder nach Entgeltpunkten zu berechnen war. So ergibt sich aus Blatt 210 der Verwaltungsakte ein entsprechender Aktenvermerk vom 09.06.2000 anlässlich der Rentenanpassung zum 01.07.2000. Dieser Aktenvermerk wurde von dem zuständigen Sachbearbeiter bzw. der zuständigen Sachbearbeiterin der Beklagten bei der Rentenanpassung zum 01.07.2000 nicht berücksichtigt. Die Beklagte hat keine konkreten Tatsachen unter Beweisantritt vorgetragen, aus denen sich für die Kammer plausibel ergeben hätte, dass eine vage Nachfrage des Klägers bezüglich der Rentenhöhe tatsächlich zur Fehlerbeseitigung geführt hätte, wenn die Beklagte andererseits noch nicht einmal dafür Sorge trägt, dass eigene in ihrem eigenen Computersystem vorgesehene Fehlermeldungen berücksichtigt werden.

Aufgrund der Gesamtumstände des vorliegenden und hier zu entscheidenden Falles scheidet daher grobe Fahrlässigkeit des Klägers auch insoweit aus.

Soweit die Beklagte meint, der Kläger sei seiner Schadensminderungspflicht auf grob fahrlässige Weise deswegen nicht nachgekommen, weil er bei der Beklagten nicht sofort nach Zugang des Bescheides vom 07.07.1999 angezeigt habe, dass die auf Seite 2 des Bescheides gegebene Begründung für die Neufeststellung:

" Kindererziehungszeit vom 01.08.1958 bis 31.08.1958"

unzutreffend sei, ist dies ebenfalls abwegig. Auch insoweit ist nicht erkennbar, welches konkrete Verhalten bzw. welches konkrete Unterlassen von Seiten des Klägers ein grob fahrlässiges Verhalten im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Ziff. 3 SGB X beinhalten soll. Im Gegenteil im vorliegenden Falle steht unstreitig fest, dass die Neuberechnung der Rente ausschließlich deswegen erfolgt ist, weil dem Kläger mit Datum vom 23.04.1999 ein neuer Feststellungsbescheid nach dem AAÜG erteilt worden war. Wie bereits oben ausgeführt musste ein verständiger Versicherter davon ausgehen, dass seine Altersrente allein aufgrund dieses Umstandes neu zu berechnen ist und dass sich die Rente vermutlich erhöhen würde, da weitere AAÜG-Zeiten festgestellt worden waren.

Auch aus diesem Grunde musste sich im konkret vorliegenden Fall für einen verständigen Versicherten trotz der Textpassage "Kindererziehungszeit vom 01.08.1958 bis 31.08.1958" nicht zwingend aufdrängen, dass die Höhe der bewilligten Rente unzutreffend ist.

Nach alledem steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt vorgeworfen werden kann, er habe die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 07.07.1999 infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt.

Damit scheidet eine Rücknahme des Bescheides vom 07.07.1999 gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X aus.

Eine andere Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme des Bescheides vom 07.07.1999 ist nicht ersichtlich."

Gegen das am 8. März 2018 zugestellte Urteil richtet sich die am 29. März 2018 beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegte Berufung der Beklagten.

Die Beklagte ist der Ansicht, ausweislich des Schreibens vom 26. Mai 2016 an seinen Bevollmächtigten habe er den Bescheid vom 7. Juli 1999 nur bis zur Überschrift des Neuberechnungsgrundes gelesen. Bereits allein aus dem Umstand, dass der Kläger den Bescheid nicht vollständig gelesen habe, ergebe sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X (mit Verweis auf konkret genannte Rechtsprechung der Obergerichte und des BSG). Vorliegend bestehe die Besonderheit, dass zu der fehlerhaften Berücksichtigung des aktuellen Rentenwertes noch der Verschlüsselungsfehler hinsichtlich der Angabe des Neufeststellungsgrundes hinzutrete. Maßstab für die Prüfung, ob der Kläger die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 7. Juli 1999 gekannt habe oder grob fahrlässig nicht gekannt habe, müsse nach ihrer Auffassung die dem Bescheidempfänger gegebenen Angaben und Informationen sein. Vorliegend sei die Neufeststellung der Altersrente allein damit begründet worden, dass die Kindererziehungszeit vom 1. August 1958 bis 31. August 1958 zu berücksichtigen sei. Insoweit sei es ohne Bedeutung, dass der wahre Grund für die Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht die Berücksichtigung eines Monats an Kindererziehungszeit sei, sondern die fehlerhafte Berücksichtigung des aktuellen Rentenwertes. Soweit das SG in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten habe, dass ein verständiger Versicherter gewusst hätte, dass die Beklagte verpflichtet sei, bei Erlass eines neuen Feststellungsbescheides nach dem AAÜG (wie hier mit Datum vom 23. April 1999) die bereits bewilligte Altersrente unter Zugrundelegung dieses neuen Feststellungsbescheides neu zu berechnen, habe es zum einen seine Auffassung nicht näher begründet. Zum anderen habe es in diesem Zusammenhang die unzutreffende Angabe des Neufeststellungsgrundes unberücksichtigt gelassen. Gerade mit Blick auf die konkrete Angabe des Neufeststellungsgrundes "weiterer Monat Kindererziehungszeit" habe ein verständiger Versicherter keinen Anlass zu der Annahme gehabt, dass die Neufeststellung der Rente im Zusammenhang mit dem Feststellungsbescheid nach dem AAÜG stehe. Im Übrigen sei auch der Kläger offensichtlich nicht von einem solchen Zusammenhang ausgegangen. Ausweislich seines Schreibens vom 26. Mai 2016 sei er davon ausgegangen, dass der erhöhte Zahlbetrag aus einer völligen Neuberechnung der Rente resultiere. Anhaltspunkte dafür, dass er davon ausgegangen sei, dass die Neufeststellung auf dem Feststellungsbescheid nach dem AAÜG vom 23. April 1999 beruhe, lasse sich seinem Schreiben nicht entnehmen. Soweit es nun um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X gehe, habe ihm ins Auge springen müssen, dass es nicht rechtens sein könne, dass seine Altersrente überhaupt wegen der Berücksichtigung eines Monats Kindererziehungszeit neu festgestellt worden sei. Zum einen habe er keinen entsprechenden Antrag gestellt, zum anderen habe er bei der Beantragung der Altersrente die Frage, ob Kindererziehungszeiten geltend gemacht würden, verneint. Insoweit hätte sich ihm die Frage aufdrängen müssen, aus welchem Grund in seiner Rente "aus heiterem Himmel plötzlich" ein Monat an Kindererziehungszeit anzurechnen sei. Ihm habe im Hinblick auf die Höhe der ab Rentenbeginn erstatteten Nachzahlung von 27.657,04 DM ebenfalls nicht verborgen bleiben können, dass sich die Rente enorm erhöht gehabt habe, nämlich von zuletzt 2.574,86 DM auf 2.959,78 DM. Er habe keinen Anlass zu der Annahme gehabt, dass die Berücksichtigung eines einzigen Monats Kindererziehungszeit zu solch einer Rentenerhöhung führte und dies rechtens sein könne. Vielmehr habe dieses krasse Missverhältnis ihm geradezu in das Auge springen müssen. Dies gelte umso mehr, als der Kläger z. B. aufgrund seines Widerspruchs vom 1. August 1995 gegen den Bescheid vom 13. Juli 1995 gewusst habe, dass die Berücksichtigung einer "Studien-Anrechnungszeit" für 12 Monate lediglich zu einer monatlichen Rentenerhöhung von rund 2,70 DM geführt habe (Bescheid vom 28. Dezember 1995). Aufgrund seines Widerspruchs vom 24. Januar 1996 gegen den Bescheid vom 28. Dezember 1995 habe er auch gewusst, dass die Berücksichtigung einer "Hochschulstudien-Anrechnungszeit" für 46 Monate lediglich zu einer monatlichen Rentenerhöhung von rund 21,00 DM geführt habe. Vor diesem Hintergrund habe er erkennen können, dass es äußerst unwahrscheinlich sei, dass die Berücksichtigung eines einzigen Monats an Kindererziehungszeit zu einer Rentenerhöhung von rund 380,00 DM monatlich führe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 7. Februar 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Er habe den an ihn ausgezahlten Teil des Nachzahlungsbetrages aus dem Bescheid vom 7. Juli 1999 verbraucht, auch die laufenden Rentenzahlungen für die allgemeine Lebensführung und finanzielle Unterstützung seiner Angehörigen. Er habe nicht erkennen können, dass der Rentenbescheid vom 7. Juli 1999 rechtswidrig gewesen sei. Zwar sei für ihn klar gewesen, dass der Grund für die Neuberechnung nicht in einem Monat Kindererziehungszeit für den Monat August 1958 habe liegen können, da er nie Kindererziehungszeiten beantragt gehabt habe und solche im Versicherungsverlauf auch nicht enthalten seien. Für ihn habe jedoch ein offensichtlicher Zusammenhang mit dem am 23. April 1999 ergangenen neuen Feststellungsbescheid des Zusatzversorgungsträgers bestanden, der aus seiner Sicht Auslöser für die Neuberechnung der Rente gewesen sei. Dies entspreche auch den tatsächlichen Abläufen. Nicht erkennbar sei für ihn gewesen, dass seine Rente im Bescheid vom 7. Juli 1999 nach Entgeltpunkten (West) anstelle Entgeltpunkten (Ost) berechnet worden sei. Der Versicherungsverlauf enthalte ausschließlich Beschäftigungszeiten im Beitrittsgebiet. Auch wurden in den Anlagen 3 und 4 Entgeltpunkte (Ost) ermittelt. Ebenso würden in Anlage 6 Entgeltpunkte (Ost) bezeichnet. Die Überschrift des unteren Abschnitts dieser Anlage werde ausdrücklich mit "Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte (Ost)" betitelt. Dass bei dieser Überschrift in Anbetracht des gesamten sonstigen Bescheidinhalts, insbesondere der Berechnungsanlagen, die Vorgabe der "bisherigen persönlichen Entgeltpunkte" den Zusatz "Ost" nicht enthalte, müsse einem verständigen Versicherten nicht auffallen. Schon gar nicht müsse dieser erkennen können, dass der fehlende Zusatz "Ost" dazu führe, dass der Rentenbescheid rechtswidrig sei, da die Rentenberechnung auf der Grundlage von Westpunkten, die nirgendwo ausdrücklich als solche bezeichnet würden, erfolgt sei. Die angefochtenen Bescheide seien auch ermessensfehlerhaft. Einerseits berücksichtige die Beklagte nicht, dass die aus dem Bescheid vom 7. Juli 1999 resultierende Nachzahlung nicht vollständig an den Kläger ausgezahlt worden sei, sondern der Teilbetrag von 13.151,50 DM als Erstattungsanspruch an das damalige Arbeitsamt Bautzen überwiesen worden sei. Andererseits berücksichtige sie bei ihrer Ermessensausübung nur völlig unzureichend, dass insbesondere die große Höhe der entstandenen Überzahlung ausschließlich aus dem massiv pflichtwidrigen Verhalten ihrer Mitarbeiter resultiere. Es liege somit ein Ermessensfehlgebrauch vor. Mit den angefochtenen Bescheiden sei nur der Rentenbescheid vom 7. Juli 1999 zurückgenommen worden. Nicht zurückgenommen worden seien jedoch die Rentenbescheide vom 6. Juli 2000, 12. Mai 2004 und vom 8. August 2007 sowie sämtliche Rentenanpassungsmitteilungen. Diese Bescheide und die Anpassungsmitteilungen seien wegen des Ablaufs sämtlicher Fristen auch nicht mehr zurücknehmbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte beider Rechtszüge und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Mit Recht hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2013 in der Fassung des Bescheides 10. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2014 aufgehoben. Die Rücknahme des Bescheides über die Gewährung der Altersrente vom 7. Juli 1999 mit Bescheid vom 16. Dezember 2013 in der Fassung des Bescheides vom 10. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Gleiches gilt für den geltend gemachten Erstattungsanspruch in Höhe von 22.647,03 EUR.

Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Aufhebung des Bescheides vom 7. Juli 1999 durch den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2013 in der Fassung des Bescheides vom 10. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2014 wird vollumfänglich auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Im Berufungsverfahren ist noch Folgendes auszuführen und zu ergänzen: Nach Überzeugung des Senats war der Kläger bei Erlass des Bescheides vom 7. Juli 1999 nicht unlauter im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X.

Der Rentenbescheid hatte zum Inhalt, dass die Rente neu festgestellt werde und am 1. Januar 1995 beginne. Ab 1. September 1999 würden monatlich 2.959,78 DM ausgezahlt. Für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 31. August 1999 betrage die Nachzahlung 27.657,04 DM. Als Gründe für die Neufeststellung wurde angegeben, die Rente werde neu festgestellt, weil folgende Zeiten zusätzlich zu berücksichtigen seien: Kindererziehungszeit vom 1. August 1958 bis 31. August 1958. Der Erstbescheid über die Gewährung der Altersrente datiert vom 13. Juli 1995.

Ein verständiger Leser nimmt den Gesamtinhalt des Bescheides zur Kenntnis, liest ihn also Seite für Seite, so dass ihm zwangsläufig die Ungereimtheiten auffallen können. Umfangreiche Bescheide werden kaum Seite für Seite gelesen. Werde so verfahren, liege das jedoch im Risikobereich des Rentenempfängers. Enthält ein Bescheid eine für einen verständigen Leser sofort erkennbare Unrichtigkeit, muss sich der Rentenberechtigte – auch wenn sich der Fehler in einem mehrere Seiten umfassenden Bescheid findet – die Berichtigung des Bescheides zu seinen Ungunsten gefallen lassen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2000, Az. B 8 KN 8/99 R Rdnr. 37 = SozR-2600 § 228a Nr. 1).

Die Bösgläubigkeit muss sich gerade auf den zurückgenommenen Teil des Verwaltungsaktes erstrecken bzw. sich mit diesem decken. Es reicht aus, dass der Versicherte hinsichtlich eines bestimmten Teils des Verwaltungsaktes bösgläubig war, weil sich die Rücknahmeentscheidung des Versicherungsträgers gerade und – hier – nur auf die Korrektur des aktuellen Rentenwerts und der daraus resultierenden Überzahlung des Klägers beschränkt. Ob es ausnahmsweise für den Fahrlässigkeitsvorwurf bei einer entsprechenden Teilaufhebung auch ausreichte, dass der Leistungsbezieher die Unrichtigkeit der Bewilligung allein aus der evident zu hohen Leistungen hätte erkennen können, brauchte nicht entschieden zu werden (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2000, Az.: B 7 AL 88/99 R = SozR 3-1300 § 45 Nr. 42).

Hinsichtlich der Bösgläubigkeit ist nicht ein objektiver Maßstab anzulegen, sondern auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und Verhalten der Betroffenen sowie die besonderen Umstände des Falles abzustellen (BSG a. a. O.).

Nach Überzeugung des Gerichts hat der Kläger nicht grob fahrlässig gehandelt. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn der Betroffene mit dem relevanten Umstand (z. B. Rechtswidrigkeit) lediglich "rechnen musste". Vielmehr wird vorausgesetzt, dass er aufgrund "einfachster und (ganz) naheliegender Überlegungen" hätte erkennen können bzw. dass "dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen". Hierbei sind auch die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit und das Einsichtsvermögen des Betroffenen zu berücksichtigen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff).

Zutreffend hat der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren in seinem Schreiben vom 26. Mai 2016 die Auffassung vertreten, er habe einen detaillierten Vergleich mit dem drei Jahre vorher ergangenen Bescheid nicht vornehmen müssen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er erklärt, ihm sei bekannt gewesen, dass nicht wenige seiner Kollegen aus dem Leitungskreis aufgrund der eingelegten Widersprüche höhere Rentenzahlungen und Nachzahlungen erhalten hätten. Es sei für ihn völlig klar gewesen, dass eine völlig neue Rentenberechnung zustande gekommen sei. Trotzdem habe er sich mit dem Inhalt des Bescheides befasst. Unterschiede zu dem vorherigen seien ihm nicht aufgefallen. Ihm sei auch nicht aufgefallen, dass der "West-Wert" genommen worden sei. Hätte im Bescheid gestanden "aktueller Rentenwert (West)", so wäre es ihm sicher aufgefallen, dass hier ein falscher Wert genommen worden sei. Er habe dann, so gut er konnte, ohne heutige moderne Hilfsmittel den Bescheid auf rechnerische Richtigkeit geprüft. Im Groben habe er das Rechenwerk bestätigt gefunden. Er habe den Bescheid durchgelesen und zwar alle Seiten. Ihm sei klar gewesen, dass die Rente völlig neu berechnet worden sei. Der genannte Grund "Kindererziehungszeit" habe für ihn keine Rolle gespielt, da er Kindererziehungszeiten nicht beantragt und auch nicht geltend gemacht habe. Er habe nicht überprüft, ob im Bescheid Kindererziehungszeiten enthalten gewesen seien – soweit er dies wisse, weil für ihn der Grund vollkommen abwegig gewesen sei. Aufgrund der erheblichen Erhöhung durch den Bescheid vom 7. Juli 1999, die Differenz sei monatlich über 400,00 DM gewesen, habe er sich gedacht, dass vorher entweder Fehler gemacht worden seien oder dass es neue gesetzliche Regelungen gegeben habe. Aber genau könne er das nicht mehr sagen, was er sich gedacht habe.

Dieser Vorschlag ist unter Berücksichtigung des vom Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme unter dem 23. April 1999 erlassenen Feststellungsbescheid – ergangen aufgrund des Widerspruchs bzw. Überprüfungsantrags vom 4. März 1999 – nachvollziehbar. Denn darin wird u. a. ausgeführt, der bisherige Bescheid werde aufgehoben, soweit er diesem Bescheid entgegenstehe. Auch wurde ausgeführt unter der Rubrik "Sondertatbestände (Entgeltbegrenzung u. a.)": Die Korrektur dieses Bescheides erfolgte aufgrund der neuen Rechtsprechung. Ferner wurde dem Kläger darin mitgeteilt, dass diese Daten dem Rentenversicherungsträger zur Berechnung einer Leistung nach dem SGB VI dienten.

Im Erstbescheid vom 13. Juli 1995 ist zur Berechnung der Monatsrente ausgeführt: "Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn &61485; die persönlichen Entgeltpunkte, &61485; der Rentenartfaktor und &61485; der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden.

Aus Zeiten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet sind Monatsbeträge aus persönlichen Entgeltpunkten (Ost) und dem aktuellen Rentenwert (Ost) zu ermitteln, die an die Stelle der persönlichen Entgeltpunkte und des aktuellen Rentenwerts treten."

Dieser zweite Absatz findet sich im Rentenbescheid vom 7. Juli 1999 nicht. Der Kläger hätte nur durch einen Vergleich des Bescheides vom 7. Juli 1999 mit dem Bescheid vom 13. Juli 1995 – etwa vier Jahre zuvor erlassen – feststellen können, dass statt des aktuellen Rentenwertes (Ost) der aktuelle Rentenwert berücksichtigt wurde und der "aktuelle Rentenwert" derjenige für die Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet ist. Weitere Angaben zum aktuellen Rentenwert, insbesondere zur Unterscheidung zwischen aktuellem Rentenwert (Ost) und aktuellem Rentenwert finden sich im Bescheid vom 7. Juli 1999 nicht. Der Passus zum aktuellen Rentenwert (Ost) findet sich auch in den Bescheiden vom 28. Dezember 1995 und 15. März 1996, letzterer erging drei Jahre und vier Monate vor Erlass des Bescheides vom 7. Juli 1999. Insoweit gilt das oben Gesagte. Zu einem Vergleich ist der Kläger nicht verpflichtet gewesen.

Dem Kläger ist auch nicht anzulasten, dass er nicht erkannt hat, dass keine persönlichen Entgeltpunkte (Ost) bei der Berechnung der Monatsrente in Anlage 1 des Bescheides vom 7. Juni 1999 berücksichtigt wurden, und daraus zu schließen ist, dass statt des aktuellen Rentenwertes (Ost) der aktuelle Rentenwert bei der Rentenberechnung zugrunde gelegt wurde. In dem Bescheid selbst sind sowohl im Versicherungsverlauf als auch bei der Berechnung der Entgeltpunkte für Beitragszeiten eindeutig "Zeiten im Beitrittsgebiet" – u. a. mit AAÜG-Zeiten genannt. Bei der Berechnung der persönlichen Entgeltpunkte in Anlage 6 des Bescheides wurden Entgeltpunkte (Ost) ermittelt. In der Summe wurden aber 66,4767 "persönliche Entgeltpunkte" festgestellt. Diese "persönlichen Entgeltpunkte" in Höhe von 66,4767 finden sich auch bei der Berechnung der Monatsrente in Anlage 1 wieder.

Dass der Kläger auch keine Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Bescheides hatte, ergibt sich allein schon daraus, dass er gegen die Rentenanpassung zum 1. Juli 2013 Widerspruch eingelegt hat, weil der aktuelle Rentenwert und nicht der aktuelle Rentenwert (Ost) im Rahmen der Rentenerhöhung berücksichtigt wurde.

Im Übrigen findet sich eine Definition des "aktuellen Rentenwertes" bzw. "aktuellen Rentenwertes (Ost)" in den Bescheiden der Beklagten nicht.

Es handelt sich daher nicht um eine für den rechtsunkundigen Kläger sofort erkennbare Unrichtigkeit. Vielmehr ist hier darauf hinzuweisen, dass selbst der Beklagten der maßgebliche Fehler nicht aufgefallen ist, obwohl diese davon schon im Rahmen der Rentenanpassung zum Juli 2000 hätte Kenntnis nehmen können. Auf Blatt 210 der Verwaltungsakte findet sich in Bezug auf den Kontospiegel/Rente für den Kläger – Altersrente wegen Arbeitslosigkeit – folgender EDV-maschineller Text: "Die Anpassung der Rente konnte vom RENTEN SERVICE nicht durchgeführt werden. Es wurde folgender Fehler übermittelt:

Im Rentenbetrag sind erstattungsfähige Rententeile aus Zusatz- oder Sonderversorgungsleistungen nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) enthalten. Im Rentenkonto fehlt die Angabe zum Wohnsitz des Versicherten am 18.05.90 (SC D000). Bei Erstellung des Zahlungsauftrages an den RENTEN SERVICE wurde als Wohnsitz das Verkehrsgebiet Ost unterstellt. In diesen Fällen sind jedoch Angaben zu den persönlichen Entgeltpunkten Ost (SC C013) zwingend erforderlich. Sachbearbeitung veranlasse die Neufeststellung der Rente ab Rentenbeginn. Sofern die Neufeststellung der Rente durch Berechnungsvorgaben der Sachbearbeitung erfolgt (SC 5000 ff.), sind auch Angaben zum Wohnsitz im SC 5003 F04 sowie bei einem Wohnsitz im Verkehrsgebiet Ost die persönlichen Entgeltpunkte Ost (SC 5013 F15) zu verschlüsseln.

Es wurden folgende Werte übermittelt:

BXZANR = 11

Fertigungsdatum = 07.07.1999

Hinweisziffer = 3".

Aus diesem Vermerk ist für den Senat eindeutig ersichtlich, dass erstattungsfähige Rentenanteile aus Zusatz- oder Sonderversorgungsleistungen nach dem AAÜG im Rentenbetrag enthalten sind und im Rentenkonto die Angabe zum Wohnsitz des Klägers am 18. Mai 1990 fehlt. Bei Erstellung des Zahlungsauftrages an den Renten Service wurde als Wohnsitz das Verkehrsgebiet Ost unterstellt. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass in diesen Fällen jedoch Angaben zu den persönlichen Entgeltpunkten (Ost) zwingend erforderlich seien. Die Sachbearbeitung veranlasse die Neufeststellung der Rente ab Rentenbeginn. Auch im letzten Satz dieses Vermerks findet sich die Maßgabe, dass bei einem Wohnsitz im Verkehrsgebiet Ost die persönlichen Entgeltpunkte (Ost) zu verschlüsseln seien.

Nach Überzeugung des Senats hatten die Sachbearbeiter der Beklagten schon seinerzeit Kenntnis davon gehabt, dass offensichtlich Angaben zu den persönlichen Entgeltpunkten (Ost) fehlerhaft oder sogar komplett unterblieben sind und eine Neufeststellung der Rente ab Rentenbeginn zu veranlassen ist. Damit hatte die Beklagte bereits Anfang Juni 2000 Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der bisherigen Rentenberechnung in Bezug auf die Zugrundelegung von persönlichen Entgeltpunkten (Ost). Das hat zur Folge, dass bereits die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X nicht eingehalten worden wäre.

Auch im Rahmen der Rentenanpassung zum 1. Juli 2007 war die Sachbearbeitung der Beklagten mit dem Vorgang befasst. So findet sich auf Blatt 220 der Verwaltungsakte ein Vermerk der Sachbearbeitung der Beklagten, dass die Rente zum 1. Juli 2007 nicht habe angepasst werden können. Es sei eine Änderung zum 1. Juli 2007 zu veranlassen. Im vorliegenden Fall hätten die dem Rentenservice im Rahmen der AP-Voraktion übermittelten Daten nicht ausgewertet werden können. Infolgedessen habe die Rente nicht durch den Rentenservice angepasst werden können. "Bitte veranlassen Sie eine Neuberechnung der Rente ab dem 01.07.2007 bzw. auch zu einem früheren Zeitpunkt, wenn die Rente schon in den Vorjahren nicht angepasst wurde, mit Vorgabe Rente//Anspruch//Berechnungsdaten//Beginn//Berechnungsanlass: Rentenanpassung/Überprüfung 01.07. – durch Sachbearbeitung. Da die Rente nicht zum 01.07.07 angepasst wurde, gelten die bis zum 30.06.07 gezahlten Beträge über den 01.07.07 hinaus. Wir bitten um entsprechende Berücksichtigung in den Verrechnungsbeträgen." Im Rahmen der Nachholung der maschinellen Anpassung 07/2007 war die Sachbearbeitung wiederum befasst. Ein anderer Sachbearbeiter hat die Entscheidungsvorlage des Vorschlags, der Neuberechnung der Rente ("die Daten sind vollständig richtig gespeichert") für sachlich und rechnerisch richtig befunden (Blatt 226 Verwaltungsakte).

Insgesamt liegt daher auf Seiten des Klägers – wenn überhaupt – "einfache" Fahrlässigkeit vor.

Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (§ 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Da die Beklagte zu Unrecht den Bescheid vom 7. Juli 1999 aufgehoben hat, sind die von der Beklagten errechneten Überzahlungen in nur noch hälftiger Höhe – und auch nur insoweit von der Beklagten geltend gemacht – von 22.647,03 EUR nicht zu erstatten.

Die Bescheide vom 8. Juli 2000, 12. Mai 2004 und 8. April 2007 – wegen Änderung der Verhältnisse ergangen – waren als Folgebescheide nicht nach § 45 SGB X zurückzunehmen, weil sie auf einem rechtswidrigen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (Ausgangsbescheid) aufbauen (BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 30; KassKomm-Gürtner, Stand: Mai 2018, § 45 SGB X Rdnr. 24d m. w. N.). Die Rechtswidrigkeit des Grundlagenbescheids führt nicht zur Rechtswidrigkeit der darauf aufbauenden Folgebescheide (KassKomm-Steinwedel a. a. O. Rdnr. 35 m. w. N.).

Nach alldem hatte die Berufung keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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