L 1 SF 230/18 B

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 17 SF 234/17 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 SF 230/18 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 7. Dezember 2017 wird wie folgt neu gefasst: Die in dem Verfahren S 17 AS 3086/12 zu erstattenden Gebühren und Auslagen werden unter Abänderung des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 3. April 2017 auf 524,79 EUR festgesetzt. Die Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 3. April 2017 in den Verfahren S 17 AS 3084/12, S 17 AS 3085/12 und S 17 AS 3087/12 werden auf die Erinnerungen des Beschwerdeführers und der Staatskasse jeweils aufgehoben. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

I.

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Sie führt vielmehr zur Klarstellung des Beschlusses des Sozialgerichts Nordhausen vom 7. Dezember 2017.

Am 7. September 2012 haben die Kläger der Ausgangsverfahren Klage gegen das Jobcenter erhoben. Der Sache nach war streitig, in welcher Höhe die Kläger für den Zeitraum 1. April bis 31. Oktober 2011 Ansprüche nach dem SGB II - insbesondere unter Berücksichtigung der Anrechnung von Einkommen - hatten. Ferner war Gegenstand der Verfahren ein Erstattungsverlangen gegenüber den Klägern in Höhe von jeweils 1.402,91 EUR. Mit Beschluss vom 5. November 2014 hat der Vorsitzende der Kammer die Rechtsstreite S 17 AS 3084/12, S 17 AS 3085/12, S 17 AS 3086/12 und S 17 AS 3087/12 gemäß § 113 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) miteinander verbunden und das Verfahren S 17 AS 3086/12 zum führenden Rechtsstreit bestimmt. In diesem Verfahren fand am 6. November 2014 bei gleichzeitiger Mitverhandlung von fünf weiteren Rechtsstreitigkeiten der Kläger gegen das Jobcenter eine 170 Minuten dauernde Hauptverhandlung statt. Die Kammer des Sozialgerichts bewilligte mit Beschluss vom 18. Februar 2015 den Klägern Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung und unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Mit seinen Abrechnungen vom 27. August 2016 beantragte der Beschwerdeführer im Verfahren S 17 AS 3086/12 die Festsetzung von Gebühren in Höhe von 524,79 EUR, im Verfahren S 17 AS 3085/12 in Höhe von 240,38 EUR, im Verfahren S 17 AS 3084/12 in Höhe von 243,95 EUR und im Verfahren S 17 AS 3087/12 in Höhe von 274,29 EUR. Mit Vergütungsfestsetzungsbeschlüssen vom 3. April 2017 setzte die Urkundsbeam-tin der Geschäftsstelle die Vergütung im Verfahren § 17 AS 3087/12 auf 170,97 EUR, im Verfahren S 17 AS 3084/12 auf 243,95 EUR, im Verfahren S 17 AS 3085/12 auf 240,38 EUR und im Verfahren S 17 AS 3086/12 auf 318,12 EUR fest und veranlasste die Auszahlung der entsprechenden Beträge.

In dem Verfahren S 17 AS 3085/12 erließ die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am 3. April 2017 einen weiteren Kostenfestsetzungsbeschluss und setzte die Vergütung auf 0 EUR fest mit der Begründung, dass die vier Verfahren eine Angelegenheit bildeten und eine weitere Erstattung als im Verfahren S 17 AS 3086/12 daher nicht möglich sei. Der versehentlich gezahlte Betrag sei zu erstatten. Ebenso wurde im Verfahren S 17 AS 3084/12 mit weiterem Kosten-festsetzungsbeschluss vom 3. April 2017 die Vergütung auf 0 EUR festgesetzt. Im Verfahren S 17 AS 3087/12 erfolgte keine Festsetzung der Vergütung auf 0 EUR.

Gegen die Festsetzung der Gebühren in den Verfahren S 17 AS 3087/12 und S 17 AS 3086/12 legte der Beschwerdeführer Erinnerung ein, mit der er eine unzulässige Kürzung der beantragten Gebühren beanstandete. In den Verfahren S 17 AS 3084/12 und S 17 AS 3085/12 hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und geltend gemacht, dass die Vergütung in den beiden Verfahren vollständig abgelehnt worden sei. Dies sei unzulässig. Es seien getrennte Widerspruchsbescheide ergangen. In allen vier Verfahren hat die Staatskasse mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2017 Erinnerung eingelegt mit der Begründung, dass es sich gebührenrechtlich um dieselbe Angelegenheit handele. Die Vergütung sei einheitlich festzusetzen.

Mit Beschluss vom 7. Dezember 2017 hat das Sozialgericht die Erinnerungsverfahren nach § 113 Abs. 1 SGG miteinander verbunden und das Verfahren S 17 SF 234/17 E zum führenden Verfahren bestimmt. Mit weiterem Beschluss vom 7. Dezember 2017 hat das Sozialgericht die Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse in den Verfahren S 17 AS 3086/12, S 17 AS 3084/12, S 17 AS 3085/12 und S 17 AS 3087/12 abgeändert und die aus der Staatskasse zu erstattende Gebühr auf einheitlich 524,79 EUR festgesetzt. Das Erinnerungsrecht der Staatskasse sei nicht verwirkt. Nur in dem Verfahren S 17 AS 3086/12 sei Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Gegen den Beschluss hat der Beschwerdeführer am 19. Dezember 2017 Beschwerde beim Sozialgericht eingelegt. Die Staatskasse habe die Vergütung in der festgesetzten Höhe ausgezahlt. Er habe darauf vertraut, dass ein entsprechender Anspruch bestehe. Die Erinnerung sei verwirkt. Der Freistaat könne nicht zunächst Vergütungsansprüche auszahlen, die er später nicht für rechtmäßig halte. Die Staatskasse ist der Beschwerde entgegengetreten. Verwirkung liege nach der Rechtsprechung des Thüringer Landessozialgerichts ersichtlich nicht vor. Die Staatskasse habe sich zur Höhe der Festsetzung der Vergütung zu keiner Zeit geäußert.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt.

II.

Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Vergütung für das Verfahren S 17 AS 3086/12 auf 524,79 EUR festzusetzen ist. Entgegen der Begründung des Sozialgerichts hatte jedoch keine einheitliche Festsetzung der Vergütung des Beschwerdeführers in allen vier Verfahren zu erfolgen, sondern die Vergütung war lediglich im Verfahren S 17 AS 3086/12 entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers festzusetzen. Die Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse in den anderen Verfahren waren hingegen auf die Erinnerung des Beschwerdeführers bzw. der Staatskasse wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben. Soweit die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Vergütungsfestsetzungsbeschlüssen vom 3. April 2017 in den Verfahren S 17 AS 3084/12, S 17 AS 3085/12 und S 17 AS 3087/12 dem Beschwerdeführer Gebühren und Auslagen in Höhe von 240,38 EUR, 243,95 EUR bzw. 170,97 EUR zugesprochen hat, waren diese Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse bereits deshalb rechtswidrig, weil in den genannten Verfahren den Klägern zu keinem Zeitpunkt Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt worden ist. Der Beschwerdeführer hatte für die Kläger in den genannten Verfahren lediglich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Bis zur Verbindung der Verfahren am 5. November 2014 ist jedoch über den Prozesskostenhilfeantrag nicht entschieden worden. Die nach Verbindung der Verfahren im führenden Verfahren S 17 AS 3086/12 mit Beschluss vom 18. Februar 2015 erfolgte Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers bezieht sich nur auf dieses Verfahren. Der Hinweis im Tenor des PKH-Beschlusses, wonach sich die PKH-Gewährung auch auf die hinzuverbundenen Verfahren erstreckt, ändert daran nichts. Eine förmliche Verbindung der Verfahren nach § 113 SGG hat zur Folge, dass nur noch ein Verfahren anhängig ist und alle weiteren nach Verbindung entstehenden Gebühren nur noch in diesem Verfahren anfallen. Des weiteren führt die Verbindung ursprünglich rechtlich selbständiger Verfahren dazu, dass die bereits verdienten Gebühren dem Rechtsanwalt weiterhin zustehen. Er kann wählen, ob er die Gebühren aus den getrennten oder aus dem verbundenen Verfahren verlangt (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 20. Juli 2017 – L 6 SF 1115/15 B –, Juris Rn. 27). Dieses Wahlrecht läuft jedoch ins Leere, da in den hinzuverbundenen Verfahren keine PKH bewilligt worden ist. Deshalb kann auch dahinstehen, ob es sich bis zur Verbindung um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG gehandelt hat.

Soweit die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in den Verfahren S 17 AS 3085/12 und S 17 AS 3084/12 mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 3. April 2017 nach erfolgter Auszahlung der festgesetzten Prozesskostenhilfe die Vergütung auf 0 EUR festgesetzt und den ausge-zahlten Betrag zurückgefordert hat, waren diese beiden Beschlüsse auf die Erinnerung des Beschwerdeführers bereits deshalb aufzuheben, weil nach Erlass der Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse vom 3. April 2017 die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle keine Kompetenz mehr hatte, von sich aus die Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse aufzuheben. Eine Korrektur der Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 3. April 2017 wegen offensichtlicher Unrichtigkeit konnte hier nicht erfolgen, weil zum einen die Voraussetzungen ersichtlich nicht vorlagen und zum anderen hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle dies auch nicht ausgesprochen. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle wäre vielmehr gehalten gewesen, die Bezirksrevisorin über den Vorgang zu unterrichten und deren Entscheidung abzuwarten, ob von Seiten der Staatskasse Erinnerung gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse eingelegt wird. Erst nach Einlegung der Erinnerung hätte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle im Rahmen der Abhilfeentscheidung tätig werden können.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Nordhausen in seinem angegriffenen Beschluss kommt daher die Vergütungsfestsetzung einheitlich für alle vier Verfahren nicht in Betracht. Es ist gerade nicht zutreffend, dass aufgrund des Vorliegens einer einheitlichen Angelegenheit die Gebühren nur einmal entstanden sind. Denn die Verbindung durch Kammerbeschluss vom 5. November 2014 hat zwingend dazu geführt, dass ab diesem Zeitpunkt nur noch eine Angelegenheit vorliegt. Von einer Verwirkung des Erinnerungsrechts der Staatskasse ist nicht auszugehen. Dafür gibt es hier nach dem Sachverhalt keine Gesichtspunkte. Denn die Staatskasse hat bereits am 9. Oktober 2017 Erinnerung gegen die Vergütungsfestsetzung in den einzelnen Verfahren eingelegt und damit sogar noch innerhalb des Jahres, in dem die Vergütungsfestsetzung durch Beschluss vom 3. April 2017 erfolgt ist.

Mangels Einlegung einer Beschwerde durch die Staatskasse hat der Senat nicht zu überprüfen, ob die Höhe der Vergütungsfestsetzung für das Verfahren S 17 AS 3086/12 in Höhe von 524,79 EUR durch das Sozialgericht zu Recht erfolgt ist. Der Vollständigkeit halber weist der Senat nur darauf hin, dass das Sozialgericht damit denjenigen Betrag festgesetzt hat, den der Beschwerdeführer in diesem Verfahren selbst beantragt hat.

Entsprechend den oben genannten Ausführungen war die Entscheidung des Sozialgerichts klarstellend zu fassen.

Die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
Saved