S 7 KR 562/12

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 7 KR 562/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 67/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 19.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2012 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, die auf die Abfindung entrichteten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung i.H.v. 1.580,91 EUR zu erstatten.

Die Beklagte hat der Klägerin ihre zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Gesamtsozialversicherungsbeiträge.

Die Klägerin ist bei der Beigeladenen zu 1) in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.

Seit dem 01. August 1984 bestand bei der Beigeladenen zu 1) eine Unterstützungskasse der Unterstützungseinrichtung der Ärztlichen Verrechnungsstelle Büdingen e.V. In diese Unterstützungskasse wurden durch die Beigeladene zu 1) Einzahlungen für die Klägerin geleistet. Hieraus erwarb die Klägerin Anwartschaften für eine betriebliche Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung.

Im April/Mai 2011 schloss die Klägerin mit der Beigeladenen zu 1) und der Unterstützungseinrichtung der Ärztlichen Verrechnungsstelle Büdingen e.V. (im Folgenden Unterstützungskasse) und deren Tochterunternehmen e.V. eine Abfindungsvereinbarung hinsichtlich der bereits erworbenen Versorgungsanwartschaften. Als Abfindung wurde ein Betrag in Höhe von 7.665,00 EUR vereinbart.

Für den Monat Mai 2011 wurde an die Klägerin Arbeitsentgelt und die vereinbarte Abfindung gezahlt. Die Beigeladene zu 1) führte auch aus der Abfindung Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe der folgenden Beträge ab: Krankenversicherungsbeitrag i.H.v. 628,53 EUR; Pflegeversicherungsbeitrag i.H.v. 74,73 EUR; Rentenversicherungsbeitrag i.H.v 762,62 EUR; Arbeitslosenversicherungsbeitrag i.H.v. 114,98 EUR (vgl. Gehaltsabrechnung Bl. 12 der Verwaltungsakte).

Mit der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen auf die Abfindung war die Klägerin nicht einverstanden und beantragte bei der Beklagten die Überprüfung und Erstattung der Beiträge (Schreiben vom 19. August 2011).

Mit Bescheid vom 09. Dezember 2011 teilte die Beklagte mit, dass auf Zahlungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersvorsorge, die während eines laufenden Beschäftigungsverhältnisses gezahlt werden, grundsätzlich Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten seien. Diese würden als einmalige Einnahme zum Arbeitsentgelt gehören.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 28. Dezember 2011 Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2012 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde vorgetragen, die Abfindung sei als einmalige Einnahme sozialversicherungspflichtig.

Hiergegen hat die Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, am 19. Juli 2012 Klage zum Sozialgericht Gießen erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Abfindung unterliege nicht der Beitragspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Es handele sich nicht um Arbeitsentgelt. Allenfalls könne eine Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung bestehen, wenn es sich um Versorgungsbezüge nach § 229 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) handele. Eine Beitragspflicht sei aber dann nach § 226 Abs. 2 SGB V ausgeschlossen, da ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nicht überschritten werde.

Mit Beschluss vom 21. Mai 2014 wurde die Firma D. GmbH (Arbeitgeber) und mit Beschluss vom 08. September 2014 die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Bundesagentur für Arbeit und Die Schwenninger Pflegekasse zum Rechtsstreit notwendig beigeladen.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 19.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die auf die Abfindung entrichteten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung in Höhe von 1.580,91 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Die Beklagte hält ihre Entscheidung für rechtmäßig und hat im Wesentlichen die bereits vorgetragenen Gründe wiederholt.

In der mündlichen Verhandlung vom 03. Februar 2015 hat der Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1 klargestellt, es handele sich bei den in der Gehaltsabrechnung ausgewiesenen Beiträgen lediglich um die Arbeitnehmeranteile.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen, welche Gegenstand der Entscheidung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht festgestellt, dass aus der streitigen Abfindung Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zu entrichten sind (hierzu A.). Daher hat sie auch zu Unrecht die Erstattung der auf die Klägerin entfallenden Beitragsanteile abgelehnt (hierzu B.).

Die Beklagte war als Einzugsstelle nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sachlich zuständig für eine Entscheidung über die Beitragspflicht hinsichtlich der gezahlten Abfindung, denn nach dieser Vorschrift entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung und sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Zudem war sie zuständig für die Entscheidung über die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge. Diese Zuständigkeit ergibt sich aus den auf Basis des § 211 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und des § 351 Abs. 2 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) aufgestellten Gemeinsamen Grundsätzen für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung. Nach Abschnitt 4.3.1 dieser Grundsätze ist die Einzugsstelle für die Bearbeitung des Antrags auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge zuständig, soweit sich aus den Abschnitten 4.3.2 und 4.3.3 der Vereinbarung nichts anderes ergibt. Für eine sich aus diesen Abschnitten ergebende abweichende Zuständigkeit ist nichts ersichtlich.

A. Die Abfindung, welche die Klägerin für ihre bei der Unterstützungskasse erworbenen Anwartschaften erhalten hat, ist nicht beitragspflichtig. Diese ist weder beitragspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung als Versorgungsbezug gemäß § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 229 SGB V (hierzu 1.) noch handelt es sich um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV mit einer hieraus folgenden Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (hierzu 2.).

1. Eine Beitragspflicht ergibt sich nicht aus § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 229 SGB V. Nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V gehört bei versicherungspflichtigen Beschäftigten auch der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zu den beitragspflichtigen Einnahmen. Gemäß § 226 Abs. 2 SGB V sind die nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 zu bemessenden Beiträge nur zu entrichten, wenn die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 insgesamt ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches übersteigen. Zu den der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) gehören, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, u.a. auch Renten der betrieblichen Altersversorgung (vgl. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V gilt ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens für einhundertzwanzig Monate, wenn an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung tritt oder eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden ist.

Vorliegend handelt es sich gerade um solche Versorgungsbezüge, für welche vor Eintritt des Versicherungsfalls an Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung vereinbart worden ist. Denn vorliegend handelt es sich um eine aus einer Unterstützungskasse i.S.d. § 1 Abs. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) erzielte Abfindung. Die Versorgungsleistung aus einer solchen Unterstützungskasse ist eine Rente der betrieblichen Altersversorgung i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V, die der Beitragserhebung in der Kranken- und Pflegeversicherung zu Grunde zu legen ist (vgl. hierzu auch Bundessozialgericht, Urteil vom 25. August 2004, Az. B 12 KR 30/03 R, Rn. 17 ff, juris). Die Klägerin hat vorliegend jedoch keine Versorgungsleistungen erhalten, sondern eine Kapitalleistung, die bereits vor dem Versorgungsfall und nicht erst nach Beginn der Rentenzahlung zur Abfindung laufender Rentenzahlungen erbracht worden ist. Denn die Klägerin hat, statt den Eintritt des Versorgungsfalls abzuwarten, im Mai 2011 die der Zahlung zugrundeliegende Abfindungsvereinbarung geschlossen. Diese Kapitalleistung fällt daher unter den Anwendungsbereich des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, nach welchem auch eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung, welche an die Stelle der Versorgungsbezüge tritt und vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart worden ist, beitragspflichtig ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch nicht Voraussetzung für die Anwendung von § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, dass der Versorgungsfall bereits eingetreten ist. Vielmehr ist auch der Fall der Kapitalisierung von Anwartschaften während eines laufenden Beschäftigungsverhältnisses vor Eintritt des Versorgungsfalls erfasst. Dies geht bereits aus der zuvor zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hervor, in welcher es heißt: "Ab 2004 – und damit für den hier zu beurteilenden Sachverhalt noch ohne Auswirkungen – ist zur beitragsrechtlichen Behandlung einer vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarten oder zugesagten nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistung die Änderung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V zu beachten (Bundessozialgericht, Urteil vom 25. August 2004, Az. B 12 KR 30/03 R, Rn. 20, juris)." Sowohl in dem Fall beim Bundessozialgericht als auch im vorliegenden Fall handelt es sich gerade um eine vor Eintritt des Versicherungsfalls und während des noch bestehenden Beschäftigungsverhältnisses vereinbarte nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung. Diese Schlussfolgerung entspricht auch dem Wortlaut des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V, von welchem nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen, welche vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden sind, erfasst sind.

Letztendlich unterliegt die Abfindung damit grundsätzlich der Beitragspflicht nach § 229 Abs. 1 Nr. 5, Satz 3 SGB V. Jedoch wird die Beitragspflicht über § 226 Abs. 2 SGB V ausgeschlossen, da die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 229 SGB V ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nicht übersteigen. Unter Zugrundelegung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V gilt als monatliche Einnahme ein Einhundertzwanzigstel der Leistung, was demnach bei einer Abfindung von insgesamt 7.665,00 EUR einen monatlichen Betrag von 63,88 EUR ausmacht. Im Jahr 2011 betrug die monatliche Bezugsgröße nach § 18 SGB IV 2.555,00 EUR. Ein Zwanzigstel hiervon beträgt 127,75 EUR. Der monatliche Zahlbetrag nach § 229 SGB V erreicht diese Grenze nicht.

2. Eine Beitragspflicht ergibt sich aber auch nicht aus § 14 SGB IV i.V.m. den jeweils einschlägigen Vorschriften des jeweiligen Versicherungszweiges. Für den Bereich der Arbeitsförderung bestimmt § 342 SGB III, dass beitragspflichtige Einnahmen bei Personen, die beschäftigt sind, das Arbeitsentgelt ist. Für den Bereich er Rentenversicherung sind beitragspflichtige Einnahmen bei Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt werden, das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung (vgl. § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI). Für den Bereich der Krankenversicherung werden nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V u.a. das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Beitragsbemessung zugrunde gelegt. Diese Vorschrift gilt nach § 57 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) auch für den Bereich der Pflegeversicherung. Was genau unter den Begriff des Arbeitsentgelts fällt, regelt für alle Bereiche der Sozialversicherung § 14 Abs. 1 SGB IV. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahme besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden, Arbeitsentgelt. Nach Satz 2 sind Arbeitsentgelt auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen. Um solche in Satz 2 genannte Entgeltteile geht es vorliegend nicht. Denn streitig ist nicht die Beitragspflicht der von der Beigeladenen zu 1) im Rahmen des Aufbaus der Anwartschaften geleisteten regelmäßigen Einzahlungen in die Unterstützungskasse, sondern die für die erworbenen Anwartschaften gezahlte Abfindung. Diese fällt aber auch nicht unter den Begriff des Arbeitsentgelts nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Dies ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus der Wertung des § 229 SGB V sowie der gesonderten und eigenständigen Erfassung der Versorgungsbezüge im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zur Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung. Denn einer solchen gesonderten Regelung hätte es nicht bedurft, wenn es sich hierbei ihrer Art nach bereits um Arbeitsentgelt handeln würde. Ist demnach bereits der Anwendungsbereich des § 229 SGB V eröffnet, kommt daneben § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V i.V.m. § 14 SGB IV (oder auch eine andere in § 226 SGB V geregelt Einnahmenart) von vornherein nicht als einschlägig in Betracht. Diese Kategorisierung im Rahmen des SGB V hat entsprechende Auswirkungen auch auf die Beitragspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Einnahmen, bei welchen es sich um Versorgungsbezüge gemäß § 229 SGB V handelt, können auch in diesen Bereichen nicht mehr unter den Begriff des Arbeitsentgelts fallen. In § 162 SGB VI und § 342 SGB III ist jedoch abschließend geregelt, welche Einnahmen versicherungspflichtig sind. Dort nicht genannte Einnahmen sind der Beitragsbemessung nicht zugrunde zu legen. Nach diesen Vorschriften kommt es für die Beitragshöhe jedoch auf das Arbeitsentgelt an. Eine Beitragspflicht von z.B. Versorgungsbezügen ist dort gerade nicht geregelt (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 25. August 2004, Az. B 12 KR 30/03 R, Rn. 22 ff, juris; ebenso: Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 27. November 2009, Az. L 6 R 72/06, juris; Werner in: jurisPK-SGB IV, 2. Auflage 2011, § 14, Rn. 96). Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei dieser Entscheidung auch nicht um eine Einzelfallentscheidung. Für diese Annahme ergeben sich keinerlei Hinweise in der Entscheidung. Selbst wenn es sich jedoch um eine Einzelfallentscheidung handelt, so wäre diese auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar, da es um die gleichen streitigen Punkte ging. Denn auch dort war der zugrundeliegende Sachverhalt so, dass ein Versicherungspflichtiger eine Abfindung für seine Anwartschaften aus einer Unterstützungskasse erhalten hatte, während er noch einer Beschäftigung nachging. Die Rechtsprechung ist auch nicht überholt. Zwar wurde zwischenzeitlich § 229 SGB V geändert, die grundsätzliche Differenzierung zwischen Arbeitsentgelt und Versorgungsbezügen ist jedoch erhalten geblieben. Die vorgenommene Änderung in § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V hat lediglich Auswirkungen auf die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen, jedoch keinerlei Auswirkungen auf die Einordnung als Arbeitsentgelt oder Versorgungsbezüge. Wie bereits unter 1.) ausgeführt, handelt es sich auch um Versorgungsbezüge i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V.

B. Die Klägerin hat einen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten hinsichtlich der an die Beklagte als Einzugsstelle abgeführten Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung aus § 26 Abs. 2 SGB IV, da die an die Klägerin gezahlte Abfindung für ihre Anwartschaften für eine betriebliche Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung nicht der Beitragspflicht unterliegt. Es handelt sich demnach um zu Unrecht entrichtete Beiträge i.S. von § 26 Abs. 2 SGB IV. Dieser Erstattungsanspruch war auch nicht auf Grund der Verfallklausel des § 26 Abs. 2 HS 1, 2. Alternative SGB IV ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtskraft
Aus
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