L 4 KR 162/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 176/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 162/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 80/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 19. Juni 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist noch, ob die Beklagte verpflichtet ist, Kosten zu erstatten, die dem Vater des Klägers für ärztliche Behandlung in Kroatien entstanden sind.

Der Kläger ist der Sohn des 1932 geborenen und am 04.03.1997 in Kroatien verstorbenen I. Z. , der als Rentner bei der Beklagten versichert war. Nach Angaben des Bevollmächtigten des Klägers ist der Kläger Erbe seines Vaters.

Dem Versicherten wurden in Kroatien am 22.11.1996 durch den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr.B. 850,00 DM für ärztliche Dienstleistungen in Rechnung gestellt, derselbe Arzt stellte am 30.11.1996 weitere 500,00 DM in Rechnung. Diese Rechnungen sowie eine Rechnung in Höhe von 1.140,00 DM vom 30.01.1997 für ein Hörgerät legte der Sohn des Klägers im Sommer 1997 der Beklagten zur Erstattung vor.

Mit Schreiben vom 08.05.2000 teilte die Beklagte dem Klägerbevollmächtigten mit, sie habe einen Betrag von 1.140,00 DM zur Erstattung angewiesen. Der Kläger ließ wegen der noch offenen Forderung am 27.12.2000 Untätigkeitsklage zum Sozialgericht Nürnberg erheben. Nachdem der jugoslawische Versicherungsträger bestätigt hatte, es sei noch ein Betrag von 1.118,85 HRK zu erstatten, erklärte sich die Beklagte mit Bescheid vom 28.02.2001 bereit, diesen Betrag (in DM) zu erstatten. Die Untätigkeitsklage wurde in der Hauptsache für erledigt erklärt. Am 15.03. 2001 wurde Widerspruch gegen die mit Bescheid vom 28.02.2001 mitgeteilte Kostenerstattung eingelegt. Die Umrechnung sei unzutreffend erfolgt. Die Beklagte führte bezüglich des Hörgeräts aus, sie habe über den bestätigten Erstattungsbetrag von 3.395,43 HRK etwa 271,00 DM mehr bezahlt. Weitere Leistungen entbehrten einer Rechtsgrundlage.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2001 zurückgewiesen.

Mit der hiergegen zum Sozialgericht Nürnberg erhobenen Klage beantragte der Bevollmächtigte des Klägers, die Beklagte zur Zahlung von 2.465,71 DM nebst 9,26 % Zinsen ab 15.12.2000 zu verurteilen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 19.06.2002 abgewiesen. In Anwendung des deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens könne nur der Betrag erstattet werden, der den Aufwendungen entspricht, die dem aushelfenden Träger bei Inanspruchnahme der Sachleistung in Kroatien entstanden wären. Diese Kosten habe die Beklagte mittels JU 26 in Jugoslawien ermittelt. Für die Arztrechnungen sei ein Erstattungsbetrag von 1.118,85 HRK genannt worden. Diesen Betrag habe die Beklagte in einer nicht zu beanstandenden Berechnung zugrunde gelegt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 09.08.2002 eingegangene Berufung, mit der der Bevollmächtigte des Klägers geltend macht, Kroatien habe sich am 25.06.1991 für unabhängig erklärt, es dürften deshalb nicht Absprachen (Abkommen) mit einem zur maßgeblichen Zeit nicht mehr existenten Staat wie Jugoslawien weiter gelten. Der EuGH habe mit Urteil vom 03.05.2002 verdeutlicht, dass auch natürliche und juristische Personen nicht durch Gemeinschaftsbestimmungen in ihren Rechten eingeschränkt oder mit Pflichten belastet werden dürften. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers, der zuvor in Deutschland lebte, von deutschen Ärzten hätte behandelt werden müssen, wenn er nicht in Kroatien erkrankt wäre. Diese Kosten wären höher gewesen. Hierzu sei ein Gutachten einzuholen.

In der mündlichen Verhandlung vom 19.05.2004 wurde der Klägerbevollmächtigte auf § 59 SGB I hingewiesen sowie darauf, dass die Beklagte in der Landessprache mit den Versicherungsträgern im früheren Jugoslawien korrespondieren konnte. Der Klägerbevollmächtigte hält § 56 SGB X für verfassungswidrig.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 19.06.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.134,76 EUR nebst den gesetzlichen Zinsen aus 690,24 EUR (Behandlungskosten) und 9,26 % Zinsen aus 444,52 EUR (Übersetzungskosten) zu bezahlen; hilfsweise dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, dass die Bestimmung des § 56 SGB X mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vor allem dem Gleichbehandlungsprinzip nicht vereinbar ist und Lücken in gesetzlicher Normierung unter dem Aspekt der Gerechtigkeit, Gleichbehandlung (Hinweis auf Sowieso-Kosten), aber auch das Prinzip der Sozialstaatlichkeit zu berücksichtigen sind;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Weiter wird hilfsweise beantragt, das Verfahren hinsichtlich der Erstattung der Übersetzerkosten abzutrennen und an das zuständige Amtsgericht zu verweisen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung in beiden Streitgegenständen zurückzuweisen.

Sie schließt sich der Urteilsbegründung des Sozialgerichts voll inhaltlich an.

Auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die wegen der Höhe des Beschwerdewertes nicht der Zulassung des § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.

Nachdem der Senat durch Beschluss vom 15.07.2004 den Streitgegenstand Übersetzungskosten abgetrennt und den Rechtsstreit insoweit an das Amtsgericht Remscheid verwiesen hat, sind nur noch Behandlungskosten streitig.

Der Kläger als Sohn des Versicherten hat keinen Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte.

Unabhängig davon, ob der Kläger seinen Anspruch als Sonderrechtsnachfolger gemäß § 56 SGB I oder als Erbe gemäß § 58 SGB I geltend macht, scheitert der Anspruch an § 59 SGB I. Nach § 59 Satz 1 SGB I erlöschen Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen mit dem Tode des Berechtigten. Gemäß Satz 2 erlöschen Ansprüche auf Geldleistungen nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist. Die beiden streitgegenständlichen Rechnungen des Dr.B. datieren vom November 1996. Dass der am 14. März 1997 verstorbene Versicherte überhaupt einen Erstattungsanspruch hatte und wenn ja, in welcher Höhe, war zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten noch nicht festgestellt. Der Kläger hat die Rechnungen, wie der Bevollmächtigte des Klägers im Schreiben vom 2. Juni 1998 angab, erst im Sommer 1997 der Beklagten vorgelegt, so dass im Zeitpunkt des Todes des Versicherten auch ein Verwaltungsverfahren noch nicht anhängig war. Die Ansprüche sind damit erloschen.

Im Übrigen hat die Beklagte ihrer vorgenommenen Kostenerstattung nicht nur die ihr vom jugoslawischen Versicherungsträger gemeldeten Beträge zugrunde gelegt, sondern höhere Erstattungen erbracht. Den Ausführungen des Sozialgerichts zur Erstattungshöhe ist zu folgen, der Senat sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs.2 SGG).

Zum Hilfsantrag, dem Bundesverfassungsgericht § 56 SGB X zur Überprüfung (gemäß Art.100 GG) vorzulegen, hat der Vorsitzende bereits in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass nicht entscheidungserheblich ist, ob ein öffentlich-rechtlicher Vertrag schriftlich zu schließen ist. Der Antrag ist deshalb abzulehnen.

Den Ausführungen des Sozialgerichts zu den geforderten Übersetzungskosten ist ebenso zu folgen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine Zusage der Beklagten, die Übersetzungskosten zu übernehmen, der Schriftform bedurfte (§ 34 SGB X). Da eine solche schriftliche Zusicherung weder vorliegt noch behauptet wurde, eine sozialrechtliche Anspruchsgrundlage also nicht ersichtlich ist, erfolgte, dem Hilfsantrag entsprechend, eine Verweisung an das Amtsgericht Remscheid.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen des Klägers.

Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
Saved