S 1 U 87/08

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 1 U 87/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 129/12 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 50.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Unfall des Beigeladenen vom 20.8.2004 als Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII zu qualifizieren ist und somit in die Zuständigkeit der Beklagten fällt.

Der 1990 geborene beigeladene Geschädigte half am 20.8.2004 auf einem Forstweg im Wald bei E-Stadt in Niedersachsen beim Brennholzlesen und -spalten. Hierbei waren auch der Vater, der Zeuge F. C., der Bruder, der Zeuge G. C., und der Onkel, der Zeuge H. H. des Beigeladenen anwesend. Die Aufgabe des Beigeladenen war es, Holzkeile unter den Holzspalter zu stellen, den sein Onkel bediente. Dieser Holzspalter war an einen Trecker angeschlossen. Gegen 17:20 Uhr geriet hierbei die rechte Hand des Beigeladenen in den herunterschnellenden Holzspalter wodurch die rechte Hand des Beigeladenen erheblich verletzt wurde. Unter anderem mussten Finger der rechten Hand teilweise amputiert werden. Der Beigeladene wurde vom Tage dieses Ereignisses bis zum 3.9.2004 stationär im Krankenhaus behandelt. Vom 21.9.2004 bis 3.12.2004 wurde der Beigeladene weiter ambulant behandelt. Es verblieb eine Funktionsbeeinträchtigung der rechten Hand. Bereits am 7.9.2004 wurde eine Unfallbeschreibung der Barmer Ersatzkasse aktenkundig. Hierbei schilderte die Mutter des Beigeladenen, Frau J. C., dass sich der Unfall in der Freizeit ereignete. Als Zeugen wurden der Onkel des Beigeladenen und der Bruder des Beigeladenen benannt. Mit Schreiben vom 20.6.2005 gab das Niedersächsische Forstamt K. an, dass der Beigeladene in keinem Beschäftigungsverhältnis zu ihm stehe und nach seinen Informationen in der fraglichen Zeit sein Brennholz als privater Selbstwerber im Wald aufgearbeitet habe. Mit Schreiben vom 29.6.2005 stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten fest, dass es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe, denn ein Beschäftigungsverhältnis habe nicht bestanden. Ein Versicherungsfall in der gesetzlichen Unfallversicherung sei daher auszuschließen. Mit Schreiben vom 12.2.2007 wies die Klägerin, die Kfz-Haftpflichtversicherung des Treckers, gegenüber der Barmer Ersatzkasse, der Krankenkasse des Beigeladenen, jegliche Ersatzforderungen im Sinne von § 116 SGB X zurück. Sie argumentierte, dass weder die Klägerin noch die Barmer Ersatzkasse zuständig seien, da hier eine sogenannte "Wie-Beschäftigung" im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII vorläge. Am 16.2.2007 erhob der Beigeladene Klage gegen den Halter des Traktors, Herrn L. L., weiter gegen seinen Onkel, der den Holzspalter bediente und gegen die Klägerin. Das Landgericht Hildesheim setzte die Klage nach § 108 Abs. 2 SGB VII bis zur Entscheidung der Sozialgerichtsbarkeit aus. Die Krankenkasse des Beigeladenen meldete das Unfallereignis der Landesunfallkasse Niedersachsen. Diese bat ihn um Auskunft bezüglich des Unfallhergangs. Der vom Beigeladenen ausgefüllte und unterschriebene Fragebogen der Landesunfallkasse wurde am 17.4.2007 aktenkundig. Hierbei gab der Beigeladene an, dass das Holzkeilen für den eigenen Bedarf erfolgt und kein anderweitiger Auftraggeber vorhanden gewesen sei. Das Brennholz sei für den Bedarf der Familie bestimmt gewesen. Eine Vergütung habe er nicht erhalten. Bis zum Eintritt des Unfallereignisses habe die Tätigkeit fünf Stunden in Anspruch genommen. Sie hätte ca. sechs einhalb Stunden dauern sollen. Auch in der Vergangenheit habe er bereits diese Tätigkeiten durchgeführt, so habe er seit dem Jahr 2003 mit Familienangehörigen mit diesem Gerät gearbeitet. Auf die Frage: "Handelt es sich insoweit um selbstverständliche gegenseitige Hilfsdienste, die sich aus den konkreten sozialen Beziehungen ergeben?" antwortete der Beigeladene: "Ja Familie 3. Sohn".

Mit Bescheid vom 9.11.2007 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Ereignisses vom 20.8.2004 ab. Es habe sich nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne des Gesetzes gehandelt. Sie begründete ihre Entscheidung damit, dass eine versicherte Tätigkeit beim Beigeladenen nicht vorgelegen habe. Da der Beigeladene kein Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gewesen sei, komme letztlich nur eine Einstufung des Beigeladenen nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII in Betracht. Zunächst führe er als sogenannter Selbstwerber zwar mit Willen und Wollen des Waldbesitzers Pflege- oder Holzeinschlagstätigkeiten aus, eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VII liege jedoch nicht vor, da keine fremdbezogene Arbeit verrichtet werde. Darüber hinaus komme eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit für den Onkel des Beigeladenen nicht in Betracht. Dieser habe ihm am Unfalltag zwar gesagt, dass er das nächste Stück Holz holen solle. Hierbei habe es sich jedoch nicht um eine wie in § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII geforderte Beauftragung gehandelt. Das Holzkeilen habe dem Haushalt der eigenen Familie gedient, da das Holz als Brennholz verwendet werden sollte. Die Arbeit am Unfalltag sei daher als eigenwirtschaftlich zu qualifizieren gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch mit Schreiben vom 26.11.2007. Am fraglichen Tag sei es die Aufgabe des Beigeladenen gewesen, Holzstücke in den Spalter zu legen, welcher vom Onkel bedient worden sei. Diese Aufgabe habe der Beigeladene auf Weisung seines Vaters verrichtet, um diesen zu unterstützen. Die Aufforderung durch den Vater sei das bestimmende Motiv für den Beigeladenen gewesen. Der Vater spalte seit mehreren Jahren regelmäßig Holz. Dies sei für den Vater daher ein Unternehmen im Sinne der Unfallversicherung. Dass das Holz für das Eigenheim gedacht gewesen sei, könne hier dahinstehen. Der Vater habe den Holzspalter regelmäßig ausgeliehen. Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Unfallversicherung könne auch zwischen Verwandten begründet werden. Die Arbeit des Vaters sei durch die Hilfe des Beigeladenen erleichtert und beschleunigt worden. Auf Grund des Umfangs und der Dauer der Tätigkeit, sei diese nicht als familiär üblich anzusehen. Ein Handeln im eigenen Interesse des Beigeladenen sei hier nicht zu sehen, denn es sei dem Beigeladenen nicht um eigenen Profit gegangen, sondern es habe der Wille des Vaters im Vordergrund gestanden. Durch seine Tätigkeit in der unternehmerischen Sphäre seines Vaters, sei der Beigeladene als Beschäftigter gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII versichert. Das Legen der Holzscheite auf den Holzspalter durch den Beigeladenen habe der unternehmerischen Tätigkeit des Vaters gedient und sei von wirtschaftlichem Wert insofern gewesen, als die durchzuführende Arbeit erleichtert und beschleunigt worden sei.

Mit Schreiben vom 3.12.2007 führte die Beklagte aus, dass es dahingestellt bleiben könne, ob die Tätigkeit des Beigeladenen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII erfülle, da er nach § 4 Abs. 4 SGB VII versicherungsfrei wäre. Anhaltspunkte, dass der Beigeladene in einem landwirtschaftlichen Haushalt im Sinne des § 124 Abs. 1 SGB VII tätig geworden sei, lägen nicht vor. Die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Hannover habe am 29.11.2007 mitgeteilt, dass ein landwirtschaftliches Unternehmen des Vaters des Beigeladenen nicht veranlagt sei. Mit Schreiben vom 21.12.2007, 22.1.2008 und 21.2.2008 führte die Klägerin zur Begründung ihres Widerspruchs weiter aus, dass § 4 Abs. 4 SGB VII hier nicht eingreife, seien von dieser Vorschrift doch nur kleinere Tätigkeiten umfasst. Das Holzspalten der Familie zur Brennholzerzeugung sei hier von einer gewissen Professionalität geprägt gewesen, was einen Vergleich zu Haushaltstätigkeiten im Sinne von § 4 Abs. 4 SGB VII nach Art, Inhalt und Umfang nicht zuließe. Die Tätigkeit des Beigeladenen habe ausschließlich dem Interesse des Vaters gedient, der Beigeladene sei hierbei weisungsgebunden tätig geworden. Es sei hier ein Spezialwerkzeug verwendet und ein hoher Spezialisierungs- und Professionalisierungsgrad erreicht worden. Dies habe zu einem professionell ausgerichteten Betrieb des Vaters, einem Betrieb zur Brennholzerzeugung geführt.

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.5.2008 zurück. Es habe sich bei dem Ereignis vom 20.8.2004 nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt. Der Beigeladene gehöre nicht zum Kreis der versicherten Personen nach § 2 SGB VII. Bei der Tätigkeit des Beigeladenen habe es sich um eine so genannte Gefälligkeitshandlung gehandelt. Nach der Rechtsprechung des BSG schlössen unter Verwandten vorgenommene Gefälligkeitshandlungen den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII aus, wenn diese ihr gesamtes Gepräge durch die familiären Bindungen zwischen den Angehörigen erhielten. Die zum Unfall führende Tätigkeit sei nicht über eine bloße Gefälligkeitshandlung zwischen einem Elternteil und einem Kind hinausgegangen. Die Tatsache, dass die Arbeit am Holzspalter ihrer Natur nach gefährlich gewesen sei und einen gewissen Zeitraum umfasst habe, stehe der Annahme einer rein familiär geprägten Gefälligkeitshandlung nicht entgegen. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass zwischen dem Verletzten und seinem Vater kein intaktes Verwandtschaftsverhältnis bestanden habe. Dafür spreche auch, dass der Beigeladene mit Schreiben vom 16.4.2007 angegeben habe, dass er selbst sein Tätigwerden am Unfalltag als selbstverständlichen Hilfsdienst bewertet habe, der sich aus den konkreten sozialen Beziehungen ergeben habe. Selbst wenn ein über die verwandtschaftlich bedingte Gefälligkeitsleistung hinausgehendes Tätigwerden unterstellt würde, bestehe gemäß § 4 Abs. 4 SGB VII Versicherungsfreiheit. Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit des Verletzten am Unfalltag gegen eine echte Gegenleistung des Haushaltsführenden ausgeübt worden sei, lägen nicht vor.

Der Kläger hat am 27.5.2008 Klage vor dem Sozialgericht Hannover erhoben. Mit Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 2.7.2008 wurde der Rechtsstreit an das Sozialgericht Wiesbaden verwiesen.

Die Klägerin trägt ergänzend vor, dass die Tätigkeit des Vaters als Selbstwerber unternehmerisch gewesen sei. Der Vater habe planmäßig und regelmäßig Brennholz gewonnen. Dieser Tätigkeit habe der Beigeladene in arbeitnehmerähnlicher Weise gedient. Durch seine Hilfe sei die Tätigkeit schneller verrichtet worden, als wenn der Vater alleine gearbeitet hätte. Der Beigeladene sei den Weisungen des Vaters voll unterworfen gewesen. Es habe sich nicht um ein Gefälligkeitsverhältnis gehandelt, weil nach Art, Umfang und Dauer der Arbeit in professioneller Weise vorgegangen worden sei. Es sei in "großem Stil" Brennholz gespalten worden. Hierzu sei ein Spalter benutzt worden, wie er nur von einem gewerblichen Betrieb genutzt werde. Eigene Interessen des Beigeladenen seien nicht verfolgt worden, denn sein Vater habe durch die Brennholzgewinnung Heizkosten eingespart. Die Heizkostenrechnungen seien vom Vater beglichen worden. Eine Versicherungsfreiheit nach § 4 Abs. 4 SGB VII liege hier nicht vor, denn das Holz habe nicht den Haushalt des Vaters sondern dessen Betrieb betroffen. Darüber hinaus sei die Vorschrift des § 4 Abs. 4 SGB VII wegen § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ausgeschlossen, denn das Holzmachen gehöre zum Bereich der Forstwirtschaft. Subjektive Aspekte seien für den Begriff der Gefälligkeit außer Acht zu lassen. Es sei das Gesamtbild der Tätigkeit zu beachten und diese gehe über die familienhafte Gefälligkeit hinaus.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 09. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall des Beigeladenen vom 20.08.2004 in gesetzlichem Umfang als Arbeitsunfall zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt ergänzend vor, dass Versicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII nicht bestehe, wenn es sich bei der zum Unfall führenden Tätigkeit um Gefälligkeitsdienste handele, die ihr gesamtes Gepräge von den familiären Bindungen zwischen den Angehörigen erhalte. Hierbei seien die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beachten. Gerade die tatsächlichen Beziehungen zwischen dem Beigeladenen und seinem Vater sprächen hier für das Vorliegen einer sehr engen Familiengemeinschaft, die den Rahmen normalerweise zu erwartender Hilfeleistungen weit spanne. Von dem Beigeladenen seien in der Vergangenheit zahlreiche ähnliche Hilfeleistungen für den Privathaushalt der Familie erbracht worden. Es handele sich demnach um einen intakten Familienverband in einer Hausgemeinschaft. Es werde hierbei nicht verkannt, dass es sich bei der Tätigkeit um eine zeitaufwändige, grundsätzlich als gefährlich zu wertende Verrichtung handele. Allerdings führe die objektive Schwierigkeit und Dauer des Holzspaltens allein nicht dazu, dass das Tätigwerden des Beigeladenen eine über die verwandtschaftlich geprägte, übliche und zu erwartende Gefälligkeitshandlung hinausgehende Verrichtung darstelle.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Anhörung des Beigeladenen sowie Einvernahme des Vaters, des Bruder G. und des Onkels des Klägers als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 30. April 2010 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens, sowie der Verwaltungsakten der Beklagten (1 Band), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 09.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin (und den Beigeladenen) nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Unfalls des Beigeladenen vom 20.08.2004 als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist insbesondere klagebefugt gemäß den Regelungen des § 109 Sozialgesetzbuch 7. Band (SGB VII). Nach dieser Vorschrift können Personen, deren Haftung nach den §§ 104 – 107 SGB VII beschränkt ist und gegen die Versicherte, ihrer Angehörigen und ihrer Hinterbliebenen Schadensersatzforderungen erheben, statt der Berechtigten die Feststellung nach § 108 SGB VII beantragen oder das entsprechende Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) betreiben. In den Fällen, in denen der Versicherer im Sinne des Pflichtversicherungsgesetzes von dem durch einen Unfall Verletzten direkt in Anspruch genommen wird, ist § 109 SGB VII zumindest analog anwendbar (vgl. Dahm in Lauterbach SGB VII, § 109 Randnummer 2; Rapp in LBK-SGB VII, § 109 Randnummer 2 ff.). Vorliegend klagt die Klägerin als Haftpflichtversicherer der Maschine, durch die das schädigende Ereignis ausgelöst wurde. Der Geschädigte selbst, der Beigeladene, hat einen entsprechenden Antrag nicht gestellt.

Die danach zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Bei dem Unfall, den der Beigeladene am 20.08.2004 erlitten hat, handelt es sich nicht um einen vom Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfassten Arbeitsunfall.

Nach § 2 in Verbindung mit § 8 SGB VII ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer in diesen Vorschriften genannten Tätigkeiten erleidet. Dazu ist in der Regel erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechen ist, und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (Bundessozialgericht -BSG-, BSGE 61, 127, 128). Der danach erforderliche innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht, wobei Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund stehen (BSG SozR 2200 § 528 Nr. 19, 32, 70 und 84). Maßgeblich ist die Handelstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (BSGE SozR 3 – 2200 § 548 Nr. 19; SozR 2 – 2200 § 548 Nr. 90). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis zu erbringen; bei vernünftiger Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können, also sicher feststehen, dass im Unfallzeitpunkt eine – noch – versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 84). Lässt sich nicht feststellen, ob der Versicherte bei einer Tätigkeit verunglückt ist, die – wenn feststellbar – im innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden hätte, trifft die objektive Beweislast für das Vorliegen dieser Verrichtung den Versicherten (BSG SozR 3 – 2200 § 548 Nr. 19).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Beigeladene zum Unfallzeitpunkt nicht Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gewesen ist. Als bezogenes Unternehmen einer solchen Beschäftigung wäre allein denkbar ein Unternehmen seines Vaters, für den das Lesen und Spalten des Brennholzes durchgeführt worden ist. Zwischen den Beigeladenen und seinem Vater bestand jedoch kein Arbeitsvertrag, auf dessen Grundlage der Beigeladene einerseits zu bestimmten Leistungen und sein Vater auf der anderen Seite zur Gewährung einer Vergütung verpflichtet gewesen wäre. Ungeachtet der Frage, ob überhaupt ein Unternehmen bestanden hatte, war der Beigeladene jedenfalls kein Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII.

Versicherungsschutz des Beigeladenen nach § 2 Abs. 2 SGB VII besteht ebenfalls nicht. Nach § 2 Abs. 2 SBG VII sind auch Personen versichert, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt voraus, dass es sich um eine ernstliche, dem in Betracht kommenden fremden Unternehmen zu dienen bestimmte Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handelt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu werden, unter solchen Umständen tatsächlich geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Bei einer Tätigkeit im Sinne dieser Vorschrift braucht eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmen nicht vorzuliegen. Entscheidend ist, ob nach dem Gesamtbild der Tätigkeit diese beschäftigtenähnlich ausgeübt wird. Es ist unerheblich, welches Alter, welches Geschlecht und welche wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung die handelnde Person hat. Auch darf es sich bei der in Rede stehenden Tätigkeit nicht um einen den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII ausschließenden Gefälligkeitsdienst handeln. Derartige Dienste liegen zum einen dann vor, wenn es sich bei der zum Unfall führenden Tätigkeit um einen Dienst handelt, der sein Gesamtgepräge von der familiären Bindung zwischen Angehörigen erhält (BSG SozR 3 – 2200 § 539 Nr. 25). Zum anderen schließen freundschaftliche und nachbarschaftliche Beziehungen eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit des Arbeitnehmers dann aus, wenn es sich um einen auf Grund der konkreten sozialen Beziehungen geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst handelt (BSG Urteil vom 26. April 1990 – 2 RU 39 /89) oder die zum Unfall führende Verrichtung als Erfüllung gesellschaftlicher, nicht rechtlicher Verpflichtungen anzusehen ist, die bei besonders engen Beziehungen zwischen Freunden oder Nachbarn typisch, üblich, und deshalb zu erwarten sind (BSG SozR 3 – 2200 § 539 Nr. 15). Je enger eine Gemeinschaft ist, umso größer wird regelmäßig der Rahmen sein, innerhalb dessen bestimmte Tätigkeiten ihr Gepräge daraus erhalten. Dabei sind die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beachten, insbesondere Art, Umfang und Zeitdauer der verrichteten Tätigkeiten sowie die Stärke der tatsächlichen verwandtschaftlichen Beziehungen. Die Eltern – Kind – Beziehung als engstes verwandtschaftliches Verhältnis kann auch Tätigkeiten mit erheblichem Umfang und größerer Zeitdauer ihr Gepräge geben (BSG SozR 2200 § 539 Nr. 134; § 539 Nr. 108). Auch der Umstand einer eventuellen häuslichen Gemeinschaft "unter einem Dach" ist bei der Bewertung zu berücksichtigen (BSG SozR 2200 § 539 Nr. 49). Allgemein formuliert ist nach der Rechtssprechung des BSG im Rahmen des § 2 Abs. 2 SBG VII die familienhafte Prägung einer (auch möglicherweise objektive schweren) Tätigkeit umso eher zu bejahen, je enger die tatsächlich gelebten Beziehungen und die familienrechtlichen Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den Beteiligten sind (BSG Urteil vom 20. April 1993, 2 RU 38/92).

Unter Beachtung dieser Grundsätze handelt es sich bei dem Unfall des Beigeladenen vom 20.08.2004 nicht um ein Ereignis im Rahmen einer Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VII. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zum Unfallzeitpunkt maßgeblich durch die familiäre Bindung im Rahmen eines engsten verwandtschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses geprägt war. Zwischen dem zum Unfallzeitpunkt 14-jährigen Beigeladenen und seinem Vater bestand eine solche engste familiäre Bindung. Der Beigeladene wohnte damals wie heute gemeinsam mit seinen Eltern und seinen beiden Brüdern im Elternhaus. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass das gemeinsame Holzsammeln und –spalten Teil und Ausdruck eines intakten gemeinschaftlichen Familienlebens gewesen ist. Der Beigeladene und die Zeugen haben übereinstimmend bekundet, dass diese Tätigkeit bereits seit vielen Jahren wie schon bereits in den vergangenen Generationen durch die Familie gemeinschaftlich ausgeübt worden ist. Der Beigeladene selbst war – wie seine beiden Brüder auch – bereits als kleines Kind regelmäßig beim Holzspalten im Wald zugegen gewesen.

Aus dem Umstand, dass die – gemeinschaftliche – Tätigkeit des Holzspaltens jeweils mehrere Stunden in Anspruch nahm und in Abhängigkeit von Jahreszeit und Wetterlage üblicher Weise regelmäßig ausgeübt worden ist, vermag ebenso wenig wie die grundsätzliche Schwere und vor allem Gefährlichkeit dieser Tätigkeit ein "Wie-Beschäftigungsverhältnis" im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VII zu begründen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die regelmäßige Holzlese für den Vater des Beigeladenen bzw. die gesamte Familie von wirtschaftlichem Wert war, da Kosten für sonstige Heizmittel praktisch vollständig eingespart werden konnten. Gleichwohl steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zum Unfallzeitpunkt ganz wesentlich durch die besonders enge familiäre Beziehung geprägt gewesen ist. Besonders augenfällig wird diese Prägung durch den Umstand, dass der Zeuge H. sein behindertes Kind ebenfalls häufig mit zum Holzspalten in den Wald genommen hat, obgleich dieses Kind Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert nicht beigetragen hat, vielmehr ging es dort wie hier wesentlich um das Beisammensein, das lediglich – mit einer nützlichen bzw. wirtschaftlich sinnvollen Tätigkeit verknüpft worden ist. So hat beispielsweise der Bruder des Klägers, der Zeuge G. C., bekundet, auch in späterer Jugendzeit und nach Beginn einer beruflichen Tätigkeit noch weiter mit in den Wald gegangen zu sein, da dies für ihn – wie für die anderen – einen gerne genutzten Ausgleich zur ansonsten überwiegend sitzenden Tätigkeit in geschlossenen Räumen bzw. Kraftfahrzeugen dargestellt hat. Der Beigeladene hat auch – wie die übrigen an der Waldarbeit Beteiligten – keinerlei Verpflichtungen gehabt oder empfunden, zu bestimmten Terminen teilzunehmen. Die Zeugen und der Beigeladene haben übereinstimmend bekundet, dass wer keine Zeit oder auch keine Lust hatte, in den Wald zu gehen, keinerlei diesbezüglicher Verpflichtungen unterlag. Auch bestanden mit Ausnahme der Bedienung des Holzspalters, die dem Onkel des Beigeladenen oblag, für die Aufteilung der Arbeit keinerlei feste Regelungen, sodass auch von einem arbeitnehmerähnlichen Weisungsrechts des Vaters des Beigeladenen in diesem Zusammenhang keine Rede sein kann. Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass die Arbeitsschritte Baumfällung, Zerlegung, Transport und schließlich Spaltung zwischen verschiedenen Familien arbeitsteilig untergliedert war. Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass der Beigeladene seine Tätigkeiten völlig freiwillig und ausschließlich mit dem Ziel der Pflege der familiären Verbundenheit bzw. aus Spaß und Freude an der Tätigkeit verrichtet hat. Diese Einschätzung ist den Bekundungen des Beigeladenen selbst, seines als Zeugen gehörten Bruders G. wie auch denjenigen des Vaters und des Onkels gleichermaßen zu entnehmen.

Zur weiteren Begründung wird auf den Inhalt des angegriffenen Bescheides vom 09.11.2007 und des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2008 Bezug genommen, dem die Kammer folgt (vgl. § 136 Abs. 3 SGG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i. V. m. § 154 ff. Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 63 Abs. 2 S. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Die Höhe des festgesetzten Streitwertes entspricht dem Interesse der Beteiligten am Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens, wie es auch in der mündlichen Verhandlung am 30. April 2010 bekundet worden ist.
Rechtskraft
Aus
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