L 8 SB 2909/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 2309/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2909/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 19.07.2018 abgeändert, soweit der Klägerin ab dem 06.04.2016 ein Grad der Behinderung von mehr als 40 zuerkannt wurde, und die Klage insoweit abgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin ein Drittel ihrer außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu erstatten. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB).

Bei der 1968 geborenen Klägerin italienischer Staatsangehörigkeit stellte das Landratsamt S. (LRA) zuletzt mit Bescheid vom 05.12.2012 wegen einer seelischen Störung (GdB 60, zuvor 50), einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Fibromyalgiesyndrom (GdB 20, zuvor 10) sowie eines Bronchialasthmas (GdB 10, zuvor 10) den GdB mit 60 seit dem 06.06.2012 neu fest (zuvor 50 seit 21.06.2008, Bescheid des LRA vom 07.05.2009). Die geltend gemachten Gesundheitsstörungen Schilddrüsenunterfunktion, Unterfunktion der Nebenschilddrüsen (medikamentös ausgleichbar), Blutarmut, Stoffwechselstörung, Teilverlust der Leber, Z.n. Thrombophlebitis linker Unterarm bedingten keinen GdB von wenigstens 10.

Grundlagen der Neufeststellung des GdB waren insbesondere der Befundschein von Dr. S. vom 14.06.2012, der mitteilte, im Vordergrund stünden psychische Erkrankungen der Klägerin, die sie massiv im Alltag behinderten; der Befundbericht des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie W. vom 14.06.2012, (Diagnosen: Komplexe posttraumatische Belastungsstörung, schwere depressive Episode ohne psychotisches Symptom), der Bericht des Dr. S. vom 11.01.2012 in dem der Klägerin wegen der psychischen Situation weiterhin bestehende Arbeitsunfähigkeit attestiert wurde, der Bericht der M.-Klinik vom 21.01.2011, (Diagnosen u.a.: Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome, (komplexe) posttraumatische Belastungsstörung, Fibromyalgie) und vom 15.01.2010, der Entlassungsbericht der S.klinik Bad B. vom 16.03.2009 (Diagnosen insbesondere: Posttraumatische Belastungsstörung, Angst und Depression gemischt, emotional instabile Persönlichkeitsstörung, aus psychischer Sicht wurde das Leistungsvermögen der Klägerin für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Arbeiterin sowie für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf jeweils unter 3 Stunden eingeschätzt), die Berichte des S. Klinikums V. vom 04.11.2008, 20.03.2007 und 31.08.2006 (Diagnosen insbesondere: Posttraumatische Belastungsstörungen nach gewalttätigem Übergriff, schwere depressive Anpassungsstörung, generalisierte Angststörung, emotional instabile Persönlichkeitsstörung, Z.n dissoziativem Stupor) und der Bericht des Orthopäden Dr. E. vom 09.07.2004 (Diagnose: Chronisches LWS-ISG-Syndrom).

Im November 2015 leitete das LRA ein Nachprüfungsverfahren von Amts wegen ein (Schreiben an die Klägerin vom 05.11.2011). Im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens beantragte die Klägerin am 13.11.2015 die Erhöhung des GdB. Das LRA holte den Befundschein des Arztes W. vom 18.01.2016 ein, der die Diagnosen (rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, posttraumatische Belastungsstörung) sowie den psychischen Befund mitteilte. Weiter holte das LRA den Befundschein des Dr. S. vom 18.01.2016 ein, der insbesondere mitteilte, gegenüber den Befunden vor mehreren Jahren bestehe insgesamt jetzt doch eine psychische Stabilisierung auf mittlerem Niveau, sicherlich auch gebessert durch die neue Partnerschaft und jetzt intakte Ehe. Zudem nahm das LRA weitere medizinische Unterlagen zu den Akten (Bericht des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. B. vom 15.12.2015, Bericht des Radiologen Dr. R. vom 09.03.2015 (Diagnose: Proximale Partialruptur des VKB nach Skiunfall am 26.02.2015, Bericht des HNO-Arztes Dr. K. vom 22.06.2015 - Diagnose: Laryngopharyngitis (Nikotin) -, Bericht des Orthopäden und Unfallchirurgen J. vom 18.03.2015, ambulanter Notfallbericht des S. Klinikums vom 27.02.2015 (Diagnosen: Kniedistorsion mit V.a. Läsion VKB rechts nach Unfall beim Skifahren).

In der gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. Z. vom 26.02.2016 wurde wegen einer seelischen Störung (GdB 20), einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Fibromyalgiesyndrom (GdB 20) sowie einem Bronchialasthma (GdB 10) der GdB mit 30 vorgeschlagen. Eine Eisenmangelanämie, eine Hyperlipidämie, ein Teilverlust der Leber bei Echinokokkosezyste rechtfertigten keinen Teil-GdB von mindestens 10. Eine Besserung der seelischen Störung sei eingetreten. Es bestünden keine Orientierungsstörung, keine Wahrnehmungsstörung, keine Angstsymptomatik sowie kein sozialer Rückzug mehr. Eine Rückstufung wurde empfohlen.

Mit Anhörungsschreiben vom 04.03.2016 hörte das LRA die Klägerin zur beabsichtigten Herabsetzung des GdB auf 30 an und gab ihr Gelegenheit, sich zu äußern. Mit Schreiben vom 14.03.2016 teilte die Klägerin mit, sie wolle Widerspruch einlegen. Einer Verbesserung der Erkrankung, wie durch den Arzt W. voreilig ausgesagt, der sie seit ca. einem Jahr nicht mehr behandele, müsse sie energisch widersprechen. Gründe, dass keine Praxisbesuche von ihr vorgenommen worden seien, seien ein Skiunfall, die psychische Verfassung sowie eine berufliche Neuorientierung durch Aufnahme einer Ausbildung zur Altenpflegerin. Nach Rücksprache mit dem Arzt W. habe dieser seine Aussagen bedauert und versprochen, den Fehler zu revidieren. Die Klägerin legte den Befundbericht des Arztes W. vom 11.03.2016 vor.

In der weiteren gutachtlichen Stellungnahme vom 23.03.2016 bestätigte der Versorgungsarzt Dr. M. den GdB mit 30.

Mit Bescheid vom 01.04.2016 hob das LRA den Bescheid vom 05.12.2012 gemäß § 48 SGB X auf und stellte fest, dass der GdB ab 06.04.2016 nur noch 30 betrage. Die Schwerbehinderung liege nicht mehr vor.

Gegen den Bescheid vom 01.04.2016 legte die Klägerin am 27.04.2016 Widerspruch ein. Sie machte zur Begründung geltend, es könne nicht nachvollzogen werden, weshalb der GdB von 60 auf 30 herabgestuft worden sei. Termine beim Arzt W. habe sie wegen eines Skiunfalles und weil dies ihre psychische Verfassung nicht zugelassen habe, nicht wahrnehmen können. Zudem habe sie eine Schulung zur Ausbildung zur Altenpflegerin gemacht. Verordnete Medikamente nehme sie jedoch weiterhin ein. Es könne nicht nachvollzogen werden, warum auch unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes der GdB von 60 auf 30 reduziert werden solle, wofür der Beklagte die Beweislast trage. Das Zeugnis des Arztes W. , das maßgeblich für die Herabstufung des GdB gewesen sei, sei nicht aussagekräftig. Es müsse unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nachgewiesen werden, dass sich ihr gesundheitlicher Zustand verbessert habe, was nicht erbracht worden sei.

Der Versorgungsarzt Dr. Z. hielt in seiner Stellungnahme vom 02.08.2016 eine Abhilfe für nicht möglich.

Mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 23.08.2016 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. In den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 05.12.2012 zugrunde lagen sei insoweit eine wesentliche Änderung eingetreten, als sich die seelische Störung gebessert habe. Eine schwere psychische Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten liege nicht mehr vor. Die Festsetzung des GdB auf 30 entspreche den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen. Ein höherer GdB könne nicht mehr festgestellt werden.

Hiergegen erhob die Klägerin am 09.09.2016 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG), mit dem Ziel, den Bescheid vom 01.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2016 aufzuheben. Sie wiederholte zur Begründung im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trug sie vor, der Beklagte habe sich mit ihrem Vorbringen im Widerspruchsverfahren nicht auseinandergesetzt und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht betrieben, was insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes notwendig gewesen wäre.

Das SG und zog einen Auszug aus der Leistungskartei der S. BKK vom 26.04.2010 bei und hörte behandelnde Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen an. Der Arzt für Psychosomatische Medizin und Psychiatrie/Psychotherapie W. teilte in seiner Aussage vom 03.01.2017 den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit. Er verneinte eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes der Klägerin und schätzte den GdB auf 50 ein. Der Facharzt für Innere Medizin, Notfallmedizin und Naturheilkunde Dr. S. teilte in seiner Aussage vom 13.01.2017 - unter Vorlage medizinischer Unterlagen - den Behandlungsverlauf und die Gesundheitsstörungen mit. Nach der Hochzeit habe eine Stabilisierung der depressiven Symptomatik und der Panikattacken festgestellt werden können. Im Jahr 2015 sei jedoch wieder eine Verschlechterung der psychischen Situation eingetreten, wohl im Rahmen einer Überlastungssituation im Rahmen einer Umschulung und eines Knietraumas. Dr. S. verwies auf die psychiatrischen Befunde des Arztes W ...

Anschließend holte das SG - von Amts wegen - das Gutachten des Facharztes für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Innere Medizin Dr. G. vom 30.08.2017 ein. Dr. G. diagnostizierte in seinem Gutachten nach einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 26.08.2017 auf psychiatrisch-neurologischem Gebiet eine posttraumatische Belastungsstörung, eine Psychoneurose mit Ich-strukturellen Defiziten, Angst und depressive Störung gemischt, eine Nikotinabhängigkeit, eine Schlafmittelabhängigkeit sowie einen V.a. eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei chronischer Schmerzstörung. Auf internistischen Gebiet diagnostizierte Dr. G. eine Hypotonie, einen Z.n. Leberteilresektion wegen Echinokokkose, eine mitgeteilte obstruktive Bronchitis - zum Untersuchungszeitpunkt symptomfrei -, sowie eine mitgeteilte Schilddrüsenunterfunktion und Nebenschilddrüsenunterfunktion - Besserung durch Substitutionsbehandlung -. Auf orthopädischem Gebiet diagnostizierte Dr. G. ein vertebragenes Syndrom -zum Untersuchungszeitpunkt erscheinungsfrei- sowie einen Bänderschaden nach Kniebinnentrauma rechts. Dr. G. gelangte zu der Bewertung, dass eine leichte Besserung des psychischen Geschehens eingetreten sein dürfte, die den GdB für seelische Störungen von 60 auf 50 nachvollziehbar reduziere. Es handele sich um stärker behindernde Störungen mit der Folge mittelgradiger sozialer Anpassungsschwierigkeiten. Eine wesentliche Besserung der psychischen Störung sei nicht eingetreten. Unter Berücksichtigung eines GdB von 50 für seelische Störungen, eines GdB von 20 für eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und chronischer Schmerzstörung sowie eines GdB von 10 für eine obstruktive Bronchitis schätzte Dr. G. den Gesamt-GdB auf 50 seit 01.04.2016 ein.

Der Beklagte unterbreitete der Klägerin unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 11.12.2017 zur Erledigung des Rechtsstreites ein Vergleichsangebot dahin, den GdB mit 40 ab 06.04.2016 festzustellen (Schriftsatz vom 22.01.2018), das die Klägerin nicht annahm (Schriftsatz vom 19.02.2018).

Mit Urteil vom 19.07.2018 verurteilte das SG den Beklagten - unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 01.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2016 - ab 06.04.2016 einen GdB von 50 festzustellen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Das SG führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, gegenüber den Befunden, die der Feststellung des GdB von 60 durch den Bescheid vom 05.12.2012 zu Grunde lagen, habe sich die im Vordergrund stehende psychische Erkrankung der Klägerin soweit gebessert, dass der GdB nur noch 50 betrage. Die komplexe psychische Störung der Klägerin könne als schwere Störung angesehen werden. Die übrigen Erkrankungen rechtfertigten keine Erhöhung des Gesamt-GdB.

Gegen das dem Beklagten am 02.08.2018 zugestellte Urteil richtet sich die vom Beklagten am 15.08.2018 eingelegte Berufung. Der Beurteilung durch das SG könne nach versorgungsärztlicher Auswertung nicht gefolgt werden. Nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 11.12.2017 könne auf psychischem Gebiet allenfalls ein Teil-GdB von 40 begründet werden. Schwere Störungen in allen Lebensbereichen könnten in keiner Weise objektiviert werden. Der Beklagte hat die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 08.08.2018 vorgelegt.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 19.07.2018 abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit der Klägerin ab 06.04.2016 ein Grad der Behinderung von mehr als 40 zuerkannt wurde.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig. Die mit der Berufungsbegründung vorgebrachten Einwände überzeugten nicht. Das SG gehe zutreffend vom Vorliegen mittelgradiger sozialer Anpassungsschwierigkeiten aus, womit sich der Beklagte nicht ausreichend befasse. Den Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil sei in vollem Umfang zuzustimmen. Es lägen mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten vor. Sie arbeite nur halbtags. Seitens des Arbeitgebers und der Kolleginnen und Kollegen werde Rücksicht genommen. Es bestehe Kontaktverlust. Sie habe keine Freundinnen und habe lediglich ab und zu zur in Osnabrück lebenden Tochter Kontakt. Sie habe sich im Dorf zunächst total isoliert und fange an, da und dort ein bisschen Kontakte zu knüpfen, jedoch nur oberflächlich. Als Kriterium mittelgradiger sozialer Anpassungsschwierigkeiten wird ausdrücklich genannt, dass noch keine Isolierung, noch kein sozialer Rückzug in einem Umfang vorliegen müsse, der z.B. eine vorher intakte Ehe stark gefährden könne.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Beklagte Schriftsatz vom 16.05.2019, Klägerin Schriftsatz vom 03.06.2019).

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und (im Sinne des Berufungsantrages) begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren Gesamt-GdB als 40 ab dem 06.04.2016. Das angefochtene Urteil war insoweit abzuändern.

Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist, ob der Beklagte zur Herabsetzung des GdB ab 06.04.2016 im Wege des Nachprüfungsverfahrens berechtigt ist. Nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Antrag der Klägerin vom 13.11.2015 auf Erhöhung des GdB. Hierüber hat der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 01.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2016 keine ausdrückliche Entscheidung getroffen. Gegenstand des Bescheides vom 01.04.2016 war die Herabsetzung des GdB ab 06.04.2016. Die Klägerin hat ihren Antrag auf Erhöhung des GdB auch nicht weiterverfolgt. Sie hat vielmehr im Widerspruchs- und im Klageverfahren die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides angestrebt und damit eine (isolierte) Anfechtungsklage erhoben, die die Neufeststellung eines höheren GdB nicht erfasst.

Rechtsgrundlage für die Herabsetzung des GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung im Rahmen einer isolierten Anfechtungsklage ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bezogen auf den Tag der verfügten Herabsetzung, hier der Widerspruchsbescheid vom 23.08.2016. Danach eingetretene Änderungen sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigten (vgl. BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96, SozR 3-3870 § 3 Nr. 7). Hierüber wäre im Rahmen eines Neufeststellungsverfahrens wegen Verschlimmerung zu befinden, was nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist.

Die GdB-Bewertung richtet sich noch nach den Vorschriften des SGB IX in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung, da es auf den Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, also auf die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2016 ankommt. Nach § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX (jeweils a.F.) stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt; eine Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein Grad der Behinderung von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 SGB XI). Bis zum 31.12.2008 waren die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1). Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX in der ab 15.01.2015 gültigen Fassung). Bis zum 14.01.2015 galten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX (in der Fassung vom 20.06.2011) die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Hiervon hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die VersMedV erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "VG" zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der AHP getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30).

Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e).

Nach diesen Maßstäben liegt eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die eine Herabsetzung des GdB rechtfertigt, vor. Der Senat stellt fest, dass im (letzten bindenden) Feststellungsbescheid vom 05.12.2012 berücksichtigten Gesundheitszustand der Klägerin hinsichtlich der seelischen Störung (GdB 60) eine wesentliche Änderung im Sinne einer Besserung des Gesundheitszustandes dahin eingetreten ist, dass im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt unter Berücksichtigung der bei Ergehen des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2016 festzustellenden Sach- und Rechtslage der GdB für die seelische Störung seit 06.04.2016 mit 40 (statt 60) zu bewerten ist.

Nach den dem Bescheid vom 05.12.2012 zu Grunde liegenden Befundschein von Dr. S. vom 14.06.2012 war hinsichtlich des psychischen Befundes eine Hilflosigkeit wegen rezidivierender Panikattacken der Klägerin beschrieben worden, derentwegen die Klägerin bei der Teilhabe am öffentlichen Leben (Einkaufen, Arztbesuche, Straßenverkehr und Spaziergänge) der Begleitung und Entlastung bedurfte. Chronische Schmerzen verstärkten die Angst- und depressive Störungen. Nach dem Befundschein von Dr. S. vom 14.06.2012 standen bei der Klägerin klinisch die psychischen Erkrankungen, die Depression, die Panikstörung sowie das PTBS im Vordergrund und behinderten die Klägerin trotz ausgedehnter medikamentöser Therapie und regelmäßiger Anbindung an den Arzt W. massiv im Alltag. In dem im Bericht des Arztes W. vom 14.06.2012 beschriebenen psychischen Befund erschien die Klägerin zu den Gesprächen immer erschöpft, die Psychomotorik war verlangsamt und sparsam sowie die Stimmung depressiv herabgestimmt. Die affektive Schwingungsfähigkeit war deutlich eingeschränkt und der Antrieb deutlich herabgesetzt. Ihr Denken war auf die belastenden Situationen eingeengt. Die Problemschilderung geschah unter Leidensdruck. Der Arzt W. diagnostizierte im Bericht vom 14.06.2012 eine schwere depressive Episode sowie eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Nach dem Bericht der M.-Klinik vom 21.01.2011 über eine stationäre Behandlung der Klägerin vom 12.10.2010 bis 04.01.2011 litt nach den beschriebenen Angaben der Klägerin ihre Partnerschaft stark unter ihren psychischen Beschwerden. Eine biografische Exploration konnte aufgrund der aktuellen psychischen Instabilität nicht vollständig durchgeführt werden. Nach der Beschreibung des psychopathologischen Befundes wirkte die Klägerin äußerst erschöpft, im Affekt bedrückt. Die Schwingungsfähigkeit war stark reduziert. Konzentration, Merkfähigkeit und Gedächtnis waren deutlich beeinträchtigt. Es bestanden vielfältige Ängste, auch Misstrauen vor den Motiven anderer Menschen. Der Antrieb war deutlich gemindert und die Psychomotorik eingeschränkt. Das Denken schien verlangsamt sowie auf das Thema Versagen und Schuld eingeengt zu sein. Es gab zahlreiche Hinweise auf Störungen des Ich-Erlebens. Die Klägerin beschrieb Suizidgedanken. Nach den Beschreibungen im Bericht trat bei der Entlassung der Klägerin eine leichte Verbesserung bei noch unbefriedigendem Gesamtbefinden ein.

Diese psychischen Beeinträchtigungen haben sich nach dem vom Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Befundschein des Arztes W. vom 18.01.2016 gebessert. Nach der psychischen Befundbeschreibung (auf der Grundlage der letzten Behandlung am 09.02.2015) werden Panikattacken bzw. Hilflosigkeit nicht mehr beschrieben und eine Angstsymptomatik verneint. Antrieb und Psychomotorik waren nur noch leicht verlangsamt. Das formale Denken beschreibt der Arzt W. als unauffällig (und nicht verlangsamt und nicht eingeengt). Die Konzentration, Merkfähigkeit und das Gedächtnis werden nicht als eingeschränkt beschrieben. Ein Anhalt für eine akute Suizidalität wird verneint. Partnerschaftsprobleme wegen der psychischen Probleme der Klägerin nennt der Arzt W. nicht. Dem entspricht im Wesentlichen auch der im Bericht des Arztes W. vom 11.03.2016 beschriebene psychische Befund (anlässlich einer Vorstellung der Klägerin am 11.03.2016). Der Arzt W. diagnostizierte in seinem Befundschein vom 18.01.2016 sowie seinem Bericht vom 11.03.2016 bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode sowie eine posttraumatische Belastungsstörung, womit auch diagnostisch eine Besserung festzustellen ist. Schwierigkeiten bei der biografischen Exploration bei der Untersuchung durch Dr. G. werden im Gutachten nicht beschrieben und lassen sich auch nicht erkennen. Soweit der Arzt W. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 03.01.2017 eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes der Klägerin verneint, ist diese Aussage im Vergleich zu seinen Angaben im Befundschein vom 09.02.2015 und im Bericht vom 11.03.2016 für den Senat nicht überzeugend. Auch Dr. S. gibt in seinem im Verwaltungsverfahren eingeholten Befundschein vom 18.01.2016 eine Besserung des Gesundheitszustandes der Klägerin auf psychiatrischem Gebiet an, in dem er gegenüber den Befunden vor mehreren Jahren eine psychische Stabilisierung auf mittlerem Niveau bejaht. Soweit Dr. S. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 13.01.2017 nach einer angegebenen Stabilisierung der depressiven Symptomatik und der Panikattacken nach der Hochzeit der Klägerin ab 2015 eine Verschlechterung der psychiatrischen Situation nennt, beschreibt er hierzu keine Befunde, die eine Verschlechterung nachvollziehbar machen. Er verweist vielmehr auf die Befunde des Arztes W. , die eine Verschlechterung nicht erkennen lassen. Für eine eingetretene Besserung des psychischen Gesundheitszustandes der Klägerin spricht auch, dass die Klägerin eine im Entlassungsbericht der S.klinik Bad B. vom 16.03.2009 aus psychischer Sicht angenommene quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit sowie für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf jeweils unter drei Stunden hat überwinden können. Die Klägerin hat nach ihren im Gutachten von Dr. G. beschriebenen Angaben im Jahr 2015 erfolgreich eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolviert und ist in Teilzeit (50 %) in der Altenpflege beruflich tätig. Dass die Ausübung einer körperlich und psychisch belastenden Tätigkeit mit zwingendem engem Umgang mit Kollegen und sonstigen, auch schwierigen Menschen auf Kosten der Restgesundheit der Klägerin erfolgt, ist nicht ersichtlich und wird von ihr auch nicht substantiiert geltend gemacht. Auch Dr. G. geht in seinem Gutachten vom 30.08.2017 davon aus, dass bei der Klägerin im Vergleich zu dem im Bescheid vom 05.12.2012 berücksichtigten psychischen Gesundheitszustand (zum Zeitpunkt seiner Untersuchung am 26.08.2017) eine leichte Besserung des psychischen Geschehens eingetreten sein dürfte und einen Einzel-GdB von 60 nicht mehr betätigt werden kann.

Danach stellt der Senat fest, dass bei der Klägerin hinsichtlich ihres im Bescheid vom 05.12.2012 mit einem Einzel-GdB von 60 berücksichtigten psychischen Gesundheitszustandes eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verbesserung eingetreten ist, die den Beklagten berechtigt, den GdB neu festzustellen. Auf Vertrauensschutz kann sich die Klägerin dabei nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht mit Erfolg berufen. Der Senat erachtet entgegen der Ansicht des SG mit dem Beklagten wegen des verbesserten psychischen Gesundheitszustandes der Klägerin zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt einen Einzel-GdB von 40 für ausreichend und angemessen.

Nach den VG Teil B 3.7 ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.

Nach dem insbesondere im Bericht vom 11.03.2016 des Arztes W. beschriebenen psychischen Befund war das äußere Erscheinungsbild der Klägerin unauffällig. Sie musste immer wieder weinen. Bewusstsein, Orientierung, Auffassung, Merkfähigkeit und Gedächtnis waren unauffällig. Affektiv war die Klägerin depressiv verstimmt, besorgt und ängstlich. Zwänge bestanden nicht. Antrieb, Psychomotorik, Mimik, Gestik und das formale Denken waren unauffällig. Der Inhalt des Denkens war auf die Symptome der Depression konzentriert. Die Wahrnehmung war unauffällig. Es bestanden keine Ich-Störungen und kein Anhalt für eine akute Suizidalität oder eine Tendenz zur Autoagressivität. Ein sozialer Rückzug wird genannt. Es bestand kein Suchtverhalten oder ein gestörtes Essverhalten. Die Krankheitseinsicht war vorhanden. Eine Tendenz zur Somatisierung bestand nicht bei selbstunsicheren Persönlichkeitsanteilen. Nach dieser Befundbeschreibung des Arztes W. ist bei der Klägerin (zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt) vom Vorliegen allenfalls stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit auszugehen, die nach den dargestellten GdB-Bewertungsgrundsätzen der VG einen Einzel-GdB von 30 bis 40 rechtfertigt.

Nach dem (nach dem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt erstellten) Gutachten von Dr. G. vom 30.08.2017 ist bei der Klägerin eine Befähigung zu einer passablen Tagesstrukturierung gegeben. Nach dem von Dr. G. beschriebenen Tagesablauf steht die Klägerin um 5:00 Uhr auf, betreibt die Körperpflege und frühstückt. Um 5:45 Uhr fährt sie zur um 6:30 Uhr beginnenden und um 14:00 Uhr endenden Tätigkeit der Altenpflege. Mit den Kolleginnen kommt die Klägerin zurecht. Nachmittags versucht die Klägerin so gut es geht den Haushalt zu absolvieren. Ab und zu geht sie mit ihrem Mann spazieren, wegen Angst und Unsicherheit allerdings nicht alleine. Die Klägerin versucht den Garten zu pflegen. Außerdem besteht auch ein - wenn auch - eingeschränktes Freizeitverhalten. Die Klägerin geht mit ihrem Mann gelegentlich zu einer Veranstaltung oder in einer Wirtschaft im Ort zum Essen. Als Hobbys dekoriert sie gern und sie kocht auch gern. Sie hat Kontakte zu ihrem Ex-Mann. Sie unternimmt Urlaubsreisen und ist außerdem zum Skifahren in der Lage. Nach der psychischen Befundbeschreibung ist die Klägerin allseits orientiert und bewusstseinsklar. Die Stimmungslage wirkt mittelgradig depressiv herabgesenkt. Es kommt zu wiederholten kurzen Weindurchbrüchen bei der Schilderung mehrerer belastender Erlebnisse. In affektiver Hinsicht wirkt die Klägerin leicht reduziert schwingungsfähig bei mäßig gespanntem Affekt. Es bestehen Zeichen der Anhedonie. Das formale Denken erscheint deutlich reduziert auf belastende Lebensereignisse, inhaltliche Denkstörungen bestehen nicht. Es bestehen Hinweise für visuelle und olfaktorische Intrusionen und die subjektive Angabe von Konzentrationsminderungen. Hinweise für produktiv psychotische Symptome bestehen nicht, auch keine Störungen der Wahrnehmungsfähigkeit oder des Auffassungsvermögens. Grobe Merk- oder Erinnerungsstörungen sind nicht feststellbar. Suizidale Tendenzen sind nicht vorhanden. Weiter bestehen subjektive Hinweise für einen ausgeprägten psychosozialen Rückzug. Testpsychologisch beschreibt Dr. G. in seinem Gutachten die kognitive Leistung der Klägerin als altersgemäß und einen leichten Schweregrad einer Freud- und Interessenlosigkeit.

Im Vergleich zu dem zeitnäher zum Widerspruchsbescheid vom 23.08.2016 beschriebenen psychischen Befund im Bericht vom 11.03.2016 des Arztes W. beschreibt Dr. G. in seinem Gutachten einen verschlechterten psychischen Befund, was auf eine Befundverschlechterung nach Ergehen des Widerspruchsbescheides vom 23.08.2016 hindeuten kann. Nachdem der Beklagte der Klägerin auf der Grundlage der Befunderhebung durch Dr. G. ein (von der Klägerin nicht angenommenes) Vergleichsangebot unterbreitet hat, den GdB mit 40 ab 06.04.2016 festzustellen und hieran auch weiterhin festhält, wie der Berufungsantrag des Beklagten dokumentiert, sieht sich der Senat nicht gehindert, den GdB für die psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin auf der Grundlage der Befunderhebung durch Dr. G. zu bewerten, selbst wenn von einer Verschlechterung seit dem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt ausgegangen wird.

Auch die im Gutachten von Dr. G. beschriebenen psychischen Befunde lassen die Feststellung von schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) nicht zu; auch die Klägerin hat in der Berufungserwiderung lediglich mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten angegeben. Ein schweres psychisches Krankheitsbild beschreibt Dr. G. in seinem Gutachten nicht. Hierauf weist Dr. B. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 11.12.2017, die der Senat als sachverständiges Parteivorbringen verwertet, den Senat überzeugend hin. Auch der Senat wertet die von Dr. G. in seinem Gutachten beschriebenen psychischen Befunde (Symptome einer depressiven Störung, einer Angststörung und einer somatoformen Störung) als stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Schwere psychische Störungen in allen Lebensbereichen sind auch nach den von Dr. G. erhobenen und im Gutachten beschriebenen Befunden zur Überzeugung des Senates nicht zu objektivieren, wie der Beklagte zur Begründung seiner Berufung vorgetragen hat. Das Vorbringen der Klägerin, insbesondere im Berufungsverfahren, rechtfertigt keine andere Bewertung. Dass sie nur halbtags arbeitet, dass bei der Arbeit seitens des Arbeitgebers und der Kolleginnen und Kollegen Rücksicht genommen wird sowie ein bestehender Kontaktverlust rechtfertigt noch nicht die Annahme einer schweren psychischen Störung. Auch Dr. G. hat in seinem Gutachten eine schwere psychische Störung nicht angenommen, sondern er geht davon aus, dass bei der Klägerin eine stärker behindernde seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit gegeben ist. Der Senat erachtet es - mit dem Beklagten - für angemessen, den für stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nach den VG eröffneten GdB-Bewertungsrahmen nach oben auf 40 auszuschöpfen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin nach der im Gutachten von Dr. G. beschriebenen biografischen Anamneseerhebung in ihrer Kindheit und auch später schweren Belastungen und Übergriffen ausgesetzt war, die auch psychisch Folgen hinterlassen haben. Die zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bestehenden psychischen Folgen rechtfertigen nach dem oben Ausgeführten jedoch keinen GdB von 50 (oder höher) mehr.

Der abweichenden GdB-Bewertung durch Dr. G. vermag der Senat nicht zu folgen. Dr. G. stützt seine Bewertung des GdB darauf, dass bei der Klägerin mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten vorliegen dürften, weshalb er, unter zusätzlicher Berücksichtigung somatoformer Störungsbilder (Schmerzstörung, chronisches Schmerzbild), den GdB mit 50 bewertet. Dieser Bewertungsansatz steht nicht im Einklang mit den VG. Danach ist wegen psychischer Störungen ein GdB von 50 (oder höher) erst bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) gerechtfertigt, wovon auch Dr. G. bei der Klägerin nicht ausgeht. Die berücksichtigten somatoformen Störungsbilder, die einem einzelnen Funktionssystem nicht konkret zuzuordnen sind und über einzelne Funktionssysteme hinausgehen, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nach den VG Teil B 3.7 zu bewerten (Senatsurteile vom 19.05.2017 - L 8 SB 619/16 -, 27.01.2012 - L 8 SB 668/11, 19.12.2008 - L 8 SB 3720/07, 29.08.2008 - L 8 SB 5525/06 und 23.11.2007 - L 8 SB 4995/0-; jeweils unveröffentlicht; ebenso Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteile vom 13.12.2012 - L 6 SB 4838/10 -, sozialgerichtsbarkeit.de; vom 28.09.2016 - L 3 SB 4862/14 -) und damit bei der Bewertung der psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin mit einem Einzel-GdB von 40 bereits miterfasst.

Hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens sind nach dem zur Gerichtsakte des SG gelangten Bericht des Dr. B. vom 15.12.2015 bei der Klägerin eine therapieresistente Lumbalgie, eine Spondylarthrose der LWS sowie ein (bildgebend) Beckenschiefstand rechts (13 mm) gesichert. Dass bei der Klägerin im Vergleich zu dem im Bescheid vom 05.12.2012 berücksichtigten Gesundheitszustand eine Verschlimmerung funktioneller Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden eingetreten ist, ist nicht festzustellen. Nach den VG Teil B 18.9 ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und im Internet sozialgerichtsbarkeit.de).

Hiervon ausgehend ist bei der Klägerin wegen ihres Wirbelsäulenleidens weiterhin ein Einzel-GdB von 20 angemessen und ausreichend. Nach den Beschreibungen im Bericht des Dr. B. vom 15.12.2015 besteht ein Druckschmerz im lumbosakralen Übergang beidseits paravertebral mit pseudoradikulärer Ausstrahlung in den rechten Oberschenkel dorsal. Die Inklination/Reklination beschreibt Dr. B. als wenig eingeschränkt. Das Zeichen nach Lasègue beidseits wird negativ beschrieben. Sensomotorische Defizite bestehen nicht. Bedeutsame Verformungen der Wirbelsäule liegen bei der Klägerin nicht vor. Nach dem von Dr. G. in seinem Gutachten vom 30.08.2017 beschriebenen Wirbelsäulenbefund ist die Wirbelsäule äußerlich gerade. Die Kopfdrehung nach links und rechts ist bei auch sonst freier Kopfbeweglichkeit ohne Einschränkung möglich. Die Rumpfbeuge, Rumpfdrehung und Rückneigung sind jeweils ohne Befund. Der Finger-Boden-Abstand erreicht Null. Nach der Bewertung von Dr. G. in seinem Gutachten handelt es sich bei den orthopädischen Befunden um leichtere Zustände, die nicht wesentlich das Altersmaß übersteigen. Danach sind mittelgradige funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in einem Wirbelsäulenabschnitt nicht festzustellen, weshalb der vom Beklagten angenommene Einzel-GdB von 20 für das Wirbelsäulenleiden der Klägerin allenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung einer von Dr. G. im Gutachten angenommenen chronischen Schmerzstörung gerechtfertigt ist. Hiervon geht auch Dr. G. in seinem Gutachten aus.

Der Senat konnte nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen hinsichtlich des weiterhin mit einem Einzel-GdB von 10 zu berücksichtigenden Bronchialasthmas keinen GdB von 20 feststellen. Entsprechendes gilt für eine Funktionsstörung der Schilddrüse, für eine Blutarmut, eine Fettstoffwechselstörung, einen Teilverlust der Leber und einem Z.n. Thrombophlebitis des linken Unterarms. Dass die bei dem Skiunfall der Klägerin im Februar 2015 erlittenen Verletzungen eine zu berücksichtigende dauerhafte Funktionsbehinderung bewirkt haben, lässt sich den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen sowie den vom SG durchgeführten Ermittlungen nicht entnehmen und kann damit nicht festgestellt werden. Hierauf hat sich die Klägerin im Übrigen auch nicht berufen.

Danach ist bei der Klägerin der Gesamt-GdB mit 40 seit dem 06.04.2016 neu festzustellen. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft - gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 - oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 -B 9 SB 2/13 R- SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen - bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen - zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grundsätzlich weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 - L 8 SB 5215/13 -, juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist - wie dargestellt - anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.

Hiervon ausgehend war der Beklagte berechtigt, ab dem 06.04.2016 der Gesamt-GdB mit 40 neu festzustellen. Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist für die psychischen Beschwerden der Klägerin ein Einzel-GdB von 40 zu berücksichtigen. Die übrigen Gesundheitsstörungen der Klägerin, insbesondere die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 20, erhöhen den Gesamt-GdB nicht. Hinsichtlich der Wirbelsäule der Klägerin sind nach dem oben Ausgeführten keine funktionellen Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden festzustellen, die einen Einzel-GdB von 20 rechtfertigen. Ein Einzel-GdB von 20 ist vielmehr, wie ausgeführt, erst unter zusätzlicher Berücksichtigung einer chronischen Schmerzstörung gerechtfertigt, die auch bei der Bewertung des GdB wegen der psychischen Beschwerden der Klägerin - zusammen mit einer somatoformen Schmerzstörung - berücksichtigt ist und sich damit im Sinne einer Doppelbewertung überschneidet, weshalb eine Erhöhung des GdB wegen des Wirbelsäulenleidens der Klägerin nicht gerechtfertigt ist. Auch Dr. G. erachtet in seinem Gutachten die Anhebung des Gesamt-GdB wegen der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule für nicht gerechtfertigt. Die übrigen zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bei der Klägerin festzustellen Gesundheitsstörungen erhöhen den Gesamt-GdB nicht.

Den abweichenden Bewertungen des Gesamt-GdB durch Dr. G. in seinem Gutachten sowie des Arztes W. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 03.01.2017 kann aus den oben dargestellten Gründen nicht gefolgt werden.

Damit hatte der Beklagten nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB die Feststellung des GdB mit 60 im Bescheid vom 05.12.2012 mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, was dieser mit Bescheid vom 01.04.2016, der zur Post gegeben wurde und damit als bekannt gegeben gilt, ab dem 06.04.2016 verfügt hat. Da es sich weder um eine Ermessensausübung/Ermessensentscheidung noch um eine Vertrauensschutzprüfung voraussetzende, sondern um eine zwingende Entscheidung handelt, kann sich die Klägerin auf Vertrauensschutz nicht mit Erfolg berufen.

Allerdings war der Beklagte lediglich berechtigt, den GdB von 60 auf 40 herabzusetzen. Die weitergehende Aufhebung des GdB auf 30 war rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten. Dem hat der Beklagte mit seinem Berufungsantrag Rechnung getragen.

Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.

Auf die Berufung des Beklagten war daher wie ausgesprochen zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren nur in geringerem Umfang unterlegen ist und seine Berufung - nach dem gestellten Antrag - in vollem Umfang Erfolg hat sowie dass der Schwerbehinderteneigenschaft nach der Rechtsprechung des Senats ein höheres Gewicht zukommt.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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