L 39 SF 235/15 B E

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
39
1. Instanz
-
Aktenzeichen
S 180 SF 6208/14 E
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 39 SF 235/15 B E
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Festsetzung einer Rechtsanwalts Vergütung darf im sozialgerichtlichen Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren nur geändert werden, soweit eine Änderung beantragt ist. Soweit eine Vergütungsfestsetzung nicht von der Staatskasse angefochten wird, ist das Gericht dem Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) unterworfen. Eine betragsmäßig beschränkte Erinnerung der Staatskasse hat eine Teilrechtskraft in Höhe des nicht angefochtenen Betrages zur Folge.
Zum Begriff derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 9. März 2015 aufgehoben und der Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 30. Januar 2014 geändert. Die dem Antragsteller aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung wird auf 449,23 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Kosten des gebührenfreien Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt aus der Landeskasse eine höhere Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Bei den Mandantinnen des Antragstellers handelte es sich um eine Mutter und ihre Tochter, die gemeinsam ein Eigenheim bewohnten. Der Grundsicherungsträger gewährte ihnen mit einem Bescheid vom 5. Februar 2009 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 27. Februar 2009 vorläufig laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. März 2009 bis zum 31. August 2009. Hiergegen erhob der Antragsteller im Namen seiner Mandantinnen eine auf höhere Regelleistungen gerichtete Klage (S 121 AS 8413/09), die er am 10. Dezember 2009 zurücknahm, wobei er gleichzeitig eine endgültige Leistungsfestsetzung beantragte.

Als daraufhin keine Bescheidung erfolgte, erhob der Antragsteller für seine Mandan-tinnen am 10. Juni 2010 eine Untätigkeitsklage (S 16 AS 18513/10). Mit drei Änderungsbescheiden vom 12. Juli 2010 wurden den Mandantinnen ohne Vorläufigkeitsverfügung höhere Leistungen für die Zeiten vom 1. März 2009 bis zum 30. Juni 2009, vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Juli 2009 und vom 1. August 2009 bis zum 31. August 2009 gewährt. Am 9. August 2010 erklärte der Antragsteller den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Aufgrund einer Vollmacht vom selben Tage legte er gegen die drei Änderungsbescheide jeweils Widerspruch ein. Der Grundsicherungsträger fasste die Widersprüche zusammen und verwarf sie mit einem Widerspruchsbescheid vom 24. August 2010 als unzulässig, und zwar mit der Begründung, dass die Änderungsbescheide kraft Gesetzes zum Gegenstand des Verfahrens S 16 AS 18513/10 geworden seien. Hiergegen erhob der Antragsteller am 15. September 2010 für seine Mandantinnen drei Klagen, die sich jeweils auf einen der Änderungsbescheide vom 12. Juli 2010 bezogen (S 101 AS 28666/10, S 104 AS 28668/10 und S 114 AS 28669/10) und die mit inhaltsgleicher Begründung auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung gerichtet waren.

Bezüglich des Rechtstreits S 101 AS 28666/10 lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe mit der Begründung ab, dass der angefochtene Änderungs-bescheid bereits zum Gegenstand des Verfahrens S 16 AS 18513/10 geworden sei. Im Verfahren S 104 AS 28668/10 wurde den Klägerinnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Antragstellers gewährt. Die Landeskasse setzte die dortige Vergütung des Antragstellers antragsgemäß auf 724,06 EUR fest.

In dem hier zugrunde liegenden Klageverfahren S 114 AS 28669/10 wurde den bei-den Klägerinnen mit einem Beschluss vom 5. Juni 2012 ebenfalls Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Antragstellers gewährt. Am 8. November 2013 nahm dieser von 10.00 Uhr bis 10.15 Uhr an einem Erörterungstermin bei dem Sozialgericht teil, in welchem ein verfahrensbeendender Vergleich abgeschlossen wurde.

Mit einem Schreiben vom 28. November 2013 hat der Antragsteller, der seinen Kanzleisitz außerhalb Berlins hat, für das Verfahren S 114 AS 28669/10 die folgende Vergütung geltend gemacht: Verfahrensgebühr Nr. 3103, 1008 VV RVG 221,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR Einigungsgebühr Nr. 1006, 1005 VV RVG 190,00 EUR Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 13,20 EUR Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 20,00 EUR Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 664,20 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 126,20 EUR Gesamtbetrag 790,40 EUR

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Vergütung mit einem Beschluss vom 30. Januar 2014 folgendermaßen festgesetzt: Verfahrensgebühr Nr. 3103, 1008 VV RVG 221,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 135,00 EUR Einigungsgebühr Nr. 1006, 1005 VV RVG 190,00 EUR Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 566,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 107,54 EUR Gesamtbetrag 673,54 EUR

In der Begründung des Beschlusses heißt es, dass die Terminsgebühr nicht in der beantragten Höhe festzusetzen gewesen sei, weil der Gerichtstermin mit 15 Minuten unterdurchschnittlich kurz gedauert habe. Die begehrten Fahrtkosten sowie das Tage- und Abwesenheitsgeld seien nicht zu erstatten, weil die Mandanten einen in Ber-lin ansässigen Rechtsanwalt hätten beauftragen können.

Gegen diese Entscheidung hat der Antragsgegner am 27. Oktober 2014 Erinnerung eingelegt und die Vergütungsfestsetzung wie folgt beantragt: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 125,00 EUR Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV RVG 37,50 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 100,00 EUR Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 95,00 EUR Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 377,50 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 71,73 EUR Gesamtbetrag 449,23 EUR

Zur Begründung hat er vorgetragen, der Antragsteller habe seine Mandantinnen in ähnlich gelagerten Verfahren vertreten, so dass gebührenmindernde Synergieeffekte zu berücksichtigen seien.

Mit einem Beschluss vom 9. März 2015 hat das Sozialgericht den Beschluss der Urkundsbeamtin vom 30. Januar 2014 aufgehoben und den Vergütungsantrag vollständig abgelehnt. An den Antrag des Antragsgegners sei das Sozialgericht nicht gebunden und könne über ihn hinausgehen. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf eine gesonderte Vergütung für das Verfahren S 114 AS 28669/10. Er habe seine Verpflichtung zur kostensparenden Prozessführung verletzt, indem er drei getrennte Klagen erhoben habe, bei denen es sich zudem vergütungsrechtlich um dieselbe Angelegenheit gehandelt habe.

Der Antragsteller hat gegen die ihm am 20. März 2015 zugestellte Entscheidung am 7. April 2015 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Klagen hätten nicht dieselbe Angelegenheit betroffen, weil es sich um verschiedene Bewilli-gungszeiträume gehandelt habe.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 9. März 2015 aufzuheben und die Erinnerung des Antragsgegners zurückzuweisen.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 9. März 2015 aufzuheben und den Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 30. Januar 2014 dahingehend zu ändern, dass die dem Antragsteller aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 449,23 EUR festgesetzt wird.

Nach schriftlicher Anhörung der Beteiligten hat der Berichterstatter die Sache mit einem Beschluss vom 21. August 2017 wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat übertragen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet nach der Übertragung der Sache gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG in Verbindung mit § 33 Abs. 8 Satz 2 und Satz 3 RVG sowie § 33 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der Besetzung mit drei Berufsrichtern.

Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere hat der Antragsteller die Beschwerdefrist eingehalten, die nach § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG zwei Wochen beträgt. Die Frist hat gemäß § 65 Abs. 1 des Sozialgerichtsgeset-zes (SGG) mit der Zustellung bei dem Antragsteller am 20. März 2015 zu laufen be-gonnen. Der reguläre Fristablauf ist gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG auf den 3. April 2015 gefallen. Dabei hat es sich jedoch um einen gesetzlichen Feiertag gehandelt, nämlich um den Karfreitag. Daher ist die Frist gemäß § 64 Abs. 3 SGG erst mit Ablauf des nächsten Werktages verstrichen, also mit Ablauf des 7. April 2015 (Diens-tag). An diesem Tage ist die Beschwerde eingegangen.

Die Beschwerde ist auch im tenorierten Umfang begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht den Beschluss der Urkundsbeamtin vom 30. Januar 2014 aufgehoben und den Vergütungsfestsetzungsantrag abgelehnt. Der Antragsteller hat aus dem Beschluss der Urkundsbeamtin entsprechend dem Begehren des Antragsgegners einen Vergütungsanspruch in Höhe von 449,23 EUR.

Das Sozialgericht hat nicht über das Erinnerungsbegehren des Antragsgegners hin-ausgehen dürfen. Es gilt der Grundsatz der Antragsbindung. Die Festsetzung einer Rechtsanwaltsvergütung darf im sozialgerichtlichen Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren gemäß § 202 Satz 1 SGG in Verbindung mit einer entsprechenden An-wendung der §§ 528 Satz 2, 557 Abs. 1, 577 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) nur geändert werden, soweit eine Änderung beantragt ist (vgl. zur Festsetzung der Vergütung eines Insolvenzverwalters: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 6. Mai 2004, IX ZB 349/02, Rn. 5; diese und alle folgenden Entscheidungen zitiert nach der Datenbank Juris). Soweit eine Vergütungsfestsetzung nicht von der Staatskasse angefochten wird, ist das Gericht dem Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) unterworfen (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Oktober 2018, L 19 AS 814/18 B, Rn. 69; Beschluss vom 1. Februar 2017, L 19 AS 1408/16 B, Rn. 21; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 7. September 2018, L 1 SF 807/17 B, Rn. 14; Beschluss vom 17. Juli 2018, L 1 SF 680/16 B, Rn. 15; Beschluss vom 9. Dezember 2015, L 6 SF 1286/15 B, Rn. 13; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 29. November 2016, L 15 SF 97/16 E, Rn. 31; Beschluss vom 28. September 2016, L 15 SF 113/16 E, Rn. 21; Beschluss vom 18. April 2016, L 15 SF 99/16, Rn. 23; vgl. auch zum Kostenfestsetzungsverfahren: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9. Februar 2006, VII ZB 59/05, Rn. 17; Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29. Dezember 2004, 9 KSt 6/04, Rn. 5). Dieses Verbot, das nur für den festgesetzten Gesamtbetrag, nicht aber für die einzelnen Berechnungsposten gilt (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9. Februar 2006, VII ZB 59/05, Rn. 17; Beschluss vom 16. Juni 2005, IX ZB 285/03, Rn. 5), ist ein im Rechtsstaatsprinzip verankerter Grundsatz (Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Mai 2015, B 6 KA 25/14 R, Rn. 42; Urteil vom 15. August 2012, B 6 KA 27/11 R, Rn. 34; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10. März 2016, X B 198/15, Rn. 8). Eine betragsmäßig beschränkte Erinnerung der Staatskasse hat demnach eine Teilrechtskraft in Höhe des nicht angefochtenen Betrages zur Folge (Finanzgericht Köln, Beschluss vom 28. April 2011, 10 Ko 410/10, 10 Ko 411/10, Rn. 21).

Nicht zu folgen ist dagegen der vereinzelt gebliebenen Gegenansicht, dass ein Antrag der Staatskasse den gerichtlichen Prüfungsumfang nicht einschränken könne und für das Gericht keine Bindungswirkung entfalte, weil die nach § 59 Abs. 1 RVG auf die Staatskasse übergehenden Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach den gesetzlichen Vorschriften entsprechen müssten und daher nicht von der Staatskasse bestimmt werden könnten (Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. August 2010, L 3 SF 6/09 E, Rn. 20). Diese Auffassung übersieht nicht nur die oben aufgezeigten einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben, sondern auch die Stellung der Staatskasse als einer Beteiligten des Verfahrens, für deren Anträge und den gerichtlichen Prüfungsumfang im RVG keine Sonderregelungen vorgesehen sind.

Im Übrigen ist die Beschwerde des Antragstellers unbegründet. Die Erinnerung des Antragsgegners ist im Ergebnis begründet. Allerdings hat der Antragsteller – wie das Sozialgericht zutreffend erkannt hat – eigentlich überhaupt keinen gesonderten Ver-gütungsanspruch für das Verfahren S 114 AS 28669/10. Nach § 15 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Bei den Verfahren S 101 AS 28666/10, S 104 AS 28668/10 und S 114 AS 28669/10 handelt es sich um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG.

Wann dieselbe Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne vorliegt, ist im RVG nicht abschließend geregelt. Die anwaltlichen Tätigkeitskataloge des § 16 RVG (dieselbe Angelegenheit) und des § 17 RVG (verschiedene Angelegenheiten) benennen nur Regelbeispiele. Der Gesetzgeber hat die abschließende Klärung des Begriffs derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG der Rechtsprechung und dem Schrifttum überlassen (Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Oktober 2007, B 6 KA 4/07 R, Rn. 16). Es handelt sich um einen gebührenrechtlichen Begriff, der sich mit dem prozessrechtlichen Begriff des Verfahrensgegenstandes decken kann, aber nicht muss. Ob dieselbe Angelegenheit vorliegt, lässt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände beantworten, wobei insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgeblich ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 2. April 2014, B 4 AS 27/13 R, Rn. 15).

Der Senat wendet hierbei die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze an. Danach betreffen weisungsgemäß erbrachte rechtsanwaltliche Leistungen in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang be-steht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend überein-stimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Die Annahme einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne setzt nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann vielmehr grundsätzlich auch dann noch gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Geschädigten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen beziehungsweise mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Denn unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht. Eine Angelegenheit kann mehrere Gegenstände umfassen. Für die Annahme eines einheitlichen Rahmens der anwaltlichen Tätigkeit ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die verschiedenen Gegenstände in dem Sinne einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst beziehungsweise in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können. Ein innerer Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die verschiedenen Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolgs zusammengehören (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24. März 2016, III ZB 116/15, Rn. 6; Urteil vom 21. Juni 2011, VI ZR 73/10, Rn. 10; Urteil vom 27. Juli 2010, VI ZR 261/09, Rn. 16; Urteil vom 26. Mai 2009, VI ZR 174/08, Rn. 23). Im gerichtlichen Verfahren wird der für die Bejahung einer Angelegenheit notwendige Zusammenhang grundsätzlich schon dadurch hergestellt, dass das Gericht von einer Trennung der Verfahren wegen ihres Sachzusammenhangs absieht oder bei zwei ursprünglich getrennten Verfahren wegen ihres Sachzusammenhangs eine Verbindung herbeiführt (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. September 2018, VII ZB 54/16, Rn. 9; Beschluss vom 24. März 2016, III ZB 116/15, Rn. 7).

Ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit ist hier zu bejahen. Die Mandantinnen haben die Vollmacht für die genannten Verfahren am 9. August 2010 ausgestellt. Das deutet bereits auf ein einheitliches Geschäft hin, welches der Antragsteller für seine Mandantinnen besorgen sollte. Sämtliche Klagen wurden am 15. September 2010 erhoben. Die mit ihnen verfolgten Ansprüche stimmen nach Inhalt und Zielsetzung überein. Sie waren auf die Durchsetzung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung gerichtet. Die Begehren hätten auch von Anfang an einheitlich in einer Klage zusammengefasst werden können. Hierfür sprich nicht nur, dass die angefochtenen Änderungsbescheide denselben Bewilligungszeitraum aus dem vorläufigen Bescheid vom 5. Februar 2009 betrafen, sondern auch, dass bereits der Grundsicherungsträger die Widerspruchsverfahren zusammengefasst hat.

Der Antragsteller hat für die Verfahren insgesamt 1.173,29 EUR erhalten (724,06 EUR + 449,23 EUR). Damit ist sein Vergütungsanspruch abgegolten.

Das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG gebührenfrei. Kosten werden gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG nicht erstattet.

Dieser Beschluss ist gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG in Verbindung mit § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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