S 83 KA 264/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
83
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 83 KA 264/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Allein die bloße abstrakte Möglichkeit, dass nach einer Antragsrücknahme im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens ein erneuter Antrag gestellt wird und dieser nach einer Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses wieder zurückgenommen wird, stellt keine Wiederholungsgefahr dar, die zur Statthaftigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage führt.

Der Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens kann zumindest bis zur Bekanntgabe der Auswahlentscheidung zurückgenommen werden.
Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) bis zu 6), die diese selbst tragen.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob das Nachbesetzungsverfahren durch Rücknahme des Nachbesetzungsantrages beendet wurde.

Die Beigeladene zu 1) ist als Psychologische Psychotherapeutin im Verwaltungsbezirk P. im Umfang eines vollen Versorgungsauftrages zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Mit Erklärung vom 03.08.2016 verzichtete die Beigeladene zu 1) auf ihre Zulassung im Umfang eines halben Versorgungsauftrages mit der Maßgabe, dass der Verzicht erst wirksam werden solle, wenn der Praxisnachfolger rechtskräftig zugelassen und die Praxis übergebe wurde. Ebenfalls mit Datum vom 03.08.2016 stellte sie gemäß § 103 Abs. 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) einen Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens hinsichtlich des hälftigen Versorgungsauftrages. Mit Beschluss vom 23.09.2016, ausgefertigt am 22.12.2016, stimmte der Zulassungsausschuss dem Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens zu. Wörtlich hieß es dabei u.a. im Tenor des Beschlusses:

"Diese Zustimmung ist auf die Zeitdauer von 6 Monaten nach Zustellung des Beschlusses begrenzt. Sollte die Entscheidung über die Praxisnachfolge mangels Bewerber im Ausschreibungsverfahren in diesem Zusammenhang oder aufgrund der Rücknahme des Antrages durch den Antragsteller nicht zustande kommen, bedarf es ggf. einer erneuten Antragstellung."

Auf die entsprechend erfolgte Ausschreibung durch die Klägerin bewarben sich die Beigeladene zu 1) zu Fortführung der Praxis mit einer Angestellten, die Dipl.-Psych. S. L. und zwei weitere Dipl.-Psychologinnen. Die Sitzung des Zulassungsausschusses fand am 08.03.2017 statt. Der Zulassungsausschuss traf eine Auswahlentscheidung zugunsten der Dipl.-Psych L. Dies wurde den Beteiligten im Nachgang telefonisch durch die Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses mitgeteilt.

Mit Schreiben vom 11.04.2017 nahm die Beigeladene zu 1) den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens zurück. Mit Schreiben vom 20.04.2017 beantragte sie festzustellen, dass das Nachbesetzungsverfahren beendet ist und sie in unverändertem Umfang an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung teilnimmt. Zudem bat sie um eine Bestätigung dahingehend, "dass der Bescheid des Zulassungsausschusses aus dessen Sitzung vom 08.03.2017 in dem hiesigen Verfahren den Verfahrensbeteiligten nicht zugestellt wird".

Am 21.04.2017 fand eine weitere Sitzung des Zulassungsausschusses statt. Mit Datum vom 24.04.2017 fertigte der Zulassungsausschuss den Beschluss vom 08.03.2017 und vom 21.04.2017 aus. Frau Dipl.-Psych L. wurde in dem Beschluss mit Wirkung zum 01.01.2017 zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung im Umfang eines hälftigen Versorgungsauftrages zugelassen. Die Zulassung erfolgte unter der aufschiebenden Bedingung der Fortführung der Praxis der Beigeladenen zu 1) an deren Praxissitz. Der Feststellungsantrag der Beigeladenen zu 1) vom 20.04.2017 wurde im Tenor nicht erwähnt. Jedoch wies der Zulassungsausschuss in der Begründung des Beschlusses darauf hin, dass das Nachbesetzungsverfahren nicht durch die Schreiben vom 11.04.2017 und 20.04.2017 beendet worden sei. Unter Verweis auf den Beschluss des SG Berlin (S 83 KA 543/08 ER) und des SG Marburg (S 12 KA 646/10 ER) sei die Rücknahme des Antrages nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zur Auswahl des Praxisnachfolgers möglich. Das LSG Nordrhein-Westfalen verkenne insoweit die schutzwürdige Rechtsposition des Bewerbers.

Die Beigeladene zu 1) legte gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 24.05.2017 nahm sie den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens vom 03.08.2017 auch gegenüber dem Beklagten zurück und beantragte festzustellen, dass das Nachbesetzungsverfahren beendet ist und sie in unverändertem Umfang an der vertragspsychotherapeutischen teilnimmt. Zudem beantragte sie, den Zulassungsantrag von Frau Dipl.-Psych L. abzulehnen.

Mit Beschluss vom 14.06.2017, ausgefertigt am 26.07.2017, hob der Beklagte auf den Widerspruch der Beigeladenen zu 1) den Beschluss des Zulassungsausschusses auf und stellte fest, dass das Nachbesetzungsverfahren wegen der Rücknahme des Nachbesetzungsantrags beendet ist. Zwar habe der Zulassungsausschuss in seiner Sitzung am 08.03.2017 eine Auswahlentscheidung zugunsten der Frau Dipl.Psych L. getroffen. Dabei handele es sich jedoch um eine interne Einigung, der mangels Bekanntgabe noch keine Wirkung zugekommen sei. Die Auswahlentscheidung stelle ein Verwaltungsakt dar, der bekannt gegeben werden müsse, um wirksam zu werden. Die erfolgte telefonische Mitteilung des Sitzungsergebnisses durch die Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses stelle keine Bekanntgabe des Verwaltungsaktes dar. Im Übrigen sei gemäß § 41 Abs. 5 Ärzte-ZV das Ergebnis des Verfahrens in einem Beschluss niederzulegen. Der Beklagte folge der Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 16.11.2015 (L 11 KA 42/15 B ER), wonach – selbst bei zugestellter Entscheidung des Zulassungsausschusses – eine Rücknahme des Nachbesetzungsantrages noch möglich sei, weil beteiligte Dritte gerade noch keine gefestigte Rechtsposition erhalten hätten. Nach der Rechtsprechung des BSG scheitere das Nachbesetzungsverfahren auch, wenn ein Praxisabgeber mit dem ausgewählten Bewerber keinen Kaufvertrag abschließen wolle (Verweis auf BSG, Urteil vom 23.03.2016, B 6 KA 9/15 R). Wenn der Praxisabgeber auf diese Weise die Nachbesetzung zum Scheitern bringen könne, müsse dies erst recht dann gelten, wenn eine Auswahl- und Zulassungsentscheidung überhaupt noch nicht getroffen worden sei. Jedenfalls gehe aus der Rechtsprechung des BSG hervor, dass der Praxisabgeber bis zum Abschluss des Zulassungsverfahrens im Besitz seiner Zulassung bleibe und ihm diese – wenn er die Praxis nunmehr selbst weiterführen wolle – nicht "zwangsweise" entzogen und auf einen anderen übertragen werden könne.

Am 18.08.2017, eingegangen bei Gericht am 22.08.2017, hat die Klägerin Klage erhoben. Der Schutzzweck des § 103 Abs. 3a SGB V beschränke sich auf die Möglichkeit einer wirtschaftlich angemessenen Verwertung der Praxis. Die Übertragung der Zulassung solle diese Verwertungsmöglichkeit lediglich ermöglichen, ohne dass sich die geschützte Rechtsposition hierauf erstrecke. Dies werde auch durch die Entschädigungsregelung des § 103 Abs. 3a S. 13 SGB V deutlich. Die Möglichkeit der Rücknahme eines Antrages auf Nachbesetzung korrespondiere mit dem Schutzbedürfnis des Antragstellers. Solange dessen von § 103 SGB V geschützte Rechtsposition – die wirtschaftliche Veräußerung der Praxis – nicht gesichert sei, stehe das Verfahren zur Disposition des Antragstellers. Wenn jedoch, wie vorliegend, ein Bewerber ausgewählt worden sei, der in Form der Bezahlung eines angemessenen Kaufpreises die geschützte Rechtsposition sichere, sei der Antragsteller nicht mehr schutzbedürftig und daher nicht mehr berechtigt, das Verfahren durch Rücknahme des Antrages zu beenden. Die Bekanntgabe der Entscheidung im verfahrensrechtlichen Sinn sei insofern nicht maßgeblich. Wenn sich der von § 103 SGB V normierte verfassungsrechtliche Schutz aufgrund der Entschädigungsregelung bereits nicht auf den auf den tatsächlichen Übergang der Zulassung erstrecke, erfasse dieser erst recht nicht die Auswahl der Person, auf welche die Zulassung übergehe. Anderes könne nur gelten, wenn Anhaltspunkte vorlägen, die Zweifel an der Fähigkeit oder Bereitschaft zu einer angemessenen Entschädigung böten. Solche seien hier jedoch nicht ersichtlich. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse sei vorliegend in der Wiederholungsgefahr zu sehen.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass der Beschluss des Berufungsausschusses vom 14.06.2017 rechtswidrig ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf sein Vorbringen im angefochtenen Beschluss. Der Beklagte erkenne durchaus die Gefahr der Möglichkeit der Einflussnahme auf die Auswahlentscheidung durch den abgebenden Vertragsarzt. Dieses Problem sei jedoch nicht mit der Beschränkung des Rücknahmerechts zu lösen, sondern an anderer Stelle. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wirksamkeit des Beschlusses sei dessen Bekanntgabe (§§ 39 Abs. 1, 37 Abs. 1 SGB X). Deshalb könne der Beschluss bereits vor Zustellung, etwa durch seine Verkündung nach der mündlichen Verhandlung (§ 37 Abs. 1 S. 1 SGB X) oder durch schriftliche Mitteilung des Tenors wirksam werden. Die telefonische Mitteilung des Auswahlergebnisses durch die Geschäftsstelle genüge hierfür nicht. Das Formerfordernis der Zustellung nach § 41 Abs. 5 S. 1 Ärzte-ZV werde dann durch die schriftliche Abfassung des Beschlusses geheilt. Auch das BSG beschränke die Rücknahmemöglichkeit nicht. Vielmehr gehe es davon aus, dass der Praxisabgeber bei einer erneuten Antragstellung ein berechtigtes Interesse an der Antragstellung und die Gründe für die vorherige Rücknahme nachvollziehbar gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung und den Zulassungsgremien darlegen müsse (Verweis auf Urteil des BSG vom 23.03.2016 – B 6 KA 9/15 R). Die Prüfung der Problematik im Rahmen der erneuten Antragstellung habe aus Sicht des Beklagten zudem den Vorteil, dass sämtliche Fälle einer Antragsrücknahme Berücksichtigung finden Könnten, z.B. auch solche, die vor Durchführung der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden seien.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Nachbesetzungsverfahren sei mit der Antragsrücknahme vom 11.04.2017, spätestens aber mit der Antragsrücknahme durch Schriftsatz vom 24.05.2017, beendet. Dem stehe nicht entgegen, dass nach einer Entscheidung des SG Berlin aus dem Jahr 2008 (Beschluss vom 14.10.2008, Az. S 83 KA 543/08 ER) die Rücknahme des Antrags auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens zum Schutz der Bewerber nur bis zur Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses möglich sei. Die Entscheidung sei zur Rechtslage vor dem Versorgungsstrukturgesetz ergangen und sei schon deshalb nicht mehr maßgeblich. Selbst, wenn man dem SG Berlin auch nach jetziger Rechtslage folge, sei die Antragsrücknahme rechtzeitig erfolgt. Denn die Auswahlentscheidung sei erst am 21.04.2070 getroffen worden. Die Antragsrücknahme sei daher davor, nämlich am 11.04.2017, erklärt worden und sei dem Zulassungsausschuss am gleichen Tag zugegangen. Die Rechtsauffassung des SG Berlin sei zudem jedenfalls insoweit falsch, als sie die Rücknahme nur bis zur Auswahlentscheidung des Ausschusses und nicht bis zur Zustellung des Bescheides für möglich halte. Denn eine zu schützende Rechtsposition der Bewerber trete jedenfalls frühestens mit der Zustellung des Bescheides des Zulassungsausschusses ein. Auch im Übrigen sei die vom SG Berlin vertretene Rechtsauffassung falsch. Bewerber erlangten im Nachbesetzungsverfahren – jedenfalls durch die Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses – keine Rechtsposition, die die Dispositionsbefugnis des Praxisgebers über die Fortsetzung des Verfahrens beeinträchtigen könnte. Dies habe zuletzt das LSG Nordrhein-Westfalen in einem Beschluss vom 16.11.2015 zum Az. L 11 KA 42/15 B ER überzeugend dargelegt. Dies ergebe sich im Übrigen auch aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Nach dieser bestehe ein rechtlich geschütztes Interesse für Bewerber im Nachbesetzungsverfahren nur nach Maßgabe des Gleichbehandlungsgebotes im Verhältnis zu den anderen Bewerbern. Ein Anspruch auf Ausschreibung des Sitzes stehe ihm nicht zu; sie könnten auch die Rücknahme des Ausschreibungsantrags der Berechtigten nicht verhindern (Verweis auf BSG, Urteil vom 05.11.2003, Az. B 6 KA 11/03 R). Jedenfalls, wenn – wie hier – der Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens zugestimmt worden sei, weil die Fortführung der Praxis aus Versorgungsgründen erforderlich sei, sei dem Praxisabgeber die Verfahrensbeendigung durch die Antragsrücknahme auch nicht aus anderen Gründen verwehrt. Selbst wenn man dem SG Berlin folgen sollte, lebe die Befugnis des Praxisabgebers zur verfahrensbeendenden Antragsrücknahme im Übrigen spätestens in einem Widerspruchsverfahren wieder auf.

Die Beigeladenen zu 2) bis zu 6) haben keine Anträge gestellt und sich auch nicht zur Sache geäußert. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten und einer ehrenamtlichen Richterin aus den Kreisen der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Entscheidung konnte trotz Ausbleibens der Beigeladenen 2) bis zu 6) ergehen, weil diesen Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung rechtszeitig mitgeteilt worden war und sie gemäß § 110 Abs. 1 SGG auf diese Möglichkeit hingewiesen wurden.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs. 1 S. 3 SGG) ist unzulässig (vgl. hierzu unter 1.) und unbegründet (vgl. hierzu unter 2.).

1.) Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat (§ 131 Abs. 1 S. 3 SGG). Das Nachbesetzungsverfahren hat sich erledigt, da die vom Zulassungsausschuss ausgewählte Psychotherapeutin Frau Dipl. Psych L. mittlerweile anderweitig eine volle Zulassung erhalten hat (vgl. BSG, Urteil vom 05. November 2003 – B 6 KA 11/03 R). Ein berechtigtes Interesse ist nach Auffassung der Kammer jedoch nicht gegeben. Die Klägerin beruft sich vorliegend auf die Wiederholungsgefahr. Es sei nicht auszuschließen, dass die Beigeladene zu 1) erneut ein entsprechendes Nachbesetzungsverfahren mit Ziel einer hälftigen Sitzübertragung an sich selbst als Bewerberin zwecks Anstellung anstrenge. Sofern dieser Übertragung an die "Wunschkandidatin" (sich selbst) nicht entsprochen würde, liege die erneute Rücknahme des Antrages durch die Beigeladene zu 1) nahe. Dieses Szenario genügt jedoch für die ein berechtigtes Interesse begründende Wiederholungsgefahr nicht. Zwar ist insoweit eine hinreichend bestimmte konkrete Gefahr der Wiederholung ausreichend (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 131 Rn. 10b). Davon kann z.B. dann ausgegangen werden, wenn im Streit um die Heranziehung zum Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Vertragsarzt weiterhin zur vertragsärztlichen Versorgungszugelassen ist und weiterhin zum Bereitschaftsdienst herangezogen wird (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 6 KA 50/17 R, Rn. 26). Die nicht entfernt liegende Möglichkeit eines wiederholten Auftretens der Rechtsfrage muss sich jedoch "konkret abzeichnen" (vgl. BSG, Urteil vom 08. November 2011 – B 1 KR 19/10 R, Rn. 9; BSG, Urteil vom 25. Oktober 2012 – B 9 SB 1/12 R, Rn. 22). Es müssen konkrete Anzeichen für die Wiederholung vorliegen (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17. Oktober 2012 – L 3 KA 1/09 KL, Rn. 25). Dies ist vorliegend nicht gegeben. Die Möglichkeit der Wiederholung einer Antragsrücknahme ist hier mit zu vielen Eventualitäten behaftet, als dass von einem konkreten Anzeichen ausgegangen werden könnte. Zunächst ist noch nicht einmal klar, ob die Beigeladene zu 1) überhaupt beabsichtigt, in absehbarer Zeit einen erneuten Antrag auf Nachbesetzung zu stellen. Doch auch wenn sie dies tut, ist noch nicht konkret absehbar, ob der Zulassungsausschuss die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Abs. 3a SGB V bejaht. Als weiterer Punkt dürfte die Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses dann nicht auf die Beigeladenen zu 1) selbst fallen. Erst dann ergibt sich überhaupt die Situation, in der eine Wiederholung denkbar ist. Ob die Beigeladene zu 1) dann ihren Antrag erneut zurück nimmt, ist aber auch dann nur eine Vermutung. Vor diesem Hintergrund bleibt die abstrakte Gefahr, dass in Bezug auf die Beigeladene zu 1) eine vergleichbare Situation erneut entsteht. Dies ist aber für eine Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht ausreichend.

2.) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch unbegründet. Der Beschluss des Beklagten vom 14.06.2017 ist rechtmäßig. Das Nachbesetzungsverfahren war aufgrund der Antragsrücknahme beendet. Ein Nachbesetzungsverfahren durchläuft mehrere Stufen. Die erste Stufe stellt dabei die Zustimmung des Zulassungsausschusses nach § 103 Abs. 3a SGB V dar. Liegt diese vor, erfolgt die Ausschreibung durch die Klägerin und dann die Auswahlentscheidung durch den Zulassungsausschuss. Ein Antrag ist erst vollständig beschieden, wenn alle erforderlichen Entscheidungen getroffen sind. Wie viele das im Einzelfall sind, hängt von der Weichenstellung auf der ersten Stufe ab. Beendet ist das Verfahren jedenfalls nicht mit der Entscheidung auf der ersten Stufe, sondern erst entweder mit der Festsetzung der Entschädigung oder der Auswahl des Nachfolgers. Bis dahin ist eine Antragsrücknahme möglich.

Der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 23.09.2016, mit welchem dieser dem Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens gemäß § 103 Abs. 3a SGB V zustimmte (erste Stufe), stand deshalb einer wirksamen Antragsrücknahme nicht entgegen (vgl. auch Geiger in: Hauck/Noftz, SGB, 11/16, § 103 SGB V, Rn. 63). Die Kammer folgt hier den überzeugenden Ausführungen des LSG Nordrhein-Westfalen:

"Das Nachbesetzungsverfahren hat sich dadurch erledigt, dass der Beigeladene zu 8) seinen Antrag zurückgenommen hat. Dieser war darauf gerichtet, ein solches Verfahren durchzuführen (§ 103 Abs. 3a Satz 1 und 7, Abs. 4 Satz 1 SGB V). Dafür sind mehrere (mindestens zwei) Stufen zu durchlaufen: Liegt dem Zulassungsausschuss ein Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens vor, hat er zu prüfen, ob auf eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen verzichtet werden kann (1. Stufe). Ist das der Fall, kann er den Antrag ablehnen (§ 103 Abs. 3a Satz 3 SGB V). Entscheidet sich der Zulassungsausschuss - wie hier - für die Einleitung eines Nachbesetzungsverfahrens, so ist die frei werdende Zulassung nach § 103 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB V von der Kassenärztliche Vereinigung (KV) auszuschreiben, die Liste der Bewerber zu übersenden und der Nachfolger vom Zulassungsausschuss auszuwählen (Stufen zwei bis vier). Andernfalls schließt sich die Entschädigung durch die KV nach § 103 Abs. 3a Satz 8 SGB V an (2. Stufe).

Nach der Antragsrücknahme ist kein Verwaltungsverfahren i.S.d. § 8 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mehr anhängig, das abgeschlossen werden könnte. Insbesondere ist die Auffassung des Klägers unzutreffend, dass mit der Entscheidung des Zulassungsausschusses, ein Nachbesetzungsverfahren durchzuführen, also mit der ersten Stufe, bereits der Antrag des Praxisabgebers (vollständig) beschieden und daher nach dessen Bestandskraft keine Rücknahme des Antrags mehr möglich sei. Der Wortlaut von § 103 Abs. 3a und 4 SGB V besagt, dass der Praxisabgeber die "Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens" beantragt, mithin alle Stufen (für dieses Verständnis auch Pawlita in jurisPK-SGB V, 3. Auflage, 2016, § 103 Rn. 39). Der Antrag ist damit erst vollständig beschieden, wenn alle erforderlichen Entscheidungen getroffen sind. Wieviele das im Einzelfall sind, hängt von der Weichenstellung auf der ersten Stufe ab. Beendet ist das Verfahren jedenfalls nicht mit der Entscheidung auf der ersten Stufe, sondern erst entweder mit der Festsetzung der Entschädigung oder der Auswahl des Nachfolgers. Auch nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht steht somit einer Rücknahme des Antrags nichts entgegen." (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. November 2018 – L 11 KA 91/16, Rn. 25 – 26 – Revision anhängig unter B 6 KA 8/19 R).

Soweit die Klägerin argumentiert, nach Entscheidung des Zulassungsausschusses nach § 103 Abs. 3a SGB V stünde der Fortgang des Nachbesetzungsverfahrens nicht mehr zur Disposition des antragstellenden Arztes, folgt die Kammer dem nicht. Auch wenn der Klägerin dahingehend zuzustimmen ist, dass hinsichtlich des weiteren Verfahrens nach § 103 Abs. 4 SGB V keine Einflussmöglichkeiten für den Abgeber mehr vorgesehen sind und seine verfassungsrechtlich geschützten Interessen (Abgabe und Verwertung der Praxis) dadurch gewahrt sind, dass im Fall der Ablehnung die Kassenärztlich Vereinigung den Verkehrswert der Arztpraxis zu zahlen hat (§ 103 Abs.3a S. 13 SGB V), andernfalls der ausgewählte Praxisnachfolger, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn daraus ergibt sich nicht, dass der Abgeber nicht seinen Antrag zurücknehmen kann. Die Dispositionsbefugnis über den eigenen Antrag muss nicht ausdrücklich als Einflussnahmemöglichkeit normiert sein. Sie ist vielmehr im Verwaltungsverfahren eine Selbstverständlichkeit – zumindest so lange, bis nicht geschützte und als höherrangig angesehene Rechtspositionen Dritter dem entgegenstehen. Solche sind nach der Entscheidung des Zulassungsausschusses auf der ersten Stufe (§ 103 Abs. 3a SGB V) noch nicht ersichtlich. Zu diesem Zeitpunkt konnte sich noch nicht einmal ein anderer Arzt bewerben. Ziel des in § 103 Abs. 3a SGB V vorgesehenen Nachbesetzungsverfahrens ist es u.a., in gesperrten Planungsbereichen eine vorhandene Überversorgung abzubauen und dadurch langfristig eine ausgewogene Verteilung von Vertragsärzten zu erreichen und die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung zu sichern. Es entfaltet keinerlei Schutzwirkung zugunsten Dritter (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. November 2015 – L 11 KA 42/15 B ER).

Auch der Zulassungsausschuss selbst geht davon aus, dass seine Entscheidung nach § 103 Abs. 3a SGB V einer Antragsrücknahme nicht entgegensteht. Er hat im Tenor des Beschlusses vom 23.09.2016 sogar explizit ausgeführt, dass eine Antragsrücknahme innerhalb der zeitlichen Begrenzung der Zustimmung noch in Betracht kommt. Auch vor diesem Hintergrund ist die diesbezügliche Rechtsauffassung der Klägerin hinsichtlich des hier zu entscheidenden Falls nicht nachvollziehbar.

Die Antragsrücknahme war vorliegend auch nach der Sitzung des Zulassungsausschusses am 08.03.2017 noch möglich. Dabei kann offen bleiben, ob die Auswahlentscheidung tatsächlich an diesem Tag getroffen wurde. Die Beigeladene zu 1) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 24.04.2017 sich auf die Sitzungen vom 08.03.2017 und vom 21.04.2017 bezieht, ohne dass deutlich wird, in welcher der beiden Sitzungen die Auswahlentscheidung zugunsten von Frau Dipl. Psych. L. getroffen wurde. Letztlich spricht zwar viel dafür, dass dies am 08.03.2017 erfolgte, da das Telefonat mit der Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses auch im Anschluss an diese Sitzung stattfand. Letztlich kommt es darauf aber nicht an. Denn nach Auffassung der Kammer war eine Antragsrücknahme zumindest bis zur Zustellung des Bescheides des Zulassungsausschusses vom 24.04.2017 möglich, auch dann, wenn die Auswahlentscheidung am 08.03.2017 getroffen wurde. Ob der Antrag auch danach noch zurückgenommen werden kann (vgl. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. August 2012 – L 7 KA 41/12 B ER), ist vorliegend nicht zu entscheiden.

Anders als dies vom SG Berlin in der Entscheidung aus dem Jahr 2008 (SG Berlin, Beschluss vom 14. Oktober 2008 – S 83 KA 543/08 ER –, Rn. 7, vgl. auch SG Marburg, Beschluss vom 04. August 2010 – S 12 KA 646/10 ER –, Rn. 15) entschieden wurde, ist die Kammer in jetziger Besetzung der Auffassung, dass hinsichtlich der Auswahlentscheidung auf den Zeitpunkt der wirksamen Bekanntgabe abzustellen ist.

Nach § 41 Abs. 1 S. 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) erfolgen Beratung und Beschlussfassung des Zulassungsausschusses in Abwesenheit der am Verfahren Beteiligten. Nach § 39 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird. Dies war vorliegend zum Zeitpunkt der Antragsrücknahme (11.04.2017) noch nicht erfolgt. Bei der Beschlussfassung (am 08.03.2017) handelte es sich um einen Vorgang der internen Willensbildung eines kollegial verfassten Entscheidungsgremiums, der zwar mit der Abstimmung abgeschlossen ist. Die damit getroffene Regelung erlangt aber erst mit der Bekanntgabe die unmittelbare Rechtswirkung nach außen, auf die sie gerichtet ist (vgl. bezgl. der Beschlussfassung des Beschwerdeausschusses BSG, Urteil vom 13. August 2014 – B 6 KA 38/13 R, Rn. 17). Zudem schreibt auch § 41 Abs. 5 Ärzte-ZV vor, dass den Beteiligten alsbald je eine Ausfertigung des Beschlusses zugestellt wird. Die übliche telefonische Mitteilung des Ergebnisses der Beratung durch die Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses stellt keine Bekanntgabe des Beschlusses dar. Vorliegend erfolgt diese erst mit Zustellung des Beschlusses vom 24.04.2017.

Den Bewerbern wird auch keine Rechtsposition eingeräumt, die einer Antragsrücknahme vor Bekanntgabe der Auswahlentscheidung entgegensteht. In der Entscheidung des SG aus dem Jahr 2008 wird auch nicht weiter ausgeführt, welche Rechtsposition den Bewerbern zukommt. Diesen wird grundsätzlich lediglich ein Gleichbehandlungsanspruch eingeräumt. Das BSG äußert sich diesbezüglich wie folgt: "Ein rechtlich geschütztes Interesse eines Bewerbers um einen frei werdenden Vertragsarztsitz in einem überversorgten Gebiet kann es deshalb nur nach Maßgabe des Gleichbehandlungsgebotes iS des Art 3 Abs 1 GG geben. Dieses Interesse ist nur insoweit geschützt, als der einzelne Bewerber bei einer tatsächlich erfolgenden Nachbesetzung nicht unter Verstoß gegen die in § 103 Abs 4 SGB V genannten Kriterien übergangen werden darf. Ein Anspruch auf Ausschreibung des Sitzes steht ihm nicht zu (vgl BSG SozR 3-2500 § 103 Nr 3; BSGE 85, 1, 3 = SozR aaO Nr 5 S 29f); er kann die Rücknahme des Ausschreibungsantrages der Berechtigten (dazu Gasser, aaO, RdNr 907, 917) nicht verhindern" (BSG, Urteil vom 05. November 2003 – B 6 KA 11/03 R, Rn. 30). Durch die Antragsrücknahme wird dieser Gleichbehandlungsanspruch jedoch nicht verletzt.

Im Kern geht es den Vertretern der Auffassung, dass nach der (noch nicht bekannt gegebenen) Auswahlentscheidung keine Antragsrücknahme mehr möglich ist, letztlich allein darum, dass der Praxisabgeber es andernfalls in der Hand hätte, ihm nicht genehme Praxisnachfolger zu verhindern. Unstreitig obliegt die Auswahl unter den Bewerbern dem Zulassungsausschuss und nicht dem abgebenden Vertragsarzt. Durch die Antragsrücknahme erfolgt jedoch keine Auswahl durch den Vertragsarzt. Vielmehr findet überhaupt keine Auswahl mehr statt. Ungeachtet dessen, dass dieses Problem auch dann besteht, wenn (durch Zutun des Praxisabgebers) der Praxiskaufvertrag nicht zustande kommt, verkennt die Kammer nicht, dass durch die Möglichkeit der Antragsrücknahme nach der Auswahlentscheidung und vor der Zustellung die Gefahr besteht, dass die Praxisabgeber auf diese Weise verhindern, dass der Arzt die Zulassung erhält, den der Zulassungsausschuss am geeignetsten hält. Um dieser Gefahr zu begegnen bestehen nach Auffassung der Kammer jedoch andere Möglichkeiten, die die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts (Wirksamkeit von Verwaltungsakten erst mit Bekanntgabe) nicht allzu weit überdehnen. Der Beschluss des Zulassungsausschusses könnte beispielsweise durch Verkündung in der mündlichen Verhandlung bekannt gegeben werden. Denkbar wäre auch die Zustellung des Protokolls mit den in der Sitzung gefassten Beschlüssen (vgl. BSG, Urteil vom 13. August 2014 – B 6 KA 38/13 R, Rn. 17). Nach Auffassung der Kammer erscheint es jedoch am sinnvollsten, dem Problem der "missbräuchlichen" Antragsrücknahme im Rahmen eines erneuten Antrags auf Nachbesetzung zu begegnen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist dann, wenn ein Vertragsarzt den Antrag auf Ausschreibung seines Sitzes zurückgenommen hat, ein erneuter Antrag nur beachtlich, wenn der Arzt ein berechtigtes Interesse für die Rücknahme und die erneute Antragstellung darlegen kann:

"Grundsätzlich ist das Nachbesetzungsverfahren mit der Rücknahme des Antrags auf Ausschreibung durch den abgabewilligen Arzt beendet. Das ist schon im Hinblick darauf geboten, dass das Praxisnachfolgeverfahren in besonderem Maße auf zügige Durchführung und Herstellung von Rechtssicherheit ausgerichtet ist (vgl dazu BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 18 f). Stellt der Praxisabgeber einen erneuten oder sogar dritten Antrag, muss er ein berechtigtes Interesse hierfür sowie die Gründe für die vorherige Rücknahme nachvollziehbar gegenüber der KÄV und den Zulassungsgremien darlegen. Das gilt umso mehr, wenn Umstände erkennbar sind, die darauf hindeuten, dass der Praxisabgeber mit seiner Antragstellung bzw -rücknahme Einfluss auf die Nachbesetzung nehmen will. Ein Praxisinhaber darf das Nachfolgeverfahren nicht dazu nutzen, um außerhalb seines berechtigten Interesses an der Zahlung des Verkehrswertes Einfluss auf das Nachfolgeverfahren zu nehmen (vgl auch BSG Urteil vom 5.11.2003 - B 6 KA 11/03 R - Juris RdNr 32, insoweit nicht abgedruckt in BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1). Die Einschätzung der Geeignetheit der Bewerber im Übrigen obliegt nach § 103 Abs 4 Satz 3 SGB V allein dem Zulassungsausschuss. Wenn der Praxisabgeber mit dem rechtsfehlerfrei ausgesuchten Praxisbewerber einen Vertrag nicht abschließen möchte, so bedeutet dies nicht, dass der von ihm bevorzugte Praxisbewerber auszuwählen ist, sondern es kommt zum Scheitern des Nachfolgeverfahrens. Es besteht auch aus eigentumsrechtlicher Sicht keine Notwendigkeit, insofern die Willensfreiheit des Praxisabgebers zu schützen (vgl SG Marburg Beschluss vom 25.11.2011 - S 12 KA 797/11 ER - Juris RdNr 42). Die Regelungen über die Auswahl eines Bewerbers sollen sicherstellen, dass der nach Maßgabe der Kriterien des § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V am besten geeignete Bewerber die Nachfolgezulassung erhält. Missbräuchlich ist daher eine Einflussnahme des Praxisinhabers auf das Verfahren vor den Zulassungsgremien zur Durchsetzung des "Wunschkandidaten". Die Auswahl des Nachfolgers obliegt allein den Zulassungsgremien (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 44 ff). Umstände, die unter diesen Gesichtspunkten für einen Wegfall des Nachbesetzungsrechts sprechen, haben die Zulassungsgremien aufzuklären. Können ausreichende Gründe für die Rücknahme des ersten Ausschreibungsantrags und die spätere Erneuerung des Ausschreibungsbegehrens nicht festgestellt werden, geht dies zu Lasten des Praxisabgebers." (BSG, Urteil vom 23. März 2016 – B 6 KA 9/15 R, Rn. 22).

Durch die Berücksichtigung der Gründe für die Antragsrücknahme könnten auch die Fälle sachgerecht erfasst werden, in denen die Antragstellung aus anderen Gründen als der Unzufriedenheit über die Auswahlentscheidung zurückgenommen wird. Ein Nachbesetzungsverfahren dauert in der Regel mehrere Monate, meist über ein Jahr. In dieser Zeit kann einiges passieren. Die persönliche und wirtschaftliche Situation des Praxisabgebers kann sich grundlegend ändern. Verlöre er – wie die Klägerin dies vertritt – mit der Entscheidung des Zulassungsausschusses nach § 103 Abs. 3a SGB V jegliche Dispositionsmöglichkeit über seinen Antrag, würden seine Interessen nicht mehr ausreichend gewahrt. Wird hingegen bei einem erneuten Antrag auf Nachbesetzung berücksichtigt, aus welchem Grund der Antrag zurückgenommen wird, würde dies die Möglichkeit einer differenzierten Betrachtungsweise eröffnen. Davon, dass es auch Gründe für die Antragsrücknahme geben kann, die einem erneuten Nachbesetzungsverfahren nicht entgegenstehen, geht wohl auch das BSG in der o.g. Entscheidung aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da die Beigeladenen zu 2) bis zu 6) keine eigenen Anträge gestellt haben und sich so keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben entsprach es nicht der Billigkeit, der Klägerin auch deren Kosten aufzuerlegen (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Die Sprungrevision war gemäß § 161 SGG zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 161 Abs. 2 SGG liegen vor, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung iSd § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat. Die Rechtsfrage, bis zu welchem Zeitpunkt ein Antrag auf Nachbesetzung nach § 103 SGB V zurückgenommen werden kann, hat grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn ein Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ist (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 160 Rn. 7a). Dies ist vorliegend gegeben.
Rechtskraft
Aus
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