L 1 U 671/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 47/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 671/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 01.02.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2301 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV, im Folgenden BK 2301) und um hierauf beruhende Leistungsansprüche des Klägers.

Der 1956 geborene Kläger war in der Zeit von 1990 bis 2013 bei der H. D. AG (Werk W.) als Maschineneinrichter / CNC Fräser beschäftigt. Er arbeitete nach eigenen Angaben in der Halle 4 an der Maschine BZH07 und in der Halle 12 an der Maschine Heller MC 16 Inv.

Der Facharzt für Chirurgie und Orthopädie Dr. S. erstattete am 15.06.2016 bei der Beklagten eine Berufskrankheitenanzeige und teilte mit, nach Auffassung des Klägers seien vorhandene Hörprobleme auf den erheblichen Lärm in der Fertigungshalle der H. D. AG zurückzuführen. Am 22.06.2016 legte Dr. S. hierzu ein Audiogramm der Hals-Nasen-Ohrenärztlichen Praxis Dr. L. (W.) vom 15.06.2016 vor.

Der Präventionsdienst der Beklagten führte mit Stellungnahme vom 22.07.2016 aus, der Kläger sei während seiner Tätigkeit bei der H. D. AG keinem gehörschädigenden Lärm ausgesetzt gewesen. Der Tages-Lärmexpositionspegel habe unter 85 dB(A) gelegen. Nach Messungen der H. D. AG habe die Lärmbelastung in der Fertigung H4 in den Jahren 1990-2005 bei 79 dB(A) und sodann 2005-2013 in der Fertigung H12 bei 82 dB(A) gelegen. Seit 2014 sei der Kläger nicht mehr bei der H. D. AG beschäftigt.

Mit Bescheid vom 03.08.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass keine BK 2301 (Lärmschwerhörigkeit) vorliege, so dass Ansprüche auf Versicherungsleistungen nicht bestünden. Eine berufsbedingte Hörstörung bzw. eine beruflich verursachte Verschlechterung des Hörvermögens könne nur dann eintreten, wenn die berufliche Lärmeinwirkung über Jahre oberhalb eines täglichen Lärmpegels von 85 dB(A) gelegen hätte. Dies sei nicht der Fall.

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 30.08.2016 Widerspruch und führte zur Begründung aus, nach seiner Auffassung habe die Lärmbelastung in den beiden Hallen mehr als 85 dB(A) betragen, "eigene" Messungen des Arbeitgebers erschienen nicht geeignet, das Ausmaß der Lärmbelastung festzustellen.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2016 als unbegründet zurück.

Gegen den am 05.12.2016 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 04.01.2017 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zur Begründung seiner Klage vorgetragen, seiner Einschätzung nach sei die Lärmbelastung während seiner Berufstätigkeit bei der H. D. AG deutlich stärker gewesen. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, dass er während seiner Tätigkeit als Maschineneinrichter und Maschinenbediener "direkt und in unmittelbarster Nähe" von Maschinen tätig geworden sei. vor diesem Hintergrund sei anzunehmen, dass die Lärmmessungen des Arbeitgebers nicht zutreffend seien, zumal die ermittelten Messwerte von 79 dB(A) und von 82 dB(A) nur "denkbar gering" unterhalb des Grenzwerts von 85 dB(A) lägen.

Auf Nachfrage des SG hat die H. D.-AG mit Schreiben vom 22.02.2017 Messprotokolle zu durchgeführten Lärmmessungen vorgelegt. Hiernach betrug die Lärmbelastung in Form eines Dauerschallpegels an der Maschine Heller MC 16 Inv. 82 dB(A) und 79 dB(A) an der Maschine BZH07.

Das SG hat zudem die Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. L. (W.) als sachverständige Zeugin befragt. Dr. L. hat in Ihrer Aussage vom 27.06.2017 über die Behandlung des Klägers von Juli 2008 bis Januar 2017 berichtet und den zuletzt erhobenen Befund mitgeteilt. Zusammenfassend lägen ein Zustand nach Trommelfellperforation, ein Ohrgeräusch (Tinnitus aurium) und eine Hochtonschwerhörigkeit vor.

Mit Schreiben vom 03.08.2017 hat die H. D. AG auf Frage des SG mitgeteilt, dass der ursprüngliche Arbeitsplatz des Klägers nach Umstrukturierungen in der Werkhalle nicht mehr vorhanden sei. Zu Beginn des Jahres 2017 sei für die Fertigungshalle H12 auf Basis einer Lärmmessung ein neues Lärmkataster erstellt worden. Die aktuellste Messung habe für den Bereich, in dem sich die Produktionsmaschine, an der der Kläger zuletzt eingesetzt gewesen sei, jetzt befinde, einen Wert von LAEQ, 8h: 80 dB(A) ergeben.

Mit Gerichtsbescheid vom 01.02.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag auf Zuerkennung von Leistungen (u.a. Hörgeräteversorgung) sei bereits unzulässig, da er auf ein vorliegend unzulässiges Grundurteil gerichtet sei. Die Klage auf Feststellung einer BK 2301 sei zulässig aber unbegründet. Für die begehrte Feststellung sei erforderlich, dass eine Lärmbelastung von über 85 dB(A) am Arbeitsplatz vorgelegen habe. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer als BK anzuerkennenden Schwerhörigkeit könnten nicht mit dem gebotenen Vollbeweis festgestellt werden. Die Einwendungen des Klägers gegen die ermittelte Lärmbelastung seien unkonkret und im Übrigen würde sich eine Unaufklärbarkeit des Sachverhalts zum Nachteil des Klägers auswirken, der die Beweislast trage.

Hiergegen hat der Kläger am 19.02.2018 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in einem mit den Beteiligten durchgeführten Erörterungstermin vom 07.12.2018 vorgetragen, der Grenzwert von 85 dB (A) sei vorliegend nur denkbar knapp unterschritten worden. Neue Messungen in der Halle 12 hätten Lärmbelastungen von 80 dB (A) ergeben. Es habe eine Dauerschallbelastung vorgelegen und die Messungen seien nicht direkt am Gerät durchgeführt worden. An den Maschinen habe kein gleichbleibender Schallpegel bestanden, sondern es habe täglich Spitzenschallpegel gegeben, die die 85 dB (A) deutlich überschritten hätten und von besonderer Intensität gewesen seien. Zudem sei der Kläger auch täglichen Pressluftgeräuschen ausgesetzt gewesen, die besonders hochfrequent seien. Die Pressluftpistole sei im Dauereinsatz zur Reinigung der Werkstücke gewesen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat eine nochmalige Nachfrage bei den H. D. angeregt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 01.02.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 03.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 30.11.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die bei ihm bestehende Krankheit "Lärmschwerhörigkeit" als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Berufskrankheiten-Liste anzuerkennen und ihm die beantragten Leistungen (unter anderem Hörgeräteversorgung) aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte erachtet die Entscheidung des SG für zutreffend und hält an ihrer Entscheidung fest.

Der Senat hat die Anregung des Prozessbevollmächtigten des Klägers aufgegriffen und ergänzende Auskünfte bei der H. D.-AG eingeholt. Ausweislich des Schreibens der für Arbeitsschutz zuständigen Mitarbeiter B. und H. vom 11.01.2019 wurden die Messungen nach der Lärmvorgabe TRLV Teil2 (Ohrhöhe ca. 1 m von der Quelle), mit einer Genauigkeitsklasse 2 durchgeführt. Die Messprotokolle aller Messungen aus den Hallen 4 und 12 seien bereits zugesandt worden, es seien keine weiteren Messprotokolle vorhanden. Bei der Maschine BZHO7 sei ein Spitzenschaldruckpegel (Lcpeak) nicht ausgelöst worden. Bei der Maschine Heller MC 16 Inv. sei ein Lcpeak von 123 ermittelt und dokumentiert worden. Alle Umgebungsgeräusche (auch Pressluft) seien bei der Lärmmessung erfasst worden. Die H. D.-AG stelle ab 80 db(A) prinzipiell Gehörschutz zur Verfügung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 03.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2016, mit dem die Beklagte die Anerkennung einer BK 2301 beim Versicherten ebenso abgelehnt hat, wie die Gewährung von "Leistungen (unter anderem Hörgeräteversorgung)" aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

1.) Die hiergegen erhobene Klage erweist sich nur teilweise als zulässig.

Die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (und nicht wie vom SG ausgeführt Feststellungsklage) auf Verurteilung der Beklagten eine BK 2301 beim Kläger anzuerkennen hat das SG im Ergebnis zu Recht als zulässig bewertet (§ 54 Abs. 1 SGG). Der Kläger kann wählen, ob er statt einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungklage sein Begehren mit einer Kombination aus einer Anfechtungsklage gegen den das Nichtbestehen des von ihm erhobenen Anspruchs feststellenden Verwaltungsakts und einer Verpflichtungsklage verfolgen will (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 Rn 12 ff.). Beide Rechtsschutzformen sind grundsätzlich gleich rechtsschutzintensiv (BSG, Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R = NZS 2012, 909).

Soweit der anwaltlich vertretene Kläger hingegen die Gewährung von "Leistungen (unter anderem Hörgeräteversorgung) aus der gesetzlichen Unfallversicherung" mit seiner Klage geltend macht, hat das SG ebenfalls zutreffend entschieden, dass eine derart allgemein formulierte Klage auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung unzulässig ist, da dieses Begehen auf ein unzulässiges Grundurteil ohne vollstreckungsfähigen Inhalt gerichtet ist (BSG, Urteil vom 30.01.2007 – B 2 U 6/06 R –, Rn. 11, juris). Einem Grundurteil (§ 130 SGG) ist das allgemeine Sachleistungsbegehren nach unbestimmter Heilbehandlung nicht zugänglich. Auch eine lediglich beispielhaft erwähnte Therapieform ("unter anderem Hörgeräteversorgung") stellt sich insoweit als zu unbestimmt dar. Es ist auch unter Berücksichtigung des Sozialstaatsgebotes und des Meistbegünstigungsgrundsatzes nicht Aufgabe des Gerichts alle in Betracht kommenden Geldleistungen und sonstigen Leistungen zu prüfen, um dann dem rechtlich vertretenen Kläger diejenigen Leistungen zu suchen, auf die er dem Grunde nach einen Anspruch haben könnte. Vielmehr ist es Sache des bei der Beklagten versicherten Klägers sein Begehren auf eine bestimmte Sachleistung zu konkretisieren. Lediglich die genaue Höhe einer (vom Kläger konkretisierten) Geldleistung kann dann im Rahmen eines Grundurteils nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG unbenannt bleiben.

2.) Das SG hat die Klage – soweit sie zulässig ist – zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung der BK 2301.

Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. In der Anlage 1 zur BKV ist unter Nr. 2301 die Erkrankung an einer Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit bezeichnet.

Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass der Versicherte im Rahmen der versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, d.h. im Vollbeweis bewiesen sein (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2000 - B 2 U 34/99 R -, juris).

Die Anerkennung der geltend gemachten BK 2301 "Lärmschwerhörigkeit" erfordert als Einwirkung im Sinne einer arbeitstechnischen Voraussetzung eine berufliche Lärmbelastung, die grundsätzlich geeignet ist, eine Schwerhörigkeit zu verursachen. Eine Lärmschwerhörigkeit entwickelt sich nur bei ausreichend hoher und ausreichend langer Lärmbelastung. Erforderlich ist der Nachweis, dass die Lärmbelastung entsprechend hoch gewesen ist. Für die Beurteilung der beruflichen Lärmexposition maßgebend ist der auf acht Stunden bezogene äquivalente Dauerschallpegel. Gehörschädigend ist eine Lärmeinwirkung von mehr als 85 dB(A) als äquivalenter Dauerschallpegel bei einem Achtstundentag über viele Arbeitsjahre. Hat die Lärmexposition durchweg unter 85 dB(A) gelegen, ist eine Lärmschwerhörigkeit ausgeschlossen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, S. 347 f, m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitslärm stark hochfrequente Frequenzanteile beinhaltet (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 348; anders noch die Vorauflage, 8. Auflage, 2009, S. 329).

Einer mehrjährigen Lärmeinwirkung von mehr als 85 dB(A) war der Kläger nicht ausgesetzt. Dies entnimmt der Senat den Ergebnissen der Ermittlung des Präventionsdienstes der Beklagten sowie den Mitteilungen der H. D. AG, an denen zu zweifeln kein Anlass besteht. Der Dauerschallpegel lag bei beiden Maschinen an denen der Kläger tätig war deutlich unter 85 dB(A), bei 82 dB(A) an der Maschine Heller MC 16 Inv. und bei 79 dB(A) an der Maschine BZH07. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers hingegen geltend macht, die Grenze von 85 dB(A) sei nur denkbar knapp unterschritten, verkennt er, dass die Einheit "dB" einen logarithmisch abgestuften Maßstab darstellt, bei dem eine Verdoppelung des Schalls jeweils eine Erhöhung von 3 dB ergibt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 338), so dass hier tatsächlich ein ganz erheblicher Abstand zu einem Dauerschallpegel von 85 db(A) bestand.

Den Einwand des Klägers, die von der H. D. AG ermittelten Messwerte seien unzutreffend, da nicht in der Nähe der Maschinen gemessen worden sei, sieht der Senat durch die Stellungnahme des Arbeitgebers vom 11.01.2019 als widerlegt an. Hiernach wurden die Messungen nach der Lärmvorgabe TRLV Teil 2 (Ohrhöhe ca. 1 m von der Quelle) durchgeführt und sind demnach ohne weiteres als für die Bestimmung der Lärmexposition des Klägers exemplarisch heranzuziehen. Zutreffend ist hingegen, dass jede Schallmessung mit einer gewissen Unsicherheit verbunden ist, die bei den vorgenommenen Messungen mit der Genauigkeitsklasse 2 bis zu 3 dB reicht. Diesbezügliche Ungenauigkeiten und Zweifel wirken sich jedoch nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zum Nachteil des Klägers aus, der den Vollbeweis der arbeitstechnischen Voraussetzungen zu führen hat.

Auch der Einwand des Klägers, an den Maschinen habe kein gleichbleibender Schallpegel bestanden, sondern es habe täglich Spitzenschallpegel gegeben, die die 85 dB (A) deutlich überschritten hätten und er sei zudem auch täglichen Pressluftgeräuschen ausgesetzt gewesen, die besonders hochfrequent seien, vermag die Klage nicht zu begründen. Nach Auskunft der H. D. AG ist bei der Maschine BZHO7 ein Spitzenschaldruckpegel (Lcpeak) nicht ausgelöst worden und bei der Maschine Heller MC 16 Inv. ist ein Lcpeak von 123 ermittelt und dokumentiert worden. Ein BK-relevante Lärmspitze ist vor diesem Hintergrund nicht nachgewiesen. Erst oberhalb eines Wertes von 137 dB (C) sind überhaupt gesundheitliche Schädigungen möglich, und nach dem aktuellen Stand der Forschungsergebnisse können erst einmalige Schallereignisse vom mehr als 150 db (Cpeak) im Einzelfall akute Gehörschäden hervorrufen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 347).

Neben den arbeitstechnischen Voraussetzungen fehlt es auch an einem kausalen Zusammenhang zwischen dem tatsächlich nachgewiesenen Lärm in einer Lautstärke zwischen 79 und 82 dB (A) und der beim Kläger vorhandenen Schwerhörigkeit. Ob ein Gesundheitsschaden dem Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls als Unfallfolge im engeren Sinne zuzurechnen ist (sog. haftungsausfüllende Kausalität), beurteilt sich nach der Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 Rn. 28 ff. m.w.N.). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt - in Abgrenzung zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen - die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 30/07 R –, BSGE 103, 45-54, SozR 4-5671, Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4, Rn. 16). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, BSGE 96, 196-209, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Es muss dabei mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen. Es genügt, wenn bei Abwägung aller Umstände die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Entsprechend der obigen Ausführungen ist bei einer Lärmexposition, die dauerhaft unter 85 dB(A) lag, die Verursachung einer Lärmschwerhörigkeit ausgeschlossen, so dass hier bei Abwägung aller Umstände keine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer beruflichen Verursachung angenommen werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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