L 5 AS 188/18

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 9 AS 3657/13
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 188/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über einen Überprüfungsantrag, mit dem der Kläger höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) begehrt.

Der 1962 geborene Kläger, der in einem Eigenheim lebt, bezog Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende – SGB II) vom Beklagten. Im Juli 2013 beschwerte er sich darüber, dass sämtliche Bewilligungsbescheide seit 2005 falsch seien, weil "die Bankzinsen, die BHW Leben[sversicherung] und die Instandhaltungspausschale" nicht berücksichtigt worden seien. Auch die "Kohlengeld-Bescheide" seien falsch.

Während der Beklagte einen auf das gleiche Ziel gerichteten früheren Überprüfungsantrag des Klägers vom 15. Januar 2012 noch unter Hinweis auf die Jahresfrist des § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II zurückgewiesen hatte (Bescheid vom 17. Oktober 2012, Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2013), erließ er unter dem 7. August 2013 insgesamt zwölf Bescheide, mit denen er ihm für die Zeit von Januar 2005 bis Dezember 2010 höhere Leistungen gewährte. Dabei berücksichtigte er bislang nicht einbezogene KdUH. Seine Entscheidungen stützte er auf § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X). Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2013 als unbegründet zurück.

Mit seiner am 18. November 2013 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. In der mündlichen Verhandlung am 8. Januar 2018 vor dem Sozialgericht (SG) M. hat er zunächst beantragt, ihm unter Abänderung der Bescheide vom 7. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Oktober 2013 für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2010 "weitere Kosten in Höhe von 200 EUR monatlich [ ] für Lebensversicherung, Hausratversicherung, Schuldzinsen und Grundstückshaftpflichtversicherung, hilfsweise eine Ersatzmiete in Höhe von 343 EUR monatlich" zu gewähren. Später hat er nach Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt, den Begriff "Schuldzinsen" durch den Begriff "Brennholz" zu ersetzen. Der Bevollmächtigte des Beklagten hat dieser Änderung widersprochen. Er hat außerdem geltend gemacht, die Frist des § 44 Abs. 4 SGB X sei überschritten.

Mit Urteil vom 8. Januar 2018 hat das SG die Klage abgewiesen, weil Kosten für Hausrat- und Lebensversicherung nicht im Rahmen der KdUH erstattungsfähig seien, sondern nur im Rahmen der Einkommensanrechnung durch Anwendung der Versicherungspauschale berücksichtigt werden könnten. Kosten für eine Grundstückshaftpflichtversicherung seien grundsätzlich berücksichtigungsfähig; dies setze aber voraus, dass das Bestehen einer entsprechenden Versicherung und der Fälligkeitszeitpunkt der Beitragszahlung nachgewiesen würden. Entsprechende Belege hätte der Kläger vorlegen müssen. Sofern man den Antrag bezüglich der Brennholz-Kosten für zulässig halte, hätte der Kläger auch hier entsprechende Belege vorlegen müssen. Ein Anspruch auf Ersatzmiete bestehe nicht, weil nur tatsächliche Aufwendungen anerkannt würden. Das Urteil ist dem Kläger am 14. Februar 2018 zugestellt worden.

Mit seiner am 9. März 2018 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Konkrete Anträge haben die Beteiligten im Berufungsverfahren nicht formuliert.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss in Betracht komme, und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Eine solche ist innerhalb der gesetzten Monatsfrist nicht erfolgt.

Der Senat hat die Prozessakte des SG und die Verwaltungsakten des Beklagten beigezogen.

II.

Der Senat weist die Berufung durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Die Beteiligten sind vorher gehört worden.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat aufgrund des streitgegenständlichen Überprüfungsantrags keinen Anspruch auf eine weitergehende Änderung der Bewilligungsbescheide für die Jahre 2005 bis 2010 und auf daraus resultierende höhere Leistungen. Dem Erfolg seines Begehrens steht schon die Jahresfrist des § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II entgegen.

Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Der Zeitraum, für den nachträglich Leistungen erbracht werden können, ist jedoch bereits seit 1. April 2011 durch § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II (seit 1. August 2016: § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II) i.V.m. § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X auf ein Jahr begrenzt. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird; erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB X). Wenn eine rückwirkende Leistungserbringung aufgrund von § 44 Abs. 4 SGB X ausscheidet, kommt auch eine isolierte Aufhebung oder Änderung des zu überprüfenden Bescheides nach § 44 Abs. 1 SGB X nicht mehr in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 13. Februar 2014 – B 4 AS 19/13 R –, juris Rn. 16).

Der Kläger hat den hier streitgegenständlichen Überprüfungsantrag im Juli 2013 gestellt. Eine rückwirkende Leistungsgewährung für Zeiträume vor Januar 2012 scheidet deshalb aus. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte mit den angegriffenen Bescheiden gleichwohl Leistungen auch für frühere Zeiträume erbracht hat, denn die Ausschlussfrist des § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 4 SGB X stellt eine zwingende Regelung dar (vgl. BSG, Urteil vom 13. Februar 2014, a.a.O.). Sie steht damit nicht zur Disposition des Beklagten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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