L 11 KA 175/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 17 KA 186/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 175/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 23/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten und der Beigeladenen zu 8) wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.10.2000 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Zulassung der Klägerin zur vertragsärztlichen psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen.

Die Klägerin ist Kinderärztin. Sie führt die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie". Mit 19,25 Wochenstunden ist sie im Kinderneurologischen Zentrum der Ambulanz des Krankenhauses E als angestellte Kinderärztin tätig. Weiterhin hat sie seit dem 27.08.1998 eine Ermächtigung zur Durchführung von tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie und Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen (zuletzt Beschluss vom 13.03.2001 für die Dauer von zwei weiteren Jahren).

Mit Schreiben vom 20.10.1998 beantragte die Klägerin die Sonderbedarfszulassung für die psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Diesen Antrag lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf mit Beschluss vom 15.12.1998 ab, weil die Angestelltentätigkeit mit der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht zu vereinbaren sei.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass ein Bedarf für eine psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen gegeben sei. Die Kliniktätigkeit und eine Tätigkeit in ambulanter Praxis seien durchaus miteinander zu vereinbaren. Sie stehe 32 Stunden pro Woche für die Versorgung der Versicherten zur Verfügung. Die Kliniktätigkeit übe sie nur vormittags aus, während die Patienten ihrer ambulanten Praxis fast ausnahmslos Schüler seien, die bevorzugt nachmittags therapiert würden. Bei ihrer klinischen Tätigkeit betreue sie überwiegend Kleinkinder, wobei die diagnostische Tätigkeit deutlich überwiege. In der ambulanten Praxis erfolge dagegen ausschließlich eine (psycho)therapeutische Betreuung. Ferner bestehe eine räumliche Trennung ihres Arbeitsplatzes in E mit ihrer Praxis in E. Darüber hinaus gebe sie die Verpflichtungserklärung ab, keine Personen zu behandeln, die jemals zuvor im Kinderneurologischen Zentrum des Städtischen Krankenhauses E behandelt worden seien.

Mit Beschluss vom 28.07.1999 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung legte er dar, dass die Klägerin gem. § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeiten nicht geeignet sei, weil sie eine ärztliche Tätigkeit ausübe, die mit einer vertragsärztlichen Tätigkeit nicht zu vereinbaren sei. Es bestehe eine Interessen- und Pflichtenkollision. Diese sei nach der Rechtsprechung des BSG immer dann zu befürchten, wenn sich die vertragsärztliche Tätigkeit mit der anderweitigen Tätigkeit vermischen könne, was regelmäßig anzunehmen sei, wenn der Arzt bei seiner Nebentätigkeit unmittelbar in die Versorgung von Patienten eingebunden sei und die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Einzugsbereich des Krankenhauses liege. Die Voraussetzungen seien bei der Klägerin gegeben. Eine Vermischung beider Tätigkeiten sei deshalb zu befürchten. Die angebotene Verpflichtungserklärung könne mangels wirksamer Kontrollmöglichkeiten die Interessen- und Pflichtenkollision nicht ausräumen.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und ergänzend vorgetragen, der Beschluss des Beklagten sei unzutreffend. Eine Pflichten- und Interessenkollision sei nicht zu befürchten. Seit zehn Jahren sei sie ununterbrochen in der Kinderneurologischen Klinik tätig und nicht ein einziges Mal mit Patienten in Berührung gekommen, bei denen eine psychotherapeutische Behandlung einzuleiten gewesen sei. In der Klinik sehe sie die Patienten meist nur einmalig. Es könne deshalb gerade kein derartiges Vertrauensverhältnis entstehen, das Grundlage für die Entscheidung zu einer späteren ambulanten Behandlung durch sie sein könne. Dies ergebe sich auch aus der vom Beklagten zitierten Rechtsprechung des BSG, denn diese beziehe sich allein auf die stationäre Tätigkeit, nicht dagegen auf die Tätigkeit in einer Krankenhausambulanz. Im übrigen verrichte sie ihre Kliniktätigkeit ausschließlich an Vormittagen, so dass sie Montags bis Freitags von 14 bis 21 Uhr und auch an Samstagen Sprechstunden anbieten könne. Für die von ihr zu behandelnden Patienten (Schüler) sei das Angebot von Vormittagssprechstunden nicht erforderlich. Die Rechtsprechung des erkennenden Senates, wonach die Zusatzbezeichnung "Umweltmedizin" nicht zu einer Sonderbedarfszulassung führen könne, sei auf die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" nicht anzuwenden, weil sie eine dreijährige Weiterbildung durchgeführt und eine Abschlussprüfung abgelegt habe.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 28.07.1999 - Bescheid vom 05.08.1999 - zu verurteilen, über ihren Widerspruch erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat auf die Ausführungen in seinem Beschluss verwiesen.

Die Beigeladenen haben sich der Auffassung des Beklagten angeschlossen.

Mit Urteil vom 25.10.2000 hat das Sozialgericht Düsseldorf den Beklagten verurteilt, über den Widerspruch der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die vom Beklagten angenommene Interessen- und Pflichtenkollision sei lediglich sehr theoretisch und das "Restrisiko" durch die von der Klägerin angebotene Verpflichtungserklärung ausgeschlossen. Im übrigen bestehe auch nicht die Befürchtung, dass die Klägerin für die vertragsärztliche Tätigkeit nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehe. Die Kammer gehe davon aus, dass die Klägerin in der Lage sei, neben ihrer Angestelltentätigkeit 25 Sprechstunden pro Woche anzubieten. Die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" reiche auch für eine Sonderbedarfszulassung aus. Zwar habe das Landessozialgericht NRW für die Zusatzbezeichnung "Umweltmedizin" dies verneint, jedoch seien die dort angestellten Überlegungen auf die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" nicht zu übertragen; vielmehr sei die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" absolut vergleichbar mit einer fakultativen Weiterbildung, die in der Regel eine zweijährige Weiterbildung erfordere. Eine ausreichende qualitative medizinische Versorgung werde dadurch gewährleistet, dass für den Erwerb der Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" eine dreijährige berufsbegleitende Ausbildung erforderlich sei.

Dagegen haben der Beklagte und die Beigeladene zu 8) Berufung eingelegt.

Der Beklagte trägt zur Begründung vor, es sei entgegen der Auffassung des Sozialgerichts keineswegs "sehr theoretisch", dass eine Vermischung der Nebentätigkeit mit der Tätigkeit einer niedergelassenen psychotherapeutisch tätigen Ärztin zu befürchten sei; seine Auffassung beruhe auf dem Wissen und den Erfahrungen der fachkundigen Mitglieder des Berufungsausschusses; im übrigen habe die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsausschuss eingeräumt, es könne durchaus vorkommen, dass die von ihr im Kinderneurologischen Zentrum behandelten Patienten auch mal psychotherapeutisch behandelt werden müssten. Weiterhin sei er der Auffassung, dass die Klägerin nicht in erforderlichem Maße für die vertragsärztliche Tätigkeit zur Verfügung stehe.

Die Beigeladene zu 8) führt aus, dass die Klägerin gem. § 20 Ärzte-ZV nicht für die Ausübung einer vertragsärztlichen Tätigkeit geeignet sei, da einerseits eine Pflichten- und Interessenkollision aufgrund ihrer Tätigkeit als angestellte Ärztin im Krankenhaus zu befürchten sei und andererseits die Klägerin aufgrund ihrer Tätigkeit im Krankenhaus auch für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht im erforderlichen Maße zur Verfügung stehe. Weiterhin reiche auch die Berechtigung zum Führen einer Zusatzbezeichnung nicht zum Nachweis der erforderlichen Qualifikation aus.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 8) beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.10.2000 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses vom 28.07.1999 zu verpflichten, die Klägerin als Ärztin für eine ausschließlich psychotherapeutische Tätigkeit bei Kindern und Jugendlichen mit dem Vertragsarztsitz E, T-straße 00, zuzulassen.

Die Klägerin hält das erstinstanzliche Urteil (im Ergebnis) für zutreffend und verweist auf ihren Vortrag im Widerspruchs- und Klageverfahren. Dabei betont sie nochmals nachdrücklich, dass die angefochtene Entscheidung des Beklagten in schwerwiegender Weise in ihr Grundrecht auf freie Berufswahl gem. Art. 12 GG eingreife.

Zur Begründung ihrer Anschlussberufung trägt die Klägerin vor, dass (zumindest nach dem Inkraftreten des Psychotherapeutengesetzes) keine Zulassung im Wege des Sonderbedarfs mehr erforderlich sei, da eine Zulassungsbeschränkung bzw. -sperre für die Arztgruppe der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychotherapeuten gem. § 101 Abs. 4 SGB V nicht bestehe. Zu dieser Arztgruppe gehöre sie, wenn sie eine Zulassung ausschließlich für eine psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen begehre. Die Verwaltungsakten des Beklagten, des Zulassungsausschusses für Ärzte Düsseldorf sowie die Arztregisterakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten sowie der Streitakten wird ergänzend - insbesondere im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten - Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 8) sind zulässig und begründet. Die (unselbständige) Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Planungsbereich E.

I.

Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 8) sind begründet, da die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung der Klägerin nicht gegeben sind. Einerseits erfüllt sie nicht die Anspruchsvoraussetzungen der Ziffer 24 b) der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte und andererseits ist sie aufgrund ihrer halbtägigen Angestelltentätigkeit im Kinderneurologischen Zentrum nicht für eine vertragsärztliche Tätigkeit im Sinne von § 20 Ärzte-ZV geeignet.

1. Als Anspruchsgrundlage für eine Sonderbedarfszulassung kommt lediglich Nr. 24 b) Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte in Betracht. Eine Zulassung nach Nr. 24 e) (psychotherapeutische Tätigkeit) scheidet aus, weil diese Anspruchsgrundlage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr existent ist.

Die in Ziffer 24 b) Bedarfplanungs-Richtlinien-Ärzte genannten Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Dabei brauchte der Senat nicht entscheiden, ob die Feststellungen des Beklagten zum Versorgungsbedarf hinsichtlich psychotherapeutischer Leistungen sowie zur Dauerhaftigkeit dieses Bedarfs zutreffend und ausreichend waren, denn ein Zulassungsanspruch der Klägerin besteht bereits deshalb nicht, weil sie auch bei Bestehen eines entsprechenden Versorgungsbedarfes die erforderliche Qualifikation nicht hat.

Nach Ziffer 24 b) Satz 2 Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte ist Voraussetzungen, dass die ärztlichen Tätigkeiten des qualifizierten Inhalts in dem betreffenden ärztlichen Planungsbereich nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen und dass der Arzt die für den besonderen Versorgungsbedarf erforderlichen Qualifikationen durch die entsprechende Facharztbezeichnung sowie die besondere Arztbezeichnung oder Qualifikation (Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung, Fachkunde) nachweist.

Die Klägerin hat die erforderliche Qualifikation nicht durch einen Schwerpunkt, eine fakultative Weiterbildung oder Fachkunde nachgewiesen. Dies war ihr auch nicht möglich, da die Weiterbildungsordnungen der Ärztekammer Nordrhein für den Bereich der Psychotherapie einen Schwerpunkt, eine fakultative Weiterbildung oder eine Fachkunde im Sinne der Ziffer 24 b) Bedarfsplanungs-RichtlinienÄrzte nicht enthält.

Zwar ist die Klägerin berechtigt, die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" zu führen (Urkunde der Ärztekammer Nordrhein vom 06.05.1998), jedoch werden damit die Voraussetzungen der Ziffer 24 b) Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte nicht erfüllt. Die Berechtigung zum Führen einer Zusatzbezeichnung reicht bereits nach dem Wortlaut nicht zum Nachweis der erforderlichen Qualifikation aus. Auch eine Auslegung der vom Normgeber genannten Voraussetzungen führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Einerseits wird bereits durch die Art der Aufzählung der zum Nachweis der Qualifikation genannten Kriterien deutlich, dass diese nach dem Willen des Normgebers abschließend sind. Aus Sinn und Zweck der in § 24 b) Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte getroffenen Regelungen ergibt sich ebenfalls, dass die Berechtigung zum Führen einer Zusatzbezeichnung nicht ausreicht. Denn in der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein zwingend ist eine klare Trennung bzgl. der Anforderungen für den Erwerb eines Schwerpunkts und einer Zusatzbezeichnung vorgenommen worden. Dies betrifft nicht nur die Systematik der Weiterbildungsordnung, sondern insbesondere die quantitativen und qualititativen Voraussetzungen hinsichtlich der nachzuweisenden Qualifikationen. So ist etwa für den Erwerb eine Schwerpunktes eine Prüfung gem. § 12 Abs. 2 der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein zwingend erforderlich, während die Berechtigung zum Führen einer Zusatzbezeichnung nach Absatz 3 dieser Vorschrift grundsätzlich ohne Prüfung aufgrund der vorgelegten Zeugnisses und Nachweise erfolgt. Lediglich sofern die vorgelegten Zeugnisse und Nachweise für eine sichere Beurteilung nicht ausreichen oder wenn Zweifel an der Eignung der Antragstellerin oder des Antragstellers bestehen, ist eine Prüfung durchzuführen. Unter Berücksichtigung dieser Differenzierungen kann die Berechtigung zum Führen einer Zusatzbezeichnung nicht als ausreichend angesehen werden, da auch eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Wege des Sonderbedarfes nur dann erfolgen kann, wenn dadurch den Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung zugute kommt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass für den Erwerb der Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" eine mehrjährige Weiterbildungszeit vorgeschrieben wird. Vielmehr sind Zusatzbezeichnungen generell nicht geeignet, die entsprechende Qualifikation nachzuweisen (Senatsurteil vom 09.02.2000 - L 11 KA 195/99 - für die Zusatzbezeichnung Umweltmedizin).

2. Die Klägerin ist gemäß § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV ungeeignet für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit, denn es ist festzustellen, dass sie wegen des Beschäftigungsverhältnisses in der Kinderneurologischen Klinik für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht in erforderlichem Maße zur Verfügung steht. Das Bundessozialgericht hat aus dem in § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV kodifizierten Merkmal des "zur Verfügung Stehens in erforderlichem Maße" zwar nicht abgeleitet, der Vertragsarzt müsse seine gesamte Arbeitskraft der vertragsärztlichen Tätigkeit widmen. Vielmehr ist das BSG - dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV folgend - davon ausgegangen, dass es ausreichend ist, wenn der die Zulassung anstrebende Arzt in dem Bereich der vertragsärztlichen Tätigkeit im dort üblichen Umfang - insbesondere durch Abhalten von Sprechstunden - für die ambulant zu behandelnden Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen zur Verfügung steht ( BSG, Urteil vom 17.11.1999 - B 6 KA 15/99 R; BSG E 81,143,149 mit weiteren Nachweisen). Die Klägerin steht aber in dem im Planungsbereich üblichen Umfang für die ambulante Behandlung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen gerade nicht zur Verfügung. Aufgrund ihrer mit 19,25 Wochenstunden halbschichtigen Tätigkeit im Krankenhaus ist sie nicht in der Lage, in dem Maße für die vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung zu stehen, wie es gerade für die ausschließlich psychotherapeutisch tätige Leistungserbringer üblich ist. Psychotherapeutisch tätige Leistungserbringer sind lediglich zu 39,8 % mit einer Wochenstundenzahl von bis zu 25 Stunden (halbschichtig bis etwas überhalbschichtig tätig, während die übliche wöchentliche Arbeitszeit von mehr als 60% der Leistungserbringer darüber liegt (Ärzte Zeitung, Gesundheitspolitik, Nr. 147, 23.08.2000). Der Senat hat keine Bedenken, das Ergebnis dieser Befragungen in den Jahren 1997 und 1998 auch für die aktuelle Zeit und den Planungsbereich E zugrundezulegen.

Im übrigen würde die Zulassung von Vertragsärzten, die nicht ganztägig der Versorgung der Versicherten zur Verfügung stehen, auch die Grundlage der Bedarfsplanung wegen Überversorgung (§ 101 SGB V) erschüttern. Denn bei der Zulassung einer nennenswerten Zahl von Vertragsärzten, die nicht ganztägig für die Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen zur Verfügung stehen, könnte sich die Situation ergeben, dass tatsächlich eine Unterversorgung im Planungsbereich entsteht, obwohl von der Anzahl der zugelassenen Vertragsärzte eine ausreichende bzw. Überversorgung festzustellen ist. Aus den durch das 2. NOG eingefügten Regelungen zum sog. Jobsharing ergibt sich vorliegend nichts anderes. Zwar hat das BSG (aaO) ausgeführt, dass das Gesetz es nunmehr ausdrücklich erlaube, dass sich zwei Vertragsärzte die bisher von einem Arzt geleistete vertragsärztliche Tätigkeit im Wege des Jobsharings teilen. Jedoch kann dadurch eine mangelnde Eignung im Sinne von § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV bei bestehender Bedarfsplanung nur dann ausgeschlossen werden, wenn die Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen dadurch nicht gefährdet werden kann. Nur im Rahmen dieser engen Regelungen bzgl. des Jobsharings ist davon auszugehen, dass die Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten nicht gefährdet ist, weil das eingeschränkte zur Verfügung Stehen des einen Vertragsarztes durch die Tätigkeit seines Jobsharingpartners ausgeglichen wird.

II.

Die Anschlussberufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zulassung für eine ausschließlich psychotherapeutische Tätigkeit. Denn der Planungsbereich E ist für Kinderärzte gesperrt. Die Klägerin könnte auch nur eine Zulassung als Kinderärztin erhalten, da gem. § 95 Abs. 2 SGB V sich ein Arzt um die Zulassung als Vertragsarzt nur bewerben kann, soweit er ins Arztregister eingetragen ist. Die Klägerin ist aber ausschließlich als Kinderärztin im Arztregister eingetragen. Die Klägerin könnte auch nicht als ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärztin (für welche Patientengruppe auch immer) in das Arztregister eingetragen und danach zugelassen werden. Denn über eine entsprechende Weiterbildung mit der Befugnis zum Führen der Gebietsbezeichnung "Psychotherapeutische Medizin" nach Abschnitt I Nr. 37 der o.g. Weiterbildungsordnung verfügt die Klägerin nicht, §§ 95 Abs. 2 Satz 3, 95 a Abs. 1 SGB V.

Aus der ab 01.01.1989 in das SGB V eingefügten Regelung des § 101 Abs. 4 kann die Klägerin ihren Zulassungsanspruch nicht ableiten. Die Zulassungsvoraussetzungen ergeben sich allein aus den o.g. Vorschriften der §§ 95, 95 a SGB V. § 101 Abs. 4 bezieht sich allein auf die Bedarfsplanung. Daraus ergibt sich zwingend, dass zu der in § 101 Abs. 4 SGB V genannten Gruppe der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte nur die Ärzte gehören, die bereits nach anderen Vorschriften zugelassen sind. Denn im Wege der Bedarfsplanung ist der im Planungsbereich bestehende Versorgungsbedarf im Verhältnis zu den der jeweiligen Fachgruppe zugehörigen zugelassenen Vertragsärzte festzustellen. Die Regelung im § 101 Abs. 4 SGB V gibt weder von ihrem Wortlaut noch vom Sinn und Zweck einen Anspruch auf Zulassung als Vertragsarzt. Die Anspruchsvoraussetzungen sind vielmehr in §§ 95, 95 a SGB V sowie den Bestimmungen der Ärzte-ZV festgelegt.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus §§ 183 und 193 SGG.

Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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