S 8 AS 339/19 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 339/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 AS 967/19 B ER
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der am 01.04.2019 gestellte Antrag,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig für den laufenden Bewilligungszeitraum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von monatlich 424,- EUR Regelsatz und 459,- EUR für Unterkunft und Heizung zu bewilligen,

war abzulehnen.

Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses erlassen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gem. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Zivilprozessordnung (ZPO) Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.

Soweit der Antragsteller seinen Antrag auf die Zahlung von Alg II nicht auf die Zeit ab Antragstellung bei Gericht begrenzt hat, fehlt es an einem Anordnungsgrund, weil es dem Wesen des vorläufigen Rechtsschutzes widerspricht, die Verpflichtung zur Gewährung von Leistungen für vergangene Zeiträume auszusprechen. Da es hierbei nicht mehr um die Beseitigung einer gegenwärtigen Notlage geht, ist der Antragsteller diesbezüglich auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen.

Für die Zeit ab Eingang des Antrags bei Gericht wurde ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin bewilligte dem Antragsteller mit Bescheid vom 14.03.2019 vorläufig Alg II für die Zeit vom 01.11.2018 bis 30.04.2019 in Höhe von monatlich 513,84 EUR bzw. 521,84 EUR ab Januar. Neben dem Regelbedarf wurden Kosten von Unterkunft und Heizung von monatlich 459,73 EUR berücksichtigt. Im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens ist zwischen den Beteiligten streitig, ob die vom Antragsteller geltend gemachten Personalkosten für einen Praktikanten als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.

Bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit ist gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) von den Betriebseinnahmen auszugehen. Bei ihrer Berechnung ist die Antragsgegnerin den Angaben des Antragstellers gefolgt.

Gemäß § 3 Abs. 2 Alg II-V sind zur Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der in § 11 b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen. Die Personalausgaben für den Praktikanten sind nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Es handelt sich hierbei nicht um notwendige Ausgaben. Der Praktikant des Antragstellers absolviert in der Zeit vom 01.09.2018 bis zum 31.08.2019 ein einjähriges gelenktes Praktikum im Sinne von § 40a Abs. 5 der Verordnung über den Bildungsgang und die Abiturprüfung in der gymnasialen Oberstufe. Bei diesem Praktikum handelt es sich um ein Pflichtpraktikum, für das das Gesetz keine Vergütungspflicht vorsieht. Der Antragsteller kann zwar grundsätzlich einen Praktikanten einsetzen, wenn er dies für sinnvoll erachtet. Da aber keine gesetzliche Verpflichtung besteht, bei einem Pflichtpraktikum eine Vergütung zu zahlen, ist eine Bezahlung jedenfalls vermeidbar und damit nicht notwendig. Nach dem Runderlass des Ministeriums für Schule und Bildung vom 23.01.2019 (Abl. NRW 02/19) sind die Praktikanten nicht Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Praktikumsbetrieb und erhalten keine Vergütung (vgl. Nr. 6.5 Bass 12-21 Nr. 1). Daraus wird deutlich, dass die Praktikanten weiterhin Schüler bleiben und keine Arbeitnehmer sind, so dass auch die arbeitsrechtlichen Ausführungen des Antragstellers nicht dazu führen, die Personalkosten als notwendige Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass Praktikanten, die ein Praktikum verpflichtend aufgrund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten, nicht als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Mindestlohngesetzes (MiLoG) gelten (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 1 MiLoG).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved