S 31 R 252/14

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 31 R 252/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 337/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 302/17 B
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte hat ein Drittel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig die Anerkennung von Kindererziehungszeiten für die 1997 geborene Tochter D. A. zugunsten der Klägerin sowie die Anerkennung der Studienzeit von 1994 bis 1997 und die Einbehaltung der hälftigen Beiträge bei Beitragsrückerstattung im Jahre 2004.

Mit Schreiben der Klägerin vom 11.10.2003 bat sie um Rückerstattung der gezahlten BfA-Beiträge, die Wartezeit sei bereits erfüllt, der Versicherungsverlauf sei ihr zugeschickt worden. Am 02.09.2003 fand ein Telefonat mit der Klägerin statt, laut dem sie ihre Beiträge erstattet haben wollte und um Antragszusendung bat. In dem Telefonvermerk heißt es weiter, dass die Klägerin 1994 zugereist sei, sie habe in Rumänien auch Beiträge zurückgelegt, auf diese wolle sie verzichten, da sie wohl geringfügig seien. Die Klägerin sei darauf hingewiesen worden, dass diese gegebenenfalls zu einer Rentenanwartschaft führen und somit die Erstattung nicht möglich wäre. Eingegangen bei der Beklagten am 11.09.2002 stellte die Klägerin einen Antrag auf Beitragserstattung unter dem 20.08.2002. Im Begleitschreiben bat sie um Rückerstattung der gezahlten Beiträge vom 01.07.1998 bis 15.08.2001, da sie zurzeit pflichtversichert in der Ärzteversorgung sei. Im Erstattungsantrag unterschrieb die Klägerin die Erklärung mit, dass ihr bekannt sei, dass mit der Beitragserstattung das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst werde. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten würden nicht mehr bestehen. Dies gelte auch für Zeiten, für die keine Beiträge erstattet würden (z. B. Kindererziehungszeiten ). Bereits zuvor war bei der Klägerin mit Bescheid vom 07.10.2002 eine Kindererziehungszeit sowie Berücksichtigungszeit für die Tochter D. vom 01.01.1997 bis 31.12.2001 anerkannt werden. Mit Bescheid vom 05.02.2004 erfolgte die Erstattung von Beiträgen aus der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 01.07.1998 bis 15.08.2001 in Höhe von insgesamt 5.886,18 Euro. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Zugang des Antrags auf Versorgungsausgleich beantragte die Klägerin erneut die Anerkennung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten für das 1997 geborene Kind D. Mit Bescheid vom 05.02.2014 erteilt die Beklagte der Klägerin einen Versicherungsverlauf. Darin wurde die Zeit vom 07.02.1987 bis 30.06.2006 nicht als Beitragszeit vorgemerkt, weil wegen einer Beitragserstattung Ansprüche aus diesen rentenrechtlichen Zeiten nicht hergeleitet werden könnten. Gegen diesen Bescheid wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 18.02.2014 unter anderem wegen Nichtberücksichtigung der Kindererziehungszeiten für die Tochter D. und wegen der Beitragserstattung nur zur Hälfte der eingezahlten Beiträge. Es bestehe eine diskriminierende Behandlung durch gesetzliche Bestimmungen. Die Pflichtteilnahme an der gesetzlichen Rentenversicherung sei allein durch ihre Staatsbürgerschaft begründet gewesen sowie anschließend die Pflichtteilnahme in der Ärzteversorgung vor Ablauf der Fünfjahresfrist. Am 28.05.2014 erging zurückweisender Widerspruchsbescheid. Zu den hier noch streitigen Punkten wurde ausgeführt, dass bei der Klägerin eine Befreiung von der Versicherungspflicht erst mit dem 01.01.2002 vorgelegen habe. Mit Bescheid vom 07.10.2002 sei über die Kindererziehungszeit für die 1997 geborene Tochter D. entschieden worden und die Kindererziehungszeit sowie die Berücksichtigungszeit für die Zeit vom 01.11.1997 bis 31.12.2001 anerkannt worden. Die Kindererziehungszeit liege also vor dem Zeitraum der Versicherungsfreiheit, somit sei die neue Rechtslage zu § 56 Abs. 4 SGB VI für die Klägerin nicht anwendbar, und die Zeiten für die Tochter D. würden auf Grund der durchgeführten Beitragserstattung der Verfallswirkung unterliegen.

Am 05.06.2014 hat die Klägerin Klage erhoben wegen der rentenrechtlich zu berücksichtigenden Zeiten für die Kinder D. und E., wegen der Anerkennung ihrer Studienzeit und wegen Erstattung über den hälftigen gezahlten Beitrag hinaus. Hinsichtlich der Anrechnung der Kindererziehungszeiten für den Sohn E. kam es im Laufe des Klageverfahrens zu einem Anerkenntnis seitens der Beklagten. Die Klägerin hat die Klage aufrechterhalten, da sie weiter die Anerkennung von Kindererziehungs-/Berücksichtigungszeiten für die Tochter D. begehrt ebenso die Berücksichtigung ihrer Studienzeit in der BRD vom 1994 bis 1997.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 05.02.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2014 zu verurteilen, Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten für die Tochter D. und Anrechnungszeiten wegen ihrer Studienzeit in der BRD von 1994 bis 1997 anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf die Verfallswirkung des § 210 SGB VI (Sozialgesetzbuch, 6. Buch) verwiesen.

Die Verwaltungsakte wurde dem Verfahren beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sachverhaltsaufklärung und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte, die Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte vorliegend durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil der Rechtsstreit keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist und das Gericht den Sachverhalt als geklärt ansieht.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Das Gericht folgt der von der Beklagten im Widerspruchsbescheid gegebenen Begründung und sieht deshalb von einer ausführlichen Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Ergänzend ergehen folgende Hinweise:

Mit Bescheid vom 07.10.2002 hat die Beklagte Kindererziehungszeiten für die Tochter D. vom 01.11.1997 bis 31.12.2001 anerkannt. Die Befreiung von der Versicherungspflicht trat mit dem 01.01.2002 ein.

Nach § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI in der Fassung des RRG 1992 können bei Versicherten, die von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 1 SGB VI versicherungsfrei sind, Kindererziehungszeiten angerechnet werden, wenn sie nach der Zeit der Kindererziehung in der Rentenversicherung nachversichert wurden. § 56 Abs. 4 SGB VI wurde durch das Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und zur Änderung anderer Gesetze vom 15.07.2009 mit Wirkung ab 22.07.2009 dahingehend geändert, dass die Norm nunmehr lautet:

§ 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI:

Elternteile sind von der Anrechnung ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter auf Grund der Erziehung erworben haben, wenn diese nach den für sie geltenden besonderen Versorgungsregelungen systembezogen annähernd gleichwertig berücksichtigt wird wie die Kindererziehung nach diesem Buch;

Vorliegend lagen die Kindererziehungszeiten für das Kind D. jedoch nicht im Zeitraum der Versicherungsfreiheit beziehungsweise Befreiung von der Versicherungspflicht, entsprechend wurden sie mit Bescheid vom 07.10.2002 vorgemerkt. Daher unterliegen sie vollständig der Verfallswirkung nach Beitragserstattung gemäß § 210 SGB VI. Nach § 210 Abs. 6 Satz 2 SGB VI wird mit der Erstattung das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst. Nach Satz 3 bestehen keine Ansprüche aus den bis zur Erstattung nach Abs. 1 zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten mehr. Im Beitragserstattungsantrag wurde die Klägerin auf diese rechtliche Konsequenz hingewiesen und hat mit ihrer Unterschrift bestätigt, dass sie diese zur Kenntnis genommen hat. Ihre Einwände hinsichtlich eventueller sprachlicher Barrieren sind nicht durchgreifend. Bei Nichtverstehen hätte sie sich um Aufklärung bemühen müssen. Des Weiteren scheint eine solche Sprachbarriere in dem Ausmaß nicht bestanden zu haben, dass die Klägerin sich nicht verständigen konnte, wie sich aus dem Telefonat mit einem Mitarbeiter der Beklagten anlässlich der Beitragserstattung – wie im Tatbestand erwähnt – ergibt. Die Verfallswirkung des § 210 SGB VI erfasst auch die Studienzeiten. Nach § 210 Abs. 3 Satz 1 SGB VI werden Beiträge in der Höhe erstattet, in der der Versicherte sie getragen hat. Danach erfolgt eine Erstattung in Höhe des Arbeitnehmeranteils und nicht in voller Höhe, wie von der Klägerin beanstandet.

Der von der Klägerin gerügte Verstoß gegen EU-Recht wegen Diskriminierung ist von ihr nicht substantiiert begründet worden, die erkennende Kammer vermag auch hier keine Diskriminierung zu erkennen. Die Verfallswirkung der vor der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht eingetretenen rentenrechtlichen Zeiten ist erst durch Stellung des Erstattungsantrages eingetreten und nicht systemimmanent. Sie wäre auch eingetreten bei durchgehender deutscher Staatsangehörigkeit des Versicherten. Auch nach ihrer eigenen Darstellung wurde erst 2009 die Anerkennung von Kindererziehungszeiten bei Mitgliedern der Ärzteversorgung rechtlich wirksam ebenso wie in der gesetzlichen Rentenversicherung durch Änderung des § 56 SGB VI. Es liegt keine Diskriminierung vor, wenn sich das Risiko einer späteren Gesetzesänderung realisiert, die eine Besserstellung des Versicherten beinhaltet, wenn zuvor ein Erstattungsantrag gestellt wurde. Dieses Risiko trifft alle Versicherten, deren Versicherungsverhältnis mit der Erstattung aufgelöst wird. Dass die Verfallswirkung auch Kindererziehungs- beziehungsweise Berücksichtigungszeiten betrifft, ist aus dem Antrag auf Beitragserstattung ersichtlich, in dem bei der Erklärung der Antragstellerin unter Punkt 11 explizit darauf hingewiesen wurde.

Aus vorgenannten Gründen war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz und berücksichtigt, dass die Beklagte im Laufe des Klageverfahrens die Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten für den Sohn E. anerkannt hat, die Klage insoweit erfolgreich war.
Rechtskraft
Aus
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