L 6 U 70/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 2942/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 70/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 5. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Dem Kläger werden Kosten in Höhe von 225 EUR auferlegt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 2014 sowie die Erstattung von Kosten der Heilbehandlung in Höhe von 80,30 EUR.

Er wurde 1955 geboren und erlernte nach der Hauptschule den Beruf des Kraftfahrzeugmechanikers. Zuletzt war er als Teamwerker bei der Z.L. GmbH in S., die Ende Januar 2015 von der R. GmbH übernommen wurde (im Folgenden: Arbeitgeber), in der Lenkungsmontage beschäftigt. Am 10. Dezember 2014 gegen 10 Uhr war er dabei, einen etwa 25 kg schweren Werkstückträger zu einer Kontrollstation zu tragen. In diesem Zusammenhang kam es zu einem Hebevorgang, bei dem der Kläger Schmerzen im Bereich des rechten Schultergelenkes verspürte.

Am Folgetag suchte er Dr. D., Facharzt für Orthopädie, auf, der Mitte März 2015 der Beklagten berichtete, er habe eine Arthrose des Akromioklavikulargelenkes rechts und eine am 2. Februar 2015 operativ versorgte Ruptur der Rotatorenmanschette rechts diagnostiziert. Der Kläger habe angegeben, akute Schmerzen in der rechten Schulter gehabt zu haben, als er etwas Schweres angehoben habe. Bei der klinischen Untersuchung habe er Schmerzen am Vorderrand der Supraspinatussehne sowie eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung bei der Elevation und Abduktion geäußert. Die radiologische Untersuchung der rechten Schulter habe eine subakromiale Enthesiopathie, eine Sklerosierungszone sowie eine Zyste und Verkalkung am vorderen unteren Glenoidrand ergeben.

Dr. A., Facharzt für Diagnostische Radiologie, ging in seiner Beurteilung nach der Magnetresonanztomographie der rechten Schulter am 22. September 2014 von einer massiven Omarthrose rechts mit einem Hochstand des Humeruskopfes, einer wohl bereits alten beziehungsweise älteren Ruptur der Supraspinatussehne, welche im Verlauf nicht mehr abgrenzbar gewesen sei, und einer fettigen Atrophie des Musculus supraspinatus aus. Eine deutliche Ansatztendinopathie der Sehne des Musculus infraspinatus sei zu erkennen gewesen. Eine Kontinuitätsunterbrechung der Subscapularissehne im ansatznahen Bereich im Sinne einer ebenfalls nachweisbaren Ansatzruptur und eine begleitende fettige Atrophie des Musculus subscapularis hätten vorgelegen. Eine ausgeprägte Omarthrose rechts mit einer arthrotischen Entrundung am oberen Labrumbereich sei festgestellt worden. Ergüsse subdeltoideal sowie deutlicher subkorakoidal und auch im Recessus axillaris seien erkannt worden. Eine Kaliberverschmälerung und eine Tendinopathie der erhaltenen langen Bizepssehne im ansatznahen Bereich mit darin enthaltenen muzinös degenerativen intratendinösen Einlagerungen seien aufgefallen.

Während des stationären Aufenthaltes in der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie des Klinikums E. vom 2. bis 4. Februar 2015 erfolgte eine arthroskopische Rekonstruktion der Subscapularissehne mit einem Titanfadenanker, eine subakromiale Bursektomie sowie ein Debridement der Supraspinatus- und Infraspinatussehne. Die angestellte Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie B. diagnostizierte im Bereich der rechten Schulter eine vollständige Ruptur der Subscapularissehne mit einem nicht rekonstruierbaren Riss der Supraspinatussehne, einschließlich einer Retraktion und fettigen Degeneration vom Grad III nach Patte, eine Bursitis subacromialis sowie eine Ruptur der langen Bizepssehne.

Mitte Februar 2015 zeigte der Arbeitgeber der Beklagten den Unfall an und führte zum Unfallhergang aus, der Kläger habe einen Werkstückträger von Hand versetzen müssen. Beim Anheben habe er einen Schmerz in der rechten Schulter verspürt.

Mit Bescheid vom 23. Juni 2016 stellte die Beklagte das Ereignis vom 10. Dezember 2014 als Arbeitsunfall fest und erkannte als Unfallfolge eine folgenlos ausgeheilte Weichteilzerrung der rechten Schulter an. Nicht unfallbedingt seien bezogen auf diesen Körperteil eine Zusammenhangstrennung der Obergrätensehne, also der Supraspinatussehne, und der Sehne des unteren Schulterblattmuskels, mithin der Subscapularissehne, mit Schwund der dazugehörigen Muskulaturen, eine Ansatzentzündung der Infraspinatussehne, eine massive Schultergelenksarthrose, ein Hochstand des Oberarmkopfes, ein annähernd aufgehobener Gelenkspalt, entzündliche Veränderungen im Ansatzbereich der langen Bizepssehne, umfangreiche knöcherne Umformungen und Randanbauten sowie arthrotische Veränderungen im oberen Bereich der knorpeligen Gelenklippe, dem Labrum. Ein Anspruch auf Leistungen, insbesondere Heilbehandlung und sonstige Lohnersatzleistungen, über den 21. Dezember 2014 hinaus bestehe nicht. Den erhobenen Widerspruch begründete der Kläger unter anderem damit, als dauerhafte Verletzungsfolge sei es zu einer äußerst schmerzhaften Beweglichkeit der Schulter in allen Ebenen gekommen. Der Rechtsbehelf wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2016 zurückgewiesen. Insbesondere sei der Ereignishergang nach der aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung nicht geeignet gewesen, außer einer Zerrung andere Gesundheitsstörungen im rechten Schultergelenk zu verursachen.

Hiergegen hat der Kläger am 19. September 2016 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben.

Das SG hat Dr. B., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt hat. Dieser hat mitgeteilt, bei der Begutachtung am 3. März 2017 habe der Kläger angegeben, bei einem alltäglichen Hebevorgang vor der Brust plötzlich einschießende Schmerzen in der rechten Schulter verspürt zu haben. Der Werkstückträger, den er angehoben habe, habe etwa 25 kg gewogen. Aktuell habe der rechte Arm insbesondere nach längeren Belastungen bei der Arbeit durch schweres Heben und Tragen geschmerzt. Nach Einschätzung von Dr. B. kam es nach einem Hebevorgang am Unfalltag zu einer Zerrung im Bereich der rechten Schulter. Vorbestehend und unfallunabhängig lägen demgegenüber eine komplette Ruptur der Subscapularissehne, ein nicht rekonstruierbarer vollständiger Riss der Supraspinatussehne vom Typ C III nach Snyder beziehungsweise vom Grad III nach Patte mit einer ausgeprägten Retraktion und fettigen Degeneration, eine Ruptur und degenerative Binnenschäden der proximalen langen Bizepssehne sowie eine Bursitis subacromialis und subcoracoidea mit einem subakromialen Impingement mit einem Hochstand des Humeruskopfes und einer Defektarthropathie in der rechten Schulter vor. Der Kläger habe als 18-jähriger bei einem Verkehrsunfall eine Schulterverrenkung rechts erlitten, welche beschwerdefrei verheilt sei. Ein alleiniger, auch schwerer Hebevorgang sei ohne ein von außen plötzlich hinzukommendes Ereignis, etwa ein Nachfassen, wenn der Gegenstand entgleite, nicht geeignet, eine Ruptur der Rotatorenmanschette zu verursachen. Die Prüfung der Kausalität habe damit an sich ein für den Kläger negatives Ende gefunden. Darüber hinaus hätten sich, bezogen auf die medizinischen Anknüpfungstatsachen, bei der röntgenologischen Untersuchung zudem ein Hochstand des Humeruskopfes und eine Omarthrose gezeigt. Diese Kombination sei typisch für eine Defektarthropathie, bei der infolge eines großen Schadens der Rotatorenmanschette der Humeruskopf unter das Schulterdach trete. Durch diese Fehlstatik habe sich sekundär eine Arthrose des Schultergelenkes entwickelt. Hieraus sei zu schließen, dass der Defekt der Rotatorenmanschette vorbestehend gewesen sei. Die Befundkonstellation sei derart typisch, dass sie für eine unfallunabhängige Genese auf rein degenerativer Basis beweisend sei. Bei der kurzzeitig nach dem Unfall durchgeführten Magnetresonanztomographie habe sich ein Massendefekt der Rotatorenmanschette gezeigt. Die Supraspinatussehne sei bis zur Gelenkfläche retrahiert sowie der Muskelbauch und der Musculus subscapularis fettig degeneriert gewesen. Hierbei handele es sich um untrügliche Zeichen, dass der Defekt der Rotatorenmanschette mit Sicherheit schon Monate, wenn nicht Jahre vor dem Unfallereignis existent gewesen sei. Frische Verletzungszeichen wie Blutungen sowie vermehrte Flüssigkeitsansammlungen in den Weichteilen oder knöchernen Strukturen fehlten gänzlich. Eine strukturelle Schädigung, die durch das Unfallereignis bedingt sei, sei daher mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Die unfallbedingte Zerrung sei lediglich bis 21. Dezember 2014 behandlungsbedürftig gewesen.

Daraufhin hat der Kläger das im Auftrag der S. AG, wo er privat gegen einen Unfall versichert gewesen ist, erstellte Gutachten des Leitenden Oberarztes S., Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie des Klinikums E., vorgelegt. Dieser ist nach seiner ambulanten Untersuchung am 19. Januar 2016 zu der Auffassung gelangt, es erscheine unwahrscheinlich, dass bei einer völlig gesunden Person aufgrund des beschriebenen Unfallmechanismus überhaupt ein Dauerschaden eingetreten wäre. Der Kläger habe bezogen darauf angeführt, am 10. Dezember 2014 im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit ein schweres Metall angehoben zu haben. Dieses sei ihm aus der linken Hand gerutscht. Er habe versucht, es mit der rechten abzufangen beziehungsweise hochzuziehen. Dabei habe er einen plötzlich einschießenden starken Schmerz in der rechten Schulter verspürt. Angesichts der intraoperativ als fettig erkannten degenerierten Supraspinatussehne sei zudem davon auszugehen, dass bereits vor dem Unfall eine Vorschädigung der Rotatorenmanschette bestanden habe. Gleichwohl sei es durch das konkrete Unfallereignis letztendlich zu einer funktionell relevanten Schädigung im Bereich der rechten Schulter gekommen. Zuvor habe der Kläger keine Beschwerden in diesem Bereich gehabt. Die stattgehabte Schulterluxation rechts im Alter von achtzehn Jahren sei folgenlos ausgeheilt gewesen. Der Dauerschaden lasse sich mit 80 % teilweise auf das Unfallereignis und mit 20 % teilweise auf die degenerativen Vorschädigungen der Rotatorenmanschette zurückführen. Der Kläger habe zwar ärztliche Anordnungen nicht befolgt. Dieses Verhalten habe sich hingegen mit Sicherheit nicht negativ auf den eingetretenen Gesundheitsschaden ausgewirkt.

Des Weiteren hat der Kläger das im Verfahren S xxSBxxxx/xx zur Feststellung eines die Schwerbehinderteneigenschaft begründenden Grades der Behinderung eingeholte Gutachten von Dr. E., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, übersandt.

Hiermit konfrontiert hat Dr. B. im Mai 2017 ergänzend ausgeführt, das für die private Unfallversicherung erstellte Gutachten des Leitenden Oberarztes S. unterliege anderen Kausalitätskriterien als nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung. Im einen Fall würden Partialkausalitäten gelten, im anderen das so genannte "Alles-oder-Nichts-Prinzip", welches sich nach dem Wesentlichkeitsmerkmal beurteile. Der Hergang des Ereignisses am Unfalltag sei hinsichtlich der Entstehung der Funktionsschädigung lediglich der letzte Tropfen gewesen, der das ansonsten übervolle Fass zum Überlaufen gebracht habe. Die stumme Schadensanlage sei so ausgeprägt gewesen, dass es zeitnah auch anlässlich einer alltäglichen Belastung zu dem gleichen Schaden gekommen wäre.

Das SG hat den Rechtsstreit am 5. Dezember 2017 mündlich verhandelt und die Klage, im Wesentlichen gestützt auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. B., durch Urteil abgewiesen. Als Folge des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 2014 sei es lediglich zu einer Zerrung gekommen, welche spätestens am 21. Dezember 2014 folgenlos ausgeheilt sei.

Gegen die den Bevollmächtigten des Klägers am 18. Dezember 2017 zugestellte Entscheidung hat dieser am 5. Januar 2018 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist Dr. K., Facharzt für Orthopädie und Chirurgie, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt worden. Dieser Sachverständige hat bekundet, bei der ambulanten Untersuchung am 15. November 2018 habe der Kläger erwähnt, ein 25 kg schwerer Werkstückträger, an dem Schmierfett angehaftet sei, habe zu einer Kontrollstation gebracht werden sollen. Hierbei sei der Obergriff genutzt worden. Der Gegenstand sei ihm aus der linken Hand geglitten. Mit der rechten habe er ihn kraftvoll und ruckartig hochgezogen und abgelegt. Unmittelbar danach habe er Schmerzen im Bereich des rechten Schultergelenkes verspürt, weshalb er den Vorfall dem Werkstattmeister gemeldet und die Arbeit eingestellt habe. An derzeitigen Beschwerden habe der Kläger angegeben, ständig Schmerzen im Bereich der rechten Schulter zu haben. Dr. K. hat sich der Einschätzung von Dr. B. vollumfänglich angeschlossen. Die unfallbedingte rechtsseitige Distorsion des Schultergelenkes sei eine nicht strukturelle Verletzungsfolge, welche nach gegenwärtiger medizinischer Auffassung folgenlos ausheile. Mittels der am 22. Dezember 2014 durchgeführten Magnetresonanztomographie hätten strukturelle Verletzungsfolgen ausgeschlossen werden können. Eine Behandlungsbedürftigkeit wegen der Folgen des streitgegenständlichen Arbeitsunfalls habe daher längstens bis 21. Dezember 2014 bestanden. Ganz allgemein könne festgehalten werden, dass die für die Funktion der Schultergelenke verantwortlichen Strukturen bei einem kraftvollen und ruckartigen Hochziehen und Ablegen eines Gegenstandes zunächst verhindern müssten, dass der rechtsseitige Humeruskopf nach unten luxiere. Ferner müssten die für die Funktion der Schultergelenke verantwortlichen Strukturen in der Frontalebene die obere Extremität vom Rumpf mittels einer Abduktion entfernen, also in Bezug auf das ruckartige Hochziehen des 25 kg schweren Werkstückträgers. Werde die obere Extremität in der Frontalebene vom Rumpf entfernt, müssten während der ersten Abduktionsphase von 0 bis 90° der Musculus deltoideus und Musculus supraspinatus aktiviert werden. Ersterer sei gleich zu Beginn der Bewegung aktiv. Dieser Muskel könne die Abduktion vollständig und alleine ausführen. Eine einzelne, auch maximal durchgeführte Kontraktion der Supraspinatussehne könne keinen Riss der intakten Sehne verursachen. Medizinisch erwiesen sei, dass ein Muskel nur ungefähr ein Drittel der Kraft aufbringen könne, die erforderlich sei, eine Sehne zum Reißen zu bringen. Geschehe dies dennoch bei einem gewollten Vorgang und ohne zusätzliche ungewollte Belastung, beweise dies, dass die Sehne vorbestehend erheblich degenerativ geschädigt gewesen sei. Der vom Kläger beschriebene Unfallmechanismus entspreche einem plötzlichen, ungeplanten Abfangen eines 25 kg schweren, fallenden Gegenstandes und unterfalle am ehesten einer passiven Traktion nach kaudal. Hierbei komme es zu einer massiven Überdehnung dorsokranialer Strukturen der Rotatorenmanschette in Form der Supraspinatus- und Infraspinatussehne, wodurch eine Zerreißung dieser Sehnenanteile möglich sei. Diese seien infolge des beschriebenen Ereignisses zweifelsfrei belastet worden. Aufgrund pathomechanischer Untersuchungen sei es hingegen nicht vorstellbar, dass eine von außen in eine Richtung einwirkende Kraft gleichzeitig bei einem erhaltenen Gelenkschluss den Agonisten und Antagonisten zerreiße. Somit könne durch das Ereignis vom 10. Dezember 2014 nicht gleichzeitig der Musculus supraspinatus als Agonist und der Musculus subscapularis als Antagonist rupturiert worden sein. Dies stelle ein Indiz gegen eine traumatische Läsion der Subscapularissehne dar. Durch den Unfallmechanismus komme klar zum Ausdruck, dass der Unterarm und die Hand des Klägers in einer Pronationsstellung gewesen seien, er einen Werkstückträger also mittels eines Ober- oder Ristgriffes mit der rechten Hand ruckartig hochgezogen habe. Dieser Mechanismus sei nicht dazu geeignet, eine traumatische Ruptur der proximalen langen Bizepssehne hervorzurufen. Gegen eine traumatische Ruptur der Rotatorenmanschette sei weiter das Fehlen mikrostruktureller Veränderungen, etwa in Form eines Bone bruise, bei der kernspintomographischen Untersuchung anzusehen. Gegen einen Ursachenzusammenhang seien ferner der festgestellte Hochstand des Humeruskopfes, welcher sich erst nach einigen Monaten entwickele, sowie die fettige Atrophie des Musculus supraspinatus und Musculus subscapularis, welche sich erst im Verlauf von etwa zwei Monaten zeige, anzusehen. Die bereits zwölf Tage nach dem Unfallereignis erkannten Veränderungen könnten folglich nicht unfallbedingt sein. Der radiologische Nachweis degenerativer Sekundärveränderungen wie vorliegend sei ebenfalls ein Indiz gegen eine traumatische Ruptur der Rotatorenmanschette. Den am Tag nach dem Umfallereignis erstellten radiologischen Aufnahmen des rechten Schultergelenkes seien eine subakromiale Enthesiopathie und eine Arthrose des Schultereckgelenkes zu entnehmen. Beides seien Prädispositionsfaktoren für ein subakromiales Impingement. Insofern lägen weitere Anzeichen dafür vor, dass sich infolge des subakromialen Impingements, welches unfallunabhängig entstanden sei, eine Ruptur der Rotatorenmanschette mit einer Bursitis subacromialis und subdeltoidea entwickelt habe. Der Riss der Rotatorenmanschette sei folglich nicht ursächlich auf das Ereignis von Dezember 2014 zurückzuführen. Die festgestellte Omarthrose sei eine degenerative Veränderung des Gelenkknorpels in der Schulter, zu deren Entstehung es zumeist mehrere Jahre bedürfe, weshalb auch sie nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen sei. Der operative Befund, welcher erst Anfang Februar 2015 erhoben worden sei, sei für die Zusammenhangsbeurteilung nicht aussagekräftig.

Der Kläger, der zuletzt die Berichte von Priv.-Doz. Dr. W., Radiologe, über die Magnetresonanztomograhie des rechten Schultergelenkes am 8. März 2019 sowie von Dr. W., Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie, über die ambulante Untersuchung am 4. April 2019 vorgelegt hat, trägt im Wesentlichen vor, die jeweilige Auffassung der Sachverständigen Dr. B. und Dr. K., wonach sich keine traumatypische strukturelle Schädigung im Bereich der Schulter ereignet habe, sei unzutreffend, was aktuelle ärztliche klinische und kernspintomographische Untersuchungen belegten. Die geltend gemachten Kosten der Heilbehandlung seien nach dem 21. Dezember 2014 entstanden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts U. vom 5. Dezember 2017 aufzuheben, den Bescheid vom 23. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2016 teilweise aufzuheben sowie als Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 2014 eine Zusammenhangstrennung der Supraspinatus- und Subscapularissehne mit Schwund der jeweils zugehörigen Muskulatur, eine Ansatzentzündung der Infraspinatussehne, eine massive Schultereckgelenksarthrose, einen Hochstand des Oberarmkopfes, einen annähernd aufgehobenen Gelenkspalt, entzündliche Veränderungen im Ansatzbereich der langen Bizepssehne, umfangreiche knöcherne Umformungen und Randanbauten und arthrotische Veränderungen im oberen Bereich des Labrums in der rechten Schulter festzustellen sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm Kosten der Heilbehandlung in Höhe von 80,30 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie trägt im Wesentlichen vor, seine Begehren seien nicht begründet.

Der Berichterstatter hat den Kläger in der nichtöffentlichen Sitzung am 12. April 2019 gehört, angesichts der Sach- und Rechtslage auf die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung hingewiesen und eine mögliche Kostenauferlegung in Höhe von mindestens 225 EUR bei Fortführung des Rechtsstreits in Betracht gezogen. Des Weiteren ist ihm dargelegt worden, dass der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich erachtet, weshalb beabsichtigt ist, im Wege des Beschlussverfahrens nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG zeitnah zu entscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter durch Beschluss, da die Berufsrichter des Senats dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Verfahrensweise gegeben worden. Zudem ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufung wenig aussichtsreich erscheint (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 1999 - B 13 RJ 25/99 R -, SozR 3-1500 § 153 Nr. 9, S. 27).

Sein Rechtsmittel ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 5. Dezember 2017, mit dem die als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklagen (§ 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 3, § 56 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R -, BSGE 108, 274 (277) zur Klageart) sowie kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, § 56 SGG) erhobene Klage, mit welcher der Kläger unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 23. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2016 (§ 95 SGG) die gerichtlichen Feststellungen der im Klageantrag einzeln aufgeführten Gesundheitsstörungen als Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 2014 und die Erstattung von Kosten der Heilbehandlung verfolgte, abgewiesen wurde. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bezogen auf diese Klagearten der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 32 und § 55 Rz. 21), ohne eine solche derjenige der Entscheidung.

Die Berufung ist mangels Begründetheit der Klage nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen und die Erstattung von ihm nach dem 21. Dezember 2014 entstandenen Kosten der Heilbehandlung in Höhe von 80,30 EUR. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Rechtsgrundlage für die geltend gemachten Ansprüche des Klägers zur jeweiligen gerichtlichen Feststellung einer Zusammenhangstrennung der Supraspinatus- und Subscapularissehne mit Schwund der zugehörigen Muskulatur, einer Ansatzentzündung der Infraspinatussehne, einer massiven Schultereckgelenksarthrose, eines Hochstandes des Oberarmkopfes, eines annähernd aufgehobenen Gelenkspaltes, entzündlicher Veränderungen im Ansatzbereich der langen Bizepssehne sowie neben umfangreichen knöchernen Umformungen und Randanbauten auch arthrotischer im oberen Bereich des Labrums in der rechten Schulter als Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 2014 ist § 102 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Ein solcher Anspruch besteht, wenn eine Gesundheitsstörung durch das Unfallereignis oder einen Gesundheitserstschaden dieses Versicherungsfalls (unmittelbare Unfallfolge) oder infolge der Erfüllung eines Tatbestandes des § 11 SGB VII als mittelbare Unfallfolge rechtlich wesentlich verursacht wurde.

Die Zurechnung als unmittelbare Unfallfolge setzt voraus, dass die versicherte Einwirkung aufgrund eines sicher feststehenden Unfallereignisses den Gesundheitsschaden objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (vgl. dazu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 38 mit 31 ff.).

Voraussetzung für die Zurechnung ist daher zunächst, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-) Ursachen, objektiv (mit-)verursacht hat. Für Einbußen der Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine (Wirk-)Ursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einzustehen. (Wirk-)Ursache sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die in Frage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele ("conditio sine qua non"). Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der "Conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, darüber hinaus in seiner besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss (Wirk-)Ursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein.

Ob die versicherte Verrichtung eine (Wirk-)Ursache für die festgestellte Einwirkung und die Einwirkung eine (Wirk-)Ursache für den Gesundheitserstschaden (oder den Tod) war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht ("ex post") nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen, gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten, beantwortet werden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 61 ff.).

Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln von Verletzten, das objektiv seiner Art nach von Dritten beobachtbar und subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht, zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Als objektives Handeln der Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder den Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder im Sinne von § 11 SGB VII, der für die zweite Prüfungsstufe andere Zurechnungsgründe als die Wesentlichkeit regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie etwa auch zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zu den Bedarfen reichen, derentwegen das SGB VII Leistungsrechte vorsieht (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 31).

Erst wenn die Verrichtung, die möglicherweise dadurch verursachte Einwirkung und der möglicherweise dadurch verursachte Gesundheitsschaden festgestellt sind, kann und darf auf der ersten Prüfungsstufe der Zurechnung, also der objektiven Verursachung, über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung zwischen der Verrichtung und der Einwirkung mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und gegebenenfalls mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, eine (Wirk-)Ursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper von Versicherten war (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 32).

Zweitens muss der letztlich durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 33).

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage, ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, also wesentlich, war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der (Wirk-)Ursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzweckes der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 34). Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 16/11 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 21, Rz. 21 ff.). Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als wesentliche Ursache (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 37).

Diese Voraussetzungen müssen für jede einzelne Gesundheitsstörung erfüllt sein. Eine solche ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht worden ist, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden, die infolge ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 39).

Feststellbare Gesundheitsstörungen sind eindeutig nach gängigen Diagnosesystemen (z. B. ICD-10, DSM-IV; vgl. Urteil des Senats vom 22. Januar 2015 - L 6 U 5221/12 -, juris, Rz. 58 zum DSM-V) konkret zu bezeichnende Krankheiten (vgl. BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196 (203) und vom 15. Mai 2012 - B 2 U 31/11 R -, juris, Rz. 18; Urteile des Senats vom 26. November 2015 - L 6 U 50/15 -, juris, Rz. 48 m. w. N. und vom 17. März 2016 - L 6 U 4796/13 -, juris, Rz. 37), wobei entsprechend zu den Berufskrankheiten von einem normativ-funktionalen Krankheitsbegriff auszugehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2017 - B 2 U 17/15 R -, juris, Rz. 22 m. w. N.).

Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts als Tatsacheninstanz bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, welche den Gesundheitserstschaden oder den Gesundheitsfolgenschaden der haftungsausfüllenden Kausalität bei unmittelbaren Unfallfolgen oder die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 11 SGB VII erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis des naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2009 - B 2 U 29/07 R -, juris, Rz. 16 und vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 43, Rz. 17).

Nach diesen Voraussetzungen und Maßstäben hat der Kläger keinen Anspruch auf die gerichtlichen Feststellungen von Rupturen der Supraspinatus- und Subscapularissehne (ICD-10-GM-2019 M75.1), einer Ansatzentzündung der Infraspinatussehne (ICD-10-GM-2019 M75.3), einer durch zystische Einlagerungen im gelenkbildenden Bereich und kräftigen Randosteophyten charakterisierten Schultereckgelenksarthrose (ICD-10-GM-2019 M19.21), eines Hochstandes des Oberarmkopfes mit begleitender Bursitis (ICD-10-GM-2019 M75.5), entzündlicher Veränderungen im Ansatzbereich der langen Bizepssehne (ICD-10-GM-2019 M19.21) sowie einer durch subchondrale Zysten im Humeruskopf, einer Verschmälerung des humeroglenoidalen Gelenkspaltes und Randosteophyten am Humeruskopf charakterisierten Omarthrose (ICD-10-GM-2019 M19.21) in der rechten Schulter als Folgen des mit Bescheid vom 23. Juni 2016 bindend (§ 77 SGG) anerkannten Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 2014. Der Sachverständige Dr. K. ordnete die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsschäden auf diese Weise schlüssig der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebenen Internationalen statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) zu. Der Senat, welcher an die Fassung des prozessualen Antrages nicht gebunden ist (§ 123 SGG), legte daher das Klagebegehren insoweit nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz dahingehend aus (vgl. BSG, Beschluss vom 29. Januar 2019 - B 8 SO 39/18 B -, juris, Rz. 3). Eine umfassende Sachprüfung war dadurch möglich.

Sämtliche dieser Gesundheitsstörungen stehen zwar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, wie neben Dr. K. zuvor bereits der Sachverständige Dr. B. nach Auswertung der Aktenlage und gutachtlicher Untersuchung feststellte. Die versicherte Einwirkung aufgrund des Unfalls vom 10. Dezember 2014, den der Kläger bei seiner Beschäftigung als Teamwerker (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) erlitt, ist hingegen jeweils nicht wesentlich ursächlich.

Als Unfallhergang steht zur Überzeugung des Senats nach seinen Angaben fest, dass er am 10. Dezember 2014 gegen 10 Uhr einen 25 kg schweren Werkstückträger, an dem Schmierfett anhaftete, zu einer Kontrollstation bringen wollte. Hierbei verwendete er den Obergriff, bei dem die Handfläche nach unten und der -rücken nach oben zeigte. Hierbei glitt ihm der Gegenstand aus der linken Hand. Mit der rechten zog er ihn kraftvoll und ruckartig hoch und legte ihn am Zielort ab. Unmittelbar danach verspürte er Schmerzen im Bereich des rechten Schultergelenkes, weshalb er den Vorfall dem Werkstattmeister meldete und die Arbeit einstellte. Der erstbehandelnde Arzt Dr. D., der Arbeitgeber und Dr. B. erwähnten zwar jeweils nur einen Hebevorgang. Dass ihm der Werkstückträger aus der linken Hand rutschte und er mit der rechten Hand nachfasste, führte der Kläger indes bereits bei der gutachtlichen Untersuchung bei dem Leitenden Oberarzt S. im Januar 2016, welche die S. AG veranlasste, an. Erst der Widerspruchsausschuss der Beklagten stellte im Widerspruchsbescheid vom 15. September 2016 auch darauf ab, dass der Ereignishergang für die geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht geeignet ist. Der Senat sieht die Darlegung des Geschehensablaufes mit den erst später erwähnten Details, insbesondere auch gegenüber Dr. K. im November 2018, daher vorliegend als Konkretisierung und nicht Modifizierung mit der Zielrichtung an, das Klagebegehren zu begünstigen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2003 - B 2 U 41/02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, Rz. 12; Urteile des Senats vom 12. August 2014 - L 6 VH 5821/10 ZVW - juris, Rz. 144 und vom 21. Mai 2015 - L 6 U 1053/15 -, juris, Rz. 34).

Dieser Unfallablauf entspricht einem plötzlichen, ungeplanten Abfangen eines 25 kg schweren, fallenden Gegenstandes und ist, wie von Dr. K. nachvollziehbar vorgenommen, mit einer passiven Traktion nach kaudal zu vergleichen. Hierbei kommt es zu einer massiven Überdehnung dorsokranialer Strukturen der Rotatorenmanschette in Form der Supraspinatus- und Infraspinatussehne, wodurch eine Zerreißung dieser Sehnenanteile möglich ist. Diese wurde infolge des Ereignisses zwar belastet, wie Dr. K. aufzeigte. Die Schulterverrenkung rechts, welche der Kläger als 18-jähriger bei einem Verkehrsunfall erlitt, war weiter beschwerdefrei verheilt. Aufgrund pathomechanischer Untersuchungen ist es hingegen nicht vorstellbar, dass eine von außen in eine Richtung einwirkende Kraft gleichzeitig bei einem erhaltenen Gelenkschluss den Agonisten und Antagonisten zerreißt. Somit ist ausgeschlossen, dass durch das Unfallereignis gleichzeitig der Musculus supraspinatus als Agonist und der Musculus subscapularis als Antagonist rupturierte. Dies stellt ein Indiz gegen eine traumatische Läsion der Subscapularissehne dar. Gegen eine traumatische Ruptur der Rotatorenmanschette ist weiter das Fehlen mikrostruktureller Veränderungen, etwa in Form eines Bone bruise, bei der kernspintomographischen Untersuchung durch Dr. A. zwölf Tage später anzusehen (vgl. hierzu und zum Folgenden: Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 435). Die von Priv.-Doz. Dr. W. im März 2019 und damit weit außerhalb des Sechs-Monats-Zeitraumes durchgeführte Magnetresonanztomographie erbringt indes keine weitere Erkenntnis. Gegen einen Zusammenhang sind ferner der festgestellte Hochstand des Humeruskopfes, welcher sich erst nach einigen Monaten entwickelt, sowie die fettige Atrophie des Musculus supraspinatus und Musculus subscapularis, welche sich erst im Verlauf von etwa zwei Monaten zeigt, anzusehen. Die kernspintomographisch erkannten Veränderungen sind folglich nicht unfallbedingt. Der radiologische Nachweis degenerativer Sekundärveränderungen wie vorliegend ist ebenfalls ein Indiz gegen eine traumatische Ruptur der Rotatorenmanschette. Den am Tag nach dem Umfallereignis erstellten radiologischen Aufnahmen des rechten Schultergelenkes sind eine subakromiale Enthesiopathie und eine Arthrose des Schultereckgelenkes zu entnehmen. Beides sind Prädispositionsfaktoren für ein subakromiales Impingement. Insofern liegen weitere Anzeichen dafür vor, dass sich infolge des subakromialen Impingements, welches unfallunabhängig entstand, eine Ruptur der Rotatorenmanschette mit einer Bursitis subacromialis und subdeltoidea entwickelte. Die Risse der Supraspinatus- und Subscapularissehne sind folglich nicht ursächlich auf das Ereignis von Dezember 2014 zurückzuführen. Die festgestellte Omarthrose ist eine degenerative Veränderung des Gelenkknorpels in der Schulter, zu deren Entstehung es zumeist mehrere Jahre bedarf, weshalb auch sie nicht auf die versicherte Einwirkung zurückzuführen ist. Der operative Befund, welcher erst Anfang Februar 2015 und damit mehr als sechs Wochen nach dem streitgegenständlichen Ereignis erhoben wurde, ist für die Zusammenhangsbeurteilung hingegen nicht aussagekräftig (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O.), wie Dr. K. schlüssig hervorhob. Er schloss sich damit umfänglich der Einschätzung von Dr. B. an. Vorbestehend und unfallunabhängig lagen auch nach seiner schlüssigen Darlegung eine komplette Ruptur der Subscapularissehne, ein nicht rekonstruierbarer vollständiger Riss der Supraspinatussehne vom Typ C III nach Snyder beziehungsweise vom Grad III nach Patte, wie ihn die Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie B. einordnete, mit einer ausgeprägten Retraktion und fettigen Degeneration, neben einer Ruptur degenerative Binnenschäden der proximalen langen Bizepssehne sowie eine Bursitis subacromialis und subcoracoidea mit einem subakromialen Impingement mit einem Hochstand des Humeruskopfes und einer Defektarthropathie, welche Dr. W. noch im April 2019 diagnostizierte, in der rechten Schulter vor. Durch Letztere tritt infolge des großen Schadens in der Rotatorenmanschette der Humeruskopf unter das Schulterdach. Durch diese Fehlstatik entwickelte sich beim Kläger sekundär eine Arthrose des Schultergelenkes. Dies lässt den Schluss zu, dass der Defekt der Rotatorenmanschette vorbestehend war. Die Befundkonstellation ist derart typisch, dass sie für eine unfallunabhängige Genese auf rein degenerativer Basis beweisend ist. Dieser Gesundheitsschaden bestand klinisch stumm zum Zeitpunkt des Unfallereignisses mit Sicherheit schon Monate, wenn nicht Jahre. Bei der kurzzeitig danach durchgeführten Magnetresonanztomographie zeigte sich ein Massendefekt der Rotatorenmanschette. Die Supraspinatussehne war bis zur Gelenkfläche retrahiert sowie der Muskelbauch und der Musculus subscapularis fettig degeneriert. Hierbei handelt es sich um untrügliche Zeichen, dass der Defekt der Rotatorenmanschette jedenfalls Monate vor dem Unfallereignis existierte. Eine strukturelle Schädigung wurde folglich durch das Unfallereignis nicht wesentlich bedingt. Die Expertise des Leitendens Oberarztes S. im Auftrag der S. AG stützt die gegenteilige Auffassung des Klägers nicht. Anders als im privaten Unfallversicherungsrecht, wonach die ausreichende Adäquanz für den Kausalzusammenhang schon bei einer nicht gänzlich außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegenden Mitwirkung gegeben ist (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2016 - IV ZR 521/14 -, juris, Rz. 19), kommt es nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Wesentlichkeit der Ursächlichkeit an. Dr. B., der mittels seiner ergänzenden Stellungnahme von Mai 2017 verdeutlichte, dass ihm dieser Unterschied bekannt ist, führte hierzu anschaulich aus, dass der Hergang des Unfallereignisses hinsichtlich der Entstehung der Funktionsschädigung lediglich der letzte Tropfen war, der das ansonsten "übervolle" Fass zum Überlaufen brachte. Die stumme Schadensanlage war so ausgeprägt, dass es zeitnah auch anlässlich einer alltäglichen Belastung zu dem gleichen Schaden gekommen wäre.

Damit sind die Rupturen der Supraspinatus- und Subscapularissehne, die Ansatzentzündung der Infraspinatussehne, die durch zystische Einlagerungen im gelenkbildenden Bereich und kräftige kräftige Randosteophyten charakterisierte Schultereckgelenksarthrose, der Hochstandes des Oberarmkopfes mit begleitender Bursitis, die entzündlichen Veränderungen im Ansatzbereich der langen Bizepssehne sowie die durch subchondrale Zysten im Humeruskopf, eine Verschmälerung des humeroglenoidalen Gelenkspaltes und Randosteophyten am Humeruskopf charakterisierte Omarthrose in der rechten Schulter keine Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 2014.

Der Kläger kann die Erstattung von 80,30 EUR, welche ihm aufgrund der Heilbehandlung der rechten Schulter nach dem 21. Dezember 2014 entstanden sind, nicht von der Beklagten verlangen. Denn er hat wegen des streitgegenständlichen Versicherungsfalls über dieses Datum hinaus keinen Anspruch auf diese Leistungsart.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, auf ergänzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie auf Geldleistungen. Gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII hat die Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig ergänzende Leistungen zur Heilbehandlung und zu den Leistungen zur Teilhabe zu erbringen. Zum Umfang der Heilbehandlung zählt unter anderem nach § 27 Abs. 1 Nr. 2, § 28 SGB VII die ärztliche Behandlung. Leistungen zur Heilbehandlung müssen infolge des Eintritts des Versicherungsfalls erforderlich werden. Dies ergibt sich schon aus der Überschrift des Dritten Kapitels des Siebten Buches Sozialgesetzbuch, in dem § 27 SGB VII enthalten ist. Voraussetzung ist somit, dass die versicherte Einwirkung einen Gesundheitsschaden objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat, weswegen eine Heilbehandlung erforderlich wurde.

Aufgrund der übereinstimmenden medizinischen Einschätzungen von Dr. B. und Dr. K. war die einzig unfallbedingte Zerrung der rechten Schulter lediglich bis 21. Dezember 2014 behandlungsbedürftig und eine Heilbehandlung danach zu Lasten der Beklagten nicht mehr erforderlich.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG.

Dem Kläger war nach Ausübung richterlichen Ermessens ein Anteil an den Gerichtskosten in Höhe von 225 EUR aufzuerlegen. Gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass sie den Rechtsstreit fortführen, obwohl ihnen von der oder dem Vorsitzenden oder einer Berichterstatterin oder einem Berichterstatter (§ 155 Abs. 1 SGG) die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder Verteidigung dargelegt und sie auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden sind. Den Beteiligten stehen nach § 192 Abs. 1 Satz 2 SGG ihre Vertreter oder Bevollmächtigte gleich.

Der Kläger führte seine erkennbar aussichtslose Klage (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Mai 2006 - 2 BvR 719/06 -, juris) im Berufungsverfahren fort, obwohl zwei medizinische Sachverständige im Sozialgerichtsverfahren seine laienhafte Auffassung nicht stützten. Eine substantiierte Auseinandersetzung mit der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Wesentlichkeit der Ursächlichkeit erfolgte durch den anwaltlich vertretenen Kläger anschließend zudem nicht. Demgegenüber legte er im Berufungsverfahren zwei Arztberichte vor, von denen der eine mit der diagnostizierten Defektarthropathie seine Auffassung gerade nicht stützte, wie die vorherige Beweiserhebung ergab. Der andere bezog sich auf eine kernspintomographische Untersuchung mehr als vier Jahre nach dem Unfallereignis, die keinen Rückschluss auf den Ursachenzusammenhang zulässt. Obwohl er vom Berichterstatter in der nichtöffentlichen Sitzung im April 2019 auf die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung und die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen wurde, führte er ihn fort, wobei er sich in einem hohen Maße uneinsichtig zeigte. Das LSG muss es nicht hinnehmen, dass dadurch anderen Menschen der ihnen zukommende Rechtsschutz nur verzögert gewährt werden kann. Als verursachter Kostenbetrag wurde die Mindestgebühr nach § 192 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 184 Abs. 2 SGG von 225 EUR für das Verfahren vor dem LSG festgesetzt.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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